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Ich brauch nen Waldbrand
Enrique & Skadi ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 25 März 1822
Ort Unter Deck der Sphinx
Tageszeit Abends
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
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#11
Mit jeder Faser seines Körpers schien er gegen seine Gefühle anzukämpfen. Skadi registrierte jeden seiner Versuche, jeden Impuls, den er elegant in harmlose Gesten abwandelte. Nie hätte sie geglaubt, dass er derart emotional war. Bisher kannte sie den Offizier in ihm - diesen immer gleichen, düsteren Ausdruck auf seinen Zügen, welche sich allenfalls zu einem süffisanten Grinsen formten. Doch diese Wärme, die sich in seinen dunklen Augenpaaren abzeichnete und die sie sogar im Zucken seiner Mundwinkel erkannte, stieß ihr unangenehm auf. Viel weniger, weil sie diese Anzeichen von Zuwendung hasste, sondern sich zunehmend bewusst wurde, dass sie kurz davor war, den Älteren näher an sich heran zu lassen, als vielleicht gut für sie war. Noch einmal würde sie niemanden mehr verlieren wollen. Weniger aus Angst verletzt zu werden und vielmehr weil ihr klar war, dass sie danach nie wieder menschlich sein konnte. Sie wäre im schlimmsten Fall nur noch ein Schatten ihrer Selbst. Ohne Gefühle. Ohne Perspektive. Ohne Reue. Und DAS war etwas, dessen pure Vorstellung jedes Härchen an ihrem Körper empor steigen ließ.
Instinktiv wandte sich der dunkle Schopf also herum. Entzog sich bewusst Enriques Blick und starrte angespannt in Richtung des Bootes. Sie wollte weder, dass er unterdrückte wer er war, noch dass er sie mit dieser Wärme in den schwarzen Augenpaaren ansah. Fühlte sich just wie ein trotziges Kind, das ohne Liebe aufgewachsen war und wie ein wildes Tier davor zurückschreckte. Jedem anderen gegenüber wäre sie gleichgültig geblieben. Es interessierte schlichtweg nicht, wie jemand zu ihr stand, solange er keine Hand an sie legte. Doch de Guzmán stellte sich ihr wie ein Fels in den Weg. Und ganz gleich wie oft sie versuchte über ihn hinweg oder an ihm vorbei zu kommen, fiel sie mit vollem Tempo aufs Gesicht.
Mit einem tiefen Einatmen sog Skadi die Stille in sich auf, ehe sie ihm ihren wahren Grund für dieses Gespräch offenbarte. Umfasste den hellen Leinenstoff in ihrer Hand wie ein Rettungsweil, während sie ihr Kinn in die Höhe streckte und bewusst den Blick des Älteren suchte. Sie wollte sehen, ob es ihn schockierte. Wollte sehen, wie viel ihm davon bereits bewusst gewesen war. Und sah im selben Moment perplex drein, als sich ein Lachen aus seiner Kehle stahl und sein Oberkörper taumelnd voraus kippte. Was zur Hölle?
Für einen Sekundenbruchteil wähnte sie einen Schritt zurück zu setzen, kaum dass sie der erhobenen Hände gewahr wurde. Stoppte sich jedoch in derselben Sekunde und presste die Lippen fest aufeinander. Tiefe Furchen zeichneten sich auf ihrer Stirn ab, machten wohl unmissverständlich klar, dass sie seine Reaktion mehr als nur seltsam fand. Nicht einmal seine heisere Entschuldigung glättete ihre Züge. Ihr ganzer Körper schien angesichts seiner Berührungen zu Stein erstarrt. Ist er jetzt übergeschnappt oder was? Nur langsam verklang sein Gelächter in der Luft. Mischte sich mit weiteren Worten, die wohl einiges zu erklären schienen. Fast ertappte sich Skadi dabei, mit einem süffisanten Grinsen aufzuwarten. Das Entsetzen auf den Zügen ihrer ehemaligen Kameraden wäre tatsächlich ein amüsanter Anblick gewesen. Vor allem da sie damit einigen unmissverständlich klar gemacht hätte, dass sie all die Jahre von einer Frau dominiert worden waren. Diese Matchos hätten dann wohl keine Eier mehr gehabt, um sich noch einmal herablassend über das weibliche Geschlecht zu äußern.

Aufmerksam musterte sie die Bewegungen ihres Gegenüber. Folgte seiner Anweisung erst Sekunden später, als sein Körper bereits auf den weichen Sand unter ihnen herab gesunken war. Mit einer ausladenden Geste warf sie ihm das Leinenhemd über den Kopf, ließ sich geräuschvoll neben ihm nieder und schnaubte lauthals.

"Wenn wir das nächste Mal in einer Stadt sind, gibst du mir einen aus, du Charmbolzen."

Fast schon kameradschaftlich knuffte sie ihm mit der Faust gegen die Schulter, ließ das matte Lächeln zu, das bereits an ihren Mundwinkeln zupfte und schwenkte die dunklen Augenpaare aufs Meer. Wenn Skadi ehrlich zu sich war, hatte sie nicht damit gerechnet, dass Enrique so positiv auf ihr Geständnis reagierte. Nach all den Jahren war ihr nie klar gewesen, wie er zu Frauen im Allgemein stand und hatte sich stets darauf verlassen, dass sich ihre Wege irgendwann ohnehin wortlos trennten.

"Ist dir das eigentlich jemals in den Sinn gekommen?"

Nicht, dass sie daran glaubte - immerhin hatten die strengen Reglements und Etiketten der Marine ihr reichlich Spielraum gegeben. Doch interessierte sie insgeheim, ob de Guzmán jemals eine leichte Ahnung gehabt hatte.

"Nicht, dass ich irgendjemandem die Möglichkeit dazu geboten hätte, aber zumindest bei dir war ich mir nie ganz sicher."

Vorsichtig zog Skadi die ausgestreckten Beine heran. Verschränkte sie in einem lockeren Schneidersitz, während sie ihren halbnackten Oberkörper voraus lehnte und sich mit den Unterarmen auf den Oberschenkeln abstützte. Mit einem letzten Blick aufs Meer wandte die Jägerin den dunklen, kurz geschnittenen Haarschopf über die Schulter zu Enrique zurück. Musterte ihn abwartend und mit kribbelnden Fingern.
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Nov 2016
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#12
Jetzt, im Sand sitzend presste er die Hand auf die Seite und konnte einen leisen Schmerzlaut nur knapp verhindern. Bereits vorher hatte es den einen oder anderen kleinen Hinweis gegeben, dass ihm die gebrochene Rippe noch Schwierigkeiten bereitete, nachdem er sie nun durch das Lachen übermäßig belastet hatte rächte sie sich.
Doch mehr als flaches Atmen, die Hand und eine leicht schräge Haltung gestand er sich nicht ein.
Das geworfene Hemd und die immer noch wiederkehrende Anflüge von Auflachen halfen es zu kaschieren. Gerade bei der Bezeichnung, die sie ihm zukommen ließ viel es ihm schwer nicht erneut aus vollem Halse loszulegen. Da er allerdings wusste, was das für Folgen haben würde blieb es bei einem Kichern und fahrigen Abwehren des Hemdes.

"Acordado. Der nächste Drink geht auf mich."

Und dann gab sie ihm auch noch eine Gelegenheit für ein 'Outsch!', aber da lächelte er sie auch schon wieder an.
Ihre Worte gingen dann in Richtung Bucht und halfen ihm weiter herunterzukommen. Er ließ seine Blick ihrem folgen. Für einen Moment war ihm, als striche die Krähe des Schiffsarztes über sie hinweg. Schließlich antwortete ruhig:

"Ich wusste es fast von Anfang an."

Kurz spähte er aus dem Augenwinkel zu ihr, um ihre Reaktion mitzubekommen, schmunzelte, sah danach aber wieder auf die Brandung. Er wollte sie nicht noch mehr in Verlegenheit bringen, in dem er ihr auch noch seinen Blick aufnötigte.

"Da war deine zu hohe Stimme für dein Alter, deine zierliche Gestalt, die Art wie du manchmal redest. Dann die Tatsache, dass du immer deine Kleidung hoch geschlossen getragen hast und die einmal im Monat wiederkehrende Woche der Gereiztheit, in der mir dein gelegentlicher, gequälter Gesichtsausdruck verriet, dass du wohl auch Schmerzen hattest. Dazu andere Details: Das ungeschickte Rasieren, der fehlende Bartschatten, der bei deiner Haarfarbe sehr schnell zu sehen hätte sein müssen, die Verachtung in deinem Blick bei bestimmten Äußerungen, ein blutiger Lappen, den du versteckt hattest, bis O'Hanlon gegen dich und den Eimer stieß, dass du peinlichst darauf geachtet hast, dass dich niemand beim Umziehen sieht.
"Jedes für sich wäre leicht zu erklären gewesen und die Meisten wären nicht einmal ansatzweise auf die Idee gekommen, das zu vermuten, was für mich offensichtlich waren.
"Wir Ara'tayu sind in manchen Punkten wesentlich offener als die Herzogtümler. Bei uns ist es durchaus üblich, dass Frauen Fischer und Jäger werden. Auch hat mich meine Mutter früh darüber aufgeklärt, wie ich selber mit darauf achten kann, dass es beim Beischlaf nicht zu ungewünschten Folgen kommt, vorausgesetzt ich kenne die Frau über einen längeren Zeitraum."


Unwillkürlich musste er an Cara, ihre gemeinsame Nacht und die Folgen denken. Was für eine Glanzleistung! Und doch war er froh darüber. Er seufzte ehe er fortfuhr:

"Kaum ein Herzogtümler scheint mir dieses Wissen vor einer Ehe zu haben oder auf solche Details zu achten, schon gar nicht an einem Ort, wo er nicht darauf kommt, eine Frau überhaupt zu vermuten.
"Trotzdem habe ich Augen und Ohren offengehalten, ob jemand dich in einer verfänglichen Situation überraschen könnte oder vielleicht doch Irgendeiner mehr Grips und Auffassungsgabe beweist, als die eines... Affens."


Die eigentliche Bezeichnung sparte er sich, schob sie mit der aufkommenden Verachtung bei Seite und sah zu ihr hinüber.

"In den Wenigen Fällen, wo mir etwas auffiel habe ich dann eingegriffen."

Eine kleine Weile betrachtete er sie. Dann reichte er ihr ihr Hemd:

"Sag: willst du nicht lieber den Brustwickel ablegen und das Hemd anziehen? Du musst doch so kaum atmen können."
Crewmitglied der Sphinx
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#13
Ein Eisblock schob sich jäh tief in ihre Brust, streifte die warmen Lungenflügel und verkrampfte jeden Muskel der jungen Nordskov. Während ihre Augen weiterhin auf den Älteren fixiert blieben, fegte ein zerstörerischer Wind durch ihr Inneres. Riss an ihren empfindlichen Nerven und brachte das Pochen ihrer heilenden Wunden zurück. Er hatte es gewusst - all die Jahre über. Sicherlich war ihr das irgendwo in den Tiefen ihres Unterbewusstseins klar gewesen. Dennoch erschütterte sie die ausgesprochene Wahrheit. Hinterließ ein bitteres Lächeln  auf ihrem sonnengebräunten Gesicht, das sie kurz abwandte und schluckte.

“Ich habe es geahnt.“

Es hätte also schneller ein Ende nehmen können, als ihr bewusst gewesen war. Und dabei hatte sie sich so unbesiegbar gefühlt, weil ihr all die Jahre niemand auf die Schliche gekommen war. Wahrscheinlich konnte sie es ihrem verdammten Glück zuschreiben, dass es sie auf ein Schiff mit Kleingeistern verschlagen hatte. Kaum auszumalen, wie unangenehm die Situation mitten auf See geworden wäre, hätte sie sich umringt von geifernden Männern befunden. Sie war sicherlich kein wehrloses Opfer und wusste sich zur Not problemlos zu verteidigen- doch konnte sie weder mit Körpergewicht, Kraft oder Masse bestechen. Ohne Enrique hätten die letzten Jahre die Hölle auf Erden für sie sein können, wie ihr mit jedem weiteren seiner Worte klar wurde, das gegen ihr Ohr schwappte.

"Deine Mutter war wohl eine weise Frau.", entgegnete Skadi ohne aufzusehen. Starrte geistesabwesend auf den hellen Sand unter ihren Füßen und spielte sämtliche Szenarien der Vergangenheit durch, die sich wie Mahnmale in ihr Gedächtnis gebrannt hatten. Ihr Herz schmerzte fast bei jedem Schlag gegen ihre Rippenbögen. Bei jedem Atemzug verdrehte sich der leere Magen wie in einem Strudel und presste ätzende Galle ihre Kehle hinauf.
"Ich verdanke dir also mein Leben... erneut."

Nur langsam wandte sich der dunkle Haarschopf zur Seite. Bewegte sich in Zeitlupe während die Miene der Jägerin seltsam in sich gekehrt wirkte. Hatte sie sich vor wenigen Augenblicken noch geschworen emotionalen Abstand einzuhalten und sich der tieferen Ebene dieser Situation zu entziehen, hatte Enriques Offenheit ihr sämtlichen Boden unter den Füßen hinfort gerissen. Skadi fühlte sich schuldig und betrogen zugleich. Bekam ihre Gesichtszüge kaum mehr geglättet, als  sie die Augenlider hinab senkte und tief einatmete.

"Wieso hast du mir überhaupt geholfen?" Noch viel wichtiger war, wieso er sie nie darauf angesprochen hatte. Wenn er bereits so clever gewesen war, ihre Tarnung zu durchschauen, wäre es ein Leichtes in Erfahrung zu bringen, dass Frauen auf einem Marineschiff per se nichts zu suchen hatten. Warum zum Teufel hatte er also die Gefahr auf sich genommen und sie beschützt?
Aus schierer Selbstlosigkeit? Wirkte sie denn so verletzlich?
Ruckartig wandte sich die Nordskov im Sand herum, setzte sich schwungvoll auf ihre angewinkelten Beine und stützte sich mit zusammengeballten Fingern auf ihren Knien ab. Eindringlich musterte sie den Dunkelhaarigen, kämpfte das Zittern in ihrem Inneren in die Dunkelheit zurück. Sie musste wissen, weshalb er so eisern geschwiegen hatte. Sie wollte nicht unwissend in seiner Schuld stehen.

"Es wird wohl kaum daran gelegen haben, dass du wie ein Ritter auf einem Schimmel zu meiner Rettung herbei eilen wolltest."

Ganz davon abgesehen, dass die Vorstellung allein lächerlich war, glaubte Skadi einfach nicht daran, dass der ehemaligen Leutnant sie als hilfloses Mädchen wahrnahm. Sie hatte bereits zwei Nasen auf dem Gewissen gehabt und sich auf ihren Ausflügen in die Stadt mehr als nur einmal erfolgreich gegen einen betrunkenen Kameraden zur Wehr gesetzt.
Mit einem Schnauben registrierte sie seine unterschwellige Bitte und das helle Hemd , das er ihr entgegen streckte. Ließ den Blick aus dunklen Augenpaaren immer wieder zwischen seiner Hand und seinem Gesicht hin und her wandern, ehe sie ihren Rücken streckte und allmählich begann den festen Stoff von ihrem Oberkörper zu wickeln.

"Ich bin keine zarte Knospe... nur damit wir uns verstehen. Ich kann gut auf mich selbst aufpassen." , murmelte sie mit einem kurzen Seitenblick. Allein ihr Körper würde ihm diese Tatsache unter die Nase reiben. Abgesehen von ihrer Körperbemalung, zeugten reichlich große und feine Narben von ihrer Kampferfahrung.
"Aber..." Ein leichter Klos setzte sich in ihrem Hals fest. Machte das Schlucken augenblicklich schwer. In einer letzten Bewegung löste Skadi den Verband um ihre Brust, spürte die leichte Brise auf ihrer Haut und drückte Enrique demonstrativ das Stoffband in die ausgestreckte Hand.
Und dann lächelte sie. Warm. Herzlich. Vollkommen unbeeindruckt von der Tatsache, dass sie fast nackt vor ihm saß.
"... danke. Für alles."
Crewmitglied der Sphinx
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#14
Aufmerksam beobachtete er die junge Frau neben sich. Zu ihren Worten schwieg er vorerst.
Auch weil er sich diese Frage erst einmal selbst stellen musste. Zwar hatte er das schon häufiger getan, aber hatte er sie sich wirklich beantwortet?
Als sie ihn mit einem Ritter verglich, hatte er augenblicklich Ravenport vor Augen und musste schmunzeln. Ja. Der hätte genau das getan, sogar ein Schimmel hätte zu ihm gepasst.
Aber das passte nicht zu ihr und das sagte sie auch selbst.
Seine Hände wollten sich heben, als sie sich weiter entblößte und ihre Haut von Abenteuern und kämpfen sprach, um die Narben und Bilder ehrfürchtig zu berühren, ihnen zu folgen und jede und jedes mit der dazugehörigen Geschichte honoriert wissen, doch seine eine Hand war auf seinen Rippen festgeleimt, die andere hielt zunächst Skadis Hemd, dann den Stoffstreifen und wahrscheinlich hätte sie das auch völlig falsch verstanden. Wie von selbst hatten sich stattdessen seine Finger geöffnet um die Bandage entgegen zu nehmen und das Oberteil war, durch dessen eigenes Gewicht verursacht, scheinbar unbemerkt in den Sand geglitten. Genau so beiläufig platzierte er jetzt den Wickel auf dem Stoff.
Dann brachte seine Gesprächspartnerin ihn völlig aus dem Konzept, als sie ihn zum allerersten Mal auf diese Weise anlächelte.
Ein brennender Stich durchfuhr seine Brust, ließ ihn den Blick abrupt abwenden, von dem er hoffte, dass er schnell genug war, um die aufwallende Traurigkeit vor Skadi verbergen zu können. Immerhin hatte sie damit gar nichts zu tun. Geister, wie falsch würde sie das jetzt doch wahrscheinlich verstehen...

"¡De nada!", flüsterte er heiser, "Du hast wahrscheinlich keine Ahnung, wie oft du mich gerettet hast, mein 'Ritter in weißer Rüstung' warst."

Seine Augen wanderten ziellos über den Strand, die Finger der freien Hand zeichneten unbemachtete Muster in den Sand neben sich.

"I—ich habe dir anfangs gar nicht geholfen, dich lediglich beobachtet und dabei festgestellt, dass du der Mutter meiner Tochter nicht unähnlich bist."

Er lächelte kurz bei dieser Erinnerung.

"Ihr seid beides starke Frauen, geht euren eigenen Weg, habt eure eigene Meinung und steht zu ihr. Genau wie du, ist auch sie Jägerin und hätte mich damals den Haien vorgeworfen, hätte ich mich als ihr Beschützer aufspielen wollen."

Hier schaffte er es tatsächlich sich mit einem schiefen Grinsen wieder Skadi zuzuwenden und zwinkerte. Dann wandte er seinen Blick abermals auf die Brandung.

"Ich..."

¡Nicht jetzt estúpido!
Statt seinen Gedanken zu folgen zwang er sie zurück zu Skadis Frage:

"Warum ich dir später dann doch geholfen habe?
"Wenn ich ehrlich bin, ich weiß es nicht.
"Für schwach habe ich dich, wie gesagt, nie gehalten, vielleicht anfangs für dumm, allerdings hast du schnell das Gegenteil bewiesen.
"Ein Teil war sicherlich der Mut, den du mit deiner Berufswahl zeigtest. Ein anderer diese Ähnlichkeit. Hauptsächlich aber wohl weil es mich kaum was kostete und weil ich mit einigen dieser Idioten noch eine Rechnung offen hatte. Wieso also hätte ich es ihnen gönnen sollen, sich eine Belohnung zu verdienen, indem sie dich auffliegen lassen?
"Später kamen dann deine Worte und Taten dazu, die mir zeigten, dass wir in vielen Dingen gleich denken, deine Integrität. Auch möglich, dass es da für mich schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden war. Immerhin warst du eine der wenigen Personen an Bord, von denen ich nicht fürchten musste, einen Dolch in den Rücken gerammt zu bekommen."


Wieder suchten seine Augen ihre, sahen sie ernst und aufrichtig an.

"Ich habe die Entscheidung dir zu helfen kein einziges Mal bereut und kann es eigentlich immer noch nicht glauben, dass du mir im Gegenzug so oft den Rücken frei gehalten hast."

Einen Moment sah er zu Boden, dann lächelte er sie ebenfalls dankbar an.

"Gracias mi amiga."
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#15
"Wieso hast du mir überhaupt geholfen?" Wie wichtig ihr diese Frage gewesen war, bemerkte Skadi erst, als sich die verkrampften Fäuste von ihren Oberschenkeln lösten und das Blut unangenehm in ihre Handflächen zurückkehrte. Bereits nach wenigen Sekunden hatten sich die Nägel in das braun gebrannte Fleisch gebohrt, kaum dass sie sich aufgesetzt und Enrique abwartend zu mustern begonnen hatte. Doch der hing schweigend ihren Worten nach, überließ ihr das Zerschneiden der aufgewärmten Meeresluft und begnügte sich vorläufig damit seine Hände bei sich zu behalten. Das Zucken in seinen Fingern war ihr nicht entgangen, doch war die Dunkelhaarige weit davon entfernt, etwas in diese unterdrückte Geste hineinzuinterpretieren. Nicht nur, dass ihr dafür jegliche Empfindungen fehlten, auch weil ihr Enriques Reaktion einen nachdenklichen Schatten auf die Züge legte. Er wandte sein Gesicht ab. So ruckartig als schlüge ihm ihr Lächeln mit einer Faust direkt zwischen die Augen. Skadi runzelte die Stirn. Spürte den Hauch von Verunsicherung gegen ihren Brustkorb donnern. Doch sie war kein vorpubertäres Kind. Ihr war klar, dass sie etwas in ihm wachrüttelte, das die letzten Jahre über sorgfältig in eine Büchse verstaut und nie angerührt worden war. Und diese Tatsache legte sich als schaler Geschmack auf ihre Zunge.
"Du hast wahrscheinlich keine Ahnung, wie oft du mich gerettet hast, mein 'Ritter in weißer Rüstung' warst."
Ihr wäre beinahe ein bitteres Auflachen entwichen. Sie war niemandes Ritter in weißer Rüstung - diese Chance hatte sie damals auf der Insel für alle Ewigkeit verspielt. Was immer er damit meinte, existierte vielleicht in seiner Welt. Nicht in ihrer. Die dunklen Augenpaare senkten sich für etliche Herzschläge. Musterten die leichten Wellen im Sand, dessen Schatten immer dunklere und weitere Kreise zogen. Es brachte nichts darüber zu philosophieren, wessen Heldentaten purer Einbildung oder tatsächlicher Aufopferung entsprangen.
"I—ich habe dir anfangs gar nicht geholfen, dich lediglich beobachtet und dabei festgestellt, dass du der Mutter meiner Tochter nicht unähnlich bist."
Ihr Mund trocknete schlagartig aus.
"Ihr seid beides starke Frauen, geht euren eigenen Weg, habt eure eigene Meinung und steht zu ihr. Genau wie du, ist auch sie Jägerin und hätte mich damals den Haien vorgeworfen, hätte ich mich als ihr Beschützer aufspielen wollen."
Bedächtig erhob sich der dunkle Haarschopf und verdeckte für einen Sekundenbruchteil den undurchdringlichen Ausdruck auf Skadis Zügen. Sie sah sein Lächeln, spürte die Wärme seiner Worte gegen ihren Körper schwappen. Doch ihre Hände erstarrten zu Eis. Ihr Hals fühlte sich so trocken und staubig an, dass sie ein Husten unterdrückte und sich nachdenklich vom Anblick des Leutnants abwandte.

"Ich würde dich nie in den Tod schicken. Nicht einmal wenn du die größte Nervensäge dieser Welt wärst.", entgegnete sie trocken. Glitt von ihren Beinen rücklings in den Sand zurück und bremste ihren Fall mit ausgestreckten Armen. Erst jetzt wurde ihr die Bedeutung dieser kleinen Puppe bewusst, die sie so oft zwischen seinen Händen gesehen und dennoch nie nach ihrer Herkunft gefragt hatte. Ihr war seit jenem Tag und dem Anblick seiner wehmütigen Miene klar gewesen, dass dies eine Wunde sein würde, die sie nicht freiwillig berührte. Skadi kannte sich gut genug - sie besaß ein angeborenes Talent verheilte Narben mit einem Fingerschnips aufzureißen. Und Enriques ließ sich ebenso wie ihre wohl kaum mit ein paar netten Worten und Gekuschel verschließen.
Schweigend lauschte sie somit seinen Ausführungen. Schmunzelte angesichts seiner Einschätzung ihrer Person und ließ dann den Kopf in den Nacken gleiten. Verstärkte somit den Druck auf ihre nach hinten gestützten Arme und sog die warme Luft tief in ihre Lungen.

"Du warst immerhin mein Leutnant.", flüsterte Skadi für einen Moment in die sich legende Stille hinein und spürte bereits den Anflug eines Lächelns auf ihren Lippen. Sie musste De Guzmán nicht ausschweifend erklären, dass er auf dem Schiff weniger eine Führungsperson, denn einer der wenigen "normalen" Menschen für sie gewesen war, der sie nicht angesichts ihrer augenscheinlichen körperlichen Unterlegenheit behandelt hatte, wie einen Knecht. Die Nordskov hatte sein Verhalten lediglich gespiegelt - er erntete also nur was er säte. Oder nicht?

"... du bist ihretwegen all die Jahre auf der Morgenwind geblieben, oder?" Die Frage kam so unvermittelt, wie ihre Bewegung, die Skadi mit einem Mal in einen Schneidersitz verfrachtete. Den Kopf zu Enrique gewandt, dessen Reaktion wohl alsbald von Verwirrung zu Traurigkeit umschlagen würde.

"Wie lange hast du sie schon nicht mehr gesehen?", ein bitterer Unterton schwang in ihrer Stimme mit und zeichnete sich in den matten Schatten ihrer Augen ab. Die Vorstellung legte sich wie ein luftundurchlässiger Vorhang auf ihre Brust und begann ihre Lunge gleich einer Schlange immer stärker zu umschließen. Noch vor wenigen Minuten hatte er ihr etwas offenbart, das sich angesichts dieser Erkenntnisse zu einem unheilvollen Konstrukt zusammenbaute. Womöglich war ihre vorherige Wut auf seine Entscheidung zu schnell entflammt. Denn wenn sie die Situation richtig zu verstehen begann, dann hatte de Guzmán keine Gewalt mehr darüber, ob er nach Hause zurückkehren konnte. Ganz gleich wie oft er es sich noch schön zu reden versuchte und seine Liebe zur See und zur Freiheit beteuerte.

"... wer auch immer dich davon abhält zu ihr zurück zu kehren..." Der Ton ihrer Stimme senkte sich, während Skadi sich zur Seite lehnte und die Miene ihres Gegenüber mit einer dunklen Entschlossenheit fixierte. "... sollte mir niemals über den Weg laufen."
Es blieb kein Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihrer Worte. Sie hatte bereits getötet, nicht nur Harper, wie Enrique womöglich beim Anblick ihrer Miene bewusst werden könnte. Skadi machte mit keiner Faser ihres Körpers einen Hehl daraus, dass sie diese Bürde ohne mit der Wimper zu zucken auf sich nahm. Sie sehnte sich nach einer neuen Lebensaufgabe, die die klaffende Lücke in ihrem Inneren füllte.
"Und wenn es das Letzte ist, was ich tue."
Crewmitglied der Sphinx
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#16
"Ich würde dich nie in den Tod schicken. Nicht einmal wenn du die größte Nervensäge dieser Welt wärst."
"Ich weiß. Das war bildlich gemeint", flüsterte er kaum hörbar und fragte sich gleich darauf, warum er ihr das erklärte. Das wusste sie doch sowieso.

Ihr Räuspern warf bei ihm allerdings auch einige Fragen auf, genau wie die Tatsache, dass sie grübelnd wegsah oder die Redewendung wörtlich nahm.
Tat sie das mit Absicht? Oder steckte mehr dahinter?
Enrique jonglierte diese Fragen kurz in seinem Hinterkopf, versuchte nicht zu viel hineinzuinterpretieren und doch — er musste davon ausgehen, dass sie ihn entweder falsch verstanden hatte oder da noch einiges mehr im Busch war.
¡Más tarde!

"Und du mein Sergeant", bestätigte er leise ihre Aussage. Gerade diese Selbstverständlichkeit, die Einfachheit ihres Umganges zwischen ihnen war etwas, dass er so schätzte. Und dieser Satz beantworteten ihre Frage nach dem 'Warum er ihr geholfen hatte' um so vieles konkreter, als seine ganze bisherige Ausführungen. Mehr Grund hatte es nie bedurft.

Dann sah er sie wie betäubt an.
¿Qué?
Da kam auch schon die nächste Frage, die er gerade unfähig war zu beantworten. Nur ein verstörtes, halb ersticktes "Was?" brachte er heraus und brauchte ein ganze Weile bis er ihre Worte entschlüsselt bekam. Dabei kam auch der innere Schmerz zurück, den er die ganze Zeit versucht hatte zu verdrängen. Einen Schmerz, den er auch in ihrem Inneren wusste, weswegen er nicht nach den ihren fragte, nicht an ihrem Tod und den damit verbundenen Erinnerungen rührte. Erst als sie geendet hatte war er soweit, ihr zu antworten. Er schloss die Augen, zwang sich aufrecht und blickte dann zum Schiff.

"Dann wirst du bei mir weitermachen müssen. Denn seit Harpers Tod halte Ich mich selbst davon ab.
"Jetzt — jetzt wäre es vermutlich das Beste für meine Familie, wenn ich, wie ich es eine Weile bereit war hinzunehmen, mit der Morgenwind untergegangen wäre. Vielleicht würde es einige Schweißhunde von ihrer Fährte abbringen."


Enrique knurrte, dann wandte er sich Skadi zu und sie konnte die Wut in seinen Augen lodern sehen. Wesentlich schärfer fuhr er fort:

"Andererseits gibt es mindestens einen sucio cobarde, der sich wohl auch davon nicht abhalten lassen wird, sollte er je von ihr erfahren. Lowell. Da ist es besser, wenn ich ihm ein lebendes Ziel für seine Haß biete, weit ab von den Meinen. Außerdem wird ihn Yaris mir, mit etwas Glück, bald vor die Füße legen, und dann wird er leiden!"

Seine Hand zerquetschte den verhassten Adligen scheinbar schon jetzt, so sehr ballte sie sich zur Faust.

"Und sollten die falschen Leute den Untergang der Morgenwind überlebt haben, dann werde ich auch der Marine den Weg nicht zu ihnen zeigen, indem ich zu ihr fahre. Andernfalls könnten auch sie versuchen, sie als Druckmittel gegen mich zu verwenden, so wie das noch etliche andere wohl gerne täten.
"Das wäre dann allerdings auch das letzte was sie täten!"


Denn dann würde er die Welten mit Feuer überziehen, bis sie wieder frei und in Sicherheit wäre und Nichts und Niemand könnte ihn davon abhalten. Auch keine Skadi. Alles was sie tun könnte wäre ihn ziehen lassen oder mit ihm zu wüten, zu siegen oder unterzugehen.
So erschöpft wie er war, konnte und wollte er seinen Zorn jedoch nicht oben halten. Immerhin gab es nichts, gegen dass er ihn sinnvoll hätte richten können. Stattdessen ließ er sich langsam und schmerzhaft in den Sand hinab und blickte in den Himmel.

"Ich werde sie nicht besuchen, nicht bis sie vor Lowell sicher ist. Aber ich werde ihn besuchen. Und Nahia schreiben, dass für sie eine Zeit des Wassers gekommen ist, wenn sie wollen, dass ich danach zu ihnen kommen kann. Denn spätestens dann wird die Marine mich suchen.
"Wenn du also willst, dass sie dir über den Weg laufen, dann wirst du an meiner Seite bleiben müssen. Und wenn du das ernst meinst, was du gerade gesagt hast, dann wirst auch du spätestens dann auf den Fahndungsbriefen der Marine stehen. Überlege dir das gut."


Einen Moment schwieg er, ließ seine Worte einsinken. Dann sprach er weiter. Langsam war sein Zorn gänzlich von ihm gewichen und jetzt klang er eigentlich nur noch erschöpft.

"Das hieße für dich allerdings, auch fürs erste auf der Sphinx zu bleiben, denn dafür brauche ich sie. Setzte ich meine Unterschrift unter die Carta, dann bringe ich das ganze Schiff mit. Und was könnte mir in diesem Zusammenhang besseres passieren? Allerdings wird auch das nur vorübergehend sein. Denn wenn Cornelis geht, dann gehe ich mit ihm. Die Onyx zurückholen, was im Zweifelsfall einem Himmelfahrtkommando gleich kommt, selbst wenn uns einige oder alle von der Sphinx dabei helfen sollten. Und dennoch wüsste ich nicht, was ich lieber täte oder mir mehr wünschen würde."

Wieder schwieg er für einen Augenblick, dieses Mal hauptsächlich, um die Tränen zurückzuhalten, die dieses Thema beinahe hervorgebracht hatte, spürte wie die Anspannung schwand und ihn offen für seine Gefühle zurückließ, hatte er Skadi damit doch seine Ziele offen gelegt und jetzt musste sie entscheiden, was sie wollte. Denn die Pläne bestanden aus nicht viel mehr, als Abwarten und Rache nehmen, sowie sich die Gelegenheit bot, denn Harper war nur der erste auf einer langen Liste.
Kurz zögerte er noch, dann sprach er es doch aus, wagte einen leicht Beeinflussung und hoffte, dass er damit nicht zu weit ginge.

"Eines vielleicht. Wüsste ich dich an meiner Seite, während ich die Welt von Lowell befreie und neben meinem Bruder mich ins Gefecht stürze, ich weiß, ich müsste nicht darauf achten, was hinter mir vorginge."

Er hoffte, sie verstand, was er damit meinte.
Um sich von der aufkommenden, inneren Unruhe abzulenken wechselte er das Thema:

"Zu deinen anderen Frage:
"Du hast Recht. Ich bin geblieben um sie sehen zu können und weil ich sie sicher wähnte, so lange ich auf der Seite des Gesetzes bleibe. Das war naiv. Sicher ist sie da wo sie ist, so lange niemand weiß, wo das ist. Am allerwenigsten ich.
"Doch ich weiß, wo sie ist und ich habe sie dennoch nicht gesehen.
"Was uns zu deiner anderen Frage bringt:
"Wie lange habe ich sie nicht gesehen? Dass hängt ganz davon ab, wen du jetzt damit meintest:
"Die Person, an die mich dein Lächeln erinnert hat?
"Meine Schwester starb vor 13 oder 14 Jahren an Sumpffieber.
"Cara, die Mutter meiner Tochter?
"An dem Morgen nach der Nacht, in der die Geister ihr meine Tochter in den Schoß gelegt haben. Lange bevor wir überhaupt wussten, dass das passiert war. Ein knappes Jahr später brachte sie Isa zu meiner Mutter und ging mit der nächsten Flut wieder fort. Sie wollte sich nicht um ein Kind kümmern."


Er schwieg, suchte nach Worten, kam ihm die nächste Antwort doch lächerlich vor, wusste er doch von Seemännern, die ihre Kinder viele Jahre lang nicht gesehen hatten und nicht wussten, ob sie je wieder nach Hause kämen. Auch war Skadi vermutlich klar, dass er alles nur grob überschlug und nicht nachrechnete. Er hoffte, er wühlte damit nicht schon zuviel bei sich auf.
Dann wurde ihm plötzlich klar, dass auch er jetzt zu diesen Männern gehörte und musste schlucken.
Das raue Flüstern, was dann folgte drang nur knapp über das Rauschen der Wellen zu Skadi hinüber und verriet ihr wahrscheinlich mehr von der Pein, die dieser Gedanke brachte und von den Vorwürfen, die er sich wegen dem machte, was er ihr jetzt mitteilte, als ihm lieb war.

"Und was meine Tochter angeht:
"Seit fast zwei Jahren, obwohl wir seitdem mehrfach auf Estero waren. Die Zeit hätte eigentlich, wie davor auch, jedesmal völlig ausgereicht. Aber du weißt ja, wie sehr Harper mich immer mehr eingespannt hat — hatte. Um mir so wenig Glück oder Freiheit wie möglich zu lassen. Ich ... Ich habe Nachrichten geschickt, geschrieben. Meine Mutter hat über die Jahre bei meinem Vater leidlich Lesen und Schreiben gelernt, obwohl das etwas ist, das Ara'tayu verabscheuen."


Trotz seiner Aufgewühltheit konnte er sich den kleinen Seitenhieb dann doch nicht verkneifen und in diesem Moment, als er kurz zu ihr, mit schiefem Grinsen, herüber sah, schwang sogar ein Hauch Amüsiertheit mit:

"Und ja, Nahia ist eine weise Frau."

Ihrem Blick standhalten wagte er nicht, sondern richtete seinen wieder auf die Sterne. Denn genau wie die war Isa derzeit für ihn unerreichbar.

Aber das ist nicht das — das was ich ihr — meiner Kleinen versprochen hatte. Das ist nicht das selbe ... Auch wenn jedesmal etwas Neues, Unbekanntes für meine Isabella dabei war. Wenigstens daran habe ich mich gehalten ..."

Seine Stimme war zum Ende hin immer leiser geworden. Und je leiser er geworden war, um so kälter war ihr Klang gewesen, um so mehr hatte er das alles wieder in die Kiste gestopft, sie verschlossen und in seinem innersten vergraben.
Jeder Augenblick, den er nicht bei ihr war, war einer zu viel. Und jeder den er bei ihr verbrachte auch. Wie er das Skadi erklären sollte wusste er nicht, wollte er auch nicht.
Denn er hatte bereits zu viel gesagt.
Viel zu viel.
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#17
Jegliche Wut der vergangenen Jahre kochte in einem kurzen rhythmischen Schlag gegen ihren Kehlkopf und verpuffte sogleich, als sich Enriques Miene von ihr abwandte und zum Schiff hinüber blickte. Mit einem Ausdruck auf seinen Zügen, den sie erst verstand, als sie den Ton seiner Stimme vernahm. Seine Worte hörte, die sie nur schweigend entgegen nahm und nicht einmal den Hauch eines Lächelns in den Mundwinkeln spürte. Sie fand seine Anspielung weder besonders amüsant, noch nahm sie sie ernst. Wenn er glaubte, dass er sich selbst im Weg stand, dann war er nicht der Mann, für den sie ihn immer gehalten hatte. Der Mann, der Entscheidungen treffen konnte, der sich bei jedem seiner Worte der Konsequenzen bewusst war und doch nicht vollends zum Spielball seiner Befehlshaber geworden war. Der selbstbewusst war. Stark. Doch Skadi gewann gerade immer mehr den Eindruck, dass ihn die Sorge um seine Tochter aushöhlte wie das Meer das poröses Gestein von Felsen. Sie machte ihn angreifbar. Brachte ihn dazu sein Leben lieber hinfort zu wünschen, anstatt für ihr Überleben zu kämpfen. Zu gern hätte sie ihn in jenem Moment am Kragen gepackt und mit wütendem Gesicht in den Sand gedrückt. Ihm zischelnd entgegnet, dass er wohl dumm war zu glauben, dass sein Tod irgendetwas daran ändern konnte, das man nach ihr suchen würde. Wenn er fort war, wer hätte denn dann noch einen Grund sie zu retten? Wer zur Hölle sagte ihm bitteschön, dass sie nicht dennoch über sie herfielen und all das mit ihr taten, was man einst mit ihr getan hatte? Er war ein dummer, törichter Mann, wenn er allen Ernstes davon ausging, dass Menschen sich durch so etwas von ihrem angekratzten Ego ablenken ließen.
Allein ihre Miene blieb eisern, während sie die dunklen Augen von den bärtigen Zügen des Älteren abwandte und gen Horizont blickte. Versuchte die dunklen Schatten auf ihrem Gesicht unter Kontrolle zu halten und mehrere Male tief durchzuatmen. Es brachte hier niemandem etwas, wenn sie aufeinander losgingen. Das war ihr genauso klar, wie die Tatsache, dass der pure Hass aus de Guzmán sprach, als er fortfuhr und seine ungebremste Aufmerksamkeit auf ihre Silhouette heftete.
Yaris? Schlagartig zogen sich die dichten Brauen zusammen. Hinterließen einen skeptischen Ausdruck auf Skadis Zügen, kaum dass sich der kurz geschnittene Haarschopf herum wandte und Enrique eingehend zu mustern begann. Wie weitreichend waren eigentlich seine Kontakte zum "zwielichtigen" Volk? Wie brachte man einen Assassinen dazu, einem einen Gefallen diesen Ausmaßes  zu schulden?  Es war ihr unbegreiflich und wenn sie ehrlich zu sich war, wollte sie es nicht so genau wissen. Es verstrickte sie nur noch tiefer in Probleme anderer Leute, die sie weiß Gott nichts angingen. Ihr reichten jene, die Enrique mit sich brachte. Wenngleich er immer wieder gewaltsam gegen ihren Stolz trat, sobald er - höchst wahrscheinlich eher unbewusst - an ihrer Ehrlichkeit und Loyalität zweifelte. Hatte er all die Jahre über nicht gelernt, dass man sich auf ihr Wort verlassen konnte? Dass sie nichts sagte, wovon sie nicht zu 100 Prozent überzeugt war? Fast wäre ihr ein entrüstetes Schnauben entwichen. Doch sie hielt sich zurück und ließ die dunklen Augen unverwandt auf seine Miene gerichtet. Er sollte sehen, dass sie nicht zurückwich. Egal was er ihr sagte. Egal wie oft er beteuerte, dass das eigentlich eine Selbstmordaktion war.

"Glaubst du wirklich, dass ich so dumm bin, mich bei einem Mord erwischen zu lassen?" Was sie sagte huschte eiskalt über ihre Lippen und spiegelte sich in genau derselben Intensität im dunklen Braun ihrer Augen wieder. Sie war eine Frau, die sich in vielen Dingen verstand. Die einen Mann gefügig machen konnte, wenn sie wollte. Die sich mit Kräutern und Giften auskannte und einen Gegner nicht zum ersten Mal lautlos unter die Erde befördert hatte. Vielleicht war sie kein unscheinbarer Assassine und verschmolz nicht mit Leichtigkeit in den Schatten. Doch das was ihr an Schnelligkeit in solchen Situationen fehlte, machte sie mit einem langen Atem und Willenskraft wett. Hätten die Mitglieder der Sphinx sie nicht überrascht, wäre sie Harper auf ebenso unaufmerksame Weise losgeworden. Und niemand wäre je darauf gekommen, dass es Kaladar gewesen war. Mit einem Schnauben wandte sie sich ab und verlor jegliche Wärme, die sie noch zuvor für ihn übrig gehabt hatte. Spürte wie sich Bitterkeit ihren Magen hinauf schlich und als schaler Geschmack in ihrem Mund breit machte. Noch widerlicher schmeckte, kaum dass Cornelis Name ausgesprochen und die Tragweite dieser Information bis tief in ihre Brust hinab gesackt war. Ein Anhängsel. Sie war nichts mehr als das. Ihre Glieder fühlten sich schlagartig dumpf und leblos an. Ihr Kopf versank in einer Blase aus dumpfen Geräuschen und dem langsamen Klopfen ihres Herzens.
Seine unausgesprochene Bitte um Rückendeckung beim Kampf gegen Lowell entgegnete sie nur mit einem schiefen Lächeln. Starrte nunmehr in den schimmernden Sand zu ihren Füßen und ließ nur ein knappes "Sicher." ertönen.
Zu mehr reichte der flache Atem nicht. Für mehr taugte sie nicht. Wenigstens vertraute er auf ihre Kampfkunst. Wie großzügig.
Seinen weiteren Worten lauschte sie mit halbem Ohr. Nahm die Informationen auf. Konservierte sie für die Zukunft in ihrem Gedächtnis und schluckte schwer, als Enrique ihr Lächeln mit dem seiner Schwester verglich und der unsichtbare, schmerzende Dolch tiefer in ihre Brust eindrang. Was hatte sie eigentlich geglaubt, das nach dem Untergang der Morgenwind geschehen würde? Dass sie Hand in Hand in den Sonnenuntergang reiten und die Welt bereisen würden, weil sie auf Ewig gesuchte Deserteure waren? Gewiss nicht. Und dennoch konnte sie das unangenehme Ziehen zwischen ihren Rippen nicht ignorieren, weil ihr klar wurde, dass er ohne sie gehen würde, wenn sie sich nicht selbst dazu entschied, ihm zu folgen. Dass er bereits seine Pläne mit diesem Rotbart geschmiedet hatte und es jetzt in ihrem Ermessen war, ob sie ein kleiner Teil ihrer Gruppe werden oder auf der Sphinx zurückbleiben sollte. Und ja... es war Enttäuschung, die sich just auf ihrem Gesicht abzeichnete und ihre Stimme seltsam weich und vollkommen widersprüchlich zum Ausdruck ihrer Miene werden ließ.

"Ich weiß... er war ein dreckiger Bastard, der noch viel mehr Schmerzen verdient hätte, als ich ihm an dem Abend zufügen konnte. Doch es ist nun einmal, wie es ist, richtig?"

Langsam wandte sie den Kopf herum. Wirkte vollkommen neben sich, als das kurzweilige Lächeln von ihren Lippen rutschte und ihre Miene etwas verloren und leer zurückließ.

"Aber wenn es dein Wunsch ist, werde ich dir helfen, deine Tochter zu beschützen. Mir sind die Konsequenzen egal. Du weißt selbst gut genug, dass ich keinen Grund mehr habe irgendwohin zurück zu kehren. Meine Familie ist tot und wird es für immer bleiben. Wenn ich also die deine retten kann, ist mir das mein Ableben und meine verlorene "Ruhe" vor der Marine wert."

Sie meinte jedes Wort, wie sie es sagte. Ungeachtet des kurzweilig traurigen Ausdrucks in den dunklen Augen, die sie wenig später von Enrique abwandte und erst auf den Horizont, dann auf den dunkler werdenden Abendhimmel richtete. Vielleicht war es besser so, wie es jetzt war. Immerhin fand sie so vielleicht endlich einen neuen Sinn in ihrem Leben und machte sie nicht dermaßen unruhig und unsicher. Doch den Schmerz konnte sie trotz der vielen Atemzüge nicht übertünchen. Nicht herunter spielen. Er hatte seine Entscheidung getroffen und sie musste damit leben. Sie war nicht Teil seiner Welt. Und das ist verdammt nochmal in Ordnung! Reiß dich zusammen.
Mit einem tiefen Seufzen erhob sich Skadi aus dem feinen Sand. Blieb für einen Moment fest auf beiden Füßen stehen, ehe sie sich in Richtung Wasser aufmachte und mitsamt Hose hinein watete. Sie brauchte die angenehme Frische der See, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Tauchte vollständig ins dunkle Wasser hinab, als sie bis zur Hüfte im kühlen Nass stand und wenig später mit einem lauten Plätschern an die Oberfläche zurück kam. Beide Hände strichen die kurze schwarze Mähne glatt, die nass an ihrem Gesicht und ihrem Hals klebte. Wie von selbst schlossen sich die dunklen Augen, während die Hände mit gespreizten Fingern langsam gen Oberfläche huschten und knapp darüber inne hielten. Leise stahl sich ein vibrierendes Summen aus ihrer Kehle. Eine Weise, die ihre Mutter immer gesungen hatte, wenn sie aufgewühlt oder traurig war.
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#18
Und viel zu wenig, wie ihm, ob ihrer Reaktion, erst langsam bewusst wurde. Enrique hatte gewusst, dass er ihr Unbehagen bereiten, ja sie möglicherweise vor den Kopf stoßen würde. Und das hatte er. Hatte es auf ihrer verschlossenen Miene dunkel erahnen können, gerade weil sie wegsah und dann in der Skepsis lesen können, als ihr Blick zu ihm zurückkehrte.
Die Kälte in ihrer Frage hatte ihm dann einen Schauer über den Rücken gejagt, doch er hatte sie nicht angesehen, sondern sich auf die ersten Sterne und seinen Entschluss konzentriert, sich gesagt, du musst ihn ihr jetzt mitteilen, denn nur dann kann sie frei entscheiden, was sie wirklich tun will — und hatte — ja was eigentlich? Sie wütend gemacht? Ihr den Boden unter den Füßen weggezogen? Sie schwer enttäuscht?
Das konnte es eigentlich nicht sein. Warum aber bekam er dann so schwer Luft, als sie den Blick abwandte und in sich zusammensackte? Lag das an seinen Verletzungen? Daran, dass er nach wie vor, nichts tun konnte, was seine Pläne vorantrieb und ihn das langsam wahnsinnig machte? Oder wohl doch, dass sie ihm bereits viel zu viel bedeutete? Müsste er sich vielleicht eingestehen, dass es mehr als einen Menschen in seinem Leben gab, den er glücklich sehen wollte? Waren aus einem inzwischen drei geworden?
Wehement schob er diesen Gedanken von sich, Gefühlsduseleien konnte er sich nicht erlauben!
Zu dem Zeitpunkt hatte er es nicht verstanden, hatte es, über seine eigene Aufgewühltheit nur geahnt, und sich auch deshalb nur vorsichtig vorangetastet und fest an seine Strategie geklammert.
Ihre Antwort war zwar prompt erfolgt, aber anscheinend war auch diese Frau nicht so hart, wie sie sich gern gab, denn ihr Blick hatte es ihm deutlich gemacht:
Sie, so schien ihm, fühlte sich abgewiesen, allein gelassen und verraten.
Und dennoch rührte er noch weiter mit seinen Worten an ihrer Vergangenheit. Dabei sprach er doch lediglich von seiner. ZU VIEL! Zu viel!, hatte sein Innerstes geschrien und ihn verstummen lassen.
Er hatte zu viel und doch zu wenig gesagt.
Ihr leerer Blick ließ ihn noch mehr frösteln. Wo war die starke, fokussierte Frau geblieben, die er die letzten Jahre gekannt hatte? War sie mit Harper auf dem Meeresgrund gesunken?
Langsam dämmerte ihm, wie sehr Skadi für ihre Rache "gelebt" hatte und wie wenig jetzt zurückgeblieben war.

Der ehemalige Offizier blieb liegen, als sie zum Wasser ging, versuchte sich unter Kontrolle zu bekommen, sammelte Kraft und sortierte seine Gedanken.
Erst als er sich alles gründlich überlegt und seine Emotionen Zügel angelegt hatte, stemmte er sich umständlich in die Höhe und trat langsam ans Wasser, wartete, bis der Schmerz der Rippe wieder ein dumpfes Puckern geworden war.
Und selbst dann brauchte er noch einen Augenblick, ehe er sich räusperte.

"Es tut mir leid."

Sie hätte Zeit, sich ihm zuzudrehen, so sie das wollte. Einen Unterschied würde es allerdings nicht mach, denn notfalls würde er es auch ihrem Hinterkopf erklären.

"Es tut mir leid", wiederholte er, "vielleicht hätte ich erst mit dir über deine Pläne reden sollen. Höflicher wäre es allemal gewesen.
"Doch meine Entscheidung bezüglich meiner Tochter fingen an, Form anzunehmen, seit wir Netara verlassen haben. Und Cornelis ist mein Bruder. Wie könnte ich ihm seine Bitte um Hilfe ausschlagen? So ungern ich das sage, aber deine Wünsche hätten nichts an diesen Tatsachen geändert.
"Es tut mir leid, dass dich das jetzt so trifft, denn ich wollte dich nicht vor den Kopf stoßen. Ich wollte dich auch nicht zu irgendetwas nötigen, indem ich sage, 'Ich brauche dich. Ich will das du an meiner Seite bleibst.' Gerade weil ich dich viel zu sehr dort wissen wollte.
Du hast dir meinen Respekt verdient, bist auch nicht mehr meine Untergebene und allein deshalb werde ich dich nie zu etwas zwingen oder dich versuchen so zu manipulieren, dass du nur auf Grund meiner Einflüsterungen irgendetwas tust. Denn ich will das nicht und werde das auch nie wollen.
"Auch wäre es mir egal gewesen, wie du dich entschieden hättest, ich hätte dich nach Kräften darin unterstützt."

'Denn du bist mir persönlich wichtig'
, lag ihm auf der Zunge, doch noch wagte er nicht, sich das einzugestehen. Der Schwarzhaarige seufzte, ehe er leise fortfuhr:

"Ich hätte es lediglich sehr bedauert, hätten sich unsere Wege getrennt."

Kurz holte er etwas tiefer Luft und verzog schmerzhaft das Gesicht. Er musste endlich anfangen sich zu schonen.

"Und jetzt nimm dir bitte soviel Zeit wie du zum Nachdenken brauchst, um dir darüber klar zu werden, was du jetzt wirklich willst, denn auch wenn ich weiß, dass du zu deinen Entscheidungen stehst, habe ich doch das Gefühl, dass du das noch nicht getan hast.
"Und egal wie du dich dann entscheidest, du bist mir immer willkommen."


Abermals verzog er das Gesicht und hielt sich die Seite.
'Tres veces la costilla maldita! Déjame hacer lo que tengo que hacer!', fluchte er innerlich.
Mühsam rang er sich ein Lächeln gegen den wieder aufkommenden Schmerz ab.

"Damit ich dich nicht dabei störe, werde ich beim Boot auf dich warten."

Immerhin zog er es vor, in solchen Momenten, allein zu sein, und wenn er sich nicht gänzlich vertat, dann sie auch.
Entschlossen wandte er sich zum Gehen, hielt dann aber inne und sah zu ihr zurück:

"Ach, eines noch Skadi:
"Kaladar hat gute Arbeit geleistet. In jeder Hinsicht.
"Sollte uns jenseits des Nebels nichts erwarten, hat er diese Welt von einem Tyrannen befreit unter dem nie wieder jemand leiden muss.
"Sollte es dort aber etwas geben, dann bin ich sicher, dass die Toten Harper erwartet haben, damit er erhält, was er verdient. So schnell wird der keinen Frieden finden."


'Und wenn ich ihn irgendwann selbst dafür aus dem Abgrund hervorholen muss' versprach sein Blick. Genau so wie er Anerkennung und Respekt ausdrückte.

"Und wenn irgendwann in ferner Zukunft deine Zeit gekommen sein sollte, dann werden die Toten dich freudig willkommen heißen, weil du ihnen diese verhasste Person geliefert hast, da bin ich mir sicher.
"Vergiss das nicht."


Damit wollte er sich endgültig abwenden. Es war mehr als deutlich zu erkennen, dass er, so sie ihn nicht zurückhilte, nun zum Beiboot zurückkehren würde.
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#19
Endlose Gedanken vergingen. Liefen irgendwo am Horizont ins Leere und rannen wortlos durch Skadis Finger, die sie immer wieder in das kühle Meerwasser eintauchte. Nur langsam löste sich ihr Herz aus ihren Rippenbögen. Entfernte sich von den angespannten Lungenflügeln, die schlagartig nach Atem rangen. Nach frischer Luft, die ihren Geist und ihre Brust jäh durchflutete. Es tat ihr offensichtlich nicht gut so zu sein. Sich der Emotionalität hinzugeben, die ganz unumstritten da war, doch genauso wenig zwischen ihnen etwas zu suchen hatte. Sie hatte dieses Gespräch nicht gesucht, um auf ein neues Leben zu hoffen, sondern um ihm lediglich reinen Wein einzuschenken. Über die Konsequenzen hatte sie sich bewusst nur so viele Gedanken gemacht, wie sie für einen rationalen Verstand von Nöten waren. Warum sie jetzt, nach den etlichen Offenbarungen so überreagierte, war ihr unbegreiflich. Und es ärgerte die Nordskov, dass sie es überhaupt so weit hatte kommen lassen und ihr Temperament nicht im Zaum hatte halten können.
Reichten herzliche Worte dieser Art schon aus, um sie aus der Reserve zu locken? Der kleine Ausblick einem kleinen Mädchen das größte Geschenk auf Erden zu machen und dafür Sorge zu tragen, dass ihr geliebter Vater unbeschadet zu ihr zurückkehren konnte? Ganz offensichtlich, wie sich Skadi seufzend eingestand und augenblicklich das leise Plätschern in ihrem Rücken vernahm. Das Gänsehaut erzeugende Räuspern, dem wenig später Worte folgten. Erklärungen auf die sie nichts erwiderte und stattdessen den Blick konzentriert auf der Wasseroberfläche hielt. Sie war noch nicht so weit, sich zu ihm herum zu drehen. War immer noch zu wütend auf ihre kindliche Naivität, um sich seinem forschenden Blick auszusetzen. Doch sie hörte hier. Regte sich bei seinen Worten und signalisierte Enrique unmissverständlich, dass sie ihm lauschte.
Du hättest mir einfach gleich sagen sollen, dass du mit Cornelis gehen wirst, statt mir weiß zu machen, dass du noch keine genauen Pläne für deine Zeit nach der Sphinx hast., erwiderte Skadi bitter in ihren Gedanken und spürte, wie sich schlagartig erneut ihre Kiefer aufeinander pressten. Denn sie wusste, dass eben jene Worte ihre Hoffnung geschürt hatten. Einem Strohhalm gleich, den sie nur allzu bereitwillig ergriffen hatte. Was Enrique dann darauf hin aussprach, rückte die dunklen Iriden schlagartig gen Horizont hinauf. Beschleunigten den hart erkämpften Rhythmus in ihrer Brust erneut und brachten die Nordskov dazu den dunklen Haarschopf augenblicklich zur Seite zu drehen und die diffuse Silhouette des Älteren über ihrer Schulter in Augenschein zu nehmen.
Halt einfach den Mund. Brachte die innere Stimme leise in der abrupten Dunkelheit ihres Kopfes hervor. Wurde mit jedem weiteren Süßholz lauter, das de Guzmán auf sie hinab raspelte und war als kaum merklicher Schatten auf den feinen Zügen zu erkennen. Skadi konnte sich kaum gegen den brennenden Schmerz wehren, der in ihrem Magen zu pochen begann und ihr eine unbändige Übelkeit in Richtung Kehle hinauf presste. Wieso um alles in der Welt war es ihm so wichtig, dass sie bei ihm blieb, wenn er doch absolut nichts dafür tat, dass sie ihm folgte? Aus reiner Nächstenliebe, weil er wollte, dass sie ihren eigenen Weg ging, ohne sich von ihm davon abhalten zu lassen? Hatte er denn nicht verstanden, dass sie keinen Anker mehr in ihrem Leben besaß und – ob sie es nun aussprach oder nicht – sich so sehr nach einem sehnte? War er wirklich dermaßen blind und begriffsstutzig?
Sie unterdrückte ein Seufzen, kaum dass sich die dunklen Augen von dem braungebrannten Gesicht lösten und erneut die sanften Wellen um ihre Beine fixierten. Sollte er doch gehen, wenn er denn so unbedingt wollte. Ihr konnte es doch eigentlich egal sein oder? Er wollte zwar, dass sie an seiner Seite blieb, doch ganz sicher nicht aus den Motiven heraus, das sie irgendetwas wie eine innige freundschaftliche Beziehung verband. Es war albern und töricht zugleich das zu glauben.

Er entfernte sich allmählich. Skadi vernahm seine Schritte, ohne sich zu rühren. Blickte erst wieder auf, als Enrique erneut Worte in die Luft frei setzte und die braunen Augenpaare der Nordskov genervt nach oben rollten. Dieser Kerl war unverbesserlich. Konnte er es nicht einfach gut sein lassen? Fast klang er wie ein stolzer Offizier, der seinen Untergebenen für tüchtige und ehrenvolle Arbeiten lobte.
Wie von selbst begann sich der hoch gewachsene Körper der Nordskov herum zu drehen und das ruhige Wasser mit energischen Schritten aufzuwirbeln. Ungefragt griff sie nach Enriques Handgelenk, legte seinen Arm um ihre Schulter und sah fast mit einem trotzigen Seitenblick zu ihm hinauf.

“Du bist nen ziemlicher Blödmann, wenn du glaubst, dass ich das jetzt auf mir sitzen lasse. Und so schnell werde ich auch nicht von dieser Welt verschwinden. Darauf kannst du deinen sturen Arsch verwetten.“

Fast entrüstet klang das intensive Schnauben, das jäh ihre bebenden Nasenflügel verließ.

“Ab sofort gilt absolute Ehrlichkeit, verstanden? Wie ich meine Entscheidungen fälle, kannst du schließlich getrost mir überlassen.“

Mit einem festen Griff umschloss sie den Brustkorb des Älteren. Versuchte seine offensichtlich immer noch verletzte Seite zu schonen und half ihm langsam zum Beiboot zurück.
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#20
Der pulsende Schmerz in seinem Körper ließ ihn ihr Missfallen nicht sehen. Vielleicht war es gut so, hätte doch andernfalls die Möglichkeit bestand, dass er ihr dann nicht alles gesagt hätte.
Als sie dann zu ihm kam, da blieb er stehen und kam nicht umhin ihre Frustration zu sehen, die seine Worte heraufbeschworen hatte.
Ein Teil von sich fragte sich erheitert, ob es ihr lieber wäre, er benähme sich wie ein Arschloch. Wie das Arschloch, das er all die Jahre gewesen war. Vielleicht sehnte sie sich tatsächlich nach einer klaren Anweisung von ihm. Immerhin war sie, seit sie an Bord der Sphinx waren, sowie sie nichts mehr zu tun hatte, rastlos und unsicher. Gut möglich, dass sie das nicht nur wegen dieses Gespräches gewesen war.
Nur widerwillig ließ er zu, dass sie ihn stützte. Schwäche zu zeigen kam einfach nicht in Frage. Erneut verfluchte er seinen Körper dafür, dass der ihn gerade im stich ließ.
Ihre Worte ließen ihn dann tatsächlich schnauben. Gespielt zornig funkelte er sie an, schaffte es aber nicht, seine Zerschlagenheit auch nur ansatzweise zu überspielen, geschweige denn den leichten Spott oder den Wunsch, dass er rechtbehalten würde.

"Du wirst akzeptieren müssen, dass ich stolz auf dich bin. Also ja, lass das gefälligst auf dir sitzen! Ändern kannst du das eh nicht mehr."

So sehr er auch ein Einzelkämpfer geworden war und ihre Hilfe ablehnte, genau so sehr war er ihr dankbar, tat es doch gut, sich auf jemanden stützen zu können, körperlich wie geistig.

"Na dann wette ich! Wehe du lässt mich die verlieren, ich wette nämlich, dass du mir das Leben noch zur Hölle machst, wenn ich alt und grau bin. Haben wir uns verstanden?! Du musst mir nur sagen, wo ich meinen Einsatz abgeben muss."

Als er dann auf ihren letzten Punkt einging, mußte er trotz allem prompt grinsen.

"Und absolute Ehrlichkeit? Bist du sicher, dass du die verkraftest? Immerhin heißt das auch, dass wir uns nach und nach all unsere dunklen Geheimnisse enthüllen werden müssen."

Der Spott lag in seinen Worten, wollte er sie doch ein wenig necken und es wäre wohl mehr gewesen, wäre er nur etwas fitter gewesen. Zu ernst war ihm ihr Gespräch geworden, als das er es so jetzt Ende lassen wollte. Er würde so schon genug zum Grübeln haben, da wollte er sich nicht auch noch Sorgen darüber machen müssen, ob sie im Streit auseinander gegangen wären. Und irgendwie musste er sich gerade auch beweisen, dass er noch immer nicht zu erschöpft war, um zu tun, was er wollte.


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