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Würmer im Kopf
Greo & Shanaya ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 18 Mai 1822
Ort Im Bordell in Silvestre
Tageszeit Abends
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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#1
Würmer im Kopf

Abend des 18. Mai 1822
Greo & Shanaya Árashi


Shanaya seufzte leise. Die zweite Nacht in diesem Bordell stand an. Und das, wo sie den ganzen Tag kaum etwas außer Schlafen tat, um irgendwie wieder gesund zu werden. Sie lag ruhig auf ihrem Bett, das verletzte Bein halb zugedeckt, den Blick an die Decke gerichtet. Ihr Körper war schon etwas fitter, aber das Fieber zeichnete sich noch immer deutlich auf ihren Wangen ab. Der Rest der Crew war... irgendwo und die junge Frau erwischte sich bei dem Wunsch nach ein wenig Gesellschaft, irgendjemand, der sie von diesem tristen Ort ablenkte. Sie war müde und wollte doch irgendetwas unternehmen. Aber ihr blieb wohl Nichts außer zu warten. Darauf zu hoffen, dass sie vielleicht bald einschlief. Aber in jeder Minute, die sie wach da lag, schlichen sich noch andere Gedanken in ihr Bewusstsein, die ein leichtes Kribbeln in ihr auslösten und die sie genau deshalb zu unterdrücken versuchte.

Er nutzte die günstige Gelegenheit, dass der Flur, den er entlanggehen musste, leer war. Vielleicht hatte er den Moment abgepasst, in dem Interessierte und Angestellte – wenn man es höflich ausdrückte – sich geeinigt und zurückgezogen hatten. Er war zumindest nicht unglücklich über diesen Umstand. Sein leicht wummernder Schädel war dankbar um die Dämmerung, denn das stach nicht so arg im Kopf. Heute war er empfindlich demgegenüber gewesen. Und es nervte ihn. Um die kranke Shanaya nicht zu stören, falls sie in ihrem fiebrigen Schlaf lag, schlüpfte er beinahe lautlos in ihr gemeinsames Zimmer. Er registrierte zufrieden, dass Enrique nicht da war und stakste über die Kissen auf seine Schlafstelle zu. Greo unterdrückte ein müdes Seufzen, rieb sich mit den Handballen über die Augen und entledigte sich seines Gürtels, auf dem es sich nur unbequem schlafen ließ. Meist stopfte er ihn unter sein Kopfkissen, um ihn in der Nähe zu wissen und platzierte die Scherschere bedeckt in der Nähe seiner Hände. Er friemelte an der Weste, die er trug und faltete sie sorgsam, bevor er sie auf den Boden legte, stieg aus seinen Stiefeln und zerrte sich das Hemd aus der Hose. Das war doch schon wesentlich bequemer. Er war im Begriff, sich das Oberteil auszuziehen, als er aus dem Augenwinkel bemerkte, dass Shanaya wach war. Halb in der Bewegung verharrend, glotzte er sie an. „Immer noch lädiert?“, fragte er nüchtern, ließ den Stoff los und kam näher. Er griff automatisiert nach einer Schöpfkelle, die wie ein winziges Fässchen aussah, füllte sie mit Wasser aus einem fein aussehenden Eimer und hockte sich neben sie und hielt ihr die Kelle hin.

Shanaya hörte das leise Geräusch der Tür, blinzelte aber nur und ließ den hellen Blick weiter zur Decke gerichtet. Es gab nur zwei Menschen, von denen sie erwartete, dass sie diesen Raum betraten. Den einen hätte sie einfach weiter ignoriert, der Andere... eine Silhouette trat in ihr Blickfeld und damit war klar, wer sich mehr oder weniger zu ihr gesellt hatte. Nun mit einer müden Bewegung drehte die Schwarzhaarige leicht den Kopf, beobachtete Greo, ohne einen Mucks von sich zu geben. Erst als der große Mann sie bemerkte, sie ansprach, gab sie ein leises Brummen von sich. Es wäre zu schön, einfach wieder gesund zu sein. Dahin zu gehen, wo sie hin wollte – und wann sie wollte. „Das Fieber ist das Nervigste.“ Ihre Stimme war leise, aber immerhin etwas kräftiger als vor wenigen Tagen. Nun kam Greo zu ihr hinüber, hielt ihr die Kelle mit Wasser hin. Sie zog sich mit den geschwächten Armen etwas aufwärts, kam jedoch nicht in eine sitzende Position, ehe sie mit einer Hand nach der Kelle griff und sich bemühte, irgendwie etwas zu trinken.

Greo nickte nur. Das mit dem Fieber konnte er ihr nur allzu gut nachfühlen, aber das brauchte er ihr nicht zu erklären, denn das wusste sie wahrscheinlich noch. Darüber hinaus hatte der Überfall einige dunkle Stellen in seinem Kopf hinterlassen, von denen einige bisher nicht wieder erleuchtet worden waren. Und es war ihm zutiefst unangenehm, da er sich zu weiten Teilen immer noch nicht entsinnen konnte, worüber und was genau er in seinem Zustand von sich gegeben hatte. Er vermied es lieber darüber zu sprechen. Das bedeutete, dass er Shanaya, die er dem Himmel sei Dank irgendwann wieder als solche wahrgenommen hatte, manchmal aus dem Weg ging. Es war schwer für ihn gewesen, als sie verletzt worden war – ein Thema, dass zu viele Gedanken bei ihm aufwirbelte. Aber es war auch deshalb schwer, weil er ihr eine Unterstützung sein wollte – nur, dass er das Gefühl nicht los wurde, dass er irgendwas gesagt haben könnte, was zwischen ihnen stand. Sie wusste da mehr als er und das war ihm furchtbar peinlich. Das war wohl das erste Mal, dass er nicht wagte, ihr gegenüber etwas so gar nicht anzusprechen. Drum wäre er glücklicher gewesen, hätten sie über was anderes, als Fieberzustände und Abgeschlagenheit reden können. Es zu ignorieren war jedoch auch nicht nett. „Bald bist du wieder auf dem Damm.“, gab er von sich, während er die Kelle an ihrem Mund stützte, um ihr etwas zu helfen. Sicherlich hätte sie das lieber selbst gemacht. Es nutzte ja nichts. „Hast fast wieder etwas Normalfarbe. So. Im Gesicht.“

Shanaya nickte mit einer müden Bewegung auf die Worte des Dunkelhaarigen hin. „Ich hoffe es. Sonst nehme ich diesen Raum bald auseinander.“ Und das, nachdem sie erst eine Nacht hier verbracht hatte. Sie wäre noch immer lieber in irgendeiner Taverne untergekommen. Es wurmte sie zudem, dass sie nicht einmal richtig allein trinken konnte. Da brauchte es wohl noch einige Stunden ordentlichen Schlaf. Als sie mühsam ein paar Schlucke getrunken hatte, ließ sie sich zurück gegen ihr Kissen sinken, lehnte halb mit dem Oberkörper gegen das Bettgestell, sodass sie Greo anblicken konnte. Ein mühseliges Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Wird auch wirklich wieder Zeit.“ Sie lauschte in sich hinein und spürte das Glück darüber, dass Greo bei ihr war. Er hatte selbst genug durchgemacht und Shanaya war mehr als froh darüber, dass er jetzt deutlich auf dem Weg nach oben war. „Es ist hier so furchtbar langweilig.“

Er platzierte sein wertes Hinterteil auf einem verboten purpurfarbenem Kissen mit Troddeln und ging in den Schneidersitz über. Dann stellte er die Kelle wieder in den Eimer und schwieg sie kurz ein wenig unbehaglich an. Auch die Langeweile konnte er ihr mehr als genug nachempfinden. „Wird auch nicht besser, wenn man hier rumläuft.“, meinte er und guckte zu der geschlossenen Zimmertür rüber. Ihm war das Bordell suspekt. So gut das Haus auch ausgestattet war und so anständig viele der Leute auch wirkten. Es war keine Kaschemme. Aber es war auch nicht seine Welt. Shanayas Wünschen entsprach das offenbar ebenso wenig.

Die hellen Augen ruhten unentwegt auf Greo, ihm galt ein sachtes Lächeln. So gut sie es eben zustande brachte. Sie beobachtete, wie er sich in den Schneidersitz setzte und damit neben ihrem Bett saß. Mit einer Hand fuhr sie sich über das heiße Gesicht, lachte leise bei seinen Worten auf. „Dann könnte ich wenigstens Mal raus gehen.“ Ein leiser, brummiger Ton schwang in ihrer Stimme mit. „Aber ich bin froh, dass ich wenigstens Gesellschaft habe. Hier kommt so selten jemand vorbei...“ Das stimmte nicht ganz, aber es klang deutlich dramatischer. „Weißt du, was die Anderen machen? Ist irgendetwas spannendes passiert?“

Nach einem prüfenden Blick auf seine Freundin, drehte er seinen Oberkörper und langte nach dem verstauten Gürtel, um ein kleines, sauberes Tuch aus einer der Taschen zu ziehen. Er tunkte es in den Wassereimer, wrang es aus und reichte es ihr, damit sie sich den Schweiß abwischen konnte. Dann lauschte er ihr ruhig und legte langsam einen Arm angewinkelt auf die Matratze, um schließlich sein Kinn darauf zu betten. „Nee. Interessiert mich nicht so.“, brummelte er und zupfte mit der freien Hand an einem Faden einer Decke herum. „Und lüg nicht so schamlos, du hast hier öfter mal Besuch. Du verpennst den vielleicht.“

Ohne, dass sie es mit ihrer Frage beabsichtigt hatte, erwischte Shanaya sich bei dem Gedanken an einzelne Mitglieder der Crew. Einer der Wichtigsten war bei ihr... Talin war sicher beschäftigt... und... sie schluckte, griff dann dankbar nach dem Tuch, das Greo ihr reichte und wischte sich damit einmal durch das Gesicht, ehe es mit einem leisen Klatschen auf ihrer Stirn landete. Für den Moment half die kleine Abkühlung. Der große Mann machte es sich ein wenig bequemer, antwortete auf ihre Frage. „Du bist da draußen niemandem begegnet? Aber sie leben noch, ja?“ Ein amüsierter Unterton schwang in ihrer Stimme mit, beinahe hätte sie bei dem Anblick, den Greo ihr bot, den Kopf zur Seite geneigt, unterließ es aber, um das Tuch an seinem Platz zu halten. „Das zählt nicht, wenn ich es nicht mitbekomme. Dann weiß ich ja nicht, wer hier war.“

Er zuckte vage mit den Schultern und schielte etwas treudoof wie ein labbriger Bluthund zu ihr rüber. „Denke schon, aber ich bin nicht gern hier und weiß nicht, was die so treiben.“, gab er zu und schaute fast ein wenig überrascht aus, als der Faden mit einem leisen Knacken riss. Jetzt wurde er hier schon zum Mini-Vandalen. Er strich mit der großen Hand den Stoff glatt. „Hast du auch wieder Recht.“, stimmte er ihr schließlich zu, „Aber da ich hier nicht viel aufschlage, weißt du vermutlich doch mehr vom Kommen und Gehen der anderen. Talin wird sicher nach dir gesehen haben und Gregory auch. Enrique schläft hier.“ Erneut hob er ratlos die Schultern an. „Erinnerst du dich da an keinen?“

Shanaya musste über ihren Freund nun doch leicht den Kopf schütteln. So, dass das Tuch in Position blieb, sie aber doch deutlich machte, wie seine Worte sie amüsierten. „Ach Greo.“ Ihre Augen huschten zu dem Stoff, den Greo nach einem kleinen Unfall glatt strich. Die kleine Anspannung die von ihm ausging, schwappte über die junge Frau weg, ging an ihr vorbei. Sie war mit den Gedanken nur halb im Raum und sonst... irgendwo. Trotzdem lauschte sie seiner Antwort, grübelte schweigend und gab dann schon wieder ein Brummen von sich. Sie erinnerte sich an das ein oder andere Gesicht. „Vielleicht auch an alle und es waren trotzdem zu wenig? Ich finde, alle Entscheidungen sollten hier in diesem Raum beschlossen werden. Das sollte ich den beiden vorschlagen, wenn ich sie das nächste Mal treffe.“ Wobei sie dazu vermutlich warten musste, bis sie diesem Zimmer entfliehen konnte.

Irgendwie war er erleichtert, dass sie so gut bei Sinnen schien. Das hätte auch ganz anders ausgehen können. Beide glitten für einen Augenblick in andere Sphären weg, doch Greo kam zügig zurück in die Gegenwart und sah sie an. „Das sollten sie, aber in dem Fall solltest du außer wach auch geistig anwesend sein.“, schlug er monoton vor, zeigte aber ein leichtes Lächeln um den Mund.

Shanaya blinzelte einige Male müde bei der Antwort des Dunkelhaarigen und automatisch schlich sich, ohne dass sie es bewusst wahrnahm, ein sanftes Lächeln auf ihre Lippen. Der Gedanke, wie sie sich einfach auf einen Captain nach dem anderen fallen ließ und ihnen von ihrer hervorragenden Idee erzählte, amüsierte sie. Und jagte ihr Herz ein bisschen schneller voran, was sie mit einem leisen Seufzen zu überspielen versuchte. „Dann sollten sie sich beeilen.“ Das warme Lächeln ruhte noch immer auf ihren Lippen, während sie einige Herzschläge lang die Augen schloss.

„Ich mein nur. Manchmal gucke ich dich an und du bist gar nicht da.“ Er hatte gut reden. Besonders in den letzten Wochen, in denen er sich mühsam erholt hatte, war er immer mal wieder wie jemand gewesen, bei dem keiner zu Hause war. Sein Körper arbeitete wie gewohnt, er unternahm, was nötig war, aber gedanklich war er woanders gewesen. Sein Gesicht hatte einen sanften Ausdruck. „Vielleicht nur noch heute Nacht warten. Morgen wirst du ein wenig mehr Kraft haben und sie sind bestimmt da.“ Sie? Wer sollte sich nochmal beeilen? Was lächelte sie eigentlich so scheel? Ging es ihr nicht gut?

Greo sagte etwas und Shanaya fühlte sich etwas, als hätte er einen Stein nach ihr geworfen. Einen großen Stein. Sie fühlte sich irgendwie erwischt und wusste nicht einmal genau, bei was. „Ich leide. Da darf man mit den Gedanken doch woanders sein?“ Ein herausforderndes – wenn auch ziemlich müdes – Lächeln galt dem Dunkelhaarigen, während ihr Herz noch immer ein wenig erwischt schneller schlug. Nun bewegte sie den Stoff der Decke, die ihren halben Körper bedeckte, etwas mit den Händen hin und her. „Ich wäre die erste, die morgen früh durch die Straßen ziehen würde.“ Viel Hoffnung hatte sie nicht darauf.

„Schon klar.“, meinte er, hob einen müden Finger und stupste damit bei jedem folgenden Wort nachdrücklich in die Matratze. „Aber du bleibst schön hier liegen.“ Sonst würde sie nur noch eine weitere Welle Erkrankung ereilen und sie schwachsinnig machen oder umbringen. Dass sie überhaupt noch – mit Blick auf ihren gesamten bisherigen Werdegang – lebte, war eigentlich phänomenal. „Davon ab, mit den Gedanken woanders bist du schon seit Wochen.“ Das wusste er noch. Das war gut. Das war etwas, woran er sich festhalten konnte, wo schon so vieles anders weg war.

Shanaya atmete angestrengt durch, als Greo auf die Matratze tippte und ihr einprägte, ja liegen zu bleiben. Sie war nicht zufrieden damit, ahnte aber auch, dass Widerstand Nichts bringen würde. „Du bist nicht immer hier um aufzupassen.“ Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu, kniff kurz die Augen zusammen – nur um ihn im nächsten Augenblick etwas verdutzt anzublicken. Haaah... „Ich bin ja auch schon seit gefühlten Wochen ans Bett gefesselt.“ Um das noch einmal zu verdeutlichen drehte sie das Tuch auf ihrer Stirn, auch wenn sie zweite Seite fast genauso warm war wie die andere. „Ansonsten ist alles wie immer.“ Sie warf dem Dunkelhaarigen einen skeptischen Blick zu.

„Ja und bisher hat dich das ja auch nicht umgebracht.“, erwiderte er, gemessen daran, dass er ja eben erst zurückgekehrt war und sie noch atmete. Er runzelte leicht die Stirn ob ihres komischen Blicks. „Gefühlt ist nicht tatsächlich.“, stellte er schlicht fest und fischte ihr ungefragt das Tuch weg. Kurz schaute er sich was ratlos um, weil er das nun schwitzige Tuch nicht im Trinkwasser waschen wollte. Also kramte er eine kleine Holzschüssel hervor, in die wirklich nicht viel Inhalt passte, füllte ein wenig Wasser hinein und kühlte das Tuch darin, bevor er es ihr zurückgab. „Aber du hast das auch vorher schon anders gesehen. Also was soll’s. Du bist’n sturer Bock. Und ich nicht deine Gouvernante.“, winkte er dann ab und lehnte diesmal beide Arme auf die Matratze.

Auf Shanayas Züge legte sich ein deutlich verwirrter Ausdruck. Entweder lag es an ihrem Fieber – oder einfach daran, dass Greo andauernd gern in Rätseln sprach, aber sie kam nicht ganz dahinter, was er ihr sagen wollte. Sie wollte protestieren, als er ihr das Tuch wegnahm, sank aber nach einer kurzen Bewegung zurück gegen ihr Kissen und strich sich noch einmal mit der Hand über das Gesicht. Es dauerte einen Moment, bis sie das feuchte Ding wieder hatte, es zurück auf ihrer Stirn platzierte. „Was habe ich anders gesehen? Du verwirrst mich. Was willst du mir sagen?“ Ihre Stimme klang ein wenig verzweifelt. „Was glaubst du denn, wo ich mit den Gedanken bin?“ Sie war verwirrt, auf so viele verschiedene Arten.

Heute war es an der Zeit, oft die Schultern zu zucken. Greo sah zu, wie sie das Tuch wieder auf ihrer Stirn zum Einsatz brachte und machte ein unbestimmtes Geräusch. „Weil du oft nicht ganz bei der Sache bist. Und du eigentlich, soweit ich dich kenne, eine konzentrierte, begeisterungsfähige, entschlossene Person bist. Und dann bist du plötzlich zerstreut wie Ellie, als sie in… sagen wir mal schwierige Jahre kam. Wie ein richtiges Mädchen.“ Bei letzterem legte er ein fast fieses Ich-piesacke-dich-jetzt-mal-alle-Geschwister-kennen-dieses-Lächeln-Lächeln auf.

Shanaya musterte den Mann einfach mit skeptischer Miene, versuchte aus ihrem irgendwie schlau zu werden, während ihr Herz schon wieder ertappt etwas schneller schlug. Wer zum Henker war Ellie? Shanaya legte die Hand auf ihre Augen, schloß sie einige Momente. „Meinst du nicht, das bildest du dir ein? Ich wüsste nicht, wo ich mit den Gedanken sein sollte.“ Sie ließ die Hand sinken, während ihr Blick zum Fenster glitt. Draußen wurde es langsam dunkel. Hm. „Schwierige Jahre?“

Sein Lachen klang heiser, so als habe er es schon lange nicht mehr benutzt, und im Grunde stimmte das. „Du stellst dich vielleicht manchmal dumm an.“, kommentierte er mit einem deutlichen Giggeln in der Stimme und kniff vergnügt die Augen zusammen. „Ich mein die Zeit, wo sie entdeckt hat, dass der Kerl von der Nachbarfarm ihr gut gefiel. Hals über Kopf war sie in ihn verschossen und meine Mutter hat sich nicht mehr eingekriegt vor Sorge, was das bedeutet. Ich mein ja nur. Entweder du hast irgendeinen Wurm im Kopf, der sich da durchfrisst und dir Aussetzer verpasst oder du hast einen komischen Spleen, der mir zu spät aufgefallen ist oder du bist hinter irgendwem her.“

Greo lachte und Shanaya war vollends verwirrt. Und mit seinen Worten noch viel mehr. Sie stellte sich dumm an? Ihr Blick wurde ein wenig verzweifelter. Was ging ihm nur durch den Kopf? Als er dann weiter sprach glotzte sie den Dunkelhaarigen ein wenig verwundert an. Sie wusste immernoch nicht, wer Ellie war, sie schloss aus seinen Worten, dass es vielleicht irgendwie... seine Schwester war? Die einen Narren an irgendeinem Typen gefressen hatte. Sie legte ihre Hand auf das Tuch auf ihrer Stirn, blickte Greo ein wenig hilfesuchend an. „Und... wenn Nichts davon der Fall ist?“ Ihr wurde mit einem Mal noch wärmer, was sie einfach auf das Fieber schob.

„Nah, eines davon muss es sein. Ich tippe auf den Wurm.“, meinte er leichthin und faltete seine Beine auseinander, um sie auf dem Boden auszuschütteln, weil sie im Schneidersitz langsam einschliefen. Er beobachtete seine wackelnden Knie für einen Moment, bevor er wieder zu Shanaya schaute. „Guck nicht so schockiert. Glaub es, lass es bleiben oder wechsle das Thema.“, grinste er sie an.

Ganz automatisch hob die junge Frau eine Augenbraue, als Greo auf den Wurm schloss, der es sich in ihrem Kopf gemütlich gemacht haben sollte. „Ich hoffe nicht?“ Ihre Stimme klang leise anklagend. Sie fühlte sich ein wenig gehetzt, konnte nicht ganz ausmachen, wieso genau. Greo setzte sich anders hin, aber der Blick der Schwarzhaarigen blieb weiterhin verwirrt. Sie erwiderte jedoch Nichts, nahm nur das Tuch von ihrer Stirn und warf es in die Richtung des Mannes. Aber dank der Schwäche ihres Körpers – es lag an Nichts anderem – landete der Lappen nur auf dem Bett, kurz vor dem Arm des Mannes.

Greo verfolgte die beeindruckend schlechte Fluglinie des Lappens und musste sich nicht mal regen, damit dieser ihn verpasste. Er bleckte der Schwarzhaarigen gegenüber leicht die Zähne. „Beeindruckend.“, kommentierte er trocken, fischte den Lappen weg und warf ihn zur Schüssel rüber. Dann zwinkerte er Shanaya zu. „Nein, hoffentlich nicht.“, meinte er dann wieder ruhig und ohne Spott. „Egal. Brauchst du sonst etwas?“

Shanaya verengte die Augen, wollte Greo mit einem strafenden Blick von einem Kommentar abhalten, aber das Fieber sorgte wohl dafür, dass dieser kleine Wink nicht deutlich genug ankam. Es kam nur ein Wort, aber das genügte schon, um Shanaya leise schnaufen zu lassen. Sein Zwinkern sah sie noch, ehe sie sich langsam wieder auf den Rücken sinken ließ. Ihre Kräfte verließen sie schon wieder. Es würde wohl Nichts mit einem kleinen Ausflug werden. „Irgendein Kuscheltier für die Nacht?“ Und da war nicht einmal etwas gelogenes dran. Sie sehnte sich nach Nähe. Irgendwo zwischen all der Verwirrung.

Ihre Frage traf ihn diesmal überrascht, weil er vielleicht mit der Frage nach einem kleinen Snack oder einem weicheren Kissen oder etwas in dieser Richtung gerechnet hätte. Wie ein stummer Fisch öffnete und schloss er unentschieden den Mund, bis ihm ein Einfall kam. Er fischte, wie schon vorher, nach seinen Gürteltaschen und kramte darin. Mit vorsichtigen Fingern wickelte er ein kleines Paket auf und schob dann das kleine Holzschaf über die Matratze auf sie zu, bis dessen kleine Nase die Schwarzhaarige berührte.

Shanaya schloss die blauen Augen, legte sich die Hand auf die Stirn. Sie hatte Nichts anderes auf die Frage des Mannes antworten können, während ihr sehnsüchtiges Herz schnell schlagend danach verlangte. Greo schwieg und Shanaya fragte sich still, was als nächstes kommen würde. Vielleicht, dass sie mit dem Wurm in ihrem Kopf kuscheln konnte? Als etwas sie dann berührte zuckte die Schwarzhaarige merklich zusammen, schreckte jedoch nicht hoch. Nur die Augen hatte sie aufgerissen, blickte dann das kleine Schaf an und lachte einen Moment später erschöpft auf. Er trug das kleine Ding bei sich, irgendwie war das schön. Sie strich mit einem Finger locker über das Holz. „Wer ist Ellie? Und was hat sie mit dem Mann von der farm nebenan gemacht?“

Greo legte seinen Kopf neben ihr ab, weil er langsam echt müde wurde, hatte die Arme aber wie lahmes Toast einfach hängen lassen. Er guckte das Schaf liebevoll an und wich mit dem Blick nicht davon weg. „Was weiß ich. Bin ja hier und nicht da.“, sagte er scheinbar unbeteiligt. Aber der Gedanke war eigentlich gar nicht mal so schön. „Die nächste Farm ist viele, viele Meilen weg. Oft sah sie ihn nicht, als ich noch da war. Und alleine so weit reiten… unwahrscheinlich. Gefährlich. Vielleicht war er so gnädig und hat sie abgeholt.“ Ihm fiel auf, dass er die erste Frage gar nicht beantwortet hatte. „Eine meiner Schwestern. Sie ist nur zwei Jahre nach mir geboren.“

Greo musterte selbst das Schaf und blickte nicht zu ihr, während er auf ihre Frage antwortete. Zumindest auf ihre zweite. Die entscheidende ließ er einfach aus. Trotzdem hörte sie ihm zu, lachte dann leise. „Ist ja ordentlich was los bei euch auf der Farm.“ Ihre Stimme wurde ein wenig leiser, womit sie die Augen schloss und sich etwas von Greos Stimme einlullen ließ. „Wie viele Schwestern hast du?“ Ehrliches Interesse, wenn auch mit deutlicher Erschöpfung, schwang in ihrer Stimme mit. Schwierige Jahre. Sie verstand noch immer nicht ganz, was er ihr damit hatte sagen wollen.

Seine Brauen zogen sich in der Konzentration, die er aufbringen musste, um das tatsächlich nachzuzählen, zusammen. Er war einfach schon müde. Und die Beule am Hinterkopf hielt ihn hartnäckig in Schach. Zumindest erlaubte sie ihm nicht das Pensum früherer Tage. „Ah. Drei. Wen vergessen…? Nein, stimmt.“ Es sei denn, seine Eltern hatten noch mal Kinder nachgelegt – wer wusste das schon. Er nicht. Er hatte ja nie die aktuellen Neuigkeiten über das, was zu Hause geschah und es war nicht abzusehen, dass sich dieser Zustand änderte. „Und - “, setzte er an, hielt sich aber zurück. Er schluckte die Frage runter, die ihm eben noch auf der Zunge gelegen hatte. Hatte sie Schwestern? Sie hatte ziemlich furchtbare Verwandte, wenn er sich recht entsann. Hatten sie da mal ausführlicher drüber gesprochen? War das eines der schwarzen Löcher in seinem Kopf? Er wusste es nicht mehr. Sie schien das mit seinen Schwestern nicht gewusst zu haben, aber vielleicht war sie im Fieber auch vergesslich geworden. Er ließ es lieber. Sie hatte sicher schon an genug Kram zu nagen. „Sie ist’n bisschen wie du.“, nuschelte er, grabbelte nach einem Kissen, schob es sich unter das Kinn und griff noch mit einer Hand halbwegs geistesgegenwärtig nach der Decke, um sie Shanaya zurechtzuziehen.

Shanaya fragte sich still, wie es war, drei Geschwister zu haben. Sie schauderte bei diesem Gedanken, ließ den Dunkelhaarigen davon jedoch Nichts merken. In ihrem Kopf war das keine sonderlich tolle Vorstellung... aber das sah manch einer wohl anders. Wobei sich ihr die stille Frage stellte, was heute wäre, wenn sie eine Schwester anstatt ihres Bruders gehabt hätte. Vielleicht würde sie dann jetzt nicht an dieses Bett gefesselt herum liegen. Greo wollte noch zu etwas ansetzen, ließ es aber bleiben. Die junge Frau überlegte einen Moment, ob sie nachfragen sollte, aber sie dämmerte schon zu viel, um darüber nachzudenken, was ihm durch den Kopf gegangen war. „Sie hat auch einen Wurm im Kopf?“ Sie lächelte bei diesen Worten, während Greo ihr die Decke zurecht zupfte, sodass ihr noch wärmer wurde, was ein leises Brummen mit sich trug.

„Hm, genau.“, bestätigte er, offenbar nicht mehr in der Lage zu erkennen, ob diese Frage ernst gemeint war. Er hatte die Augen bereits zugemacht und den Kopf mit auf ihre Matratze gelegt. Da er den Hut – wie eigentlich immer – noch trug, drückte sich die Krempe etwas unglücklich vom Untergrund ab. Aber wen interessierte das schon. Er war ja schon halb eingeschlafen.


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