11.07.2018, 21:36
„Guck dir das an! Und das! Und das und das!“
Gleich nachher würde er Greg fragen, wie man „guck“ schrieb und dann würde er das auf eine Fahne malen und sie hinter sich herziehen. Da, da gab es Tücher! In blau und in gelb und in – in rot, da! Voller Glück wühlte Trevor sich durch die Auslagen, so gut das ging, wenn man nur eine Hand frei hatte. Wie konnte der Verkäufer bloß an so einem Tag an so einem Ort so ein verdrießliches Gesicht ziehen! Ah richtig. Er musste ja auch auch die gaaaanze Zeit hinter seinem Tisch stehen, wie fürchterlich!
Trevor für seinen Teil strahlte den Mann an. Er war noch keine zehn Minuten mit Gregory und Feuerbart zwischen den Buden unterwegs und hatte schon den Mund und eine Hand voll mit einem klebrigen, süßen Gebäck, das er zwar nicht kannte – na ja, so genau hatte er sich gar nicht angesehen –, das er aber eifrig mampfte, um die Hüften einen nigelnagelneuen schicken Gürtel und an den Füßen ein paar nigelnagelneue braune Holzpantoffeln. Und wer wusste, was er in weiteren zehn Minuten alles haben würde! Kaum hatte dieser Gedanke ihn erreicht, leuchteten seine Augen auf. Er stopfte sich den Rest des Gebäcks in den Mund – und schon flitzte er zur nächsten Bude. Und zur übernächsten! Und der überübernächsten! Und der überüberübernächsten!
„Guck mal Greg, Schreibzeugs!“
„Guck mal Greg, den Topf hat Rayon auch! Und den auch! Und den da hatte er mal, das ist so einer wie der, der über Bord gehüpft ist, oder, weißt du noch?! Das war ein Versehen, echt jetzt!“
„Guck mal Greg, Bluuuuuuumen!“
Er lief im Kreis, im Zickzack, vor und zurück und wieder vor, die Pantoffeln polterten über das Kopfsteinpflaster, es war fast ein bisschen wie im Paradies, so viele Menschen und Stimmen und Gerüche und Lärm und Trubel und Essen und Spiele und Kämpfe und Theater und … –
„Guck mal, Feu– Mariiiiiiiiiinus! Lächeln!“
Er wirbelte herum und suchte seine Begleiter – durch das falsche Ende eines riesigen Fernrohrs aus dunklem Metall, das freie Auge in aller gebührenden Theatralik zusammengekniffen und das Grinsen so breit, dass es fast bis an das Fernrohr hinaufreichte.
„Dafür bräuchte ich einen Augenklappe, das wäre genial! Ich wette, es gibt – ha! Da!“
Er warf er das Fernrohr seinem Verkäufer, dessen Gesichtsausdruck ihm schon gar nicht mehr auffiel, zu und sprang zum nächsten Stand.
Da hingen tatsächlich mehrere Augenklappen fein säuberlich aufgereiht. Die meisten waren aus dunklem Leder, einige aber auch gefärbt oder aus bunten Stoff. Eine rote mit aufgemaltem Auge entlockte Trevor ein entzücktes Quieken.
„Darf ich –“
Er wartet die Antwort gar nicht ab, sondern pflückte die Augenklappe vom Haken und setzte sie sich auf.
„Wie seh ich aus?!“
Er strahlte den Mann hinter dem Tisch mit dem verbliebenen Auge an. Der hatte ziemlich blasse Haut, auch eine Augenklappe und verzog nicht die geringste Miene. Trevor legte den Kopf schief.
„Bist du mit Ryan verwandt?“
Der Alte rümpfte die Nase. Trevor machte ihn nach, nur so zum Spaß, und setzte gerade dazu an, in gespielter einäugiger Ernsthaftigkeit die anderen Auslagen zu begutachten, als –
„Oh!“
Ohne den Blick davon loszureißen, fuchtelte Trevor mit einem Arm hinter sich. „Greg, Greg, guck dir das an, guck, du –“, er bekam irgendjemanden am Arm zu fassen und zerrte ihn neben sich, „du musst dir das angucken!“
[zwischen den Buden in der Nähe des Marktplatzes | mehr oder weniger bei Gregory und Cornelis]