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Kapitel 5 - Melodie des Frühlings
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Oct 2017
Die Euphorie des Einen und die Selbstverständlichkeit mit der der andere damit umging, riss Lissa ein wenig aus ihrer Trance heraus und sie musste lächeln. Es freute sie, wenn jemand so begeistert über ihre kleine Welt war. Sie selbst liebte auch das meiste, was sie hinter den Planen ihres Zeltes versteckte. Manches davon würde sie vermutlich niemals los werden können, aber das störte sie nicht. So lange gehörte dieser Gegenstand eben zur Familie.
Einen kurzen Augenblick beobachtete die Händlerin noch das ungleich wirkende Paar dort vor ihr. Wie ihr Hübscher am liebsten gleich wieder aufgesprungen wäre und der andere ihn nur mit Mühe vor Ort hielt, um seine Wunden zu versorgen. Wirklich ein paar schräge Vögel.
Sie wandte sich wieder ihrer kleinen Truhe und den Papieren darin zu, als der Verletzte ihr schließlich antwortete. Sie lachte leise, während ihre Hand wie von selbst nach einem ordentlich zusammengefaltetes Stück Papier griff.

Dann werde ich bei 'mein Hübscher' bleiben. Das passt auch viel besser zu dir.

Die junge Frau wollte sich ihm mit einem verschmitzten Lächeln zuwenden, als sie auch schon ein Gewicht auf ihrer Schulter spürte. Sie sah zu ihm hoch und verdrehte belustigt die Augen. So neugierig wie eine Katze, wie? Und eben weil er so fasziniert wie ein Kind in die Truhe starrte, zögerte sie noch, ihre Hand wieder zurück zu ziehen. Stattdessen überlegte sie, wie sie ihm ihren Beruf am besten erklären könnte.

Es geht dabei nicht um Hosen. Hosen sind nur alltägliche Dinge, die keine weitere Beachtung finden oder wichtig sind. Sie sehnen sich nach nichts. Anderen Gegenstände – zum Beispiel, der Hut dort drüben auf dem Bücherstapel – er möchte zu jemandem, hat aber seinen Weg verloren.“ Dabei deutete sie mit einer raschen Handbewegung auf einen alten, abgetragenen Spitzhut, der einsam und verlassen auf einem wackeligen Turm aus Büchern einstaubte. Neben ihm stand ein ebenso abgenutzter Besen. Und egal wie oft Lissa schon versucht hatte sie zu trennen, es funktionierte nicht. „Ein anderes Beispiel ist das hier.“ Sie zog ihre Hand aus der Kiste und hielt den zusammengefalteten, schon etwas älteren Zettel hoch, sodass Trevor und auch Gregory ihn sehen konnten. „Ich weiß nicht wieso, aber dieser kleine Brief scheint gerade zu eure Namen zu schreien...sagt euch denn der Name Aranne etwas?"



Bei Trevor und Gregory

[Am Alleshändlerstand]
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Crewmitglied der Sphinx
für 0 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
Sie wünschte sich, sie hätte den Dolch nicht wieder weggesteckt. Nicht etwa das 'Kleine' störte sie so sehr – auch wenn sie sich ein Schnauben nicht verkneifen konnte. Nein, es war eher die Tatsache, dass er mit seinen vielen Worten jegliche Faszination für sie verloren hatte. Wer hatte noch mal was und warum getan? Talin konnte ihm nicht ganz folgen und war auch nicht böse drum. Immerhin flammte ihre Neugierde für einen kurzen Augenblick wieder auf, als er sich ihr zu wandte. Sie sah ihm in die blauen Augen und erkannte dort, was sie vorhin in der Menschenmenge zu hören gemeint hatte. Nicht diese Überheblichkeit mit der er meinte, sie behandeln zu müssen – egal ob es der Wahrheit entsprach oder nicht. Oder diese 'Ich bin so ein Held, weil ich sie gerettet habe'-Nummer. Alles uninteressant und nervtötend. Aber das was er tat, während er all diesen Unsinn erzählte, war viel faszinierender. Sein ganzes Verhalten war das eines Kämpfers und stand im Gegensatz zu seiner scheinbaren Leichtigkeit in der er mit Worten seine Heldentat lobte. Talin lächelte leicht in sich hinein. Interessant, nein wirklich.
Noch einmal wollte sie an dem Mann vorbei sehen und Lucien etwas sagen, aber in dem Moment ertönte ein lauter Schuss. Es ging so schnell, dass sie erst gar nichts spürte, sondern nur den splitternden Stein hörte. Sie spürte, wie sich die kleinen Splitter in ihren nackten Arm bohrten, bevor sie ein leichtes Brennen an ihrer Hüfte fühlte. Ihr Blick ging leicht nach unten und sie sah, dass ihre Korsage von dem Streifschuss aufgerissen wurde und ein hauchdünner Blutfilm ihre Haut bedeckte. Es war eine lächerlich kleine Wunde und doch schloss Talin die Augen – nur damit sie die nicht verdrehte.

Verdammt, Lucien!“, zischte sie leise.

Sie mochte diese Korsage wirklich sehr und wer wusste schon, wann sie eine neue besorgen konnte. Noch dazu würden sie jetzt sehr schnell von hier verschwinden müssen, weil so ein Schuss niemals ungehört blieb.
Leicht verdrehte sie ihr Handgelenk im Griff des Fremden, egal, ob sie sich damit selbst weh tat – denn das tat sie – und trat leicht vor ihn, um besser mit Lucien sprechen zu können.

Dann würde ich sagen, Talin sorgt mal dafür, dass wir hier rauskommen, wie klingt denn das?“ Sie sah von Lucien zu dem anderen Mann. „Du hast recht, Bruderherz, ich will den Streuner mitnehmen, auch wenn ich kurz davor war, meine Meinung zu ändern. Aber offensichtlich schulde ich ihm noch was, also würd' ich sagen, er kommt erst mal mit uns mit. Ob er auch mit aufs Schiff kommt, da bin ich mir noch nicht so sicher.“ Sie musterte den Fremden noch einmal kurz, bevor sie sich wieder Lucien und Shanaya zu wandte. Die Stille hinter ihnen, schien ohrenbetäubend. Die Soldaten, die auf dem Brunnenplatz wohl inzwischen für Ordnung sorgen sollten, würden bald hier her kommen. Es schien fast so, als würden sie schon die ersten Schritte hören können.

Ganz großartig gemacht, Brüderchen.“, meinte sie noch einmal zu Lucien, bevor sie sich zu dem anderen umdrehte und ihn auffordern ansah. „Verschwinde oder komm mit. Deine Entscheidung.

[Nahe Brunnenplatz | In einer Seitengasse | Mit Lucien, Sylas und Shanaya]
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Sylas Whyld
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
Als er sah, wie der junge Mann ihm gegenüber die Hand mit der Pistole bewegte, spannten sich in seinem Körper sämtliche Muskeln an, während er in seinem Kopf sämtliche Möglichkeiten durchspielte, wohin die Kugel fliegen könnte. Allerdings gab es verdammt viele Möglichkeiten und letzten Endes zu wenig Zeit sie alle durchzuspielen und somit war es nicht weiter verwunderlich, dass er von dem Ausgang ziemlich überrascht wurde. Er versuchte mit den Armen seinen Kopf zu schützen und zu einem kleinen Teil mit seinem Körper auch die junge Frau neben sich, die ihm so viel Ärger eingebrockt hatte und es noch immer tat. Nachdem sich der Staub gelegt hatte funkelte er den jungen Mann mit wütendem Blick an.

„Sehr gut gemacht“, zischte er und seine Worte trieften in diesem Augenblick nur so von Sarkasmus. „Du hast gerade die Aufmerksamkeit aller im Umkreis von 500 Fuß auf uns gelenkt, deine eigene Schwester getroffen und das nur, weil du dein verdammtes Ego nicht unter Kontrolle hast.“

Leise fluchte Sylas vor sich hin und fuhr sich mit den flachen Händen über den Kopf. Konnte der Tag eigentlich noch beschissener werden?

„Du bist echt ein toller Bruder und Freund, der du da so leichtfertig alle in Gefahr bringst“
, wandte er sich direkt an Lucien und ging langsamen Schrittes auf ihn zu. „Und ich gebe dir jetzt einen ganz kostenlosen Rat – Lerne Verantwortung zu übernehmen und deinen Hitzkopf unter Kontrolle zu bekommen, ansonsten wirst du in dieser Welt nicht lange am Leben bleiben.“

Er blieb wenige Schritte vor Lucien stehen und wandte seinen Kopf zu der Talin um.

„Und du halte deine Zunge im Zaum bevor ich vergesse was mir Cor van Reeves in all den vielen Jahren beigebracht hat und dich übers Knie lege.“

Er ließ sich wirklich vieles gefallen, aber auch bei ihm war irgendwann der Punkt erreicht, an dem seine Geduld zu Ende war und sie hatte mit ihren letzten Worten diesen Punkt mehr als nur erreicht. Er hatte ihr geholfen, sie hatte ihm Ärger eingehandelt und nun besaß sie auch noch die Arroganz ihn beleidigen zu müssen. Überheblichkeit und Selbstverliebtheit war wirklich sehr dominant in dieser Familie vorhanden und der Wunsch sie für ihre spitze Zunge wirklich übers Knie zu legen, wurde mit jeder Minute größer.

„Steckt euch eure Almosen dahin, wo die Sonne nicht scheint“
, kam es dann von Sylas, welcher dabei Bruder, wie auch Schwester gleichermaßen anblickte. Ja, er wollte von dieser Insel herunter, aber gewiss nicht mit Personen, die keinerlei Respekt und Anstand besaßen, sondern einfach nur der Illusion unterlagen, dass sie besonders toll waren. Ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren, setzte sich Sylas in Bewegung, welcher sehr gut über diverse Schleichwege Bescheid wusste und somit keinerlei Probleme hatte ungesehen aus der Gefahrenzone zu kommen, aber nicht ohne dabei Lucien mit der Schulter anzurempeln. Sie würden schon noch sehen, was sie sich mit ihrem Verhalten eingebrockt hatten.
[Nahe Brunnenplatz | In einer Seitengasse | Mit Lucien, Sylas und Shanaya]
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Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
Mit zusammengekniffenen Augen folgte Skadi dem schwach beleuchteten Weg nach draußen und raffte dabei schier genervt den Saum ihres Kleides. In diesem Ding fühlte sie sich ganz und gar nicht wie ein katzengleiches Wesen, das sich sehr wohl darin verstand geräuschlos von Baum zu Baum zu hüpfen. Nein,  gerade kam sie sich mehr wie eine Riesin vor, die mit großer Mühe auf Zehenspitzen lief, um dem Fremden vor sich nicht noch eine Heidenangst einzusagen. Wieso zwängten sich Frauen freiwillig in solche Gewänder? Um schön aus zu sehen? Bei Gott, es fand sich immer ein blindes Huhn, das ein verbranntes Korn aufpickte. Dafür brauchte es kein knallbunt gefärbtes Leinenkleid mit tiefem Ausschnitt.
“Ska-Skadi?“
Augenblicklich hatte die Jägerin innegehalten. Mit gespitzten Ohren in die durchschnittene Stille gelauscht und innerlich erleichtert den warmen Timbre Liams erkannt. Hatte sie sich also nicht geirrt – zumindest auf ihr Bauchgefühl war immer noch verlass.

“Japp.“, gab die Dunkelhaarige mit einem kurzen Nicken von sich und wickelte den abgesenkten Saum ihres Kleides erneut um ihre Finger. Im starken Gegenlicht der Hauptstraße erkannte sie  kaum die erleichterten Züge auf Liams Gesicht, ebenso wenig den Weg seiner Augen, der sich einmal vom Scheitel bis zur Sohle erstreckte. Doch Skadi ahnte es – sie selbst hätte sich voller erstaunen gemustert und wäre dann in schallendes Gelächter ausgebrochen, weil sie so albern aussehen musste. Doch der Musiker schien da wie so üblich galanter und zurückhaltender mit seiner Meinung zu sein.
Nur noch wenige Armlängen trennten sie voneinander, als er erneut seine Stimme erhob und Skadi ein ungewolltes Stöhnen entlockte. Nun. Wie sollte sie diese geballte Leichtsinnigkeit in einem Wort zusammenfassen ohne die besonders „tollen“ Stellen auszulassen?
“Das wüsste ich auch gern. Aber ich formuliere es mal so… ich habe Cornelis den Arsch gerettet.“ Ja, so konnte sie es im Raum stehen lassen, ohne in einer viel zu langen und ausschweifenden Geschichte zu enden. Alles andere konnte ihm der Feuerbart selbst berichten –nachdem Skadi mit ihm fertig war, verstand sich.

Oder vorausgesetzt, sie kam noch lebend zum Schiff zurück. Denn kaum hatten sich ihre Augen an das Zwielicht der Gasse gewöhnt, durchschnitt ein Schuss die Luft wie ein Peitschenhieb und zog die musternde Blicke schlagartig von Liams Zügen. Trugen ihre Aufmerksamkeit über seine Schulter hinweg in Richtung Straße, die ebenso innehielt wie ihr Herzschlag. Für 1…2…3… Sekunden. Tiefe Schatten schoben sich schlagartig über Skadis Augenpaar – wenn daran schon wieder irgendjemand von der Sphinx beteiligt war, musste sie wirklich ihre Teilnahme an diesem Zirkus überdenken.
“Ganz sicher nicht.“, murmelte sie leise auf seine Frage hin und begann vorsichtig vereinzelte Schritte zurück zu setzen. Zog dabei den dunkelgrünen Stoff fest an ihre Beine, um nicht der Nase lang auf den staubigen Boden zu krachen, der unter ihren Füßen knirschte wie grober Sand.
“Ist… alles okay?“
Perplex wandte die Nordskov ihren Blick von den vereinzelten Menschengrüppchen am Brunnenplatz ab. Starrte zu Liam hinüber, der ebenfalls den Rückzug in die Gasse angetreten hatte und nun dicht neben ihr herlief. Mit einem sonderbar besorgten Ausdruck auf den Zügen.
“Mh… wieso?“
Sicherlich hätte sie ihm versichern können, dass es ihr blendend ging und sie einfach nur noch zurück aufs Schiff wollte. Doch es interessierte sie schlichtweg, was ihn dazu bewegte, etwas anderes zu vermuten. Waren es ihre zerkratzten Arme? Der ungewohnt langsame Gang, den sie ihrem langen Kleid zu verdanken hatte?
“Aber ja… alles halbwegs fit.“
Nur schwer zog sich ein Lächeln in ihre Mundwinkel, das kaum ihre Augen erreichte. Sie war absolut erledigt. Und wenn es nicht gerade ihr Magen war, der lautstark durch die Gasse knurrte, dann alsbald das kurzweilige Zittern ihrer Hände, das nach Energie verlangte.
“Was machst du hier eigentlich allein?“
Mit jedem weiteren Schritt die Gasse hinab, verdunkelte sich ihre Umgebung. Eröffnete erst einige Meter entfernt einen hellen Lichtschein, der dann und wann von dunklen Schatten unterbrochen wurde.
[Hier geht's zum Outfit]
[Seitengasse am Brunnenplatz | direkt neben Liam]
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Crewmitglied der Sphinx
für 0 Gold gesucht
dabei seit Feb 2016
Hätte es zu diesem Zeitpunkt noch Zweifel gegeben, wäre er zum einen durch die wohl bekannte Stimme und zum anderen durch Skadis kecke Art ausgemerzt worden. Bei der Frau, die vor ihm stand, handelte es sich wirklich um Skadi. Skadi, die bis vor kurzem noch als Kaladar auf einem Marineschiff gesegelt war und Verbrecher und Mörder auf Schach gehalten hatte. Skadi, bei der er tatsächlich nicht einmal den Gedanken daran verschwendet hatte, ob sie weibliche Kleidung während ihrer Zeit als Kaladar vermisst hatte. Aber jetzt, wo sie ihn unweigerlich in die Situation brachte, sich eben doch Gedanken zu machen, musste er sich eingestehen, dass er ihr vermutlich einen etwas wilderen Stil zugeschrieben hätte als die brave Ehefrau. Immerhin – sie war so durchdacht gewesen, diese Freiheit auf dem Fest auszuleben, um den gierigen Blicken der übrigen Mannschaft zu entgehen. Liam wusste, dass man es als Frau auf See alles andere als einfach hatte. Insgesamt hatte man es als Frau nicht einfach. Dementsprechend gut konnte er ihre Verkleidung als Kaladar auch nachvollziehen – ihren Erfolg damit konnte er hingegen nur bewundern. Viel Zeit für einen gemütlichen Plausch in einer dunklen, vertrauenserweckenden Gasse blieb ihnen allerdings nicht, obschon die Schüsse entgegen des Klischees ausnahmsweise nicht von hier sondern vom Brunnenplatz selbst zu kommen schienen. Und wenn Liam etwas in der vergangenen Zeit gelernt hatte, war es, dass man sich von Schüssen lieber entfernte, wenn man deren Ursprung nicht kannte und die gute, alte Neugier eben mal außen vor blieb. Dass Skadi ebenfalls nicht wusste, was dort vor sich ging, war auch nicht unbedingt ein gutes Zeichen. Schien, als wäre dieses Fest heute an einigen Stellen etwas aus dem Ruder gelaufen.

„Oh? Dabei hat der alte Kapitän doch immer alles im Griff.“, entgegnete er in einem Tonfall, der bei ihm offen ließ, ob es zynisch oder ernst gemeint war, während er zu Skadi aufschloss und bereitwillig den Weg in die andere Richtung – fort vom Brunnenplatz – einschlug.

Noch bevor sich weitere Fragen zu dem vermeintlichen Vorfall in seinem Kopf formen konnten, fiel ihm nun im direkten Angesicht der erschöpfte Ausdruck ihrer Züge auf. Ihre Reaktion, als er sie darauf ansprach, hätte man durchaus als verdächtig werten können, doch Liam war niemand, der sich die Mühe machte, zwischen den Zeilen zu lesen oder Dinge in Handlungen hineinzuinterpretieren, die so schlicht nicht gemeint gewesen waren. Er war ein Mann, der die Einfachheit vorzog und sich dementsprechend auch mit ihrer Versicherung, alles sei in Ordnung, zufriedengab. Entweder also er hatte sich einfach geirrt oder sie wollte nicht darüber reden – beides Optionen, die bei ihm keinen Unterschied machten.

„Du siehst aus, als hättest du geweint.“, gab er ehrlich seinen Eindruck wieder und folgte mit schnellem Schritt dem Verlauf der Gasse. „Ich meine, ganz davon abgesehen, dass deine Arme aussehen, als hättest du mit einer Straßenkatze um Futter gekämpft. Aber ich schätze, dass lässt sich auf die Cornelis-Arsch-Rette-Aktion zurückführen, hm?“

Er klang nicht danach, als wäre eine Antwort von Nöten. Viel eher war er nun dran, seinen Aufenthalt in dieser düsteren, vertrauenserweckenden Gasse zu erklären. Im ersten Moment winkte er schlicht mit einer kurzen Handbewegung ab, den Blick (nachdem er sich doch kurz wieder dabei erwischt hatte, Skadi in diesem ungewohnten Fummel zu mustern, als die Häuserwand ein wenig Licht in die Gasse gelassen hatte) nach vorne gewendet.

„Sagen wir, Ryan und ich konnten uns nicht entscheiden, ob wir erst Rotzlöffeln die Ohren lang ziehen oder Hexen verbrennen wollen. Er ist dir nicht zufällig über den Weg gelaufen? Ich hab‘ ein bisschen Sorge, dass er doch etwas Dummes tut.“

Huch, das klang doch glatt spannender, als es ihm vorgekommen war, aber das fiel ihm gar nicht auf.

„Sag mal… Hast du vor, so zurück aufs Schiff zu gehen? Nicht, dass ich was dagegen einzuwenden hätte -“ Und das Lächeln auf seinen Zügen war definitiv ehrlich. „- aber ich fürchte, das Kleid beschert dir bei den Männern der Crew ein bisschen mehr Aufmerksamkeit als dir lieb wäre.“

Liam zuckte angedeutet mit den Schultern. Er wollte es ja bloß gesagt haben.


{ Skadi | Seitengasse am Brunnenplatz}
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Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
Cornelis und alles im Griff? Skadi entwich ein sarkastischer Laut, den sie schnell unter einem halben Lachen vergrub. Wenn der Rotbart alles war, nur nicht das. Hatte er nicht sein Schiff wegen einer Meuterei verloren? Und ja, der Jägerin war durchaus bewusst, dass sich diese Entwicklung oftmals der eigenen Handhabe entzog und es tatsächlich auf die Crew im Gesamten ankam. Doch wenn sie Cornelis für etwas hielt dann würde sie es eher mit Adjektiven wie „leichtsinnig“ und „dezent größenwahnsinnig“ umreißen.
Deshalb antworte sie nur mit einem plumpen “Sicher.“ und ließ absolut keinen Zweifel daran, wie sehr sie daran glaubte. Doch statt sich weiter darüber auszutauschen, folgte sie ihm wortlos die Gasse hinab. Wirkte sogar sichtlich erstaunt darüber, als der Musiker ihre scheinbar verheulten Augen bemerkte und sie ungeniert darauf ansprach. Zwar hatte sie Liam als sehr offenherzigen und charmanten Zeitgenossen erlebt, doch solch eine pragmatische Art war ihr seit langem nicht mehr untergekommen. Schien ganz so, als hätte sie neben Lucien noch eine Menschenseele gefunden, die ähnlich simpel gestrickt war, wie sie selbst.

“Ja, nein und ja. Ich habe vorhin das beste Schauspiel meines Lebens abgeliefert und mich bühnenreif wie eine verletzte Ehefrau aufgeführt. Das hätte dir gefallen.“
Vielleicht würde er irgendwann einmal in den Genuss ihrer verbalen Ausschreitungen kommen – und hoffentlich richtete es sich nie gegen ihn selbst. Doch das bezweifelte Skadi stark.
“Ich habe geheult, geschrien… sogar zwei Wachmänner angefahren… es war herrlich. Bis zu dem Moment, wo ich verschwinden musste und Bekanntschaft mit ein paar Dornsträuchern, rauen Hauswänden und rutschigen Dachziegeln gemacht habe.“
Mehr gab es dazu leider nicht mehr zu sagen. Es erklärte präzise ihre Schnittwunden – den Rest überließ sie seiner blühenden Fantasie. Und ja – ihr war der erneute Blick aufgefallen, den er ihr schenkte. Ihr Aufzug musste wirklich verstörend sein. Sie musste diesen Fummel schleunigst wieder loswerden.

“Also auf den Dächern habe ich ihn nicht gesehen.“ Und generell war sie Ryan seit ihrer Zeit auf der Sphinx nicht oft über den Weg gelaufen. Er schien auch nicht der „gesprächigste“ Zeitgenosse zu sein. Aber sein Bogen hatte bereits einige Male ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Zu gern wäre sie mit diesem wunderschön geformten Stück Holz durch die Wildnis gejagt. Vielleicht fand sie in ihm einen guten Trainingspartner, von dem sie sich noch einiges abschauen konnte.

Allmählich erreichten sie das lichte Ende der Gasse, das Skadi für einen Moment die Augen zusammen kneifen ließ. Zu sehr hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Doch Liams Frage ließ sie just stehen bleiben, kaum dass sie den Ausgang erreicht hatten und sich der staubige verdreckte Boden in breite Kopfsteinpflaster wandelte. Machte er sich gerade Sorgen darum, dass jemand ihren Aufzug als Einladung verstand?
Aufmerksam musterte sie seine Züge, versuchte darin die Ehrlichkeit seine Frage abzuschätzen und schmunzelte.
“Meine andere Alternative wäre komplett nackt zu gehen. Ich glaube, da stünden meine Chancen noch schlechter.“
Mit einem kleinen Ausfallschritt trat sie näher zu ihm heran, streckte sich wenige Millimeter hinauf und sah ihm mit unendlicher Zuversicht entgegen.

“Ganz davon abgesehen weiß ich mich zu verteidigen. Und bei dem einen oder anderen würde ich vielleicht nicht unbedingt nein sagen.“
Ein Grinsen huschte über ihre Lippen, begleitet von einem kurzen Zwinkern und Auflachen, als sie ihm in die Seite knuffte und aus der Gasse heraus lief.

“Aber ich weiß deinen Einwand sehr zu schätzen.“
[Am Ende der Gasse - auf dem Weg zur Hauptstraße | direkt neben Liam]
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Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Feb 2016
Er war definitiv niemand, der viele schlechte Worte über andere verlor. Liam war ziemlich umgänglich, wenn man so wollte, doch auch er suchte sich seine Gesellschaft aus. Es war kein Geheimnis, dass man mit manchen mehr und mit manchen weniger zurecht kam und der Lockenkopf wusste durchaus von seiner freien, ehrlichen Art, mit der er bei dem ein oder anderen durchaus aneckte. Cornelis war einer davon, der mit seinem Humor offenbar nicht ganz so gut konnte, denn bei Liam hieß es nicht nur, dass man über andere lachen können musste, sondern auch mal über sich selbst. Er ging nicht so weit, zu sagen, dass er mit dem Rotbart überhaupt nicht konnte. Arbeiten ließ sich mit ihm ja sogar sehr effektiv, aber er bevorzugte nebst der Effektivität dann doch eher den Spaß bei der Sache. So war er eben und brauchte dadurch nicht selten ein bisschen länger für die aufgetragenen Aufgaben. Abermals ein Umstand, der dem Rotbart vermutlich nicht ganz so passte (und das war jetzt wirklich nur Vermutung). Auf der anderen Seite gab es aber auch Charakterzüge, mit denen der sonst so offene und tolerante Freigeist nicht konnte. Befehlstöne und offene Hochnäsigkeit gehörten dazu. Dem Rangdenken der Marine beispielsweise würde er niemals etwas abgewinnen können. Ein Grund mehr, weshalb er mit Enrique nicht warm wurde. Und auch bei Cornelis war er sich noch nicht ganz sicher, wie viel er auf seinen ehemaligen Captain-Stand gab. Skadi und er jedenfalls schienen bislang einen ähnlichen Eindruck vom Rotbart bekommen zu haben, ohne sich groß darüber austauschen zu müssen. Musste also irgendetwas dran sein, oder?

Als sie auf die Erklärung ihres momentanen Zustands zu sprechen kam, konnte sich Liam dank seiner bildhaften Fantasie die ganze Szenerie durchaus gut vorstellen. Er lachte bei dem Gedanken, besonders als die hysterische Skadi zwei Schränke von Wachmann anfuhr, die sich nicht trauten, der Dame irgendetwas zu entgegnen. Er konnte sich die Brünette durchaus gut in solch einer Rolle vorstellen, die sie voller Hingabe und Spaß verkörperte und ohne Rücksicht auf Verluste durchzog. Immerhin – sie hatte sich die vergangenen Jahre ja auch in eine Rolle begeben müssen, die ihr vermutlich weitaus weniger gefallen hatte. Vielleicht sollte Aspen mal bei ihr in die Schule gehen, bevor sie abermals versuchten, sich unbemerkt auf ein Marineschiff zu schleichen. Vielleicht würden sie dann einen neuen Rekord aufstellen können, der mehr als ‚5 Minuten unbemerkt‘ umfasste.

„Jetzt verstehe ich!“, lachte er und hatte die unbekannten Schüsse in ihrem Rücken fast schon wieder vergessen. „Das klingt tatsächlich so, als hätte ich meinen Spaß gehabt, ja.“ Noch immer lachend bei der Vorstellung schweiften seine Gedanken zurück zu Ryan, dem er durchaus auch dumme Dinge zutraute in seinem gekränkten Stolz, als Dieb beklaut zu werden. „Weißt du, lustiger Weise hatten Ryan und ich eine ähnliche Situation. Er ist wohl die Tage von einer Diebin beklaut worden, die uns zufällig in die Arme gelaufen ist. Um sie aus der Aufmerksamkeit zu bekommen, wollten wir sie möglichst unbemerkt vom Brunnenplatz schaffen, ohne dass sie eben diese -“ Er deutete auf Skadi und meinte damit die Rolle der ‚hysterischen Frau‘. „- Nummer abziehen und die Wachmänner aufmerksam machen konnte. Einer zuvor als Geisteskranken titulierten glaubt nämlich nicht mal mehr ein Wachmann.“

Eigentlich hatte er sich auf das kleine Schauspiel wirklich gefreut. Allzu weit waren sie aber ja leider nicht gekommen.

„Sehr weit kamen wir allerdings nicht. Ryan ist ihr hinterher und seitdem verschwunden. Schade eigentlich.“

Als sie das Ende der Gasse erreicht hatten, blickte er die kreuzende Straße in beide Richtungen hinab, um sich eine Orientierung zu verschaffen. Auch hier hatten noch einzelne Läden kleine Stände auf der staubigen Straße aufgebaut, um von den vielen Besuchern des Festes zu profitieren. Dass Skadi stehengeblieben war, bemerkte er erst einen Herzschlag später. Er hatte nicht groß darüber nachgedacht, wie oder ob sie überhaupt auf seine Frage reagieren würde. Ihre provokante, direkte Antwort jedenfalls zauberte ihm wieder ein amüsiertes Schmunzeln auf die Züge und - hey, er war eben doch ein Mann; einer mit einer gewaltigen Vorstellungskraft außerdem; er kam nicht umhin, sich das ganze zumindest einen kurzen Augenblick vor Augen zu halten.

„Oder die meisten wären vorher ausgeblutet.“, sprach er das Bild, welches sich in seinem Kopf bildete, frei heraus.

Wegen Bluthochdruck und Nasenbluten nämlich. Na, aber immerhin konnten sie sich bei der Sphinx nicht darüber beschweren, dass die meisten Seemänner alt und widerlich waren. Ihr Altersdurchschnitt war erstaunlich niedrig, aber vielleicht hielt es ihn auch deshalb so lange an Board. Weil sie eben nicht engstirnig, gierig und blutrünstig waren. Als die Jüngere auf ihn zutrat, war er allerdings recht schnell wieder im Hier und Jetzt. Er erwiderte ihren Blick mit einem amüsiert zuckenden Mundwinkel. Und im Gegensatz zu (fast) jedem anderen Mann in seiner Situation blieben seine Augen fest auf die dunkelbraunen Seelenspiegel seiner Gegenüber gerichtet.

Es gab Männer, die das Ganze nun als Wink mit dem Zaunpfahl verstanden hätten. Und dann gab es Liam, der der Manieren wegen nicht auf die Idee kam, eine Frau zu bedrängen, wenn sie vorher nicht offensichtlich(er)es Interesse gezeigt hatte. Aber gegen harmlose Neckereien hatte er definitiv nichts einzuwenden – ganz gleich, wie weit sie gingen.

„Du vergisst, dass ich durchaus weiß, dass du dich selbst verteidigen kannst.“, gab er mit leiser Stimme und einem herausfordernden Unterton zurück, während sich seine Augenbrauen kurz nach oben schoben.

Skadi löste die Situation und Liam erwischte sich dennoch dabei, kurz schlucken zu müssen. Ja, sie hatte Feuer und das, obwohl sie sich die letzten Jahre hatte verbergen müssen. Oder gerade, weil sie sich hatte verbergen müssen? Er wischte sich kurz die Locken aus der Stirn, ehe er zu ihr aufschloss.

„Mit durchaus unfairen Mitteln übrigens.“, erinnerte er sie selbstzufrieden, ohne sie anzusehen. „Rechts sollten wir ganz aus den Festlichkeiten herauskommen. Vielleicht finden wir ja noch etwas zu beißen, bevor es wieder auf See geht.“


{ Skadi | Parallelstraße zum Brunnenplatz}
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Crewmitglied der Sphinx
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Ihre Wandlungsfähigkeit war nicht immer so ausgeprägt wie heute. Als Kind hatte Skadi wesentlich mehr angeeckt und sich mit ihrer recht schroffen, anerzogenen Art in mehr Raufereien verwickelt, als es sich für ein Mädchen unter Umständen „schickte“. Doch das älteste Kind ihres Vaters zu sein hatte nun einmal zu Folge, sich unter den anderen Clanskindern behaupten zu müssen. Immerhin sollte sie eines Tages der Stammhalter werden und an seiner Stelle die Insel mit all ihren Bewohnern in  eine sichere Zukunft geleiten.
Neben körperlicher Widerstandsfähigkeit und dem nötigen Biss, den sie von Geburt an mitbrachte, brauchte es noch eine viel wichtigere Zutat, ohne die sie nie würde bestehen können: sich in alles und jeden verwandeln zu können. Nicht etwa rein optisch – vielmehr wurde sie darauf trainiert sich ihrem Gegenüber anzupassen. Unbemerkt ein Teil seiner Welt zu werden und dadurch die eigene Position in einer Verhandlung zu stärken. Ihr Vater war ein Meister darin gewesen. Ganz gleich wie breit sein Lächeln und wohlwollend seine Worte gewählt waren, musste man stets damit rechnen, dass er einem unbemerkt alles Geld aus der Tasche zog. Und in den streng gehüteten Fällen sogar ohne eine Vorwarnung erdolchte. Denn so liebevoll der hochgewachsene Bär sein konnte – so brutal war er auch.

Ein Schmunzeln stob in Skadis Mundwinkel, je heftiger Liam in Gelächter verfiel. Wenn ihm bereits die Vorstellung reichte, um derart amüsiert zu sein, blieb ganz sicher kein Zweifel mehr daran, dass er Beifall geklatscht hätte. Ob Skadi allerdings stolz darauf war wie eine Furie keifen zu können? Nun… in gewisser Weise bedeutete es, dass sie ihre Fähigkeit zur sozialen Tarnung nicht verloren hatte. Und ja, das machte sie stolz. Denn nach all den Jahren auf dem Marineschiff fühlte sie sich in so vielen alten Mustern unsicher und war beruhigt zu wissen, ihr altes Ich nicht zur Gänze verloren zu haben.
“Beklaut?“ Skeptisch zogen sich die geschwungenen Augenbrauen nach oben, als Liam mit seiner Erzählung fortfuhr und Skadis gesamte Aufmerksamkeit beanspruchte. Es war kaum zu glauben, dass der „Herr der Diebe“ bestohlen worden war. Da meldete sich wohl das Karma, oder etwa nicht?
“Bleibt zu hoffen, dass sie ihn nicht blind in eine Falle gelockt hat.“
Mochte der Unterton in ihrer Stimme noch dezent amüsiert klingen, galt dies nicht für den grübelnden Ausdruck auf ihrem Gesicht. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich eine Diebin dieser Strategie bemächtigte, um einen Herren der Schöpfung in die Irre zu führen. Meist wartete am anderen Ende des Weges eine Scharr von Männern, die einen fesselten und knebelten. Mit viel Glück landete man arm, aber immerhin lebendig wieder auf der Straße.
“Aber so wie ich ihn einschätze, käme er mit einem blauen Auge davon.“
Zumindest hoffe sie es.

Ausbluten? Skadi blinzelte verwirrt. Begriff erst einige Atemzüge später die eigentliche Bedeutung seiner Worte und ließ ihre Augenbrauen mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck gen Haaransatz tanzen. Wenn sich Liams Komplimente stets so verblümt verpackten, hörte sie ihm in der nächsten Zeit lieber öfter und intensiver zu. Nicht, dass ihr noch eine besonders schmackhafte Einladung entging. Wobei sie zugeben musste, dass es auf einem Schiff voller Männer womöglich egal war, wie man aussah. Ein Beutel über dem Kopf konnte alles richten. Und solange kein Strick mit ein paar Glocken zwischen den Beinen baumelte und oben herum alles halbwegs aufrecht saß – mein Gott… da gab es bei weitem Schlimmeres!
„Du vergisst, dass ich durchaus weiß, dass du dich selbst verteidigen kannst.“
Ihre Miene wurde schlagartig ein Stück schelmischer. Passte sich der Körperhaltung ihres Gegenübers an, der nur noch wenige Zentimeter vor ihr stand. Sie hätte lediglich ihren Zeigefinger ausstrecken müssen, um ihn an der Brust zu berühren. Doch stattdessen musterte sie ihn wortlos. Zählte die Atemzüge und konzentrierte sich voll und ganz auf die braungebrannte Miene, die ihr so viel mehr mitteilte, als seine Worte es taten.
Doch seine Aussage ließ sie unkommentiert, als sie sich abwandte. Zuckte nur mit den Schultern, als er sie darauf hinwies, dass ihre Wahl der Selbstverteidigung alles andere als „fair“ gewesen war und bog dann wie vorgeschlagen nach rechts ab. Entfernte sich von dem Trubel, der hinter ihren Rücken allmählich an Fahrt aufnahm und hoffentlich am Brunnen festgezurrt blieb.

“Das wäre mir das Liebste. Ansonsten musst du leider als Hauptgericht herhalten mein Lieber.“

Im gemütlichen Spaziergang schlenderte Skadi an den verbliebenen Ständen des Festes vorbei. Beäugte mit gestrecktem Hals die ausgelegten Waren und wurde besonders aufmerksam, wenn etwas verdächtig nach einem Spieß aussah. Sie brauchte Fleisch und davon reichlich!
Doch die kläglichen Reste, die sich hier und da auftaten, waren allemal etwas für den hohlen Zahn. Sichtlich unzufrieden wandte sich die Dunkelhaarige herum und seufzte. Zählte in Gedanken die letzten Münzen in ihrem Lederbeutel, der gut versteckt unter ihrem Kleid an den Überresten ihrer Leinenhose befestig war.

“Weißt du ob es hier in der Nähe ein Wirtshaus gibt, das einem nicht gleich das letzte Hemd vom Körper reißt?“

[Parallelstraße zum Brunnenplatz | direkt neben Liam]
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Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Feb 2016
Beklaut. Liam bezweifelte, dass die Hexe wirklich viel erwischt hatte, denn auch, wenn Ryan in jenem Moment wohl etwas unachtsam gewesen war, war das im Normalfall kein Charakterzug von ihm. Ein paar Achter vielleicht, aber genug, um seinen diebischen Stolz anzukratzen. Wäre sie ihnen nicht abermals in die Arme gelaufen, hätte sich das Ganze vermutlich im Sande verlaufen und er wäre niemals in die Lage geraten, dass irgendjemand davon erfuhr, dass er beklaut worden war – und dann eben auch noch von einer Frau, was die Sache für den selbsternannten Meisterdieb noch schlimmer gestaltete! Die Sorgen der jungen Frau teilte der Lockenschopf in diesem Moment allerdings nicht. Ryan war vielleicht ein Missgeschick passiert, aber er war nicht einfältig genug, zwei Mal auf die gleiche Frau hereinzufallen. Statt auf die mögliche Finte aufmerksam zu werden, die Skadi ansprach, bezweckte sie mit ihrer Vermutung lediglich ein etwas breiteres Schmunzeln auf seinen Zügen. Einen kurzen Augenblick musste er ein Auflachen unterdrücken. Auch, wenn (oder: gerade weil) Ryan gerade nicht hier war, fühlte es sich nicht richtig an, über sein Schicksal zu lachen. Aber wäre er hier gewesen – er hätte sich selbst bestimmt kein kurzes, angedeutetes Grinsen verkneifen können bei Skadis Wortwahl, die vermutlich ihrer Unkenntnis geschuldet war. Als sie abermals einen unbeabsichtigten Augen-Witz auf Ryans Kosten machte, gluckste er kurz, räusperte sich kurz darauf und fand zu seiner Haltung zurück.<

Ein blaues Auge trifft es gut. Irgendwo treiben wir bestimmt noch eine zweite Augenklappe für ihn auf, bis es verheilt ist, damit er sich die peinlichen Fragen sparen kann.“ Damit schloss er das Thema, selbst wenn er Skadi dadurch womöglich im Unwissenden hielt.

Das nachfolgende Thema war ohnehin weitaus ergiebiger als Ryan und seine Hexenjagd. Die Verwirrung seines Gegenübers entging dem Lockenkopf, denn er war in just diesem Moment mit ganz anderen Gedanken beschäftigt. Und als sie an ihn herangetreten war und sich damit wieder gänzlich seine Aufmerksamkeit verschaffte, war der fragende Zug längst wieder aus ihrer Miene verschwunden. Skadi jedenfalls schien zufrieden mit seiner Antwort und nicht nur das – auch mit ihrer damaligen Wahl der (unfairen!) Mittel, wie es schien. Jedenfalls deutete er so das aufkommende Schweigen. Kein Schweigen, weil sie nicht wusste, was sie entgegnen wollte. Ein Schweigen, welches genau das war, was sie entgegnen wollte. Liams Augen verengten sich prüfend, abwartend, während er sie musterte. Vielleicht kitzelte er mit seiner lieb gemeinten Stichelei ja doch noch eine Reaktion aus ihr heraus? Doch die Jägerin tat das, was er im Normalfall von Sineca kannte – sie ließ ihn in der Luft hängen und wandte sich durchaus zufrieden mit dem Ausgang dieser Situation von ihm ab und in die vorgeschlagene Richtung. Während sie sich vielleicht als Gewinnerin sah, sah sich Liam ganz gewiss nicht als Verlierer.

„Mein Glück also, dass es hier nur so vor Essensständen wimmelt.“

Wie es schien, lagen die allerdings hauptsächlich in der anderen Richtung. Skadi schien nach einigen Metern die gleiche Erkenntnis zu packen, doch im Gegensatz zu Liam gab sie sich mit dem mageren Angebot offenbar nicht zufrieden. Als sie sich umdrehte, wandte er den Blick von den Ständen um sie herum ab und sah sie an.

„Vermutlich ein bisschen weiter weg vom Zentrum.“, mutmaßte er als ernste Antwort auf ihre Frage und deutete mit dem Kinn weiter die Straße hinab.

Die Idee, einen weiteren Kommentar bezüglich ‚Kleider vom Leib reißen‘ zu tätigen, kam ihm trotz der naheliegenden Möglichkeit nicht. Außerdem war Liam einfach nicht der Typ dazu, großzügig seine Hilfe dabei anzubieten. Diese Großspurigkeit stand ihm einfach nicht und war ihm zu plump und zu vulgär, als dass er ihr etwas abgewinnen konnte. Das war wohl eher Luciens Strategie.

„Hoffe ich jedenfalls für mich. Ist dir das lieber? Genug von Fressständen die letzten Tage?“

Er konnte mit allem leben, solange es essbar war. Den Erlös vom Vortag trug er auch noch mit sich herum. Auch, wenn es kein Vermögen war, würde damit zumindest über die Runden kommen. Und wenn nicht würde es ihm wohl frühstens auffallen, wenn es ums Bezahlen ging.


{ Skadi | Parallelstraße zum Brunnenplatz}
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Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
Wieso  Liam schlagartig für einen Moment so klang wie ein vorpubertärer Bub, der gerade das Wort „Penis“ zum ersten Mal laut ausgesprochen hatte, war der Nordskov unbegreiflich. Womöglich hatte sie sich in einer Formulierung vertan, die ihn an etwas Lustiges erinnerte. Oder er stellte sich den Kampf erprobten Ryan als hüpfende Knetfigur vor, die sich mit Händen und Füßen gegen seine Angreifer zu Wehr setzte. Doch die Wahrheit war so banal, dass Skadi beinahe rot angelaufen wäre – nicht etwa aus Scham, sondern weil sie für eine Sekunde lang wütend auf sich war. Hatte sie den Fremden tatsächlich so selten in Augenschein genommen, dass ihr sein markantestes Merkmal entgangen war?
Auf Liams Worte reagierte die Dunkelhaarige nur mit einem kurzen Zusammenkneifen der Augen und Lippen, schnaubte geräuschvoll, was nicht eindeutig als amüsiert oder genervt zu identifizieren war und folgte dem Pfad aus der Gasse hinaus. DAS war unangenehm!

Viel lieber ging sie nun dazu über die verbliebenen Stände nach etwas Essbarem abzusuchen, schmunzelte angesichts der Worte, die über ihre Schultern an ihre Ohren schwappten und schenkte dem Musiker einen kurzen Seitenblick. Spielte mit den geschwungenen Brauen, als morste sie ihm geheime Codes zu. Wenn sie wollte, würde sie ihm schon sehr deutlich machen, dass es keine essbare Hauptspeise für sie brauchte. Doch so angenehm diese kleinen Neckereien auch waren, verblieben die umtriebigen Gedanken viel zu kurz in ihrem Brustkorb, als dass sie den Fremden am Handgelenk gepackt und wieder zurück in die Gasse gezerrt hätte. Irgendwann einmal vielleicht, wenn sie sich länger kannten oder Skadi nach langer Durststrecke sogar einen Baum besteigen würde. Doch jetzt hatte sie Hunger – verdammt großen Hunger sogar.
Schwer seufzend musste sie allerdings erkennen, dass das Angebot eher spärlich war. Nichts, womit sie auf Dauer glücklich werden konnte. Lange musterte sie den Dunkelhaarigen, ließ den Blick über sein Gesicht, seine Locken und Ohrenspitzen wandern. Verzog für einen kurzen Augenblick die Lippen zur Seite und atmete schwer aus. Auf der einen Seite bekam sie in einem Wirtshaus etwas Gutes zu essen, bevor sie wieder Monate lang auf dem Schiff unterwegs sein und sich von den kleinsten Rationen ernähren musste. Auf der anderen Seite allerdings lagerte das meiste Geld nicht in ihrem Beutel, sondern in Enriques. Und der war mit den Keksen, die er heute Morgen erstanden hatte, überall in der Stadt – nur nicht hier!

“Mh… ich befürchte nur, dass es mich nicht wirklich satt machen wird. “

Zwiegespalten huschten die braunen Augenpaare auf den Stand neben sich, dessen Calamari Spieße zwar köstlich aussahen, doch keinen Appetit in ihr verursachten. Es brauchte gefühlte Stunden, bis sich Skadi von dem Anblick losreißen konnte und an Liam vorbei auf die andere Seite der Straße schlenderte. Mit erhobenen Zeige- und Mittelfinger bedeutete sie dem Verkäufer, dass sie zwei der gefüllten Brote nahm und raffte den Saum ihres Kleides hoch.
Klimpernd kam nach etlichen Zentimetern – das Kleid hing bereits auf der einen Seite nur noch knapp unterhalb des Schritts – der lederne Beutel zum Vorschein, den sie mit einem geschickten Handgriff von ihrem Oberschenkel löste und kurz darauf dem Herren am anderen Ende seine Münzen in die Hand drückte.

“Auch einen?“

Mit erhobener Hand hielt sie Liam das zweite gefüllte Brot mit Fleisch und Gemüse entgegen, balancierte es so gut sie konnte, damit die Hälfte nicht bereits auf den gepflasterten Boden plumpste.

“DAS hat uns jetzt definitiv nicht das letzte Hemd gekostet.“, fügte sie mit einem schelmischen Schmunzeln hinzu und fischte sich mit den Lippen ein überstehendes Stück Gurke aus dem Brot.

[Parallelstraße zum Brunnenplatz | direkt neben Liam]
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