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Ich brauch nen Waldbrand
Enrique & Skadi ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 25 März 1822
Ort Unter Deck der Sphinx
Tageszeit Abends
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
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#1
Ich brauch' 'n Waldbrand
Ich pass' nicht ins Bild, gehör' hier nicht hin [...] Egal, wie ich's dreh und wende,
ich geh' Hand in Hand mit Ethanol ins Niemandsland.


25 .März 1822 | Enrique & Skadi | abends unter Deck

Stimmen schwirrten um sie herum, wie helle Lichter. Wirkten ausgelassener und unbeschwerter, als an jedem anderen Tag zuvor auf diesem Schiff. Skadi wusste nicht, woher diese Launen zuweilen kamen und ob sie etwas mit den Neuankömmlingen, den erlegten Tieren oder der Rückkehr des Kapitäns zu tun hatten. Doch letztlich spielte es keine Rolle. Solange wie die Aufmerksamkeit allem anderen als ihr galt, konnte sie die vielleicht letzten Tage auf diesem Schiff mit ihrer Lüge überleben. Niemand wusste, wer sie wirklich war - ausgenommen von Gregory, dem sie diese Bürde nicht länger auferlegen konnte. Er war vielleicht stark genug, um in den ersten Tagen Stillschweigen darüber zu bewahren. Doch Skadi waren die Blicke nicht entgangen, die er ihr heimlich zuwarf, sobald er sich in Sicherheit wähnte. Dieses Geheimnis quälte ihn. Und es dauerte nicht mehr lang, bis dieses kleine Mädchen oder ihre Freundin alles aus ihm herausquetschten. Denn die Frauen waren das womöglich größte Problem auf diesem Schiff. Sie schienen einen siebten Sinn dafür zu haben, wenn etwas Unausgesprochenes im Raum stand. Ihre Spitzfindigkeiten und ihr Biss konnten Skadi zum Verhängnis werden, wenn sie nicht bald Maßnahmen einleitete. Und es blieb wohl kaum ein Geheimnis, dass eine unfreiwillige Enttarnung schwerwiegende Konsequenzen für sie haben konnte. Doch sie konnte sich diesem Lucien nicht anvertrauen, wenn der einzige Mensch auf diesem Schiff, zu dem sie so etwas wie ein Vertrauensverhältnis aufgebaut hatte, nichts von ihrer wahren Identität wusste. Ihn vor den Kopf zu stoßen, wäre das letzte, was sie wollte. Ganz gleich wie schwer dieser Augenblick werden würde, sie hatte keine anderen Wahl mehr.
Tagelang war sie nun schon um Enrique herum geschlichen. Darauf hoffend, dass sie einen guten Moment abpassen konnte. Nur um festzustellen, dass seine Miene versteinert und düster aussah.  Etwas beschäftigte ihn. Machte ihn wortkarg und einsilbig. Selbst ihre Anwesenheit schien ihm dann und wann zu viel zu sein - ganz gleich ob sie schweigend bei ihm saß und die anderen beobachtete oder ihn versuchte in ein belangloses Gespräch zu verwickeln.  Es war kein Durchkommen gewesen. Bis gestern.

Tief einatmend glitt der dunkle Haarschopf gegen das Holz. Gönnte ihren  Augen eine kurze Pause, in der vollkommene Dunkelheit Einzug hielt. Sie würde mit ihm reden, heute. Und egal wie es ausging; Skadi würde es nicht bereuen. Es war das Richtige, das einzig Richtige, dass sie nach all dem noch tun konnte. Und doch fühlte sie bereits den leisen Anflug von Unbehagen in ihren Fingerspitzen. Versuchte das Kribbeln zu ignorieren, dass ihr klar machte, dass der Ausgang dieser Geschichte vielleicht ihrem rationalen Verstand, aber nicht ihrer emotionalen Seite egal war. Vielleicht signalisierte ihr Körper ihr auch nur, dass er es leid war, vor den Quartieren zu warten und sich all dem schutzlos auszuliefern. Doch egal was es war; Skadi schluckte es energisch hinab. Gönnte sich noch einen tiefen Atemzug, ehe sie sich wieder zur vollen Größe aufrichtete und mit dem Rücken gegen die Wand gleiten ließ. Die dunklen Augenpaare den Flur auf und ab streifend, auf der Suche nach dem dunkelhaarigen Leutnant.
Crewmitglied der Sphinx
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#2
Konzentriert blickte Enrique auf die Seiten seines Buches. Auf diesen fand sich zum einen der gedruckte Text, zum anderen, in sehr kleiner Schrift, handgeschriebene Notizen. Momentan hielt er den Roman kopfüber, so dass er die Worte, die er dort einst auf dem oberen Rand niedergeschrieben hatte, entschlüsseln konnte. Ob sich das Problem so lösen ließe?
Das durch die Geschützpforte einfallendes Licht der untergehenden Sonne erhellte das Papier, die zur Bordwand gerichteten Teile des Geschützes, seinen rechten Arm, seinen Oberschenkel und seine Flanke. Der Rest der Umgebung lag im dämmerigen Zwielicht des Schiffsrumpfes, blockierte er doch den Großteil der hereindringenden Helligkeit.
Für jeden, der sich ihm näherte wäre er im ersten Augenblick eine rot überblendete schwarze Silhouette, die mit der Schiffswand verschmolz, gegen die er lehnte und mit dem Langrohr, auf dem er saß.

Ohne großartige darauf zu achten bekam er die Gestalt auf dem Gang mit, konnte sie aber, ob seiner auf helleress Licht eingestellten Augen, nicht erkennen und senkte den Blick wieder. Wer da stand war ihm derzeit gleich. Er war entspannt genug, um es mit allen Aufzunehmen, die sich zu ihm verirrten.
Überhaupt war er zwar körperlich ein wenig eingeschränkt gewesen, aber es galt einfach so vieles zu erledigen, dass er trotz allem die letzten Tage ausgelastet gewesen war. Auch konnte er jederzeit das Schiff verlassen. Dazu die Tatsache, dass ihn niemand drangsalierte oder hinterging:
Es war beinahe wie ein ausgedehnter Landgang, bei dem sämtliche unschönen Aussichten so weit hinter dem Horizont verschwanden, dass man glauben könnte, sie existierten nicht.

Irritiert blickte er abermals auf, als ihm ein Geräusch klar machte, dass die Person noch immer an der Stelle stand, den Raum tatsächlich nicht verlassen hatte.
Stimmt. Ich habe keine weggehenden Schritte gehört. Ob die Person zu mir will?
Falls ja hatte sie ihn entweder wohl einfach nicht gesehen oder aber traute sich nicht ihn anzusprechen.
Gut gelaunt wie er war beschloß er es ihr einfach zu machen, klappte das Buch zu und fragte ruhig:

"Willst du zu mir? Kann ich dir helfen?"

Abwartend betrachtete er die in Dunkelheit getauchte Stelle, von der das Geräusch gekommen war, während sich seine Augen langsam daran gewöhnten.
Crewmitglied der Sphinx
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#3
Ein Blinzeln. Mehr gestand Skadi ihr eigener Körper im ersten Moment nicht zu, als Enriques Worte aus dem Dunkel hervortraten. Für einen kurzen Augenblick glaubte sie sogar sich verhört zu haben, bis sie den Kopf allmählich herum wandte und die dunkelbraunen Augenpaare verengte. Nur langsam schälte sich die Silhouette des Älteren aus dem Schatten, war halb verdeckt und überzeichnet von den schummrigen Lichtverhältnissen in denen er saß.

"Durchaus.", entgegnete sie auf seine Frage und stieß sich mit beiden Händen von der Holzwand ab. Lauschte dem kurzen Gepolter und Knarzen über ihrem Kopf, während ihre Finger vor lauter Anspannung nervös übereinander glitten. Sie musste dieses Gespräch vorsichtig ins Rollen bringen, jeden einzelnen seiner Muskeln im Auge behalten und abwägen, ob die Tendenz ihrer Unterhaltung ins Negative abrutschte. Denn seltsamerweise war ihr der gute Ausgang dieser Unterredung wichtig - vielleicht sogar mehr, als ihr lieb gewesen wäre.

"Dass du in diesem Licht was erkennst, ist ein Wunder."

Skeptisch lag ihr Blick auf dem zusammengeklappten Buch in seiner Hand, wurde von einem schiefen Lächeln begleitet, das jäh verschwand, als sie zwei Hand breit neben dem Geschütz zum Stehen kam.

"Ich würde gern etwas mit dir bereden..."

Geräusche drängten hinter ihrem Rücken durch den Schiffsrumpf und legten einen dunkleren Ton auf ihre Züge.

"... am besten unter vier Augen."
Crewmitglied der Sphinx
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#4
Sonderlich schreckhaft ist die Person schon mal nicht, stellte er amüsiert fest, als er kein heftiges Zusammenfahren mitbekam. Dann erhob sich, nach kurzem Zögern, Kaladars Stimme und das Schmunzeln auf seinen Lippen vertiefte sich.
Es ist also endlich soweit. Ich habe mich also doch nicht getäuscht.

"Noch ist die Abendsonne hell genug. Zumindest hier am Gunport."

Er drehte das Buch so, dass es das Licht auffing und zur Decke in den Raum zurückwarf. Ungewöhnlich intensiv rot schimmerte der Seideneinband im Zwielicht.
Beiläufig glitt sein Blick dabei über Skadis Hände. ¡Jodder, war der ehemalige Sergeant nervös, wenn der seine Finger nicht ruhig halten konnte! Ein paar Mal hatte er das schon auf der Morgenwind mitbekommen. Meist, wenn der Kleine durch andere Offiziere in Bedrängnis gewesen war.
Aber gut, dann musste er eben Ruhe bewahren und gelassen abwarten. Andernfalls würde er wohl nie erfahren, warum sein Kamerad ihn in letzter Zeit beschattet hatte.
Enrique wartete ab bis Skadi den Satz beendet hatte, ehe er sich etwas aufrichtete und den Fuß auf dem Rohr etwas näher zog.

"Dann setz dich! Ich schätze, dieser Ort ist so ruhig, wie wir ihn hier an Bord kriegen werden."

Seine Hand deutete mit dem Buch auf das andere Ende des Geschützes.

"Außer du möchtest lieber mit mir einen Strandspaziergang machen."

Da müssten sie höchstens aufpassen, dass ihnen weder Trevor noch Shanaya folgte. Der Rest würde Privatsphäre entweder respektieren oder sich nicht dafür interessieren. Und sollte wieder erwarten Ryan ihnen folgen - wahrscheinlich würden sie ihn nicht einmal bemerken, aber der würde auch nicht herumtratschen.
Abwartend, den Kopf leicht zur Seite geneigt, sah er zu Skadi hoch.
Wie wohl die Entscheidung ausfiele?
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#5
Skadi musterte die bärtigen Züge des Älteren, war sich unschlüssig ob ihr die besagte "Ruhe" wirklich ausreichte. Ehrlich gesagt war ihr jeder Ort lieber, als diese Mauern aus Holz und Teer. Sie konnte nicht von hier verschwinden, wenn es Not tat. Hatte kaum eine Möglichkeit auf die Insel zu flüchten und reichlich Abstand zu dem Dunkelhaarigen zu gewinnen, der viel zu gelassen auf dem Kanonenrohr ruhte. Wenn er nur wüsste raunte sie innerlich, sog tief die Luft ein und ließ die dunkelbraunen Augenpaare für ein paar Sekunden zur Seite und den Gang hinab streifen. Man musste nicht einmal ein guter Menschenkenner sein, um den leichten Unmut auf ihren Zügen zu erkennen.

"Hier an Board durchaus nicht nein... ", erwiderte Skadi mit einem halben Seufzen auf den Lippen.

Presste ihre Finger in die Laschen ihrer Leinenhose und blickte abrupt auf Enrique zurück. Fixierte ihn ungewohnt ernst und fast schon... harsch? Kurz blinzelte sie. Kreiste die Lippen, um das unangenehme Ziepen in den Gesichtsmuskeln los zu werden, die sich merklich verkrampften.

"Aber außerhalb haben wir wesentlich mehr Ruhe, als es sie hier drin jemals geben wird." Ganz geschweige davon, dass sie jeden über den Haufen schießen konnte, der ein offensichtliches Nein und das Wort "Privatsphäre" nicht zu schätzen wusste.

"Mir wäre ein Strandspaziergang demnach nur Recht." Irgendwie klebte jedes ihrer Worte wie Honig an Zunge und Gaumen. Veranlasste die Jägerin die Arme schwungvoll hinter den Rücken zu legen und mit einem letzten prüfenden Blick auf Enrique den ersten Schritt in Richtung Treppen zu unternehmen. Wieso zur Hölle wurde sie nur so seltsam steif und abweisend? Es gab keinen Grund dafür - nicht einmal angesichts dieses kleinen Quenchens Angst, das ihr Herz zum Flattern brachte. Was konnte schon im schlimmsten Fall passieren? Dass er sie abwies und sie in der nächsten Stadt zusehen musste wo sie blieb? Da hatte sie bereits ihre eigenen Pläne. Und ehrlich gesagt kam sie auch ohne irgendwen sehr gut zurecht. Sie brauchte keinen Mann und keine Frau, um sich über Wasser zu halten. Was sie brauchte war eine Aufgabe. Etwas wofür sich das Weiterleben lohnte, nun da der größte aller Sünder vom Erdboden getilgt worden war. Und womöglich war DAS Skadis größtes Problem.

________Zeitsprung________

"Ich habe die letzten 4 Jahre unter deiner Obhut sehr geschätzt."

Es waren die ersten Worte die sie erhob, seitdem sie sich vom Schiff geschlichen und das kleine Beiboot an den Strand gezogen hatten.

"Und ich hoffe, dass es nicht die letzten Jahre gewesen sind."

Geräuschvoll klopften die lang gliedrigen Finger den Sand von ihren Händen. Wischten in einer weiteren Begegnung die widerspenstigen dunklen Haarsträhnen aus dem braun gebrannten Gesicht, die sich seit Tagen gegen ihren winzigen Zopf zur Wehr setzten. In Enriques Rücken funkelte die Sphinx wie ein kleines Häuschen auf der Wasseroberfläche. Beinahe hatte dieses Irrenhaus schon etwas heimeliges.

"Hast du vor auf der Sphinx zu bleiben?"

Unter jedem Wellenplätschern versuchte Skadi den Atem des ehemaligen Leutnants zu hören. Musterte seine Miene aufmerksam, ehe sie über den Bootsleib auf die andere Seite kletterte und mit einem kleinen Sprung neben ihm zum Stehen kam.

"Ich weiß, dass du ein Leben außerhalb dieser Welt hast."

Ein scharfes Nicken folgte in Richtung der dunklen Silhouette des Schiffes, das allmählich die sinkende Sonne verschluckte. Und fast zeichnete sich ein Lächeln auf Skadis Lippen an. Verschwand jedoch jäh in ihrer Bewegung, die sie Schritt für Schritt am Ufer entlang führte.

"Ich wäre somit nicht überrascht, wenn dieses Abenteuer für dich in der nächsten Stadt ein Ende hat."
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#6
Enrique zog leicht die Augenbrauen zusammen, war ein wenig irritiert durch das Mienenspiel des Jüngeren. Was verstimmte Kaladar?
Sein Blick huschte kurz dem des Sergeanten hinterher und er verstand. Auch für den Älteren hatten, seit dem letzten, alle Schiffe angefangen, einem hölzernen Gefängnis zu gleichen. Und in solchen hatten selbst die Wände Ohren, das hatte er schnell gelernt.
Noch war die Zeit auf der Morgenwind viel zu präsent, als dass diese Erfahrung nicht von dort auf die Sphinx abgefärbt hätte und so deckten sich auch hier die Gefühle der beiden.
Hier raus war eine hervorragende Idee.
Doch die Möglichkeit gestört zu werden schien ihm nicht das einzige zu sein, was Kaladar aufbrachte.
Nachdenklich nickte er nur auf Skadis Worte, schlug Buch und Briefe wieder in ihr gewachstes Leder und fixiert es erneut mit der Anstecknadel. Dann schob er dass Päckchen in die Innentasche des Uniformrockes und erhob sich um seinem Kameraden etwas langsamer an Deck zu folgen.
Emotionen rührten sich in ihm und drohten ihn aus der Ruhe zu bringen. Er gab sich einen Moment, um sie hart an die Kandare zu nehmen. Das hier war kein guter Zeitpunkt dafür, die Beherrschung in irgendeine Richtung zu verlieren...
Dabei hatte er, unbemerkt von Skadi, Rayon, über den er per Zufall auf dem Weg nach oben gestolpert war, bescheid gegeben, was sie vorhatten. Besser jemand könnte im Notfall den Capitáns sagen, wo sie waren, falls es wieder erwarten notwendig würde.


________Zeitsprung________


Der Strand lag im Schatten der hohen Felsen, wirkte dunkel und düster, während die Spitzen der hohen Klippen und die Masten der Sphinx Feuer gefangen zu haben schienen. Längst hätte er seinen Posten oder das Lesen da unten im Schiff aufgeben müssen.
Inzwischen stand er aber neben dem Boot, dass sie gerade gemeinsam auf den Sand gewuchtet hatten. Obwohl ihm seine Seite deshalb wieder schmerzte fühlte er sich gut. Endlich durfte er mit anpacken und war nicht dazu verdammt, hinten im Boot zu warten, bis die Ruderer es auf den Strand gesetzt hätten.
Bescheuerte Regel!
Vorsichtig atmete er tief durch und ließ seinen Blick schweifen. Früher hatte er für das Privileg, das Schiff verlassen zu dürfen, seinen Rang und die Zustimmung seiner Vorgesetzten gebraucht, jetzt konnte er es einfach tun.
Beinahe vollkommen frei...dachte er ein wenig verträumt.

Dann rissen ihn Skadis Worte aus seinen Gedanken.
Geschätzt?
Es klang fast wie ein Abschied. Zumindest, bis der Sergeant seine Hoffnung äußerte. Aber selbst dann schwang etwas fatalistisches in den Worten mit.
Abwartend musterte er das Gesicht seines Gegenüber und fand es fremd und vertraut zugleich. Auf der Morgenwind hätte Kaladar sich längst die Haare wieder kurz geschoren, inzwischen waren sie aber deutlich länger als er sie jemals zuvor gesehen hatte. Er strich sich über den Vollbart und stellte fest, auch er sollte sein Äußeres ändern. Noch etwas, um das er sich kümmern würde, sowie sie zurück waren.
"Hast du vor auf der Sphinx zu bleiben?"
Die Frage schien ihm einerseits unnötig andererseits wusste er nicht, was der jüngere über seine Gespräch mit dem Capitán erfahren hatte.
Grübelnd beobachtete er, wie sein Kamerad noch einmal über das Boot turnte.
"Ich weiß, dass du ein Leben außerhalb dieser Welt hast."
Hatte er das?
Sein Blick folgte mal wieder ihrem und strich über die Sphinx und wanderte dort angekommen über ihre eleganten Linien.
Gab es für ihn ein Leben abseits der Sphinx, der See und diesem Angebot, dass der Freiheit näher kam als alles Andere bisher?
Sicher, er könnte sich selbst ein Schiff suchen um darauf Capitán zu sein, aber wollte er das? Oder wollte er zu seiner Familie zurückkehren? Wie ein Ara'tayu Leben? Oder ganz etwas Anderes machen? Und wenn was?
"Ich wäre somit nicht überrascht, wenn dieses Abenteuer für dich in der nächsten Stadt ein Ende hat."
Langsam setzte er sich ebenfalls in Bewegung.
Wie das wohl wäre, wenn seine Abenteuer in der nächsten Stadt endete? Was wenn er nach Hause zurückkehrte und dort einfacher Fischer und Jäger würde?
Er schüttelte den Kopf.

"Ich kann die See nicht verlassen. Sicher, es gibt Leute, die auf mich warten und denen ich dringend mitteilen muss, dass ich noch lebe..."

Und für die ich auch noch dringendst einiges erledigen muss.
Doch er schob auch dieses Wissen bei Seite. Wenn dann würde er später darüber nachdenken oder vielleicht auch mit Kaladar darüber reden. Jetzt ging es allerdings erstmal um das Problem des Sergeanten.

"Aber zu ihnen reisen und dort friedlich vor mich hin leben? Nein. Das ist nichts für mich. Noch nicht zumindest.
"Ich hatte schon einige Male die Gelegenheit, das zu versuchen und bin jedesmal schnell wieder unruhig geworden. Wenn ich kann werde ich sie besuchen aber nicht für lange.
"Ich bleibe also fürs Erste auf der Sphinx. Vielleicht nur kurz, bis ich weiß, was ich jetzt wirklich machen will, vielleicht auch länger. Dafür ist sie kein schlechter Ort."


Viel würde zudem von Cornelis abhängen, denn falls der irgendwann von Bord ginge, dann würde er das wohl auch tun. Zumindest bis sie die Onyx zurückerobert hatten. Ob und wann das sein würde stand allerdings in den Sternen.

"Was ist mit dir? Du hast nie Familie erwähnt, geschweige denn Briefe geschrieben oder mich darum gebeten. Gibt es etwas, was dich im nächsten Hafen von Bord lockt?"

Seine Augen ruhten auf seinem Kameraden und beobachteten ihn genau. Ein leichter Stich in der Brust traf ihn, als ihm klar wurde, dass die Chance, Kaladar zu verlieren, durchaus real war. Entschlossen sah er zur Seite. Er würde seinen Begleiter nicht mit seinen Wünschen beeinflussen. Außerdem bestand immer noch die Möglichkeit, dass sie feststellten, dass sie sich ohne einen gemeinsamen Feind gar nicht so sehr abkonnten, wie bisher angenommen. Enrique Gefühl sagte ihm zwar, dass diese Chance sehr gering war, aber was wenn das nur von seiner Seite aus so wäre..?
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#7
Jeder Schritt auf dem hellen Sand fühlte sich an, als versinke man. Und je weiter sie voran kamen desto gemächlicher wurde das Tempo. Während die Sonne allmählich ihren Kurs gen Horizont einläutete, entfernte sich das Gespann von der einzigen Möglichkeit auf das Schiff zurückzukehren. Keiner von beiden verschwendete einen Gedanken daran, dass ihnen diese Leichtsinnigkeit zum Verhängnis werden konnte. Dass diese Insel unbewohnt war, spielte dabei wohl kaum eine Rolle.
Vorsichtig schielte Skadi zur Seite, kaum dass der Leutnant zu erzählen begann. Verschränkte die Arme entspannte hinter dem Rücken und versuchte das seltsame Gefühl abzuschütteln, das sich seit ihrem Aufbruch immer fester in ihrer Magenwand verbiss. Er hatte also Menschen, denen er etwas bedeutete. Menschen, die ihm etwas bedeuteten. Ob ihr das fehlte? Sicherlich. Doch Emotionen wie diese ließ die Jägerin nicht an die Oberfläche treten. Zum einen wusste sie, dass es ihre Familie dadurch nicht zurückbringen würde. Zum anderen machte es sie anderen gegenüber verletzlich. Niemandem gab sie je wieder so viel Macht über sich.

"Ich hatte schon einige Male die Gelegenheit, das zu versuchen und bin jedesmal schnell wieder unruhig geworden. Wenn ich kann werde ich sie besuchen aber nicht für lange."

Wenn er so über die Liebsten sprach, denen er noch dringend hatte sein Überleben mitteilen müssen, dann konnte das niemand sein, der mehr zählte als die "Freiheit" der See. Kein Mensch verließ seine Familie, wenn sie alles war, was zum Leben, Atmen oder Sein gebraucht wurde. Skadi würde töten, hätte sie je wieder diese Chance. Niemand hätte sie davon abhalten können, dort zu bleiben, wo sie hingehörte. Doch das war keine Option.
Tief atmete die Nordskov ein und aus, während sie Enrique lauschte. Ließ den Blick dann und wann vom weiten Strand auf das bärtige Gesicht gleiten. Schenkte ihm ein mattes Lächeln, das jäh kippte. Nur wenige Worte waren so effektvoll, wie diese. Brachten den schmalen Körper dazu innezuhalten und regungslos auf ihren Gegenüber zu blicken. Die Miene ausdruckslos, der Blick glasklar.

"Enrique..."

Hatte sie jemals seinen Vornamen ausgesprochen? So direkt und ohne mit der Wimper zu zucken? Es fühlte sich seltsam an, Silbe um Silbe über ihre Lippen gleiten zu lassen.

"Hast du jemals von einer Geschichte gehört, in der vor Jahren ein Stamm spurlos von einer kleinen Insel Trithêns verschwand?"

Die Marine hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihre Version der Ereignisse in der Welt zu verbreiten. Mittlerweile gab es nur wenige, die von den wahren Begebenheiten wussten. Ganz im Gegensatz zu denen, die sich diese Geschichte als Schauermärchen erzählten.
Prüfend lehnte sich der zierliche Körper Millimeter um Millimeter voraus. Wartete auf das Leuchten in Enriques Blick, auf das schwere Einatmen, das sich so oft bereits mit seiner aufbäumenden Skepsis zeigte. Jede Reaktion seines Körpers sog sie mit ihrem Blick auf, verinnerlichte die Atmosphäre dieser Unterhaltung. Hatte sie gerade so luftig leicht begonnen, verhärteten sich die Kanten. Das Gesamtbild verformte sich zu einem immer stärker werdenden Relief. Skadi war gespannt wie viel Enrique von dieser Erzählung wusste. Ob er wohl in seiner Zeit bei der Marine davon gehört hatte? Sie bezweifelte es irgendwie nicht - selbst wenn es nur das war, was man der Welt Glauben machen wollte.
Vorsichtig setzte Skadi mit einem Fuß ihrer Bewegung nach. Richtete sich dabei zur vollen Größe auf und stand nur noch eine halbe Armlänge entfernt. Glaubte beinahe die Wärme zu spüren, die er ausstrahlte. Hörte in die Stille hinein, die hier und da vom leisen Rauschen der Wellen unterbrochen wurde.

"Ich war nicht ohne Grund auf der Morgenwind - was dir vielleicht nach unserer Flucht bewusst geworden ist."

Ein schmales Lächeln legt sich auf die vollen Lippen.

"Aber nein... ich habe nichts mehr, das mich von Bord locken könnte."

Vielleicht würde er selbst diese eine Person sein. Skadi vermutete es sogar, ohne es laut auszusprechen. Doch niemand konnte sagen, was nach heute geschehen würde. Vielleicht waren sie in einem Jahr geschiedene Leute, jetzt wo es die Morgenwind als Klebstoff zwischen ihnen nicht mehr gab. War ihre anfängliche Freundschaft stark genug, um das hier auszuhalten? Der Esteroaner war ein stolzer Mann, der sich gern zu temperamentvollen Reaktionen hinreißen ließ. Und womöglich kannte sie ihn gar nicht so gut, wie sie glaubte. Womöglich. Doch es kam auf einen Versuch an. Feige aufgeben war nichts, das die Nordskov duldete.
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#8
"Enrique..."
Dieses eine Wort - Nein, der Tonfall allein ließ seinen Blick sofort wieder zurückschnellen.
Kaladar stand dort wie vom Donner gerührt und blickte ihn ebenso erschüttert an.
Was zum—
Volltreffer, mitten ins Blatt, und so tief, dass die Welt zu kippen drohte. Er hatte ihn voll erwischt und jetzt der Andere ihn. Bilder stiegen auf und brachten Gefühle mit, rauhe, ungezügelte Gefühle, die nach dem ehemaligen Offizier griffen und ihn in die Tiefe reißen wollten, die die Wände einrissen, die er zwischen sich, seinen Emotionen und der Realität errichtet hatte. Und die an den Ketten seiner Selbstkontrolle fraßen.
Noch war davon nicht viel auf seinem Gesicht zu sehen, nur die Bestürzung darüber, seinen Kameraden ungewollt so tief bewegt zu haben, war offensichtlich. Seine Hände verschränkten sich wie so oft hinter seinem Rücken, alldieweil er sie viel lieber dazu verwendet hätte, den Jüngeren an sich heranzuziehen und festzuhalten; er straffte sich dabei zur vollen Größe. Verbissen kämpfte er außerdem darum, seine Maske aufrecht zu halten, um dem Sergeanten weiterhin Ruhe vorzugaukeln, da er dachte, dass er ihm nur so das Gefühl geben könnte, mit ihm über alles reden zu können.
Doch noch war der nicht mit seinem Thema fertig:
Mit jedem weiteren Satz untergrub Kaladar sein Bemühen, brachte ihn mehr aus dem Gleichgewicht und ließ mehr Emotionen in ihm brodeln.
¿de dónde? ¿Woher weißt du davon? ¡Sag mir nicht—!
Aber Skadi sprach weiter, raubte ihm den Atem, erfüllte seinen Blick Stückweise mit Entsetzen und Schmerz. Was sollte er sagen? Wie?
Beinahe hätte er sich wieder komplett in die Schutzhülle des Offiziers geflüchtet und sein Wissen aus reinem Selbstschutz für sich behalten, doch etwas entscheidendes hatte sich geändert:
Sie waren nicht mehr auf der Morgenwind und Harper war tot.
Der Ältere verzog mit einem bitteren Schnauben den Mund, konnte dem prüfenden Blick nicht länger standhalten und sah blinzelnd fort. Mühsam schluckte er, ehe er den ersten Satz stockend über die Lippen brachte:

"Er hat diese Geschichte häufig erzählt."

Seine Stimme war ein tonloses Flüstern, seine Sicht verblendet mit Erinnerungen.

"Hat sich darüber echauffiert. Über den Schwachsinn den man darüber verbreite, über das Aufheben was man wegen einiger Wilder mache, behauptet er wäre im Recht gewesen, habe sich nur gewehrt und dass er alles und jeden nicht nur in den Nebel gejagt habe. Aber wenn er von seinem 'Sieg' sprach, davon wie er sie in ihre Schranken weisen lassen habe, dann verrieten ihn seine Augen."

Er schüttelte den Kopf.

"Es hat ihm Spaß gemacht, er wollte es. Wenn das mit dem Angriff auf ihn keine von ihm aufgebrachte Lüge war, dann hat er ihn zumindest provoziert. Davon bin ich überzeugt."

Ein verächtliches Grinsen breitete sich kurz und flackernd auf seinem Gesicht aus, während sich der Blick, der immer mal wieder den Kaladars suchte, sich weiter schmerzhaft trübte.

"Ich fand es eine böse Ironie, dass diese Geschichte das grausame Ende mit einem Bild zu verschleiern suchte, das für mich genau das bedeutet, was wohl geschehen war:
"Wenn wir Ara'tayu davon sprechen, das jemand in den Nebel verschwindet, dann meinen wir, dass diese Person stirbt.
"Zu wissen, dass die Erzählungen wahr sind, so wie ich es mir die ganze Zeit über dachte, schlimmer noch, zu wissen, dass du sie erdulden musstest - ich würde ihn am liebsten noch einmal töten."


Seine Stimme drohte ihm endgültig zu versagen und er kniff die Augen zusammen. Er spürte das verräterische Glitzern in ihren Winkeln und bemühte sich weiterhin krampfhaft die Emotionen unten zu halten. Vom Grinsen war keine Spur mehr zu finden.

"Aber auch das bringt die Toten nicht zurück. Weder deine noch meine", flüsterte er heiser.

Es klang so abgedroschen, dass er diese Aussage am liebsten wieder zurückgenommen hätte. Da er das nicht konnte hob er beschwichtigend die Hände.

"Ich—
"¡Lo siento, por favor, perdóname!
"Ich - ich weiß nicht, was ich sagen soll."


Mühsam suchte er nach Worten, die Kaladar verdeutlichten, was er dachte und fühlte, während er es selbst nicht so genau wusste und sah zu Boden.

"Ich weiß nicht mal, was wirklich passiert ist. Darüber hat sich Harper nie ausgelassen. Er ging wohl davon aus, dass die Geschichte entweder bekannt ist oder man ihn fragt. Allerdings wollte ich ihn weder animieren, noch zu den Zeiten aus anderen Quellen genauer erfahren, was damals passiert ist."

Er sah hoch und Kaladar in die Augen.

"N-nicht weil es mich nicht interessierte, sondern weil es mich zu sehr aufgewühlt hätte. Mitunter hätte ich meine Selbstbeherrschung verloren..."

Da war so viel mehr, was er tun oder sagen wollte, was gegen die von ihm errichteten Dämme anrannte, doch hilflos schwieg er einen Moment.
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#9
Sie standen einander gegenüber wie ein Spiegelbild des jeweils anderen. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt, als könne auch nur einer darüber hinweg täuschen, dass ihn die Situation gerade übermannte. So gut wie sie sich kannten, so wenig wussten sie augenscheinlich übereinander. Aus diversen Gründen. Geprägt durch vergangene Ereignisse, die sich urplötzlich miteinander verwoben. Ruhig blieben Skadis dunkle Augenpaare auf dem bärtigen Gesicht des Leutnants fixiert, lasen bruchstückhaft die Emotionen, die er zu unterdrücken suchte. Fast hätte sie gelächelt angesichts dieser unnötigen Selbstbeherrschung. Doch saß sie selbst unlängst in diesem Glashaus. Es wäre töricht einen Stein zu werfen.
Das Entsetzen auf seinen Zügen, ließ sie zur Seite blicken. Glaubte den Hauch von Mitleid in den Obsidianen aufblitzen zu sehen und knurrte innerlich. DAS würde keinem helfen - er brauchte ihr keine tröstende Schulter zu geben, sich um ihre Belange gar einen Kopf zerbrechen. Sie hatte viele Jahre gehabt, um sich mit dem Verlust ihrer Familie auseinander zu setzen. Länger womöglich als es ihrer Psyche gut getan hatte. Doch sie brauchte Enrique nicht dafür - ihr war lediglich wichtig, dass er darum wusste. Weil es der Aufhänger für ihr eigentliches Geheimnis war.
Ein verächtliches Schnauben löste sich aus ihrer Kehle. Die braunen Augenpaare huschten mit spöttischem Schimmern in die Winkel, bis sich der Kopf allmählich zurück wandte. Harper war ein Teufelskind, daran hatte sie noch nie einen Zweifel gehegt. Und dass sich ihre Vermutung so nahtlos bestätigte, stärkte das positive Gefühl in ihrer Brust, diesem Bastard für alle Zeiten ein Ende gesetzt zu haben.

"Ts... er hätte gründlicher sein sollen. Sonst wäre er jetzt nicht Futter für die Haie."

Aus jeder Pore ihres Körpers drang der ungebremste Hass. Zeichnete sich in leichten Furchen an ihren Mundwinkeln und zwischen ihren Augenbrauen ab. Am liebsten hätte sie seinen Kopf bei sich getragen, eingewickelt in einem Leinentuch, sodass sie ihn für aller Augen auf einen Zaun spießen und die Raben damit beglücken konnte. Doch so blieb ihr nur die Genugtuung, dass es ihre eigenen Hände waren, die den letzten Atem aus seinem Brustkorb gestoßen hatten.
Nur langsam erwiderte sie das Grinsen Enriques, formte den Auszug auf ihrem Gesicht in bittere Erhabenheit und atmete tief ein und aus.

"Das erledigt der Limbus für dich. Ein Mann wie du sollte kein Blut an seinen Händen haben."

Nicht, dass sie es dem "Ara'tayu", wie er es ausdrückte, nicht zutraute. Es war viel mehr dem Wissen geschuldet, dass dieser schmale Grad zwischen Notwehr und Freude am Töten schnell kippte. Noch jetzt konnte sie das rote, warme Blut an ihren Finger sehen. Das Metall auf ihren Lippen schmecken, selbst wenn nichts von dem roten Elixier jemals auf ihr Gesicht getropft war. Je verdorbener sie sich fühlte, desto weniger wollte sie, dass der Dunkelhaarige jene Kehrtwende machte. Du würdest diesen psychischen Druck nicht aushalten mein Freund. Dafür sind wir zwei aus zu verschiedenen Hölzern geschnitzt.
Eine Weile musterte sie den Älteren schweigend, während dieser kaum noch Worte fand und sich in einen aufkochenden Emotionen schier verlor. Also hatte sie zumindest in diesem Punkt nicht falsch gelegen - er war weitaus sanftmütiger als sie es je sein würde. Als Leutnant hatte er diesen Charakterzug gut zu verstecken gewusst - doch jetzt wo ihn dieses Gespräch ebenso traf wie sie selbst, löste sich die raue Schale der Marine und legte eine unsichere, aufgewühlte Version seiner Selbst frei. Bedächtig hob Skadi ihre linke Hand, wischte mit dem ausgestreckten Zeigefinger von unten gegen sein Kinn und lächelte ungewohnt entspannt.

"Und du musst auch nicht mehr wissen, als dass wir ähnliche Erfahrungen teilen. Es hilft keinem von uns beiden, sich da hinein zu steigern."

Der Blick, den sie ihm schenkte war innig, gerade heraus und ungewohnt zutraulich. Er sollte sich nicht dazu hinreißen lassen, für sie Tränen zu vergießen. Sie hasste es, wenn Männer weinten.

"Du bist mir ein enger Freund geworden über die letzten Jahre Enrique..."

Es fühlte sich immer noch seltsam an, diese Gedanken laut auszusprechen.

"...somit weiß ich dein Mitgefühl sehr zu schätzen. Doch eigentlich wollte ich dich deshalb nur zu Teilen sprechen."

Sekundenlang verstrichen ihre Worte in der Luft, während die Wellen hinter den breiten Schultern des Leutnants gegen den hellen Sand schwappten. Und während sie ihren Blick immer wieder über seine Zügen gleiten ließ, setzte sie einen Schritt zurück. Zog ihre Arme in derselben Bewegung nach vorne, steckte Bogen und Köcher zeitgleich in den Sand und umfasste mit ihren langen Fingern den Saum ihres weiten Leinenhemdes.

"Es gibt etwas, dass du wissen solltest, bevor wir den nächsten Hafen erreichen."

... weil es das Ende oder den Anfang unserer Wege bedeuten kann., führte sie in ihren Gedanken fort. Atmete ein letztes Mal tief ein und aus, ehe sie sich des hellen Kleidungsstücks entledigte und die Bandage offen legte, die wie ein Wundverband ihren Burstkorb umschlang. Wenn er genau hinsah, erkannte er die leichte Wölbung ihrer Brüste, die kaum einer angeschwollenen Verletzung geschuldet sein konnten.

"Mein Name ist Skadi... und ich bin die letzte Überlebende der Nordskovs."
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
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#10
Bedauern erfüllte Enrique, als er mitbekam, wie sehr Kaladar von Hass zerfressen war und er wünschte sich, dass er es ihm hätte ersparen können. Doch genauso hätte er auch sich selbst gerne vieles erspart. All das aber lag in der Vergangenheit und war nicht mehr zu ändern. Also schob er diese Gedanken grimmig bei Seite.

Kurz darauf lag ihm ein bitteres Auflachen auf der Zunge.
Kein Blut an meinen Händen?
Sollte er es ihm sagen? Ihm erklären?
¡No ahora!

Ein paar Augenblicke später schlich sich ein leicht schiefes Grinsen auf seine Lippen. Er kam sich vor wie ein Kind, dass zu viel fragte und milde von seiner Mutter gerügt wurde. Protest wollte über seine Lippen, doch er nickte nur. Er musste nicht mehr wissen, nicht wenn sein Kamerad nicht mehr Worte darüber verlieren wollte.
Y aún ...
Und wieso erinnerte ihn sein Kamerad auf einmal so sehr an Nahia?
Längst hatte er erkannt, dass Kaladar kein Mitleid wollte und vergrub es tief in sich, verbannte die Regung auch aus seinem Gesicht. Dadurch, dass er sich davor verschloss gelang es ihm, langsam wieder die Oberhand zu erlangen.

Plötzlich wurde er jedoch aus seinen Gedanken gerissen, als in diesem Zusammenhang ein unvertrautes Wort ausgesprochen wurde:
Freund?
Diese Bezeichnung erschütterte ihn auf andere, wärmende Weise.
Hätte ich Kaladar von mir aus so genannt?, fragte er sich und auch ob sie tatsächlich Freunde waren.
No. Aber ja, wir sind Freunde, gab er sich selbst die Antworten. Er lächelte. Wieder war der Impuls da, seinen Gegenüber zu greifen und an sich zu drücken. Wieviel mehr wollte er einem Freund beistehen!
Doch das war keine Option. Nicht so, wie Kaladar sich gab. Er fühlte mit seinem Kameraden, konnte nicht anders, durfte es allerdings nicht zeigen, zumindest nicht wenn er ihm nicht zu nahe treten wollte und musste, um das Verlangen zu bändigen, auch den Sergeanten aus seinem Herzen verbannen.
Damit aber kehrte der Offizier zurück, schwand jegliches Mitgefühl, jedes Gefühl von Nähe, nur noch sein Verstand sagte ihm, dass der Mann vor ihm ein Vertrauter war. Doch diese Loslösung hatte auch ihren Preis. Gefährlich dicht darunter lagen immer noch all die Empfindungen, und sie würden wieder kommen, später, wenn er hierüber nachdenken würde. In seinen Träumen. Oder bei ähnlichen Gegebenheiten. Und dann wären sie schal, voller Zweifel und Bedauern, allerdings nicht weniger heftig. Enrique war selbst nicht bewusst, wie sehr er diesen Zustand hasste und hatte ihn jetzt eigentlich um jeden Preis vermeiden wollen. Doch es gab nur ganz oder gar nicht, Zwischenstufen hatte er nie gelernt...
Diesen ausdruckslosen Augen, die durch sie hindurch sahen, kannte Skadi, genauso wie das steinerne Gesicht, dass nichts durchlies, nichts zeigte, Teil dieses Schutzschildes war. Sie hatte das schon häufiger beobachten können, jedesmal, wenn der Schwarzhaarige sich keine Gefühle erlauben konnte und hatte auch schon ein, zwei Mal mitbekommen, wieviel Kraft ihn das kostete.
Er wunderte sich, als sie zurücktrat, dass er trotzdem fast nach ihr gegriffen hätte. Seine Hände lösten sich und schnellten nach vorne. Doch er fing sie ab, verschränkte die Finger souverän vor der Brust, legte die ausgestreckten Zeigefinger anschließend wie selbstverständlich an die Lippen und zwang sich dazu weiter zu schweigen. Immerhin kämen sie jetzt zum eigentlichen Thema.
Überrascht zog er die Stirn kraus und löste seine Hände wieder, während er diese senkte, als Skadi sich ihres Hemdes entledigte.
Einen Augenblick lang trat Stille ein.

Skadi...

Schon seit sie das Gespräch am Strand wieder aufgenommen hatten, rasten seine Gedanken, verarbeiteten die Informationen, die er erhalten hatte, knüpften Verbindungen, suchten Unverstandenes heraus, um es aufzuschlüsseln und verwarfen altes Wissen.
Unbemerkt suchte sich jetzt, neben seinen Überlegungen, ein Gefühl seine Bahn durch den Panzer, fand die Lücken und schob ein Verlangen vor sich her, dem er, als er es erkannte, mit aller Kraft Einhalt zu gebieten suchte, nur um zu erkennen, dass es dafür längst zu spät war:
Enrique schlug sich die Hand vor den Mund, sah zur Seite, taumelte zwei kleine Schritte vorwärts um die Schulter der jungen Frau zu greifen und sich daran festzuhalten, während Woge um Woge aus ihm herausbrechen wollte und seinen Körper zum beben brachte.
Dann war es vorbei.
Schallend fing er an zu lachen, hielt Skadi mit beiden Händen fest, nicht nur, weil er sie als Stütze brauchte, sondern auch ein bisschen, damit sie nicht wegliefe, bis er sich erklären könnte.

"''scusa me!", japste er, "Bitte verzeihe! Ich— ich lache nicht wegen dir."

Dieses Verhalten legte er in ihrer Gegenwart zum erste Mal an den Tag, verwirrte sie damit wahrscheinlich sehr, denn sie kannte bis jetzt nur kurzes, zynisches oder bitteres Auflachen, was mit dieser echten Erheiterung kaum etwas gemein hatte. Aber bis jetzt hatte es auch nichts gegeben, dass ein Lachen aus tiefstem Herzen gerechtfertigt hätte.
Langsam wurde es besser, er löste eine Hand und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln, bemühte sich um ein ernstes Gesicht, als er sie ansah.

"Es tut mir Leid! Ich— Ich bekomme einfach die Bilder einiger Leute nicht aus dem Kopf, die mehr als entsetzt wären, wenn sie davon wüssten."

Allein McMurphy würde hochrot anlaufen und nach Luft schnappen.
Unter den Matrosen und Soldaten gab es viele, die damit geprahlt hatten, dass sie sich niemals etwas von einer Frau sagen lassen würden, die sie an den Herd verbannt hätten und doch nach Kaladars Pfeife getanzt hatten.
Dazu gehörte im gewissen Rahmen auch der Hauptmann, der Kaladar, nach dem Tod des alten Sergeanten, wegen hervorragendem Verhalten befördert hatte.
Harpers Reaktion wäre wohl nicht ganz so amüsant ausgefallen, doch allein die Tatsache, dass der das in der ganzen Zeit nie erkannt hatte, war zum Lachen, hatte der doch immer so viel auf seine überragende Auffassungsgabe gegeben.
Oh, diese Genugtuung...
Auch Skadi müsste das irgendwann mitbekommen haben und nachvollziehen können. Jedenfalls hoffte er das.
Mit einem tiefen Atemzug und nur leisem Aufkichern ließ er sie dann gänzlich los und versuchte seine Haltung wieder zu straffen.

"Komm, setzen wir uns! Mir scheint, wir haben noch so einiges zu besprechen", fügte er dann wesentlich ruhiger und immer noch ein wenig um ihre Gnade heischend an. "Unter anderem, wie ich dieses äußerst unpassende Verhalten wieder gut machen kann."

Damit drehte er sich, ohne den Blick von ihr zu wenden, zum Meer, ließ sich in den Sand fallen und deutete ihr sich ebenfalls niederzulassen.


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