Das Team der Inselwelten heißt euch herzlich Willkommen und steht euch bei allen Problemen mit Rat und Tat zur Seite. Bei den Piratenoberhäuptern findet ihr eine helfende Hand für eure Fragen.
Die Zahl in Klammern gibt an, wie viele Tage der Charakter bereits an der Reihe ist (ab 7 Tagen). Ist die Zahl hellgrau unterlegt, ist das Mitglied aktuell abgemeldet. Aktuell: 10.11.
Elian Montrose ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 22 Streifzügen in 15 Tavernen.
Habseligkeiten
Jacke & Hose (dunkel), Hemd (hell), Stiefel. Medizinische Ausrüstung in einer Umhängetasche, versteckter Dolch (Mordwaffe an seinem Vater), Tagebuch, Bleistifte und Bündel alter Briefe, Geigenkasten.
Körperliche Verfassung
Platzwunde am Kopf. Gilt als bewusstlos.
12. Februar 1819, früher Abend
Taranis Ives ("Rhys du Coeur") & Elian Montrose
They say don't trust
You, me, we, us
So we'll walk
We must
'Cause of you, me
And it's all about
It's all about us
„Du solltest die anderen sehen.“
Tanis war sich ein wenig unsicher, wie Rhys du Coeur in dieser Situation aussehen würde, also ließ er ihn für den Moment fallen, wie er ihn so oft fallen ließ, wenn er in der Nähe von Elian war. Er grinste und wusste, dass es seine Augen nicht erreichte. Wenn man bedachte, dass er möglicherweise sein Leben lang eine Narbe über dem Auge haben würde, konnte man das ihm wohl verzeihen. Und er konnte sich bereits vorstellen, dass Elian das wohl nicht wertschätzen würde. Die Situation oder irgendetwas anderes daran. Dabei war er auf gewisse Art Schuld an der ganzen Sache.
„Wir wollen nachher in die Silberne Muschel, du Coeur.“
Es war nicht einmal eine Frage, aber Tanis schüttelte nur den Kopf und streckte die Beine von sich, die Nase in dem Buch vergraben, über das er später mit Elian sprechen wollte. „Ich treffe mich später mit Montrose.“
„Bring ihn mit.“
Er schnaubte und lachte dann, kurz und hart. „HA! Sicherlich nicht.“
Richard und Stephen warfen sich Blicke zu.
„Ich bin mir sehr sicher, dass ich kein Interesse daran habe, was ihr zu sagen habt.“
„Einer muss es mal sagen.“ Richard beugte sich vor und legte ihm beide Hände auf die Schultern. „Du verbringst zu viel Zeit mit dem Arzt.“
„Man kann nicht genug Zeit mit guter Gesellschaft verbringen.“
„Dann bring ihn endlich mal mit! Dann können wir uns endlich davon überzeugen, dass ihr nicht irgendwelche Doktorspielchen spielt, hm?“
„…..bitte was?“
„Du weißt doch was man über Doktoren sagt, hm? Stecken ihre Finger überall dorthin, wo sie nicht hingehören. Und dein kleiner Montrose macht es nicht besser mit all seinen weibischen Spielereien.“
„Ich denke, ich habe nicht ganz verstanden, was du meinst.“
„Ich meine, dass der kleine Arzt dir am Ende sagt, dass du dich vorbeugen sollst und –„
Wirklich. Wenn er die Faust in seinem Gesicht nicht erwartet hatte, war sein Kopf nicht mehr ganz in Ordnung. Tanis schüttelte die Hand aus und grinste die beiden an. „Ich denke, die Damen werden nachher nicht viel Spaß an euch haben.“
„Sie hatten es verdient.“, setzte er hinzu. Sein Gesicht war geschwollen, er hatte Schnitte und Prellungen an seinen Armen und Fäusten. Es wäre vermutlich besser gewesen, einfach abzusagen, aber…das konnte er nicht. Er hatte sich darauf gefreut, Elian heute zu sehen und er hatte seinen Zorn weglaufen wollen und dann hatte er plötzlich hier gestanden.
„Wenn man den Status deiner Fingerknöchel bedenkt, sollte ich das vielleicht wirklich.“ Elian gab sich große Mühe, tadelnd zu klingen, aber die Sorge verdrängte jeden Hauch von gespieltem Ärger. Er tränkte einen Baumwolllappen mit klarem Schnaps und fasste Rhys‘ Kinn zwischen seinen Fingern.
Was ist nur in dich gefahren? Er stellte die Frage nicht laut. Musste er nicht. Es war ja nichts Neues, dass Rhys von den anderen manchmal gegängelt wurde. Selbst der beherrschteste, zivilisierteste Soldat wurde irgendwann ausfallend. Außerdem hatten mit Sicherheit die anderen angefangen, und Rhys versuchte jetzt nur, Gesicht zu wahren, indem er sich nicht als Opfer hinstellte. Wenn ich die erwische, werden sie sich wünschen, dass ich sie nur vors Disziplinargericht schleife… Na gut, vermutlich würde er sich um ihre Verletzungen kümmern, weil es seine Pflicht war. Aber er würde dabei alles andere als sanft vorgehen. Sonst lernten sie ja nichts von der Erfahrung! Hoffentlich hast du ein paar gute Treffer gelandet. Hart genug scheinst du ja zugeschlagen zu haben…
Er war so vorsichtig wie möglich, während er die Verletzungen seines Freundes behandelte.
„Und ich zweifle gar nicht daran, dass sie es verdient hatten…“
Er seufzte, tastete mit dem Finger über die Gesichtsknochen und blendete die Schmerzlaute so gut er konnte aus. Es tat ihm trotzdem fast körperlich weh, aber es musste sein.
„Nicht gebrochen, du hast mehr Glück als Verstand. Ich näh‘ die tieferen Schnitte, und dann müssen wir für Kühlung sorgen, sonst bist du in ein paar Stunden faktisch blind. Und ich schreibe dir einen Brief für das Lazarett. Du kannst morgen unmöglich Dienst tun.“
Er strich Rhys‘ die dunklen Locken aus der Stirn, seufzte. „Große Göttin… ich verspreche ich bin vorsichtig, aber wenn das keine Narbe gäbe, wäre es ein Wunder. Mit was haben sie dich geschlagen, einer Flasche?!“
„Ich fürchte, sie lassen sich ihre Wunden lieber von hübschen Mädchen besser küssen.“
Eher von Hafendamen auslecken, aber wofür gab es Worte für die Elianversion, wenn man sie dann nicht auch verwendete? Wobei sich Tanis nicht vorstellen konnte, dass eines der Mädchen oder eine der Frauen so sanfte Hände wie der Arzt hatte.
Aber auch die sanftesten Finger konnten nicht verhindern, dass geprellte Knochen und Schnitte weh taten, wenn sie untersucht wurden.
Rhys wimmerte mehr, als Tanis es sich selbst je gestattet hätte. Schwäche zeigen, das war an und für sich nie eine gute Idee. Aber auf der anderen Seite hatte er gerade sehr viele Ideen, die nicht allzu gut waren. Wenn wir auf See wären könnte ich dir zeigen, was du mit diesen Fingern wirklich alles anstellen kannst...
Der Gedanke wurde fortgewischt. Aber er war immer noch in Greifweite, lockend, bösartig. Sündhaft. Es war nicht gut, dass Tanis überhaupt an Land über so etwas nachdachte. Er konnte sich nicht einmal einreden, dass es nur die Schuld der beiden Offiziersanwärter gewesen wäre. Diese Gedanken kamen öfter, in unterschiedlicher Colour und er konnte sich selbst nicht gut belügen, um alle Träume zu vergessen, die ihn schweißgebadet und mit pochendem Herzen aufwachen ließen.
„Vielleicht ist eine Narbe ganz gut. Damit wirke ich gefährlich.“
Vielleicht konnte Elian es dann lesen, wenn es ihm nahezu auf der Stirn stand. Gefahr. Schlecht. Lauf. Oder du könntest es ihn endlich einfach sehen lassen.
Zumindest ein wenig. Nicht genug, um die Violin- und Zeichenstunden zu verlieren, aber vielleicht ausreichend, damit der Mediziner ihm nicht mehr so sanft die Haare aus dem Gesicht strich.
„…..vielleicht sollten wir ein wenig….vielleicht sollten wir einmal etwas anderes tun.“ Deine Gedanken und Perversitäten sind dein eigenes Problem, Ives. Schleppen wir nicht den Schund aus dem Hurenkopf zu unserem platonischen Studenten des menschlichen Körpers.
Das war leichter gesagt als getan. Man bekam einen Jungen durchaus aus dem Hurenhaus, aber das Hurenhaus nicht aus dem Jungen. Vor allem nicht aus jemandem, der so verdorben war wie er selbst und dann...dann…
Tanis schluckte. Wenn Elian nicht so durch und durch gut und rein gewesen wäre, dass er ihn manchmal nahezu mit Andacht ansah...vielleicht hätte er dann nachgegeben. Es wurde so oder so mit jedem Tag schwerer.
Elian konnte sich nur mit großer Mühe ein Lachen verkneifen. „Gefährlich?!“ Er räusperte sich, wollte schließlich die Gefühle des anderen nicht verletzen.
„Ich zittere jetzt schon in den Stiefeln, Lieutenant,“ fügte er deutlich ernster an, aber das schalkhafte Funkeln verließ seine Augen dann doch nicht ganz. Ich wünschte es wäre so einfach, aber falls sie dich mit einem Schlitz im Gesicht endlich in Ruhe lassen, soll’s mir recht sein, schätze ich…
Er wollte es sich ungern eingestehen, aber während die Vorstellung eines gefährlichen Rhys ihn eher belustigte, machten der Anblick vom Blut seines besten Freundes und der Klang seines Wimmerns ihn eher nervös. Unprofessionell, Montrose. Reiß‘ dich gefälligst zusammen, um seinetwillen!
Dieser Gedanke ernüchterte ihn schlagartig. „Hoffen wir mal, dass meine Hand dennoch ruhig bleibt.“
Er arbeitete konzentriert, langsam – auch wenn es so leider länger dauerte, das hier war Rhys‘ Gesicht und er wollte es auf keinen Fall noch schlimmer verunstalten als es diese Grobiane bereits getan hatten. Vor jedem Stich atmete er aus, und hielt dann die Luft an, seine Zungenspitze ragte dabei leicht zwischen seinen Lippen hervor und über seiner Nase bildete sich eine kleine, schmale Falte. Erst wenn er den Faden durchzog und verknotete, atmete er wieder normal. Es war ein netter kleiner Trick, der zum Glück wirkte.
Erst nachdem er den letzten Knoten gesetzt und den letzten Faden abgeschnitten hatte, wagte er es wieder, zu sprechen.
„Etwas anderes als den Nachmittag mit medizinischen Arbeiten außer der Reihe zu verbringen, oder etwas anderes als literarische Gespräche? Wir müssen das Buch nicht besprechen. Sag einfach, falls es dir nicht gefallen hat – wir müssen ja nicht in allem einer Meinung sein.“
Wobei es ihn schon hart treffen würde, wenn das der Fall wäre. Er persönlich hatte Die drei Musketiere von Alejandro du Masti regelrecht verschlungen. Vielleicht ein wenig vorhersehbar, und die Figuren etwas überzogen… aber das hatte erst den Spass ausgemacht!
Rhys seufzte leise und deutete ein Drehen der Augen an. Dass Elian nicht der Ansicht war, dass er gefährlich war, war nichts neues, auch wenn dieser Punkt Tanis manchmal verwirrte. Rhys du Cour war ein Offiziersanwärter und keiner, der sich schlecht anstellte. Es hatte nie in seinem Repertoire gelegen, ihn HARMLOS zu machen, aber offenkundig waren sie an diesem Punkt angekommen und wenn er ehrlich mit sich selbst war, hatte er nie sonderlich stark versucht, diesem Eindruck entgegen zu wirken. Er mochte es, dass Elian sich als der Stärkere von Ihnen vorkam. Nun, stärker war er vermutlich tatsächlich. Allerdings war es NIEDLICH, wie er manchmal Rhys zu Unsinn anstiftete und sich dabei vermutlich selbst als den bösen Jungen sah, der den guten Offizier zu Schabernack verführte.
„Ich fürchte, du wirst niemals vor irgendetwas Angst haben.“ Nein. Elian Montrose hatte noch nicht genug Schlechtigkeiten in seinem Leben erlebt, um Angst vor etwas zu haben. „Wenn du irgendwann auf Piraten triffst, wird das ein Problem werden.“
Er hatte nicht erwartet, dass Elian derart vorsichtig werden und lange brauchen würde. Es war ein wenig verwunderlich. Er ging mit einer Sorgfalt heran, die Tanis nicht einmal dann erwartet hätte, wenn sie bei ihm zu Hause gewesen wären und es um die Einkommensquelle des Hauses gegangen wäre. Alles in allem war Tanis selbst dankbar für jeden weiteren Punkt, der in Zukunft verhindern würde, dass er im Fall der Fälle für verfügbar gehalten wurde. Ohnehin kein Problem mehr oder? Du bist zu alt mittlerweile und du wohnst auch nicht mehr im Bordell.
Ein Schiff war natürlich nicht allzu viel anders, aber Piratenschiffe und auch Marineschiffe hatten ein Gutes: Wenn Männer einen einmal dabei gesehen hatten, wie man jemanden umbrachte, hielten sie einen nicht mehr für leichte Beute. Zumindest darum musste er sich also keine Sorgen machen.
„Ich mochte das Buch.“, verbesserte er und fuhr sich neugierig mit einem Finger über die Naht, nur um bei dem Gefühl zusammen zu zucken. Ouch.
Das Buch war tatsächlich gut gewesen, auch wenn er den armen D‘Artoro manchmal hatte anschreien wollen. Wie ein Welpe in einer Welt voller Wölfe.
„Lady Autumn ist ein herausragender Charakter, aber…“ Er zögerte. Nun. Alles in allem musste es irgendwann einmal gesagt werden, wenn er nicht wollte, dass am Ende… Wenn er nicht wollte, dass Elian am Ende ein Ruf anhing, den man wahrlich nur sehr schwer wieder los wurde und den der Mann nicht verdiente.
„…aber wir sollten vielleicht….fechten oder Schießen üben oder etwas dergleichen.“ Er seufzte tief und strich sich etwas Blut vom Gesicht. „Die Göttin weiß, dass ich offenkundig Übung brauche und…nun….es….“ Sowohl Rhys als auch Tanis taten sich für den Moment schwer, die richtigen Worte zu finden. „Es wäre weniger gefährlich, denke ich. Die Menschen fangen an zu reden.“
Elian schnaubte. „Mir machen eine ganze Menge Dinge Angst, keine Sorge. Aber es wird in der Regel besser, wenn man sich dagegen wehrt.“ Wird es das, wirklich? Vater war nicht ‚besser‘ geworden, er hatte nur irgendwann Elian abgeschoben. Und Piraten, wurden die ‚besser‘, weil die Marine sich ihnen immer wieder entgegenstellte? Nein. Ein paar starben, neue rückten nach. Es nahm nie wirklich ein Ende. Aber was haben wir schon, wenn wir die Flinte in den Urwald werfen und uns wehrlos drangsalieren lassen? Genauso viel Ärger, aber er fühlt sich auch noch so an als wäre er unsere Schuld. Da lass ich mir lieber nichts gefallen und stelle mich den Konsequenzen, die ich mir selber ausgesucht habe.
Er schwieg für eine Weile, konzentrierte sich auf die Naht in Rhys‘ Gesicht, während er diesen Gedanken nachhing. Letzten Endes war es auch egal, wer wie viel Angst hatte und wie man damit umging. Geplänkel unter Freunden, nichts von langfristiger Konsequenz.
Viel interessanter als diese Debatte war da schon der Roman, den Elian Rhys empfohlen hatte – und der glücklicherweise wohl doch positiv angekommen war. „Oh, gut!“ Der Arzt hob die Hand und klapste leicht auf die Finger seines Patienten. „Hey, nicht anfassen! Warte, ich decke das noch ab…“ Er suchte nach einer Bandage, die er auf die Stelle binden konnte, fand aber letztlich nichts, was bei einer so geringfügigen Kopfverletzung nicht vollkommen lächerlich ausgesehen hätte. „Oder… na gut, wir lassen es offen, aber tu‘ mir den Gefallen und kratz nicht durch meine Naht durch, ja? Du machst es nur schlimmer, und wenn sich das entzündet… urgh, es ist besser wenn es das nicht tut. Also sei‘ bisschen vorsichtig.“
Rhys schien ihn nicht gehört zu haben, sondern kommentierte stattdessen einen Buchcharakter (der Elian eher wütend gemacht hatte, was für ein Miststück von Frau!), und wollte dann eine andere Aktivität vorschlagen. „Kämpfen? So wie du hier angerobbt gekommen bist?!“ Er schnaubte direkt noch einmal. „Soweit kommt’s noch! Ich sollte dir Bettruhe verordnen, du Wahnsinniger.“ Vielleicht wäre das gar nicht so dämlich. Von selber würde Rhys sowieso nicht stillhalten. Und als fertig ausgebildeter Arzt hatte Elian das Recht, ihn dienstuntauglich zu erklären, zumindest für eine kleine Weile. Würde ihm auf jeden Fall ein baldiges Treffen mit seinen Bullies ersparen… Erst da ging ihm die zweite Hälfte dessen, was sein Freund gesagt hatte, auf.
„Moment mal… wer sagt was?!“ Er blinzelte, aber es machte schlicht keinen Sinn in seinem Kopf. „Leute reden über uns? Warum?“
„In aller Regel eskalieren sie eher.“ Er stellte es leise fest. Tanis war immer dafür gewesen, sich zu wehren. Es lag ihm nicht im Blut, Dinge einfach auf sich beruhen zu lassen. Aber er wusste, dass es oft genug einfacher gewesen wäre und seine Art sich zu wehren war nichts, was er mit Elian geteilt hätte. Es brachte einem Blut und dunkle Befriedigung. Und im schlimmsten Fall ein abgebranntes Bordell und eine tote Mutter. Nein, davon sollte Elian bitte gut die Finger lassen.
Rhys du Coeur war auch niemand, der sich wirklich gewehrt hätte. Nicht so wie Tanis. Er sollte unauffällig sein – kein allzu leichtes Ziel, sicherlich, aber es war leichter, seine eigenen Rachegedanken im Zaum zu halten, wenn es nicht um ihn, Tanis, ging sondern um eine fiktive Person, die er spielte. Ganz davon abgesehen, dass er sich durchweg rächte, wenn wieder irgendwo ein Marineschiff verzweifelt nach Piraten suchte, die plötzlich verschwunden waren, als hätten sie geahnt, dass sie gesucht wurden oder aber wenn sie angegriffen und versenkt wurden. Wenn es nach ihm ging, würde die ganze verdammte Marine irgendwann brennen.
Nun…vielleicht nicht die ganze Marine. Aber vielleicht bekam er Elian ja auch irgendwann dazu, sich doch bitte einen Posten auf dem Festland zu suchen, weit fort von dem ganzen Schlamassel. Der Mann war so oder so nicht für ein Leben auf See gebaut. Er genoss weiche Kissen und heiße Schokolade zu sehr dafür.
„Es ist nicht meine erste Verletzung, Sir.“, gab er leise lächelnd zurück. Nein, Entzündungen konnte niemand gebrauchen, aber er hatte dennoch…er hatte dieses merkwürdige Bedürfnis, die Narbe zu betasten. Und wenn sie aufginge, müsste Elian sie neu behandeln… Wir entwickeln merkwürdige Vorlieben, Ives… Reiß dich bitte zusammen, es wird peinlich.
Es half natürlich nicht, das Wort Bettruhe von Elian zu hören. Aber auf der anderen Seite war es knuffig genug, dass der Mann annahm, ihn dazu verdonnern zu können. Er warf ihm einfach nur einen Blick zu, der ausdrücken sollte, dass seine Verletzungen nun wirklich nicht SO schlimm waren.
Rhys seufzte leise, versuchte eine Augenbraue hochzuziehen und verzog dann das Gesicht, als das nur seine Wunden zu stark belastete.
„Wir sind zwei Männer, die sich zu zweit die Zeit mit Poesie und Musik vertreiben. Was denkst du, warum sie über uns reden?“ Auf der anderen Seite… „Vielleicht besser, wenn du nicht drüber nachdenkst.“ Er schüttelte den Kopf. „Es ist nicht…es lässt sich sicherlich in den Griff kriegen, aber gerade für deine Karriere wäre es sicherlich besser, wenn wir uns zumindest teilweise andere Beschäftigungen suchen würden.“
„Dann sollten Sie es inzwischen ja wohl besser wissen, nicht wahr, Lieutenant?“ Elian hob herausfordernd die Augenbrauen. „Wenn Sie in zwei Tagen mit einer Entzündung im Gesicht hier auftauchen, werde jedenfalls sehr ungehalten mit Ihnen sein.“ Lange hielt er die gespielte Strenge jedoch nicht aus, sondern musste unwillkürlich lachen. „Keine Sorge. Es sieht harmloser aus als vermutet. Fass einfach nicht andauernd dran herum, auch wenn es juckt. Und sag sofort Bescheid, wenn es sich heiß oder gespannt anfühlt!“
Er beobachtete Rhys dabei, wie er eine Grimasse zog, und seufzte dann. „Sollen wir dir was gegen die Schmerzen suchen? Alkohol oder so?“ Der Schnitt fühlte sich trotz fachmännischer Behandlung sicher nicht gut an, vor allem, wenn Rhys darauf bestand, weiterhin ungehemmt seine Mimik zu benutzen.
Was genau den anderen Soldaten im Kopf herum ging, konnte er sich jedenfalls nicht vollkommen ohne Weiteres erschließen. „Dass sie gerne mehr wie wir wären?“ Elian massierte sich die Nasenwurzel. „Nur weil wir nicht der tumben Masse entsprechen, heißt das noch lange nicht, dass wir Waschlappen sind… aber na gut. Wenn es dich beruhigt, können wir zur Fechthalle gehen. Aber du fasst mir heute keinen Degen mehr an, außer, um ihn in deine Truhe zu packen. Dass das gleich klar ist.“
Rhys‘ zweite Bemerkung machte für ihn allerdings überhaupt keinen Sinn. „Für MEINE Karriere? Ich bin nicht derjenige von uns, der sich als möglichst tougher Kerl an die Front stellen muss. Für einen Arzt ist es tatsächlich von Vorteil, wenn er Bildung hat.“ Manchmal sagte Rhys schon komische Dinge.
„Ich trinke nicht ausreichend, um Schmerzen zu betäuben.“ Das war eine der wenigen Sünden, die er sich wirklich nicht auf die Fahnen schreiben konnte. Er mochte Alkohol, er mochte das Surren im Kopf, die Schwere in den Gliedern. Aber er hasste den Gedanken an Kontrollverlust oder daran, so zu sein, wie die ungepflegtere Klientel es einmal ein wenig gewesen war.
Die Unschuld von Elian war nahezu besorgniserregend. Tanis machte sich Gedanken darum, wie es sein würde, wenn der Mann einmal mit den falschen Männern auf einem Schiff wäre, weit, weit fort von jedem, der ihm helfen könnte.
Im schlimmsten Fall war er irgendwann mit TANIS auf einem Schiff und er wusste gut genug, dass er kein Heiliger war. Wochen mit Elian vor der Nase und keinem Bordell in der Nähe, in dem er die Frustration auf gesunde Art loswerden würde?
Nein, das wäre etwas, was für sie beide übel ausgehen würde. Elian würde... nun, vermutlich viel von dem verlieren, was ihn ausmachte, abgesehen davon, dass er Tanis nie verzeihen würde und Tanis selbst… Es war eine Sache, wenn es geschah, um sich zu erleichtern. Das war auf hoher See nützlich und üblich und es zählte nicht.
Mit Elian würde er sich an Land an alles erinnern. Mit Elian… es würde zählen. Vermutlich.
Es war einer der Gründe, warum es besser war, nicht darüber nachzudenken.
Tanis spürte, wie die Röte auf sein Gesicht kroch, während ihm kurz Bilder durch den Kopf schossen, was genau…. Nein, nein, NEIN! Er starrte zu Boden und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. „Nun. Du bist derjenige, der Männer anfassen muss. Und Soldaten haben etwas dagegen, wenn… wenn sie annehmen, dass du es zu sehr genießt… also… verstehst du, was ich sagen will?“
Elian Montrose ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 22 Streifzügen in 15 Tavernen.
Habseligkeiten
Jacke & Hose (dunkel), Hemd (hell), Stiefel. Medizinische Ausrüstung in einer Umhängetasche, versteckter Dolch (Mordwaffe an seinem Vater), Tagebuch, Bleistifte und Bündel alter Briefe, Geigenkasten.
Körperliche Verfassung
Platzwunde am Kopf. Gilt als bewusstlos.
„Nun, vermutlich besser für dich. Und irgendwann deine Frau und Kinder.“ Elians Haut trug heute noch mehr als genug Erinnerungen daran, was Alkohol aus Männern machen konnte. Die Uniform, wie er sie auch in diesem Moment trug, verdeckte diese Spuren zum Glück weitgehend, so dass er sich diese Unterhaltung mit den meisten Kameraden von vorneherein schenken konnte. Machte sich nicht wirklich gut in einem Umfeld, in dem die meisten Gefährten aus besseren Häusern kamen als er selbst, mit einem Rücken rumzulaufen der aussah wie von einem Sklaven.
Aber solche Erfahrungen hatte Rhys zum Glück nie machen müssen und Elian hoffte inständig, dass er das nie tun würde. Es war gut, wenn wenigstens einer von ihnen sich seine Unschuld bewahrte. Das war auch eine der Sachen, die er an Rhys so liebte: Die jugendliche Unbeschwertheit war vollkommen echt, da war kein verstecktes Trauma abgesehen vom Ableben seiner Mutter. Und wie es war eine Mutter zu vermissen, wussten sie beide… das verband sie mehr, als dass es sie hätte trennen können. Wenn er ein was von Rhys nie sehen wollte, dann war es ein mitleidiger Blick. Er war der Stärkere in dieser Beziehung, und so war es gut.
Er blinzelte, und beobachtete dann völlig verwirrt, wie verlegen Rhys reagierte, ehe er mit dem tatsächlichen Problem rausrückte. „Moment mal, du meinst sie denken dass wir…“ Elians Mund klappte auf. „Die haben echt zu viel Zeit, oder?“
Mit einem Mal schossen ihm Gedanken durch den Kopf, die er sich noch nie bewusst gemacht hatte und die ihn selbst vollkommen überraschten. Wie stand er denn zu Rhys? War das hier eine Freundschaft, oder war da etwas an--- NEIN. Er brach den Gedankengang kategorisch ab. Rhys hat nie auch nur ansatzweise Anstalten in diese Richtung gemacht, allein die Erwähnung bringt ihn sichtbar in Verlegenheit. Also ist es vollkommen lächerlich, überhaupt hierüber nachzudenken. Wenn es etwas wäre, dann wüssten wir beide das ja wohl von allen am Besten.
„Wenn sie sich lieber einen Fuß abfaulen lassen als zuzulassen, dass ich ihn behandle, ist das ihr absolutes Recht. Mir für meinen Teil ist es auch lieber, wenn ich weniger Patienten habe. Aber seien wir mal ehrlich… auf See bin ich die einzige Option und JEDER braucht mal einen Arzt. Die werden angekrochen kommen, scheißegal worüber sie sich sonst das Maul zerreißen, wenn es erst richtig weh tut.“
Frau und Kinder…
Allein der Gedanke war derart lächerlich…
Aber wohl nicht für Rhys du Coeur. Nein, der gute Mann hatte eine Verlobte irgendwo, von den Eltern ausgesucht, aus gutem Hause, mit der er eine zufriedenstellende, aber vollkommen belanglose Ehe führen würde. Vermutlich würde er sich irgendwann in den Alkohol flüchten und dann würde die Ehe für keinen von beiden mehr zufriedenstellend sein, aber dafür hatte man dann ja mehrere Sprösslinge, die man in der Kindheit genug verderben konnte, dass sie irgendwann zu furchtbaren Erwachsenen würden.
„Es ist nicht so, als ob ich eine Wahl hätte. Ich kippe einfach nach zwei Gläsern Wein um. Es hat schon oft für Erheiterung gesorgt.“
Natürlich war der Gedanke Elian noch nie gekommen. So viel verdammte Unschuld. Aber es sorgte zumindest dafür, dass sich Rhys sicher sein konnte, dass er bis jetzt niemanden seiner alten Mitmatrosen suchen und entmannen musste. Simple pleasures.
Und natürlich würde es ihm nichts ausmachen. Natürlich nicht. Jemand wie Elian stand über denjenigen, die ihren Mund nicht halten konnten. Vermutlich war es auch darum ganz gut, dass Tanis es tunlichst vermied, Rhys andere „Freunde“ und Elian zusammen zu führen. Die Gesellschaft würde Elian nicht zusagen und Rhys würde sicherlich in seinem Ansehen gewaltig sinken.
Was, vermutlich, nicht das schlechteste für Elian gewesen wäre, aber Tanis mochte ihre gemeinsame Zeit zu sehr, um sie einfach aufzugeben.
Er sah Elian jetzt sehr ernst an. Die Worte mussten gesagt werden, auch wenn er sich allein vom Aussprechen schmutzig fühlte, aber jemand musste den guten Mann WARNEN. Es war ein Wunder, dass ihm jetzt noch nichts passiert war, wenn man bedachte, dass er vermutlich das schönste Wesen war, was Tanis je unter die Augen gekommen war. Männer hatten kein Recht darauf derart schön zu sein. Bei jedem anderen hätte es ihn furchtbar misstrauisch gemacht.
„Oder“, sagte er leise, „sie sehen dich auf See als einfaches Ziel.“
Elian schmunzelte ob dieses Bekenntnisses. Wenn es möglich wäre, würde ich dich dafür noch mehr mögen. Er war keineswegs prüde, aber kein Freund von Exzessen mit billigem Fusel, und definitiv eher in dem Lager, das Wein für den Geschmack – statt als Stimmungsaufheller – trank. Aber er sparte sich einen weiteren Kommentar. Am Ende merkt er noch, warum ich diese Ansichten wirklich hege. Ich bin noch nicht so weit, ihn diese Seite von mir sehen zu lassen.
Er reinigte und sortierte seine Instrumente, während sie redeten. Es war wichtig, alles im Notfall sauber und an seinem Platz zu wissen. Ein dreckiger oder unsortierter Arbeitsplatz war der sicherste Weg zu einem toten Patienten. Im Gegensatz zu so manch anderer Doktrin, die er auf der Akademie lernen musste, stimmte Elian mit dieser Lektion absolut überein. Er war in seiner Jugend alles andere als ein ordentliches Kind gewesen, und würde sich auch heute noch nicht als penibel bezeichnen (wenngleich die Disziplin in der Marine enorm geholfen hatte, sich gewisse Standards anzugewöhnen), aber bei seinem Arbeitsgerät ging es ihm ums Prinzip. Jeden Moment konnte etwas passieren das bedeutete, dass er einsatzbereit sein musste. Warum also riskieren, dass er unangenehm überrascht wurde?
Rhys‘ plötzlicher Ernst gab Elian ein sonderbares Gefühl im Bauch. Die Warnung klang fast, als beruhe sie auf Erfahrungswerten, und wenn Elian nicht so gut gewusst hätte was für Strafen darauf standen, einem Offizier zu nahe zu treten, hätte er vermutlich schlimme Vermutungen angestellt. „Pff, ja sicher… Wenn einer der Männer auch nur ansatzweise in meine Kajüte eindringt, wird er vermutlich kielgeholt. Mal ganz abgesehen davon, dass ich durchaus in der Lage bin, mich auf eine Weise zu wehren, die diesen Idioten das Maul stopfen dürfte.“
Erst dann wurde ihm klar, wie unglaublich unsensibel das gerade von ihm gewesen war. „Oh… entschuldige. Nicht, dass ich nicht denke, dass du dich nicht auch wehren könntest, oder… ehm…“ Er schluckte. Heikles Thema. „Rhys, wie kommst du überhaupt auf sowas?! Ist dir das schon mal passiert?“ Der Gedanke daran, dass jemand sich – egal auf welche Weise – an seinem Freund vergriffen haben könnte, schloss sich um sein Herz wie eine Faust aus glühender Wut. „Wen muss ich umbringen?!“
Elian würde es nicht einmal kommen sehen, das war das Problem. Und wie gut er sich wehren konnte, das stand auch in den Sternen. Gegen einen? Sicher. Vielleicht. Gegen mehrere? Nein. Das konnte niemand, gleichgültig, was einem die Geschichten immer anderes zu erzählen versuchten.
„Ich kann mich wehren.“ Jetzt auf jeden Fall besser als damals. Und auch DAMALS war effektiv nichts passiert. Es gab keinen Grund, diese Szenen öfter in seinen Alpträumen zu sehen, als das brennende Bordell oder die verkohlten Leichen. Er kann deine Heimat nicht noch einmal niederbrennen, aber kann definitiv zu Ende bringen, was er damals begonnen hat.
Vielleicht würde eine Narbe auch dagegen helfen. Die Koteletten sollten auch abschreckend wirken und nach Monaten auf See war er immer ein wenig verhärmt. Du bist kein hübscher Junge mehr, also hör auf, dir deswegen Gedanken zu machen. Du klingst wie ein verängstigtes Mädchen.
„Es war ein ehrliches Versehen.“ Huh. Offenkundig bekam Rhys gerade ein wenig mehr Hintergrundgeschichte. Tanis wandte den Blick ab, damit Elian ihm mit seinen unschuldigen Augen nicht noch mehr Geheimnisse entlockte. „Und es ist lange her und prinzipiell ist nichts geschehen. Aber davon abgesehen hast du einen zu guten und nachsichtigen Blick auf die Menschheit. Männer können Tiere sein.“
„Ja. Natürlich kannst du das.“ Und danach flicke ich dich zusammen. Kein Problem.
Er sagte es, und er meinte es bis zu einem gewissen Punkt auch, aber… da blieb ein nagendes Gefühl der Unsicherheit, vor allem darauf beruhend, wie lange Rhys brauchte, um ihm zu antworten. Es sah so aus, als ob du Coeur sich jede Menge Gedanken machte, an denen er Elian nicht teilhabend ließ, und das machte dem Arzt Sorgen (auch wenn er wusste, wie bigott das war – letztlich sagte er ja auch nicht immer alles, was ihm durch den Kopf ging… aber so ein wenig Privatsphäre brauchten sie doch alle, oder nicht?).
„Wie, hat einer gedacht, du hättest Interesse und du musstest ihn eines Besseren belehren?“ Elian verstaute die letzten Utensilien an ihren Plätzen. „Denn ein ‚ehrliches Versehen‘ impliziert, dass er sich dann entschuldigt hat und seine Interessen anderweitig verteilt hat. Alles andere schreit nach einem Kieferbruch, mindestens.“ Nicht, dass er regelmäßig herumging und Leuten den Unterkiefer brach. Er wäre aus der Marine geflogen, wenn das seine gängige Taktik wäre, mit Konflikten umzugehen. Aber für den Kerl, der Rhys wider seinen Willen angefasst hatte, würde er eine Ausnahme machen. Mit Freuden.
„Männer sind sicherlich keine Engel, aber die wenigsten verdienen den Vergleich mit Tieren.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich würde ja ein Loblied auf die Marine singen, aber wir beide wissen, dass längst nicht jeder Kamerad sich an den Kodex für Kavaliere hält. Trotzdem, ich kann mir kaum vorstellen, dass ein ganzes Schiff vollgepackt mit Offizieren und aufrechten Seeleuten dabei zusehen würde, wie jemand ihren Schiffsarzt brutalisiert. Keine Sorge.“
Eine seiner Hände fand ihren Weg auf Rhys‘ Schulter. „Abgesehen davon… lass sie reden! Es ist nichts vorgefallen und ich denke wir wüssten es beide, wenn wir uns die Fehltritte, die sie uns vorwerfen, geleistet hätten. So etwas tut man nicht mal eben Aus Versehen. Soweit ich informiert bin.“ Nicht, dass er besonders viele Erfahrungen dahingehend gesammelt hätte. Aber die Beschreibungen, die so in den Mannschaftsquartieren kursierten und auch das, was er im Studium mitbekommen hatte ließen den Rückschluss zu, dass jede Form von unkeuscher körperlicher Nähe, sofern man nicht bewusstlos war, ein doch sehr bewusster Schritt sein müsste.
„Ich bin immer noch in der Offizierslaufbahn, mein lieber Freund.“ Seine Mundwinkel zuckten. „Ich KANN gar nicht so hilflos sein, wie du dich mir vorstellst.“
Tatsächlich war er weniger hilflos, als es seine Kameraden annahmen. Er war nur eben weit besser mit einem Dolch oder Degen, wenn man ihn nicht kommen sah. Schmutze Tricks halfen WUNDER bei so etwas. Und im Gegensatz zu den Leuten, die Kämpfen nur ehrenvoll und in der Schule lernten, kannte er einige Tricks, die ihm dabei helfen konnten, am Leben zu bleiben.
Er beobachtete Elians Hände während dieser systematisch seine Utensilien verstaute. Alles an seinen Platz. Es war einlullend auf gewisse Weise. Und anscheinend sprachen sie nun darüber. Wundervoll. Er leckte sich über die Lippen. Die Wahrheit am besten. Natürlich ein wenig entdramatisiert und mit weniger toten Müttern am Ende. Für Elian war sie im Schlaf verstorben, plötzlich und überraschend. Er musste nicht wissen, dass ein Feuer daran beteiligt gewesen war oder was die gute Frau von Beruf gewesen war. Das gehörte nicht zu dem Traum, der Rhys du Coeur war.
„Wir befanden uns in einem Bordell, ich war sehr jung und er dachte, ich wäre nicht als Kunde dort. Eine Entschuldigung habe ich nicht erhalten, aber es kam auch nicht zum Äußersten. Wie gesagt: Prinzipiell ist nichts passiert.“ Er schüttelte den Kopf. „Ein Kieferbruch ist wirklich nicht das, was der Mann dafür verdient.“ Er verdiente es, dass man ihn kastrierte, während er bei Bewusstsein war und ihn dann an seinen eigenen Eiern erstickte. Aber Tanis hatte bis jetzt schon darin versagt, ihm die Kehle durchzuschneiden und er würde sicherlich nicht den Fehler machen, den Mann zu suchen, auch wenn etwas in ihm danach schrie, nahezu jede Nacht. Noch ein Grund, nicht zu viel zu trinken. Er hatte eine dumpfe Ahnung davon, wen er beginnen würde zu suchen, wenn er einen Moment lang nicht aufpasste.
„Wenn der Schiffsarzt als Sodomist gilt, kann es passieren, dass die restliche Besatzung beide Augen zudrückt.“
Elians Hand war angenehm warm auf seiner Schulter. Rhys seufzte, schloss die Augen und sackte leicht nach vorne, sodass sein Kopf auf der Schulter des Freundes ruhte. „Wir wüssten es, ja.“ Sie wüssten es und Tanis würde es sich nie verzeihen und es vermutlich nie aufgeben können. „Wir sollten dennoch… teilweise eine akzeptiertere Art haben, unsere Freundschaft zu pflegen. Und vielleicht merkst du dann auch, dass ich mich wehren kann.“
Elian nickte ernst und schloss mit einem hörbaren Klicken seine Arzttasche. „Daran hege ich nicht den geringsten Zweifel. Du, genau wie jeder andere Offizier, ist erhaben über jede Hilfestellung.“ Er versuchte, das Lächeln zu unterdrücken, während er seinen Freund so ein wenig neckte, aber statt ganz zu verschwinden, legte es sich als schalkhaftes Glitzern in seine Augen. „Warum wir überhaupt Ärzte ausbilden, ist mir ein absolutes Rätsel. Ich sollte meinem Vater schreiben und mich umgehend nach Hause versetzen lassen, vielleicht werde ich dort gebraucht.“ Bloß nicht. Auch wenn es schön wäre, Aspen und Charlie wiederzusehen… auf Dauer kann ich auf meinen alten Herren wirklich verzichten.
Er rollte die Augen über die Geschichte. „Nun, ich würde dir ja gern mein Beileid aussprechen, aber ganz ehrlich… was ihr alle andauernd in Bordellen treibt, will mir sowieso nicht in den Kopf. Ich sage nicht, dass du’s verdient hast, aber… vielleicht war es eine Lehre für dich, wie sich die Damen in diesen Etablissements fühlen, wenn tagein, tagaus alle Männer davon ausgehen, dass sie zu einer Sache und zu sonst nichts da sind. Und eine Lehre für diesen Kerl, dass er sich vielleicht nächstes Mal nach Partnern umsieht, die ihr Einverständnis geben, ohne finanziell dazu gezwungen zu sein.“
Die Aussage, er könnte als Sodomist gelten, ließ ihn dann doch die Stirn runzeln. Er war in seinem Leben schon so einiges genannt worden, aber das noch nicht. Und dass Rhys sich diese ganzen Vorwürfe wirklich zu Herzen zu nehmen schien, machte Elian klar: Er selbst mochte es vielleicht als schlechten Scherz betrachten, aber seinen Freund belastete die Unterstellung. Vermutlich weil sie wirklich so überhaupt nicht der Wahrheit entsprach, dass es sein Ehrgefühl bis ins Mark traf.
„Dafür müsste in meinen Augen noch sehr viel mehr passieren, als dass ein paar lästerzüngige Kadetten ihr Maul weit aufreißen. Aber wenn es dich so sehr beunruhigt, bitte sehr. Dann sorgen wir künftig eben dafür, dass wir am selben Ort gesehen werden, aber Zeit mit anderen Leuten verbringen, während wir dort sind. Oder widmen uns männlicheren Aktivitäten, während uns andere sehen können – SOBALD du wieder gesund bist.“
Von Rhys‘ Wange auf seiner Hand stieg ein warmes Kribbeln auf, das seinen gesamten Arm ausfüllte. Nicht auf eine unangenehme Weise, überhaupt nicht… aber es machte ihn gleichermaßen euphorisch und nervös, und das gab ihm zu denken. Ich sollte aufpassen. Nicht dass diese Lästerschweine noch Recht damit behalten, oder uns bei etwas sehen, aus dem sie uns einen Strick drehen können. Rhys ist öfter mit ihnen zusammen, zwangsläufig, und damit eine bessere Zielscheibe als ich. Allein für ihn muss ich mich wirklich zusammenreißen.
„Wir bilden Ärzte aus, damit die Frauen zu Hause beruhigt sind und wir die Piraten versorgen können, nachdem sie ordentlich verdroschen haben. Sie sollten akzeptabel aussehen, wenn sie gehängt werden.“
Und offenkundig, weil sie die ganze Besatzung aufmuntern. Zumindest Elians Anwesenheit war stets ein Grund, besser gelaunt zu sein. Tanis zweifelte nicht daran, dass auch die Männer, die keine schmutzigen Gedanken hatten, die Anwesenheit des Mannes schätzten, seine offene Art und seinen Charme.
„Was wir in Bordellen treiben, nennt sich Sex.“ Er zuckte mit den Schultern. „Oder sehr teures Kartenspiel. Ich für meinen Teil empfinde die Musik oft als amüsant.“
Er fühlte sich auch und vor allen Dingen zu Hause. Aber das war etwas, das Elian nicht wissen musste und nie wissen würde. Er und die anderen Leute der Marine. Der Arzt würde auch nie erfahren, was GENAU Tanis mit den käuflichen Damen alles trieb. Wenn die Vorstellungen ganz unausgewachsen oder bei Missionarsstellung für 5 Minuten blieben, war das besser für alle Beteiligten.
„Was bedeutet, dass die Damen und Herren einen zahlenden Kunden weniger haben und damit möglicherweise einen Abend lang nichts zu essen.“ Tanis zuckte mit den Schultern. „Solange die Frauen erwachsen sind und sich selbstständig dazu entscheiden, kann ich nichts Verwerfliches an der Transaktion sehen. Natürlich, sofern man sie anständig behandelt, was leider die wenigsten tun.“
Und er war damals alles andere als erwachsen gewesen und war alles andere als anständig behandelt worden, aber Elian musste nicht wissen, wie tief sein Verständnis von Bordellen reichte. Es war gut, dass er nicht wusste, was damals geschehen war, auch wenn es Tanis auf der Zunge brannte und in der Brust drückte. Sein Herz ging ein wenig auf bei der Art, wie sein Freund sprach. Es gab zu viele Menschen, die den Respekt vor denjenigen verloren, die für Geld ihren Körper – und leider zu oft auch ihre Würde – verkauften. Es war diese Art des Denkens, die ihn abhob von den Schweinen, Lustmolchen und Dämonen, die die Welt bevölkerten. Die eine, reine Ausnahme.
„Für den Schießstand bin ich gesund genug.“
Hmmmm-hm. Die Hand blieb, die Wärme blieb und es hätte einen stärkeren Mann als Tanis gebraucht, um sich davon zu entfernen. Stattdessen zwang er sich dazu, nicht darüber nachzudenken, Elian über den Hals zu lecken.
„Ich weiß, was ihr in Bordellen treibt. Danke auch.“ Elian wusste selber nicht, wieso er mit einem Mal so passiv aggressiv klang. Rhys hatte das Recht, so viel Sex mit so vielen Huren zu haben, wie er wollte. Es ging Elian nichts an. Und wenn er selber welchen wollte, konnte er ja mitgehen – nur hatte er in der Regel einfach nicht das Bedürfnis. Vielleicht war etwas falsch bei ihm, aber der Gedanke, eine Frau dafür zu bezahlen, dass er mit ihrem Körper… alles in ihm sträubte sich dagegen. Vielleicht hatten sie auch Recht ihn als ‚prüde‘ zu verspotten. Vielleicht war er das. Oder ‚altmodisch‘, was dasselbe bedeutete, aber etwas netter klang.
Das Problem war… so sah er sich nicht. Er hatte kein Problem damit, über Sex nachzudenken oder darüber zu reden. Es fühlte sich nur einfach falsch an, das mit Rhys und einer Prostituierten als Teilnehmer zu tun. Ein wenig so, wie wenn man über seine eigenen Geschwister oder seine Eltern fantasierte, und ein wenig völlig anders. Heißer und schmerzvoller. Es zeigte ihm eine Seite an sich selbst, die ihm nicht gefallen wollte. Er wusste nicht wer dieser wütende, verbitterte Typ war, und er wollte es auf keinen Fall herausfinden.
Musik kannst du auch hier haben so viel du willst, dachte er und merkte selbst, wie dämlich das klang. Wie eine besonders wenig befriedigende, eifersüchtige Ehefrau. Reiß dich mal am Riemen, er hat dir nichts getan.
„Ich stimme zu,“ sagte er und wusste selber nicht, wozu er da zustimmte. Richtige Behandlung von Huren? Welche Gottheit war denn bitte vom Himmel gefallen und hatte ihn ausgerechnet zu einem Experten darin gemacht?!
Seine Hand blieb auf Rhys‘ Schulter, und Rhys‘ Wange blieb auf seiner Hand, viel länger, als es der normale Umgang von zwei Freunden zulassen sollte. Zumindest viel länger, als Elian bei irgendeinem anderen Mann als angenehm empfunden hatte. Kostbare Sekunden verstrichen, aber keiner von ihnen bewegte sich, auch wenn Elians Herzschlag immer schneller wurde.
Dann nahm er endlich, endlich seine Hand von Rhys‘ Körper und spürte sofort das hohle, sehnsüchtige Gefühl, sie wieder dorthin zu legen. Hab‘ mal gehört, Seelenverwandte sind eigentlich eine Seele in zwei Körpern. Kitschiger Gedanke, aber manchmal frage ich mich, ob es auf uns zutrifft und die Seele versucht, sich wieder zusammenzufinden. Oder wir sind wie Magnete… irgendwas in der Art.
Mit einem Mal klang der Schießstand wie eine hervorragende Idee, insbesondere, weil sie in die kalte Nachtluft hinaus mussten, um dorthin zu gelangen. Elian stand brüsk auf. „Ich glaube, du hast Recht. Aber nur unter der Bedingung, dass wir sofort aufhören, falls ich das Gefühl habe, dass du dich übernimmst!“
Rhys hob beschwichtigend die Hände und ließ das Thema fallen.
Tanis für seinen Teil lächelte innerlich. Nein, das weißt du nicht und das ist auch bei weitem besser so.
Er hatte oft genug die anderen Offiziere lachen hören, gerade dann, wenn sie wollten, dass er mit ins Bordell kam und er stattdessen Zeit mit Elian verbrachte. Prüde und altmodisch waren wirklich die netteren Begriffe, die fielen. Jungfrau wurde herumgeworfen, als ob das ein Schimpfwort wäre. Wirklich, jeder, der Elian ansah, wusste, dass er sich nicht schlagen musste, um an Sex zu kommen, wenn er denn wollte. Zurückhaltung oder auch einfaches Desinteresse waren kein Makel. Tanis selbst wünschte sich manchmal, dass er ein wenig züchtigere Gedanken haben könnte. Keuschere. Auf der anderen Seite würde ihm damit sehr viel Spaß im Leben verloren gehen und er hatte nicht so viel davon, um es von sich zu werfen, wenn ihm Kleinigkeiten daran nicht gefielen.
Er vermisste die Hand, sobald sie fort war und schalt sich selbst einen Narren. In der letzten Zeit ließ er sich wirklich zu viel gehen im Bezug auf seinen Freund.
Um sich davon abzulenken, nickte er und stiefelte dann hinaus. Es nieselte und er hielt sein Gesicht in den kühlen Regen. Es tat seiner geschundenen Haut gut und vermutlich wusch es auch noch ein wenig Blut fort.
Tanis zwang sich dazu, nicht darüber nachzudenken, Elians Hand zu nehmen. Dazu hatte Rhys kein Recht – und Rhys WOLLTE es auch nicht, dachte nicht darüber nach – und Tanis erst recht nicht. Wenn Elian Tanis gekannt hätte, wäre er schon lange weit, weit fort.
Der Schießstand selbst war zur Hälfte gefüllt, sodass sie sich zumindest weder anstellen mussten, noch ganz alleine waren. Es machte vieles einfacher.
„Was würdest du sagen, wie gut bist du? Ich muss wissen, womit ich arbeite.“
Elian warf sich seinen Mantel über, schnappte seinen Offiziershut und folgte Rhys hinaus in den kalten Abend. Regen umfing sie und wusch den letzten Rest des sonderbaren Gefühls, das er am Ende bekommen hatte, weg. Das Geräusch von fließendem Wasser war seltsam beruhigend, erinnerte ihn an den Regenwald zu Hause und an seine Geschwister, die oft mit ihm zusammen auf die verglasten Fensterscheiben gestarrt hatten, als könnten sie so die Bäche darauf zum Versiegen bringen, die sie vom Freien und damit von ihrer Freiheit abschnitten. Was treibt ihr wohl gerade? Charly sitzt sicher am Ofen und stickt eine neue Decke. Vergissmeinnicht, stand glaube ich im letzten Brief, ist eines ihrer Lieblingsmotive. Und Aspen muss im Büro irgendwelche Akten wälzen, oder er stapft durch den matschigen Urwald und beaufsichtigt die Arbeiter dort… Göttin, ihr beide fehlt mir. Denkt ihr vielleicht darüber nach, was ich gerade tue? Und selbst wenn ihr das tut… ich denke nicht, dass ihr ahnt, was ich mit meinem Feierabend anstelle.
Er bedauerte es fast ein wenig, als sie bei der Schießhalle ankamen, denn der Lärm, der ihm schon beim Eintreten entgegendonnerte, war für Elians Ohren alles andere als einladend. Er gab seinen Mantel und Hut am Eingang ab, ließ sich ein Paar Pistolen aushändigen (als Arzt in Ausbildung führte er mittlerweile keine mehr) und gesellte sich zu seinem Freund. Es waren noch einige andere Leute hier, aber zwei Bahnen weiter. Sie konnten sich ungestört unterhalten, waren aber gleichzeitig für alle Anwesenden sichtbar nicht mit Sodomie beschäftigt.
„Weißt du, ich habe dieselbe Grundausbildung durchlaufen wie du,“ erwiderte er freundlich auf die doch relativ impertinente Frage, „und ich habe meine Offizierslaufbahn nicht unterbrochen, weil ich ungeeignet als Soldat gewesen wäre, sondern weil ich eine Eignung für etwas anderes hatte. Und auch wir Mediziner müssen regelmäßig üben.“ Er lud seine Pistolen mit fachmännischen, wenngleich nicht zu hastigen Bewegungen und hob eine davon prüfend an, um über Kimme und Korn das Ziel anzuvisieren. „Ich kann mithalten.“
„Du kannst mithalten, aber die meisten von meinen Kollegen sind… nicht die Messlatte, die ich anlegen würde.“
Vor allen Dingen dann nicht, wenn es irgendwann darum gehen sollte, Elians Überleben zu sichern. Die Offiziersanwärter waren sicherlich nicht schlecht, aber es waren immer noch Anwärter. Viele von Ihnen würden nach ihrem ersten Einsatz die Marine wieder verlassen, wenn sie nicht tot wären. Das ging vielen von ihnen nicht richtig auf, aber bevor sie nicht ihr erstes Gefecht hinter sich hatten, gab Tanis relativ wenig auf ihre Leistungen. Viele von Ihnen waren mehr auf den Stil und die Außenwirkung bedacht, als ob sie für ein schlechtes Bild posieren würden oder sich als Helden eines Groschenromans sahen.
Er betrachtete sich, wie Elian die Waffen lud. Gut genug für den Moment, auch wenn es im schlimmsten Fall schneller gehen musste. Es musste ihm ins Gedächtnis übergegangen sein, in die Muskeln, sodass er nicht mehr darüber nachdenken müsste.
Als er allerdings anlegte, schüttelte Tanis den Kopf und stellte sich hinter Elian, sodass er seinen Körper mit dem eigenen bewegen konnte.
„Das ist, wie die Offiziere hier stehen. Es ist Regulation, aber es gibt dir einen weniger sicheren Stand bei der Größe. Das Bein hier hin…“ Er drückte eines von Elians Beinen mit dem eigenen ein wenig zur Seite. „- und den Arm…“ Er nahm Elians Ellenbogen und hob ihn ein wenig an, drehte seinen ganzen Oberkörper um wenige Grad.
Elians ganzer Körper war eine heiße Linie gegen seinen und er musste schlucken und sich dazu zwingen, einen Schritt rückwärts zu machen. Seine Stimme war ein wenig heiser. Reis dich zusammen, Ives! „Versuch es jetzt einmal.“
Dagegen konnte Elian nicht wirklich viel sagen. Er hatte schon an seinem ersten Tag hier festgestellt, dass man von den meisten Kadetten längst nicht erwarten konnte, die Crème de la crème der Marine zu werden. Und leider waren diese Burschen trotzdem oft durch die gesamte Grundausbildung hindurch dabei und wurden entweder höchst mittelmäßige Offiziere, oder sie schieden irgendwann als dienstuntauglich aus. Er war irgendwo froh, dass er nicht der Leiter der Akademie war, der dem Flottenoberkommando regelmäßig die Zahlen für den Nachwuchs sowie die Ausbildungskosten vorlegen musste.
Beim Waffenladen war er sich mehr als sonst jeder seiner Bewegungen bewusst. Es war genau, wie wenn man eine medizinische Prozedur vor einem Patienten oder vor einem Professor durchführte – einer der beiden wusste, wie es im Bestfall auszusehen hatte, und beurteilte alles mit Adleraugen. Montrose war diesen Erfolgsdruck zum Glück bereits gewohnt, ließ sich im Zweifelsfall lieber mehr Zeit und arbeitete methodisch und fehlerfrei.
Kaum legte er an, wurde seine Haltung jedoch von Rhys korrigiert. Elian war glücklicherweise kein besonders stolzer Mann und er wusste, dass Rhys mehr aktive Erfahrung hatte als er, also ließ er sich zeigen, was er falsch machte. Nachdem Rhys seine Körperpositionen korrigiert hatte, fiel Elian einmal aus der Pose heraus, und nahm sie dann nach bestem Wissen und Gewissen wieder ein. „… so besser?“ Erst als er eine Bestätigung hatte, zielte er und drückte ab.
Die Kugel pfiff wenige Zentimeter oberhalb des Ziels vorbei und schlug in die Wand der Halle. „Interessant.“ Elian nahm die zweite Pistole legte erneut an. Diesmal traf er, nicht ins Schwarze, aber deutlich besser als vorher. „Was so ein bisschen Körperstellung ausmacht…“
Taranis Ives ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Sorgsam und richtig war eine Sache. Im Gefecht? Manchmal war schnell und ein wenig ungenau um einiges besser.
Und er würde nicht über andere Situationen nachdenken, in denen das zutraf oder in denen er Elians Genauigkeit und Sorgsamkeit geschätzt hätte. Göttin, er musste sich wirklich bald in ein Bordell absetzen. Margarete schätzte es sehr, wenn er sie besuchte, nachdem er zu viel Zeit mit Elian verbracht hatte.
Er korrigierte seine Stellung noch einmal und nickte dann, noch nicht zufrieden, aber es war sicherlich akzeptabel für einen ersten richtigen Versuch.
„Es sorgt dafür, dass dich der Rückstoß auch auf einem Schiff nicht umwirft.“
Tanis beobachtete einige weitere Schüsse und korrigierte dann sanft Elians Hand. „Die Pistolen sind oft schlecht. Behandel Sie nicht so, als wären Sie gut. Die hier zieht nach links. Also nicht in die Mitte zielen sondern etwas rechts davon.“
Als er halbwegs zufrieden war, zog er seine eigene Waffe. „Natürlich hilft es auch, sich bestimmte Ziele vorzustellen.“
In seinem Fall einen bestimmten Marineoffizier, der jetzt viel zu präsent in seinem Kopf war. Es wäre so viel besser, ihm ein Messer mehrere Male in den Magen zu rammen. Aber er hatte nicht vor, dem Mann zu nahe zu kommen.
Aber das war wohl nicht das, was Elian helfen würde. „Oder man atmet, zielt und schießt im Takt eines Gedichtes. Das hilft erstaunlich gut.“ Er brummt leise vor sich hin. „Singt leise, leise, leise…“
Anlegen, zielen, Schuss.
„Singt ein flüstern Wiegenliend.“
Nachladen.
„Von dem Monde lernt die Weise…“
Anlegen, zioelen, Schuss.
„Der so still am Him-“
„DU COUER!“
Oh wundervoll….
„Wir wussten nicht, dass du hier sein würdest!“
Elian Montrose ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 22 Streifzügen in 15 Tavernen.
Habseligkeiten
Jacke & Hose (dunkel), Hemd (hell), Stiefel. Medizinische Ausrüstung in einer Umhängetasche, versteckter Dolch (Mordwaffe an seinem Vater), Tagebuch, Bleistifte und Bündel alter Briefe, Geigenkasten.
Körperliche Verfassung
Platzwunde am Kopf. Gilt als bewusstlos.
Eine Tatsache war sonnenklar: Während Rhys ihn unterrichtete, war Elian mit dem Kopf nicht ganz bei der Sache. Jede gegenläufige Behauptung wäre eine Lüge gewesen. Er versuchte, sich auf das Schießen zu konzentrieren, aber wann immer Rhys ihn anfasste, um seine Körperhaltung zu regulieren, durchrieselte ihn ein zufriedener Schauer. Es war das einzig Schöne an diesem Zeitvertreib. Er schoss natürlich nicht absichtlich schlechter als gewöhnlich, aber er hätte lügen müssen, wenn er beteuert hätte, dass er sein Bestes gab oder so gut wie möglich zielte. Der Moment, an dem Rhys sich seinen eigenen Waffen zuwenden und sie nur noch hirnlos vor sich hin ballern würden, erschien ihm schon jetzt wie der Beginn der größten Zeitverschwendung aller Zeiten. Wenigstens hatten sie jetzt noch eine Unterhaltung miteinander, auch wenn es dabei um Waffen ging und nicht um etwas wirklich Interessantes.
„Verstanden,“ sagte er auf eine der Bemerkungen, ohne wirklich hingehört zu haben, zielte etwas weiter links als zuvor und schoss prompt meilenweit daneben. Der Rhys‘ abgewandte Mundwinkel zuckte, ehe er sich selbst scharf zurechtwies. Diese ganze Aktion mag dir sinnlos erscheinen, aber jetzt verschwendest du seine Zeit. Wie wäre es, wenn du dich mal ansatzweise auf das konzentrierst, was er sagt?!
Früher oder später endete die Lehrstunde aber, und Rhys zog seine eigene Waffe, um zu demonstrieren, wie er damit umgehen konnte. Elian hob die Augenbrauen. „Ich weiß nicht, ob es wirklich den Marinevorschriften entspricht, wenn ich mir bei jedem Schuss meine Vorgesetzten vorst—“ Die Schüsse zerschnitten seine Worte, und er konnte in den kurzen Pause dazwischen nur ansatzweise das Gedicht erkennen, das Rhys vor sich hin murmelte. „Clerys Bretero, gute W---“ dieses Mal unterbrachen ihn aufgeregte Rufe aus einer anderen Richtung und Elian drehte sich eher frustriert um. Er erkannte die Marineuniformen sofort, die Gesichter hingegen nicht, und setzte wie von selber ein gezwungen neutrales, höfliches Gesicht auf. Warum er innerlich so verärgert über die Unterbrechung war, wusste er selber nicht… vielleicht, weil er seine ohnehin kostbare Zeit mit Rhys ungern mit anderen teilte, vor allem nicht mit Fremden.
Er hielt sich für den Moment im Hintergrund, überließ das Reden lieber Rhys. Immerhin waren das seine Freunde – Bekannten – Mannschaftskameraden – was-auch-immer. Lieber erstmal beobachten, wie sein Freund sich verhält, ehe er beschloss, ob sie tatsächlich nur freundliche, schießwütige Marinesoldaten waren (daraus konnte er ihnen letztlich keinen Strick drehen, so gerne er es getan hätte) oder ob er hier die Mistkerle vor sich hatte, die Rhys‘ Gesicht aufgeschlitzt und demzufolge eine verdammt gründliche Abreibung verdient hatten.
Taranis Ives ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Elian war tatsächlich schlechter als er erwartet hatte. Tanis begann sich Sorgen zu machen und gleichzeitig innerlich seinen Zeitplan umzuwerfen. Mehr Schießstunden. Vermutlich auch Fechtstunden. Wenn er Elian aus seinen Augen lassen musste und der Mann auf irgendein Schiff abgeordnet wurde, konnte er nicht so schießen. Er würde als Invalide zurückkehren oder gar nicht. Tanis hatte vor, sich noch ein wenig an seinem Anblick zu erfreuen, besten Dank auch. Vielleicht irgendwann mit ihm Tanzen zu üben, sollten sie doch einmal beide betrunken oder angetrunken sein.
Das waren kleine Träume, die in Ordnung waren oder? Sie waren nicht einmal übermäßig schmutzig.
…
Wenn er so darüber nachdachte, machte es das eher schlimmer. Wirklich, es war ein wenig erbärmlich. Er sollte nicht so an einem Mann hängen, nur weil er ein guter Freund war. Wenn er begann, alles auf ihn zu projezieren, würde er am Ende noch pervers werden. Männer auch außerhalb der See…nein, sicherlich nicht. Nicht er.
Der Abstand war notwendig, aber er hätte es doch bevorzugt, wenn sie noch ein wenig allein geblieben wären. Nicht ALLEIN, aber… Er hätte auf die Anwesenheit der werten Kollegen verzichten können.
„Darrens. Haysmith.“ Seine Begeisterung kannte keine Grenzen. Er zwang sich dazu, zu lächeln und verzog dann das Gesicht.
„Yeah…Fred hat erzählt, du hast ihn geschlagen, weil er schlecht über deinen Doc- oh. Hey Doc.“ Er winkte in Richtung von Elian und grinste dann breit. „Trifft sich gut. Wir dachten uns, du willst vielleicht mit zur Roten Laterne. Margaret ist bestimmt traurig, wenn du nicht auftauchst. Der Doctor kann bestimmt auch etwas Spaß vertragen. Nicht war Montrose?“
Elian Montrose ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 22 Streifzügen in 15 Tavernen.
Habseligkeiten
Jacke & Hose (dunkel), Hemd (hell), Stiefel. Medizinische Ausrüstung in einer Umhängetasche, versteckter Dolch (Mordwaffe an seinem Vater), Tagebuch, Bleistifte und Bündel alter Briefe, Geigenkasten.
Körperliche Verfassung
Platzwunde am Kopf. Gilt als bewusstlos.
Da Rhys offenbar nicht vorhatte, ihn vorzustellen, schob sich Elian kurzerhand dazwischen. Ärger über eine Unterbrechung hin oder her, gute Manieren waren ja wohl das Mindeste. „Montrose. Guten Abend, die Herren. So schön, Sie endlich einmal persönlich kennen zu lernen.“ Hat Rhys die zwei schon einmal erwähnt? Nicht namentlich, glaube ich… oder doch? Vergesse ich etwas Relevantes hier?
Er musste sich zwingen, bei den weiteren Worten des Sprechers – der es nicht mal nötig gehabt hatte, sich als entweder Haysmith oder Darrens zu identifizieren – ruhig zu bleiben. Ihm lagen einige sehr bissige Bemerkungen auf der Zunge, unter anderem die Aufforderung, Kritik oder Beschmutzungen seiner Ehre künftig direkt an ihn zu richten – sofern ihr den Mumm dafür habt – damit er die entsprechenden Lästermäuler züchtigen könne, wie es Waschweibern zustünde, die den guten Namen der Königlichen Marine und ihrer Offiziere durch den Dreck zögen. Auf der einen Seite lag zwar ihm persönlich nicht über die Maße viel an seinem guten Namen – es war der Name seines Vaters, von daher… aber auch der von Aspen und Charleen, also kam es immer darauf an welche Aussagen er sich anhören durfte. Andererseits lag ihm aber sehr viel an Rhys und an der Freundschaft, die sie sich über die Jahre aufgebaut hatten und die einzigartig war unter all den losen Kameradschaften, wie er sie mit den anderen Studenten und diversen Schiffskameraden über die Jahre gepflegt hatte. Und wenn diese Leute Sprüche klopften, die Rhys gegen den Strich gingen und ihm weh taten, würde Elian es sich nicht gefallen lassen. Es war lange her, dass er sich im Namen eines anderen geprügelt hatte – Jahre. Aber einmal ein Lausbub von Raízun, immer ein Lausbub. Raufen verlernte sich nicht so schnell. Und er wusste dank elterlicher Erziehung und medizinischen Studien ganz genau, welche Körperstellen so richtig weh taten.
Am Liebsten hätte er den beiden eine kühle Abfuhr erteilt und Rhys die Wahl gelassen, wessen Gesellschaft er vorzog – Margarets oder die seine – unabhängig davon, dass Rhys ihm den Abend zugesagt hatte. Aber er erinnerte sich an Rhys‘ Worte von vorhin und er war lange genug an der Akademie und auf Schiffen gewesen um den lauernden Tonfall und die süffisanten Blicke seines Gegenübers ganz genau zu deuten. Er erwartet, dass ich so reagiere. Er WILL dass ich nein sage, weil es Öl auf seinem Feuer wäre und er dann hinter unserem Rücken weiter seine Lügen verbreiten kann. „Wie Sie sehen können, hatten wir uns eigentlich der Arbeit vor dem Vergnügen verschrieben, und Lieutenant du Coeur war so freundlich, mir seinen freien Abend zu versprechen, um meine Schießkünste zu verbessern,“ erwiderte er also freundlich, aber in einem sehr bestimmten Tonfall, der sagen sollte: ‚Ich treffe meine eigenen Entscheidungen, nur damit das klar ist.‘
„Aber ich sehe, dass es unrecht von mir war, Sie den ganzen Abend seiner geistreichen Unterhaltung zu berauben.“ Die Göttin weiß, dass ihr beide eine ordentliche Portion Geist gut brauchen könntet. „Um ein Dilemma zu vermeiden, komme ich Ihnen also entgegen und entlasse du Coeur aus seinem Versprechen. Ich bin sicher, es werden sich noch weitere Gelegenheiten zum Üben ergeben, und in der Zwischenzeit bin ich etwas guter Gesellschaft nie abgeneigt.“ Ein Jammer, dass außer ihm keiner in der Runde diese Bezeichnung verdient haben wird. „Außerdem müssen Sie mir unbedingt Fred vorstellen. Er und ich haben beide so starke Meinungen über einen Fremden gefasst, dass es nur recht und billig erscheint, diese durch ein tatsächliches Treffen zu revidieren oder bestätigen, meinen Sie nicht auch?“
Taranis Ives ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
Oh Göttin.
Tanis kannte diesen Blick und diese Stimme bei Elian. Es war keine Stimmung, in der er ihn sehen wollte, zumindest nicht dann, wenn sie dabei waren von Darrens und Haysmith in ein Bordell eingeladen wurden. Das konnte nicht gut ausgehen.
Er warf Elian einen Blick zu. Er wollte Fred kennen lernen. Das warf ein gewisses Konundrum auf. Wie sorgte er dafür, dass das hier alles nicht geschah, zerstörte den Ruf, den sie beide angesammelt hatten und verhinderte, dass Elian begann Rhys Ehre zu verteidigen. Es war eine der Eigenschaften an Elian, die nicht so…herzerwärmend hätten sein sollen. Der Mann wollte einen beschützen, auch wenn man wirklich keinen Beschützer brauchte. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass Tanis kleiner und schmaler war als er und vermutlich wie jemand wirkte, der Schutz brauchte.
Auf andere Männer wirkte er ja offenkundig wie jemand, den man benutzen konnte, wie es einem beliebte. Es war nicht einmal so, als ob es nie Probleme mit den Kadetten gegeben hätte, aber Tanis hatte dem früh einen Riegel vorgeschoben. Rhys du Coeur war für die meisten in der Marine kein leichtes Opfer, stattdessen ein guter Bekannter, Trinkkumpan und oft genug jemand, der zu viele eher ungute und beschämende Geheimnisse wusste, als dass man ihn sich leichtfertig zum Feind gemacht hätte.
Elian hätte es vermutlich nicht gut geheißen, dass sich Rhys durch Erpressung und Bedrohungen alle unerwünschten Avancen vom Leib hielt. Zumindest an Land. Jeder hatte Bedürfnisse und eine Hand fühlte sich nicht unbedingt viel anders an als eine andere, solange es nicht immer die eigene war. Viele Dinge zählten schlicht nicht, noch weniger, wenn sie auf einem Schiff stattfanden.
Ich kann mich irren, aber lädt sich Elian gerade tatsächlich zu einem Bordellbesuch ein???
Tanis wusste nicht recht, wie er darauf reagieren sollte. Wie würde Rhys reagieren? Der Rhys, den Darrens und Haysmith kannten und der Rhys, den Elian kannte?
Er wusste, dass er EINE Sache verhindern musste. „Ich fürchte, Fred und du, ihr seid nicht wirklich geschaffen für gemeinsame Aktivitäten.“
„Ach, wer weiß wen man alles in der Laterne trifft!“ Haysmith schnappte sich Elians Arm, Darrens den von Rhys und sie wurden nach draußen gezerrt. „Und DU hast immer gesagt, dein Doktor würde sich niemals in ein Bordell begeben!“
„Was keinen Charakterfehler darstellt.“ Rhys riss sich auf der Straße los und zog Elian an sich und fort von den beiden Lieutnants, auch wenn sie ihnen weiter folgten.
„Elian….du musst dich nicht gezwungen fühlen, ihren Launen zu folgen.“
Elian Montrose ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 22 Streifzügen in 15 Tavernen.
Habseligkeiten
Jacke & Hose (dunkel), Hemd (hell), Stiefel. Medizinische Ausrüstung in einer Umhängetasche, versteckter Dolch (Mordwaffe an seinem Vater), Tagebuch, Bleistifte und Bündel alter Briefe, Geigenkasten.
Körperliche Verfassung
Platzwunde am Kopf. Gilt als bewusstlos.
„Oh, ich bin ein sehr verträglicher Mensch, komme eigentlich mit allen hervorragend aus.“ Solange sie mir nicht dumm kommen. „Überlass das also ruhig Fred und mir.“ Elian grinste sein bestes Schelmengrinsen, aber er meinte es nicht wirklich und seine Augen waren kalt wie Stahl. „Wir sind doch alle Offiziere und Gentlemen, also keine Sorge. Ich werde mich schon einer Sprache bedienen, die er versteht.“
Einer der Kerle packte Elian am Arm, als wären sie beste Freunde, und ehe der Arzt sich’s versah, befand er sich wieder draußen in der kalten Nachtluft. Ein willkommenes Gefühl, wäre da nicht die laute, ungehobelte Gesellschaft gewesen. „Niemals?“ Elian lachte, aber er mochte den Geschmack nicht, den er dabei auf der Zunge hatte. Er lehnte Lügen aus Prinzip kategorisch ab, auch wenn er sich mitunter einen Spass daraus machte, dümmere Leute mit Doppeldeutigkeiten aufs Glatteis zu führen. „Gegen diese Unterstellung muss ich mich dann doch entschieden wehren. Ich kann mir eine Reihe von Gelegenheiten vorstellen, in denen ich ein Bordell betreten würde.“ Wenn es brennt und Leute darin eingeschlossen sind, beispielsweise. Oder nach einer Messerstecherei, um die Opfer zu versorgen. Oder wenn eines der Mädchen in den Wehen läge, es eine Komplikation gäbe und kein anderer Arzt sich dort blicken lassen möchte… warum nicht?! Huren sind vielleicht Abschaum in den Augen der Gesellschaft, aber sie sind immer noch Menschen, und ich werde ihnen sicher nicht weniger Respekt zollen als den Männern, die ihre Dienste erst lukrativ machen.
„Hört, hört!“ Einer der Männer – Darren? Der, der Elian am Arm gehabt hatte – lachte schallend. „Ich muss sagen, du Coeur – dein Doktor ist nicht, was ich erwartet hatte.“
„Keine Sorge, Mr…“
„… Haysmith.“
„Mr. Haysmith. Bevor der Abend vorbei ist, werden Sie die Gelegenheit bekommen, mich so richtig kennen zu lernen.“
„Darauf trinken wir einen!“ Darren mischte sich ein, und es war in diesem Moment, dass Rhys Elian am Arm packte und ihn nach hinten zog, während die anderen beiden scherzend und lachend auf den Rotlichtbezirk von Escamil geradewegs zu stürmten.
Elian verlangsamte seine Schritte nur zu gern, um etwas Abstand zu Rhys‘ Freunden aufzubauen. „Du solltest mich gut genug kennen um zu wissen, dass ich viel zu sehr Sklave meiner eigenen Launen bin, um denen anderer Leute zu folgen.“ Er strich den Ärmel seiner Uniform, den Haysmith mit seinen Pranken zerknittert hatte, nebenbei glatt. „Abgeshen davon kann ich es wirklich kaum erwarten, diesen Fred näher kennen zu lernen. Ich bin ein großer Bewunderer seiner Arbeit, nach allem was ich heute davon sehen durfte.“
Taranis Ives ist alt und wurde unter den Sternen der Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf Keine Angabe Streifzügen in Tavernen.
„Oh Elian….“
Tanis seufzte und schüttelte leicht den Kopf. „Ich liebe dich wie einen Bruder, aber dir sollte bewusst sein, dass ich nicht deine kleine Schwester bin. Wenn ich in Prügeleien gerate ist es nicht an dir, meine jungfräuliche Ehre zu retten.“
Er wollte ihn umarmen für all seinen unangebrachten Heldenmut. Und er wollte ihn weit, weit fort bringen, wo er sich nicht unangebracht in Gefahr bringen konnte für eine Person, die nicht existierte.
„Und du solltest dich nicht immer darauf verlassen, dass alle Menschen um dich herum zu dumm sind, um heraus zu finden, was du wirklich sagst.“ Seine Mundwinkel zuckten. „Haysmith zumindest könnte vielleicht auf den richtigen Gedanken kommen, wenn er dich näher kennen lernen würde. Was ich nicht empfehle, da er ein guter Kartenspieler, aber ansonsten furchtbare Gesellschaft ist. Er denkt, dass ich schmutzige Wisse mache, wenn ich von weiblichen Kadenzen spreche.“
Leider ließ sich der Mann von nichts abbringen, wenn er einmal einen Plan gefasst hatte und als die Laterne vor ihnen auftauchte spürte Tanis etwas, das er seit seiner Kindheit nicht mehr gekannt hatte: Ein leichtes Flattern im Bauch, einen trockenen Hals… Er schluckte. Nervosität stand einem Spion wirklich nicht gut.
Die Laterne selbst hatte einen einladenden Salon. Der Opiumdampf hing schwer in der Luft. In einer Ecke spielten mehrere Männer mit nackten Damen Karten. Leicht bekleidete Jungen und Frauen trugen Bauchläden mit Zigaretten, Schnupftaback und Weingläsern.
„Die hohen Offiziere bringen neuen Besuch mit!“ Angus winkte ihnen zu und verbeugte sich hinter der Theke. „Bier oder gleich die Hauptattraktion? Du Coeur, Margaret ist gerade frei.“ Er griff nach hinten und zog an einer Klingelschnur, bevor Tanis ihn aufhalten konnte.
Gut. Sollte er irgendwann spontan im Boden versinken…jetzt war eindeutig der richtige Zeitpunkt dafür. Nein? Wirklich nicht? Irgh.
Ein andres Mädchen – rothaarig, grüne Augen… Carmelita? Arabelle? – lehnte sich von hinten gegen Elian und raunte ihm ins Ohr. „Ich mag einen Mann mit großen Händen…“
„Ich sehe, subtiler Charme ist noch nicht vollkommen out. Welch großartige Neuigkeiten für die Welt der Koketterie.“ Er warf dem Mädchen einen Blick über Elians Schulter zu und sie ließ ihn los, als ob sie sich verbrandt hätte. Guuuut…. Angus würde es vermutlich nicht schätzen, wenn seine Damen die Augen ausgekratzt bekommen würden.
„Awwwwh, ist unser DuCoeur nicht süß?“ Darrens ließ sich auf einen Stuhl an der Bar fallen und zog einen Humpen Ale zu sich heran. „Er kann sich schlecht Syphillis von einer Hand holen. Lass dem guten Mann doch ein wenig Spaß, wenn du ihn sonst schon immer davon fern hälst.“
„Von meinen Damen bekommt NIEMAND Syphillis. Ihr seid hier nicht in der furchtbaren Kaschemme drei Straßen weiter.“
„Das Austernherz.“
„Eher der verdorbene Fisch. Der Geruch alleine sollte einen fern halten.“
Elian Montrose ist alt und wurde unter den Sternen der ersten Welt auf der Insel geboren. Dieser mutige Pirat reist als Seemann durch die Meere der Inselwelten und plünderte mit der Crew bereits auf 22 Streifzügen in 15 Tavernen.
Habseligkeiten
Jacke & Hose (dunkel), Hemd (hell), Stiefel. Medizinische Ausrüstung in einer Umhängetasche, versteckter Dolch (Mordwaffe an seinem Vater), Tagebuch, Bleistifte und Bündel alter Briefe, Geigenkasten.
Körperliche Verfassung
Platzwunde am Kopf. Gilt als bewusstlos.
Wie einen Bruder? Wirklich?! Elian war einerseits gerührt, aber andererseits musste er an Aspen denken und daran, was für eine Beziehung er mit seinem echten großen Bruder hatte. Er mochte Rhys, sehr sogar, vielleicht sogar so sehr wie Aspen, aber… auf eine andere Weise. Auf einer anderen Ebene. Es war schwer in Worte zu fassen. Jedenfalls ziemlich sicher nicht genauso wie seine Geschwister.
„Ich weiß nicht, woher diese plötzliche Unsicherheit kommt, aber ich kann dir versichern dass ich dich nicht als Frau betrachte. Momente wie der, in dem wir uns gerade befinden, verhindern das von Grund auf.“ Elian rollte die Augen. Er jedenfalls konnte sich keine Frau vorstellen, für die er in ein Bordell hätte gehen müssen. Weder eine die dort arbeitete, noch eine, die eines aufsuchen wollte. Gut, er hatte kaum Kontakt zu Frauen gehabt in den letzten sieben Jahren – vermutlich lag es auch daran. „Ich kann es nur nicht leiden, wenn Leute unverdient schlecht über…“ … uns… „… einen meiner Freunde reden.“
Er musste schmunzeln, als Rhys ihn vor Haysmith warnte. „Zu unserem zweifelhaften Glück wird er die letzten Reste seines Gehirns demnächst in irgendwelchem Fusel ertränken. Ich sehe keine große intellektuelle Gefahr von ihm ausgehen.“ Er riss sich zusammen, musste ob der ‚weiblichen Kadenzen‘ dann aber doch leise lachen und flüsterte das nächste Rhys so leise zu, dass es fast ganz von der lauten Unterhaltung ihrer Gesellschaft übertönt wurde. „Ernsthaft?! Oh, bei der Göttin, jedes Mal wenn ich denke die Marine hätte den Boden ihrer Standards erreicht…“
Elian war zu abgelenkt damit, die Fassade des Bordells zu beäugen, um wirklich auf Rhys zu achten. Es war kein allzu schmutziges Haus, aber sicherlich auch keine überaus reiche Adresse, und die rot verglaste Laterne über dem Eingang verriet das darin ausgeübte Gewerbe selbst jenen, die noch nie einen Fuß hineingesetzt hatten.
Auch eine Form von Abenteuer, nehme ich an. Wobei ich eine Diskussion über Lady Autumns moralische Abgründe einer aktiven Erforschung derselben vorgezogen hätte…
Sie traten durch die Tür und hinein in eine Szene, die Elian an seine Vorstellungen der Vorhölle erinnerte. Schweres, dunkles Rot überall, plus einige Spezimen der weiblichen Form, die er so noch nie betrachtet hatte. Sicher, sie hatten einige tote weibliche Körper in der Anatomie angeschaut, aber das hier war dann doch etwas ganz Anderes. Er war zu beschäftigt damit, seine Augen von den aller skandalösesten Anblicken loszureißen, um der Unterhaltung so ganz zu folgen. Erst als sich unvermittelt ein warmer Körper von hinten an den seinen schmiegte, kam er wieder zu sich und realisierte so richtig, wo er war. Was zur Hölle will sie mit meinen Händen?! „Ihr Charme ist ebenso subtil wie der Name dieses Etablissements, und damit vermutlich vollkommen adäquat.“ Elian lächelte der Frau halb zu, schwer darauf bedacht, sich auf ihre Augen und nicht ihr Dekolleté zu konzentrieren, das ihm viel zu freizügig entgegengestreckt wurde. „Ich schätze Ehrlichkeit in all ihren Ausformungen.“ Auch wenn ein bisschen weniger gerade auch gereicht hätte.
Er war insgeheim sehr erleichtert, als die leicht Bekleidete sich von ihm zurückschob und ihm die Gelegenheit gab, die Verbeugung des Barmans mit einem leichten Nicken zu erwidern. Laut, stickig, man wird ohne Vorwarnung angefasst und der Humor ist bodenlos langweilig… Und ich dachte die Schießhalle ist grauenvoll. Warum würde sich jemand freiwillig hierhin begeben?!
Elian setzte sich mit einem Blick zu Rhys auf einen der Barstühle neben Darren, nicht zuletzt, weil hier die Damen etwas weniger prominent vertreten waren als in den restlichen Ecken des Salons, zumindest für den Moment. „Bier?“ Der Barmann wischte ohne langes Federlesen einen Humpen aus, füllte etwas aus einem Fass und stellte es vor ihm ab. „Ich nehme an, das Austernherz ist die Konkurrenz?“ Er hob die Augenbrauen. „Ich fürchte jedoch, Ihre Einschätzung der Qualität von Bordellen ist problematisch. Die moderne Medizin hat jedenfalls noch keinen direkten Zusammenhang zwischen schlechten Gerüchen und der Verbreitung von Syphilis feststellen können. Nicht, dass ein sauberes Bett einem voller Mitbewohner nicht trotzdem vorzuziehen wäre.“