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Kapitel 3 - Freiheit oder Tod
Crewmitglied der Sphinx
für 0 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
#11
Mit gut zwei Dutzend Zellen aus Eisen und einem bis zum Rand gefüllten Frachtraum voller Proviant für annähernd dreihundert Menschen lag die Morgenwind tief im Wasser. So tief, dass sich die Wellen auf Höhe des Zellentraktes an der Bordwand brachen, wenn der schlanke Rumpf des Zweideckers durch sie hindurch pflügte. Ihr Tosen rauschte in seinen Adern.
Auch der 21-Jährige hielt die Augen geschlossen, doch weder versuchte er tatsächlich einzuschlafen, noch machte er sich die Mühe, sich schlafend zu stellen. Er achtete auf nichts und niemanden, denn nichts und niemand hier interessierte ihn im Moment genug, um seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu richten, als das Geräusch der Wellen. Im Hafen noch war das leichte Schwanken der Morgenwind im Wasser kaum zu spüren gewesen. Jetzt erklomm sie spielend jeden Kamm und sank sanft in das nächste Tal hinab, um das Spiel mit den Bewegungen des Meeres von neuem zu beginnen. So fiel es dem Dunkelhaarigen nicht schwer, seine Phantasie wandern zu lassen. Wenn er die Augen geschlossen ließ, konnte er die Stimmen und den Gestank und das Gefühl der Ketten an seinen Handgelenken einfach vergessen. Seine Phantasie war schon immer stark gewesen. Sie war das, was seine bodenständigen, verbohrten, kalten Eltern stets am meisten verurteilt hatten. Sie und die Art, wie er seiner Schwester damit Flausen in den Kopf setzte. Und sie war alles, was heute noch an den Jungen von damals erinnerte. In seinen Gedanken hatte er den absurdesten Geschichten Gestalt verliehen. Den Monstern und Ungeheuern ferner Welten, von denen der Medicus berichtete. Solange er es sich hatte vorstellen können, dann würde er  all diese Dinge irgendwann auch mit eigenen Augen sehen können. Das wurde zu seinem erklärten Ziel. Er hatte fest daran geglaubt!
Inzwischen dachte er etwas realistischer. Jetzt war das einzige Ziel, das er sehen konnte, der Himmel über seinem Kopf und der Horizont vor sich.

Sofern er denn die vier Jahre auf Esmacil überlebte, wie ihm in diesem Moment eine laute, herrische Stimme in Erinnerung rief. Lucien seufzte über die Störung leise und schlug die grünen Augen auf. Sofort war der Gestank wieder präsent und das penetrante Unwohlsein in seinem Magen, das ihm der Fraß vorhin statt des Sättigungsgefühls hinterlassen hatte, wieder da.
Der Dunkelhaarige saß wie fast die ganze Zeit schon so weit von der Zellentür entfernt, wie der Pferch es zu ließ. In seinem Rücken spürte er die Gitterstäbe zur Nachbarzelle, während er sich mit der Schulter gegen die Bordwand lehnte. Den Kopf dagegen gesunken, um auf das Rauschen der Wellen zu lauschen. Trotzdem hatte er im dämmrigen Licht der wenigen Laternen erkennen können, wer da vor ihrer Zelle stand und Wache schieben durfte. Der Leutnant, in dessen 'Büro' er gestern erst gesessen hatte, und der junge Soldat, der vorhin das Essen verteilte. Wer ihnen das Los zugeteilt hatte, den beeindruckenden Duft der fast einhundert Gefangenen zu inhalieren, war ihm allerdings reichlich egal.
Mäßig interessiert lauschte Lucien dem Gespräch der beiden und hob dann, nun doch neugierig geworden, den Kopf an, als der Satz 'und um was möchtest du spielen' fiel. Rasch fanden die grünen Augen die beiden Soldaten. Sie hatten es sich an einem der Masten gemütlich gemacht und machten eher den Eindruck, als würden sie sich zu Tode langweilen, als ihrer Pflicht nachkommen zu wollen. Damit waren sie ja schon mal zu dritt.

Wie wäre es mit etwas zu Essen?“, durchdrang plötzlich seine Stimme die Stille in der Zelle. Sein Ton fast kumpelhaft. „Dann wäre ich dabei... Ich bescheiß' euch auch nicht, versprochen.“,

setzte er mit einem Blick auf den Soldaten hinzu, den der Leutnant mit Kaladar angesprochen hatte. Doch um seine Mundwinkel zuckte bereits ein verdächtiges Lächeln. Weil er eine so ehrliche Haut war, bestimmt. Er würde sich allerdings ganz sicher erst dann die Mühe machen, aufzustehen und zur Zellentür hinüber zu kommen, wenn die Partie feststand.

[Zellentrakt der Morgenwind | in einer Zelle mit Yaris und Samuel | in Hörweite zu Enrique und Skadi]
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Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Apr 2016
#12
Ein leises Rumpeln, dass laut in ihren Ohren wieder klang, ließ die Blonde die Augen wieder öffnen. Für einen Moment blieb es schwarz, bevor sie wieder das Holz über ihr wahrnahm. Sie stand also immer noch hier unten im Frachtraum, wobei sie sich eingebildet hatte, schon längst nach oben gerannt zu sein. Ein leiser, enttäuschter Seufzer kam ihr über die Lippen, bevor sie sich zu dem ersten Geräusch umdrehte, welches sie gehört hatte. Kurz darauf vernahm sie noch eins und noch ein Rumpeln. Sie schienen aus der gleichen und trotzdem aus allen Richtungen zu kommen, also blieb sie einfach stehen, wo sie war und wartete darauf, dass die anderen zu ihr stoßen würden.
Sie tippte ein paar Mal ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden, während sie ihre Hände hob und fahrig den Zopf straff zog, wobei ein leises Klingeln der Glöckchen ertönte. Wenn sie mit ihren langen Haaren als Mann durchging, dann würde sie einen Besen fressen. Sie würde sich im Hintergrund halten müssen, während Liam oder Aspen das Reden übernahmen. Ob ihr das allerdings möglich war, schien auf einem anderen Blatt zu stehen. Noch einmal stieß sie einen Seufzer aus, als eine Stimme aus der Dunkelheit kam und Shanaya dann auf einmal neben ihr stand. Wunderbar, jetzt nahm Talin nicht einmal mehr wahr, wenn sich ihr jemand näherte, so abgelenkt war sie. Sie schmunzelte über ihren Kommentar, hütete sich aber eine Antwort zu geben. Was hätte sie schon sagen können, wo die Schwarzhaarige doch den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Stattdessen hob vielsagend eine Augenbraue und blickte der Jüngeren in die Augen. Sie schien genauso wenig abwarten zu können und wollte am liebsten gleich los stürmen.
Im Nächsten Augenblick hörte sie schon wieder Schritte und Liam kam zu ihnen. Jeder schien hier gerade zu irgendetwas seinen Senf dazu geben zu wollen und wirkliche leise blieb niemand. Also dann würde sie das eben auch nicht tun.

„Wir können nachher gern ein paar Becher heben, aber erst, wenn wir hier wieder raus sind.“

Sie grinste den jungen Mann schief an und ließ ihren Blick schweifen, bevor sie wieder hoch zur Decke sah. Es fehlte nur noch Aspen und dann mussten sie sich in Bewegung setzten.
Talin richtete gerade ihre Mütze über den unbequemen Zopf, als sie die Schritte des Blonden näher kommen hörte. Erwartungsvoll drehte sie sich zu ihm und nickte auf seine Hoffnung hin. Allerdings glaubte sie irgendwie nicht daran, dass sie so schnell mit dem Trinken sein würden. Da müsste jeder von denen ein Fass auf einmal ausleeren und darauf konnten sie sich wohl nicht verlassen.
Bei Aspens Worten sah sie hoch zur Decke und versuchte auf Bewegungen zu lauschen. Sie hörte dumpf das Scharren von Füßen, von Körpern auf Stroh und blankem Holz, das Rauschen der Wellen, aber keine Schritte. Aber wenn der Blonde Menschen gehört hatte, dann würde sie ihm nicht widersprechen und lieber auf Nummer sicher gehen. Schon wollte sie den anderen ihren Plan mitteilen, als sie eine Stimme über sich vernahm. Sie klang ebenso dumpf, wie die Geräusche, nur ein bisschen lauter, weil der Sprecher sie erhob. Aber sie kam ihr bekannt vor. Auch wenn sie die Worte nicht verstand, schlug ihr Herz wie wild. Schon wollte sie sich in die Richtung der Treppe drehen, die ihm am nächsten war, bevor ihre Vernunft sie zurück hielt. Wenn sie jetzt einfach hoch stürmte, wäre alles verloren. Also riss sie sich zusammen, schloss noch einmal kurz die Augen, atmete tief durch und wandte sich dann an die anderen drei.

„Wir nehmen die Treppe dort hinten, dann sehen wir nicht ganz so verdächtig aus. Aspen, Liam ihr solltet vorgehen. Shanaya und ich fallen auf den ersten Blick vielleicht nicht auf, aber wir sollten vorsichtig sein. Wir erzählen ihnen, dass wir den Gefangenen zum Verhör mitnehmen sollen. Alles klar? Dann los.

[Frachtraum der Morgenwind | Aspen, Liam, Shanaya]
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Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
#13
Es war leicht, Talin große Reden zu schwingen, dass sie nicht einfach drauf los rennen sollte... deutlich schwieriger war es, den eigenen Drang auszublenden, eben genau das zu tun. Ihr war deutlich bewusst, dass über ihnen eine große Anzahl von Marinesoldaten auf sie... warteten. Und genau da lag wohl der einzige Punkt, wieso hier noch so ruhig stand – äußerlich zumindest. In ihrem Kopf hatte sie schon zwei Hände voll Soldaten umgelegt, ein Schloss aufgebrochen, den gesuchten Bruder in die Freiheit entlassen und sich selbst gefeiert. Gut, gerade hing sie beim letzten Punkt fest, ohne einen von den ersten erledigt zu haben. Aber die ersten Schritte waren getan, und wer sollte sich ihr jetzt noch in den Weg stellen?
Auf ihren Lippen lag jedenfalls ein vielsagendes Grinsen, als Talin den Blick zu ihr wandte. Vielleicht wurde das ja auch ein Wettrennen, wobei die andere Frau vermutlich gewonnen hätte – immerhin würde sie ihren Bruder wohl irgendwie erkennen – und andersherum. Während Shanaya selbst einfach an ihm vorbei gerannt wäre, die Gänge hoch und runter. Vielleicht Grund Nummer zwei, wieso sie hier noch stand, die Arme inzwischen vor der Brust verschränkt hielt und wartete. Und weiter wartete... und langsam aber sicher schon ihre gesamte Geduld aufgebraucht hatte. Immerhin schaffte Liam es, sich endlich zu zeigen – wäre Aspen zeitgleich aus seiner Kiste erschienen, wäre die Schwarzhaarige vermutlich ohne Vorwarnung los gerannt. So musste sie sich weiter in Geduld üben, grinste nur über die beiden Säufer in ihrer Nähe und beobachtete dabei jede Kisten einzeln, als könne jeden Moment ein Blondie heraus springen.
Es dauerte nicht lang, bis auch der letzte von ihnen endlich aufrecht stand, die vierte Uniform unter ihnen präsentierte. Ganz automatisch trat Shanaya einen Schritt vor, riss sich aber zusammen und blieb wieder stehen, die hellen Augen auffordernd auf ihre drei Begleiter gerichtet. Aspen sprach von Schritten, von Licht und Talin fügte noch etwas an, woraufhin Shanaya leise brummte. Nicht nicht zustimmend, nur ungeduldig. Irgendwie zwischen die Warterei mischte sich Hunger – und auch wenn sie irgendwo in den Taschen dieser Uniform ein paar Stücke Dörrfleisch verstaut hatte... davon würde sie in diesem Moment wohl nur noch mehr Hunger bekommen. Was für eine verzwickte Situation. Und die Gefangenen bekamen sehr wahrscheinlich auch Nichts vernünftiges, ein Tauschgeschäft viel also auch flach. Mehr zu sich selbst nickte die Schwarzhaarige auf den Vorschlag, die beiden Männer sollten vorgehen. Das war vermutlich das Beste, auch wenn ihr danach war, einfach jedem Soldat mit dem Fuß voran ins Gesicht zu springen. Die junge Frau schüttelte den Kopf, hob kurz die Arme, streckte sich, wobei die Mütze leicht verrutschte und atmete tief durch. Für einen Moment waren die Soldaten 'Freunde', keine Feinde. Zumindest nicht, wenn sie nicht sofort eine Kugel im Kopf stecken haben wollte. Und das wäre zugegeben... nicht das, was sie damit erreichen wollte. Sie beugte sich dem also, ließ es sich trotzdem nicht nehmen, direkt auf die Treppe zu zugehen. Sie hatten genug geplant, genug vorbereitet und in Kisten verharrt. Sie brauchte Bewegung, etwas zu tun, ein bisschen Aktion... Und etwas zu essen. Trotzdem beherrschte sie sich sprach möglichst leise zu ihren Begleitern.

Er wird sicher nicht allein in einer Zelle sitzen, auch wenn er dich vielleicht erkennt sollten wir auf die Anderen aufpassen.“

Kurz glitt der helle Blick zu Talin, ohne dass die Schwarzhaarige dabei stehen blieb. Sie konnte nicht mehr auf einer Stelle stehen, und auch wenn sie die Treppe nicht direkt hoch stürmen würde, so ging sie doch zügigen Schrittes darauf zu, blieb erst wieder stehen, als sie den Blick nach oben wenden konnte – und sich dann schweigend an Liam und Aspen wandte, um sie vor zu lassen. Vielleicht doch keine so schlechte Idee, ansonsten wäre sie nun sicher schon irgendwo zwischen unter einem Haufen aus Marinekerlen, auf der Suche nach einem Gesicht, dass sie nicht kannte. Aber jetzt schlug ihr Herz schnell genug, um den beinahe gierigen Ausdruck in ihren Augen anzufachen. Sie wollte da jetzt hoch!
[Morgenwind Frachtraum | Aspen, Talin & Liam]
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Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Nov 2016
#14
"Warum nicht? Ich befürchte nur, dass die meisten hier nicht mal mehr Zähne haben, geschweige denn goldene", flüsterte der Leutnant zurück.

Interessant, nicht nur ich würde mich liebend gerne bewegen. Wobei, Kaladar ist doch wohl nicht etwa nervös? Hah! Da musste er gerade tönen! Seit dem leisen Rumpeln, dass sich noch einmal wiederholt hatte, war er innerlich bis zum Zerreißen gespannt. Vielleicht würde diese Nacht doch noch interessanter als erwartet.

Enrique öffnete die Augen und spähte zum Sergeanten hinüber. Der erweckte im ersten Moment eher den Eindruck ernsthaft über die Vor- und Nachteile eines Spieles mit den Insassen nachzudenken. Doch ehe er ihn richtig betrachten oder noch etwas anfügen konnte mischte sich der Schmuggler ein.

Essen? Keine schlechte Idee, nur dass wir nur verlieren können. Und verdammt scharfe Ohren hat unser kleiner Fuchs.
Wiedereinmal maß er Lucien mit abschätzendem Blick. Je mehr er von ihm mitbekam, umso faszinierender fand er ihn. Eben noch hatte er weggetreten gewirkt, fast als wäre er geistig gar nicht hier an Bord, jetzt ruhten die überraschend wachen Augen auf dem ranghöchsten Rotrock zwischen den Zellen.

Ein kurzer Blick auf die drei einfachen Seesoldaten am anderen Ende des Zellentrackts zeigte ihm, dass sie sich nach wie vor gelangweilt ihrer Routine hingaben. Einer schaute für einen Moment rüber, aber da weder er noch der Unteroffizier etwas von ihnen wollte wandte er sich ab und schritt gelangweilt seinen Zellenabschnitt entlang. Darauf ist immerhin verlass. Wenn man sie nicht aufscheucht oder scharf beobachtet konzentrieren sie sich nur oberflächlich auf ihre Aufgabe.

Der Leutnant stieß sich vom Mast ab und setzte sich in Richtung der Zelle in Bewegung. Kurz legte er im Vorübergehen Skadi die Hand auf die Schulter und meinte lächelnd in etwas lauterem Flüstern, damit auch der Gefangene es definitiv nicht verpassen würde:

"Hah! Die meisten hier unten wären nicht mal eine Herausforderung."

Dann, im Weitergehen, richtete er seine Worte an den Grünäugigen in der Zelle und hob seine Stimme zur normalen Gesprächslautstärke an:

"Die Idee gefällt mir. Und auch die Überlegung, herauszufinden wie gut sie in Whist wären reizt mich, gerade da dieses Spiel einiges an mathematischem Verständnis erfordert und ich selten gute Gegner finde. Allerdings bräuchten wir noch einen vierten Mitspieler."

{ Zellentrackt | vor Luciens, Yaris und Samuels Zelle | in Gesprächesreichweite von Skadi }
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Crewmitglied der Sphinx
für 6.000 Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
#15
Eine kurze Weile blieb es still im Frachtraum, dass man tatsächlich an verrutschte Fracht denken konnte. Aber ganz ehrlich? Selbst bei dem ersten Rumpeln hatte der Attentäter nicht wirklich an diese Theorie geglaubt. Die Kisten, die die Seeleute unter Deck gebracht hatten, waren zu groß für ein so leises Poltern. Viel eher klang es so, als wäre ein Deckel zu Boden gekippt. Sicher bestand auch hier die Möglichkeit, dass es sich dabei nur um einen handelte, der einfach nicht fest vernagelt gewesen war. Und tatsächlich hätte es an der Schlampigkeit und Nachlässigkeit der Crew liegen können. Jemand hatte etwas geholt und eine Kiste nicht wieder ordentlich verschlossen oder sie war schon so unsachgemäß an Bord gekommen. Beides lag durchaus im Rahmen der Möglichkeiten. Wäre da nicht das zweite, dem ersten sehr ähnlichen Poltern gewesen, das sich unter die Geräusche des nächtlichen Zellentraktes mischte. An derartige Zufälle glaubte Yaris gewiss nicht. Weil es sie schlicht und ergreifend nicht gab. Nur Träumer glaubten an solche Zufälle.

Hatte er eben vermutet, dass seine Zellengenossen – wie der Großteil der restlichen Gefangenen – schliefen, so verriet sich zumindest einer von beiden von ihnen gerade, wobei er es selbst vielleicht nicht einmal bemerkte. Doch wie man die Unterschiede zwischen Attentäter und Killer gern unterschätzte oder auch die Kraftreserven eines Mannes wie ich – was der Gefängnisvorsteher beinahe mit dem Leben bezahlt hätte – so rechnete man sicherlich nicht mit den äußerst feinen Sensoren, die Yaris sein Eigen nennen konnte. Das Rascheln von Bewegung war so minimal, dass wahrscheinlich nicht mal der Alte selbst es vernommen hatte. Wirklich bewegt hatte er sich ja nicht. Dennoch hat ihn eine so minimale Regung von Muskeln verraten.
Der Jungspund ihm gegenüber jedoch blieb ruhig und reglos. Dass auch er nicht dem Schlaf verfallen war, machte dieser auf eine noch subtilere Art deutlich, indem er seine Stimme erhob, um den beiden Wachen in Hörweite zuzurufen. Die beiden Wachen, richtig. Mit einem von beiden hatte er bereits Bekanntschaft auf dem Weg hierher gemacht. Immerhin hatte ihn dieser Marineschnösel überstellt. Und dabei hatte er Yaris‘ Unberechenbare Art ebenfalls kennen lernen dürfen, womit er ihm jede Menge unangenehme Arbeit aufgebrummt hatte. Der Gefängnisvorsteher war von gerade so noch vereitelten Anschlag nicht gerade begeistert gewesen. Und der Leutnant war immerhin für die Sicherheit zuständig gewesen und damit, dass genau das nicht passieren sollte. Tja, dumm gelaufen für ihn.

Gerade eben jener kam nun zur Zelle und blieb davor stehen. Sie brauchten noch einen vierten Mann? Langsam wandte sich der dunkle Schopf und die Lider hoben sich. Ein desinteressierter Blick legte sich auf den Uniformierten. Yaris hielt nicht viel von Alkohol, dennoch gab er sich ihm hin und wieder hin. Doch was er noch weniger ausstehen konnte, war Glücksspiel. Nicht einmal für Essen. Erst recht nicht gegen diesen Kerl da. Eher würde er ihm sein Bajonett spüren lassen. Nur würde er es nicht bei der Spitze belassen, sondern ihm auch zeigen, wie sich die Klinge zwischen den Rippen anfühlte. Zudem waren ihm im Moment im wahrsten Sinne des Wortes die Hände gebunden und der Attentäter bezweifelte, dass der Leutnant für eine Partie Zerstreuung das Risiko auf sich nahm, ihm die Fesseln zu lösen und damit eine Szene wie auf dem Hof des Gefängnisses zu provozieren. Was nicht heißen sollte, dass Yaris das begrüßen würde. Das leise Schmunzeln gepaart mit dem amüsierten Glitzern in den Abgründen seiner grünen Augen, vermitteltem dem Uniformierten jeden einzelnen seiner Gedanken, genauso wie das Bild, dass genau er an der Stelle des Gefängnisvorstehers stand. Yaris machte sich nicht im Geringsten die Mühe, diese Gedankengänge vor dem Marine zu verbergen. Eine stumme Herausforderung, es trotz jedes besseren Wissens zu tun.

{letzte Zelle im Gang | Lucien & Samuel | Enrique gegen Ende vor der Zelle | in Sicht- u. Hörweite zu Skadi}
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Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Feb 2016
#16
Liam war eindeutig nicht der richtige Ansprechpartner dafür, Ruhe zu bewahren oder still zu sein. Dazu war er viel zu sehr der Meinung, dass es manchmal auffälliger war, vorsichtig zu sein. Wenn sie wie Marinesoldaten wirken wollten, mussten sie sich ebenso selbstverständlich verhalten wie sie. Sie mussten so aussehen, als gehörten sie hier her und wüssten was sie tun, auch, wenn beides ganz bestimmt nicht der Wahrheit entsprach. Selbst, wenn der Dunkelhaarige auch jetzt nichts gegen ein bisschen Rum einzuwenden hatte, war ihm selbstverständlich klar gewesen, wie die Antwort Talins ausfallen würde. Später hatten sie nicht nur Zeit dazu, sondern auch einen Grund. Vorausgesetzt natürlich, es würde nichts schief gehen. Er erwiderte das Grinsen ihres Captain zuversichtlich und schaute sich ebenso nach dem letzten, verlorenen Schaf ihrer Gruppe um. Allerdings fiel ihm auch auf, dass Sineca zwischen den Kisten verschwunden war – allzu lange konnte es also nicht mehr dauern, bis beide hier auftauchten. Und tatsächlich, kurz darauf hörte man schon die nächste Kiste unter dem Druck ihres Inneren nachgeben. Sineca hatte sich indes tatsächlich zum anderen Ende der Kiste locken lassen, sprang aber – kaum, dass Aspen die Kiste geöffnet hatte, mit einem gezielten Sprung auf die Kante und schenkte ihm ein lautloses Miauen, als wolle sie ihn bedeuten, ihr zu folgen. Erst war es der gefleckte Pelz der Genette, der erschien, knapp dahinter fand aber auch Prinz Eisenherz zu ihnen, weswegen Liam nun aufmerksam den Blick zu Talin hob. Mit den Händen festigte er kurz das Band, mit dem er seine Locken locker im Nacken zusammengebunden hatte. Dennoch erntete Aspen noch ein kurzes, stummes Auflachen. Wahrscheinlich war es. Immerhin waren ja nicht alle am arbeiten. Doch Liam blinzelte daraufhin, richtete sich die Kleidung ein wenig und wartete auf eine grobe Instruktion, damit sie nicht einfach blind drauflos liefen. Diese folgte auch sogleich, woraufhin er dem Blonden kurz zunickte und schließlich in die Richtung sah, in die sie gehen würden.

„Alles klar.“ Shanayas Einwand war nicht unbegründet, doch Liam schüttelte angedeutet den Kopf. „Ich bezweifle, dass er sich das anmerken lassen wird, wenn er wirklich hier raus will. Ihm ist sicher genauso bewusst wie uns, dass es nur diese eine Chance gibt.“

Das war ja selbst ihm klar! Ohne weiter Zeit zu verlieren, wollte er los in Richtung Treppe, als sich etwas um seine Beine schlang und ihm augenblicklich etwas bewusst wurde. Selbst, wenn sie nicht auffällig waren – Sineca würde es unweigerlich sein. Ohne ein Wort zu verlieren, sah er sich im Frachtraum um. Neben den großen Kisten gab es auch kleine. Vielleicht war das ihre Möglichkeit, die Ginsterkatze unauffällig mit sich zu führen. Kurzerhand überbrückte er die Distanz zu einer davon, brach sie schließlich mit Hilfe seines Dolches auf und leerte den Inhalt in eine der Kisten, in denen sie sich versteckt hatten.

„Na komm, rein mit dir.“

Er hatte sich hingehockt und hielt Sineca die geöffnete Holzkiste hin. Ihre feine Nase zuckte, während sie das Ding beschnupperte und nach einem wehleidigen Blick gen Liam schließlich doch ihren Platz bezog. Vorsichtig legte er den Deckel wieder darauf und erhob sich.

„Oder hat wer eine bessere Idee?“ Kurz wanderte sein Blick zwischen den übrigen hin und her. „Ich denke, kaum, dass es die Wachen etwas angeht, was wir mit zum Verhör bringen.“

Mit wenigen Schritten war er zurück bei Shanaya und Talin. Er musterte beide einen kurzen Moment von oben bis unten, ehe er Talin die Kiste in die Hände drückte. Shanaya wirkte von der Statur her einfach burschikoser, mit der Kiste konnte Talin vielleicht ein wenig von ihrer doch feminineren Gestalt ablenken.

„Gut, dann nichts wie los.“

Er bezog Position knapp hinter Aspen.


{ frachtraum der morgenwind | aspen, shanaya, talin }
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Samuel Zaedyn
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Keine Angabe
#17
Aus seinem Vorhaben wurde nichts, was vor allem daran lag, dass sein jüngerer Zellengenosse mehr als deutlich die Stimme erhob und den Leutnant ansprach. Samuel verfluchte sich dafür, dass er nicht ernsthaft versucht hatte, dem Gespräch der beiden Angehörigen der Marine zu lauschen, sondern seine Aufmerksamkeit zu sehr auf die Geräusche aus dem Frachtraum gelenkt hatte. Da das Rumpeln sich mittlerweile einige Male wiederholt hatte, glaubte er nicht mehr an ein sich selbstständig machendes Fass oder einen vergleichbaren Gegenstand, denn Wellengang und Zeitpunkte der Geräusche passten nicht zusammen. Irgendetwas ging dort unten vor sich, doch in seiner Lage konnte der Bärtige natürlich unmöglich feststellen, was. Vermutlich hielten sich dort einfach noch ein paar Soldaten auf und räumten Kisten um, um die Fracht gleichmäßiger zu verteilen - oder sie wollten an ein Fass mit besonders schmackhaftem Alkohol gelangen, mussten dafür aber Hindernisse aus dem Weg schaffen. Da die Antwort auf diese Frage für ihn letztendlich keine Relevanz besaß, beschloss er irgendwann, die Geräusche zu ignorieren - um dann noch dem Gespräch von De Guzmán und dem anderen Soldaten zu folgen, war es jedoch zu spät.

Glücklicherweise ließ sich aus dem Kommentar des Jungen und der Reaktion des Leutnants ziemlich leich rekonstruieren, dass es offenbar um ein Glücksspiel ging. Letzterer bewies kurz darauf erneut, dass er ein durchaus bedenklich kameradschaftliches Verhältnis zu seinen Gefangenen zu pflegen schien - ein Kartenspiel mit einem Verbrecher wäre für die meisten Mitglieder der Marine vollkommen undenkbar gewesen, doch De Guzmán schien dieser Gedanke sehr zu reizen. Zudem konnte Samuel sich denken, dass der Kapitän es überhaupt nicht gerne sehen würde, wenn diejenigen, die für die Bewachung der Gefangenen zuständig waren, ihre Pflicht zugunsten eines Kartenspiels vernachlässigten, doch der Leutnant schien es darauf anlegen zu wollen.

Kurz warf Samuel einen Blick zu dem Jüngeren hinüber, der sich als Spielpartner angeboten hatte. Whist war in der Tat ein Spiel, das primär in den höheren Gesellschaftsschichten Anklang fand, weil die dafür notwendigen Fähigkeiten in der ärmeren Bevölkerung selten ausreichend ausgeprägt waren. Entweder besaß sein Mitgefangener diese Fähigkeiten oder er riskierte eine Blamage, um für ein wenig Zerstreuung zu sorgen, was allerdings ganz und gar nicht zu ihm zu passen schien. Erneut musste Samuel sich selbst eingestehen, dass er aus dem Verhalten des Jüngeren nicht schlau wurde.

Als De Guzmán nach einem vierten Mitspieler fragte, zögerte er deshalb nicht lang. Er hatte in seinem Leben bereits die ein oder andere Partie Whist gespielt, insbesondere in seiner Kindheit, denn sein Vater war ein großer Liebhaber dieses Spiels gewesen und ihm stets gepredigt, dass das taktische Verständnis, das man dafür brauchte, in allen Lebenslagen hilfreich sein konnte. Zudem war ein scheinbar lockeres Spiel die perfekte Gelegenheit, um noch ein wenig mehr über seinen Mitgefangenen zu erfahren. Gleichzeitig war ihm die Gesellschaft des Leutnants deutlich lieber als die der anderen Kriminellen auf diesem Schiff. Aus diesem Grund ignorierte er auch vollkommen die Tatsache, dass der Attentäter zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit eine Reaktion zeigte und richtete das Wort direkt an den Leutnant.

"Anscheinend ist die Marine tatsächlich eine Institution für Menschen mit geringer Auffassungsgabe", spottete er in Anspielung auf die Schwierigkeit des Leutnants, geeignete Gegner für eine Partie Whist zu finden. Der Bärtige richtete sich ein wenig auf, streckte den Oberkörper durch und warf De Guzmán einen vielsagenden Blick zu. Sich in eine Konversation mit dem Leutnant und mindestens einem Mitgefangenen zu begeben, war grundsätzlich riskant, weil der Dunkelhäutige als einziger Mann auf diesem Schiff über die wahre Natur seiner Vergangenheit Bescheid wusste. Er vermutete zwar, dass er dichthalten würde, durfte es sich jedoch keinesfalls mit ihm verscherzen. "Eine Herausforderung kann ich den Herrschaften bieten. Allerdings..." - mit einem Kopfnicken deutete er auf seine Handfesseln - "... ist das mit dem Kartenspielen ohne Hände nicht ganz so leicht."

De Guzmán wusste, dass es vollkommen ungefährlich war, ihm die Fesseln abzunehmen. Die Frage war allerdings, wie er es den anderen Anwesenden gegenüber würde rechtfertigen können.


[Zelle auf der Morgenwind | Lucien, Yaris, Skadi und Enrique]
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Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Jan 2016
#18
Auf Talins Zustimmung nickte er und drehte sich zum hinteren Teil des Frachtraums um, während Shanaya bereits vorging und in ihrer gesamten Rolle nicht sehr zufrieden wirkte. Fürchtete sie sich, oder war es einfach nur die Langeweile? Auch Talin hatte nicht sonderlich zuversichtlich, sondern eher eingeschüchtert von der Situation ausgesehen. Um ehrlich zu sein war es alleine Liam der souverän blieb, Sineca in eine Kiste verfrachtete und so wirkte, als wäre dieses Schauspiel genau sein Ding.

„Nein, das ist gut.“, antwortete er dem Katzenfreund, einfach weil eine Antwort ausstand. „Vielleicht gibst du die Kiste an eine der beiden, damit wir vorgehen können?“ Und damit war auch eine Reaktion auf Talin abgearbeitet.

Wieder strich sich Aspen im Gehen über den fehlenden Bart. Er selbst erkannte sich im Spiegel nicht mehr wieder und hoffte darauf, dass auch die Marinesoldaten keine Ähnlichkeit mehr feststellen konnten. Im Kopf rief er sich die Daten über den mysteriösen Bruder noch einmal auf: L. Dravean, inhaftiert wegen der Beteiligung an der Schmuggelei. Das war nicht viel, sollte aber reichen. Den knirschenden Holz nach zu urteilen, befanden sich mehrere Menschen über ihnen die Einspruch erheben konnten – doch so sehr Aspen es auch graute nach Esmacil verbannt zu werden, so sehr wusste er um seine einzige große Stärke: Er konnte schauspielern. Das hatte er Jahre lang unter seinem Vater geübt.

Als er neben Shanny an der Treppe ankam warf er den drei Mittätern einen fragenden Blick zu, als wolle er sich versichern, dass niemand kniff. Über ihnen war neben dem Meeresrauschen das Rascheln von Kleidung zuhören, ebenso einige Schlafgeräusche. Tief atmete Aspen durch, straffte die Schultern und setzte das Gesicht auf, dass er gemeint hatte hinter sich gelassen zu haben. Wenn er wollte, konnte er alles sein, auch ein Marinesoldat. Zielstrebig stieg er die Treppen hinauf, öffnete die Tür und musste kurz blinzeln, weil hier oben wenige – aber zumindest mehr – Laternen brannten. Zelle reihte sich an Zelle, in ihnen immerzu vier bis fünf Gefangene. Der Trakt war riesig und es stank fürchterlich nach Schweiß, Dreck und sonstigem Mist. Das Ende des Gangs konnte der Montrose nicht erkennen, abgedämpfte Stimmen versicherten ihm, dass dort jedoch mehr los war als hier hinten. Nun, zumindest hatten sie damit recht gehabt. Beiläufig warf er Liam einen Blick zu. Die Gefangenen neben ihnen schliefen oder vegetierten vor sich hin, als wäre es nichts besonderes, dass plötzliche Gestalten auftauchten. Nun gut, dann ging es wohl los. Festen Schritts setzte er sich in Bewegung den Zellentrakt entlang, zügig, wenn auch nicht hektisch.

Die wenigen Hände sie sich fluchend durch die Zellen streckten waren hinnehmbar, bis am schier endlosen Ende des Gangs endlich die erhoffte Patrouille auftauchte. Ein zierlicher, schmächtiger Junge, der kaum erwachsen sein konnte mit dieser Statur, so wie ein dunkler größerer Typ, der mit seiner lauten Stimme bereits seit längerem zu hören gewesen war. Kurz verwarf Aspen den Gedanken, dass der lautere von beiden wohl die kleinste Rolle in diesem Spiel übernahm, denn das zurückhaltende Persönchen am Rand des Geschehens wirkte nicht wirklich bedeutend. Deswegen wandte er sich an den Typen, der mit einem Mann aus der Zelle beschäftigt war.

„Wenn Sie mir nach der Schicht zwei anständige Mitspieler vorzeigen, bin ich dabei.“, verzog er die Lippen höhnisch, als zweifelte er tatsächlich an, dass es auf diesem Schiff auch nur einen fähigen Gegner gab.

Nach einem zugehörigen begrüßendem Nicken besah er sich die ungewaschenen Gefangenen in der Zelle, mit denen der Soldat zuvor gesprochen hatte. Fragend hob er dabei die Brauen, als wundere er sich, dass diese Leute auch nur den Namen des Spiels verstanden. Kopfschüttelnd richtete er den Blick wieder auf den Dunklen und nickte zurück zu Liam.

„Brown und Deggeroy. Wir sollen den Gefangenen Dravean zum Verhör abholen.“

Beiläufig sah er zuerst dem größeren Mann in die Augen, bevor er – wie als ein geheimes Zeichen – schnell mit den Augen zu dem schmächtigen Jungen in Uniform deutete der neben ihm stand. Er sollte nicht mit eingeweiht werden., schien er dem Großen vermitteln zu wollen.

(Zellentrakt, mit Liam bei Enrique und Skadi, vor der Yaris/Lucien/Samuel-Zelle)
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Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
#19
Sie musste ihm schweigend zustimmen. Ganz abgesehen davon, dass sie wohlmöglich die wenigen gepflegten Häftlinge an einer einzigen Hand abzählen konnte, gab es unter ihnen wohl kaum jene, die mit Gold in ihrem Gesicht herum liefen. Andernfalls säßen sie wohl kaum hinter den stählernen Stäben einer Gefängniszelle - ein jeder Goldzahn hätte ihre Strafe ohne Aufhebens von der Bildfläche verschwinden lassen. Dennoch glitt keine Regung über ihre Miene, kaum dass der Leutnant die Augen öffnete und nur wenig später eine Stimme aus dem Halbdunkel des Zellentrakts hervor trat.
Er spielt um Essen? Wäre sie nicht ebenso verdutzt, wie amüsiert, hätte sie wohl kaum das breite Grinsen überspielen können, das sich wie ein warmer Sommerregen in ihrem Magen breit machte. Sie kannte den Häftling mit den grünen Augen - was letztlich keiner Fügung des Schicksals zuzuschreiben war, sondern lediglich zu ihrer Position auf der Morgenwind gehörte. Als Sergeant HATTE sie die Gefangenen zu kennen, galt hier unten zwischen dem Gestank und Unrat als "Oberhaupt" der wandelnden Trunkenbolde und Vollidioten auf zwei Beinen. Auch wenn viele ihre Stellung nicht für voll nahmen und sich von ihrer - für einen Mann - minderen Statur blenden ließen. Es käme der Tag an dem sie aus dieser widerlichen Haut schlüpfen konnte. An dem sie kein Teil der Marine mehr sein musste, sondern zu jener Frau wurde, die sich nach Rache sehnte. Lieber das Blut ihrer Peiniger an den Fingern spürte, als das Heimchen am Herd zu miemen. Nicht selten hätte sie einem der Herrschaften schmerzlich zwischen die Beine gegriffen und ihnen zischelnd zu verstehen gegeben, dass ein solcher Abschaum wie sie es waren, lieber die Zunge zu hüten hatte. Doch Menschen wie Enrique ermahnten ihre innere Disziplin, bekämpften das zitternde Gefühl in ihren Muskeln, das sie als Kind oft hatte leichtsinnig werden lassen.

Mit skeptischem Blick glitt das warme Braun der Jägerin an den langen Fingern des Leutnants hinab, die für einen Sekundenbruchteil ihre Schulter umschlangen. Beherzt den Druck verstärkten, der sich auf ihren Körper senkte und verschwand, kaum dass Enrique an ihr vorbei geschritten war. Nie würde sie infrage stellen, dass er wusste WAS zum Henker er dort tat. Doch es verwunderte sie, dass er sich so unbedarft in diese Vorstellung hinein stürzte. Noch mehr, als der dichte Wimpernkranz hinauf huschte und den deutlichen Anblick des Gefangenen Scottsdale preisgab, der mehr als provokativ und ebenso lautlos seinen Blick zu ihnen hinüber wandte. Und Skadi musste kein Mann sein, um den Durst in diesen verbitterten Augenpaaren zu entdecken. Einen Durst, den sie nicht selten in den Zügen ihrer Brüder und ihres Vaters gesehen hatte. Mit diesem Gefangenen war sicherlich nicht zu spaßen und wenn sie den Berichten Glauben schenkte, die sie über ihn gelesen hatte, sollte auch ein Edelmann wie Enrique reichlich Vorsicht walten lassen. Vor allem wenn - wie ein weiter Zellegenosse berechtigt zu Protokoll gab - man ihnen die Fesseln lösen musste. Und ganz gleich wie entspannt sich diese Situation auf den ersten Blick anfühlen mochte, setzte sich ein bitterer Kloß in den unteren Zipfel ihrer Kehle fest.

Wollte sie gerade etwas auf Samuels Kommentar erwidern, näherten sich dumpfe Schritte zur ihrer Linken. Ließen den kurz geschorenen Kopf herum wirbeln, dessen Augenlider schlagartig hinab glitten und nur noch einen Hauch des samten Brauns hindurch blitzen ließen, das die zwei Ankömmlinge argwöhnisch musterte. Blond und hoch gewachsen, stattlich und doch absolut plump schlürfte der Erste über den Gang wie ein zu groß geratener Troll. Und seine offensichtlich zielstrebige Gangart ließ keinen Zweifel daran, dass er versuchte irgendetwas zu kompensieren. Ob es allerdings mehr in Richtung Unter- statt Oberstübchen ging, konnte sie in diesem schummrigen Licht kaum ausmachen. Stattdessen fixierte sie ihre Aufmerksamkeit auf den Kleineren, dessen Statur neben dem Riesen beinahe wirkte wie ihre eigene - schmächtig und kaum zu gebrauchen als Rammbock. Und während sich der deutlich Ältere zu Wort meldete und ziemlich dreist zu Protokoll gab, mit von der Partei zu sein, löste sich Skadi aus ihrer Haltung, setzte wenige Schritt voraus, bis sie auf selber Höhe zum Schönling stand. Musterte ihn nicht ein einziges mal aus dem Augenwinkel, weil sie nahezu fieberhaft das Gesicht des Jüngeren musterte. Ihn studierte. Und zu dem Entschluss kam, dass sie dessen Züge genauso wenig kannte, wie die seines Partners. Wer zum Henker waren die beiden Vögel? Ganz davon abgesehen, dass sie im Gegensatz zur restlichen Besatzung keinen Schimmer zu haben schienen wer sie und Enrique waren oder einfach nur dumm genug, sich auf diese unhöfliche Weise über ihren Rang hinweg zu setzen.

"Ach, so ist das?", kam es mit einem tiefen Schnarren aus der geweiteten Lunge des Sergeants, dessen dunkle Bernsteine schlagartig bei den letzten Worten des Fremde zur Seite zuckten und einen eisigen Ausdruck auf die Züge legte. "Und wer gab euch den Auftrag dazu?" Als würde sie jemals einen Gefangenen einer Horde von Dumpfbacken überlassen - auch wenn letzten Endes Enrique die Entscheidung zustand, teilte er schließlich als Ranghöherer mit ihr die Nachtwache. Doch wer glaubte, dass sie sich von Uniformen und Gehabe beeindrucken ließ, hatte kaum diesen abschätzigen Blick gesehen, den sie Aspen zuwarf. Oh ja. Sie traute ihm keine Haaresbreite über den Weg.


[Zellentrakt | direkt neben Aspen und vor Liam, in der Nähe von Enrique | vor der Yaris/Lucien/Samuel-Zelle]
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#20
Mit seinem kleinen Zwischenruf sicherte er sich prompt die Aufmerksamkeit der beiden Soldaten. Ein kleines Schmunzeln zuckte um seine Mundwinkel, als der Dunkelhäutige sich von seinem Platz am Mast löste und mit einigen wenigen Worten zurück zu seinem Kameraden schließlich auf die Zelle am Heck zu kam. Eigentlich erwartete Lucien jetzt mindestens so etwas wie Spott, angesichts der Tatsache, dass er einen Einsatz bot, den er im Grunde nicht einmal besaß. Tatsächlich konnte er bei dieser Wette nur gewinnen. Entweder bekam er am Ende den Proviant eines Offiziers oder er ersparte sich den Gefangenenfraß. Beides eher eine glückliche Fügung als wirkliches Elend. Doch wider Erwarten stieg der Leutnant darauf ein, was den 21-Jährigen zu einem kurzen Zucken der Augenbraue veranlasste. Na schön. Er würde sich bestimmt nicht beschweren. Am Ende war es ohnehin fraglich, ob der Marinesoldat sich an die Abmachung eines ehrlichen Spiels hielt und den Gewinn heraus rückte, so er denn musste. Also was soll's.

Ich kann nicht versprechen, dass ich ein guter Gegner bin. Aber immerhin bin ich ein Gegner.“,

gab er gelassen zurück. Whist war ihm tatsächlich vertraut. Er hatte sein halbes Leben auf einem Schiff mit einem Haufen grobschlächtiger Kerle verbracht, die gegen die Langeweile kein anderes Mittel kannten, als sich zu besaufen und dabei zu spielen. Das erfreuliche Ergebnis dieses Lebens war, das Lucien besoffen immer noch rechnen konnte.
Genug jedenfalls, um darauf zu kommen, dass bis zur Vier noch einer fehlte. Und als der Leutnant kurz darauf diesen Umstand laut aussprach, wanderten die grünen Augen auf der Suche nach einem Freiwilligen unwillkürlich zu dem Attentäter hinüber, der ihm nach wie vor gegenüber saß. Doch wenn er dessen desinteressierten Blick richtig deutete, hielt er vom Spielen nicht sehr viel. Noch viel weniger schien er von dem Gedanken zu halten, ein Spiel mit einem Marineoffizier zu wagen, was Lucien nur zu gut nachvollziehen konnte. Dass ausgerechnet er es dennoch tat, hatte zweierlei Gründe. Drei, wenn er die Aussicht auf einen vernünftigen Happen mit zählte.

Ihr vierter Mitspieler meldete sich jedoch aus einer Richtung, mit der der Dunkelhaarige ganz und gar nicht rechnete. Seine Überraschung kaum verbergend, huschten die grünen Augen zu dem Bärtigen hinüber, der sich gerade aufrichtete. Der Blick wach und aufmerksam auf den Leutnant gerichtet, nickte er kurz auf seine Handfesseln. Lucien runzelte flüchtig die Stirn, beschloss dann jedoch, es für's erste auf sich beruhen zu lassen und zuckte mit den Schultern.

Dann steht die Partie ja.

Noch während er das sagte, kämpfte sich der junge Mann auf die Beine, um sich zu dem Attentäter und den beiden Soldaten an die Tür zu gesellen. Weit kam er mit seinem Vorhaben jedoch nicht, denn in diesem Moment mischte sich vom Gang vor der Zelle eine bisher unbekannte Stimme ein, die ihn in der Bewegung inne halten ließ.
Dann fiel sein Name.
Von einem Herzschlag auf den anderen verhärteten sich seine bis eben noch geradezu sorglosen Züge. Jeder Muskel in seinem Körper spannte sich, während sich in seinem Kopf die Gedanken überschlugen. Wie war das noch? Man hatte ihn ganz gezielt auf die Morgenwind verlegt? Wie von selbst fand sein Blick den Leutnant vor der Zellentür, ein Hauch Misstrauen in dem tiefen Grün, dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf die Neuankömmlinge, denen unerschrocken der jüngere Marinesoldat entgegen trat und mit gewohnt scharfer Zunge konterte. Lucien achtete jedoch kaum darauf, was gesprochen wurde. Ein Verhör? Jetzt noch? Was, bei allen acht Welten, war hier eigentlich los?

[Zellentrakt der Morgenwind | in einer Zelle mit Yaris und Samuel | vor der Tür Enrique, Skadi, Aspen & Co]
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