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The words I say and what I hide
Lucien & Shanaya ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 29 Mai 1822
Ort Labyrinth im Bordellgarten | Silvestre
Tageszeit Morgens
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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#1
The words I say and what I hide

Morgen des 29. Mai 1822
Lucien Dravean & Shanaya Árashi


Es dauerte eine Weile, an einen Übungsdegen zu kommen. Etwas, womit der junge Captain am Anfang seiner Bemühungen gar nicht rechnete. Ausgerechnet dort, wo er am wenigsten damit rechnete, hatte er Erfolg – im Bordell selbst. Und im Nachhinein fragte er sich, warum es ihn so überraschte. Eine Tarlenn war niemals nur eine einfache Hure.
Medhel beschaffte ihm die Waffe, die er nun geradezu spielerisch in der Hand kreisen ließ, während er den Flur zu jenem Aufenthaltsraum entlang ging, den man der Mannschaft der Sphinx zur Verfügung gestellt hatte. Die letzten drei Tage hatte er in der Werft verbracht, um sich zu beschäftigen. Doch die Zeit, die er nicht mit Arbeit zubringen konnte, ließ ihn umtriebig werden. Und sobald er damit begann, sich andere Beschäftigung zu suchen, tat er das selten zur Freude anderer. Noch seltener fiel sie besonders produktiv aus, sah man von den Schwankungen in seiner Geldbörse einmal ab.
Heute hatte sich Lucien einer seiner Lieblingskandidaten ausgesucht, um sich die Zeit zu vertreiben. Wenn auch sicher nicht so, wie sie es gern hätte. Aber schließlich hatte sie in den letzten Tagen ja immer wieder demonstriert, wie gut sie inzwischen wieder zu Fuß war, also warum nicht dabei helfen, dass sie wieder zu ihrer alten Form zurückfand?
Tatsächlich fand er Shanaya im Aufenthaltsraum, als er auf der Türschwelle stehen blieb. Sie und sonst niemanden. Die tiefgrünen Augen musterten sie kurz von oben bis unten, dann neigte Lucien mit einem kleinen Lächeln den Kopf auf die Seite. „Hast du grade Zeit?“
Er wartete, ganz bewusst, bis sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihn richtete, dann warf er ihr zielgerichtet die zur Übung abgestumpfte Klinge zu.


Mit jedem Tag wurden die Schmerzen erträglicher, das stehen und gehen angenehmer. Und umso öfter traf man die junge Frau auf dem Flur an, vor dem Bordell, in der Nähe der Stadt. Sie hatte jetzt genug nach zu holen. So hatte es Shanaya auch an diesem Tag wieder herum getrieben, nun stand sie in dem leeren Aufenthaltsraum, einen Fuß auf einen Stuhl gehoben, den Ellenbogen darauf gestützt und das Kinn auf die Hand gelehnt. Ihr Blick lag auf einer unfertigen Karte. Es wurde Zeit, dass sie diese Insel genauer erkundete. Wirklich ganz dringend. Ihr Kopf neigte sich etwas zur Seite, dann schob sie etwas von dem Dörrfleisch zwischen die Lippen, spielte damit herum, während sie nachdachte. Die Schritte hinter ihr hörte sie zwar, wartete jedoch darauf, ob eine bekannte Stimme erklang – und erst als das der Fall war, hob sie den Kopf und eine Augenbraue. Ob sie… Zeit hatte? Mit dem Stück Fleisch zwischen den Lippen, aber noch halb auf dem Stuhl stehend, drehte die Schwarzhaarige den Oberkörper herum, musterte Lucien mit etwas verwirrtem Blick – und machte im nächsten Moment einen kleinen Satz, um zu fangen, was der Dunkelhaarige ihr da zu warf. Ein kurzes Ziehen in ihrem Bein ließ sie die Zähne aufeinander beißen, bevor sie mit noch einem kleinen Satz ihr Gleichgewicht fand, aufrecht stand und auf ihre Hand hinab blickte, in der eine abgeranzte Klinge lag. Sie blinzelte, hob den hellen Blick dann zu Lucien und neigte den Kopf etwas zur Seite. „… Wofür genau? Soll ich dir meine Schmiedefähigkeit unter Beweis stellen und dir daraus eine wunderschöne Klinge schmieden?“

Irgendwie schaffte sie es, die Waffe zu fangen und dabei aufzuspringen, ohne vornüber auf den Boden zu klatschen. Doch das leichte Verziehen ihrer Gesichtszüge, als sie ihr verletztes Bein belastete, bemerkte Lucien dabei durchaus. Weil er genau danach Ausschau gehalten hatte. Weil er darauf achtete. Mehr noch, als auf das, was vor ihr auf dem Tisch lag oder den leeren Raum um sie herum. Oder gar die Tatsache, dass es ihr augenscheinlich von Tag zu Tag besser ging. Vielmehr zielte seine Aufmerksamkeit auf das Gegenteil. Die noch vorhandene Schwäche. Das Lächeln auf seinen Lippen wurde eine Spur breiter. Eine leise Mischung aus Spott und Provokation. „Keine schlechte Idee, aber nein.“ Er legte die Hand auf den Knauf seines eigenen Degens, der harmlos in der Scheide an seinem Gürtel steckte. Die Waffe war einfach, aber im Gegensatz zu der, die er ihr zugeworfen hatte, durchaus scharf. „Ich möchte eher, dass du mir deine Kampfkünste unter Beweis stellst. Ich finde, da du schon wieder auf den Beinen bist, können wir auch ein bisschen üben. So lange, wie du nur ‚rum gelegen hast, bist du wahrscheinlich völlig eingerostet.“

Mehr unbewusst entlastete Shanaya das heilende Bein, blickte dabei immer wieder zwischen der Klinge in ihrer Hand und Lucien hin und her. Sie verstand wirklich noch nicht, was sie mit diesem… Ding anfangen sollte. Luciens Grinsen wurde etwas breiter, Shanayas Kopf neigte sich etwas mehr zur Seite. Kurz folgten ihre blauen Augen seiner Hand, ruhten auf seiner Waffe und lauschten dann mit leicht gehobener Augenbraue seinen Worten, während sie auf dem Stück Fleisch herum kaute und es herunter schluckte, als der Mann geendet hatte. „Da hast du vermutlich leider ziemlich Recht… Also bin ich dabei.“ Und da sie niemand war, der Dinge irgendwie groß heraus zögerte, setzte sie sich in Bewegung, warf noch kurz einen skeptischen Blick zu der Karte. Nein, sie hatte nichts wirklich wichtiges zu tun. Auf Luciens Höhe blieb sie stehen, klopfte ihm mit der flachen Hand locker auf die Brust. „Aber hast du so eine Angst, gegen mich zu verlieren, dass du mir… so etwas besorgst?“ Sie warf ihm ein vielsagendes Lächeln zu, drehte dabei die Klinge etwas hin und her.

Als Shanaya schließlich ihre Zustimmung zum Ausdruck brachte, lächelte Lucien zufrieden. Er trat einen Schritt zurück, wandte sich bereits halb um, damit sie an ihm vorbei durch die Tür treten konnte, als sie auf seiner Höhe noch einmal stehen blieb und ihm in einer fast überheblichen Geste die Brust tätschelte. Etwas, das ihm ohne Umschweife ein amüsiertes Schmunzeln entlockte. „Vielleicht“, erwiderte er vollkommen ungerührt. „Oder vielleicht will ich verhindern, dass du dich bei einem ungeschickten Humpler versehentlich an deiner eigenen Klinge schneidest.“ Und damit versetzte er ihr mit der Linken einen Klaps auf den Hintern, der irgendwo zwischen Anzüglichkeit und halbernster Strenge rangierte, und schob sie damit gänzlich auf den Flur hinaus. „Es gibt ein kleines Heckenlabyrinth im hinteren Teil des Gartens. Medhel meinte, dort stören wir um diese Zeit noch niemanden. Also los.“ Er wies mit einem Kopfnicken den Gang entlang, der zum Eingangsbereich und dann zum Garten führte.

Shanaya erwiderte das Schmunzeln des Dunkelhaarigen, neigte bei seinen Worten dann leicht den Kopf zur Seite. Ernsthaft? Shanaya lachte, zuckte leicht die Schultern. „So eine Klinge hinterlässt aber vielleicht eine schlimmere Wunde!“ Wer wusste schon, wo die überall gesteckt hatte? Und wie lange sie schon ungenutzt herum lag! Der Klaps auf ihren Hintern ließ sie junge Frau ihrem Captain noch einmal einen Blick zu, in dem er vermutlich viel zu sehr erkennen konnte, das ihr genau das gefiel. Damit ließ sie sich ohne Widerstand auf den Flur schieben, hielt dabei die Klinge fest, bewegte sie jedoch leicht durch die Luft. Ein wenig leichter als ihr eigener Degen. Ob das nun gut oder schlecht war… würde sich dann zeigen. „Ein Labyrinth? Damit du meine Leiche direkt verstecken kannst, wenn du mit mir fertig bist?“ Die Schwarzhaarige lachte, ließ den hellen Blick dabei auf der Klinge ruhen, die sie in ruhigen Bewegungen vor sich her führte.

„Dann solltest du besser nicht stolpern.“ Wieder fiel seine Erwiderung vollkommen nüchtern aus. Doch leise in seinem Unterton schwang ein amüsiertes Lachen mit. Er fing ihren Blick auf, so eindeutig, und verzog die Lippen wieder zu einem Schmunzeln. Doch in den tiefgrünen Augen lag ein kleines Lauern. Sie sollte nur nicht denken, er würde das hier als Spaß sehen. Zumindest nicht die Übung, zu der er sie herausforderte. Noch hatte er ihr ihren Starrsinn nicht verziehen, noch war ihm danach, sie dafür ein bisschen zu triezen. Der eigentliche Grund – den er ihr aber ganz gewiss nicht nennen würde – war jedoch ein ganz anderer. Er wollte sicher gehen, dass sie sich wieder selbst verteidigen konnte. Jederzeit. Gegen jeden. Und wie konnte er sich dessen besser versichern, als selbst mit ihr zu trainieren? Sie folgten dem Gang und Lucien schloss zu ihr auf, um neben ihr zu laufen. Die Daumen hakte er dabei gelassen in seinen Gürtel und folgte dem hin und her Sausen ihrer Klinge mit dem Blick. „Hervorragender Plan, findest du nicht?“ Ihre Worte verleiteten ihn zu der kleinen Albernheit, die er sich beim besten Willen nicht verkneifen konnte. „Ich wette, niemand traut mir zu, ich könnte dir etwas antun.“

„Aha! Alles eiskalte Berechnung von dir!“ Nun galt Lucien ein gespielt vorwurfsvoller Blick. Sie hatte nicht vor zu stolpern. Auch wenn das Ziehen, wenn sie das Bein belastetet, ihr nicht viele Hoffnungen machte. Und da sie sich keinerlei Hoffnungen machte, dass Lucien hiermit etwas anderes bezwecken wollte als wirkliches Kampftraining… sie machte sich einfach auf die ein oder andere Niederlage gefasst. Also… halb. Sie würde es ihm trotzdem nicht einfach machen. „Ich bin schlichtweg begeistert.“ Ihre Stimme triefte vor Ironie, trotzdem galt dem Dunkelhaarigen ein Lächeln. „Sei wenigstens so gut und pflanz‘ eine rote Blume auf mein Grab, ja?“ Was er dann sagte, entlockte Shanaya ein süffisantes Lachen, als sie bei der Tür kurz stehen blieb, die sie nach draußen führen würde. „Du darfst mir doch auch nicht weh tun. Ich bin so ein junges, unschuldiges Ding.“ Sie verzog die Miene zu der eines kleinen Engelchens, das kein Wasser trüben konnte, während sie den Degen in ihrer Hand noch immer balancierte. Ihr blauer Blick legte sich auf den Dunkelhaarigen, in ihren Augen die pure Gewissheit, das keiner von beiden Rücksicht auf den anderen nehmen würde.

Ihren vielsagenden Blick quittierte Lucien lediglich mit einem gelassenen Schmunzeln. Als sie die Tür erreichten, löste er nur beiläufig eine Hand von seinem Gürtel, drückte sie nach außen auf und hielt sie offen, damit Shanaya vor ihm hinaus treten konnte. Dabei stieß er ein leises Schnauben aus. „Genau. Und ich bin schließlich für meine unübertroffene Rücksicht auf andere bekannt. Und bedenke, dass wir miteinander geschlafen haben – was mich grundsätzlich davon abhält, einer Frau ein Leid anzutun.“ Er sagte das so leichthin, dass man die freundschaftliche Ironie in seinen Worten leicht hätte überhören können. Gut, bei ihr hielt es ihn vielleicht tatsächlich davon ab, aber im Allgemeinen... eher nicht. „Aber warum genau eine rote Blume?“, griff er Shanayas Worte von zuvor wieder auf, während sie an dem großen, beheizten Außenbecken vorbei gingen, dass die Freier am Abend zum gemütlichen Entspannen unter den Sternen einlud. Drei spärlich bekleidete junge Damen winkten ihnen von der gegenüberliegenden Ecke fröhlich kichernd zu, wobei sie sowohl Lucien als auch Shanaya ein paar halbernste Angebote machten und sich dann giggelnd einander zuwandten. Der Dunkelhaarige schüttelte mit einem Schmunzeln den Kopf, ehe sich die tiefgrünen Augen wieder seiner Begleiterin zuwandten.

Mit einem leichten Neigen des Kopfes bedankte Shanaya sich bei ihrem Captain, ehe sie vor die Tür trat. „Oh, natürlich. Siehst du, so viele Gründe, wieso ich hier siegreich aus dieser ganzen Angelegenheit raus gehen werde.“ Sie nickte vielsagend, warf dem Dunkelhaarigen dann einen amüsierten Blick zu. So sicher war sie da nicht, Lucien hatte sie nie als jemanden eingeschätzt, der Rücksicht nahm, einfach aus solch einem simplen Grund. Vor allem nicht, wenn er sie dazu herausforderte. „Ganz einfach, rot ist meine Lieblingsfarbe. Und wenn ich schon in einem Bordellgarten vergraben liegen muss, will ich es wenigstens etwas schön haben.“ Sie zuckte mit einer Schulter mit dieser beiläufigen Information, der sie keinerlei große Bedeutung zumaß. Als die drei Frauen auf sich aufmerksam machten, hob Shanaya leicht beide Augenbrauen, unterdrückte ein Schnaufen und wandte sich zu Lucien herum, erwiderte seinen Blick, als auch die Frauen sich abwandten, nun auf den Lippen wieder ein Lächeln. Inzwischen hatte sie aufgehört, den Degen hin und her zu balancieren, ließ den Blick zum Eingang des Labyrinths schweifen, ohne stehen zu bleiben. „Ich denke, ich merke mir den Weg hin und zurück?“ Ein neckender Blick galt dem Älteren.

Lucien konnte nicht anders, als schließlich über ihr Gespräch nur schnaubend zu lachen. Sah ganz so aus, als wären sie sich damit absolut einig. Selbstverständlich würde er ihr kein Haar krümmen, sie nicht mit dem Degen bis an ihre Grenzen und wahlweise darüber hinaus treiben. Er würde sie, sollte sie ihn je in diesem Leben hintergehen, natürlich auch nicht umbringen, weil sie ein armes, unschuldiges, junges Ding war, das es nicht besser wusste – und aus den eben genannten anderen Gründen. Völlig klar. Wie gut, dass sie es beide besser wussten. Er würde es gewiss bedauern und vielleicht würde er sogar die gewünschte Blume auf ihr Grab pflanzen. In Rot. Aber von irgendetwas abhalten würde ihn seine Zuneigung sicher nicht. Er warf Shanaya einen kurzen Seitenblick zu, sichtlich amüsiert über die Ablehnung, die auf ihren Zügen erschien, als die Damen im Wasserbecken ihr so unverhohlen Angebote machten. Dann stahl sich wieder ein Lächeln auf ihre Lippen und Lucien zog eine Augenbraue in die Höhe. „Du meinst, weil ich arme Sau mich sonst rettungslos verlaufe?“, fragte er spöttisch und trat in die noch langen Schatten des Heckenlabyrinths, das hinter dem Becken begann.

Lucien erwähnte nichts mehr auf ihre Worte und entlockte Shanaya damit nur ein leises, abschließendes Seufzen. Könnte sie sich nicht darüber lustig machen, wäre es beinahe eigentlich nur traurig. Aber sie fand in diesem Moment genug Ablenkung, richtete den Blick mit einem überaus amüsierten Ausdruck auf den Zügen zurück zu Lucien. „Exakt. Stell dir vor, wir müssten ohne Captain Nummer zwei aufbrechen.“ Ein gespielt entrüsteter Zug huschte über das Gesicht der Schwarzhaarigen, dann nahm sie den Degen in die linke Hand. „Muss ich mich auf irgendwelche Betrügereien einstellen?“ Um ihre Worte zu untermalen hob sie die besagte linke Hand. Es war ein komisches Gefühl, also nahm sie die Waffe wieder in die richtige Hand, blickte dabei zurück auf den Weg. Wenn sie hier fertig waren… Dann würde sie es vielleicht mit dem Labyrinth auf sich nehmen.

Lucien schnaubte trocken. „Ich hoffe doch, ich bin meiner Schwester immer noch wichtig genug, um sich wieder einmal auf die Suche nach mir zu machen. Oder würdest du uns die Sphinx unter dem Hintern weg klauen, sobald beide Captains von Bord sind?“ Er hatte den Blick nach vorn gerichtet, während er sprach, verzog nur kurz die Lippen und wandte sich erst mit den letzten, scherzhaften Worten wieder der Schwarzhaarigen zu. Amüsierter Spott kehrte in die tiefgrünen Augen zurück, als er sie und die etwas ungelenke Haltung ihrer linken Hand mit einem Blick musterte. Sie wechselte die Waffe in die Rechte und beinahe sofort sah man, was ihr eher lag. „Wenn du die Tatsache, dass ich mit links fechte, als Betrügerei wertest, dann ja. Stell dich darauf ein.“ Er grinste kurz und verschwieg ihr in freundschaftlichem Wohlwollen, dass er gerne auch mal mitten im Kampf die Hand wechselte und den Degen mit rechts annähernd so gut führte, wie mit links. Das würde sie schon früh genug erfahren. Sie bogen an der ersten Kreuzung ab, tiefer in das Labyrinth hinein und Lucien nickte flüchtig nach vorn. „Nicht mehr weit, dann kommen wir zu einem dieser Brunnen, die hier überall verteilt sind. Da dürften wir genug Platz haben.“

Shanaya ließ einige stille Momente nach Luciens Worten vergehen, wog den Kopf dabei grüblerisch hin und her. Davon abgesehen, dass sie für so etwas viel zu loyal war und keine Lust auf den Posten des Captains hatte… „Wenn du verschwinden würdest, würde sie mich vermutlich wieder einspannen.“ Eine bedeutungsschwere Pause. „Um deinen Adonishintern zu retten.“ Nun warf sie ihm ein vielsagendes Grinsen zu, erwiderte seinen Blick. Was er dann jedoch sagte, entlockte der jungen Frau ein leises Seufzen. „Ist es. Hochverrat, quasi.“ Um diese Dramatik zu verdeutlichen, wedelte sie mit der eigenen, linken Hand etwas umher. „Ich sollte sie dir auf den Rücken binden.“ Das würde nur ein umso besseres Training sein… aber unfair war es trotzdem! Trotzdem weckte diese kleine Tatsache nur noch viel mehr Wetteifer, der sich in den blauen Augen wieder spiegelte. Mit dem Nicken des Dunkelhaarigen richtete auch Shanaya den Blick wieder nach vorn, wirkte dabei fast ein wenig aufgeregt. Sie mochte Labyrinthe, und auch wenn sie nicht dafür hier waren, würde sie es sich nicht nehmen lassen, sich alles genau einzuprägen. Sie lächelte munter, erkannte dann, was Lucien meinte. Der Brunnen tauchte auf, das Wasser darin plätscherte leise. „Dann verdurste ich wenigstens nicht, wenn du mich betrügst und mich zum Sterben zurück lässt!“

Lucien lachte schnaubend, warf ihr einen amüsierten Blick zu. Adonishintern. Wie nett von ihr. „Ja, wahrscheinlich würde sie das.“ Er schüttelte den Kopf und ließ das Thema damit fallen, gerade als leises Plätschern die Nähe des Brunnens verriet. Die Hecken wichen zu einem ausladenden Viereck zurück, in dessen Mitte sich das steinerne Kunstwerk erhob. Eine Nymphe an der Spitze ließ das Wasser aus einer Amphore in das oberste Becken fließen. Im untersten, dem größten, wuchsen Seerosen.
Mehrere Wege zweigten von hier aus ab, führten tiefer ins Labyrinth hinein, und die Ecken des abgeschiedenen Fleckchens waren mit bunten Blumen bepfanzt, die ausgesprochen gepflegt wirkten. „Tja, keine Ehre unter Piraten“, erwiderte Lucien nur, während sein Blick über das kleine Areal wanderte und er ganz nebenbei seinen Degen zog. Mit der Linken, die sich nun um das Heft schloss, deutete er auf die Beete. „Die Pflanzen kannst du bestimmt auch essen, also verhungerst du auch nicht.“ Mit einem frechen Grinsen wandte er sich der Schwarzhaarigen zu und hob in stummer Provokation eine Augenbraue. „Soll ich vielleicht mit rechts anfangen, damit du dich erst mal aufwärmen kannst?“


Shanaya wog nur noch einmal in leiser Zustimmung auf die Worte des Mannes den Kopf, folgte dann seinem Blick über diesen kleinen Platz. Er wirkte fast idyllisch und für den Moment drang kein Geräusch zu ihr durch außer dem leisen Plätschern des Wassers. Und dann Luciens Stimme, die die junge Frau zum Auflachen brachte. Nein… aber damit rechnete sie auch nicht. Sie hätte sich keinen Piraten angeschlossen, wenn sie auf der Suche nach Ehre gewesen wäre. So wild auf Freiheit war sie dann doch nicht. Und sie selbst hatte den ein oder anderen Trick auf Lager. Auch wenn nur mit einer Hand. Lucien zog seinen Degen, machte ihr noch einen Vorschlag, der die Schwarzhaarige schnaufen ließ. „Dann sieh wenigstens zu, dass mir einmal in der Woche ein großes Stück Fleisch gebracht wird...“ Damit verengte sie jedoch leicht die Augen, etwas kampfbereites legte sich in das helle Blau, mit dem sie ihren Captain fest im Blick hielt. „Du wolltest mich doch nicht verschonen.“ Mit diesen Worten umfasste sie selbst den Knauf des Degens fester, holte aus und machte damit einen schnellen Satz auf Lucien zu. Sie würde von ganz allein warm werden.

„Oh, entschuldige. Ich dachte, ich hätte schon erwähnt, dass wir dann weiter ziehen“, erwiderte der Dunkelhaarige mit einem frechen Grinsen. Der Schalk in seiner Stimme machte deutlich, dass an ihrem Gespräch nichts Ernsthaftes dran war. Er richtete die grünen Augen fest auf sie, rechnete bereits mit einem Angriff, als er sich noch gelassen in eine bessere Position ihr gegenüber brachte. Und er kam auch prompt. Aus reinem Reflex parierte er ihren Hieb, ließ ihn seitlich an sich abgleiten. Eine Bewegung, die für einen Rechtshänder, der lediglich mit anderen Rechtshändern geübt hatte, sicherlich ungewohnt spiegelverkehrt wirken musste. Er lachte, brachte ein paar Schritte Abstand zwischen sie und ließ den Degen lässig in der Hand wirbeln. „Schön, wie du willst.“ Und damit war eigentlich alles gesagt. Er griff wieder richtig zu, machte einen Ausfallschritt nach vorn und griff mit einem frontalen Stich auf ihren Brustkorb an, um zu sehen, wie gut ihre Deckung war.

So viel zu der Loyalität! Einfach hier zurücklassen würde er sie! Dieser Gedanke entlockte Shanaya ein weiteres, leises, amüsiertes Schnaufen. Gut, sie hatte frühzeitig gelernt, sich auf niemanden, außer sich selbst, zu sehr zu verlassen… trotzdem amüsierte sie dieses Bild, wie Lucien sie umarmte, sie vor dem schützte, was in ihr tobte, als sie ihren Bruder begegnet war. Und im nächsten Moment ließ er sie zum Sterben zurück. Das war genau ihr Humor! Trotzdem hielt sie sich nicht mehr viel mit Reden auf, dafür waren sie immerhin nicht hierher gekommen. Sie ging also zum Angriff über, der mit einer gekonnten Übung seiner verdammten linken Hand pariert wurde. So wie sie es gesagt hatte, Hochverrat! Lucien brachte einen kleinen Abstand zwischen sie, ein Augenblick, in dem Shanaya auf ihren Körper lauschte. Auf das Bein, das sie noch nicht im Stich ließ. Nur wenige Herzschläge, ehe Lucien zu seinem ersten Angriff überging. Noch hatte sie genug Kraft und Konzentration, um diesen Hieb ihrerseits zu parieren, auch wenn es unglaublich verwirrend war, von der anderen Seite angegriffen zu werden. Dass ihre Verteidigung in diesem Moment mehr ein Glückstreffer gewesen sein sollte… das stand natürlich außer Frage.
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Shanaya keuchte, spürte jeden Herzschlag. In ihrem ganzen Körper, in ihrem Bein, in dem leiser Schmerz pulsierte. Wie lange hatten sie nun trainiert? Es kam ihr vor wie unzählige Stunden. Irgendwann hatten sie eine kleine Pause eingelegt, Shanaya hatte sich die Bluse anders gerichtet, sie so verknotet, dass nur das Nötigste verdeckt war und vor ihrem Bauch ein kleiner Knoten baumelte. Sie hatte ausnahmsweise darauf verzichtet, sie ganz auszuziehen. Was nicht hieß, dass das nicht noch passieren würde. Nun stand sie da, entlastete das gerade genesene Bein und wischte sich mit einem Arm den Schweiß aus der Stirn. Lucien hatte das Training für beendet erklärt… was vermutlich das Beste für ihre Gesundheit war. Den Degen ließ sie junge Frau neben sich in das Gras fallen, atmete dann einige Male tief durch. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war… und genauso wenig, wie oft Lucien sie entwaffnet und im Prinzip besiegt hatte. Sie war aus der Übung. „Wir müssen das dringend bald wiederholen.“ Sie keuchte, fächerte sich dabei etwas frische Luft zu. Trotz allem lag ein zufriedenes Lächeln auf ihren Lippen.


Sein Atem ging schnell, stoßweise, sein Puls kräftig, aber gleichmäßig und über seinen Rücken rann der Schweiß körperlicher Anstrengung. Während ihrer kleinen Pause zwischendurch hatte er sich im Gegensatz zu ihr seines Hemdes gänzlich entledigt, denn auch wenn er nach und nach spürte, wie ihre Konzentration nachließ, ihre Bewegungen weniger flüssig wurden und die Kraft aus ihrem verletzten Bein schwand, schenkten sie einander bis zuletzt nichts. Er trieb sie und damit auch sich selbst immer weiter an, genauso wie sie sich und ihn immer weiter antrieb. Letzten Endes blieb Lucien der Schwarzhaarigen überlegen, aber auch nicht zuletzt deshalb, weil sie zu lange hatte liegen und ruhen müssen und noch nicht gänzlich wieder fit war. Und darüber hinaus verwirrte sie seine Technik, mit links zu kämpfen, scheinbar nach wie vor – worüber er sich zu Beginn eine ganze Weile lang amüsierte. Leise, erschöpft aber zufrieden und gut gelaunt, rammte er die Spitze seines Degens in die weiche Erde, nachdem er die Übung für beendet erklärt hatte und sah schließlich zu Shanaya auf. Über seine Lippen huschte ein Lächeln, weit sanfter als vorhin, als er kam, um sie abzuholen. „Müssen wir. Deine Bewegungen wirken noch ein bisschen eingestaubt und vorsichtig“, erwiderte er, ohne dabei beleidigend zu klingen. Er wandte sich dem Springbrunnen zu, an dessen Rand er trat, und tauchte die Hände bis zur Hälfte des Unterarms ins kalte Wasser, um sich den Schweiß abzuwischen und sich eine Ladung des kühlen Nass ins Gesicht zu spritzen. „Ich will, dass du dich wieder richtig verteidigen kannst, solange wir auf dieser Insel festhängen“, brummte er, ohne darüber nachzudenken.

Immerhin war sie nicht die einzige, der man ansah, dass sie mit den Kräften allmählich am Ende war. Ihr gesundes Bein zitterte leicht unter der Last, die es fast allein tragen musste. Aber… sie musste ja nur noch den Weg zurück schaffen. Vielleicht würde sie sich das Labyrinth später ansehen. Noch einmal atmete die Schwarzhaarige tief durch, strich sich die Haare aus der Stirn und erwiderte das Lächeln des Mannes, der kurz zuvor seinen Degen in den Boden gerammt hatte. Den Degen, den sie zusammen gestohlen hatten. Längst hatte sie dazu einen Gedanken gefasst, den sie jedoch nicht offenbarte. „Vorsichtig? Hast du etwa nicht meinen Willen gespürt, dir den Hintern zu versohlen?“ Gut, sie wusste, wie er es meinte. Trotzdem hatte sie sich das nicht verkneifen können. Nun trat ihr Captain an den Brunnen herum, benetzte sich die Arme und das Gesicht mit Wasser. Eine herrliche Idee. Sie trat selbst zu dem Brunnen, blieb neben Lucien stehen und hielt doch noch einmal inne, als er erneut sprach. Worte, die ihr Herz ein wenig schneller klopfen ließen. Sie hob einen Zeigefinger, bedeutete dem Mann damit, eine Sekunde zu warten, dabei ein unendlich sanftes Lächeln auf den Lippen. Dann wandte sie sich wieder dem Brunnen zu und tauchte, ohne noch eine Sekunde zu zögern, einfach ihren ganzen Kopf unter Wasser. Zwei Herzschläge verharrte sie so, ehe sie mit einem tiefen Atemzug wieder auftauchte, mit klitschnassem Kopf – und Bluse – neben Lucien stand und ihn voller dankbarer Wärme anstrahlte. „Du darfst mich gern jederzeit wieder durch die Gegend hetzen. Das tut uns beiden ganz gut.“ Vorsichtig hob sie die Hand, berührte den Dunkelhaarigen sanft an der Schulter. "Ich kann mir keinen besseren Trainer vorstellen."

Das kühle Wasser war eine Wohltat, sodass er kurzerhand die Hände wieder hinein tauchte und sich bis zu den Oberarmen den Schweiß von der Haut wusch. Nebenbei konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Oh, den habe ich gespürt. Ich glaube nur, dein Bein hält deinem Willen noch nicht ganz stand.“ Ein Seitenblick huschte zu ihr hinüber, sah ihr entgegen, als Shanaya zu ihm an den Brunnen kam. Ihr Lächeln ließ seine Züge noch ein wenig weicher werden, doch der Ausdruck wechselte sich mit leiser Verblüffung ab, als sie den Finger hob. Im ersten Moment vermutete er, dass sie ihm irgendetwas zu sagen hatte und ihn deshalb zum Schweigen bringen wollte. Tatsächlich holte sie jedoch nur ein bisschen Schwung, tauchte ihren Kopf kurzerhand ins kühle Brunnenwasser – und brachte ihn damit zum Lachen. Kopfschüttelnd richtete Lucien sich auf, schüttelte sich kurz das Wasser von den Armen und wartete dabei, dass sie wieder auftauchte. Dann neigte er den Kopf leicht und auf seine Lippen legte sich ein Lächeln. Ihre Berührung lockte ihn, also wandte er sich ihr gänzlich zu, trat einen Schritt zu ihr hin, bis er vertraulich nahe bei ihr stand und wischte ihr mit einer Hand eine klatschnasse Strähne dunklen Haares aus dem Gesicht. „Wir werden so lange weiter üben, bis ich sicher bin, dass du deinen Bruder eigenhändig töten kannst. So lange, bis dein Körper von ganz alleine weiß, wie er reagieren muss, selbst wenn dein Kopf völlig gelähmt ist.“ Bei diesen letzten Worten tippte er ihr sanft gegen die Stirn und sein Lächeln wurde noch eine Spur wärmer. Mochte sein, dass sie dieses Ziel nie erreichten. Aber dann musste er sich immerhin zu keiner anderen Gelegenheit Sorgen um sie machen.

Shanaya pustete sich eine kleine, nasse Strähne aus der Stirn - die jedoch sofort wieder zurück fiel. Das hatte sie nicht bedacht, trotzdem hatte sich diese kleine Aktion gelohnt. Ihr Kopf war kühler, das Wasser, was ihren Oberkörper hinab floss, brachte zusätzliche Kühle. "Dann ist mein Bein wie ein Großteil der Crew", griff sie das Thema von zuvor noch einmal kurz auf, Ehe sie es mit einem Lachen ruhen ließ. Das würde schon werden. Luciens Lächeln erwiderte sie mit ruhigem Ausdruck, der noch einmal sanfter wurde, als er ihr eine Strähne aus dem Gesicht strich. Ganz von allein schlug ihr Herz ein wenig schneller. Eine kurze Berührung, die ihre Aufmerksamkeit vollkommen bannte, genau wie die Nähe, die er zu ihr aufgebaut hatte. Während seiner Worte biss sie sich leicht auf die Zunge, die bloße Erwähnung ihres Bruders wollte etwas in ihr hervor locken. Aber die Schwarzhaarige rang es nieder, konzentrierte sich voll und ganz auf den Dunkelhaarigen, riss sich zusammen, nicht selbst noch einen Schritt näher auf ihn zu zu treten. Trotzdem lächelte sie, auch nach dem kurzen Tippen auf der Stirn, und nickte dann ruhig. "Das klingt wirklich gut ..." Ihre Stimme war einen Hauch leider geworden, nun hob sie doch die Hand, fuhr sachte mit den Fingerspitzen über die Brust des Mannes, ohne den Blick dabei von seinen grünen Augen zu nehmen. Sehnsucht lag darin, genau wie etwas unausgesprochenes. Ihr Herz schlug noch einmal einige Takte schneller. "Ich muss... Nein, ich will mich bei dir entschuldigen." Kurz schloss sie die blauen Augen, atmete tief durch, ehe sie den Blick wieder zu Lucien nach oben richtete. "Ich habe dir etwas versprochen und... Mich nicht daran gehalten. Ich habe nicht nachgedacht und... Ja." Ihr lag dazu so viel auf der Zunge, aber sie schluckte und seufzte nur leise, schenkte dem Mann trotzdem ein sanftes, vorsichtiges Lächeln. "Es tut mir leid. Ich habe mich da Mal wieder von einer fixen Idee mitreißen lassen." Die letzten Tage hatte sie genau das immer ansprechen wollen, hatte nur nie den richtigen Moment erwischt. Aber jetzt hoffte sie damit, das endlich aus der Welt zu schaffen.

Dass ihre Stimme ein wenig leiser wurde, ließ Lucien zögern und nicht sofort antworten. Sein Blick sank ein Stück hinab, als wolle er dem Weg ihrer Hand folgen, bis sie seinen Oberkörper berührte. Dann sah er sie von unten her wieder an, wartete, ob noch etwas kommen würde und schon nach den ersten Worten ihrer Entschuldigung huschte ein Lächeln auf seine Lippen. Sanft, nicht überheblich. Ohne Herausforderung, ohne Groll. Er konnte nachtragend sein, wenn er wollte. Er konnte sich an seinem Zorn festbeißen, wenn ihm das gefiel. Doch das, was Shanaya sagte, war entwaffnend und löste auf, was immer da noch gewesen war. Tatsächlich war er schlicht und ergreifend beeindruckt von ihr. Beeindruckt, dass sie ihren Stolz und ihren Starrsinn so weit hinunter schluckte, um ihn um Vergebung zu bitten. Eine Größe, die nicht viele Menschen besaßen. Und etwas, das gerade Shanaya ganz gewiss nicht jedem gegenüber zeigte. „Du bist mir keine Rechenschaft schuldig, Shanaya“, erwiderte er, leiser als vorher, und legte die Hand an ihre Wange, mit der er gerade noch ihr Haar gebändigt hatte. „Ich war enttäuscht, ja. Weil du dein Versprechen gebrochen hast und weil das, was du gemacht hast, impulsiv und unüberlegt war.“ An dieser Stelle zuckte ein kleines, amüsiertes Funkeln durch seine Augen. Impulsiv und unüberlegt kannte er nur zu gut. Aber aus impulsiv und unüberlegt konnten gute wie schlechte Dinge entstehen, also konnte er ihr das letzten Endes nicht zum Vorwurf machen, nur weil es nach hinten losgegangen war. „Aber wütend war ich nur, weil ich mir Sorgen gemacht habe. Und am Ende bin ich nur froh, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Also ist alles gut.“

Shanaya wusste nicht, was sie nun von Lucien erwarten konnte. Vielleicht, dass er nickte und die Sache damit für beendet erklärte. Vielleicht brauchte es keine weiteren Worte. Sie ließ seine Züge jedoch nicht aus den Augen und so entspannte sich auch in ihr etwas, als er das Lächeln auf den Lippen des Mannes erkannte. Ihr Herz hatte sich noch immer nicht beruhigt, schlug in einem aufgeregten Takt etwas schneller. Auch als Lucien zu sprechen begann und sanft die Hand an ihre Wange legte, kam es nicht zur Ruhe. Einen Moment schloss Shanaya die blauen Augen, atmete tief durch und lehnte sich ruhig in die Berührung des Mannes hinein. In jeder anderen Situation hätte sie ihm sicher zu gestimmt. Sie war niemandem Rechenschaft schuldig. Aber jetzt, in diesem Moment… Sie öffnete die Augen wieder, blickte Lucien direkt in die grünen Augen. „In diesem Fall schon. Versprechen sind mir heilig und ich kann nicht mit mir im Reinen sein, wenn ich eines gebrochen habe und das unausgesprochen einfach ruhen lasse.“ Es war ihr schon ein Stein auf dem Herzen, dass sie es erst jetzt geschafft hatte. Ein Stein, der mit diesem Gespräch verschwand und eine warme Leichtigkeit hinterließ. Seine Worte, die noch einmal seine Sichtweise erklärten, ließen die junge Frau ruhig nicken, während seine Worte sie mit einer sanften Wärme erfüllte. Vielleicht würde sie sich ja irgendwie daran gewöhnen, wie es sich anfühlte, wenn jemand sich um einen sorgte. “Ab jetzt werde ich besser darauf achten. Versprochen.“ Das letzte Wort betonte Shanaya bewusst, schloss dann noch einmal die hellen Augen, ehe sie vor trat und sich beinahe vorsichtig gegen den Dunkelhaarigen lehnte, die Hände auf seiner Brust ablegte und mit den Lippen zärtlich einen Kuss auf seinen Hals hauchte.

Auf Shanayas sanften Einwand hin neigte Lucien nur ergeben den Kopf und lächelte ruhig. Eine Geste, die so viel mehr verriet, als das Hinnehmen ihres Widerspruchs. Er verstand, dass ihr ein Versprechen zu wichtig war, um es gebrochen zwischen ihnen stehen zu lassen. Er verstand, dass es ihr sonst keine Ruhe gelassen hätte. Und er nahm ihre Entschuldigung damit schlicht und ergreifend an. Ihre Entschuldigung und ihr neuerliches Versprechen. „Ich nehme dich beim Wort“, erwiderte er leise, ließ dabei die Hand wie von selbst von ihrer Wange in ihr dunkles Haar gleiten, als sie näher kam, sich an ihn schmiegte. Er legte die andere Hand um ihre Taille, zog sie weiter an sich und neigte den Kopf leicht, um ihr geradezu genüsslich Raum für ihre Küsse zu lassen. Er schloss die Augen, lächelte flüchtig – fragte sich jedoch gleichzeitig, warum ihm ihr Wort so wichtig war. Warum es ihn enttäuschte, dass sie nicht auf sich geachtet hatte. Wann er zugelassen hatte, dass er sich um jemand anderen sorgte, als um seine kleine Schwester. Und warum er ihr neuerliches Versprechen nicht mit kalter Gleichgültigkeit einfach hinnahm und damit rechnete, dass sie es brach. Sondern darauf hoffte, dass sie es nicht tat. Einem solchen Band, einer solchen Nähe, hatte er sich zuletzt mit gerade zwölf Jahren geöffnet. Als es noch einfach war, sich in sein kaputtes Herz zu schleichen. Aber nicht mehr jetzt. Nicht nach allem, was mit ihm passiert war. Er drehte das Gesicht in ihr Haar, brachte die Lippen dicht an ihr Ohr und als er wieder sprach, hörte man das kleine Schmunzeln deutlich in seiner Stimme. „Ab jetzt üben wir jeden Tag. Und wenn du wieder gut genug fechten kannst, wird es Zeit, dass du mir zeigst, wie gut du schießt. Ich will sicher sein, dass du dich auch auf die Entfernung verteidigen kannst.“

Luciens leise Worte ließen das Lächeln auf den Lippen der jungen Frau einen Hauch sanfter werden, ehe sie aufrichtig nickte. Noch einmal würde sie es nicht so weit kommen lassen. Zumindest nicht, wenn es nicht unabdingbar war. So ließ sie sich auch, ganz ohne Widerstand, näher zu dem Dunkelhaarigen ziehen, schmiegte sich an ihn und genoss mit geschlossenen Augen das Gefühl, das seine Hand auslöste, die sachte durch ihr Haar glitt. Ihre eigenen Finger glitten sachte über seine Brust, bis sie wieder inne hielt, als ihr Captain sich zu ihrem Ohr lehnte, ihr etwas zu flüsterte. So nah an ihrem Ohr jagte er ihr automatisch einen Schauer durch den Körper, der von einem schneller schlagenden Herz begleitet wurde. Shanaya hatte sich so sehr nach dieser Nähe gesehnt, nach diesem warmen Glühen, das sie vollkommen ausfüllte. Sie genoss diesen Moment, hielt ihn für sich fest – auch wenn Lucien ihr ein leises Lachen entlockten, ehe sie antwortete. „Und das bei dem Muskelkater, den ich morgen garantiert habe.“ Mit diesen Worten hob sie den Blick, um ihm wieder direkt ins Gesicht blicken zu können, auf den Lippen noch immer ein genießerisches Lächeln, das nichts von dem verriet, was ihr kurz durch den Kopf ging. Vielleicht sollte sie sich doch mehr mit der Pistole beschäftigen. Aber sie überspielte diesen Gedanken gekonnt, verdrängt ihn, Luciens Nähe ließ kaum einen anderen Gedanken zu. „Nur, wenn du nächstes Mal nicht schummelst.“ Die Schwarzhaarige lachte noch einmal, wandte den Blick dabei nicht von dem Mann ab. Und irgendwann, wenn sie genug für sich geübt hatte, würde er dafür seinen Konter bekommen!

Er lachte auf ihre Antwort nur, löste sich gerade so weit aus ihrer Nähe, um ihr ins Gesicht sehen zu können und ihrem Blick zu begegnen. Der genüssliche Ausdruck darin sorgte dafür, dass ein amüsiertes Schmunzeln auf seinen Lippen zurückblieb, woraufhin er nur die Finger durch ihr Haar gleiten ließ. „Die beste Art, Muskelkater los zu werden, ist genau das zu tun, was ihn verursacht hat.“ Für den Bruchteil einer Sekunde mochte sie den Schalk in seinen Augen aufblitzen sehen, der dem Ganzen eine zweideutigere Note gab. Doch dann löste er sich gänzlich von ihr, ließ sie am Brunnen stehen und ging zurück zu seinem Degen, um ihn aus der Erde zu ziehen. „Und ‚schummeln‘ werde ich auch weiterhin. Immerhin ist ein Kampf auf Leben und Tod niemals fair, richtig?“ Über die Schulter sah er zu der Schwarzhaarigen zurück und schob beiläufig die Klinge zurück in ihre Scheide. „Wie geht es deinem Bein?“ Und er nickte leicht in Richtung ihrer Verletzung.

Jaja. Luciens Worte entlockten Shanaya nur ein lautes Schnaufen. Diese klugen Sprüche konnte er sich sparen! Er lagt ja nicht gefühlte Jahre nur herum und musste sich mit sich allein die Zeit vertreiben! Genau das verriet ihm vermutlich auch der Blick, den sie ihm zu warf. Dann löste er sich von ihr und Shanaya schmeckte die kurze Enttäuschung förmlich auf der Zunge, ohne das nach außen zu zeigen. „Ich bin der einzige Pirat mit Ehrgefühl, solch eine Tragödie.“ Die tiefe Theatralik in ihrer Stimme sprach von der Lüge, die in ihren Worten lag. Lucien ging zurück zu seiner Waffe und die Schwarzhaarige blickte ihm einen Moment hinterher, ehe sie sich selbst noch einmal zum Brunnen herum wandte, sich über das Wasser beugte und mit beiden Händen mehrmals Wasser in ihr Gesicht warf. Noch eine kleine Abkühlung, bevor sie sich herum wandte, um ihrem Captain zu folgen. Lucien wandte sich noch einmal zu ihr herum, aber Shanaya antwortete nicht, wog nur mit grüblerischer Miene den Kopf von einer zur anderen Seite. Keine genaue Antwort, vielleicht reichte ihm das ja schon. Die junge Frau blieb jedoch erst stehen, als sie vor Lucien stand, ihn mit vielsagendem Blick anblickte. Noch einmal hob sie die Hände an seinen Hals, strich über seine Brust, über seine Bauchmuskeln, trat etwas näher an ihn heran, bis ihre Finger den Stoff seiner Hose erreichten. Den hellen Blick nicht von seinen Augen nehmend, zupfte sie leicht daran. Sie lehnte sich noch näher zu ihm, nach wie vor ein Glühen in den blauen Augen. Nun beugte sie sich weiter vor, setzte daran an, den Dunkelhaarigen zu küssen, ihn zu sich zu ziehen – was jedoch folgte, war nur ein Schwall Wasser, der Lucien im nächsten Moment im Gesicht landete. Direkt aus ihrem Mund. Den Moment der Überraschung nutzte die Schwarzhaarige, machte schnell einen Satz zurück und grinste dem Mann mit heraus gestreckter Zunge entgegen. Er hatte das sowas von verdient!

Lucien schnaubte auf ihren vielsagenden Blick hin nur spöttisch, ehe er sich seinem Degen zuwandte. Als ob sie tatsächlich nur herumgelegen hätte. Völlig allein, ohne jede Beschäftigung. Er erinnerte sich zumindest lebhaft an genug Gelegenheiten, da dem nicht so gewesen war. Inklusive der späteren Begegnung mit diesem Maultier. „Oh jaa, bist du ganz bestimmt“, erwiderte er mit beißender, aber freundschaftlicher Ironie in der Stimme, die sich ganz der Theatralik in ihrer eigenen Stimme anpasste, bevor er den Blick wieder auf die Schwarzhaarige richtete und abwartend die Arme vor der Brust verschränkte. Sie bespritzte sich noch einmal das Gesicht mit frischem Wasser, verschaffte sich eine mildernde Erfrischung und Lucien kam nicht umhin, zu bemerken, wie der Stoff ihrer hellen Bluse durchscheinend zu werden begann. Sein Mundwinkel zuckte flüchtig, aber er ließ sich nicht von ihrem Gespräch ablenken. Nicht ganz und gar jedenfalls. Shanaya schien dagegen das genaue Gegenteil im Sinn zu haben. Sie antwortete nicht, neigte nur den Kopf auf die Seite, was im Großen und Ganzen genug sagte. Dann kam sie zu ihm, legte wortlos die Hände an seinen Hals und veranlasste ihn ganz intuitiv, die Arme zu lockern. Wie um zu signalisieren, dass er gegen ihre Nähe absolut keine Einwände hatte. Und hatte er auch nicht. Ihre Berührung zog ihn in ihren Bann, genau wie ihr Blick, den er mit einem Anflug aufwallenden Begehrens erwiderte. Hitze regte sich unter seiner Haut, schien ihren Händen bis zum Bund seiner Hose zu folgen.
Im Grunde hätte er wissen müssen, dass sie etwas im Schilde führte. Genau das gleiche hatte sie damals im Dschungel in diesem kleinen Bergsee gemacht. Und doch traf ihn der Schwall Wasser aus ihrem Mund völlig unvorbereitet mitten im Gesicht. Er fluchte wüst, wich reflexartig einen Schritt zurück – und lachte im nächsten Moment. „Verfluchtes Miststück!“ Mit einer Hand wischte er sich das Wasser aus den Augen, blinzelte, machte aus, wo sie stand. „Na warte!“ Mit einer flüchtigen Bewegung löste er Degen samt Scheide von seinem Gürtel, packte ihn fest am Heft und schlug damit nach ihrem Schenkel – wahlweise ihren Hintern, ihm war ziemlich egal, wo er traf – den er mit einem Ausfallschritt in ihre Richtung und der Waffe als Verlängerung gerade so erreichen könnte.


Lucien sprang auf ihre Berührungen an, genau so, wie sie es sich erhofft hatte. Und auch, wenn der Blick in seinen Augen sie dazu verlockte, das Wasser herunter zu schlucken und diesem Verlangen in ihrem inneren nach zu geben. Aber sie hatte ihren Plan - und den zog sie durch. Und auch die Ladung Wasser traf ihn wie geplant. Sollte nochmal jemand sagen, sie könne nicht zielen! Der Mann fluchte, versprach Rache und machte sich sofort genau an diese. Er griff nach seiner Waffe und im ersten Moment glaubte Shanaya, er wolle einen erneuten Kampf herauf beschwören. Aber stattdessen verprügelte er sie einfach! Die junge Frau konnte nicht anders und musste laut los lachen, wollte selbst noch einen Schritt zurück weichen, verlor dabei jedoch das Gleichgewicht. Mit einem dumpfen Geräusch landete ihr Hintern auf dem Rasen, während ihr Lachen nicht verstummte. Sie rieb sich über die tränenfeuchten Augen, hob den Blick wieder zu ihrem Captain. "Dein Gesicht... Wirklich unbezahlbar!" Sie prustete wieder los, ließ sich dann nach hinten kippen und atmete tief durch. So leicht konnte man ihn ärgern...

Sie wollte ihm ausweichen, doch ihr Lachen ließ ihre Schritte ungelenk werden, sodass sie sich in ihren eigenen Beinen verhedderte und offensichtlich unsanft auf ihrem Hinterteil landete. Mit dem Degen hatte er sie mal gerade so eben gestreift, doch angesichts der Tatsache, dass Shanaya nun trotzdem auf dem Boden saß, grinste er mit zufriedenem Spott. Oh, sie lachte ihn aus, das war kaum zu übersehen, und in den tiefgrünen Augen glomm lauernd ein Verlangen nach Vergeltung. Aber er war nicht wütend, kämpfte selbst gegen ein neuerliches Lachen an, das dem Ausdruck in seinem Blick jeglichen Ernst nahm. Sie machte es ihm leicht, lag ja immerhin schon fast. Mit einer beiläufigen Geste wischte er sich noch ein paar übrig gebliebene Tropfen aus dem Gesicht, trat dabei zu ihr, bis er über ihr aufragte und zog die Scheide von seinem Degen. Und bevor sie sich wieder aufsetzen konnte, setzte er die Spitze der Klinge zwischen ihre durch die durchscheinende Bluse deutlich sichtbaren Brüste. „Bist du sicher, dass du deinen Captain auslachen willst, kleine Sirene? Das könnte in mir den Wunsch wecken, dich doch noch hinterrücks zu erstechen und hier im Labyrinth verscharren.“ Er lächelte beinahe sanft.

Shanaya wischte sich noch einmal über die Augen, ihr Lachen verstummte jedoch noch nicht. Erst, als sie erneut den Blick zu dem Dunkelhaarigen hob und sein Lächeln erkannte, atmete sie einige Male tief durch, wurde etwas ruhiger. Nur ein kurzes Husten folgte noch. Nun wischte sie einmal abschließend mit dem Arm über beide Augen und als sie diese wieder öffnete, stand Lucien über ihr. Die junge Frau blinzelte kurz, als er die Klinge seines Degens auf sie richtete. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung, stolperte dann in einem schnellen Takt weiter. In die hellen Augen der Schwarzhaarigen mischte sich ein Verlangen, das von dem Adrenalin getrieben wurde, das Lucien mit dieser kleinen Geste in ihr aufflammen ließ. Sie glaubte, vor allem auch dank seines Lächelns, nicht daran, dass er ihr wirklich etwas antun würde. Trotzdem senkte sie den Blick noch ein wenig, blieb sonst still sitzen und schaute von unten herab nach oben zu dem Dunkelhaarigen, die Begierde deutlich in ihrem Blick. „Ich war ein böses Mädchen. Und die gehören bestraft...“
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#2
Ihm entging nicht, wie sie unter der Spitze des Degens erstarrte. Allerdings nicht – und das verriet ihm unzweifelhaft ihr Blick durch gesenkte Wimpern – weil sie sich fürchtete oder bedroht fühlte. Sondern weil die Klinge dicht über ihrer Haut sie erregte. Die Gefahr, die von der Schneide ausging, auch wenn sie im Grunde nicht wirklich bestand. Das lockende Versprechen brennenden Schmerzes. Von Gefahr. Er wusste, was in ihr vorging, weil er dieses Gefühl kannte. Absurderweise, so viel ihn die Zeit auf der Renaissance auch gekostet hatte, diese Neigung hatte sie bei ihm viel mehr verstärkt als ausgelöscht. Man sollte meinen, das Gegenteil wäre der Fall. Doch allein bei dem Gedanken an eine Klinge auf seiner Haut beschleunigte sich sein Puls. Und das nicht auf unangenehme Art. Doch als die Schwarzhaarige sprach, konnte Lucien nicht anders. Er lachte laut auf, in den tiefgrünen Augen leuchtete ehrliche, gutmütige Erheiterung auf und der Moment verflog in angenehmem Wohlgefallen. Er lachte immer noch leise, als er die Klinge zurück nahm und Shanaya stattdessen die freie Rechte entgegen hielt. „Fandest du das jetzt nicht doch ein kleines Bisschen zu billig?“, neckte er mit sanftem Spott in der Stimme.

Auch wenn die Klinge, die Lucien beständig auf sie gerichtet hielt, sie zu so viel mehr reizte, hielt die junge Frau weiterhin still, regte sich nicht und hielt den blauen Blick einfach nach oben auf den Mann gerichtet. Sie hielt still, nur ihre Atmung wurde schneller, genau wie das sehnsüchtige Schlagen ihres Herzens. Auch als Lucien auflachte und schließlich die Klinge zurück nahm, beruhigte sich ihr Körper nicht. Es war nur ein kurzer Moment gewesen, trotzdem wühlte sie diese ganze Situation zusehends auf. Dennoch zögerte die Schwarzhaarige nicht, als ihr Captain ihr seine Hand hin hielt, mit einem protestierenden Schnauben ergriff sie seine Hand, ließ sich von ihm zurück auf die Beine helfen. Die Erschöpfung ihres kleinen Kampfes spürte sie nach wie vor, aber irgendwie schaffte die junge Frau es, sie an den Rande ihres Bewusstseins zu zwängen, sich nicht davon ablenken zu lassen. Der Mann vor ihr war Ablenkung genug. „Als ob es dir nicht gefallen würde, mich zu bestrafen.“ Die Zweideutigkeit in ihrer Stimme ließ keinen Raum für Zweifel daran, wie sie diese Worte meinte – genau wie das herausfordernde Lächeln auf ihren Lippen. Sie stand jedoch kaum wieder auf den Füßen, als sie einen – etwas hinkenden – Schritt auf Lucien zu trat. Nah genug, um ihm direkt in die Augen zu blicken, aber ohne ihn direkt zu berühren. Nur ihre Hand, die sie ruhig anhob, strich ihm zärtlich über die Lippen, die Stimme untermalt von einem warmen Lachen. „Du… ich glaube, dich hat jemand angespuckt. Du bist ja ganz nass…“

Schon als er ihr die Hand reichte, wusste er, dass Shanaya näher kommen würde, sobald sie wieder sicher auf beiden Beinen stand. Und genau das geschah auch, obgleich sie offensichtlich darauf achtete, ihn nicht großartig zu berühren, sondern schlicht die Hand hob, um sacht über seine Lippen zu streichen. Etwas, das er dieses Mal nicht durchgehen lassen wollte und deshalb kurzerhand den Arm um ihre Taille legte und sie gänzlich an sich zog. Ihre feuchte Bluse fühlte sich kühl und zugleich klebrig auf seiner nackten Haut an. Ein Gefühl, das gleichermaßen verlockend sein konnte, wie es ihm auch half, sich zu konzentrieren. Doch darunter sickerte die Hitze ihres Körpers durch den Stoff und trieb seinen Puls erneut in die Höhe. Ein Schmunzeln huschte über seine Lippen, mit denen er ihr flüchtig einen Kuss auf die Finger drückte, die noch darauf lagen. „Du weißt doch, dass das für keinen von uns beiden eine Bestrafung wäre...“ Er begegnete unverhohlen angetan ihrem Blick. Allerdings nicht ohne einen Anflug frechen Spotts in den grünen Augen. „Ich werde dich aber trotzdem ertränken, wenn du das das nächste Mal mit mir machst.“ In der spielerischen Drohung lag keinerlei Ernst. Aber irgendeine fiese Rache würde er sich trotzdem für sie einfallen lassen. Dessen konnte sie sich sicher sein.

Es dauerte nur wenige Herzschläge, bis Lucien die kleine Distanz zwischen ihnen von selbst aufhob. Mit einer kurzen Bewegung zog er sie zu sich, Shanaya leistete dabei keinerlei Widerstand. Einen Moment lang lauschte die Schwarzhaarige auf ihr schneller schlagendes Herz, auf die Sehnsucht, die sich durch ihren Körper zog. Das Schmunzeln des Mannes erwiderte sie noch immer mit dem selben Ausdruck auf den Zügen, dem Lächeln, das so viel verriet. Darüber, nach was sie sich in diesem Moment sehnte. Einen Arm legte sie sachte um seinen Hals, wog bei seinen Worten nur den Kopf mit einem vielsagenden Grinsen zur Seite. Wo er Recht hatte... Seine nächsten Worte entlocken ihr jedoch ein amüsiertes Lachen, ehe sie die Hand, die zuvor auf seinen Lippen geruht hatte, weiter wandern ließ, mit den Fingerspitzen ruhig seinen Hals entlang strich. "Den Versuch wäre es mir ehrlich gesagt wert..." Die blauen Augen ruhten auf seinen, die Herausforderung lag deutlich darin. Damit beugte sie sich noch ein wenig vor, flüsterte dicht an seinen Lippen. "Mich würde nur interessieren, was du den anderen erzählst, wenn du mich ertränkt hast..." Deutliche Belustigung lag in ihrer leisen Stimme, während ihre Hand inzwischen auf seiner Brust ruhte.

Ohne jede Gegenwehr ließ Shanaya sich an ihn ziehen, schmiegte sich an seinen Körper und im Gegensatz zu gerade eben, als ihre Nähe noch von Sanftheit geprägt war, lag nun ein Begehren in ihren Augen, dem Lucien nicht abgeneigt war. Sie hatten ihren kleinen Kampf beendet, ihr Bein war weit genug verheilt, um ein bisschen Belastung zu vertragen und er hatte bis jetzt nichts wichtigeres vor. Es sprach also nichts dagegen, ihre Übung mit einem kleinen Stelldichein zu beenden.
Mit leiser Belustigung in den tiefgrünen Augen erwiderte er ihren herausfordernden Blick. Doch der Ausdruck verschwamm angesichts der Spannung, die unweigerlich zwischen ihnen entstand, kaum dass Shanaya sich näher zu ihm lehnte und ihre Lippen die seinen streiften. Fast schloss er die Augen, spürte der sanften Berührung ihrer Finger nach, die über seine Haut glitten. Lockten. Entlang seines Halses bis über seine Brust und wieder huschte ein Lächeln auf seine Lippen. Unzweifelhaft angetan. „Wahrscheinlich einfach, dass ich dich ertränkt habe“, erwiderte er beinahe ungerührt. Sah man einmal davon ab, dass seine Stimme nun nicht mehr als einem rauen Flüstern glich. So leise, dass nur die Schwarzhaarige ihn hätte hören können, wären sie nicht ohnehin allein gewesen.
Er ließ seinen Degen neben ihnen ins Gras fallen, hob den Blick wieder und sah sie direkt an, ohne die Entfernung zwischen ihnen zu überbrücken oder gar zu vergrößern. „Der ein oder andere wird bestimmt nicht glücklich darüber sein, aber...“ In den grünen Augen blitzte es frech auf, während er den Griff um ihre Taille ein wenig verstärkte. „Sie werden es schon verstehen.“


Auch von Lucien kam keinerlei Gegenwehr - mit der Shanaya auch nicht gerechnet hatte. Viel mehr hoffte sie auf genau das, was der dunkelhaarige tat. Ließ ihre Nähe zu, lächelte auf ihre Berührung hin. Seine Antwort auf ihre Frage entlockte der jungen Frau ein ergebenes Lachen. Natürlich. So nüchtern, so einfach. Sie hatte, Mal wieder, nicht anderes erwartet. Seine Stimme jagte ihr jedoch einen Schauer durch den Körper, trieb ihr Herz in einen schnelleren Takt. Nur aus den Augenwinkeln sahen ihre Augen den Degen, der ins Gras fiel. Dann legte sich ein nahezu trauriger Ausdruck in die blauen Augen, ein schweres Seufzen drang über ihre Lippen. "Und andere werden dich dafür feiern..." Mit dem festeren Griff des Mannes krallten sich ihre Finger fester in seine Haut, der gespielt traurige Zug auf ihrem Gesicht blieb. "Ganz, ganz sicher..." Shanaya kämpfte mit einem Lachen, wandte die blauen Augen dabei nicht von seinen ab. Noch einmal neigte sie sich etwas vor, berührte ihn fast, pustete aber nur zärtlich gegen seine Lippen. "Da ich dich manchmal auch gern ertränken würde..." Den Rest des Satzes ließ sie offen, lächelte nur vielsagend.

Lucien ließ sich von dem bekümmerten Ausdruck auf ihren Zügen nicht täuschen. Mit ziemlicher Sicherheit war es ihr herzlich gleichgültig, ob jemand ihn für einen Mord an ihr feiern würde. Was kümmerten sie diejenigen, die mit ihr nicht zurecht kamen? Doch selbstverständlich ging er darauf ein. „Vielleicht.“ In den tiefgrünen Augen leuchtete ein amüsierter Funke. „Und wieder anderen ist es wahrscheinlich einfach egal.“ Seine Stimme war noch leiser geworden. Ihre Finger gruben sich in seine Haut, ihre Hitze ließ sein Herz schneller schlagen. Er spürte ihren Atem, der lockend über seine Lippen strich, ein sanftes Kribbeln auslöste, das er nur mit einem Kuss zum Schweigen hätte bringen können. Seine Muskeln spannten sich, um dem intuitiven Impuls zu widerstehen. Zumindest noch kurz. „Und so würden wir beide auf unsere Weise gegen die Carta verstoßen und sind selbst zum Tode verurteilt.“ Sein Mundwinkel zuckte amüsiert. „Wäre hier nur ein Hauch Liebe im Spiel, wäre das schon fast melodramatisch.“ Und damit gab er dem Verlangen nach, das sie auf seinen Lippen hinterlassen hatte, überbrückte den letzten Rest Distanz zwischen ihnen und küsste sie. Keine Spur von Sanftheit. Nur stürmisches Begehren.

Shanaya verzog in einer übertriebenen Geste das Gesicht, seufzte laut. „Diese armen Tropfen, die nie den Genuss meiner unbeschreiblichen Persönlichkeit verstehen werden.“ Mit diesen Worten konnte sie ein leises Auflachen dann doch nicht unterdrücken, zuckte locker mit einer Schulter. Was ihr Captain dann sagte, ließ sie kurz die Augen schließen, munter lächeln und unterdrückte mit ihrer Antwort dieses dumpfe Ziehen in ihrem Inneren, die Erinnerung an das Gespräch mit Talin. Dieses leichte Stechen, das Shanaya einfach zu ignorieren versuchte. „Und dann landen wir zeitgleich in der Hölle. Das ist doch dramatisch genug.“ Lucien selbst war es, der diese innere Unruhe bedeutungslos machte – zumindest für den Moment, in dem sie sich ganz auf ihn konzentrieren konnte. Auf den Kuss, der sie mitriss, den sie mit dem gleichen Verlangen erwiderte. Auf den Körper, an den sie sich schmiegte, dessen Wärme sie in jeder Faser spürte. Ihre freie Hand fand den Weg zu seinem Haar, krallte sich darin fest, ohne sich von seinen Lippen zu lösen. So sehr hatte sie sich nach dieser, seiner, Nähe gesehnt, was nun in jeder ihrer Berührungen zu spüren war.

Auf das, was Shanaya dann noch sagte, achtete Lucien schon nicht mehr. Ihre Worte hatten in diesem Moment keine Bedeutung für ihn, gingen in einem gierigen Strudel einfach unter. Sie grub die Hand in sein Haar, krallte sich an ihm fest und er drängte sie, ohne den Kuss zu unterbrechen, zurück zum Rand des Brunnens, bis ihre Fersen gegen den behauenen Stein stießen und sie beide zum Stehenbleiben zwang. Er ließ die freie Linke zum Bund ihrer Hose wandern, hielt sich gerade lange genug damit auf, den Verschluss zu öffnen, bevor er die Hand unter den Stoff und direkt zwischen ihre Beine schob. Mit der anderen stützte er ihren Rücken, hielt sie damit fest an sich gezogen. Erst dann löste er den Kuss, um ihr Luft zum Atmen zu lassen, während seine Lippen über die bloße Haut ihres Halses langsam nach unten glitten und sie mit weiteren Liebkosungen bedachten.

Shanaya ließ sich, ohne einen Hauch Widerstand zurück schieben, folgte dem Weg in den Lucien sie drängte. Ihr Kuss, die Hand, die sich in sein Haar krallte, sprachen von dem Verlangen, das sie mehr und mehr einnahm, sie nicht einmal bewusst wahrnehmen ließ, wie Lucien den Verschluss ihrer Hose öffnete - bis seine Hand zwischen ihre Beine glitt, ihr Verlangen damit noch einmal anfeuerte. Und kaum, dass er seine Lippen von ihren löste, drang ein Seufzen über die Lippen der Schwarzhaarigen, voller Sehnsucht auf mehr. Der Weg, den seine Lippen nun nahmen, ließ die Hand der jungen Frau erneut durch seine Haare streichen, während ihre andere an seinem Körper hinab glitt, bis sie sich bebend, voller Ungeduld, am Verschluss seiner Hose zu schaffen machte.


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