06.09.2018, 17:29
Gregory war wie immer früh auf, hatte alles überprüft und vorbereitet. Eine einsame Bordlaterne verbreitete ihr nur leicht schwankendes Licht in dem improvisierten aber aufgeräumten Lazarett, die wenigen Untersuchungsgerätschaften lagen gesäubert unter einem Tuch oder in der Arztrolle bereit, frisches Wasser stand in der Kanne der Waschgelegenheit und eine Seekiste wartete darauf als Sitz benutzt zu werden.
Der Bärtige selbst war ein wenig mürrisch, da man die Neuzugänge bereits mit an Bord gelassen und nicht erstmal notdürftig am Strand untergebracht hatte. Jetzt bliebe ihm wahrscheinlich nur festzustellen, ob sie demnächst aufbrechen könnten, oder ob sie die rote Flagge in den Masten stehen hätten. Wenigstens war bei diesem Feuerbart nichts zu finden gewesen und so stand zu hoffen, dass es bei dem Jungen genauso aussähe.
Er seufzte.
Denn falls er doch noch etwas fände, könnten sie gleich hierbleiben, bis die Krankheit ihr Schlimmstes getan hatte.
Mühsam entzifferte er die Symptome, die er in der Abhandlung bei jeder Krankheit markiert hatte, versuchte, in der Zeit, die er auf den Jungen wartete, wiedereinmal sein Wissen aufzufrischen und zu erweitern.
Es klappte zu dieser frühen Stunde recht gut, auch wenn er immer wieder Worte leise vor sich hin flüstern musste und sich so etwas wie Zerebrovaskuläre Insuffizienz von ihm nicht aufschlüsseln lies. Das Letzteres nichts mit dem Suff, wie er mit Alkohol in Verbindung stand, zu tun hatte, war ihm klar, aber was war dann eine Zebraskule Insuff-dingsda? Letzteres schien etwas mit 'nicht richtig funktionieren' zu tun zu haben...
Stolpernde Schritt rissen ihn aus seinen Bemühungen.
Abermals seufzte er schwer, schlug das Buch über dem Lesezeichen zu und legte es auf die Back. Er brauchte dringend ein Wörterbuch für Medizin. Nur woher nehmen oder stehlen? Und gab es so ein Buch überhaupt?
Sein Blick fiel auf die offene Stückpforte und der langsam zunehmenden dahinter liegenden Helligkeit des Morgens. Ob Heute wieder ein klarer Tag werden würde?
Konzentrier dich!
Entschlossen wandte er seinen Blick Richtung Durchlass in den Tüchern, wartete darauf, dass sein "Patient" zu ihm trat.
Goddess!
Der Anblick vor ihm ließ ihn einen Augenblick lang mitleidig das Gesicht verziehen.
Ein verschlafenes Häufchen Elend wankte auf ihn zu, stellte sich vor und erinnerte ihn an Willcot, wenn sein Bruder mal wieder die Nacht durchgemacht hatte und er ihn hatte wecken müssen. Lange hatte dieser Zustand bei Trevor aber nie vorgehalten.
Ob dieser Erinnerung musste er lächeln.
"Guten Morgen!", erwiderte er, "Du kannst mich Gregory nennen. Oder auch Greg, falls dir das lieber ist. Komm, setze dich zu mir!"
Dabei deutete er auf die Seekiste neben sich und wartete darauf, dass der Junge um den Tisch herum kam.
"Zunächst möchte ich, dass du einmal tief durchatmest und dich entspannst. Ich werde dich schon nicht fressen."
Lächelnd zwinkerte er dem Knirps zu und ließ zunächst die äußere Erscheinung Scortias auf sich wirken.
"Und dann wüsste ich gerne wie du dich fühlst."