26.07.2018, 00:03
Enrique zog leicht die Augenbrauen zusammen, war ein wenig irritiert durch das Mienenspiel des Jüngeren. Was verstimmte Kaladar?
Sein Blick huschte kurz dem des Sergeanten hinterher und er verstand. Auch für den Älteren hatten, seit dem letzten, alle Schiffe angefangen, einem hölzernen Gefängnis zu gleichen. Und in solchen hatten selbst die Wände Ohren, das hatte er schnell gelernt.
Noch war die Zeit auf der Morgenwind viel zu präsent, als dass diese Erfahrung nicht von dort auf die Sphinx abgefärbt hätte und so deckten sich auch hier die Gefühle der beiden.
Hier raus war eine hervorragende Idee.
Doch die Möglichkeit gestört zu werden schien ihm nicht das einzige zu sein, was Kaladar aufbrachte.
Nachdenklich nickte er nur auf Skadis Worte, schlug Buch und Briefe wieder in ihr gewachstes Leder und fixiert es erneut mit der Anstecknadel. Dann schob er dass Päckchen in die Innentasche des Uniformrockes und erhob sich um seinem Kameraden etwas langsamer an Deck zu folgen.
Emotionen rührten sich in ihm und drohten ihn aus der Ruhe zu bringen. Er gab sich einen Moment, um sie hart an die Kandare zu nehmen. Das hier war kein guter Zeitpunkt dafür, die Beherrschung in irgendeine Richtung zu verlieren...
Dabei hatte er, unbemerkt von Skadi, Rayon, über den er per Zufall auf dem Weg nach oben gestolpert war, bescheid gegeben, was sie vorhatten. Besser jemand könnte im Notfall den Capitáns sagen, wo sie waren, falls es wieder erwarten notwendig würde.
________Zeitsprung________
Der Strand lag im Schatten der hohen Felsen, wirkte dunkel und düster, während die Spitzen der hohen Klippen und die Masten der Sphinx Feuer gefangen zu haben schienen. Längst hätte er seinen Posten oder das Lesen da unten im Schiff aufgeben müssen.
Inzwischen stand er aber neben dem Boot, dass sie gerade gemeinsam auf den Sand gewuchtet hatten. Obwohl ihm seine Seite deshalb wieder schmerzte fühlte er sich gut. Endlich durfte er mit anpacken und war nicht dazu verdammt, hinten im Boot zu warten, bis die Ruderer es auf den Strand gesetzt hätten.
Bescheuerte Regel!
Vorsichtig atmete er tief durch und ließ seinen Blick schweifen. Früher hatte er für das Privileg, das Schiff verlassen zu dürfen, seinen Rang und die Zustimmung seiner Vorgesetzten gebraucht, jetzt konnte er es einfach tun.
Beinahe vollkommen frei...dachte er ein wenig verträumt.
Dann rissen ihn Skadis Worte aus seinen Gedanken.
Geschätzt?
Es klang fast wie ein Abschied. Zumindest, bis der Sergeant seine Hoffnung äußerte. Aber selbst dann schwang etwas fatalistisches in den Worten mit.
Abwartend musterte er das Gesicht seines Gegenüber und fand es fremd und vertraut zugleich. Auf der Morgenwind hätte Kaladar sich längst die Haare wieder kurz geschoren, inzwischen waren sie aber deutlich länger als er sie jemals zuvor gesehen hatte. Er strich sich über den Vollbart und stellte fest, auch er sollte sein Äußeres ändern. Noch etwas, um das er sich kümmern würde, sowie sie zurück waren.
"Hast du vor auf der Sphinx zu bleiben?"
Die Frage schien ihm einerseits unnötig andererseits wusste er nicht, was der jüngere über seine Gespräch mit dem Capitán erfahren hatte.
Grübelnd beobachtete er, wie sein Kamerad noch einmal über das Boot turnte.
"Ich weiß, dass du ein Leben außerhalb dieser Welt hast."
Hatte er das?
Sein Blick folgte mal wieder ihrem und strich über die Sphinx und wanderte dort angekommen über ihre eleganten Linien.
Gab es für ihn ein Leben abseits der Sphinx, der See und diesem Angebot, dass der Freiheit näher kam als alles Andere bisher?
Sicher, er könnte sich selbst ein Schiff suchen um darauf Capitán zu sein, aber wollte er das? Oder wollte er zu seiner Familie zurückkehren? Wie ein Ara'tayu Leben? Oder ganz etwas Anderes machen? Und wenn was?
"Ich wäre somit nicht überrascht, wenn dieses Abenteuer für dich in der nächsten Stadt ein Ende hat."
Langsam setzte er sich ebenfalls in Bewegung.
Wie das wohl wäre, wenn seine Abenteuer in der nächsten Stadt endete? Was wenn er nach Hause zurückkehrte und dort einfacher Fischer und Jäger würde?
Er schüttelte den Kopf.
"Ich kann die See nicht verlassen. Sicher, es gibt Leute, die auf mich warten und denen ich dringend mitteilen muss, dass ich noch lebe..."
Und für die ich auch noch dringendst einiges erledigen muss.
Doch er schob auch dieses Wissen bei Seite. Wenn dann würde er später darüber nachdenken oder vielleicht auch mit Kaladar darüber reden. Jetzt ging es allerdings erstmal um das Problem des Sergeanten.
"Aber zu ihnen reisen und dort friedlich vor mich hin leben? Nein. Das ist nichts für mich. Noch nicht zumindest.
"Ich hatte schon einige Male die Gelegenheit, das zu versuchen und bin jedesmal schnell wieder unruhig geworden. Wenn ich kann werde ich sie besuchen aber nicht für lange.
"Ich bleibe also fürs Erste auf der Sphinx. Vielleicht nur kurz, bis ich weiß, was ich jetzt wirklich machen will, vielleicht auch länger. Dafür ist sie kein schlechter Ort."
Viel würde zudem von Cornelis abhängen, denn falls der irgendwann von Bord ginge, dann würde er das wohl auch tun. Zumindest bis sie die Onyx zurückerobert hatten. Ob und wann das sein würde stand allerdings in den Sternen.
"Was ist mit dir? Du hast nie Familie erwähnt, geschweige denn Briefe geschrieben oder mich darum gebeten. Gibt es etwas, was dich im nächsten Hafen von Bord lockt?"
Seine Augen ruhten auf seinem Kameraden und beobachteten ihn genau. Ein leichter Stich in der Brust traf ihn, als ihm klar wurde, dass die Chance, Kaladar zu verlieren, durchaus real war. Entschlossen sah er zur Seite. Er würde seinen Begleiter nicht mit seinen Wünschen beeinflussen. Außerdem bestand immer noch die Möglichkeit, dass sie feststellten, dass sie sich ohne einen gemeinsamen Feind gar nicht so sehr abkonnten, wie bisher angenommen. Enrique Gefühl sagte ihm zwar, dass diese Chance sehr gering war, aber was wenn das nur von seiner Seite aus so wäre..?