05.11.2018, 13:34
Die ganze Zeit über kämpfte Lucien gegen das breite Grinsen an, das sich auf seine Züge stehlen wollte. Wahrte nur zum Schein den Ausdruck resignierender Genervtheit, die eigentlich schon in dem Augenblick wieder verschwunden war, als Shanaya zu lachen begann. Ein herzliches, offenes Lachen, das es ihm unglaublich schwer gemacht hätte, wirklich verärgert zu sein – hätte er dazu überhaupt Anlass gehabt. Und spätestens mit ihrer Antwort verlor er den Kampf ohnehin. Der Dunkelhaarige lachte leise auf, schüttelte belustigt den Kopf und das lautlose Versprechen von Rache machte gelassener Heiterkeit Platz. Auch wenn er es selbstverständlich nicht vergaß.
Doch die einzige Antwort, die die Schwarzhaarige darauf von ihm erhielt, war ein gut gelauntes „pfft“ und der Schalk blitzte in seinen Augen auf. Ja... der Rest… bei dem Rest wäre er sich an ihrer Stelle auch nicht so sicher.
Sich die feuchte Erde von den Händen wischend, mit denen er sich beim Ausweichen hatte abfangen müssen, beobachtete er die junge Frau aus dem Augenwinkel und der selbstzufriedene Ausdruck auf ihren Zügen entging ihm dabei nicht. Und während sie ihre Stiefel packte, sich durch das flache Wasser auf den Rückweg zum Ufer machte und schließlich langsam näher kam, verschränkte Lucien abwartend die Arme vor der Brust, sah ihr offen entgegen und erwiderte die Herausforderung in ihrem Blick mit einem kleinen, verschlagenen Lächeln. Bis sie schließlich unmittelbar vor ihm stand und er sich mit einem gespielt unschuldigen Blick ganz leicht zu ihr vor lehnte.
„Ach, Shanaya. Wie könnte ich dir denn böse sein...?“
In seiner gedämpften Stimme lag eine scheinheilige Süße. Genauso scheinheilig wie ihre Furcht vor seinem Ärger. Und ganz falsch war das ja nicht. Warum sollte er ihr auch böse sein, wenn das, was er daraufhin tat, doch so viel besser war? Sie stand so dicht vor ihm, war sich so unendlich sicher, dass sie ihn ganz gefahrlos herausfordern konnte. Warum also nicht?
Die tiefgrünen Augen begegneten ihrem Blick, ein verschmitzter Ausdruck blitzte kurz darin auf. Dann hob er kurzentschlossen die Hand, grub die Finger fest in ihr dunkles Haar, um sie am Zurückweichen zu hindern – und überwandt noch aus der gleichen Bewegung heraus die kurze Distanz zwischen ihnen und küsste sie. Nicht vorsichtig, nicht bittend und ganz bestimmt auch nicht keusch.
Drei, vier, fünf schnelle Herzschläge – dann ließ er sie los. Auf seinen Lippen lag ein sichtlich zufriedenes Lächeln. „Ich denke, für's Erste sind wir quitt.“, meinte er vergnügt. Als wäre sonst nichts gewesen. „Wollen wir dann also weiter?“