Jetzt zu gehen wär viel zu leicht

[Farley Dunbar]

Das Thema bleiben oder gehen wurde ein wenig ermüdend, sodass er ihr Geplänkel lieber für beendet erklärte und sich auf den zweiten Teil ihrer Antwort konzentrierte. War sie wirklich so naiv zu glauben, dass ihnen die Aktion auf dem anderen Schiff nicht später noch Ärger einbringen würde? "Ja, Anerkennung ist euch dafür sicher. Allerdings wird die Marine diese Schmach kaum ungesühnt lassen wollen." Farley verriet mit keiner Miene, ob ihm das nun Sorgen bereitete oder nicht. Lediglich er selbst wusste, dass ihm das egal sein konnte - solange er sich dann nicht mehr auf dem Schiff befand.

[Shanaya Árashi]

Shanaya lächelte noch ein wenig breiter, machte sich jedoch keine Gedanken darum, was ihm dabei durch den Kopf gehen konnte. Es war ihr an sich auch einfach egal. „Wir sind Piraten. Wer hier Angst vor der 'Rache' der Marine hat, sollte lieber direkt von Bord springen und zurück in einen sicheren Hafen schwimmen.“ Die Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Das wird sicher nicht unsere letzte Begegnung mit ihnen gewesen sein, aber das ist Nichts, wovon ich mich einschüchtern lasse.“ Wieso auch? Bisher war sie jedem Mitglied der Marine überlegen gewesen. Ein breites Grinsen galt dem Mann. „Oder hast du etwa Angst, hm?“ Er hatte eine Weile hinter Gittern gesessen, vermutlich war ihm das eine Erfahrung zu viel gewesen. Shanaya jedenfalls lehnte den Besen an die Wand, ließ den blauen Blick auf der Suche nach einer neuen Aufgabe schweifen.

[Farley Dunbar]

Ihre Antwort zeugte immer noch von einer grundlegenden Naivität. Aber sie war jung, wahrscheinlich war ihr nicht einmal bewusst, was die Marine alles mit Menschen anstellen konnte, die ihr in die Quere kamen. Farley hatte auf seinen Reisen einige Dinge gesehen, die er lieber nicht mitbekommen hätte. Und jede einzelne Situation hatte ihn nur noch mehr in seinem Willen bestärkt, sich nicht erwischen zu lassen. „Mir scheint, es gibt ohnehin wenig, wovon du dich einschüchtern lässt“, stellte er schließlich schmunzelnd fest und lehnte sich ein wenig zurück, ohne erkennen zu lassen, wie sein Satz nun genau gemeint war. Auf ihre freche Frage hin schüttelte er dann nur kurz den Kopf - ohne, dass das Schmunzeln von seinem Gesicht verschwand. „Ich habe nicht vor, noch ein zweites Mal hinter Gittern zu schmoren.“ Er hatte mit der Sprengung des Marineschiffs nichts zu tun gehabt – und er hatte nicht vor die dummen Ideen anderer mit seiner eigenen Freiheit einzubüßen.

[Shanaya Árashi]

Shanaya ließ die hellen Augen ein wenig durch den spärlich beleuchteten Raum schweifen, hielt bei den Worten des Mannes kurz inne, ehe sie sich mit einem vielsagendem Grinsen zu ihm herum wandte. „Du bist ja ein ganz aufmerksamer Beobachter.“ Die Schwarzhaarige hob leicht eine Augenbraue, musterte den Braunhaarigen bei seinen nächsten Worten etwas genauer. „Das war keine Antwort auf meine Frage.“ Ihr Kopf wog sich ein wenig zur Seite, in ihrem Blick lag eine leichte Herausforderung. Sie kannte diese Versuche, der eigentlichen Frage auszuweichen. Aber anstatt auf eine Antwort zu warten richtete die junge Frau den Kopf herum, trat zu ein paar Stoffetzen, die wirr herum lagen und machte sich daran, sie ein wenig ordentlicher zusammen zu legen, um sie in der Kiste, die nur wenige Schritte entfernt stand, zu verstauen.

[Farley Dunbar]

Farley schüttelte nur belustigt den Kopf auf ihre Feststellung hin – die so tatsächlich nicht stimmte. Er hatte ihre Frage durchaus beantwortet, nur fehlte ihr offenbar ein wenig Erfahrung, um mehr aus seinen Worten herauszulesen. Auf mehr Antwort konnte sie jedenfalls nicht hoffen. Zumindest nicht ohne Gegenleistung. Warum sollte er einer jungen Frau auch etwas über seine Ängste erzählen? Als sie begann, die Stofffetzen umherzuräumen, beobachtete er sie ruhig und erlaubte sich, sie ein wenig eingehender zu mustern. Sie war zierlich – aber ihre forsche Art überdeckte das sehr gut. Und sie war schön, was ihr bewusst war. Doch der junge Dieb hatte vorerst genug von Frauen, sodass er sich schnell wieder der interessanteren Beschäftigung zuwandte – die Unterhaltung mit ihr fortführen. Er fand es erstaunlich amüsant, mit ihr zu reden und hegte nicht einmal Groll wegen der kleinen Spitzfindigkeiten, mit denen sie ihn zu sticheln versuchte. „Und, lohnt es sich, dich weiter zu beobachten? Oder habe ich mit unserer kleinen Unterhaltung schon alle Charakterzüge kennengelernt?“ Erneut war ein Schmunzeln auf sein Gesicht getreten. Wahrscheinlich sollte er ihr helfen, damit sie ihn nicht für einen komplett faulen Hund hielt. Aber womöglich war es dafür ohnehin zu spät – und ihre Reaktionen ließen sich von hier aus ohnehin viel besser betrachten.