10.08.2018, 17:51
Cornelis van der Meer brauchte keinen Aufpasser, so viel stand fest. Trevor hatte wirklich Glück gehabt, dass die Faust des Captains nicht voll gesessen hatte und dass es nur die Faust war, denn Scortias hatte den Mann schon ganz anders kennen gelernt. Skrupellos und ohne mit der Wimper zu zucken hatte er bei ihrer ersten Begegnung Scortias' Verfolger eine Kugel in den Kopf gejagt. Der Kopfgeldjäger war sofort tot und das mitten am Tag auf dem Marktplatz von Kitar. Und so war der Junge in den Dienst von Feuerbart gelangt, denn er konnte nicht mehr bei den Huntsman bleiben, jetzt, wo Sir Louis wusste, wo sich der Junge aufhielt. Die Wirtsleute wären in Gefahr gewesen, hätte der Kinderhändler Scortias bei ihnen erwischt. Also musste er von Kitar verschwinden. Und da bot sich die Onyx und das Interesse des Captains, ihn als Schiffsjungen mitzunehmen, geradezu an. Ein leichtes Schmunzeln legte sich auf die Lippen des Schiffsjungen, als Kaladar meinte, dass er gesehen hätte, dass Cornelis keinen Beschützer bräuchte. Ja, der Zwölfjährige war stolz auf seinen Captain und auf einer gewissen Weise war der Rotbart auch sein Vorbild. Irgendwann würde er mal genau so groß und stark wie er werden und ein Schiff haben, mit einer Crew. Und mit dem Schiff und dieser Crew würde er in … hailose Gewässer vordringen und die Welt entdecken. So stellte sich Scortias auf jeden Fall seine Zukunft vor, aber bis dahin musste er noch viel lernen und schnell erwachsen werden. Nun gut, bei allem Stolz, den der Junge für seinen Captain hatte, tat ihn Trevor aber auch etwas leid, denn der verrückte Kerl war echt nett und hatte das kleine Herz des Schiffsjungen schon nach kurzer Zeit erobert.
“Ich hoffe Trevor ist bald wieder fit und seiner Nase geht es besser.“ meinte Scortias und presste die Lippen aufeinander.
Wie erwartet, bestätigte Kaladar, dass er noch nicht lange auf dem Schiff war, zumindest nicht auf der Sphinx. Hatte Scortias mit seinem Blick etwas gesagt, was er eigentlich in seinem Kopf nur gedacht hatte? Kaladar wandte sich von ihm ab und sah auf das Deck, auf dem einige Seeleute ihrer Arbeit nachgingen. Die Gesichtszüge des jungen Mannes hatten sich verändert. Sie waren nicht mehr freundlich amüsiert, sondern fast ausdruckslos. Auch Scortias sah nun zu den Männern auf dem Schiff, von denen er niemanden kannte und wandte sich erst wieder zu Kaladar um, als dieser vorschlug, sich auf dem Schiff nützlich zu machen. Der Zwölfjährige hob die Schulter leicht an, worauf hin seine Arme folgten. Er hatte nichts dagegen etwas zu tun. Es war besser, als hier blöd rumzustehen, aber durfte er das denn? Was wäre, wenn er doch krank war und er nicht auf dem Schiff bleiben durfte. Und was, wenn er dann jemanden ansteckte? Außerdem hatte er noch nicht mit dem Captain dieses Schiffes gesprochen. Aber er wollte Kaladar auch nicht widersprechen.
“Ja, sowas musste ich im Waisenhaus schon mal machen. Wenn Du es mir noch mal zeigst, sollte ich das schnell wieder können. Ist schon eine Weile her.“ antwortete Scortias auf die Frage, ob er schon einmal Fischernetze geknüpft hat.
Nachdem Kaladar sich ihm zugewandt hatte, stieß sich der Zwölfjährige von der Reling ab. Er glaubte nicht, dass das eine Frage war, ob er es tun wollte, sondern das es Richtung Befehl ging, es nun tun zu müssen. Und nachdem Kaladar los lief, folgte Scortias ihm. Der junge Mann hatte für diese Temperaturen wirklich viel zu viel an. Scortias trug nur eine Hose und selbst darin schwitzte er. An seinem Oberkörper konnte man deutlich sehen, dass er schwere Arbeiten nicht scheute und schon einige davon ausgeführt haben musste, denn er war zwar dünn, aber nicht ohne Brust und Bauchmuskeln, die sich an seinem Körper leicht abzeichneten. Natürlich noch weit von einem erwachsenen Mann entfernt, aber das war ja nur eine Frage der Zeit, bis er endlich ein vollwertiger Seemann sein würde. Scortias sah noch einmal auf seine Sachen zurück, die er an dem Rand gelegt hatte.
„Warte.“ meinte er, eilte schnellen Schrittes zurück und holte das Speer mit dem Beutel, in dem die Sachen des Captains waren. “Ich muss darauf aufpassen.“
Und deswegen nahm er es auch mit. Es hatte nichts damit zutun, dass er den Leuten hier nicht traute, aber es gehörte einfach zu seinen Aufgaben auf das Hab und Gut des Captains ein Auge zu werfen. Was, wenn damit etwas passierte? Es musste ja nicht mal beabsichtigt sein. Schnell holte Scortias Kaladar wieder ein und war gespannt, wo es nun hingehen würde.