01.08.2018, 11:20
Das Lächeln ruhte weiter auf Shanayas Lippen, blieb bei einem ehrlichen, munteren Ausdruck. Und trotzdem achtete sie weiter auf die Reaktionen ihres Gegenübers, auf das, was er sagte, auf seinen Körper. In all den Jahren hatte sie einiges gelernt, konnte aus der Sprache des Körpers lesen. Aber noch hatte der Fremde Nichts verräterisches getan, das Misstrauen der Schwarzhaarigen nahm dadurch jedoch nicht ab. Sie war selbst eine Schauspielerin, die wusste, wie sie ihre wahren Gedanken verschleiern konnte – und irgendwie musste sie ja davon ausgehen, dass auch ihr Gegenüber das irgendwie beherrschte. Auch wenn sie so etwas keinem Angehörigen der Marine zutraute.
„Jeder, der diesen Charakterzug nicht hat, ist ziemlich langweilig.“
Darum ging es ihr zwar eigentlich nicht, aber die junge Frau beließ es trotzdem dabei. Für den Moment wusste sie genug von Kaladar – und scheinbar würde sie in der nächsten Zeit noch ein wenig mehr werden. Er wollte sie begleiten, und noch ehe sie darauf reagieren konnte, hatte der Dunkelhaarige schon seinen Bogen zusammen gepackt. Es war der jungen Frau egal, wer sie begleitete – wenn sie keine Lust mehr auf ihre Begleitung hatte, würde diese das schon früh genug merken. Sie gab also keine Widerworte. Sie konnte eh nicht bestimmen, was er tat – zumindest wenn er ein bisschen Selbstbewußtsein hatte. Also erwiderte sie nur kurz den Blick aus den dunklen Augen, ehe sie sich selbst abwandte, um ihre restliche Ausrüstung – und ein wenig Proviant zusammen zu packen. Sie zweifelte daran, dass ihr noch einmal jemand begegnen würde, der ihr ritterlich eine Sternfrucht vom Baum holen würde.
_________________
Shanaya ließ den Blick aufmerksam schweifen, achtete auf jeden Busch und jeden Ast, der bereits zur Seite geschoben worden war. Sie selbst war verschiedene dieser Wege gegangen – und jetzt formte sie einen neuen. Um in einer Hand den Kompass und in der anderen ihr Notizbuch zu halten, verzichtete sie in diesem Moment auf den Degen, um die Äste aus dem Weg zu schlagen. Stattdessen wandte sie sich ein wenig tänzelnd an den Ästen vorbei, störte sich nicht an dem Farn, der immer wieder ihren Körper strich.
„Für die meisten Inseln bleibt einem zu wenig Zeit, also muss man in kürzester Zeit so viel wie möglich erkunden.“
Ihre Stimme hatte einen lockeren Plauderton angenommen, der keine Spur von Misstrauen oder Skepsis verriet. Dabei hätte sie sich auch mit sich selbst unterhalten können – da sie den hellen Blick nicht einmal zu Kaladar herum wandte.
„Hier in der Nähe ist ein Fluss, das Wasser ist nicht wirklich genießbar, aber zum abkühlen eine gute Abwechslung.“
Und eine weitere, halbe Drehung, um dem nächsten Ast auszuweichen.