13.07.2018, 01:36
Enriques eindringliches "No!" ließ Cornelis einhalten. Kurz darauf bekräftigte sein alter Freund seinen Ausruf mit einem leiseren "Nicht" und drückte sich eine Hand gegen die Rippen. Und da schwante ihm, was mit Enrique los war. Er nickte leicht zum Zeichen, daß er verstanden hatte, nahm seine Arme zurück und ließ sich der Einfachheit halber neben Enrique auf den Planken des Decks nieder. Sein Degen schepperte leise, als dieser auf dem Holz aufschlug. Es dauerte eine kurze Zeit, in der sie schweigend nebeneinander saßen/hockten, und Cornelis überlegte schon wieder daran, wie er es Enrique verdeutlichen könnte, daß er nicht tot war, als dieser schließlich das Schweigen brach.
"Warum haben sie das gerade gesagt?"
Diesmal sah Cornelis zu Enrique auf und als er dessen Blick traf, war es ihm plötzlich, als würde er in die neugierig und offen fragenden Augen des Jungen schauen, den er vor so langer Zeit zum letzten Male getroffen hatte. Diese Erkenntnis entlockte Cornelis ein herzliches Lächeln - ein Lächeln, das Enrique kannte, vor allem das Lächeln in den Augen, die so blau waren wie die See.
"Weißt du es nicht mehr? Der Sturm, der an jenem Abend aufkam und die Seepferdchen daran hinderte in den Hafen zu kommen. Die Nacht bei diesem Unwetter auf hoher See, das Sturmsegel hatte mich zu Boden gerissen und das Stag mir wie eine Keule den Hinterkopf aufgeschlagen. Dann war ich in völliger und nicht enden wollender Dunkelheit gefangen. Am anderen Tag war der Sturm vorüber, wir legten im Hafen an und ich wurde von zwei meiner Seekameraden von Bord gebracht. Kaum fühlte ich festen Boden unter den Füßen, riß ich mich auch schon los, stolperte über irgendetwas - ich konnte ja nichts sehen - und fiel. Der Aufprall auf dem Boden ließ den Schmerz in meinem Kopf wieder explodieren und die Übelkeit hätte fast dazu geführt, daß ich mich übergeben hätte. Nur langsam ließ der Schmerz nach und ich bekam wieder etwas von meiner Umgebung mit. Und dann war da diese Knabenstimme: Sir? Kann ich helfen?"
Da kam ihm noch ein Gedanke, er hob die rechte Hand und tastete nach etwas an seinem Hinterkopf. Seine etwas zu langen Haare waren in Ermangelung einer Bürste in der Zeit auf der Insel leicht verfilzt, obwohl er die gröbsten Knoten stets mit den Fingern herausgearbeitet hatte. Als er gefunden was er gesucht hatte, zog er die Haare über dieser Stelle auseinander und drehte Enrique seinen Hinterkopf zu. Zum Vorschein kam die große Narbe, mit der der Unfall damals seine Kopfhaut gezeichnet hatte.