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Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Feb 2016
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#71
Nhoj – was war das überhaupt für ein beknackter Name? Sicherheitshalber schob sich Greo kurz einen Finger ins rechte Ohr und bohrte nach, ob er da nicht irgendwas stecken hatte, was ihm das Gehör verdrehte. Er guckte den Lockenkopf an, der den vermeintlich Schuldigen gestellt hatte, welcher vollkommen unbeteiligt wirkte und verlor mehr und mehr das Interesse an dem Gespräch sowie der gesamten, grotesken Situation. Die Erklärung des Werftinhabers tat er mit einem Nicken ab, da er ohnehin keine Antwort auf Lager hatte. Er war nicht davon ausgegangen, dass ihr Schiff ein Grund für Mord sein könnte.
Greo beobachtete, wie Skadi sich vom Dumm-Rumstehen verabschiedete, klinkte sich geistig aus und hielt lahm nach der Sphinx Ausschau. Vielleicht ließen Werftbetreiber und Mannschaft ihn in Ruhe selbst dran werkeln, während sie Detektiv spielten. Mit verschränkten Armen betrachtete er die Halle.
Seine Aufmerksamkeit wurde erst wieder zu dem Geschehen zurückbeordert, als ein Schrank von Kerl auftauchte und Verstärkung einzuholen vorschlug. Auf der einen Seite hätte ihm Greo gerne applaudiert für diese ausgefallene Idee, welche die Verantwortung anderen in die Schuhe schob, andererseits klopfte bei dem Wort ‚Marine‘ sein Fluchtinstinkt an. Sollten die gleich auf dem Plan stehen, würde er sich ins Bordell zurück verabschieden. Er sah nicht ein, sich wegen einer Leiche, die nix mit ihm zu tun hatte, in Gefahr zu begeben.
Weil er mit ausführlichen Analysen anfing, glotzte Greo den Dunkelhaarigen Werftarbeiter neben dem Verdächtigen an. Der schien sich auszukennen, was es Mord und Totschlag anging. Und wesentlich mehr in die Hand zu nehmen als der Wertinhaber selbst. War der wirklich so engagiert, wollte er von etwas ablenken oder hatte er bloß einen übertriebenen Drang sich zu präsentieren?
Greo runzelte skeptisch die Stirn. Aber in einer Hinsicht hatte er sicherlich nicht unrecht. Ohne groß drüber nachzudenken, setzte sich Greo in Bewegung Richtung Türen, im Begriff, diese für ungebetene Augen zu schließen.

[Werft, entfernt sich zu einem Eingang hin | Alex, Jonah, Enrique, Talin, Skadi irgendwo im Hintergrund]
Jonah Blythe
Crewmitglied der Sphinx
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#72
Der ruhige, unbewegte Blick wanderte gen Talin, als sie versuchte Jonah klar zu machen dass seine Aussage ihn nur noch verdächtiger erscheinen ließ. Er sagte nichts, sondern starrte sie einfach kalt an und doch machte es irgendwie den Anschein, als müsse er verschärft über ihre Worte nachdenken.. Und das war sogar der Fall. Er verstand nicht, weshalb es ihn noch verdächtiger machte. Immerhin hatte er doch gerade klipp und klar gesagt, das es die Mühe nicht Wert war, jemanden mit einem Hammer zu erschlagen und das er eine andere Methode gewählt hätte, wenn er es gewesen wäre.
Und da ihm ohnehin eher schwer viel zwischen den Zeilen zu lesen, konzentrierte er sich auf die Mimik seines Gegenübers... Dies artete meist jedoch in gruseligem starren aus. Sein Blick bohrte sich in Talins Gesicht, er konnte allerdings nichts ungewöhnliches Feststellen - oder eben einen Hinweis darauf, weshalb ausgerechnet er sich Verdächtig machte.

Noch während er weiter versuchte ihre Worte zu Begreifen, meldete sich auch schon Alex zu Wort... Irgendwie... Schien er der Einzige zu sein der Jonah zu verstehen schien, zwar ergriff er verständlicherweise für niemanden Partei, doch bemühte er sich sichtlich Jonahs Aussage zu übersetzen. Dies gab für den flüchtigen Deserteur allerdings nur wieder Rätsel auf - denn im Grunde wiederholte Alex genau das was Jonah eh schon gesagt hatte - nur irgendwie... auf eine andere Art. Eine menschlichere Art.

Immer noch schwieg der junge Mann zu der ganzen Situation und erst als die nächste Person dazu geschlittert kam und dann auch noch was von 'Marine' faselte, wurde Jonah unruhig. Zu Recht. Seine Nervosität jedoch strahlte nicht nach außen.. Er blieb genauso puppenhaft wie eh und je. Und trotzdem begannen seine Gedanken nun zu rasen. Entweder musste er sich aus dieser Situation heraus ziehen - notfalls mit Gewalt. Oder das Vorgehen in eine Richtung lenken, die nicht gerade mit der Marine zu tun hätte... Da der junge Mann nicht sonderlich wortgewandt war, aber gut im Kampf, tendierte er zur ersteren Lösung... Doch bevor er allerdings die Flucht ergreifen würde, gab er dem zweiten Versuch eine Chance.

"Die Marine wird mit Sicherheit die komplette Werft schließen lassen um ihre Ermittlungen zu starten."

Keine Vermutung. Das war Fakt. Die laufenden arbeiten und die damit verbundenen Einnahmen des Werftinhabers kämen ganz schön ins stocken. Nicht zuletzt warteten Kunden auf die Fertigstellung von Schiffen und Beschwerden und Ärger wären die Folge. Außerdem könnte sich der Vorfall somit auf der ganzen Insel wie Lauffeuer verbreiten und wer weiß welchen Ruf er davon tragen würde?

- Alex, Enrique, Greo, Skadi und Talin | In der Werft -
Nathan Reed
Crewmitglied der Sphinx
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#73
Die Faust in der Größe eines Kinderkopfes schlug unmittelbar dort ein, wo sich Nathans Schädel noch vor dem Bruchteil einer Sekunde befunden hatte, und hinterließ einen hässlichen braunen Fleck vom abgesprungenen Putz in der weiß getünchten Hauswand des Tuchhändlers. Der Gorilla, der mit einem weiteren Hünen geschickt worden war, um Nathan das Fell über die Ohren zu ziehen - also ganz wortwörtlich gesehen - grunzte unwillig und setzte dem Dieb nach. Dieser hob beschwichtigend die Hände. “Man kann doch über alles re…“ Der zweite Hieb traf ihn in die Magengrube und erstickte sowohl die zweite Hälfte des Satzes, als auch die Hoffnung, dass man mit diesem Berg über irgendetwas reden konnte. Japsend sank Nate auf die Knie, ohne dem Leibwächter irgendetwas entgegen setzen zu können. Nathan verstand den Zorn sogar. Er wäre sicherlich auch wütend gewesen, hätte man ihm eine Gabel in seinen Handrücken gestochen. Das hatte Nathan nämlich zuvor getan, um sich aus dem Schwitzkasten des Leibwächters zu befreien und auf die Straße zu springen.

Ja, na klar, es stimmte schon: Eigentlich hätte Nathan seinem Retter Flint dankbar sein müssen. Eigentlich hatte der ihn ja aus dem Wasser gefischt, ihm zu essen und etwas Anständiges zum Anziehen gegeben, und ihn bei sich wohnen lassen. Eigentlich, ja, eigentlich war es nicht die feine Art, Flints Gutmütigkeit zu vergelten, indem man ihm einen kleinen Sack Goldmünzen stahl - mehr hatte sich Nathan leider nicht gönnen können - und sich anschließend mit der Tochter einließ. Wäre die schöne Gwenn nicht dazwischen gekommen, Nate wäre schon längst über alle Berge gewesen. Jetzt weinte Gwenn am offenen Fenster, der feiste Flint stand fluchend daneben. 

Sie hatten ihn fast auf frischer Tat ertappt, und obwohl alle von Nathans Kleidungsstücke noch an der richtigen Stelle saßen, war der Vater in eine eindeutige Szene geplatzt. Nathan musste machen, dass er davonkam. Also rollte er sich zur Seite, als der Leibwächter nach ihm trat, wich dem zweiten Mann aus, nahm einen Blumenkübel und warf ihn blindlings nach hinten. Das verschaffte ihm ein wenig Zeit. Er kletterte geschickt von einem niedrigen Ast über die Mauer und war mit einem Satz auf der Straße. Ohne zu Zögern lief er los, sich durchaus bewusst, dass die beiden Leibwächter des Tuchhändlers nicht so schnell aufgeben würden. 

Er lief ohne auf seinen Weg zu achten durch die Gassen und versteckte sich schließlich schweratmend in einem dunklen Hauseingang. Tatsächlich waren ihm Flints Schergen sehr dicht auf den Fersen, sie passierten den versteckten Dieb nur Wimpernschläge später. Nathan drückte sich an die Wand und hielt den Atem an. Als die beiden um die nächste Hausecke bogen, floh Nathan in die andere Richtung. Plötzlich erhielt er einen heftigen Stoß, der ihn rückwärts taumeln und zu Boden gehen ließ. Einen Moment befürchtete er, Flint hätte ihn aufgespürt, doch dann sah er ein gehetztes Augenpaar auf sich ruhen. Ein bärtiger Mann mit verfilzten Haaren und zahnlosem Mund hatte offensichtlich eine Tasche an sich gebracht und war in seiner wilden Flucht mit Nathan zusammengestoßen, der ja ebenfalls eher auf seine Verfolger geachtet hatte, als auf seinen Weg nach vorne. 

Nathan sprang auf die Füße, sein Blick glitt nach vorne, und er sah die Gestalten, deren Hab und Gut der Straßendieb, denn nichts anderes war der Mann vor ihm, an sich gebracht hatte. Eine verletzte junge Frau und zwei junge Männer sahen aufmerksam zu ihnen hin. Nathan überlegte nicht lange, schnappte sich seinerseits die Tasche, steckte dem Bettler unbemerkt eine Handvoll Kleingeld des Tuchhändlers zu, gab ihm einen Fußtritt, der ihn wegtaumeln ließ und meinte zischend: “Besser für dich, wenn du dich damit begnügst. Mit denen scheint nicht gut Kirschen essen!“ Der Mann ließ sich das nicht zweimal sagen, nahm die Beine in die Hand und verschwand in der Dunkelheit der Hinterhöfe. Schweratmend stand der Taschendieb da, klopfte sich den Staub der Straße aus den feinen Klamotten des Tuchhändlers, und wartete darauf, was oder wer auf ihn zukam. Vielleicht hatte er Glück und die drei würden ihm ein Versteck verschaffen, bis Flint seine Aufregung vergessen, oder noch besser, ihn vergessen hatte.

“Das scheint Euch zu gehören!“, gab Nathan von sich, als einer der drei in Hörweite kam und hielt dem Neuankömmling die Tasche ausgestreckt hin.

[Vor dem Bordell | Shanaya, Liam, Elian(?) & Josiah]
Crewmitglied der Sphinx
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#74
Ein gutgelauntes Lächeln lag auf seinen Zügen, wuchs ein bisschen in der Breite, als Shanaya ihm ihre These unterbreitete und behielt seine Gedanken für sich. Erst, als sie geendet hatte und ihm ein breites Grinsen ihrerseits galt, zuckte er gedehnt mit der Schulter und blinzelte ihr unschuldig entgegen.

„Naja, jeder wie er will, oder? Oder um es mit Elians Worten auszudrücken – jeder hat eine Vorliebe für ein anderes Pastetenrezept.“

Er war da ganz bestimmt der letzte, der über irgendetwas urteilte. In der Liebe gab es keine Regeln, solange sich die Richtigen fanden und beide bereit waren, sich den Versuchungen und Gelüsten des jeweils anderen hinzugeben. Sie war vielfältig, bunt und geheimnisvoll. Etwas, worüber man nie und nimmer alles wissen konnte. Etwas, was niemals langweilig wurde und auf das er mit Nichten verzichten wollte. Wenn andere es vorzogen, allein in ihrem Schneckenhaus zu bleiben, war es ihr gutes Recht – nur eben nichts, womit er etwas anfangen konnte. Sie legten das Thema beiseite und als die Dunkelhaarige gedehnt seinen Namen über dem Flur ausbreitete, wünschte er sich für einen kurzen Moment, sie würden sich doch wieder der Sache mit der Körperlichkeit widmen. Wäre er aufmerksamer gewesen, wäre ihm vielleicht sogar aufgefallen, dass Shanaya besonders an diesem Thema in letzter Zeit mehr Interesse zeigte. Vermutlich schob er es aber einfach darauf, dass man sich eben kennenlernen musste, bevor man Dinge ansprach, die die meisten eben doch eher prüde verschwiegen. Instinktiv jedenfalls zog er den Kopf zwischen die Schultern, als ihn ihre Rüge traf. Aber immerhin ließ sie sich – wenig begeistert – auf seine Ausrede ein, was Liam hingegen belustigt zum Schnauben brachte. Mit gehobenen Augenbrauen schielte er skeptisch zu ihr hinüber.

„Wenn du willst, dass ich dich ausführe, musst du’s nur sagen, statt zu versuchen, mir scheinheilig ein schlechtes Gewissen einzureden.“, zog er sie freundschaftlich auf, kurz bevor Josiah von hinten zu ihnen aufschloss.

Dem Älteren galt ebenfalls ein gutgelaunter Blick, doch er verhielt sich so schweigsam wie immer. Dennoch war Liam um seine Anwesenheit nicht traurig, selbst wenn es ihn vermutlich recht bald in eine andere Richtung treiben würde. Josiah kam ihm nicht vor wie jemand, der sich auf einen sorglosen Nachmittag mit Späßen und Neckereien einlassen wollte – umso lieber ließ er sich vom Gegenteil überzeugen. Bis auf die Straße jedenfalls führte sie ihr Weg gemeinsam und während Farley und Elian in die eine Richtung abbogen, nahmen sie ganz automatisch die andere. Shanayas Tempo war für Josiah und ihn eher ein bequemes Schlendern und bot ihm genügend Gelegenheit, sich die Gebäude und Menschen ein wenig genauer anzusehen.

„Hoffentlich nichts so spannendes wie unser letzter Halt.“ Der Jüngeren galt ein vielsagender Blick, der gleich darauf Josiah traf. „Hast du irgendwas bezüglich der hübschen Portraits in Erfahrung bringen können, Josiah?“

Wenn jemand wusste, wie man sich unbemerkt umhörte, dann vermutlich der ehemalige Attentäter. Bislang machte es nicht den Anschein, als hätte jemand ihre verfremdeten Fratzen auf den Fahndungsplakaten erkannt, aber Liam tat sich im Augenblick wirklich schwer damit, sich so optimistisch wie immer darauf zu verlassen. Noch bevor der Größere allerdings zu einer Antwort ansetzen konnte, schubste etwas – oder viel mehr jemand - Shanaya und ihn unsanft auseinander. Liam taumelte zur Seite, sah noch, wie die Jüngere gegen Josiah stürzte und die Gestalt, die sich zwischen ihnen hindurchgezwängt hatte, mit der Tasche aus dem Staub machte, die eben noch um die Schulter der Dame ihrer Runde gehangen hatte.

„Ernsthaft…?“, brummte er nur wenig elanvoll, als könne er nicht glauben, dass ihm auch heute nicht einfach mal ein ruhiger Tag vergönnt war. „Mach dich bereit, den Kerl gleich mit deinen Krücken zu vermöbeln.“

Obwohl er wirklich nur wenig Lust darauf hatte, setzte er, kaum dass er seinen Stand wieder gefangen hatte, zum Laufschritt an. Anfangs erinnerte ihn ein kurzes Ziehen in der Magengegend daran, dass sein gestriger Abend ganz ähnlich verlaufen war und er den Schlag des Hünen nicht ganz so unbemerkt weggesteckt hatte, wie er bislang geglaubt hatte. Doch er ließ sich nicht aufhalten, schlitterte um die nächste Ecke, um die der Taschendieb gebogen war. Zu seiner Überraschung schien er aufgehalten worden zu sein, blickte nun grimmig und gehetzt über die Schulter, als er ihn kommen hörte und setzte sich wieder in Bewegung – ohne seine Beute, wie der Lockenkopf kurz darauf feststellte. Die hatte jetzt ein anderer junger Kerl in der Hand, der entweder Komplize oder ahnungsloses Opfer sein konnte, dem der Dieb die Tasche in die Hand gedrückt hatte. Vielleicht an Anfänger, der nicht damit gerechnet hatte, direkt verfolgt zu werden. Kurz überlegte der Lockenkopf, den hinteren der beiden Männer zu verfolgen, empfand dann Shanayas Hab und Gut allerdings doch als wichtiger und lief aus. Fast gleichzeitig machte die junge Gestalt auf sich aufmerksam. Liams Stirn legte sich kurz in Falten, während er den anderen um die nächste Ecke verschwinden sah und dann den Mann vor sich musterte, der ihm die Tasche entgegenhielt.

„Danke.“

Er war selbst überrascht über sein Misstrauen. Misstrauen, für das nicht einmal der hilfsbereite Kerl vor ihm etwas konnte und was auch sonst eher untypisch für ihn war. Umso bemühter war er, sich nichts anmerken zu lassen, als er seinem Gegenüber ein dankbares Lächeln schenkte. Er wirkte eigentlich kaum wie ein Komplize. Von der Kleidung her passte er ganz gut in das gehobene Viertel von Silvestre. Im Gegensatz zu ihnen, wenn man so wollte.

„Da warst du wohl zur richtigen Zeit am richtigen Ort.“

{ In den Straßen in der Nähe des Bordells | Nathan & Shanaya & Josiah }
Crewmitglied der Sphinx
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#75
Talins Körper spannte sich an, je länger niemand etwas auf den Einwurf mit der Marine sagte. Konnte bitte mal jemand etwas dagegen tun? Mussten nicht alle hier irgendwie ein wenig unruhig hin und her rutschen, wenn die Sprache auf die Marine fiel? Stattdessen herrschte größtenteils ungemütliches Schweigen. Als traute sich niemand wirklich die Entscheidung zu treffen. Dann geschahen allerdings zwei Dinge auf einmal. Greo setzte sich in Bewegung, um irgendetwas an den Eingangstüren zu tun. Entweder er wollte schnell weglaufen, bevor es hier nur so vor Soldaten wimmelte, was Talin nur zu gut verstehen könnte. Oder er wollte die Türen schließen, damit eben keine weiteren Außenstehende sich einmischen konnten. Letzteres wäre ihr lieber, denn sie wollte nicht, dass der Mann allein durch die Straßen von Silvestre tigerte und dabei erkannte wurde.
Das zweite waren schließlich Worte von dem Schweigsamen, die die Starre der Anwesenden zu brechen schien. Das ausgerechnet er etwas sagte, überraschte die Blonde. Bis vor ein paar Minuten schien er nichts anderes gekonnt zu haben und sie anzustarren – auf sehr ausdruckslose Art und Weise. Wäre sie jemand anderer gewesen – wie die jammernde Frau, die die Leiche gewunden hatte – wäre sie vielleicht in Panik weggerannt. Doch so hatte sie das ungemütliche Gefühl nur herunter geschluckt und die Erklärung seines Kumpels, schließlich mit einem Nicken und einer wegwerfenden Handbewegung beantwortet. Es war ja nicht so, als ob sie den 'Verdächtigen' wirklich... verdächtigte. Nur weil er da war, musste er es nicht gewesen sein. Eine Tatsache, die die andere Dame wohl zu vergessen schien.
Bercker war schließlich derjenige, der die Stille nach dem Verdächtigen brach. Er schien überlegt zu haben, was das beste zu sein schien und hatte sich wohl schließlich zu einem Schritt entschieden.

Wir holn niemanden. Das müssen wir hier in der Werft klären. Du stimmst mir zu, Captain? Er sah dabei Talin an, die nur zustimmend, wenn auch ein wenig widerstrebend nickte. Eine kleine Gruppe Leute, die mit einem Schiff mit roten Segeln unterwegs waren und dann die Marine. Das würde niemals gut ausgehen. Auch der Werftinhaber nickte und sah dann den neu dazugekommenen an. Wer ist sonst noch in der Werft, Ross?

Der Junge blinzelte kurz verdutzt, bevor er den Kopf schüttelte.

Niemand sonst, Sir. Die andrn komm' gerade erst.

Bercker nickte noch einmal und sah dann die Gruppe um die Leiche herum an, bevor er fast ein wenig ergeben die Schultern hängen ließ. Vielleicht sah das aber auch nur für Talin so aus. Anscheinend schien auch er den Verdächtigen nicht gleich als Täter brandmarken zu wollen. Obwohl es für ihn wohl auch am einfachsten gewesen wäre. Aber der Gerichtsbarkeit der Tarlenn einen falschen Täter zu präsentieren, schien ihm noch weniger zu gefallen, als die Tatsache, dass hier überhaupt etwas geschehen war. Anscheinend schlug ein ziemlich weiches Herz in seiner Brust. Oder er versteckte etwas. Talin schluckte, als es wieder drohte so ein Moment des Schweigens zu werden, weil niemand wusste, wie sie mit der Situation umgehen sollten.

Tja“, sie klatschte in die Hände. „Ich habe zwar keine Ahnung, wie das gehen soll, aber fangen wir doch mal damit an, wo jeder zuvor gewesen ist, oder? Also bevor die Werteste hier geschrien hat. Richtig so, Enrique?“ Sie hätte auch Skadi gefragt, aber die war von ihrem Streifzug durch die Werft noch nicht zurückgekommen.

[In der Werft | bei Alex, Enrique, Jonah | in der Nähe von Greo und Skadi]
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dabei seit Jun 2019
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#76
Tarlenn? Rúnar überlegte, ob Gregory sich mit seinem Nachnamen vorgestellt hatte, ober er jemals eine Sanduhr auf Gregorys Arm gesehen hatte. Er konnte sich nicht erinnern. Im Blut oder im Geist? Es lag Rúnar auf der Zunge, aber er fragte nicht. Er hatte zu viel über die Tarlenn gehört, von dem er sich nicht sicher war, ob es stimmte. Und an das meiste konnte er sich auch nicht erinnern. (Entweder hatte sein Professor es ihm im Geschichtsunterricht nie erzählt oder er hatte einfach nicht aufgepasst.) Aber er meinte, sich zumindest ganz sicher erinnern zu können, dass Gregorys Nachname nicht Tarlenn war. Wie dem auch sei. Es spielte keine--

Es könnte sein Weg hier raus sein. Wenn irgendwer Beziehungen hatte, dann ein Tarlenn. 

Aber Rúnar verwarf auch diesen Gedanken.

Keine Selbstmordaktion. "Genau so wenig wie die letzte, ja?", sagte Rúnar. Ihm drohte noch immer der Schweiß auszubrechen, wenn er nur daran dachte. Sein Blick fiel auf seinen Arm, dort wo sich der amateurhaft genähte, halb verheilte Schnitt unter dem Stoff befand.

Gregorys Aufmerksamkeit ging zu einer der Frauen, die ihm etwas zu Essen brachte. Rúnar bemerkte den Blick, den Mickala der anderen Frau und die Geste, die sie Gregory gab. Höchst unangebracht, wäre das hier nicht ein Bordell. (Wobei da mehr Rúnars Erziehung sprach als er selbst.)

 Rúnar folgte dem Gespräch. Spröde. He-he. Er lächelte amüsiert.

Mickala zeigte anklagend mit dem Finger auf Rúnar. "Und amüsiere du mal lieber nicht zu sehr. Du wirst es noch bereuen, dass wir bei dir schon längst aufgegeben haben."

Rúnar hob verteidigend die Hände, aber lächelte noch immer. Das würde er sicher, sicher nicht.

Mickala verschwand. Jetzt hatten sie schon so früh am morgen jemandem die Laune verdorben. Aber so wie er sie bisher erlebt hatte, würde das in kürzester Zeit wieder verflogen sein.

Schnee. Um diese Jahreszeit war es auch in Andalónia grün, aber die meiste Zeit, wenn er an seine Heimat dachte, dachte er an die Winter. Den dichten Schnee, durch den man nur das Licht des Leuchtturms noch erkannte. Die Quellen, deren heißen Atem man schon von weitem sah. Und die Pferde, deren Fell so dicht war, dass die Finger in ihm verschwanden, wenn man mit der Hand durch fuhr.

"Da bin ich sofort dabei", sagte Rúnar. Er nahm mit einem Zug den letzten Schluck seines Tees und griff über die Theke, um seine leere Tasse dort abzustellen.


{ mit Gregory und Mickala, der Bardame, an der Bar | Mickala ab }
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#77
„Oh nein!“

Trevors Hand zuckte zurück, als hätte Ceall sie verbrannt.

„Meinst du, er kommt rüber und beißt mir den Finger ab?!“

Er grinste, ließ den Arm aber brav sinken und versteckte ihn ganz wie Ceall hinter dem Rücken. Wozu auch immer das gut sein sollte – vielleicht plante er irgendeinen Zaubertrick? Einen Moment blieb er zurück, beäugte wie Ceall über die Straße stakste und versuchte mit allen Mitteln, nicht in lautes Gelächter auszubrechen. Den Kontor hatten sie vorher ausgiebig auskundschaften – das hieß: stundenlang von allen Seiten anstarren – und sich schließlich doch ihren Weg bis nach oben freikämpfen müssen. Aber wer brauchte schon Kämpfer, wenn er so talentierte Schauspieler hatte! Und ihr potenzieller Informant verdiente sich sogar seinen Lebensunterhalt damit, auf der Straße herumzusitzen und auf Häuser und Leute zu starren. Offenbar hatte Ceall recht gehabt und es handelte sich um einen Bettler. Trevor warf einen Blick nach links und rechts. Die einzige sinnvolle Alternative wäre die Katze. Allerdings saß die erstens inzwischen vor dem falschen Haus und zweitens beobachtete sie es auch gar nicht, sondern war gänzlich eingenommen von der Pflege ihres Fells. Dann also der Bettler. Bettler, Butler – so groß konnte der Unterschied doch gar nicht sein, oder? Beide lungerten vor Häusern herum und warteten darauf, dass Vorbeikommende ihnen ihre Mäntel gaben. Dieses Exemplar hier sah zwar nicht aus wie der edle Schmuck der feinen Gesellschaft, aber wer wusste schon, was bei denen gerade in Mode war?

Trevor bändigte das Grinsen zu jenem spöttischem Lächeln, das der einzige verbliebene freundliche Ausdruck im Gesicht reicher Menschen zu sein schien, und trippelte über die Straße.

„Ist das Tee?“, fragte er den Mann am Boden und beäugte neugierig seinen Flachmann.

Cealls Zaubertrick ließ wohl noch auf sich warten, dafür hielt Trevor plötzlich eine Goldmünze in der rechten. Na ja, halbwegs plötzlich und halbwegs magisch, er hatte sie einfach mit der freien Hand aus dem Geldbeutel gezogen. Er hätte das natürlich auch mit der Hand hinter dem Rücken machen können, das wäre um einiges dramatischer gewesen, aber dafür hätte er sich vielleicht ein klitzekleines bisschen akrobatisch verrenken müssen, und so was taten Edelleute natürlich nicht. Er schnippte die Münze in die Luft, fing sie geschickt wieder auf und reichte sie dem Butler.

„Oh ja, ich spüre schon, wie mein Wert sinkt.“

Seine Mundwinkel zuckten. Von dem Goldstück sprach er nicht. Er würde ja gleich ohnehin um einiges Glitzerzeugs reicher sein, da schadete es doch nicht, wenn diese eine Münze den Besitzer wechselte. Viel mehr war der größte Teil der Aufgabe, die Lucien ihm zugedacht hatte, hiermit wohl erledigt. Nein, er trug seine Berufung nicht auf die Stirn geschrieben – sondern auf den Arm tätowiert, den er dem Butler gerade unter die Nase hielt. Obwohl er auch nichts dagegen gehabt hätte, sich die Sanduhr der Tarlenn quer über das Gesicht zu malen, sie war nichts, das Trevor je gedachte zu verstecken. Aber Greg hatte ihn schließlich gerade noch davon abgehalten.

Sein Blick hüpfte wieder die Straße auf und ab und kurz zu der Villa und ihrem Balkon hinüber. Ihrem ziemlich schicken, ziemlich blauen und ziemlich leeren Balkon.

„Sieht ganz so aus, als wären wir die Ersten.“

Ha! Erste! Gewonnen, wieder! Er warf Ceall einen Blick zu, der deutlich strahlender ausgefallen wäre, würden sie hier nicht die feine Gesellschaft nachahmen.

„Wäre ja auch eine Schande, zu spät zu meiner ersten Teeparty zu kommen! Meinst du, es ist schon jemand wach? Vielleicht sollten wir mal läuten gehen.“

Sie gingen bestimmt als Handwerker durch. Obwohl die meisten von denen wohl eher Hammer und Meißel statt Entermesser und Pistolen am Gürtel trugen. Dann wohl doch eher die neuen Nachbarn, die sich Mehl und Eier leihen wollten. Man musste doch bestimmt irgendwelche winzigen Gebäcke backen für so eine Teeparty, oder?

[Villenviertel, vor dem Haus mit dem blauen Balkon || bei Ceall & Aik]
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#78
Während Alex noch abwartend in die Richtung von Bercker blickte, setzte sich eine andere Gestalt schweigend in Bewegung, um seinem Vorschlag nachzukommen. Er warf dem Hünen einen flüchtigen Blick von der Seite zu, doch mehr kam von Seiten des Fremden nicht. Keine Reaktion auf die zuvor gegebene Auskunft des Inhabers, nichts. Ein gemeinsames Essen mit ihm und John gemeinsam schrie ja förmlich danach, ein unterhaltsamer Abend zu werden. Letzterer war allerdings gerade damit beschäftigt, der blonden, zierlichen Gestalt entgegenzustarren, als könne er sie allein mit seinem Blick in Luft auflösen – oder zumindest an einen anderen Ort teleportieren, an dem sie ihn nicht mehr derart davon abhielt, einfach das Weite zu suchen. Alex für seinen Teil nämlich hätte vermutlich keinen Finger mehr krumm gemacht, hätte John einen (weiteren?) Fluchtversuch gestartet. Eigentlich wartete er nur darauf, doch die Hummeln, die ihm in den Hintern gekrochen sein mussten, kaum dass im Raum stand, die Marine mit dieser Angelegenheit zu beauftragen, waren entweder auf Opiaten oder John wusste das Gefühl zu genießen und zu vertuschen. Dann aber startete er doch den Versuch, die Marine irgendwie außen vor zu lassen. Alex verschränkte abwartend die Arme vor der Brust, während sein Blick anfänglich auf Bercker lag, der schließlich die Entscheidung traf: Keine Marine. Aber auch keine Tarlenn.
 
Die Augenbraue des Lockenkopfes schob sich unscheinbar nach oben, als der Werftinhaber ausgerechnet die kleinste und zierlichste Gestalt dieser Gruppe als deren Captain entlarvte. Nicht, dass eine Frau in Alex‘ Welt nicht in der Lage war, eine Crew anzuführen, aber irgendwie hatte er sie – ähnlich wie den schweigsamen Hünen – am wenigsten erwartet. Sie war jung und hätte man ihm gerade nicht offenbart, dass sie das Kommando über eines der Schiffe hier hatte, hätte er sich von ihrem blonden, unscheinbaren Auftreten vermutlich täuschen lassen. Aber Naivität konnte man sich als Captain definitiv nicht leisten. Umso gespannter war der Dunkelhaarige nun allerdings, als sie sich dazu bereiterklärte, diese Sache gemeinsam mit Bercker aufklären zu wollen. Alex für seinen Teil wurde aufgrund der Entscheidung des Inhabers jedenfalls das Gefühl nicht los, dass John nicht der einzige war, der hier etwas zu verbergen hatte. Bercker war großherzig, das wusste er inzwischen. So oder so hätten sie aber vermutlich alle mehr davon gehabt, diese Sache zum Problem eines anderen zu machen. Für John war diese Entscheidung jedenfalls die beste, die hatte fallen können. Und Alex war gespannt darauf, wie die beiden Entscheidungsträger nun weiter verfahren würden.
 
Inzwischen hatte der Hüne wieder schweigend seinen Platz am Rand eingenommen und die übrigen wandten sich Ross, John und der Neuwittwe zu, um sich ihre Alibis anzuhören. Alex nutzte die Zeit, um sich die niedergeschlagene Gestalt noch einmal genauer anzusehen, ohne seine Position zu verlassen. So, auf den Rücken gedreht, wirkte Nhoj wirklich fast, als würde er sich bloß eine ziemlich unbequeme Auszeit gönnen. In Anbetracht dessen, was hier nun auf sie zukommen würde, fast schon beneidenswert. Aber wenigstens waren sie hier drin nun vor neugierigen Blicken geschützt, die man von außerhalb hätte durch die Tür werfen können. Als er die Ecke genauer bedachte, fiel ihm schließlich etwas auf, was dunkel am Boden funkelte. Dunkles Metall, wie es schien. Seine Augenbrauen zogen sich ein wenig zusammen, als er sich langsam und beiläufig in Bewegung setzte, Nhoj mit etwas Abstand und nachdenklichem Blick umrundete und schließlich in die Knie ging, um sich den Gegenstand näher anzusehen. Ein Schlüssel, auf dem das Emblem eines Gasthauses schimmerte, welches ihm durchaus bekannt war – das, in dem sowohl John als auch er nämlich übernachteten. Ohne groß Aufsehen zu erregen, versperrte er im Aufstehen die Sicht darauf mit seinem Bein und klaubte ihn unauffällig vom Boden auf, um ihn in seiner Tasche verschwinden zu lassen. Zu spät fiel ihm der Blick aus dunklen, braunen Augen auf, der ihn aus einiger Entfernung prüfend in den Fokus genommen hatte. Wie es schien, war die zweite Dame der Runde von ihrem kleinen Rundgang zurück. Alex ließ sich nichts anmerken, und stellte sich wieder hinter John auf, als er von seiner Tatortbeschau zurückkam. Schien, als wäre er nun an der Reihe, seine Unschuld zu beteuern.
 
„Lasst es knapp ‘ne halbe Stunde her sein, dass ich hier ankam. Ich hab‘ mein Zeug im Hinterzimmer verstaut und wollte mich gerade an die Arbeit machen. Dann habe ich sie schreien gehört und bin losgelaufen.“


Enrique & Greo & Jonah & Skadi & Talin | Werft  }
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#79
Talin nickte und Skadi verschwand zwischen den Schiffskörpern. Ungesehen und lautlos. Jegliche Aufmerksamkeit lag auf der Szenerie in ihrem Rücken. Der Leiche. Dem Fremden, der auf seiner Flucht zu Boden gestreckt worden war und sich nun mehr schlecht als Recht aus der Affäre zog.  Sein Argument hinterließ ein unsichtbares Schmunzeln auf ihren Zügen. Auch wenn er Recht behielt – und das tat er zweifellos – war es keine allzu kluge Idee, allen Umstehenden zu offenbaren, dass man bessere Mittel und Wege kannte, unliebsame Mitmenschen aus dem Weg zu räumen. Doch was blieb ihm wohl noch anderes übrig, wenn dieses hysterische Ding in Enriques Armen felsenfest beteuerte, ihn dabei gesehen zu haben? Nicht viel. Und offensichtlich so wenig, dass er nach allen Strohhalmen griff, die ihm übrig blieben.
Mit einem Seufzen schob sich die Jägerin am dunklen Schiffsrumpf neben sich vorbei, als sie die Ankunft eines weiteren Werftarbeiters dumpf in ihrem Rücken vernahm. Augenblicklich beschleunigten sich ihre Schritte, führten sie tiefer und tiefer in das Labyrinth aus Planken und Teer hinein. Je mehr Zeit sie hier vertrödelten, desto eher fielen sie der Marine in die Hände.

[Minuten später]

Fest umschlossen die langen Finger den verdreckten Stoff etliche Zentimeter unter sich, dessen Wärme nahezu ihre Knöchel verbrannte. Wieso ausgerechnet ein Kind auf der unbemannten Sphinx herum turnte und sich vor den anderen versteckt hielt, war ihr unbegreiflich. Entweder gehörte er zu einem der Arbeiter oder hatte sich für die Nacht innerhalb der Werft einen sicheren Schlafplatz gesucht. So oder so hatte ihn die junge Nordskov auf ihrem Streifzug entdeckt und durch die halbe Halle verfolgt, ehe sie ihn nun mit reichlich Nachdruck zurück zum Ort des Verbrechens zurückschob. Mit einer Faust zwischen den dünnen Schultern und einem Brummen, das jeden seiner Ausfallschritte korrigierte, die sie ihm bereites an den nervösen Augen ansehen konnte. Viel hatte sie bisher aus dem Jungen nicht heraus bekommen. Nur panische Blicke und ein Zittern, das sich wie ein eisiger Wind durch einen Baum zog.

„Gehört dieser junge Mann hier zu euch?“

Noch ehe sie im Rücken des Werftinhabers aus den Schatten auftauchten, schob sich Skadi halb vor die schmale Gestalt ihres Mündels neben sich. Zog seine Aufmerksamkeit bewusst für einen Moment von der Leiche ab, die noch immer auf dem kalten Steinboden ruhte. Umringt von einer schillernden Blutlache. Hinter ihr, dicht neben der gegenüberliegenden Wand gebückt, ein dunkles Augenpaar, das wie elektrisierend das ihre traf. Die Hand hinab gestreckt. Nach irgendetwas greifend und hoffend, dass niemand ihr zusah.  Wurde diese Situation vielleicht doch noch interessant?

[auf Streifzug innerhalb der Werft | dann wieder bei den anderen, mit einem Kind im Schlepptau]
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#80
Die letzten Meter im Bordell verliefen im einvernehmlichen Schweigen, das Josiah freudig willkommen hieß. Es war ein locker, entspannt, unterstützt von Liams Blick vielleicht, aber es wäre auch ohne diesen unbeschwert geblieben, dessen war sich Josiah sicher. Eine ganze Zeit lang begleitete bloß das rhythmische Klacken von Shanayas Krücken, ihre Schritte und der ein oder andere neugierige Blick ihren Weg nach draußen, bis die Welt sie hinter der letzten Tür freudig im Empfang nahm.

Das Leben empfing sie mit offenen Armen und das Schweigen war hinüber. Niemand zögerte. Eliam und Farley trennten sich schlicht und zügig und Shanaya und Liam schlugen ohne viel Gehabe den Weg in die entgegengesetzte Richtung ein. Josiah selber zauderte ebenfalls nicht, als er sich Shanaya und Liam anschloss. Die Hände hinter den Rücken passte er sich dem Schlendertempo an und ließ seinen Blick von links nach rechts und wieder zurück gleiten. Entspannt, ‚Schaufenster-Gucken“-ähnlich. Er würde sie noch ein paar Meter begleiten, und dann die Sache erneut überdenken. Ob er bei ihnen blieb oder sich von ihnen trennte. Aber es würden noch ein paar Meter sein, vorausgesetzt, sie beschlossen, nicht auch denselben Weg einzuschlagen, den er angedacht hatte. Und kam Zeit, kam Rat.

Liam erhob die Worte, und als sich Josiah im nächsten Moment angesprochen sah, war er überrascht. Obwohl er bisher nicht das Gefühl gehabt hatte, die beiden anderen zu stören, hatte er ebenso nicht damit gerechnet, mit eingebunden zu werden. Sein Blick glitt zu Liam und mit einem kurzen Nicken registrierte er, dass er zuhörte, und wollte gerade antworten, als er eine Bewegung im Augenwinkel wahrnahm. Sie war hektisch und schnell, und bewegte sich geradewegs auf sie zu. Josiah löste gerade seine Hände und wollte den Kopf wenden, dann war die Bewegung schon bei ihnen. Es war ein Mann, in Lumpen gekleidet und von einer Geruchswolke begleitet, die noch mehr als seine Klamotten nach dessen Lebensverhältnissen schrien. Wild entschlossen und in einem überraschend schnellen Tempo, das niemanden von ihnen Zeit ließ zu reagieren, schob er sich zwischen Liam und Shanaya und stieß die beiden in seinem erfolgreichen Versuch, nach der Tasche zu greifen, auseinander. Ein Fluch entglitt Josiahs Kehle als Josiah als einzige Reaktion übrig blieb, seine Arme nach vorne schießen zu lassen und Shanaya abzufangen, ehe die Schwarzhaarige mit seinem Körper kollidierte.

Es war weniger eine Geste der Hilfsbereitschaft gewesen und mehr eine des Situationszwange. Denn hätte er den Mann sofort folgen wollen, hätte er Shanaya geradezu von sich wegstoßen müssen. Und selbst ihm war klar, dass so eine Aktion selten gerechtfertigt wäre. Stattdessen begnügte er sich dabei, Shanaya umsichtig aber bestimmt nach vorne auf ihre eigene Füße zu schieben, ehe er sich abwandte und Liam, und somit auch dem verfluchten Mistkerl, folgte.

Er hatte schnell sein Tempo gefunden und machte sich wenig daraus, etwaige Passanten, die ihm weg standen, rigoros und ohne sich zu entschuldigen beiseite zu schieben. Schnell nahm er an Tempo auf. Der Dieb bog um eine Kurve, verschwand, Liam hinter her, und als Josiah kurz darauf auch dort ankam, stand Liam bereits wieder. Vor ihm die Tasche, die in den ausgestreckten Händen eines Mannes baumelte, der definitiv nicht ihr Mann war.
Und trotzdem hatte er die Tasche in der Hand.

Etwas unwillig verlangsamte Josiah sein Tempo und kam neben Liam zum Stehen. Tief in sich spürte er so etwas wie Enttäuschung, dass die Verfolgungsjagt schon vorbei war. Ein Gefühl, dass Josiah nur kurz registrierte und dann ziehen lies, um stattdessen den Blick achtsam von links nach rechts gleiten zu lassen. Liam dankte den Mann, und Josiah hoffte, dass ihm sein Gefühl nicht irren ließ, dass Liam dem Fremden ebenfalls misstrauisch gestimmt war. Es war ein Hinterhof, und ein relativ leerer noch dazu. Egal, wie oft Josiah die Fensterreihen absuchte oder nach dunklen Nieschen zum Verstecken, konnte er niemanden finden, der so wirkte, als würde er zu einem Hinterhalt gehören. Und der Bursche vor ihnen wirkte in seinen Klamotten nicht so, als könnte er ihnen das Wasser reichen. Dennoch konnte Josiah das Gefühl nicht abschütteln, dass irgendetwas nicht stimmte mit ihm.

Er ließ endgültig von der Umgebung ab und musterte den Taschen-Retter. Auf den ersten Blick wirkte er wohl gekleidet. Seine Klamotten waren ungeflickt und abgepasst. Auf den zweiten Blick war da aber der Staub, der den Farbton des Stoffes an manchen Stellen noch zierte, aber nicht an allen. Und die leichte Verschobenheit, wo manche Naht nicht ganz da, wo sie sonst zu sein pflegte. Ein leicht roter Schimmer auf den Wangen, wie man ihn von aufgeregten Leuten kennt oder von jenen, die vor kurzem außer Atem geraten waren. Kleinigkeiten, die nichts heißen mussten.

Aber vielleicht auch doch. Liam fuhr fort, schenkte dem anderen gleich eine passende Begründung für seine Anwesenheit und Tat, auf die dieser sich leicht berufen konnte, und Josiah hätte Liam am liebsten einen mahnenden Blick zugeworfen. Man sollte Menschen reden lassen, sich selber erklären. Alles andere waren verschenkte Chancen. Aber er ließ es, nickte stattdessen nur und richtete seinen Blick auf das Gesicht des Fremden. Er würde keine Geste oder Bewegung unbemerkt lassen, so  war sein Entschluss. Jedes Blinzeln, jedes unterbewusste Zucken der Augen oder der Mundwinkel. Er würde nicht nochmal zulassen, dass sie erneut in einen Hinterhalt gerieten, und Liam machte seine Rolle als freundlicher und glücklicher Besitzer bisher ja sehr gut, da würde er selber unfreundlich bleiben dürfen. Er hatte bisher zwar noch nicht mitbekommen, dass ihnen Aufmerksamkeit der falschen Art geschenkt worden wäre, noch hatte er Gerüchte mitbekommen, die darauf deuteten, dass jemand auf der Insel Wind davon bekommen hatte, dass – oder wo – sie sich aufhielten, aber gerade nach dem letzten, großen Ereignis hatte er beschlossen, dass er sich wieder weniger auf Wahrscheinlichkeiten stützen musste. Es war ja auch nicht wahrscheinlich gewesen, dass jemand ein halbes Dorf zu einem Fangspiel umfunktionierte. Trotzdem hatten sie in jener Nacht Leute verloren.

Jetzt hieß es, die Antwort, Reaktionen und Verhaltensmuster des Fremden abzuwarten. Und was Shanaya tun würde.
[bei Liam, Shanaya und Nathan | Seitengasse in Bordellnähe]


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