22.07.2018, 19:15
Secrets of the Night |
Ryan & Talin
Im Schutz der Dunkelheit hatte Ryan zu seinen Füßen allerlei... sagen wir Mal... 'Werkzeug' ausgelegt. Da waren seine gut gepflegten Wurfmesser, einen Dolch, diverse Dietriche in verschiedenen Größen, einige wenige Pfeile für seinen Bogen, welchen er sich umgeschnallt hatte und ein Seil – den man wusste ja nie. Doch bevor sich der Dunkelhaarige auf den Weg machte, musterte er noch stumpfe Pfeile und angebrochene Picks aus.. Denn heute Abend hatte er nicht nur einen einfachen Einbruch oder Diebstahl vor, nein.. Er hatte es tatsächlich geschafft in der Spelunke am Hafen einen Auftrag für sich zu Ergattern. Das besondere an dem Fall war eigentlich nur die kurze Vorbereitungszeit und vor allem die Tatsache dass der Dieb diese Stadt nicht kannte – allerdings nichts was ihn abschrecken würde. Im Gegenteil.. Sein Herz hatte vor freudiger Erwartung so stark in seiner Brust gepocht wie schon seit langem nicht mehr! Wie lange war er nun auf der Sphinx? Einen Monat etwa.. Viel zu lange, um dem Wunsch nach dem Rausch des Adrenalins in seinen Adern welches hervorgerufen wird durch das Eindringen in fremde Behausungen nach zu gehen.. Im Grunde ging Ryan nicht ein Mal um die Beute die er machte – nein, es ging ihm einzig und allein um das Gefühl. Der Dieb kniete in der Hocke vor seinem Arbeitsmaterial, steckte sich ein Messer nach dem anderen in die Brusthalfter, wickelte sich das Seil quer über die Brust und schob die verbliebenen Dietriche in seine Tasche. Er trug seine komplette Ausrüstung mit welcher er auf die Sphinx gekommen war: Arm und Beinschienen, dünne Stoffschuhe welche es ihm ermöglichten lautlos über Dielen und Flure zu huschen, seine Maske welche den Großteils seines Gesichtes verbarg – was bei seiner Narbe auch dringend nötig war. So war es ihm Möglich komplett mit der Dunkelheit zu verschmelzen.. Und gerade als er sich aufrichtete, hörte er Schritte. Für einen kurzen Moment verharrte der Dieb in einer Art starre, lauschte angespannt und wartete ab, ob die Schritte näher kamen. Das taten sie... Ryan lauschte weiter.. Das war mehr als eine Person, zwei – Mindestens. Soldaten vielleicht? Er selbst befand sich in einen der schmalen und herunter gekommenen Gassen der Stadt. Die Häuser hier waren teils unbewohnt und einsturzgefährdet. Die salzige Luft hatte das Holz der Gebäude morsch werden lassen, zumal sich niemand mehr um deren Zustand kümmerte.. Gerade als Ryan Anstalten machen wollte, sich an einem Balken hinauf zu ziehen, verebbten die Schritte langsam wieder und so entspannte er sich.
Ziellos streifte sie durch die Stadt, erkundete sie erst einmal nur, um ein Gefühl für sie zu bekommen. Wenn sie ihre Wanderung wieder von vorn aufnehmen würde, hoffte sie die erste Beute machen zu können. Auf Kitar hatte sie viel gelernt, was den Taschendiebstahl anging, aber dort war sie jünger und halb verhungert gewesen. Inzwischen – dass wusste sie selbst – war sie viel zu auffällig. Ihr Haar leuchtete viel zu blond und sagte bloß 'Hier bin ich', während ihre ganze Kleidung darauf aus war ihre Reize zu unterstreichen. Sie konnte einfach nicht anders. Es funktionierte wunderbar zum Ablenken, aber meistens erinnerten man sich auch an sie. Vermutlich würde es auch dem Marinesoldaten so gehen, den Talin vorhin bestohlen hatte. Sie hatte nicht widerstehen können, obwohl es dumm gewesen war. Dennoch warf sie den kleinen Beutel in die Luft und fing ihn dann wieder auf, wobei er leise klimperte. Sie schmunzelte belustigt, als ihr Weg sie fort vom Zentrum führte und eher in die ruhigeren, herunter gekommenen Gassen. Schon wollte die Blonde umdrehen und wieder zurück zum Herzschlag der Stadt gehen, als sie die Uniform der Marine aufblitzen sah. Ups... Schnell verschwand Talin im Gewühl der Gassen, während die Schritte hinter ihr näher kamen. In einer kleinen Seitenstraße blieb sie stehen, wartete ab, was die Männer tun würden und seufzte schließlich leise, als sie wieder gingen. Kurz darauf spürte das Mädchen das vertraute kribbeln im Nacken, dass sie nicht ganz so allein war, wie sie gedacht hatte. Abrupt drehte sie sich um und sah die Gasse hinunter, erkannte aber nichts als Schatten. Neugierig geworden, wieso eine leere Gasse dieses Gefühl in ihr auslöste, ging sie auf leisen Sohlen tiefer hinein, wobei sie wie zufällig durch den Schlitz in ihrem Rock nach dem versteckten Dolch griff.
Gut – für den Moment hatte sich Ryan in der kurzen Zeit die ihm geblieben war soweit es ging vorbereitet. Es war Zeit sich an die Arbeit zu machen! Die restlichen Utensilien wurden in ein Tuch geschlagen und unter einigen Schindeln welche vom schiefen Dach des Gebäudes gerutscht waren verstaut. Er würde nach dem Auftrag zurück kommen um sie zu holen. Also setzte er sich in Bewegung. Sein Ziel war der nordwestliche Teil der Stadt – das Gebiet, in dem die größeren Gebäude und vor allem wohlhabenderen Menschen lebten – wo auch sonst? Im Gossenviertel gab es schließlich nichts zu holen. Und noch bevor er Talin erblickte, hörte er die noch unbekannte Person. Erneut nahm er die Schritte wahr – jedoch weniger wüst und stampfend wie die der Soldaten, zudem noch das Rascheln ihrer Röcke welche die Mauern links und rechts von ihr streiften. Die Gassen in denen sie sich befanden, waren gerade breit genug dass eine einzelne Person darin gehen konnte, sofern Talin abbiegen würde, würde sie prompt in ihn laufen. Auf leisen Sohlen schritt Ryan bis zur nächsten, engen Kreuzung und lugte vorsichtig in die Gasse aus der er die Schritte kommen hörte. Kurz wägte er ab, sich einfach einen Weg an den Mauern nach oben zu bahnen, doch als er den blonden Haarschopf Talins erblickte, erstarrte er perplext. Eine Augenbraue ging überrascht die Höhe und er entschied sich ohne zu zögern ihr den weiteren Weg zu versperren. Es ging ihn zwar nichts an, aber.. Was bei allen Welten trieb sie hier? Sie Befand sich nur noch wenige Schritte von seiner Kreuzung entfernt, und so machte Ryan prompt lautlos einen Satz in ihre Richtung – ohne auch nur ein Wort zu sagen.
Bis aufs äußerste gespannt, ließ Talin ihren Blick hin und her schweifen, auch wenn sich in dieser kleinen Gasse herzlich wenig vor ihr verstecken konnte. Ihr Herz schlug schnell, dass Blut rauschte in ihren Ohren und sie versuchte beides mit einer ruhigen Atmung zu unterbinden, damit sie lauschen konnte, was dort in der Dunkelheit war. Wenn denn wirklich etwas dort war. Wahrscheinlich hatte sie sich die Anwesenheit einer anderen Person einfach nur vorgestellt und jetzt war sie völlig wahnsinnig, dass sie hier so vorsichtig durch die Gasse lief. Aber auf der anderen Seite...wenn doch jemand hier war, dann war ihr Gespür nicht so falsch...verflucht war ihre Neugierde! Und dennoch drehte sie nicht um, lief die Gasse weiter nach unten, hatte fast das Ende erreicht, um sich dann in der nächsten umzusehen. Wenn da wirklich nicht wahr, würde sie wieder umdrehen und ihr Glück im Zentrum versuchen. Aber jetzt kam die Kreuzung näher und der Griff um das Heft ihres Dolches wurde fester..Die plötzliche Bewegung direkt vor ihr, hätte ihr fast einen Schrei entlockt. Sie erkannte den Mann vor ihr nicht direkt, aber dass es einer sein musste stand außer Frage. Und aus genau diesem Grund konnte sie den Schrei zurückhalten. Stattdessen übernahmen ihre anderen Instinkte, mit denen sie sich noch vor nicht einmal vier Jahren immer wieder aufs neue verteidigen musste. Mit eine, leisen Zischen zog sie ihren Dolch, drehte ihn noch mitten in Bewegung, sodass die Spitze nach oben zeigte und stieß ihren Arm von unten nach oben, um den Angreifer das Messer direkt von unten in Hals rammen zu können.
Mit einem Angriff hatte der Dieb gerechnet – sonst hätte er sich ihr mitnichten einfach so in den Weg gestellt. Dass Talin dann doch so schnell reagierte überraschte ihn allerdings! Allein der dünne Stoff welcher Mund und Nase verdeckte verhinderte, dass die Spitze ihres Dolches seine Haut zerkratzte, als er mit dem Kopf zurück wich. Gleichzeitig packte Ryan ihr Handgelenk, mit welchem sie das Messer festhielt, drehte den Arm in einer fließenden und groben Bewegung im Bruchteil einer Sekunde auf ihren Rücken – ob sie den Dolch noch umklammert hielt oder nicht war in dieser Position nun unerheblich, sie würde ihn sofern sie sich nicht befreien konnte ohnehin nicht mehr benutzen können. In der selben Bewegung drückte er ihren Körper gegen schonungslos gegen die Wand. Nun konnte er sich sein gewohnt diabolisches, schiefes Grinsen nicht verkneifen. Er senkte den Kopf zu ihr hinab:“Na? Verlaufen?“, seine dunkle Stimme drang leise an ihr Ohr, er war ihr so nah, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren musste. Mit seinem Körper presste er sie nur noch bestimmter gegen die Wand, während er die Worte aussprach.
Talin zischte leise, als ihr Gegner ihrem Angriff auswich. Gerade als sie ihren Arm zurückziehen wollte, um erneut zu zustoßen, wurde sie am Handgelenk gepackt. Für Panik war in diesem Moment gar keine Zeit, denn schon wurde ihr Arm grob auf den Rücken gedreht und ihr Dolch damit unbrauchbar gemacht. An dieser Stelle hätte sie so etwas wie Angst verspüren sollen, aber das Adrenalin schoss viel zu schnell durch ihren Körper und ihre Gedanken sprangen von einer Überlegung zur nächsten, wie sie sich am besten aus der Situation befreien konnte. Als sie schließlich mit der Wand Bekanntschaft machte – wieder alles andere als sanft! - stöhnte sie leicht auf, als der grobe Stein ihr die Wange zerkratzte. Sie hatte sich mit der anderen Hand nicht abgestützt, denn dann wäre ihre Linke nur eingeklemmt gewesen. So aber lag sie auf einer versteckten Tasche ihres Rockes in dem sie noch einen weiteren Dolch versteckt hielt. Sie verhielt sich völlig ruhig, als der Körper hinter ihr näher kam, schob nur die Hand in die Tasche um den Griff des Messers zu umschließen. Als die Stimme langsam durch das Rauschen zu ihr durchdrang und ebenso die Worte, erstarrte sie für einen Moment vollends – bevor sie wieder ein Zischen ausstieß. Ihre Mundwinkel zuckten leicht belustigt, während sie leicht ihre Hüfte bewegte, um den Dolch unbemerkt ziehen zu können und ihn dann mit der Spitze voran sanft an Ryans Männlichkeit zu drücken. „Gleiche Frage an dich. Hast du dich verlaufen? Oder lauerst du wehrlosen Frauen in dunklen Gassen auf,“ fragte sie im Plauderton.
Zwar spürte Ryan wie Talin sich unter seinem Griff bewegte, allerdings ging er davon aus dass dies der Unbehaglichkeit zu schulden war, und nicht dass sie ein weiteres Messer hervor zog! Überrascht spürte er die Klinge zwischen seinen Beinen und rückte sofort etwas ab. Unvermittelt umfasste er jedoch auch ihr linkes Handgelenk mit seiner freien Hand. Ein dunkles, amüsiertes Schnauben entlockte ihm dieser Angriff. „Wehrlos bist du ganz sicher nicht, Talin.“, lachte Ryan nun leise, ging aber sonst nicht weiter auf ihre Frage ein. „Ich.. Lass' dich jetzt los.“, kündigte er an und man konnte deutlich hören wie er immer noch grinste. Für einen kurzen Augenblick wurden seine Griffe noch etwas fester, bis er sich von ihr löste. Zwar glaubte er nicht, dass sie es jetzt immer noch auf ihn abgesehen hatte, aber vorsichtshalber behielt er jede ihrer Bewegungen genaustens im Blick. Kurz überlegte der Dieb, sie noch einmal zu Fragen was sie hier trieb – die Neugierde war zu Groß, auch wenn es ihn schlichtweg nichts anging. „Bist du alleine unterwegs?“, fragte er dann schließlich doch. Er sprach immer noch leise, als könnten sie belauscht werden – und so unwahrscheinlich war das gar nicht. Denn s schön diese Stadt auch war, Ryan hatte in dieser kurzen Zeit genug verbrecherische Gestalten kennen lernen dürfen. Für den Moment, behielt er seine abendlichen Pläne für sich.. Er sprach ja ohnehin nie aus dem Nähkästchen.
Nur mit Mühe hielt sie ein Lachen zurück, konnte aber nicht anders als doch frech zu grinsen, als er auch ihr anderes Handgelenk packte. Über seine Worte musste die Blonde lachen, denn für den Moment fühlte sie sich ziemlich wehrlos und ausgeliefert. Sie spürte, wie sie eine leichte Gänsehaut bekam und sie versuchte ruhig zu atmen, um wieder runter zu kommen. Sein kurzer fester Griff, war dabei nicht gerade förderlich. Als er sie schließlich los ließ, steckte sie beide Dolche wieder zurück, während sie sich zu ihm umdrehte und dann hoch in sein verdecktes Gesicht blickte. Dabei umfasste sie ihr rechtes Handgelenk und rieb es leicht, während sie ihn schließlich im Ganzen musterte. Auf seine leise Frage hin, sah sie wieder hoch in sein Gesicht und lächelte leicht verrucht. „Bin ich. So kann man am besten Geld beschaffen.“ Wie sie gedachte das zu tun, überließ sie an dieser Stelle seiner Fantasie. Dann machte sie eine ausladene Geste mit ihrer Hand, die sie immer noch umklammerte, und seinen ganzen Aufzug damit meinte. „Und du?“ fragte sie ebenso leise, wie er gerade. „Ich hoffe doch, du glaubst nicht in diesen Häusern viel von Wert zu finden?“
Bei den Worten 'Geld beschaffen' kroch in ihm insgeheim die Frage auf, wie viel Geschick sie wohl im Bezug auf Diebstahl an den Tag legte und für einen kurzen, unsinnigen Momente spielte Ryan mit dem Gedanken sie zu bitten ihn zu begleiten. Sie würde ja ohnehin ablehnen, zumindest ging der Dieb davon aus. Sollte sie nur ihren Geschäften nachgehen und sie seinen eigenen – das war wohl ohnehin besser für sie Beide. Auf ihre Frage hin schüttelte er nur wortlos den Kopf. „Ich..“, begann er gedehnt und durch die kurze Pause war klar, dass er nach Worten suchte die nicht all zu viel von dem Preis gab, was genau er vor hatte. Doch dann besann er sich darauf das Talin nicht irgendjemand war – sondern der Captain des Schiffes, auf das er heute noch auf jeden Fall zurück wollte. Warum sie also nicht in seine Pläne einweihen? „...habe einen Auftrag angenommen. Er bringt Geld – für die Sphinx.“, er selbst hatte immerhin absolut kein Interesse an Materiellen Dingen, was zugegeben ziemlich suspekt war... „Es war mir zwar eine ausgesprochene Freude dir hier in dieser ausgesprochen einladenden, dunklen Gasse begegnet zu sein, Talin.. Aber ich habe nicht sonderlich viel Zeit übrig.“, er hob die Hand und machte seinerseits eine ausschweifende Bewegung. Dann beugte er sich leicht zu ihr herunter und grinste frivol. „Lass uns... Das hier..“, erneut eine Pause und die Worte die er sprach klangen gewohnt Arrogant. „...doch lieber ein einer Mal weiter führen.“ Und schon richtete er sich wieder auf, doch aus einem für ihn rätselhaften Grund blieb er noch einen Augenblick stehen. Und dass obwohl ihm sein Verstand zurief jetzt sofort das Weite zu suchen.
Eigentlich erwartete sie nicht wirklich eine Antwort auf ihre Frage. Er sprach wenig bis überhaupt nicht über das, was er tat. Warum sollte er jetzt damit anfangen. Und schon bei seinem ersten Wort verzogen sich ihre Mundwinkel zu einem süffisanten Lächeln, weil sie wusste, was folgen würde. Aber er überraschte sie! Verwundert ließ sie ihr Handgelenk los und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an, eine gewisse Skepsis und sehr viel Neugierde in den Augen. Was war das für ein Job, den er da angenommen hatte? Brachte es viel Geld? Aber was noch wichtiger war: War es aufregend? Aber sie konnte ihn nicht sofort fragen, weil er sich schon wieder aus dem Staub machen wollte. Jetzt, wo es doch gerade so lustig wurde. Aber obwohl seine Worte arrogant und provozierend klangen, machte er sich nicht sofort auf den Weg, was die Hoffnung in ihr weckte ihn zu überzeugen, sie mitzunehmen. Aber zu aller erst wollte sie sich – wenn auch nur ein klein wenig – rächen und ihm eine Reaktion entlocken. Sie machte einen Schritt nach vorn, womit sie sehr nahe bei ihm stand, weil er kaum Platz hatte, um auszuweichen. Bewusst sanft legte sie die Hand auf seine Brust und sah von unten zu ihm hinauf. Ja, sie hatte einiges auf Kitar gelernt. „Wie wärs, wenn wir 'das hier' gleich weiterführen? Du könntest mich mitnehmen.“
Verdammt. Wäre er doch einfach nur gegangen! Zu seinem Glück spürte er die Berührung durch sein Hemd und den darüber liegenden Lederwams nicht sonderlich, doch allein die Geste sorgte dafür dass er angespannt den Atem anhielt. Ryan wich jedoch nicht zurück und verzog auch sonst keine Miene, nur ein dunkles, kehliges Lachen entrang sich ihm. Durch ihren verlockenden Blick war dem Dieb durchaus klar, dass sie ihre Reize mit Absicht nutzte. Im Grunde ließ ihn sowas kalt.. Nur aus irgendeinem Grund war es bei Talin anders. Ständig brachte sie ihn aus der Fassung, sodass er erst einmal wieder zu sich selbst finden musste. Und auch wenn er sich äußerlich genauso kalt und distanziert wie eh und je gab, beschlich ihn langsam das Gefühl dass sie etwas merken musste. Im Schutz der Dunkelheit jedoch, packte ihn eine gewisse Übermut – vielleicht auch um seine Anspannung zu überspielen. Provozierend ließ er seinen dunklen Blick über Talin gleiten, blieb beabsichtigt lange an ihren bewusst unterstrichenen Rundungen hängen, dann hob er die Hand und schob ihr immer noch frivol grinsend eine verirrte, blonde Locke hinters Ohr. „In diesem Aufzug?“, meinte er nach seiner intensiven Musterung und bohrte seinen Blick schließlich wieder in den ihren. „Gewiss nicht.“, zerstäubte er ihren Vorschlag. Und dass, obwohl es eigentlich auch sein Gedanke gewesen war, sie zu bitten ihn zu begleiten. Dann jedoch verharrte er in der Bewegung und seine Fingerspitzen berührten sanft die Haut an ihrer Schläfe. Der Blick änderte sich für den Bruchteil einer Sekunde, als hätte er eine plötzliche Eingebung. „Wobei...“, sprach er schließlich weiter, ließ abrupt die Hand sinken und mit einem Schritt nach hinten in die Richtung aus welcher er gekommen war, entfernte er sich wieder von ihr. „Folg' mir.“, tatsächlich hatte er bei seinem Hab' und Gut welches er hier in der Gasse versteckt hielt noch einen komplett neuen, dunkelgrünen Mantel. Ryan hatte sich nämlich vor einigen Tagen in einem der Lagerhäuser am Hafen komplett neu mit Kleidung eingedeckt – natürlich alles gestohlen. Zwar herrschten hier auf Mîlui tropische Wetterverhältnisse... Aber man wusste ja nie wo die Reise noch hinführen würde. Der Mantel würde Talin vermutlich bis zu den Knien reichen und die Kapuze wäre perfekt um ihr wallendes, blondes Haar darunter zu verstecken, aber würde er versuchen sie in diesem Aufzug in das Anwesen des hiesigen Barons zu schleusen, könnte er genauso gut mit Fanfaren an die Tür des Mannes klopfen.
Sein Atem strich ihr übers Gesicht, als er ein kehliges Lachen austieß. Und trotzdem allem blieb sein Gesicht unbewegt. Fast hätte Talin ihr eigenes schmollend verzogen, wenn ihr nicht in dem Moment wieder eingefallen wäre, dass sie ihn nicht ganz sehen konnte. Seine Nase und Mund waren durch die Maske verdeckt, einzige seine Augen erkannte sie in der Dunkelheit – und die wanderten gerade musternd über ihren Körper. Die Härchen auf ihren Armen und im Nacken stellten sich auf, während sie sich leicht anspannte. Doch als er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr schob, konnte sie nicht anders, als das Spiel noch ein klein wenig weiter zu spielen: Die Blonde gab ein leises, kehliges Geräusch von sich, was in der Dunkelheit der Nacht verhallte. Viel zu schnell war Ryan aber wieder bei der Sache, während sie selbst dem Gefühl, was immer es war, noch ein wenig nach hing. Sein Blick nagelte sie fest und sie verzog leicht verärgert das Gesicht, weil er ihre Bitte so einfach abtat. Ihre Gedanken rasten auf der Suche nach einer Möglichkeit ihn doch zu überzeugen, als er es sich anscheinend selbst anders überlegte. Wieder überraschte er sie, als er sich von ihr los machte – einfach so, wohl gemerkt! - und den Weg zurück ging, aus dem er gekommen war. Neugierig folgte Talin ihm. „Hast du es dir also anders überlegt? Ob du es glaubst oder nicht, ich kann eine ganz wunderbare Ablenkung sein, da die wenigsten Wachen weiblich sind...“ Sie zuckte nur nichtssagend mit den Schultern, als sie neben ihm vor ein paar Kacheln stehen blieb. Leicht verwirrt runzelte die Stirn und blickte ihn dann fragend an.
Vor den Kacheln war Ryan in die Hocke gegangen, schob einige davon beiseite und zog ein Bündel Stoff hervor. Darin verbarg sich der Mantel. „Oh doch.“, gab der Dieb zur Antwort, als er wieder aufstand und den Mantel einige Male ausschlug um ihn von Staub und Dreck zu befreien. „Das glaube ich dir nicht nur, das weiß ich sogar.“, woher er das wissen wollte, behielt er für sich. Aber jemand wie Talin – eine Frau die ihre Reize so gezielt und bewusst zum Einsatz brachte, konnte nur eine gute Ablenkung sein. Allerdings war Ryan darauf gar nicht aus... Im Gegenteil: Er hoffte, dass auch wenn er sie mitnahm, es gar nicht nötig sein würde ein Ablenkungsmanöver zu brauchen. Er drehte sich wieder in ihre Richtung, um ihr anschließend das Stück Stoff entgegen zu halten. „Also dann, Captain. Lust auf eine kleine Soiree?“, da seine Maske ohnehin durch Talins vorherigen Angriff ein wenig in Mitleidenschaft gezogen worden war, schob er sie nun unters Kinn. Was soll's – darauf kam es nun auch nicht mehr an. Nun war es ihr zumindest möglich, dass amüsierte zucken seiner Mundwinkel zu sehen. „Und wie gut bist du in Schlösser knacken?“, mit einer schwungvollen Bewegung legte er ihr den Mantel um die Schultern – half ihr aber ansonsten nicht weiter ihn anzuziehen. „Wir müssen in den nordwestlichen Teil. Möglichst unbemerkt..“, die Crew war ja schon auffällig genug. Sie mussten nicht für noch mehr Tumult in der Stadt sorgen. „Dort hat ein Baron seine Sommerresidenz... Allerdings kommt er jedes Jahr zum Frühlingsfest und feiert einen Tag davor ein Fest für die betuchteren Bewohner der Stadt. Mit Feuerwerk und allem.“, er machte eine ausladende Handbewegung. „Da alle Betrunken sind, dürfte es nicht all' zu schwer sein unbemerkt hinein und wieder heraus zu kommen.“
Aufmerksam verfolgte sie seine Bewegungen, als er sich hinhockte, die Kacheln zur Seite schob und ein kleines Bündel hervorzog. Ihr kleines Spiel von gerade schob sie ihn den Hintergrund, ignorierte für den Moment den Wunsch ihn aus der Reserve zu locken und besah sich den Umhang, den er schließlich in Händen hielt. Bei seinen Worten blinzelte sie verwirrt und schenkte ihm dann ein überraschtes, fast ein bisschen schüchternes Lächeln. Es war eine gefühlte Ewigkeit her, dass jemand einfach so akzeptierte, dass sie ihre Weiblichkeit dazu einsetzte, zu bekommen was sie wollte. In letzter Zeit hatte sie eher das Gefühl gehabt, die...Männer an Bord würden in ihr eher ein kleines Mädchen, als eine Frau sehen. Um sich nicht unnötig aufzuregen, versuchte sie an dieser Stelle, nicht weiter darüber nachzudenken. Stattdessen konzentrierte sie sich wieder aufs hier und jetzt. Mit einem belustigten Schmunzeln hielt sie den Mantel vorn fest, bevor sie ihn gänzlich verschloss. Sein Grinsen überraschte sie ein wenig. Anscheinend hatte er das Abenteuer des Stehlens vermisst... „Ich krieg ein Schloss auf, wenn es das ist, was du wissen willst. Von der Schnelligkeit her, würde ich sagen, dass ich eher so mittelmäßig bin. Mir fehlt die Übung.“ An dieser Stelle brachte es rein gar nichts ihn anzulügen, denn er musste wissen, wie er sie am besten einsetzen konnte. Als sie den Mantel fertig umgebunden hatte, hob sie die Kapuze an und versteckte somit ihre blonden Haare. Sie drehte sich einmal kurz, um ein Gefühl für die zusätzliche Lage Stoff zu bekommen, bevor sie aus dem Dunklen der Kapuze zu ihm hoch sah und sich dann bei ihm einhakte. „Am unauffälligsten gelangen wir wohl so dahin. Ich glaube nicht, dass ich im Rock einen anderen Weg nehmen kann. Was muss ich noch wissen, um dir helfen zu können?“
Sie überraschte ihn zwar erneut, mit welcher Zwanglosigkeit sie sich einfach bei ihm einhakte, doch er wehrte sich nicht und versuchte auch dieser Geste keine all zu große Bedeutung zu schenken. „Es ist dennoch besser, wir halten uns von den Hauptstraßen fern.. Und bestimmt ist es auch in deinem Interesse den Soldaten aus dem Weg zu gehen.“, meinte er und schließlich setzten sie sich in Bewegung. Nachdem sie aus den schmalen Gassen getreten waren, erhellte nun das Mondlicht noch deutlicher ihre Umgebung. Einige wenige Wolken hingen am Himmel und schoben sich hin und wieder vor die silberne Sichel, tauchte sie beide dadurch in die vertraute Dunkelheit von gerade eben. „Ich konnte mich selbst nicht lange auf den Auftrag vorbereiten..“, er sprach extrem gedämpft, beugte sich immer wieder leicht in ihre Richtung, damit sie seine Worte verstehen konnte – denn immer noch Bestand die Gefahr dass seine Aussagen an Ohren gelangen, die ihnen nicht wohlgesonnen waren. „Die Feier findet größtenteils im Garten des Anwesen statt. Insofern dürfte das Haus relativ leer sein...“, relativ – aber nicht ganz. „Wir suchen Papiere. Wertpapiere auf dem der Besitz einiger Hektar Land vermerkt sind. Mit dem Siegel des Königshauses. Für uns also unbrauchbar.. Aber für denjenigen der die Papiere brauch umso Wertvoller.“, er grinste wieder diabolisch. „Wir steigen durch den Keller ein. Leider hatte ich auch keine Zeit um mich vorher ein bisschen in dem Haus umzusehen. Ich weiß also nicht wo welche Räume sind.“, was die ganze Sache nur noch spannender machte. „Aber ich kenne die Meisten verstecke für solche Schriften...“, das Lächeln auf seinen Lippen war nicht verschwunden, und während er sprach konnte man deutlich die freudige Erregung in seiner Stimme wahrnehmen. Der arrogante Tonfall war zwar nicht ganz gewichen – etwas, das Ryan wohl nie ablegen konnte, aber die Vorfreude auf das was sie an diesem Abend erwartete war durchaus ansteckend. Sie liefen gemeinsam durch die Stadt und wenn Ryan darüber nachdachte, fühlte sich diese ganze Situation einfach nur unwirklich an.. Wann war das letzte Mal, dass er mit jemanden zusammen gearbeitet hatte? Unwillkürlich dachte er an die Narbe in seinem Gesicht, welche ihm diese Zusammenarbeit eingebrockt hatte. Wir vorgeschlagen hielten sie sich auf kleineren Straßen auf, und nur wenn Ryan sie durch schmale Gassen führte, löste er ihren Griff an seinem Arm nur um dann ohne überhaupt darüber nachzudenken seine Finger mit den ihren verschränkte. Sobald ihnen Soldaten entgegen kamen – welche sich deutlich vermehrten je näher sie dem wohlhabenderen Viertel der Stadt kamen, blieben sie im Schutz der Dunkelheit stehen nur um wenige Momente später unbemerkt ihren Weg fortzusetzen.
Talin schmunzelte leicht, als sie sich in Bewegung setzten. Es war eindeutig in ihrem Interesse, nicht von Soldaten gesehen zu werden. Oder zumindest wollte sie nicht von diesem kleinen Grüppchen wiedergefunden werden, weil die sie mit Sicherheit erkannt hätten. Alle anderen Soldaten sahen in ihr sicher nicht eine der Personen, die die Morgenwind in die Luft gejagt hatte. Aber sie sagte nichts weiter dazu, folgte Ryan einfach, den Weg, den er nehmen wollte. In diesem Falle hatte der Dieb mehr Ahnung als sie, also hielt sie sich an ihn. „Du bist schon ziemlich lange Dieb, oder?“ Die Blonde sah aus dem Schatten ihrer Kapuze heraus zu ihm hoch. Seine Aufregung und Freude konnte sie fast mit den Händen greifen. Sie selbst fühlte auch, wie ihr Herz schneller schlug, wie sie sich vor Erwartung leicht anspannte. Aber es war nichts im Vergleich zu dem Mann neben ihr. Er erschien ihr gerade zu offen, während sie die Straßen entlang zum Viertel der Wohlhabenderen gingen. Vor einer kleinen Villa blieben sie im Schatten stehen. Musik und Gelächter drang bis auf die Straße und der Geruch des Essens wehte zu ihnen herüber. Sie feierten noch einmal extra den Beginn des Frühlingsfestes und wenn man den Menschen hinter dem Haus lauschte, konnte man glauben, dass es auf der Welt keine Probleme gab. Mit einem leichten Kopfschütteln wandte sie sich Ryan zu, von dem sie sich jetzt schließlich löste, nur um dann wieder etwas näher zu treten und ganz nahe vor ihm stehen zu bleiben, damit ihnen keiner lauschen konnte. Ihr war nicht entgangen, dass er sie nicht einmal auf dem Weg hierher losgelassen hatte. Das mag keinen weiter überrascht haben, sie selbst verwunderte es ein bisschen, aber das tat im Moment nichts zur Sache. „Durch den Keller sollten wir leicht rein kommen. Aber nach welchen geheimen Verstecken muss ich Ausschau halten?“ Vor Aufregung schlug ihr das Herz jetzt bis zum Hals, aber auch sie spürte jetzt diese freudige Erwartung, als hätte Ryan sie damit angesteckt.