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We share what's in our hearts
Skadi & Liam ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 24 April 1822
Ort Auf der Sphinx
Tageszeit Mittag
Crewmitglied der Sphinx
für 0 Gold gesucht
dabei seit Feb 2016
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#3
Nicht verkehrt. Ein schiefes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Irgendwie hatte sie dergleichen von Liam erwartet, der selten den Eindruck machte, jemanden vorschnell zu verurteilen und wohl auch nichts von einem standardisierten Schubladensystem hielt. Sie selbst jedoch sah in Josiah eine gefährliche und unberechenbare Konstante, der sie nicht über den Weg traute. Seit ihrem ersten Tag fühlte sie sich unbehaglich in seiner Nähe – doch weniger weil sie sich vor ihm fürchtete, sondern weil sie auf Grund seiner Vergangenheit und dessen, was sie auf der Morgenwind über ihn erfahren hatte, mehr als misstrauisch war. Ein Mensch der für Geld tötete, war ihr einfach suspekt. Und da machte es auch keinen Unterschied, ob er dabei Freude empfand oder nicht. “Ich weiß, was in seinen Akten stand. Also im Grunde nichts. Die Marine versteht sich schließlich gut darin Tatsachen zu verdreht.“ Nicht ohne Grund war ihre Familie ausgelöscht worden, ohne dass es großen Aufruhr verursacht hatte. “Aber …“ Kurz blickten die dunklen Augen auf, während Skadi sich Liam zuwandte und mit erhobener Nadel inne hielt, dessen Faden über drei Nähte im neuen Hemd verankert war. “… vorsichtig bin ich dennoch.“ Denn nur weil Enrique einen Pakt mit ihm eingegangen war, hieß es nicht, dass er nicht mit ausreichend Bestechungsgeld auf einen von ihnen losging.
Seine Wortwahl war vielleicht nicht sonderlich eindeutig gewesen, entsprach aber tatsächlich in etwa dem Eindruck, den er empfand. Er hatte nicht genug Worte mit dem schweigsamen Attentäter gewechselt, als dass er sich ein eindeutiges Urteil über ihn erlaubt hätte, aber bislang hatte ihn sein erster Eindruck eher selten getäuscht. Liam bildete sich nicht ein, eine gute Menschenkenntnis zu besitzen – dazu war er vermutlich viel zu gedankenverloren und zu wenig berechnend. Aber er verließ sich meist mit Erfolg auf sein Bauchgefühl. Trotzdem war das nicht ausreichend genug, um ein wirkliches Urteil zu erstellen. Als Skadi seine Worte wiederholte, wurde ihm bewusst, wie nichtssagend sie geklungen hatten. Er verzog die Lippen leicht zur Seite und zuckte unschlüssig mit den Schultern. „Er mag nicht der redseligste Genosse sein und sein Geld auf recht… zweifelhafte Art verdienen, aber… ich weiß nicht, was ihn dazu getrieben hat. Vielleicht hat er ja seinen Grund dazu.“, erklärte er seinen Eindruck. Außerdem bezeichnete er sich selbst als den ‚Abschaum der Gesellschaft‘. Klang für den Lockenkopf fast so, als wäre er selbst mit einem anderen Verlauf seiner Lebensgeschickte gar nicht mal so unzufrieden gewesen. „Und er ist noch da, statt sich in Milui aus dem Staub gemacht zu haben.“ Und zur Zeit konnten sie jede Hand mehr als gebrauchen. Ein wenig nachdenklich musste er schließlich doch nicken, als Skadi auf die finsteren Machenschaften der Marine zu sprechen kam, die im Grunde ein offenes Geheimnis waren. Als sie sich ihm zudrehte, sah er auf. Sein Blick ruhte kurz auf der erhobenen Nadel, ehe er zu den feinen Zügen der Jüngeren dahinter wanderte und sich seine Lippen augenblicklich zu einem blassen Lächeln verzogen. „Vorsicht ist nie verkehrt. Ist ihm vermutlich sowieso lieber, wenn es niemand auf Smalltalk mit ihm abgesehen hat.“ Er hatte gewiss auch nicht vor, ihm blind sein Leben anzuvertrauen, ebenso wenig würde er allerdings jedes seiner ach so seltenen Worte auf die Goldwaage legen. Was Liams Leben betraf – dafür trug er ohnehin am liebsten selbst die Verantwortung. „Außerdem schätze ich ihn nicht für dumm genug ein, auf See übergriffig zu werden. Er hat zwar nichts zu verlieren, aber aus irgendeinem Grund hat er sich doch dazu entschieden, mit uns zu fliehen, statt den Tod zu suchen.“
Redselig war wohl nur einer an Deck dieses Schiffes und der brachte mit seiner Art den ein oder anderen gern zum Verzweifeln. Und zumindest konnte sich der Dunkelhaarige in diesem Punkt einer ganzen Reihe schweigsamer Männer anschließen. Greo und Lucien eingeschlossen. Ebenso Enrique, der sich gern in sein Schneckenhaus zurück zog. “Jeder hat seine Leichen im Keller…“, entgegnete Skadi matt und presste fest die Lippen zusammen, während sie konzentriert Masche um Masche aufnahm und vernähte. Hielt erst inne, als Liam fortfuhr und ihr ein innerliches Lachen in die Brust setzte. Wenn er nur wüsste, weshalb der Assassine auf dem Schiff geblieben war. Und sie zweifelte nur zu kleinen Teilen daran, dass es weniger mit dem Begleichen von Schulden zu tun hatte, als dem unbewussten Versuch ein „Zuhause“ zu finden. Sie kannte Josiah nicht. Sie würde also kaum darüber urteilen können, was ihn bewegte oder welche Gedanken er hegte. Allerdings maß sie seinem Verbleib auf der Sphinx auch keine große Bedeutung zu. Viel wichtiger war das Verhalten, das der Dunkelhaarige an den Tag legte. “Jeder hat einen angeborenen Überlebenswillen.“, entgegnete die Jägerin nur beiläufig und ließ den Kopf im Nacken kreisen. Beinahe wäre sie dazu übergegangen die Situation auf sich selbst zu beziehen und leichtherzig den Tod des Marinekapitäns auszusprechen. Doch im rechten Moment stoppte ein erneuter Nadelstich ihre Redelaune und entlockte ihrer Kehle ein sanftes Zischen. “Sein kämpferisches Talent ist das einzige, das ich mit Sicherheit über ihn weiß. Er wäre der perfekte Trainingspartner, wenn er sich nicht so einigeln würde.“
Er hatte sich wieder dem Stoff zwischen seinen Fingern gewidmet, selbst wenn sein Blick noch immer von der Nachdenklichkeit zuvor geprägt war. Nicht, dass er sich wirklich Gedanken darum machte, welche Verbrechen der Ältere tatsächlich auf dem Gewissen hatte – Liam war zum Glück mit der Eigenschaft gesegnet, nicht sonderlich neugierig oder vorwitzig zu sein. Er konnte gut damit leben, nicht alles zu wissen. Jeder brauchte seine Geheimnisse oder – wie Skadi es ausdrückte – jeder hatte seine Leichen im Keller. „Wir sind wahrlich keine Heiligen, das stimmt.“, stimmte er ihr zu und die Belustigung kehrte in seine Stimme zurück. „Jedenfalls nicht für die Großen und Mächtigen.“ Aber daraus machte er sich nichts. Er war nicht hier, um nach den Regeln der anderen zu spielen – er spielte nach seinen eigenen Regeln. Und entweder, sie überschnitten sich oder er wandelte auf den Pfaden der Bösen und Gesetzeslosen. So war es nun mal. „Ja, das stimmt. Ganz egal, ob es die Hölle auf Erden ist oder nicht.“ Oder wie viele würden den eigenen Tod einem Aufenthalt in Haft vorziehen, wenn sie ganz offen die Wahl dazu hatten? Einen kurzen Augenblick verharrte sein Blick auf seinen reglosen Händen, als ihm bewusst wurde, dass ihn eben diese Entscheidung eines Tages auch bevorstehen würde. Mit einem tiefen Atemzug löste er die Hand von der Nadel und griff abermals nach seinem Becher, denn plötzlich fühlte sich sein Mund eigenartig trocken an. Erst das Zischen auf seiner anderen Seite ließ ihn den Kopf wieder zu Skadi herumwenden, die tapfer versuchte, den Nadelstich zu übergehen. „Hast du’s denn mal versucht? Immerhin müsstet ihr nicht miteinander reden, wenn ihr euch gegenseitig eine Tracht Prügel verpasst.“, schlug er vor und zuckte mit der Schulter, während sich langsam wieder ein Schmunzeln auf seine Lippen legte.
Vielleicht waren sie keine Heiligen. Doch Skadi für ihren Teil konnte nicht behaupten ein unreines Gewissen zu haben. Noch weniger bezweifelte sie, dass Liam unter den Folgen seiner Taten litt. Sie schätzte ihn als einen Mann ein, der zu dem stand was er getan hatte und zwangsläufig mit den Konsequenzen lebte. Oder sich daran mit der Zeit gewöhnte – je nachdem wie schwerwiegend die Rechnung am Ende für ihn ausgegangen war. “Du weißt doch wie ich das mit denen handhabe…“, kam es fast einem Flüstern gleich über ihre Lippen. “Einfach irgendwo im Wald an einen Baum fesseln.“ Ihre Stimme klang deutlich amüsiert, als das Bild nach so vielen Tagen erneut durch ihren Kopf spukte.
Nur aus den Augenwinkeln gemerkte sie die plötzliche Unruhe in den sonst so fließenden Bewegungen, kaum dass ihr Gespräch auf eine eher banale Tatsache abdriftete. Kurz verzogen sich die dichten Augenbrauen, entspannten sich jedoch augenblicklich wieder, als der Lockenkopf ihre letzten Worte aufgriff und sie das Schmunzeln im warmen Tonus seiner Stimme bemerkte. “Mehrfach. Auf eine Antworte warte ich bis heute.“ Hallte da etwas Verbitterung in ihrer Stimme nach? Womöglich. Denn es war eine absolute Vergeudung, seine Zeit mit herumsitzen zu verbringen, statt seine Fertigkeiten an eine jüngere Generation weiterzugeben. “Entweder…” Mit einer schnellen Bewegung fuhr Skadi die Nadel durch den Stoff und traf ungehindert auf die Kuppe des Mittelfingers. Sie sollte das Nähen wirklich bleiben lassen. Ihre Konzentration driftete dermaßen ab, dass sie sich nur noch den blutenden Finger nur noch zwischen die Lippen klemmen konnte. “… hat er ein Problem damit, dass ich eine Frau bin… oder“ Energisch packte sie das Nähzeug samt Hemd an die Seite und musterte den schimmernden Fleck auf der Fingerkuppe. Beobachtet wie sich das helle Rot mit ihrem Speichel vermischte. “… absolute kein Interesse daran mir den Hintern zu versohlen.“ Und das täte er zweifellos. Zwar nicht ohne selbst etwas außer Atem zu sein, doch darum ging es auch gerade nicht.
Interessiert wandte er den Kopf herum, als die Stimme seiner Gesprächspartnerin mit einem mal verheißungsvoll leise wurde. Und hätte sie nicht einen Augenblick später ausgesprochen, worauf sie hinaus wollte, hätte er vermutlich einen Moment gebraucht, um diesen Bogen zu spannen. Er merkte gar nicht, wie das Grinsen auf seinen Zügen wieder breiter wurde, während er sich mit einem amüsierten Schnauben wieder seiner Handarbeit widmete und aus den Augenwinkeln zu ihr hinüberspähte. „Andererseits hättest du jetzt einer von ihnen sein können. Irgendwo in einem hübschen Schlößchen. Leute, die sich für dich die Hände schmutzig machen und denen, die dir nicht in den Kram passen, den Hintern versohlen.“, überlegte er laut, ehe er einen Herzschlag lang schwieg und die Stirn in Falten zog. „Okay, zugegeben: Das klingt unfassbar langweilig.“ Er konnte ein kurzes Auflachen nicht verhindern, während er verständnislos den Kopf schüttelte. „Aber mich interessiert es trotzdem, wie man sich so fühlt. So als… Adliger.“ Der Seitenblick gen Skadi war dieses Mal recht eindeutig und verschmitzt. Nicht, dass ihn das Leben als Reicher und Mächtiger wirklich interessiert hätte – aber Skadis Handhabung mit derlei Leuten würde er gewiss nicht ablehnen.
Kaum vorzustellen, dass Josiah ihre Bemühungen tatsächlich so einfach in den Wind schoß – wobei, doch abzusehen, irgendwie und die Entrüstung ihrerseits darüber war fast schon wieder niedlich. Die Bewegung ihrer Hände während sie sprach, tat selbst ihm beim reinen Zusehen weh, doch er ließ sie ausreden, legte zeitgleich seine eigene Arbeit nieder und griff nach einem der kaputten Lumpen, die er zum Flicken benutzte. Eine wirkliche Antwort auf das Verhalten des Älteren konnte er ihr leider nicht bieten – dafür aber etwas, was er ihr mit voller Überzeugung versichern konnte. „Ich könnte beides absolut nicht nachvollziehen.“ Mit einem schalkhaften Lächeln auf den Lippen erwiderte er ihren Blick, während er langsam den Arm ausstreckte, um ihre Fingerkuppen mit dem Stück Stoff zu bedecken. Dort konnte man nämlich nicht nur den letzten Nadelstich rötlich schimmernd auf der Haut erkennen. Nicht, dass es wirklich nötig gewesen wäre, die oberflächliche Wunde wirklich zu bedecken – indirekt wollte er ihr damit eher bedeuten, dass sie sich ruhig eine Pause genehmigen durfte. Er war um ihre Hilfe so oder so mehr als dankbar. Dadurch würde er später vielleicht sogar noch die Zeit haben, seine eigenen Sachen zu flicken.
Schon als Kind hatte sie das Leben als Tochter von Welt abgelehnt und mit zunehmenden Jahren und sich häufenden Festen und Treffen, für die sie ihre Mutter in Kleider gezwängt hatte, umso mehr. Zudem erledigte sie ihre Drecksarbeit lieber selbst, als sie jemand anderem zuzumuten. Sie wäre sie dabei seltsam vorgekommen. Dennoch stimmte sie in sein Auflachen ein und schüttelte den dunklen Haarschopf. Pustete sich eine widerspenstige Strähne aus dem Sichtfeld und wandte sich braunen Augen nur kurz auf Liam zurück. “Keine Sorge. Wirst du noch.”, entgegnete sie trocken, konnte aber kaum das spitzbübische Grinsen verbergen. Es kitzelte so enorm in ihren Mundwinkeln, dass sie die Lippen fest aufeinander pressen musste. Wandte den Blick ab und war so sehr mit dem Blut an ihrem Finger beschäftigt, dass sie Liams Geste erst bemerkte, als der Lappen bereits in ihr Blickfeld eintauchte. Blinzelnd wandte sich der kurze Haarschopf herum und fixierte das dunkle Augenpaare auf die feinen Züge des Musikers. Doch statt sich den Stofffetzten auf die Hand zu pressen, warf sie ihm Liam lachend ins Gesicht, als die weitreichende Bedeutung seiner Worte in ihr Bewusstsein gesickert warten. “Du alter Lustmolch.”, gab sie unter seinem Glucksen zu verstehen und erlöste ihre Beine für einen Moment aus dem Schneidersitz, während die nunmehr freien Hände nach ihrem eigenen Teebecher griffen. “So wird das nie was mit deinem Adelstitel. Aber hey… mit deinem Charme bekommst du ganz sicher ein paar heiratswillige Myladies herum.“ Auch wenn es nur darauf hinaus lief, dass sie ihrem kontrollsüchtigen Vater eins auswischen wollten.
Wann auch immer sie die Gelegenheit dazu bekommen würden, aber irgendwie hatte die Vorfreude ja auch schon etwas. Seine Augenbrauen schoben sich für einen flüchtigen Moment in die Höhe, während er ihren Blick erwiderte, ehe sie das Gesicht abwandte und er sich um den Fetzen Stoff kümmerte, den er ihr einen Augenblick später in die Hände drückte. Ihre unglaubwürdige Rüge nahm er wie ein richtiger Mann und ließ sie mit einem spitzbübischen Grinsen über sich ergehen, ehe er sich wieder an seine Arbeit machte und sich das, was sie sagte, kurz durch den Kopf gehen ließ. So verlockend es auch klang – es war definitiv nicht das, was ihm vorschwebte. Das Leben der Adligen war ihm viel zu geschäftig und darauf ausgelegt, sich gegenseitig auszuspielen. Da hielt er sich doch viel lieber an die ehrlichere Bevölkerung, die Uneinigkeit noch mit den Fäusten austrug, statt Rufmord zu begehen. Da oben wäre er mehr als aufgeschmissen mit seiner ehrlichen und offenen Art, die Hinterlistigkeit ganz automatisch ablehnte. Und bis dahin war er mit seinem Gedankengang nicht einmal bei dem Wort ‚heiratswillig‘ angekommen, denn das stand für ihn sowieso außer Frage. Er war kein Heiratsmaterial, mal ganz davon abgesehen, dass ihn Sesshaftigkeit früher oder später vermutlich den Verstand kosten würde. „Ein paar direkt? Meinst du nicht, dass das ziemlich anstrengend wird? Ich dachte, die Leute da oben haben’s nicht so mit dem Teilen.“, fragte er letztlich darüber nachdenkend. „Außerdem habe ich es eigentlich nicht wirklich darauf abgesehen, irgendwann zu heiraten.“ Nichts, woraus er ein großes Geheimnis machen musste. Die Gründe dafür waren eigentlich recht einfach und lagen – wenn man ihn mit allen Ecken und Winkeln kannte – fast schon aufopferungsvoll auf der Hand. „Da müssen die Myladies wohl auf den nächsten dahergelaufenen Straßenköter warten.“ Mit einem Schulterzucken brachte er sein Bedauern diesbezüglich zum Ausdruck.
Sie erntete nichts als ein Lächeln auf ihre Worte. Ein amüsiertes Schweigen, das sie zur Kenntnis nahm und sich damit begnügte mit kreisenden Bewegungen ihrer Füße das kribbelnde Taubheitsgefühl in ihren Beinen loszuwerden. Erst als sie das zur Seite gelegte Hemd aufgriff und den Rest des Blutes an ihrem Unterschenkel abstreifte, ergriff Liam erneut das Wort. Schlagartig zuckten die dichten Augenbrauen hinauf und erhellten den belustigten Ausdruck auf ihren Zügen. “Was sie nicht wissen...“Fast schon wirkten die feinen Züge engelsgleich, als Skadi den dunklen Haarschopf senkte und sich mit einem tiefen Atemzug neu zu konzentrieren versuchte. Niemand hatte davon gesprochen, dass er gleich in den Hafen der Ehe einfahren sollte.
Heiratswillige Damen machten sich schließlich nur deshalb zu einer leichten Beute, weil sie so sehr auf ihre Ziele fixiert waren, dass sie gern die offensichtlich negativen Auswirkungen ignorierten. Für Liam wäre es also ein leichtes doppelte Spielchen zu spielen. Und Skadi war mehr als bewusst, dass das definitiv nicht seine Art war. “Die armen Dinger... wer soll Ihnen denn jetzt ein Ständchen am Klavier spielen, damit sie vor lauter Romantik dahinfließen und blauäugig werden können?“ Spöttisch zuckte einer ihrer Mundwinkel zur Seite. Diese Vorstellung war viel zu lebendig um eine unrealistischen Hirngespinst zu entspringen. Aber in gewisser Weise deckten sich seine Worte mit dem Eindruck, den sie allmählich von ihm gewann. Kein Mann für eine Leidenschaftslose Nacht, aber genauso wenig für die Ewigkeit. Es entsprach irgendwie schon fast einem Klischee. “Und was spricht gegen eine Ehe?“ Mit einem kurzen Seitenblick bedachten die braunen Iriden die bärtigen Züge und fixierten dann die langen Fingerspitzen ihrer eigenen Hände. Es bedeutete schließlich nicht, dass man sesshaft werden und sich an einen Ort ketten musste. Schließlich kam es nur darauf an, wen man sich für „bis zum Tode“ erwählte. Alles was folgte war ein Plan voller Kompromisse. Dennoch klang Skadi ernsthaft interessiert.
Die Entrüstung in seinem Blick war nicht wirklich überzeugend und das Zucken in seinem Mundwinkel tat ihr übriges. Dennoch warf er Skadi auf ihren beiläufigen Kommentar einen raschen Seitenblick zu und schüttelte angedeutet den Kopf. In der Haut des armen Tropfs wollte er nicht stecken, wenn drei Frauen gleichzeitig erfuhren, dass er sie hinters Licht führte. Mal ganz davon abgesehen, dass Liam persönlich vermutlich nie im Stande dazu gewesen wäre, doppeltes Spiel zu spielen. Er war kein Mann der Geheimnisse. Und vor allem tat er die Dinge, die er tat, für gewöhnlich ganz oder gar nicht. Und bevor er jemanden belügen musste, suchte er sich lieber Menschen, die mit seiner Art, die Dinge zu handhaben, umgehen konnten. „Weil es ja so einfach ist, etwas vor einer Frau geheimzuhalten.“, bemerkte er amüsiert und ungläubig zugleich, während er das nächste Hemd zur Seite legte und nach einem neuen griff, um das Loch ausfindig zu machen.
Mit Bedauern neigte er den Kopf und hob machtlos die Schultern nach oben. Aber irgendjemand würde sich in den gehobenen Kreisen schon finden, der ein bisschen über die Tasten eines Klaviers streichen konnte, immerhin war die Musik ein gern gelernter Wert. Er war mit Sicherheit nicht der einzige Junge, der sich schon früh mit Musikstunden hatte herumschlagen müssen. Davon abgesehen, dass er die Musik nicht nutzte, um sich Frauen gefügig zu machen, sondern um Freude zu verbreiten. Als Skadi fortfuhr, zeichnete sich auf seinen Zügen wieder ein deutlicheres Lächeln ab. Nicht, dass er diese Frage hatte hören wollen, aber er hatte damit gerechnet. Und er hatte absolut kein Problem damit, offen darüber zu sprechen. Das gute an Skadi war immerhin auch, dass sie Menschen nahm, wie sie waren und wie sie sein wollten. Für manche Frau gab es im Leben immerhin klein höheres Ziel als eine Hochzeit und eine Familie – ein Ziel, dem der Lockenkopf scheinbar absolut nichts abgewinnen konnte. „Heiraten, sesshaft werden, eine Familie gründen…“, begann er und fädelte gleichzeitig einen neuen Faden in seine Nadel ein, ehe er aufblickte. „Das überlasse ich lieber denen, die dafür gemacht sind. Ich will sowieso keine Kinder, von daher würde ich bei den meisten ohnehin durch’s Raster fallen.“ Er klang nicht sonderlich traurig drum, immerhin hatte er gute Gründe für seine Entscheidung, an der es aus seiner Sicht nichts zu rütteln gab. Bei Liam war es keine Phase, kein ‚warte mal ab, bis du älter bist‘ – Es gab nur diese eine Möglichkeit, wenn er das Richtige tun wollte. Immerhin kam er eigentlich ganz gut mit Kindern klar, hatte auch definitiv Spaß dabei. Aber selbst Vater werden, kam absolut nicht in Frage. Und anders als seine Mutter war er fest entschlossen, seiner Entscheidung treu zu bleiben.
Nun. So gesehen lag es ganz am Typ Frau, ob man ihr etwas vormachen konnte oder nicht. Wenn es das weibliche Geschlecht in ihrer Ausführung gab, musste es sicherlich auch solche geben, die blauäugig sämtliche Anzeichen übersahen, sowie solche, die es spürten, doch jegliche Anzeichen einer Lüge ignorierten. Aus irgendeinem Selbstschutzmechanismus. Somit kommentiere Skadi diese Äußerung nicht weiter und schenkte Liam darauf hin nur ein unschlüssiges Lächeln. Hielt den Blick aus dunklen Augen selbst dann gesenkt, als Liam ihr mit seiner offenen Antwort zu ihrer durchaus ernst gemeinten Frage ein herzhaftes Lachen entlockte. Ehrlich gesagt hatte sie genau mit diesen Worten gerechnet. Entweder war sie mittlerweile sehr gut darin geworden, ihn einzuschätzen, oder er war doch einfach in markanten Punkten sehr Klischee behaftet. “Tschuldige. Aber irgendwie klang das nach einer sehr typischen Antwort, für einen weltoffenen Musiker.“
Skadi machte sich in jenem Moment keine Gedanken darum, weshalb Liam seine Worte so direkt und unmissverständlich wählte. Ihr war klar, dass er immer seine Gründe für etwas besaß – selbst dann, wenn sie für aller Augen nicht zu greifen waren oder seltsam verkorkst wirkten. Solange er damit leben konnte, war es ihr vollkommen gleich. Er kritisierte ihre Entscheidungen nicht. Somit sah sie keinen Grund darin, es mit seinen anders zu halten. “Aber versteh schon.”, glitt es leise über die vollen Lippen, während die Nordskov tief in ihre Arbeit versunken war. Fokussiert wie sonst bei ihren Tätigkeiten an Deck – und mit erstaunlich mehr Erfolg als noch zuvor. Während die silberne Nadel immer wieder durch die Lochränder glitt und die Lücken zu einer engen Wulst vernähte, schwieg die Dunkelhaarige und zog dann und wann ihre Beine in verschiedenste Positionen, um nicht erneut mit einem kribbelnden Taubheitsgefühl aufstehen und letztlich der Nase lang auf den Boden fallen zu müssen.
Ihre Reaktion kam überraschend und nicht-überraschend zugleich. Einen kurzen Moment hielt er in seiner Arbeit inne, sah aber nicht auf. Einen Herzschlag später schon zuckten seine Mundwinkel bereits wieder nach oben, während er den Blick konzentriert auf den Stoff und die Nadel gerichtet behielt. Selbst, wenn sie ihn nicht kurz darauf aufgeklärt hätte, was sie derart amüsierte, hätte er es Skadi vermutlich keine Sekunde übelgenommen. Er konnte zum einen sehr gut über sich selbst und seine manchmal wirren Entscheidungen lachen und zum anderen wusste er bei der Jägerin mittlerweile, wie er sie zu nehmen hatte. Außerdem konnte er ihrer Bemerkung nur wenig entgegensetzen. So bewusst war ihm allerdings nie gewesen, wie gut er in das Bild passte. Aus anderen Gründen vielleicht, aber wer war schon so sehr mit sich selbst im Reinen, dass er genau wusste, was einen zu bestimmten Dingen antrieb? Im Grunde nämlich war er schon ein ziemlicher Familienmensch. Einer, dem die Entfernung nicht sonderlich viel ausmachte, der alleine aber früher oder später doch zu leiden begann. Er brauchte die Gesellschaft, selbst wenn er sich nicht zwingend an den Gesprächen beteiligen musste. Schutzlos entgegnete er schließlich ein kurzes Zucken der Schulter. Er hatte keine Verteidigung, die ihm bei dieser ‚Anschuldigung‘ irgendetwas gebracht hätte. Erst, als sich ihre Stimme abermals unter das Geräusch der Wellen mischte, die gegen den Rumpf des Schiffes schlugen, verblasste sein Lächeln etwas, ohne dass er es selbst bemerkte. „Ja, vielleicht.“, entgegnete er unbewusst und nichtssagend. Er hätte die Frage an dieser Stelle einfach zurückgeben können, tat es allerdings nicht. Nicht, weil er wirklich bewusst die Entscheidung dazu traf, dass es noch immer keine gute Idee war, Skadi mit ihrer ungewissen Zukunft zu konfrontieren, sondern weil er in diesem Augenblick mit seinen Gedanken selbst ein wenig abschweifte, während er das Hemd zwischen seinen Fingern flickte. Erst, als das Loch gestopft war, begann ihm das Gespräch mit ihr zu fehlen, sodass er irritiert aufsah und das Hemd auf den fertigen Stapel schmiss. Dank ihrer Hilfe ging die Arbeit tatsächlich gut voran. Es warteten nur noch vereinzelt Hemden darauf, geflickt zu werden. „Oh, wir sind ja fast fertig.“, bemerkte er erstaunt und griff sich eines der letzten Hemden. Auch, wenn Skadi vielleicht nicht so schnell nähen konnte wie er – sie hatte die Tätigkeit auf jeden Fall angenehmer gemacht. „Dank dir vergeht die Zeit wie im Flug.“ Er wusste, wovon er sprach. Der Morgen war ihm ewig vorgekommen. Bevor er mit dem nächsten Hemd begann, streckte der Musiker kurz den Rücken durch. Allmählich beschwerte er sich nämlich über die unbequeme Rückenlehne. „Weißt du, worüber ich mich mal wieder richtig freuen würde?“ Ein leises Ächzen konnte er dabei nicht unterdrücken. Mit Rückenschmerzen kam man sich immer unendlich alt vor. „Ein richtiges Bett.“
Die Stille war recht angenehm, wie Skadi nach Liams fast schon erschrockenen Worten feststellen musste, die sie schlagartig in die Situation zurückkatapultierte. Es mussten nicht ständig große Reden geschwungen werden und vor allem mit Enrique hatte sie gelernt, dass in dem Schweigen eine ganz eigene Art von Kommunikation verborgen lag. Es schien ihr dann und wann, als gäbe man sich selbst dem reinen Lesen von Körpersprache hin. Ungefiltert und so aufrichtig, wie es nur irgend möglich war. Schließlich konnte man seine Gefühle in den winzigen Augenblicken nicht unterdrücken, in denen erst der Körper und dann der rationale Verstand reagierten. Und für eine Jägerin wie die Nordskov waren solche Momente essentiell.
“Scheint ganz so.“, gab sie mit einem kurzen Blick auf die wenigen Reste zu und ließ augenblicklich die Hände sinken. Schmunzelte bei Liams Geständnis verständnisvoll und seufzte. Ganz als spürte sie just den Schmerz in ihrem Kreuz, den der Lockenkopf ohne ein Wort andeutete. Das zuvor ausgesprochene Kompliment hatte sie nicht überhört, doch nahm sie es nicht als allzu bedeutungsvoll wahr. Lächelte nur angenehm berührt und nickte knapp.
“Ich glaube jeder hier wünscht sich ein Bett… mit Ausnahme der Captains vielleicht. Wenn ich mich nicht irre steht in der Kabine eines, oder?“ Zumindest hatte es das stets in denen der Marineobersten. Und da Skadi selbst noch nie das Reich der Geschwister betreten hatte, konnte sie lediglich nur darüber mutmaßen. “Aber ich bin froh mal von diesem Schiff runter zu sein und mehr zu sehen als endloses Blau.“ Die Dunkelhaarige wirkte entkräftet bei diesen Worten und es war ein leichtes für den Musiker die Sehnsucht nach Wald und sattem Grün in ihren braunen Augen zu erkennen, die sich von ihm abwandten und dem letzten Loch des Hemdes auf ihrem Schoß widmeten.
Als Skadi auf die Kapitänskajüte zu sprechen kam, runzelte Liam kurz die Stirn. Sie hatte Recht, Talin un Lucien waren wohl nicht von derlei Problemen geplagt, aber Liam verstand, dass man sich als Verantwortlicher eines solchen Haufens gerne mal an einen Ort zurückzog. Nun, eigentlich ging es ihnen doch allen so. Das Leben auf engstem Raum war kräftezerrend. Die einen kamen besser damit klar, die anderen schlechter – aber es gab niemanden, den es unberührt ließ. Immerhin zog auch Liam sich mit zunehmender Zeit auf See öfter mal an ruhigere Orte zurück, während ihm der Trubel anfangs eigentlich überhaupt nichts ausmachte. Er nickte langsam. „… Meinst du, sie hätten was dagegen, wenn man es sich mal borgt? Nur für ein Mittagsschläfchen?“, fragte er nach einer kurzen Pause mit einem verstohlenen Blick zur Seite. Seine Stimme klang nicht sonderlich ernst, die Idee aber klang verlockender als es ihm lieb war. Verständnisvoll senkte er den Blick wieder auf das Hemd zwischen seinen Fingern. „Kann ich mir vorstellen. Für dich muss es noch viel nervenzerrender sein.“ Ob jetzt, weil sie sich mehr mit dem Land in Verbindung bringen konnte, oder weil es als Frau unter einem Haufen Männer mit Sicherheit noch einmal stressiger war, blieb offen. „Was macht Enrique? Erholt er sich so langsam?“ Eigentlich hatte er dieses Thema wirklich nicht anschneiden wollen und auch jetzt war ihm nicht nach mehr als einer oberflächlichen Nachfrage. Ein einfaches ‚Ja‘ oder ‚Nein‘ hätte ihm vollkommen gereicht.


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We share what's in our hearts - von Liam Casey - 27.08.2019, 22:34
RE: Share what's in our hearts - von Liam Casey - 27.08.2019, 22:36
RE: Share what's in our hearts - von Liam Casey - 27.08.2019, 22:38

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