01.12.2018, 01:06
DID SOMEONE SAY 'FIGHT'?
1 April 1822| Amy & Skadi | abends in einem WirtshausGerade rechtzeitig tauchte der dunkle Haarschopf ab, bevor ihm eine Faust gegen den Kopf schlug. Eigentlich hatte sie hier her kommen wollen, um sich in Ruhe ein Bier zu genehmigen und nach einem neuen, potentiellen Opfer Ausschau zu halten. Diese geballte ungenutzte Männlichkeit auf der Sphinx machte sie irgendwann noch rasend, wenn sie sich kein Spielzeug suchte. Und lieber vergeudete sie ihr Können auf dem Festland, als sich am Ende doch noch an einem der Crewmitglieder auszuleben, der womöglich mit all der Hingabe vollkommen überfordert gewesen wäre. Obendrein im schlimmsten Fall dieses kleine Stelldichein als Beginn einer bleibenden Romanze interpretierte und somit bei der Nordskov ungebremst auf Granit biss.
"Scheiße noch eins...", drang es tief grollend aus der angekratzten Kehle. Sie weinte innerlich bereits dem kühlen Blonden nach, das gerade noch auf ihren Lippen gehaftet hatte und sich nun binnen weniger Sekunden zu ihren Füßen zu einem goldig schimmernden See erstreckte .
Wie sie überhaupt in dieses Chaos geraten war, schien ihr schleierhaft. Hatte sie nicht noch vor wenigen Augenblicken ruhig in einer der Ecken an ihrem Humpen genippt und das Angebot des heutigen Abends in Augenschein genommen? Wie zur Hölle konnte dann ein einfacher Streit zwischen zwei Fleischbergen wenige Armlängen weit zu solch einer Massenschlägerei ausarten? Skadi für ihren Teil hatte allmählich genug davon. War sie bis dato noch vollkommen desinteressiert auf ihrem Platz geblieben und hatte sich einen Scheißdreck um den Rest der Anwesenden gekümmert, trat sie nun schwungvoll den Stuhl neben sich zur Seite und rammte ihn einem Nebenstehenden in die empfindlichen Weichteile.
Unter dem plötzlichen Aufheulen tauchte sie in der sich windenden Masse aus Leibern ab und verfluchte bereits die Entscheidung sich in das gestohlene Kleid gezwängt zu haben. Immer wieder musste sie den flatternden Saum in den Gürtel zurück klemmen, bevor sie noch stolperte oder sich der grüne Stoff in einer Klinge oder grabschenden Fingern verfing. Wie gern hätte sie jetzt ihren geliebten Bogen oder gar eine Axt dabei. Köpfe würde rollen. Noch und Nöcher. Doch mit den zwei Zahnstochern dicht an ihrem Oberschenkel, konnte sie gerade einmal ein paar Augäpfel aufspießen oder tiefe Stiche zwischen den Rippenbögen verteilen. Und selbst das wurde bei dieser Enge zu einer meisterlichen Aufgabe. Schneller als ihr lieb war, konnte die Kraft eines einzigen Fausthiebes sie zu Boden ringen, ohne dass sie ausweichen oder sich dagegen wehren konnte. Skadi würde keinen Spielraum für Ausfallschritte haben, geschweige denn ausreichend Platz für einen Konter. Sie war eingepfercht zwischen riesigen Leibern, deren zum Teil miefiger Geruch wie Essig in ihrer Nase brannte. Wieso mussten Männer manchmal nur so unbarmherzig stinken?
Mit angewidertem Gesicht tauchte sie nahe der Theke aus dem Dunst der sich prügelnden Masse heraus und schnappte jäh nach Luft. Kleine Blutspritzer zierten die hohen Wangen. Scheinbar hatte eine Nase das Zeitliche gesegnet - nur gut, dass es nicht ihre eigene gewesen war.
"En Garde!"
Dieser Ausruf riss die Aufmerksamkeit der Nordskov vom Gewirr auf die hölzerne Bar neben sich, auf der mit gezücktem "Dolch" eine junge Frau stand. Ihr flammend rotes Haar leuchtete wie ein infernales Feuer über den Kopf eines Muskelberges hinweg. Es machte ihre beachtliche Gestalt noch imposanter, wie die Jägerin fand. Und mit den Absätzen ihrer Stiefel schien die Fremde noch größer zu sein, als sie selbst. Doch selbst sie wirkte wie ein dürrer Ast neben dem Hünen, der urplötzlich ihr Handgelenk wie einen Schraubstock umklammerte.
Noch ehe Skadi reagieren konnte, sprang ein Fellball über den tätowierten Unterarm. Verbiss sich unter einem heftigen Aufschrei des Mannes in dessen Fleisch und war genauso schnell verschwunden, wie er gekommen war. Für einen diffusen Augenblick schien es Skadi, als bewege sich die Welt in Zeitlupe, während sie geistesgegenwärtig nach einer Flasche griff, die wie der heilige Gral unter den Scherben ihrer Kameraden auf einem der nahe stehenden Tische stand. Das Kampfgebrüll in ihrem Rücken klang verzerrt in ihren Ohren. Ebenso der Laut, der über ihre Lippen drang, als sie mit aller Kraft und Schwung das gläserne Gefäß gegen den kahl geschorenen Kopf warf und den bewusstlosen Klops beim freien Fall zusah.
Erst als sich der Feuerteufel in Bewegung setzte, spulte die Zeit schlagartig vor und hinterließ ein unangenehmes Schwindelgefühl in ihrem Schädel.
"Hey..." Bei dem Versuch dem geleerten Glas auszuweichen, das die junge Frau blindlings durch die Gegend pfefferte, fühlten sich ihre Glieder ungewohnt träge an. Fast glaube Skadi, dass einer der letzten Schläge doch ihren Hinterkopf gestreift hatte, hielt nach wenigen Schritten kurz inne, um den Würgereiz zu unterdrücken, der unaufhörlich an ihrem Kehlkopf kitzelte.
"Wenn das deine Art ist Danke zu sagen, finde ich das ganz schön beschissen."
Tief einatmend richtete sich die Dunkelhaarige wieder zur vollen Größe auf. Zog den Saum des Kleides wieder fest unter ihren Gürtel und stocherte mit angewidertem Gesichtsausdruck und kleinen Tritten ihrer Schuhspitze in der "Schweinefresse" herum.
"Gott... auf dieses Gesicht würde sich kein Lebewesen freiwillig draufsetzen."