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Whispers In The Dark
Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#1
Whispers In The Dark
bespielt von    Enrique de Guzmán
24.03.1822
Whispers In The Dark
Eine Böse Überraschung II

Cornelis und Enrique, 24. März 18:22, ein geraume Weile nach dunkel werden, am Strand


Lange währte sie nicht, und, sobald der Schmerz wieder durchkam, stöhnte er auf und drehte sich auf die Seite.
Langsam öffnete er die Augen.
'¿Qué ...?'
Dann kehrte die Erinnerung zurück und ließ ihn erneut aufstöhnen.
Er war wirklich ein blöder, impulsiver Idiot.

"Natiao?", fragte er leise, ehe er versuchte sich hochzustemmen.

Eine Welle der Erleichterung durchfuhr ihn, als Enrique das Bewußtsein wiedererlangte und sich aufstöhnend auf die Seite drehte.

"Ich bin hier, Natiao." Er sprach es mit einem herrlichen Akzent aus, der Enrique eigentlich zum Schmunzeln bringen müßte. Dann legte er ihm sacht die Hand auf die Schulter und merkte gar nicht, daß er Enrique dabei mit Blut beschmierte.

"Es tut mir leid. Ich wollte deine Rippe eigentlich aus dem Spiel lassen", sagte er leise. "Geht es dir jetzt wenigstens besser, nachdem du dich austoben konntest?" Und nur einen Moment später fragte er: "Was heißt eigentlich kleiner Bruder?"

Erleichtert lächelte er tatsächlich über die Aussprache und blieb erstmal liegen.

"Esta bien. Ich bin selbst schuld.
"Keine Ahnung. Vielleicht. Ich glaube ich bin ruhiger."

Dann lächelte er abermals.

"Naitiao wäre in etwa Brüderchen, kleiner Bruder Natiabi, manchmal auch nur Natibi. Großer Bruder wäre Natiaguama oder Natiaguana, oder respektvoller Natiabano.
"Das wird aber eigentlich nicht fürs Anreden verwendet."


Dann atmete er vorsichtig durch und setzte sich auf. Schwindel, Schmerz und leichte Übelkeit ließen ihn kurzzeitig wanken. Dann sah er zu Cornelis hinüber.

"Wie geht es dir?"

Cornelis nickte leicht.

"Das dachte ich mir. Wie sagtest du vorgestern so treffend: Wenn es raus muß, dann muß es raus."

Er lauschte Enriques Ausführungen.

"Also einfach Natiao? Aber du hast doch die letzten Tage noch eine andere Formulierung für großer Bruder gehabt. Wie war das noch gleich... Nanischi Natiao, oder so ähnlich..."

Er zog seine Hand zurück, als Enrique Anstalten machte, sich aufzusetzen, doch als dieser dann zu wanken begann, packte er ihn ganz automatisch wieder an der Schulter und stützte ihn so lange, bis er wieder sicher saß. Dann erst fiel ihm auf, daß er ihn schon wieder "angefaßt" hatte und ließ die Hand langsam sinken.
Als sich sein Freund nach seinem Empfinden erkundigte, lachte er kurz auf.

"Mach dir keine Sorgen um mich. Einen Dickschädel und alten Seebären wie mich wirft so leicht nichts um. Da ist mir schon ganz anderes passiert, so wie das hier."

Er zeigte mit dem Finger auf die Narbe des Durchschußes an der rechten Wade.

"Nanichi. Was du meinst ist Nanichi. Das hat aber nichts mit groß zu tun."

Irritiert sah er zu Cornelis hinüber, als der die Hand fortnahm und schaute dann auf sie nieder.
Dann schnaubte er.

"Es geht dir also gut, wenn deine Hand ungehindert in den Sand blutet. Ganz wie du meinst."

Langsam schüttelte er den Kopf. Dann sah er auf die Brandung.

"Und Nanichi heißt 'mein Herz' oder 'meine Liebe'. Nanichi Natiao heißt 'geliebter Bruder'."

"Oh, dann habe ich da wohl den falschen Schluß gezogen..."

Als Enrique ihn auf seine blutende Hand ansprach, drehte er ganz automatisch für einen Moment die Innenseite nach oben, so daß er die Wunde sehen konnte, dann winkte er ab.

"Das ist doch bloß ein Kratzer, der bringt mich nicht gleich um..."

Und dann bekam er einen Stich ins Herz, als Enrique ihm die Bedeutung von Nanichi erklärte. Doch es war kein schmerzhafter Stich, es war ein warmer, ein Stich der Rührung.

"Geliebter Bruder...", wiederholte er und es war nur ein ersticktes Flüstern. "Nanichi Natiao.... geliebter Bruder..."

Er schloß die Augen und einige heiße Tränen brachen sich unter den geschlossenen Lidern ihre Bahn, als er begriff, was diese beiden kleinen Worte für ihn bedeuteten. Was es bedeutete, daß Enrique, sein geliebter kleiner Bruder, das zu ihm gesagt hatte...
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
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#2
Schweigen breitete sich abermals aus, doch dieses Mal war es ein nachdenkliches und gemeinsames. Trotzdem zeigte es, dass Enrique derzeit nicht von sich aus zum Angesprochenen zurückkehren würde.
Irgendwann bat der Dunkelhäutige den Rotbart dann, ihm ins Wasser zu helfen, wo er sich an einer recht flachen Stelle in die Brandung kauerte, an der das Meer ihm half seinen Brustkorb zu entlasten.

"Geh schwimmen! Ich bleibe hier und schone mich für den Rückweg", forderte er sanft. "Aber gib auf dich acht, ich kann dich derzeit kaum aus dem Wasser ziehen."

Nachdem Cornelis sich wieder gefangen hatte, genoß er einfach dieses gemeinsame Schweigen. Und als Enrique ihn bat, ihm ins Wasser zu helfen, tat er dies natürlich. Er ließ es sich nicht nehmen, ihm noch kurz das Blut von der Schulter zu waschen, mit dem er ihn beschmiert hatte.

"Keine Sorge, die See tut mir nichts. Sie beschützt mich und irgendwann wir sie mich in ihre tiefe Weite behütet aufnehmen."

Er schenkte ihm ein kurzes Lächeln, dann ließ er ihn allein. Vor zwei Tagen hatte er gelernt, daß er Enrique Pausen von sich gönnen mußte, daß dieser von dieser "Lawine des Glücks" sonst überfordert wurde.

Zunächst watete er nochmals in das flache Wasser, in dem sie sich zuvor aufgehalten hatten. Er brauchte einen Moment, bis er sein Messer wiedergefunden hatte, dann brachte er es zurück an den Strand, bevor er in ein wenig Entfernung an Enrique vorbeiwatete in das tiefere Wasser hinein. Als es ihm bis zur Brust reichte, tauchte er zunächst unter und fuhr sich unter Wasser mit den Fingern durch Haare und Bart, um den ärgsten Dreck zu lösen. Dann tauchte er wieder auf und schwamm mit kräftigen Zügen der unendlichen See entgegen und es schien fast so, als würde sie ihn mit einem wunderschönen Lied locken und doch gleichzeitig mit einer sanften Hand halten.
Cornelis und die See... beides gehörte zusammen und es hieße ihn zu töten, würde man ihn von ihr trennen.

"Bis jetzt hat sie mich auch immer getragen", antwortete er leise, hatte aber sofort wieder das Gefühl in ihr zu versinken, wie damals, als über ihm das Schiff brannte.
Doch dieses Mal lag das alles hinter ihm und da kam kein Einschlag, der neben ihm in der Tiefe verschwand und ihn aus dem Zustand des Schwebens riß.
Schweben ...
Einfach loslassen, treiben, vergessen und dann irgendwann einschlafen ...
Er bekam gar nicht mit, dass Cornelis längst gegangen war.

Wann war er ins Wasser gelitten? Er wusste es nicht und in seinem Dämmerzustand war es auch nicht wichtig. Entspannend schluckte das Meer sämtliche Geräusche, leuchteten die Sterne über ihm, warm und stützend hielt ihn das Wasser.
Keine Schmerzen mehr, nie wieder, stattdessen Ruhe und Schlaf, versprach es. Was für eine Verlockung!
Gerade jetzt, wo er Cornelis wiedergefunden hatte. Ihm einfach all das übel verschweigen, aus der Schusslinie Lowells verschwinden und damit Isa beschützen, die wahrscheinlich eh schon glaubte, dass er in das weiße Land gegangen war.
Eine Träne vermischte sich mit dem Salzwasser, als er an sie dachte.
Außerdem würde Yaris sich um den Bastard kümmern.
Auch Skadi wäre sicherer, war sie als Frau, und ohne ihn, doch kaum noch mit Kaladar in Verbindung zu bringen.
Isabella und Samuel folgen, seine Schwester wiedersehen —

'Keine Sorge, ich kümmere mich um sie!'

Bu-bumm.

Ein erster, wütender Herzschlag.
Er hatte einem Sterbenden sein Wort gegeben und so lange er nicht sicher war, dass dessen Tochter versorgt war, konnte er nicht einfach abtreten.

Bu-bumm!

Auch hatte er seiner Tochter versprochen, dass er nach Hause kommen würde, hatte die Kluft zu seinem wiedergefundenen Bruder noch nicht überwunden und still für sich beschlossen, dass er Skadi weiter beschützen würde und dass er vorher wissen wollte, dass Lowell ein hässliches Ende genommen hatte. Aufgebracht riss sich sein Verstand von der einlullenden Atmosphäre los.

Bu-bumm, Bu-bumm, Bu-bumm!

Die Anspannung des, aus dem Wegdämmerns, Hochfahrens ließ ihn untergehen und Wasser schlucken.
Hustend kämpft er sich an die Oberfläche und versuchte das Brennen der Rippe zu ignorieren.
'¡Idiota! Im Wasser einzuschlafen!'
Er versuchte sich aufzurichten und hoffte, dass die Strömung, hier außerhalb der Bucht, nicht so stark war, dass er also noch nahe genug am Strand war, dass er noch stehen konnte ...

Cornelis hatte nach nicht allzu langer Zeit wieder umgedreht, für allzu weite Strecken reichten seine Kräfte noch nicht wieder aus. Zwischendurch ging sein Blick zu Enrique... oder dorthin, wo dieser eigentlich sein sollte. Irritiert hielt er inne, trat Wasser und sein erster Blick ging zum Strand hinüber, doch auch dort konnte er seinen Freund nirgends entdecken. Aber Enriques Sachen waren noch da, wenn er es richtig erkannte.

Dann sah er aus den Augenwinkeln plötzlich Wasser spritzen und einen schlagenden Arm.

`Verdammt, das ist ja fast auf meiner Höhe... da ist es doch viel zu tief mit der Rippe!´

Sofort schwamm er nun auf Enrique zu, zog richtig am Tempo und erreichte ihn so recht schnell. Bei ihm angekommen packte er diesen von hinten unter den Armen, legte sich auf den Rücken und schleppte ihn auf den Strand zu, bis er Boden unter den Füßen fühlte. Er zog ihn noch ein wenig weiter, bis auch Enrique wieder bequem stehen konnte, dann drehte er ihn zu sich um und wollte diesen ebenfalls auf die Füße stellen, während er ihn immer noch an den Schultern festhielt.

"Enrique! Alles in Ordnung? Was ist passiert?"

Die Angst um seinen Freund, die er zunächst durch die Anspannung gar nicht gemerkt hatte, ließ ihm nun die Farbe aus dem Gesicht weichen und seine Hände zittern. Und seine Stimme zitterte ebenso, als er nun sagte:

"Verdammt, Natiao, jag mir doch nicht so einen Schrecken ein!"

Sein Kopf durchbrach die Oberfläche, was es ihm erlaubte kurz Luft zu holen und sich zu orientieren — zumindest was oben und unten betraf. Dann ging er wieder unter.
Seine Füße fanden trotzdem keinen Boden.
'¡Joder!'
Einen Moment lang befiel ihn Panik. Dann zwang er sich zur Ruhe und pendelte sich durch. Zwei kräftige Stöße mit den Beinen brachten ihn nach oben, ließen ihn aber auch Sterne sehen.
'Ganz ruhig!'
Hustend und benommen konzentrierte er sich darauf nicht wieder Wasser zu schlucken, dann darauf sich auf den Rücken zu drehen. Sowie der Schmerz nachließe, könnte er immer noch versuchen herauszufinden, in welche Richtung der Strand lag.
Plötzlich berührte ihn etwas. Mühsam unterdrückte er den Impuls um sich zu schlagen. Für einen Augenblick ging er abermals unter, doch dann wurde er auch schon nach oben bewegt und bekam Luft.
'Cornelis. Er muss es sein.'
Also ließ er seinen Körper erschlaffen und sich ziehen. Welch ein Glück, dass er das als Kind geübt hatte, so gelang es ihm ruhig zu bleiben und abzuwarten.

Am Strand musste der Hüne erkennen, dass er mit Enrique noch weiter musste, so weit, dass sie problemlos im Wasser sitzen konnten.
Dort angekommen brauchte es eine geraume Weile, bis Enrique nicht mehr Husten musste, und dann, bis der Schmerz weit genug abklang, bis er nicken konnte.

"— Einge—schlafen. — Rausge—trieben. —"

Schwindel ließ ihn gegen den Rotbart sacken.
'¡Maldita mierda!'

"— Ich — 'cusar —“

Mehr brachte er im Moment nicht heraus und er wäre froh, wenn er es noch irgendwie aufs Trockene schaffen würde.
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Cornelis Feuerbart
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#3
Er sah, daß Enriques Beine nachgaben, als er ihn hinstellen wollte, und so schleppte er ihn weiter Richtung Ufer, bis sie sitzen konnten, bevor er seine Fragen stellte. Er überlegte daran, Enrique auf den Rücken zu klopfen, damit dieser besser das Wasser loswerden konnte, unterließ es dann aber doch mit dem Gedanken an die gebrochene Rippe.

Als Enrique kurz darauf gegen ihn sackte, machte er nicht viel Federlesens. Er stand auf, ohne Enrique dabei loszulassen, schob dann seine Arme unter dessen Rücken und in die Kniekehlen und hob seinen Bruder aus dem Wasser auf, geborgen an seiner breiten Brust. Das Brennen seiner Muskeln, mit dem sie ihm die zusätzliche Anstrengung nach dem Schwimmen quittierten, ignorierte er gänzlich und trug Enrique sicher zum Strand. Dort setzte er ihn behutsam ab und setzte sich dann schräg hinter ihn, damit sich Enrique sitzend bei ihm anlehnen konnte. Seine Arme schlang er, ohne Druck auszuüben, einfach um seinen Brustkorb und hielt ihn fest.

Wieder durchlief ein Beben Cornelis Körper. Was hätte er nur getan, wenn er Enrique nicht rechtzeitig entdeckt hätte? Er schloß die Augen und legte seinen Kopf an Enriques.

"Nanichi Natiao...", flüsterte er nur.

Fahrig drückte er irgendwann Cornelis Unterarm.

"Ich bin ein Idiota. Heute mache ich alles nur schlimmer, wenn ich das Gegenteil erreichen will."

Es klang völlig zerschlagen und auch emotionslos, aber jetzt fehlte ihm einfach die Kraft, seine Gefühle aktiv nach außen zu tragen; mangels besserer Worte hätte Cornelis jetzt wohl gesagt, dass er anwesend war und entblößt vor ihm lag.

"Und selbst wenn nicht entgleitet mir alles weiter."

Zwischen dem Gesagten lagen lange Pausen, die er brauchte, um Atem zu schöpfen und seine Gedanken zu sortieren.

"Sie— Sie heißt Isabella Mireia ..."

Sein Blick ging ins Leere, als er sich an sie erinnerte.

"Sie sieht beinahe aus wie unsere Isabella, aber ihre Augen sind heller und sie ist wesentlich robuster ...
"Sie lacht wo Isa gelächelt hat und muss immer alles gleich loswerden, wenn sie etwas sagen will."

Ein Lächeln hatte sich auf seine Lippen gelegt.

"Sie wird dir gefallen."

Als sich Enrique soweit erholt hatte, daß Cornelis der Meinung war, daß er stabil saß, rückte er ein wenig von ihm ab. Er wollte ihm nicht schon wieder zuviel Nähe aufbürden. Er stand auf, wischte sich den Sand von der inzwischen getrockneten Haut und begann, sich wieder anzukleiden. Derweilen lauschte er aufmerksam den Worten seines kleinen Bruders.

Auf die erste Bemerkung grinste er ein wenig schief und warf Enriques Hemd auf ihn.

"Manchmal bist du halt immer noch ein Idiot...", neckte er.

Dann jedoch wandelte sich das Grinsen in ein warmes Lächeln, als sein Freund ihm ein klein wenig von seiner Tochter zu erzählen begann.

"Isabella...", murmelte er versonnen, dann sagte er: "Ja, das glaube ich auch. Die Frage ist nur, ob sie ihren großen bösen Onkel auch mögen wird." Jetzt grinste er wieder ein wenig.

Gerade jetzt hätte es ihm viel gegeben, sich weiter anlehnen zu können, doch da er sich nicht aufdrängen wollte, ließ er den Älteren aufstehen.

"Und werde es wohl auch bleiben, das habe ich wohl von dir", neckte er leise zurück.

Dann:
"Bestimmt wird sie das. Vielleicht braucht sie anfangs etwas, aber normalerweise schließt sie schnell Freundschaften."

Er ließ sich vorsichtig in den Sand zurückgleiten und blieb einfach liegen. Es fühlte sich seltsam an, nach all der Prüderie, die ihm die Marine aufgezwungen hatte, nicht über den korrekten Sitz der Uniform nachzudenken zu müssen, geschweige denn irgendetwas anzuziehen. Und das, obwohl Nacktheit, wann immer er in seiner Kindheit bei den Ara'tayu gewesen, völlig normal gewesen war.

"Jedenfalls ist sie bestechlich: Mit Honig, Keksen oder anderen Kleinigkeiten", schmunzelte er, bis ein Schatten über seine Züge huschte und er wieder eine Weile schwieg.

Cornelis lachte kurz auf.

"Das ist gut möglich, manchmal bin ich auch ein Idiot..."

Dann setzte er sich einfach neben Enrique in den Sand und sah auf die dunkle See hinaus, während wieder ein warmes Lächeln auf seinen Zügen erschien, als Enrique weiter von Isabella erzählte. Dann sah er hinüber zu seinem alten Freund.

"Und wo ist sie? Bei ihrer Mutter? Und wer ist ihre Mutter?"
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Cornelis Feuerbart
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#4
Die Fragen hielten ihn vom Grübeln ab.

"Sie ist bei Abene und Nahia und dem Rest -unserer Cano'eyba im Caney, ein guter Ort um aufzuwachsen."

Das Lächeln kehrte zurück, als er an seine vielen Aufenthalte dort dachte, schwankte kurz, blieb aber.

"Nein, nicht bei ihrer Mutter. Caracoya ist eine Ají, und eine Jägerin. Sie wollte damals weder ein Kind, noch die Cano'eyba wechseln, und keiner von uns beiden hatte damit gerechnet, dass eine einzige heiße Nacht solche Folgen haben würde.
"Ich nehme an, dass sich ihre Cano'eyba nicht darauf einigen konnte, dass Kind eines Herzogtümlers, und sei der auch nur ein Halbblut, anzuerkennen. Also brachte sie das unbenannte Neugeborene zu unserer, erklärte den Sachverhalt und ging.
"Nahia war zunächst geschockt, aber dafür sie anzuerkennen und als Abene meinte, es käme auf keinen Fall in Frage, dass eines ihrer Kindeskinder ausgestoßen bliebe, egal von wem es wäre, gab es keine weitere Diskussion darüber."


Enrique rang nach Atem und versuchte gleichzeitig den Schmerz zu ignorieren, den das viele Reden mit sich gebracht hatte, was ihm auch recht gut gelang, achtete er doch weiterhin strickt darauf nur flach Luft zu holen.

Cornelis fiel es nicht ganz so leicht, durch die Traditionen einer solch fremden Kultur durchzusteigen.

"Die... Kanuaiba war die... wie noch mal?.... Bootsgemeinschaft?", fragte er deshalb nach. Dann strich er sich die noch feuchten Haare kurz aus der Stirn zurück.

"Oh Mann, das müssen wir irgendwann nochmal ausführlicher durchkauen..."

Dann grinste er.

"Eine einzige heiße Nacht.... bist ein ganz schöner Filou geworden..."

Doch dann wurde er wieder ernst, aber froh:

"Bei Nahia ist sie auf jeden Fall gut aufgehoben. Wie alt ist sie überhaupt? Ach, ich wünschte, wir könnten sie sofort besuchen..."

"Filou?! Weißt du überhaupt, was dieses Wort bedeutet? Außerdem hat sie _mich_ verführt! Ich —"

Er war ein wenig aufgefahren, musste jetzt den Arm auf das Zentrum des Schmerzes drücken und seufzte.

"Es war mein erstes Mal, verdammt!
"Nahia hat mir eigentlich beigebracht aufzupassen, aber ich habe es damals komplett verbockt. Cara hat mich dann noch damit beruhigt, dass sie garantiert nicht in der heiklen Phase wäre.
"Und dann komme ich das nächste Mal nichts ahnend nach Hause und plötzlich ist sie da und alle ganz aufgeregt um die Kleine und ich denke nur: 'Was ...? Woher ...? Wieso ...?'"

Abermals seufzte er.

"Doch bald schon wurde mir klar, dass sie das Beste war, was uns passieren konnte."
Grinsend fügte er an: "Ich würde sie um keinen Preis der Welt mehr hergeben."

'Nicht mal für deine Schwester?'
Der Gedanke kam plötzlich und warf schwere Zweifel auf. Schnell redete er weiter, verzog dabei das Gesicht, als er zu tief Luft holte:

"Sie ist jetzt Acht—"

Und prompt rannte er gegen die nächste Wand:
Er hatte ihren Namenstag verpasst, war nicht wie sonst dagewesen. Dazu stürzten all die Versprechen, die er ihr gegenüber gebrochen hatte wieder auf ihn ein und ließen ihn mit einem geknurrten Fluch in den Sand schlagen.
Hätte er nur über etwas mehr Kraft verfügt, er wäre nicht liegen geblieben.

"Ich—", setzte er erstickt wieder an, "ich hatte ihr versprochen, sie jedesmal, wenn wir Esmacil anlaufen, zu besuchen, nach Hause zu kommen, doch die letzten Male hat mich Harper nicht vom Schiff gelassen.
"Zum Glück kann Nahia etwas lesen und ist auch willens dazu. So konnte ich ihnen wenigstens Nachrichten und die Fundstücke schicken ...
"Und jetzt, bei der letzten Fahrt, habe ich zugelassen das jemand mei— die Morgenwind sprengt, den Capitán tötet und bin mit Piraten verschwunden ...
"¡Maldita! Falls sie schon davon gehört haben müssen sie glauben, dass ich tot bin ..."

Cornelis lachte herzlich auf, als sich Enrique so schön über den "Filou" aufzuregen begann. Und ein breites Grinsen verblieb auf seinem Gesicht, als das Lachen verklang.

Dann wurde er wieder ernst, als Enrique von seinen Problemen zu sprechen begann. Und vor allem bei dem letzten Satz verzog sich sein Gesicht leicht, als ihm der Gedanke durch den Kopf schoß, daß es seinem Freund im Moment genauso erging wie ihm damals, als er auf die Capitana gewechselt war.

"Irgendwie klingt dein Harper nach meinem Russell...."
"Du solltest ihnen so schnell wie möglich eine Nachricht zukommen lassen. Du weißt, wie es dir damals mit mir ergangen ist..."


Für einen Moment spürte er einen Stich in der Brust, als er daran dachte, wie Enrique vor drei Tagen auf sein plötzliches Erscheinen reagiert hatte. Er wollte nach Möglichkeit verhindern, daß es seinem Freund irgendwann so wie ihm ergehen mußte.

"Am besten... aber ich weiß nicht, inwieweit die Käpt´ns mit sich reden lassen würden. Trotzdem wäre es am besten zu versuchen, daß man Esmacil einmal anlaufen würde. Du weißt, Briefe können verloren gehen..."
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Cornelis Feuerbart
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#5
"Harper ist — war —"

Er brach ab und schüttelte den Kopf. Da war noch zu viel Unerklärtes, seine Gedanken zu konfus, als das er das jetzt richtig rüberbringen würde.

"Das habe ich vor."

Verlangen und Sehnsucht schwangen in diesem Satz mit.
Dann kam plötzlich dieser Vorschlag:
Das zu tun, was er so unbedingt wollte und doch nicht durfte, so lange zumindest, bis das PROBLEM nicht beseitigt sein würde. Das worüber er die letzten Tage und Nächte fast unaufhörlich nachgedacht hatte.

"¡NO!", entfuhr es ihm.

Halb hatte er sich bereits hochgestemmt, bevor Entkräftung und Schmerz ihn wieder zu Boden schickte.

"Das dürfen wir nicht! Auf keinen Fall", kam es gepresste und halb erstickt.
'¡Maldita mierda!'

Cornelis bohrte nicht weiter nach, nachdem Enrique nicht weiter über Harper sprach. Sein alter Freund würde schon irgendwann damit rausrücken, wenn er es wollte oder konnte.

Dann zuckte er leicht zusammen, als Enrique ihm das aufgebrachte "No!" an den Kopf warf, da er in dieser Situation in keinster Weise damit gerechnet hatte. Sein Blick flog herum, von der See zu Enrique, und seine Augen verengten sich mißtrauisch.

"Warum nicht? Was ist los?"

Er brauchte eine ganze Weile, ehe er antwortete, sowohl um seinen Körper zu beruhigen, als auch um wieder klar denken zu können. Tränen standen in seinen Augen und darüber reden wollte er eigentlich nicht. Doch ihm war klar, dass er das früher oder später eh musste.
Also drehte er sich auf den Rücken, sah zum Himmel hinauf und hob schwerfällig eine Hand, ehe er zu sprechen begann, den andere Arm eng um sich geschlungen. Seine Finger brachen das silbrige Mondlicht, dass sich über die Landschaft ergoss, den Sand weiß färbte und auf der Brandung tanzte.

"Ki'cuyo", formten sein Lippen tonlos.

Geisterlicht.
Die Ahnen schauten auf sie herab, abwartend, was er jetzt täte, würden werten, ob es gut wäre und entscheiden, ob sie es unterstützen würden.

"Ich weiß inzwischen, dass ich, falls ich oder dieses Schiff, was man mit mir in Verbindung bringen könnte, zu ihr gehen sollten, dann — dann besteht die Gefahr, dass Jemand mitbekommt, wo sie ist. Ich—"

Wie sollte er das jetzt über die Lippen bringen? Sein Verlangen, seinen größten Wunsch, den schlimmsten Alptraum und seine Unfähigkeit zusammenfassen?

"Ich — ich will zu ihr, will, dass sie glücklich und sicher ist.
Aber—"


Es fiel ihm sichtlich schwer Worte zu finden, weiter zu sprechen, nicht einfach alles und jeden abzublocken.

"Aber das ist sie nicht.
"Sie ist nicht glücklich, wenn ich nicht zu ihr komme, wie versprochen, und sie ist nicht s-sicher wenn ich bei ihr bin, nicht so lange — so lange ..."


'I habe versagt.'
Überdeutlich machte sich dieses Gefühl in ihm breit und ließ ihn sich wieder auf die Seite drehen und zusammenkrümmen.
'Schon viel zu oft. Wenn ich ihn zu ihr führe und ihr etwas zustößt, dann habe ich auch als Vater versagt. Das darf ich um keinen Preis!'
Falls er das nicht schon längst hatte:

"Es ist schon schlimm genug, das mein Testament sie und meine Mutter beinhaltet und meine Mutter, wenn sie denn wollte, Zugriff auf mein Konto hat.
"Weit schlimmer aber ist, dass ich sie auch bei der Marine als meine nächste Verwandte angegeben habe, für den Fall, das mir was passiert, denn dazu musste ich eine Adresse angeben. Ich—"


'Mach WEITER!', schrie er sich an, während er das Gefühl hatte dass sich sein Magen in einen einzigen schmerzhaften Knoten verwandelt hatte. Gegen Übelkeit ankämpfend rang er sich die nächsten Worte ab:

"Ich habe meinem Vater nicht von ihr erzählt, weil ich fürchte, er könnte sie irgendwie zu sich locken und sie dann als Druckmittel gegen mich verwenden, damit ich zurückkehre und dann nach seiner Pfeife tanze.
"Aber er würde ihr wenigstens nicht wirklich was antun, auch wenn Einsperren schon schlimm genug wäre. Er ..."


Ihm fehlte Wut um seine Verzweiflung abzuhalten. Stille Tränen rannen unbemerkt in den Sand und ließ seine Schultern beben. Eine ganze Weile lang brachte er keinen Ton mehr heraus.

Noch verstand er den Zusammenhang nicht, doch war es offensichtlich, daß irgendetwas in Bezug auf seine Tochter Enrique noch mehr belastete als es sein Vater tat - und das wollte schon etwas heißen. Cornelis überlegte, entschied sich dann jedoch dafür, Enrique nicht mit Worten zu unterbrechen. Vielleicht würde sein Bruder sich überwinden können und ihm davon erzählen - und wenn nicht, hätte es auch noch Zeit, bis er soweit war.

Also hob er nur stumm die Hand, legte sie auf Enriques Oberarm und drückte diesen kameradschaftlich, während er abwartete, wie sich sein alter Freund entscheiden würde.
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Cornelis Feuerbart
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#6
Glühend heiß brannte sich die Hand in seine Schulter; eine Konstante, ein Anker, aber auch ein Zwang, erinnerte sie ihn doch erbarmungslos daran, dass er keine Wahl hatte, wenn er Cornelis nicht verlieren wollte.
'Und falls doch, dann will ich es gleich hinter mir haben!'
Schließlich stemmte er sich in eine halb sitzende, halb kauernde Position hoch, wild entschlossen, sich dieser Sache aufrecht zu stellen und schüttelte die Hand dabei ab.
Da er ihn brauchte, beschloß er, seinem Zorn keine Zügel anzulegen und ihm an Energie zu geben, was er noch hatte.
'Hoffentlich bin ich zu erschöpft für ernsthafte Wutausbrüche ...'

"Ich", hob er heiser an, "hab eine deiner und Nahias Grundsätze immer versucht zu befolgen.
"Wenn du einen Zwist mit jemandem hast, kläre ihn persönlich und lieber Heute als Morgen.
"Aber in der Marine und im Adel funktioniert das nicht.

"Ich habe Harper viel zu lange ertragen, weil er mein Capitán war, und ich das als sein oficial zu tun hatte. Es war definitiv viel zu lange, auch weil er sich nicht um seine Leute kümmerte, schon gar nicht um die, die ihm nicht nach dem Mund redeten. Die hatte er immer im Visier. Mich wundert immer noch, dass ich tatsächlich, trotz allem, weiterhin was auf der Morgenwind zu sagen hatte. Bei den Ahnen, hätte ich nicht ständig an die Familien der Seeleute gedacht oder mehr Rückhalt durch sie genossen, ich hätte gemeutert!
"Aber er hat sie förmlich bestochen, und ihre Dummheit hat sie zu willigen Werkzeugen in seiner Hand gemacht.
"Die almirantazgo hat es natürlich nicht interessiert, was ein mestizo zu sagen hat. Den Admirälen ist ein adliger Tyrann allemal lieber!"


Er musste sich zwingen nicht gänzlich in die Redeweise der Shilainen zu verfallen, wie es ihm in seiner Wut so leicht fiel.

"Kurz: Er hatte mich aus vielen Gründen mehr oder weniger in der Hand, weil ich, im Gegensatz zu ihm, die verdammte Verantwortung für meine Aufgaben übernommen habe, ich ein g— fähiger Offizier sein wollte und weil ... weil ich wohl immer noch gehofft hatte, dass sich irgendwie irgendwann alles zum Guten ändert.
"—

"Aber auch das ist nur ein weiterer Aspekt, der zu dieser Misere geführt hat:
"Während er den Adligen fröhlich in den Arsch kroch, für ein paar lachhafte Privilegien und Gefälligkeiten"
, er musste hoch, auf die Füße, sich bewegen, doch er wusste, es würde nicht gut gehen, trotzdem versuchte er sich hochzustemmen, "habe ich ihnen die Richtlinien der Marine förmlich um die Ohren geschlagen."

Schwankend kam er auf die Füße. Sein Körper protestierte und ließ ihn schmerzhaft aufstöhnen.

"Einer der Adligen hat mir das nie verziehen. Dieser Mann hat mich auf seiner Abschussliste, er versucht schon seit Jahren mich mit allen Mitteln klein zu kriegen. Bis jetzt habe ich ihn einfach auflaufen lassen, weil ich, im Gegenzug, egal was ich tat, seiner ebenfalls nicht habhaft werden konnte."

Enrique schluckte schwer und sah zu Boden. Er wagte nicht, einen Schritt zu machen, möglich, dass er das Gleichgewicht verlöre.

"Die Fehde zwischen ihm und mir stört mich nicht. Wie — wie ich allerdings vor kurzem erst erfahren musste, ist dieser Mann weit schlimmer als ich geglaubt hatte. Wenn es sein muss, dann — dann — nimmt er seinen Feinden Frau und Kinder. Er hat sogar Spaß daran, sie zu quälen, wenn er seinen Feind längst vernichtet hat.
"Ich darf ihn nicht noch näher zu Isa bringen. Um keinen Preis der Welt."


Ein Zittern durchlief den Schwarzhaarigen. Leiser huschte noch ein Satz über seine Lippen, er konnte ihn nicht daran hindern, so sehr plagte ihn diese Vorstellung:

"Wenn es nicht bereits zu spät ist ..."

Cornelis blieb sitzen und hinderte Enrique auch nicht, als dieser sich qualvoll hochstemmte. Er kannte diese Situationen durchaus, auch wenn er nicht so leicht hinein geriet wie sein Freund. Stumm lauschte er Enriques Worten, registrierte dabei dessen leichtes Schwanken, griff dennoch nicht ein.
Bis Enrique dann zu dem Absatz kam in dem er erklärte, zu welchen Missetaten sein Feind fähig war. Schon bei dem Satz "..., ist dieser Mann weit schlimmer als ich geglaubt hatte." schwante ihm Böses. Da erhob er sich doch, stellte sich neben seinen Freund, hörte aber vorerst weiter schweigend zu, bis dieser geendet hatte.

Als Enrique sein letzter leiser Satz entfuhr, hob Cornelis die Hände und legte sie von hinten auf die Schultern des Jüngeren.

"Ich kann es nicht wissen, aber ich glaube es einfach nicht. Ich glaube nicht, daß er sie gefunden hat. Was sagt dein Herz dazu?"

Doch noch bevor Enrique auf diese Frage antworten konnte, drehte Cornelis ihn zu sich um, legte ihm eine Hand unters Kinn und drückte Enriques gesenkten Kopf soweit hoch, daß er seinem kleinen Bruder in die Augen sehen konnte. Sein Blick war ernst, aber ein kleiner Zweifel lag darin.

"Und deswegen meinst du, ich würde dich verachten? Meinst du wirklich, ich bin so weltfremd, daß ich nicht wüßte, daß es nicht immer geht, diesen Grundsatz zu berücksichtigen? Ja, ich lebe nach diesem Grundsatz, aber er ist nicht immer zu halten. Vor allem dann nicht, wenn man nicht die Freiheit eines Piraten hat. Nicht in der Marine, erst recht nicht mit dem Adel, aber selbst in der normalen Handelsschiffahrt nicht. Denk doch mal an meine Geschichte mit Russell zurück. Da war es doch nicht anders. Ich... ich habe ihn nicht abgestochen, wie ich es hätte tun sollen, nicht einmal, nachdem er mich persönlich ausgepeitscht hat. Und warum? Weil ich an die Männer auf der Seepferdchen dachte, weil ich mich ihnen verpflichtet fühlte und sie nicht dem Druck einer peinlichen Befragung aussetzen wollte, wenn der Kapitän nicht mehr nach Hause kommt - mit einer Lüge bewaffnet. Denn die Pfeffersäcke und ihre Kapitäne sind kaum besser als der Adel..."

Enrique war so in Gedanken, dass er unter Cornelis Berührung zusammenzuckte und, hätte er sich bewegt, mindestens gestolpert wäre. Und das Umdrehen hätte es dann fast doch noch geschafft ihn stürzen zu lassen. Mühsam hielt er sich an einem der Arme, die ihn bewegten, fest.

"Ich weiß. Nein. Nein, das ist es nicht. Ich—
"Ich hoffe nicht"
, kam es leise.
"Es ist unwahrscheinlich, aber ich habe sie so lange nicht mehr gesehen und ich wüsste nicht, was ich täte, wenn ihr etwas zustoßen würde."

Immer wieder wanderte sein Blick ab, selbst mit der Hand des Anderen an seinem Kinn. Er wusste doch, wo das Problem lag, hatte es sich schon fast eingestanden, aber es auszusprechen war ...
Dazu kam, dass er Irgendwie nicht glaubte, dass der Hüne ihm irgendetwas davon nicht verzeihen würde. Aber das war es ja gerade:
So lange er das Ziel nicht erreicht hatte, so lange wäre alles umsonst gewesen, all die Opfer und Grausamkeiten. Und das konnte er sich nicht verzeihen. Dennoch zwang er sich weiterzureden:

"Und egal was ich tue, ich habe das Gefühl, sie zu verlieren. Ich — ich bin jetzt wahrscheinlich ein gesuchter Mann. Ich weiß nicht, ob ich noch zu ihr gehen kann, ohne die Marine oder potentielle Attentäter zu ihr zu führen. Ich habe einen Gefangenenausbruch unterstützt. Ich habe _den_ Attentäter der ersten Welt auf freien Fuß gesetzt, damit er mir diesen Mann bringt. Dazu habe ich _mein_ Schiff versenken lassen, _meine_ Männer geopfert und nicht nur den ersten Offizier eigenhändig hinter den Nebel geschickt. Ich habe _alles_ verraten, was mir heilig war. Für sie. Und für einen Fremden, der mir nach einem einzigen Gespräch mehr ein Freund war als die meisten, langjährigen Bekannten.
"Ich habe dieses adelige Schwein vorher, gegen den Willen meines Capitáns, zu einem Duell gefordert und was weiß ich nicht noch. Ohne Erfolg.
"Und wofür das Alles?"


Der Schwarzhaarige machte sich los, langsam schlug die Wut durch und ließ ihn sich abwenden.

"Für die schwache Hoffnung, dass Yaris ihn vorher erwischt. Dafür, dass ein anderer sich darum kümmert sie zu beschützen, weil ich nicht mehr weiß wie."

Zornig schlug er in die Luft, missachtete seine schmerzende Rippe, begrüßte sie fast schon wie eine gerechte Strafe.

"Ich habe Angst, finde keine Ruhe und egal wie ich es drehe und wende, ob ich mir vorrechne, was ich alles erreicht habe, es fühlt sich, verdammt nochmal!, an, als hätte ich versagt!"
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#7
Hier - in dieser Situation, da er sich selbst nicht hinter seinem kühl berechnenden Verstand und der eisernen Maske verbarg, sondern sich für seinen Freund emotional weit geöffnet hatte, war auch Cornelis anfällig für das erneute Aufbrechen alter Wunden. Und mit jedem Satz näherte sich Enrique weiter an die größte dieser alten Wunden an.

Enrique sprach von einem Kind - er sprach von einer Frau. Und auch wenn in dessen Fall seine Mutter gemeint war, so wußte Cornelis doch, daß diese Liebe nicht weniger groß war. - Und er sprach davon, wie sein Erzfeind beide bedrohte.
Er stand erstarrt neben seinem alten Freund, hinderte ihn nicht daran, sich von ihm zu lösen.

`Versagt...´
Wie ein Faustschlag in den Magen traf es ihn, er taumelte zwei Schritte rückwärts und krümmte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht, aus dem mit einem Mal alle Farbe gewichen war. Er fing sich nochmal, rappelte sich auf, drehte sich um und eilte den Strand entlang davon. Im Laufen nestelte er einen kleinen Samtbeutel aus seiner Hosentasche und barg ihn fest umschlossen in seiner Rechten.

Dann plötzlich wich alle Kraft aus seinen Beinen, er strauchelte erneut und schlug lang in den Sand. Er rappelte sich in eine sitzende Position auf, zog die Beine an, umschlang diese mit den Armen und barg sein Gesicht auf seinen Knien. Und auch, wenn sein Körper nicht von Schluchzern geschüttelt wurde, da er sich derartige Gefühlsausbrüche in seiner langen Zeit als Steuermann und Kapitän gewaltsam abgewöhnt hatte, konnte er doch nicht verhindern, daß stumme Tränen flossen.

Hätte Enrique auf Cornelis geachtet, sicherlich hätte er reagiert. Dafür wäre er wohl nicht dazu in der Lage gewesen, seinen Satz zu beenden, das Gefühl seiner Schande irgendjemanden gegenüber einzugestehen.
So sprach er es aus, fühlte das Versteifen und schlug seinem Freund trotzdem die Worte ins Gesicht.
Cornelis unartikulierter, gequälter Laut ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.
'Lo sabía, mis acciones son imperdonables.'
Prompt flossen wieder stille Tränen. Oh wie er sich dafür hasste! Jedes kleinste Bisschen brachte ihn sofort viel zu sehr aus der Fassung, aber jegliche Gefühle ausschalten war dem Hünen auch nicht recht gewesen. Verstand der denn nicht, dass es nichts dazwischen gab?!? Nur Unnahbar und absolut angreifbar?
Und dann dieses dämliche Versprechen.
'PAH!'
Wie sehr Cornelis jetzt für ihn da war sah er ja. Anstelle von ihn unterstützen floh er förml—

Erst jetzt ging ihm auf, dass es tatsächlich eine Flucht gewesen war.
Langsam wandte der Schwarzhaarige den Kopf, drehte vorsichtig den Oberkörper mit und spähte den nächtlichen Strand entlang. Überdeutlich malte der Mond schwarze Schatten auf den silbrigen Sand und die zusammengekrümmte Gestalt des ehemaligen Piratenkapitän.
Der Stich der Erkenntnis brachte den jüngeren fast auf die Knie. Nur mühsam fing er sich und wandte sich dem Rotbart endgültig zu.
Er musste was tun.
Schritt für schmerzhaften Schritt folgte er ihm über den Sand, bis er schräg hinter ihm zu stehen kam.

"Du bist ein genauso beschissener Idiot wie ich, weißt du das?"

Erst nach diesen Worten ging er neben ihm in die Knie, fing sich dabei ein wenig an Cornelis Schulter ab, ehe er sich mit leichtem aufstöhnen setzte und mit dem Rücken leicht gegen dessen Oberarm lehnte und in die Nacht hineinsprach.

"Wenn du nicht reden willst, warum hältst du dann nicht einfach die Klappe und dich an mir fest? Ich bin nicht mehr der kleine Junge von damals. Vielleicht kann ich dich nicht tragen, aber stützen allemal. Auch in meiner völlig desolaten Verfassung."

Für einen Moment schloss er die Augen, dann seufzte er.

"Aber gleiches Recht für alle, wie es unter Piraten so schön heißt. Außerdem hast du selbst davon angefangen und verlangt, dass ich es ausspreche und jetzt auch, dass ich mich zu dir quäle, um dir zuhören zu können, also spuck's aus! Was ist los?"

Enrique löste sich nicht weit genug, als das der Ältere nicht mitbekommen hätte, dass er sich ihm soweit zudrehte, dass er ihn aus dem Augenwinkel betrachten konnte.

Da war sie wieder, diese allumfassende Leere - die Leere, die ihm damals das halbe Herz weggerissen hatte. Die Leere, die nichts und niemand auszufüllen vermochte. Die Leere, die alles um ihn herum verschlang und nichts zu ihm durchdringen ließ. Und so ließ sie auch Enriques Worte nicht zu ihm dringen.

Erst die Berührung an der Schulter, die so anders war als die, die er in den letzten Jahren gewohnt war, drang zu ihm durch. Und diese Berührung, die Stütze versprach und kein Lauern auf eine Schwäche von ihm war, ließ ihn nun doch befreiend aufschluchzen. Es waren nur wenige Schluchzer, die seinen Körper schüttelten, doch brauchte er noch eine geraume Weile, bis er sich soweit beruhigt hatte, daß er überhaupt ein Wort sagen konnte.

"Ich habe versagt", sagte er schließlich mit leiser und tonloser Stimme, ohne den Kopf von seinen Knien zu heben. Der rechte Arm löste sich von seinen Beinen und bewegte sich auf Enrique zu. Die Hand war geschlossen und die Geste eindeutig: Er wollte seinem kleinen Bruder etwas geben. Und als er dann die sachte Berührung von Enriques Hand an der seinen spürte, legte er zärtlich den Samtbeutel hinein.

"Er hat sie getötet, sie und mein Kind - mein ungeborenes Kind", setzte er erklärend hinzu.

'Das war es also?', wunderte er sich.
'Wobei versagt? Die Onyx zu führen? Die Meuterei zu erkennen?'
'Für ihn dazusein' konnte es nicht sein, dazu hatten sie bereits zu ausführlich darüber gesprochen. Doch spekulieren half hier nicht weiter, also mühte er sich soweit herum, dass er das kleine Säckchen entgegennehmen konnte und stutzte.
Was hatte Cornelis da gerade gesagt?
Der Schwarzhaarige brauchte einen Moment um das zu verdauen. Und doch brannten nur drei Fragen gleißendhell in seinem Verstand und brachten ihn auf die Knie und vor Feuerbart:

"Wer? Wie hieß sie? Und lebt dieser Bastardo negro noch?"

Cornelis spürte, wie sich Enrique von seiner Schulter löste und sich dann auf die Knie vor ihn zwang. Dann stellte dieser seine Fragen.
Nun löste Cornelis seine Stirn von seinen Knien und selbst in der Dunkelheit konnte man noch den tiefen Hass in seinen Augen sehen. Dies zusammen mit der tiefgrollenden bösen Stimme konnte einem schon einen Schauer über den Rücken jagen.

"Nein, er lebt nicht mehr, Hughes. Er hat gebüßt für seine Tat, das kannst du mir glauben." Und unwillkürlich stellte sich vor Enriques innerem Auge das Bild ein, wie der rotbärtige Hüne seinem Erzfeind einen qualvollen Tod bereitet hatte.

Dann schloß Cornelis die Augen, der Hass verschwand von seinen Zügen und die Trauer stellte sich erneut ein. "Rebecca, Becky. Min hjemmehavn..." Er stockte kurz. "Sie war so stark, eine so gute Kämpferin. Nie habe ich sie wirklich zu schützen brauchen und doch habe ich an diesem Tage versagt, habe sie nicht vor dem hinterhältigen Überfall Hughes zu schützen vermocht."
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#8
Selten hatte Enrique Angst vor dem Älteren verspürt, doch dieser Blick sorgte für einen Moment dafür.

"Capitán Hughes?"

Vorsichtig legte er Cornelis die Hände auf die Schultern.

"Also warst Du das. Ich erinnere mich an diesen Piraten, es wurde viel über ihn geredet, gerade nach dessen Tod. Die Marine hatte das damals 'Sir' Gerald 'Longfoot' zugeschrieben um mehr Mittel zur Jagd auf ihn zu bekommen. Ich schätze, sie haben in ihm die größere Bedrohung gesehen, nachdem Hughes fort war."

Irgendwie musste er lächeln.

"Meiner Meinung nach stimmte da was nicht und es gab andere Gerüchte. Unter anderem dass es um ihn, Feuerbart und eine Frau gegangen wäre. Das klang schon damals irgendwie logischer."

Schwer holte er Luft, ehe er die Hände löste und sich mit leichtem Aufstöhnen hinsetzte. Dann legte er seine Hand dem Rotbart auf den Unterarm und schaute ihm in die Augen.

"Ich — ich habe immer noch das Gefühl, dass ich damals versagt habe, als ich dich und Isabella verlor, dabei habe ich dich wieder und noch heute kann ich keine Krankheiten heilen. Ich verstehe also wie du fühlst und denke deshalb nicht schlechter von dir, eher bin ich froh darüber, dass du ihn für sie töten konntest. Das hat sie verdient, genauso dein Kind.
"Geister, ich möchte Russell für dich immer noch zur Strecke bringen und vielleicht gestatten es uns die Ahnen, in dem sie ihn uns irgendwann in die Hände spielen.
"Wichtiger aber ist das hier und jetzt. Ehren wir die Toten, die es verdient haben, indem wir den Lebenden von ihnen erzählen und die Lebenden, indem wir alles für sie tun, was wir können."


Enrique seufzte, versuchte sich erneut an einem Lächeln, doch es geriet etwas schief.

"Ich weiß nicht, ob es dir hilft, aber wenn du es willst, dann ist meine Tochter auch deine."

Cornelis hielt Enriques Blick und schwieg. Die Aussage zu "Sir Gerald Longfoot" ließ er völlig unkommentiert. Als Enrique dann davon sprach, die Toten und die Lebenden zu ehren, nickte er ohne ein Wort. Für Enrique war es nichts Ungewöhnliches, daß der Rotbart in solch einer Situation recht schweigsam war.

Als Enrique ihm dann das Angebot machte, daß seine Tochter auch die von Cornelis sein könnte, hob er das Kinn ein wenig von seinen Knien an und sein Blick nahm einen weichen Zug an, während er ein wenig lächelte. Dann wanderte sein Blick von Enrique ab hinaus auf die dunkle See und eine ganze Weile des Schweigens verstrich, während Cornelis seine Gefühle dahingehend zu verstehen versuchte.

Als Cornelis seinen kleinen Bruder schließlich wieder ansah, schüttelte er leicht und langsam den Kopf. "Ich danke dir für dein Angebot - es ist eine wahre Ehre für mich. Doch mein Kind ist eine Einheit mit meiner Frau und deswegen bleibt es genauso tot wie sie. Ich bin mir sicher, ich werde deine Tochter lieben wie ein eigenes Kind, doch laß sie meine Nichte bleiben. Es soll eine ganz eigene und neue Beziehung zwischen ihr und mir werden, die nicht durch dunkle Erinnerungen aus meiner Vergangenheit getrübt sein soll."

Als er geendet hatte, schwieg er erneut, dann legte er sich mit einem leichten Aufseufzen in den Sand. Seine Linke schob er unter seinen Kopf, doch seine Rechte spreizte er leicht vom Körper ab - eine unaufdringliche und doch für Enrique eindeutige Geste. Dann schloß er die Augen und wartete nur ab.
Die knapp hundert Stunden, die sie sich nun wieder hatten, reichten bei Weitem nicht dafür aus, ihre Beziehung vollständig zu wandeln. Und nichts wünschte sich Cornelis in diesem Moment mehr, als noch einmal den Kopf Enriques auf seiner Schulter und dessen Arm auf seiner Brust zu spüren so wie damals, wenn sich der Junge an ihn gedrückt hatte, wenn Cornelis oder ihn etwas bedrückt hatte. Eine Geste, die den Anschein erweckte, daß der Große den Kleinen hielt, und aus der er selbst doch schon immer so viel Kraft und Halt ziehen konnte.
Hier, am einsamen nächtlichen Strand weit außerhalb der Sichtweite des neuen Schiffes und seiner Besatzung, hatte Cornelis keine Bedenken, diese Nähe nochmals - vielleicht ein letztes Mal - zu geben und selbst zu spüren.

Enrique erwiderte den Anflug eines Lächeln mit einem unsicheren eigenen. Und auch wenn er auf eine Antwort brannte, so ließ er dem Älteren alle Zeit die er brauchte, drängte nicht, sondern malte nur von ihm selbst unbeachtete Kreise in den Sand.
Dann kam die Antwort. Leicht erschreckt richtete er sich etwas mehr auf.

"So hatte ich das nicht gemeint. Isabella sollte deines nicht ersetzen. Aber es ist auch — bien, muy bien, das sie 'nur' deine Nichte ist. Ich verstehe das."

Leicht drückte er Cornelis Unterarm als Bekräftigung. Er wusste, wenn er etwas Zeit zum darüber Nachdenken gehabt hätte, dann würde er voll hinter diesen Worten stehen und die Zurückweisung nicht als Angriff, sondern als bewusste Entscheidung akzeptieren können. Jetzt war er einfach nur etwas zu aufgewühlt dazu.
Und dann lud Cornelis ihn einfach so ein zu etwas ...
Konnte er das noch?
Durfte er?
Da stellte er auch schon fest, dass kleine, salzige Tropfen Spuren auf seiner Haut hinterließen.
'Soviel zu ich werde dann garantiert weinen. Meine Selbstbeherrschung ist doch eh schon stiften gegangen.'
Vorsichtig spähte er zum Hünen.
'Auf dem Schiff wird das nicht gehen. Vielleicht geht es sogar nur hier oder an ähnlich einsamen Orten. Vielleicht ...'
Vielleicht würde es Ewigkeiten dauern, bis sich wieder eine Gelegenheit bot und wer wusste schon, ob sie sie dann auch wahrnehmen könnte. Er wusste außerdem, der Junge lag längst dort, doch noch immer zögerte er.
Dann, als sein Bruder vielleicht schon nicht mehr damit rechnete, zwang er sich gegen seine inneren Widerstände näherzurücken und sich hinzulegen. Er konnte ja jederzeit wieder aufstehen, wenn es tatsächlich nicht ginge aber so hätte er wenigstens versucht, dem Rotbart diesen Wunsch zu erfüllen.
Unbehagen stellte sich ein und er wollte sich schon wieder aufsetzen, als sein Körper ihn einfach im Stich ließ und an diese Situation fesselte, indem er erschöpft gegen den anderen glitt. Und dann verschwand auch die Anspannung, tat es doch einfach gut. Außerdem fühlte er sich schlicht zu zerschlagen, um sich weiterhin irgendwelche Gedanken zu machen.

Er wartete eine kleine Ewigkeit darauf, ob Enrique seiner Einladung folgen würde oder nicht. Als er schon die Hoffnung aufgegeben hatte und im nächsten Moment seine rechte Hand ebenfalls nach oben unter den Kopf schieben wollte, hörte er leise schabende Geräusche und fühlte gleich darauf das Kitzeln von Enriques langen Haaren an seinem Oberarm. Ein zufriedenes Lächeln stellte sich auf dem Gesicht des Rotbarts ein, in dem die Augen noch immer geschlossen waren.

Er spürte die anfängliche Anspannung seines kleinen Bruders und hätte auch nichts gesagt, wenn Enrique sich wieder aufgerichtet hätte. Doch dann entspannte sich der Körper neben ihm und rutschte endgültig in die altgewohnte Position. An den kleinen Bewegungen Enriques konnte er erkennen, daß dieser nicht das Bewußtsein verloren hatte und mehr oder weniger freiwillig wie früher liegen blieb.

Behutsam hob er den Unterarm und legte ihn wie damals quer über den Rücken des Jüngeren - immer auf Anzeichen achtend, daß es Enrique nicht zu viel wurde. Als sich diese jedoch nicht einstellten, mußte er schmunzeln als er feststellte, daß er den Rücken des anderen nicht mehr so gut umfassen konnte wie damals. Dann mischte sich eine Spur Wehmut in sein Lächeln als er begriff, daß dies ein Abschied von dem Jungen war.

Diese Erkenntnis ließ ihn nun doch noch einmal die Augen öffnen und eine ganze Weile starrte er zu den Sternen über sich. Doch irgendwann machte sich schlichtweg die Erschöpfung bemerkbar. Das Schwimmen und die Rettungsaktion hatten seinen leicht ausgezehrten Körper ausgebrannt und die tiefgreifende Aussprache seinen Geist.
Ohne daß er es bewußt wahrnahm glitt er in die Traumwelt über, seine Augen schlossen sich erneut und Bilder von Rebecca mit seinem Kind auf dem Arm und einer kleinen Isabella, die der bekannten so ähnlich und doch anders war, begleiteten ihn für die nächsten Stunden.
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Cornelis Feuerbart
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
#9
Als Enrique merkte, dass Cornelis den Arm um ihn legen wollte, versteifte er sich kurz, doch noch bevor der Hüne reagieren konnte drückte er sich für einen Moment an ihn, ehe sich nur noch seine Hand für eine Weile schwach an seinem Bruder festhielt. Dann gewann die Erschöpfung endgültig die Oberhand. Das einzige was ihn noch kümmerte war, sich etwas bequemer gegen den Hünen zu lehnen, auf dass die Rippe so wenig wie möglich schmerzte, dann lag er still und glitt in einen tiefen aber unruhigen Schlaf hinüber.
'Ein letztes Mal so liegen ...', dachte er noch.
Doch es war mehr als das:
Es war auch ein letztes Mal Kind sein und auf diese Weise Kummer und Nähe teilen.
Und auch mit aller Macht eine Verbindung zur Vergangenheit schaffen.
Denn jetzt wo er wusste, dass er zu alt hierfür geworden war, konnte er sich auch friedlich davon verabschieden, gab es doch tausend andere Möglichkeiten hierfür und sie würden ihre nur noch finden müssen.
Und das würden sie. Da war er sich sicher.


--- Ende ---
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