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Mysteries in our Hearts
Liam, Lucien, Shanaya & Skadi ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 3 Mai 1822
Ort Kleine Insel bei Lacrinîn
Tageszeit Mittags
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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#1
Mysteries in our Hearts

Mittag des 03. Mai 1822
Liam Casey, Lucien Dravean, Skadi Nordskov & Shanaya Árashi


Es war nur wenige Stunden her, dass sie in den Hafen eingelaufen waren, jetzt lag die Sphinx ruhig und gesichert da. Diesen Moment hatte Shanaya noch abgewartet, Ehe sie sich auf den Weg gemacht hatte, um die Insel zu erkunden. Sie war allein unterwegs, erkundete die Gassen, die um den Hafen herum führten, mit den Gedanken... Irgendwo. Dennoch lag ein leises Summen auf ihren Lippen, während die blauen Augen aufmerksam die Umgebung betrachteten. Irgendwann führte ihr Weg sie zurück zum Hafen, vor ihr der weite Ozean. Mit ruhigen Schritten trat die Schwarzhaarige direkt ans Ufer, streckte mit einem zufriedenen Seufzen die Arme in die Luft und lächelte einfach vor sich hin. Ohne einen wirklichen Grund dafür zu haben.

Jedes Mal wieder war es ein unbeschreibliches Gefühl, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Kaum, dass die Sphinx im Hafen angelegt hatte und sicher auf den sanften Wellen des Meeres schaukelte, hatte er ein paar seiner Sachen zusammengepackt, um sich ein bisschen die Füße zu vertreten und die Ruhe zu genießen. Abstand. Er hatte kein großes Problem mit dem engen Zusammenleben an Bord des Schiffes, aber jedes Mal, wenn ihn seine Reisen in einen Hafen trieben, brauchte er diesen Abstand, diese Zeit für sich. Ein Stück vom Hafen und der letzten Reihe Häuser des Dorfes entfernt hatte er den Platz dafür gefunden, sich niedergelassen und den Wellen gelauscht, während er in Gedanken versunken eine Skizze auf eine kleinere Leinwand brachte. Irgendwann hatte er die Sachen wieder zusammengepackt, um sie zurück zur Sphinx zu bringen, ehe er sich abermals auf einen Spaziergang begeben wollte. Nicht allzu weit von der Sphinx entfernt fiel ihm Shanaya am Ufer ins Auge, die ungewohnt zufrieden wirkte. Der glückselige Ausdruck auf ihren Zügen ließ auch ihn unweigerlich lächeln. Ohne groß darüber nachzudenken führten ihn seine Schritte nun in die Richtung der Schwarzhaarigen, um neben ihr zum Stehen zu kommen und ihrem Blick gen Horizont zu folgen. „Hast du eine Meerjungfrau getroffen? Sonst guckst du nur am Steuer so glücklich.“

Mit einem genüsslichen Seufzen streckte Lucien die Arme über den Kopf, dehnte die verspannten Muskeln und ließ sie dann schlagartig nach unten fallen. „War vielleicht gar keine schlechte Idee von dir, mich vom Schiff zu locken.“ Die grünen Augen huschten zu seiner Begleiterin hinüber und auf seinen Lippen erschien ein gelassenes Lächeln. Skadis Vorschlag, auch diese Insel nach der ein oder anderen illegalen Aktivität abzusuchen, stieß bei ihm selbstverständlich auf fruchtbaren Boden. Andernfalls hätte ihn sein Weg nach getaner Arbeit wahrscheinlich als allererstes in das nächste Bordell geführt und auch wenn er dem nie abgeneigt war, verlangte ein Rundgang zunächst weniger körperliches Engagement seinerseits. Erst Recht, wenn er Skadi in den Ring steigen ließ und sich selbst etwas zurück nahm. Und das Hurenhaus lief ihm sicher nicht weg. Sie hatten das Schiff hinter sich gelassen, folgten zunächst der Hafenmauer und hätten mit Sicherheit in den nächsten Augenblicken eine der dunklen Gassen gewählt, die ins Innere des Dorfes abzweigten. Doch zwei vertraute Gestalten nicht weit von ihnen lenkten die tiefgrünen Augen ein Stück weiter das Ufer entlang und seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen Lächeln. „Sieh an. Scheint, als wär der Ort hier nicht besonders groß, wenn die beiden schon zurück sind.“

Für einen kurzen Moment kreiste der dunkle Haarschopf im braungebrannten Nacken, ehe er sich Lucien mit einem spitzbübischen Funkeln in den Augen zuwandte. Schulterzuckend und mit einem Schürzen der vollen Lippen gab sie ihm zu verstehen, dass sie nicht umhin von ihrem Vorschlag überzeugt gewesen war. Nach dem letzten kleinen Ausflug wusste sie immerhin, dass der Dunkelhaarige dem illegalen Spiel etwas abgewinnen konnte. Ganz davon abgesehen, dass er sie als einer der Wenigen auf diesem Schiff nicht für ihre „körperbetonte“ Ader verurteilte. “Ich dachte mir, dass du dir das vielleicht nicht entgehen lassen willst.“, raunte sie ihm schmunzelnd entgegen und ließ ihren Blick kurz über das helle Grün seiner Augen schweifen, ehe sie ihre Umgebung beobachtete. Hob entspannt die langen Finger in den Nacken und streckte sich für ein paar Schritte, bis Lucien ihre Aufmerksamkeit auf die zwei Gestalten vor ihnen lenkte. “Oder nicht sonderlich interessant.“, fügte sie knapp hinzu. Verschränkte ihre Arme nun hinter dem Rücken, während sie dem Jüngeren folgte und nach einem intensiven Blick in eine der abzweigenden Seitengassen abwechselnd Liam und Shanaya musterte.

Shanayas blaue Augen ruhten auf dem Horizont, beobachteten die Wellen und die Möwen, die vereinzelt ihre Kreise am Himmel zogen. Erst leise Schritte lenkten ihre Aufmerksamkeit wieder um, bis jemand neben sie trat. Aus den Augenwinkeln erkannte sie Liam, richtete den Blick aber nicht herum. Seine Worte ließen sie leicht eine Augenbraue heben. Sie gab ein leises, überlegendes Brummen von sich. "Und eine Meerjungfrau würde mich Lächeln lassen? Fisch ist nichts für mich, egal in welcher... Ausführung." Nun richtete sie den hellen Blick doch auf den Lockenkopf, sah nur aus den Augenwinkeln die zwei Gestalten, die sich in ihrer Nähe aufhielten. Aber im ersten Moment kümmerte sie sich nicht darum.

Das Lächeln auf seinen Zügen wurde einen Hauch breiter, während er den Seesack auf seiner Schulter in eine etwas bequemere Position schob. Es war wohl Definitionssache, was man in einer Meerjungfrau sah - den schuppigen oder den menschlichen Teil. Vorausgesetzt natürlich, ihre Erscheinung entsprach dem, was sich die Seemänner erzählten. „Es heißt doch, dass ihre Erscheinung Glück bringt.“, erklärte er seinen Gedankengang nach einer kurzen Pause. „Mancherorts erzählt man sich sogar, dass eine Schuppe jeglichen Wunsch erfüllen könnte.“ Seine Augenbrauen zuckten nach oben, während er kurzerhand lächelnd mit den Schultern zuckte. Als Kind hatte er etliche Tage an der Küste verbracht, um eine dieser Kreaturen zu Gesicht zu bekommen und sie um eine Schuppe bitten zu können. Ohne Erfolg, obwohl seine Mutter diesem einem Wunsch mehr als verdient gehabt hätte. Als er den Blick zu Shanaya wendete, erkannte auch er die beiden Gestalten, die in ihre Richtung geschlendert kamen. Vermutlich hatten sie aber ihre eigenen Pläne.
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#2
Richtig, das hätte er sich auf keinen Fall entgehen lassen. Allerdings gab es jetzt sogar drei Dinge, die den jungen Captain mit ungeahnter Macht anzogen. Und so leicht es ihm normalerweise fiel, Entscheidungen zu treffen – innerhalb von Sekundenbruchteilen, wenn es sein musste – so schwer erschien es ihm jetzt. Wieso musste all das nur so verlockend sein? Die grünen Augen lagen noch einen Moment länger auf Shanayas schlanker Gestalt, dann kehrte seine Aufmerksamkeit zu Skadi zurück, die die beiden anderen ebenfalls bemerkt hatte. „Wir können sie ja fragen, ob sie Lust haben, sich anzuschließen.“, meinte er amüsiert – allerdings eher halb im Scherz. Denn bei Liam war er sich am Ende gar nicht so sicher, ob der sich für ein vielleicht ins Gewalttätige ausuferndes Abenteuer wirklich begeistern ließ. Ohne auf ihre Antwort zu warten, sah Lucien wieder nach vorn und hob, die letzten Worte aus dem Gespräch der beiden gerade so aufschnappend, die Stimme über das leise Klatschen der Wellen gegen die Kaimauer. „Nicht die Schuppen, Liam. Die Meerjungfrau selbst erfüllt die Wünsche!“

Könnten wir.“, erwiderte Skadi nur knapp und zuckte mit den Schultern. Es war ihr so ziemlich egal, wer sie auf ihrem Ausflug in die Unterwelt begleitete. Solange er nicht Enrique hieß. Und zumindest mit Liam hatte sie bisher reichlich interessante Dinge erlebt, um sich seiner vorurteilsfreien Ansicht sicher zu sein. Wie ein Schatten folgte sie Lucien also in Richtung Kai und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Zwinkerte Liam zu, kaum dass dieser den Kopf herum wandte und ließ den Blick für einen kurzen Moment auf Shanaya gleiten. “Schon irgendetwas interessantes entdeckt?“

Die Gestalten, die sie nur halbherzig wahrnahm, waren schnell wieder vergessen, als Liam ihre Gedanken in eine andere Bahn lenkte. Sie hatte nie wirklich Interesse an Meerjungfrauen gehabt. Vielleicht an der Geschichte um sie, das war es auch. „Du klingst wie jemand, der sich damit ausgiebig beschäftigt hat.“ Mit gehobener Augenbraue und einem deutlichen Blick wandte sie den hellen Blick zu Liam herum, gerade als eine Stimme ein kleines Chaos in ihrem Inneren auslöste. Zuerst musterte sie Liam verwirrt, auch wenn sie die Stimme erkannte hatte, versuchte sie für einige Herzschläge, sie dem Lockenkopf zu zuordnen. Die Meerjungfrau selbst erfüllt die Wünsche. Klar. Die Schwarzhaarige schluckte, wandte dann erst den Blick herum, auf den Lippen ein warmes Lächeln. „Da hat jemand Erfahrungen mit Fischweib, hm?“ Das hatte sie sich nicht verkneifen können und auch wenn sie Skadis Blick auf sich spürte, konnte sie die blauen Augen vielleicht einen Moment zu lang nicht von Lucien abwenden. Erst als die Dunkelhaarige sie ansprach, wandte sie sich zu ihr herum. „Jedenfalls noch keine Meerjungfrau,“ war ihre schlichte, etwas knappe, Antwort. Trotzdem ließ sie den blick auf Skadi ruhen.

Er lachte kurz auf, als Shanaya ihm übernatürliches Interesse bezüglich Meerjungfrauen zusprach. Er hatte sich damit beschäftigt, ja, aber nicht wirklich mehr oder weniger als mit anderen Mythen und Sagengestalten. Über manche war eben mehr Seemannsgarn bekannt als über andere. Doch gerade, als er antworten wollte, warf Lucien eine weitere Theorie ein, die man sich erzählte. Die beiden Piraten hatten doch auf sie zugesteuert und Liam wäre Dumm gewesen, hätte er sich nun noch eingebildet, dass die Dunkelhaarige auch nur im Entferntesten an seiner Antwort interessiert war. Amüsiert schmunzelte er Skadi entgegen, verschränkte die Arme und beobachtete die kleine Szene zwischen dem Captain und der Navigatorin, bis sie auf die Frage antwortete, die Luciens eigentliche Begleitung gestellt hatte. „Ansichtssache, hm?“ Liam lächelte unscheinbar aber zufrieden in Skadis Richtung, wobei offen blieb, auf wen von den beiden Ankömmlingen er nun anspielte - oder gar auf beide für den jeweiligen Betrachter?

Skeptisch wanderten die dunklen Brauen des jungen Captains in die Höhe, als er seiner Begleiterin einen kurzen Seitenblick zuwarf, darauf allerdings selbst schwieg. Die sonst so von Feuer und Flamme sprühende Jägerin klang mit einem Mal erstaunlich reserviert. Oder vielleicht nur gleichgültig? Wie auch immer; es wurde für seinen Geschmack jedenfalls nicht besser, als sie Liam und Shanaya erreichten und die beiden sich ihnen zuwandten: Shanayas Gegenfrage bot immerhin noch Grundlage für ein belangloses Gespräch und die Tatsache, dass sie vielleicht einen Herzschlag zu lange den Blick nicht von ihm lassen konnte, schmeichelte auf angenehme Weise seinem Ego. Er lächelte, flüchtig amüsiert, sah sie dabei bewusst direkt an. Dann jedoch schloss er mit einem leisen Seufzen kurz die Augen, verschränkte die Arme hinter dem leicht geneigten Kopf. Eine Haltung, die zumindest von einem Hauch Frustration sprach. Sowohl die Schwarzhaarige, als auch ihr lockenköpfiger Freund antworteten derart nichtssagend, dass in Lucien für einen Moment der Zweifel aufkeimte, ob er nicht doch lieber allein losziehen sollte. So viel Enthusiasmus war ja kaum auszuhalten. Wobei Liam noch wortkarger auftrat, als er je für möglich gehalten hätte. Nun gut… „Ich hab mal eine gesehen.“, wandte sich der Dunkelhaarige mit nach wie vor gelassener Tonlage an Shanaya und zuckte dann – so gut es eben ging – mit den Schultern. „Hab sie bloß nicht gekriegt. Skadi und ich sind zwar nicht auf der Suche nach Meerjungfrauen, aber wir dachten, wir sehen uns mal nach ein bisschen mehr Abwechslung um. Habt ihr Lust, euch anzuschließen?“

Skadi schmunzelte. Wovon auch immer der Lockenkopf jetzt sprach, sie sah sich definitiv nicht in der Rolle eine Sirene. Shanaya war da wohl die viel bessere Wahl und ganz sicher auch von einer gezeugt worden, wenn man sie sich mal genauer ansah. Und das war durchaus als Kompliment gemeint. “Oh. Wirklich? Dann war wohl der Köder zu klein… was?“, entgegnete Skadi sichtlich amüsiert und halb grunzend. Wandte den dunklen Schopf zu ihm herum und klopfte dem Jüngeren mit der flachen Hand freundschaftlich gegen die Seite. Nicht dass sie davon ausging, dass er wirklich von einem dieser Fabelwesen sprach, sondern sich eher auf Shanaya bezog, die er anstarrte wie ein in Honig getunktes Früchtchen. Doch sie konnte sich diesen Spruch in Anbetracht seiner sehr stolzen Haltung kaum verkneifen.

Nur noch einen Moment ließ die Schwarzhaarige den Blick auf Skadi ruhen, ehe sie die blauen Augen mit einem kurzen, fragenden Ausdruck zu Liam herum wandte und dann tonlos seufzte. Erst dann richtete sich ihr Blick wieder auf Lucien, der davon sprach, dass er eine Meerjungfrau gesehen hatte – sie jedoch nicht erwischt hatte. Und mit dem Bild, das sie im Kopf hatte, wie der Dunkelhaarige sich mit verbissenem Blick auf eine Meerjungfrau schmiss und sie ihm aber durch die Finger glitt, lockte ein amüsiertes Schmunzeln auf ihre Lippen. Das Thema der halben Fischfrauen hatte sich mit seinen nächsten Worten jedoch erledigt. Sie warf Skadi bei ihren Worten und dem folgenden Klopfen auf Luciens Schulter nur einen kurzen Blick zu, aber die Aussicht auf irgendeine spannendere Unternehmung ließ sie darauf nicht einmal reagieren. Sie klatschte nur begeistert in die Hände, streckte dann eine Faust in die Luft und warf einen Blick in die Runde. „Habt ihr etwas bestimmtes geplant? Es gibt hier bestimmt genügend dunkle Ecken, wo finstere Gestalten warten.“ Sie warf zuerst Liam und Skadi einen vielsagenden Blick zu, ehe die blauen Augen wieder auf Lucien ruhten, mit einem erwartungsvollen Leuchten in den Augen auf eine Antwort warteten. Sie wusste nicht, was man mit Skadi gegen Langeweile tun konnte, Liam war bei einigen Sachen sicher zurückhaltender aber mit Lucien wurde es garantiert nicht langweilig.

Als Lucien auf die Geschichte mit den Meerjungfrauen ansprang, meldete sich etwas in seiner Erinnerung. Doch noch bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, meldete sich Skadi zu Wort und brachte ihn unweigerlich zum Schmunzeln. Im Gegensatz zu Shanaya wie es schien, deren knapper Blick gen Skadi nicht unbemerkt blieb. Liam räusperte sich unauffällig, schaffte es aber nicht, sich das amüsierte Zucken in seinen Mundwinkeln gänzlich vom Gesicht zu wischen. „Mir kam zu Ohren, dass sie dich dafür fast ertränkt hätten.“, konfrontierte er den Captain mit dem, was seine Schwester einst beiläufig erwähnt hatte. Es ging um Meerjungfrauen. Sowas vergaß er natürlich nicht. Der Einladung gegenüber blieb Liam entspannt – auch, als Shanaya ihre Vorstellung von ‚Abwechslung‘ konkretisierte. „Klar, warum nicht.“, willigte er stattdessen mit einem gutgelaunten Lächeln ein. Sollten sie sich letztlich doch für Mord und Todschlag entscheiden, stand es ihm ja noch immer frei, sich abzukapseln. Zu der ein oder anderen Wette auf Kneipenprügeleien hätte er sich aber tatsächlich auch überreden lassen.

Bevor auch nur einer von beiden auf seine Frage reagieren konnte, schaltete Skadi sich mit einem Seitenhieb dazwischen, der ihm unweigerlich ein trockenes Schnauben entlockte. Das Augen verdrehen sparte er sich, denn wenn man es ganz genau nahm, lag sie gar nicht so falsch – auch wenn das Ziel ihrer Bemerkung ganz offensichtlich ein anderes war. In den tiefgrünen Augen glomm ein Funken Belustigung, als er der Jägerin einen spöttischen Seitenblick zuwarf. „Alles andere hätte mich auch gewundert. Ich war gerade erst zehn.“ Dann huschte sein Blick zu Liam weiter und in den gut gelaunten Ausdruck auf seinen Zügen mischte sich für einen Moment milde Überraschung... bevor sein Kopf die passenden Rückschlüsse zog. „Klingt, als hätte da jemand alte Geschichten ausgeplaudert.“, erwiderte er mit einem amüsierten Schmunzeln in der Stimme. „Wäre mir dieses Fischweib im Wasser nicht haushoch überlegen gewesen, wäre das bestimmt ganz anders ausgegangen!“ Mal abgesehen davon, dass er das Fischweib nur erfunden und das ertränkt Werden nur vorgespielt hatte, um seiner kleinen Schwester einen Schrecken einzujagen. Aber sonst... Die Erinnerung an jenen Tag stimmte ihn fast ein bisschen sanfter, doch er vertrieb die Gedanken daran mit einem sachten Kopfschütteln – das zugleich auch Antwort auf Shanayas Frage war. Zumindest tarnte er es als solche, als er nahtlos an sie gewandt fortfuhr und flüchtig lächelte. „Wir wollten uns erst mal umsehen. Würde mich wundern, wenn es hier solche Untergrundveranstaltungen wie auf Mîlui gibt. Dafür scheint mir dieses Nest fast zu klein. Aber wer weiß, vielleicht täusche ich mich.“ Mit einem Kopfnicken in Richtung der Gassen, die Skadi und er vor nur ein paar Augenblicken passiert hatten, wandte er sich halb zum Gehen, ließ den Blick jedoch auf seinen frisch aufgesammelten Begleitern ruhen, um zu sehen, ob sie Anstalten machten, ihm zu folgen.

Skadi grinste auf Luciens Bemerkung. Erwiderte jedoch nichts darauf, weil es nichts gab, was an einem 10 Jährigen sonderlich witzig gewesen wäre. Mit Ausnahme der Vorstellung, die Liam in ihrem Kopf einpflanzte. Ein mit einer Meerjungfrau im Wasser ringender Miniatur Lucien, das war schon ein sehr absonderliches, skurriles Bild, das nicht ganz zu heutigen Version seiner Selbst passte. Aber wer tat das schon? Sie selbst durfte da wohl kaum mit Steinen schmeißen, wenn mitten unter dem lichtdurchfluteten Dach des Glashauses saß. Wie gut, dass Shanaya das Thema wechselte und ihr die Möglichkeit gab, sich langsam wieder in Bewegung zu setzen. Für einen Moment lauschte sie seinen Ausführungen, um möglichst unauffällig einen Blick an Lucien vorbei auf Liam zu werfen und dann die Gasse ins Auge zu fassen. Untergrundveranstaltung. Das klang nach dem, was es war, ohne es wirklich zu benennen. Was vielleicht beabsichtigt war, um den beiden die Wahl zu lassen, mehr oder weniger aus dieser Unternehmung zu machen. “Was soll man in so einem kleinen Nest sonst machen? Stricken?“ Skadi gluckste. Ließ die dunklen Augen erneut auf Lucien gleiten, den sie grinsend musterte.

Irgendwie erschien Shanaya das Bild von einem zehnjährigen Lucien, der mit einer Meerjungfrau rang, in ihrem Kopf unendlich niedlich. Es ließ sie noch ein wenig breiter grinsen, ohne dass sie dazu etwas sagte. Sie ließ das Ganze einfach so stehen. Stattdessen konzentrierte sie sich auf das, was vor ihnen lag. Was auch immer sie schließlich vorhatten, sie hatte genug Energie für gefühlt jeden Vorschlag, den die beiden Neuankömmlinge bringen würden. Liam stimmte ebenfalls zu und die junge Frau ließ den Blick nun zwischen Lucien, der auf ihre Antwort leicht den Kopf schüttelte, und Skadi hin und her springen. Die Erwähnung von Untergrundveranstaltung ließ die blauen Augen einen Moment länger auf Lucien ruhen. „Das klingt illegal und ziemlich verlockend... wieso genau habt ihr mich nicht mitgenommen?“ Munter warf sie den Beiden einen vielsagenden Blick zu. Sie war die Letzte, die bei so etwas wichtige, andere Dinge zu tun hatte. Sie ließ jedoch nicht länger auf sich warten, folgte den anderen mit ruhigen Schritten. „Jede Stadt hat doch ihre kleinen Geheimnisse. Wir werden also sicher irgendwie fündig.“ Skadis Kommentar ließ sie leise glucksen. „In diesem Fall sollten wir diesen Ort vielleicht ein wenig aufmischen...“

Er lachte und nickte verständnisvoll. So lief es meistens. Wenn einem der ‚Gegner‘ nicht haushoch überlegen war, gewann man meistens. Gespielt ahnungslos zuckte er mit der Schulter, was Antwort genug sein musste, um Talin als seine Informantin zu enttarnen. Wer sonst hätte davon wissen sollen. Statt sich allerdings weiter an den Meerjungfrauen aufzuhängen, sollte ihr nächstes Ziel tiefer in diesem verschlafenen Örtchen liegen. Liam warf einen letzten Blick aufs Meer hinaus und schulterte seinen Seesack, während er Luciens Plänen lauschte. Tatsächlich sahen die Häuser ein wenig ungepflegt aus. Manche vielleicht leerstehend, als sei das, was diese Insel einst lebenswert gestaltet hatte, längst verschwunden. Die Hartgesotteten hielten sich an ihre Heimat. Die Jungen zogen fort, um dort ihr Glück zu finden. Er für seinen Teil rechnete mit einer eher kühlen und misstrauischen Bevölkerung. Vielleicht stellten die drei sich das Leben hier ein wenig zu spannend vor. Vielleicht irrte er sich aber auch und hier wimmelte es nur so von Schmugglern und Korruption. Ein unscheinbares Schmunzeln schlich sich auf seine Züge, den Gedanken dahinter behielt er allerdings für sich. „Nah, irgendwie müssen sie sich ja die Zeit vertreiben. Und der verranzten Gardinen nach ist das nicht ‚Stricken‘.“ Ein belustigter Seitenblick galt Skadi, während er bereitwillig Lucien folgte.

Skadis Antwort auf seine Zweifel entlockten dem Dunkelhaarigen ein belustigtes Glucksen. „Ich wette, stricken ist in Wahrheit unglaublich spannend. Wir haben nur keine Ahnung.“, erwiderte er mit einem Hauch Sarkasmus in der Stimme, der seine ganze Erwiderung ins Gegenteil verkehrte. Trotzdem fragte er sich, während sein Blick zu den Seitengassen schweifte, die tiefer hinein in die Ortschaft führten, ob es in diesem verschlafenen Nest tatsächlich überhaupt eine Art organisierte Kriminalität geben konnte. Oder nur ein paar vereinzelte Hehler, die weiter nichts miteinander zu tun hatten. Shanaya lenkte seine Aufmerksamkeit schließlich zurück zu seiner kleinen Gruppe und in die tiefgrünen Augen trat sanfter Schalk. „Das war eigentlich eine Art Versehen.“, meinte er und zuckte leichthin mit den Schultern. „Eigentlich wollten wir uns nur angemessen betrinken und um die Häuser ziehen. Der Rest war eher ungeplant.“ Dabei streifte sein Blick für einen Moment die Jägerin und auf seinen Zügen zeigte sich ob der Erinnerung ein gut gelauntes Schmunzeln. Dann wandte er sich Liam zu, während sie zu viert eben jene dunklen Seitengassen ansteuerten. „Was soll eigentlich der Seesack?“ Mit einem Nicken wies er auf die Tasche des Älteren, lediglich freundliche Neugier und ein kleines Lachen in der Stimme. „Du siehst aus, als willst du gleich losziehen und anderswo dein Abenteuer suchen.“

Illegal traf es unfassbar gut. Was sich jedoch just in Skadis Kehle verkeilte, war eine Antwort, die sie amüsiert grinsen und aufschnauben ließ. Männer mussten halt auch mal unter sich sein. Das exkludierte eine Shanaya, die vielleicht nicht ganz so sehr von den Prügeleien zehrte, wie es Lucien und die Jägerin selbst taten. Ganz sicher ließ sie sich nicht unterkriegen, doch empfand sie ähnlich viel Spaß daran? Skadi bezweifelte es, kaum dass sie den Blick über die Gruppe gleiten ließ und dabei an Luciens vielsagendem Blick hängen blieb. Kurz zuckten die dunklen Brauen, ob des Bildes, das er in ihren Erinnerungen frei setzte. Dann nickte die Nordskov kaum merklich und schmunzelte. Wenn der Ausgang ihrer Unternehmung so werden sollte, wie auf der letzten Insel, konnte das nur ein gelungener Abend werden. Vorausgesetzt, dass Lucien mit seiner Beschreibung falsch lag und Liam nicht einfach unangekündigt das Weite suchte. Aus den Augenwinkeln schielte Skadi aufmerksam zu Liam hinüber und kickte klappernd einen Stein vor sich her.


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