01.11.2018, 15:08
Der Inhalt ihres Kruges wurde immer weniger, beschränkte sich nur noch auf ein oder zwei Schlücke. Ein weiterer Grund, wieso sie nicht länger herum stehen wollte. Früher oder später würde sie Hunger und Durst bekommen – und dann musste sie allein gehen. Nicht, dass das ein Problem gewesen wäre. Aber so konnte sie ihrer Gesellschaft wenigstens mit unglaublicher Ungeduld auf den Keks gehen. Ihre Zukunft kannte sie bereits (selbst ohne die Karten, die Thaddeus für sie gelegt hatte) – also konnte es auch weitergehen. Lucien (Dessen Laune einfach bombastisch war) und besagter Wahrsager bekriegten sich noch, die Schwarzhaarige selbst hielt sich jedoch raus. Erst als der Blonde über ihre Vorhersage sprach, merkte die junge Frau auf, hob leicht eine Augenbraue.
„Die wahre Bedeutung ist doch langweilig.“ Sie zuckte mit den Schultern, war dabei aber weiter unentwegt am grinsen. Irgendwelche Bedeutungen auswendig lernen konnte doch jeder. „Und wenn meine Liebschaft aus dem Spiegel springt, gibt es zwei von mir. Ich weiß nicht, ob ihr das wollt.“
Talin hatte sich eher zurück gehalten, wurde nur gelegentlich prüfend angeblickt – aber sie machte keine Anstalten, sich wieder in Bewegung zu setzen. Im Gegenteil. Sie bot dem Wahrsager Geld an, um selbst etwas über sich zu erfahren. Shanaya rümpfte leicht die Nase. Das hieß noch weiter warten. Dabei hatte sie genug in der Umgebung gesehen, was sie brennend interessierte. Das waren natürlich nicht alles nur Stände mit Essen – nur... größtenteils. Und in Gedanken war sie an genau diesen Ständen, während die zwei Blonden sich an die Arbeit machten. Um einen Moment zu überbrücken hob sie ihren Krug an die Lippen, trank einen winzigen Schluck und wollte gerade, vollkommen geduldig, Thaddeus Worten zu Talin lauschen, als Lucien auf ihre Worte antwortete. Den Krug noch an den Lippen erreicht das breite Grinsen längst ihre Augen, bevor sie das Gefäß sinken ließ. Sie lachte leise, zuckte dann beinahe belanglos mit den Schultern.
„Wenn du es so lange noch aushälst und nicht umkommst vor Neugierde.“
Der Blick, dem sie dem Dunkelhaarigen zuwarf, war eindeutig – ihre Worte ebenso zweideutig. Aber da hatte er sich schon an Talin gewandt, die gerade von ihrem Gegenüber ihre Karten erklärt bekam. Die Schwarzhaarige ließ sich einen Blick nicht nehmen, schrieb seinen Worten aber nicht viel Bedeutung zu. Sie wusste Nichts von der Vergangenheit der Blonden, und die Düfte um sie herum würden eh nicht zulassen, dass sie diese Informationen jetzt aufnehmen würde. Aber wieder war es Lucien, der sie ablenkte. Und verdammt, sie sollte ihm die Zunge raus schneiden. Sie schnaufte, warf dem Dunkelhaarigen einen vielsagenden Blick zu. Rache. Sie brauchte dringend Rache. Einen Moment zögerte sie, ihm zu folgen, als er sich abgewandt hatte. Aber der zweite Gedanke strafte sie direkt, sodass sie den Krug erneut anhob, den letzten Schluck trank und sich an die zwei sitzenden wandte, den Krug auf dem Tisch abstellte.
„Solltet ihr für ihn Karten legen wollen, macht euch nicht die Mühe. Ich bringe ihn jetzt nämlich um. Soll ich dir etwas mitbringen?“
So ernst ihre Worte klangen, so sprach ihr Gesicht genau dagegen. Auch wenn das Verlangen, Luciens Kopf in ein Fass voller Wasser zu tauchen unendlich verlockend klang. Die zweite Frage galt Talin, auf der kurz die blauen Augen ruhten. Eine Antwort konnte sie noch abwarten, ehe sie beiden zu nickte und sich doch auf den Weg machte, um Lucien zu folgen. Kurz vor ihm überlegte sie, ob sie ihm einfach mit dem Ellenbogen in die Seite stoßen sollte... ein Gedanke, der sich mit dem nächsten Atemzug erledigt hatte. Shanayas Miene wurde skeptisch. Ohne einen ihr ersichtlichen Grund hielt er ihr den Rest seines Essens hin. Unzählige Möglichkeiten schossen durch ihre Gedanken. Hatte er es vielleicht angeleckt? Dann wäre ihm nicht bewusst, dass sie das nicht stören würde. Oder hatte er das Stück vergiftet? Oder versuchte er irgendeine Art... Gefügig-machen-Zauber? Eine Idee kurioser als die andere, aber bevor sie genauer darüber nachdachte, hatte sie das Stück Brot in der Hand, die Augen jedoch skeptisch zusammen gekniffen auf den Dunkelhaarigen gerichtet.
„Wo bleibt eigentlich meine Krone? Und mein roter Teppich, auf dem ich laufen kann?“
Das Stück Brot in der linken Hand – die von ihm abgewandte Seite, man wusste ja nie... - ließ sie Lucien einen Moment nicht aus den Augen (ein 'Danke' konnte er in diesem Moment vergessen!), verpasste ihm nun doch nachträglich einen groben Ellenbogenstubser in die Seite. Aber er fiel deutlich sanfter aus als eigentlich geplant. Sie war ja kein Unmensch! Und so ließ sie den Blick schweifen, suchte nach einem Stand, der sie mit etwas leckerem anlocken konnte. Und dabei entdeckte sie noch viel mehr, was ihre Aufmerksamkeit ohne Probleme auf sich ziehen konnte.
[Nähe des Brunnenplatzes | Thaddeus, Talin & Lucien dann mit Lucien auf der anderen Straßenseite]