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Alte Schatten
Liam & Shanaya ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 11 April 1822
Ort Auf der Sphinx
Tageszeit Mittag
Crewmitglied der Sphinx
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#1
Manchmal werden die Konturen alter Schatten wieder klar.
Aber im Kampf gegen die Zeit
konnten sie nicht ewig siegen.
Denn auch vom Schnee von gestern bleibt
noch immer irgendwo was liegen.
Du bist nie allein.
Der Schatten holt dich immer wieder ein.

Mittag des 11. Aprils 1822
Shanaya Árashi & Liam Casey


Es war unfassbar, wie schnell die Zeit letztendlich doch verflogen war. Es kam ihm wie gestern vor, dass sie an Milui angelegt hatten und nun befanden sie sich bereits wieder auf See mit Kurs auf ihr nächstes Ziel. Liam war ehrlich – er genoss die Briese im Haar, freute sich aber gleichzeitig bereits wieder darauf, die nächste Insel zu erkunden, die sie erreichten. Es dauerte immer ein paar Tage, bis er sich wieder an den Alltag an Bord gewöhnt hatte. An die Enge und all die Leute, die geschäftig über die Planken der Sphinx wanderten wie auf einem Marktplatz. Dass sie ausgelaufen waren, lag nun bereits einige Stunden zurück, die er geholfen hatte, das Schiff auf Kurs zu bringen. Jetzt aber konnte er es sich erlauben, unter Deck zu verschwinden, Aspen nörgeln zu lassen, dass dies oder das noch nicht erledigt war, während Trevor sich bereits die nächsten Abenteuer ausmalte. Eher als Vorwand griff er sich einige der beschädigten Taue und Netze, um sie in Ruhe – und vor allem in seinem Tempo – so gut wie möglich zu flicken, bis sie wirklich den Geist aufgaben. Als er die erste Treppe hinabgestiegen war, hörte er bereits Rayons und Scortias‘ Stimme aus der Kombüse, hielt kurz inne und entschied sich schließlich, sich ganz hinunter ins Lager zu verziehen. Da würden ihn wohl die wenigsten suchen, um ihn wieder zu anderen Arbeiten einzuspannen. Die Stimme des Kochs wurde leiser und schließlich hörte er nur noch die Wellen, die gegen das Holz schlugen.

Liam atmete durch, genoss für einen Augenblick die Stille, ohne aufzusehen und hielt inne, als er die Gestalt Shanayas hier unten ausmachte. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er sie gar nicht am Steuer gesehen hatte, doch während er es an Deck nur beiläufig wahrgenommen hatte, begann er nun, sich darüber zu wundern.

„Was machst du denn hier unten?“, fragte er und bemühte sich gar nicht, die Verwunderung aus seiner Stimme fernzuhalten. Die Taue ließ er auf eine Kiste in der Nähe des Eingangs fallen.
Crewmitglied der Sphinx
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#2
Die Wunde schmerzte und nervte. Sie hatten die Insel zeitig verlassen, waren nun schon wieder eine Weile auf See. Shanaya selbst hatte kaum beim auslaufen geholfen, die unruhige, letzte Nacht auf Milui hatte ihr einiges an Konzentration geraubt. Jemand anders hatte das Steuer übernommen, damit sie sich noch einen Moment ausruhen konnte. Aber... damit hatte sie sich schon immer schwer getan. Die junge Frau hatte sich also nicht lang eine Auszeit gegönnt, nutzte die Zeit, in der die See ruhig war, um sich abzulenken. Sie brauchte etwas zu tun, rumsitzen und darauf warten, dass die Naht heilte, lag ihr einfach nicht. Also hatte sie sich in den Frachtraum begeben, sich mit kleinen Aufgaben beschäftigt. Fässer vertaut, ein wenig Kram aus dem Weg geräumt. Jetzt blieb ihr nur noch, hier unten ein wenig Ordnung zu schaffen. Die Kisten zu sichern. Dafür ließ es sich jedoch nicht umgehen, diese auch herum zu tragen. Einen Moment schloss die Schwarzhaarige die blauen Augen, strich mit den Fingern über die Bluse, die die Wunde verdeckte. Als ob sie einfach herum sitzen würde!
Entschlossen trat sie also an die Kisten heran, legte beide Hände an eine der mittleren, um sie hochzuheben und auf einen anderen Stapel zu setzen. Schon der erste Moment ließ ein Stechen durch ihre Seite ziehen, bei dem sie vermutlich aufgestöhnt hätte, wäre in diesem Moment nicht jemand hinter ihr aufgetaucht. Shanaya zuckte nicht zusammen, versuchte nur mit einem tiefen Atemzug den vor Schmerz und Überraschung angespannten Körper zu entspannen. Es half nicht wirklich. Erst nach einem weiteren Durchatmen wandte sie sich zu Liam herum, zuckte leicht mit den Schultern.

Ich wollte hier ein bisschen für Ordnung sorgen. Noch ist die See ruhig, aber wenn wir in einen Sturm kommen, fliegt hier alles durch die Gegend.“

Crewmitglied der Sphinx
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#3
Sein Blick hatte nur flüchtig die Gestalt der Jüngeren gestreift, ehe er sich den Tauen zugewandt hatte, die er mitgebracht hatte. Erst bei ihrer zweifelhaften Antwort hob er langsam wieder den Kopf, runzelte die Stirn und musterte Shanaya abwartend, als würde er jeden Moment mit einem ‚Ha, Spaß!‘ rechnen. Jedem anderen hätte er das vermutlich abgekauft, ohne auch nur einen Moment daran zu zweifeln. Weil ihn die Wahrheit nicht wirklich interessiert hätte vielleicht, aber bei Shanaya war es anders. Es störte ihn nicht, dass sie ihm offenbar etwas auftischte, was hinten und vorne nicht stimmte – es war ihr gutes Recht, ihm etwas zu verheimlichen. Aber er fragte sich, was sie hier unten zu verbergen hatte, wofür es sich lohnte, zu lügen.

„Okay.“, entgegnete er gedehnt und hörbar ungläubig auf ihre Ausrede. Bei den meisten der anderen hätte er es hierbei belassen, innerlich mit den Schultern gezuckt und sich wieder seinem eigenen Kram gewidmet. Auch jetzt zögerte er einen Moment, ehe er sich dazu entschied, den Gedanken, den sie ihm gerade verkaufen wollte, doch noch weiter auszuführen. „Und dafür überlässt du irgendjemandem bereitwillig dein Steuerrad, um dich persönlich darum zu kümmern, statt einfach jemanden damit zu beauftragen.“

Liam hatte in der Bewegung innegehalten und warf der Dunkelhaarigen einen ziemlich vielsagenden Blick zu. Einen Blick, der deutlich sagte, dass sie sich ein besseres Argument überlegen musste, wenn sie den nächsten Neugierigen abwehren wollte. Den nächsten, der ihr vielleicht nicht so einfach ihren Freiraum lassen würde wie Liam, obwohl sie eindeutig etwas zu verbergen hatte. Einen Trevor zum Beispiel. Der Lockenkopf aber hakte nicht nach. Wenn es ihn nichts anging, konnte er wunderbar damit leben. Demonstrativ wandte er sich wieder den Tauen zu, entwirrte sie, und griff schließlich nach dem ersten beschädigten Seil.

„Brauchst du noch was zum Vertauen oder hast du genug Seile?“, begann er nach einer kurzen Pause wieder, und zertrennte das Seil knapp hinter der kaputten Stelle mit seinem Dolch. „Ich wollte die ruhige See nutzen, um ein paar von den Kaputten wieder brauchbar zu machen.“
Crewmitglied der Sphinx
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#4
Shanaya war sich nicht immer sicher, was der Blick von ihrem Gegenüber ihr sagen sollte – ganz anders in diesem Moment. Liam glaubte ihr nicht, der Ausdruck auf seinem Gesicht, seine Worte... dabei war es die Wahrheit, irgendwie. Immerhin flogen ihnen bei dem nächsten Sturm die Fässer um die Ohren. Dass sie dafür nicht am Steuer stand... Es gab zwei Möglichkeiten, darauf zu antworten. Sie hätte ihn ganz offensichtlich anlügen können, aber das verdiente der Dunkelhaarige nicht. Sie schätzte die Gesellschaft des Mannes, auf eine Art und Weise, die es ihr schwer machte, ihn anzulügen.

Ich bin größenwahnsinnig, aber nicht dumm. Körperliche Einschränkung legt sich auf die Konzentration – und ich will die Sphinx nicht gegen...“ Zuerst war ihr ein Baum eingefallen, bei dem es jedoch schwer war, ihn auf offener See mit einem Schiff zu treffen. „... eine Insel lenken.“

Das sagte sie, die das Ziehen in der Seite spürte und trotzdem Kisten und Fässer herum wuchtete, wohl wissend, dass das vielleicht nicht das Klügste war, was sie tun konnte. Was der Lockenkopf nun aus dieser Information machte, überließ sie ihm allein. Er konnte es dabei belassen, nachfragen, ganz wie es ihm beliebte. Shanayas heller Blick richtete sich wieder auf eine der Kisten, die sie auf einen kleineren Stapel heben wollte, um sie besser sichern zu können. Sie war nicht schwer, trotzdem spannte ihr Körper sich an. Es war nicht nur der Schmerz, der an ihren Kräften zerrte... die beinahe schlaflose Nacht tat ihr Übriges. Trotzdem schaffte sie es irgendwie, die kleine Kiste zu stemmen, antwortete jedoch erst auf Liams Worte, als sie sie mit einem Keuchen auf den Stapel stellte und einige Male ruhig durch geatmet hatte. Lange würde sie das nicht mehr durchhalten.

Ich glaube, neue wären sicher hilfreich... Dann können wir die kaputten endlich entsorgen.“

Und damit die Sphinx Stück für Stück zusammen flicken und zu altem Glanz zurück bringen.
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#5
Er rechnete nicht damit, dass er Shanaya damit zum Schweigen gebracht hatte – das war immerhin auch nicht seine Absicht gewesen. Allerdings sollte sie ihn inzwischen gut genug kennen, um zu wissen, dass das Thema damit für ihn abgeschlossen war, wenn sie nicht vor hatte, um zu erzählen, was wirklich Sache war. Eigentlich war er diesbezüglich ein ganz angenehmer, unneugieriger Gesprächspartner. Im Grunde also ging er davon aus, dass die Dunkelhaarige das Thema auf irgendetwas Unverfängliches wechseln würde. Liam würde darauf eingehen, dann würde ein kurzes Geplänkel folgen, ehe sie sich beide wieder schweigend an ihre Arbeit machen würden. Ungezwungen, einvernehmlich. Umso überraschter war er, als die Jüngere tatsächlich antwortete und damit mehr oder minder bereitwillig preisgab, dass etwas nicht stimmte. Körperliche Einschränkung. Liam runzelte kurz die Stirn ohne aufzusehen. Das erste, was ihm in den Sinn kam, war reine weibliche Biologie. Etwas, womit er sich nicht wirklich auskannte, im Vergleich zu den restlichen Männern an Bord aber vermutlich am offensten damit umgehen würde. Mal ganz davon abgesehen, dass Shanaya eher zu dem Typ Frau gehörte, dem man beistehend die Hand auf die Schulter legte statt sich groß um sie zu kümmern und sie zu bemitleiden. Da musste sie wohl oder übel allein durch. Irgendetwas allerdings ließ ihn von seiner ersten Vermutung abkommen, während er sich weiter um die Taue kümmerte und Shanaya sich weiter mit einer Kiste abmühte.

„Mit der nächsten Gelegenheit. Aber bis dahin müssen wir uns wohl mit den alten zufrieden geben.“

Liam hob den Blick und beobachtete die Jüngere für einen Moment dabei, wie sie die Kiste endlich nach oben gehievt und abgestellt bekam. Irgendetwas stimmte nicht. Nicht nur mit ihrer körperlichen Verfassung. Sie war eigenartig durch den Wind und obwohl Liam eigentlich nicht vorgehabt hatte, weiter darauf einzugehen, legte er das Seil in seiner Hand zur Seite und umrundete die Ladung, die zwischen ihnen stand. Eine Hand legte er auf die nächste Kiste, die im Weg stand und vertaut werden wollte – mehr eine symbolische Behinderung als eine Körperliche -, lehnte sich rücklings an eines der Fässer und suchte ihren Blick.

„Was ist los?“, fragte er ernst und durchaus mit leiser Sorge in der Stimme. „Du bist kraftlos, du bist durch den Wind und du überlässt das Steuer einem anderen. Das passt nicht zu dir. Ich hätte eher erwartet, dass man dir die Hände abhacken muss, um dich vom Steuerrad wegzubekommen.“

Ein sachtes Schmunzeln umspielte seine Züge, um der Situation ein wenig den Ernst zu nehmen.
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#6
Shanaya seufzte lautlos über die Antwort des Mannes. Eines dieser Dinge, die dringend erneuert werden mussten. Noch hielten sie... aber wie lange? Die junge Frau hoffte, dass sie vorher neue beschaffen konnten... Sie nickte aber nur als Antwort, hatte sich wieder ihrer Arbeit gewidmet, da sie nicht davon ausging, dass Liam jetzt noch nachfragte. Aber genau das tat er doch, nachdem er ihre Arbeit ein wenig behinderte. Die junge Frau blinzelte, legte bei seinen Worten den Kopf ein wenig zur Seite. „Du glaubst gar nicht, wie mir das gegen den Strich geht. Ich weiß nichtmal, wer da oben jetzt steht.“ Sie verengte leicht die Augen. „Vielleicht auch besser so...“ Schließlich legte sie jedoch mit einem Seufzen die Hand an den Saum ihrer Bluse, hob sie so hoch, dass der Lockenkopf die Verletzung auf der Höhe ihrer Rippen sehen konnte. „Ich dachte mir, ich lege mich mit meiner Vergangenheit an. Hat funktioniert.“ Sie wusste nicht, wie gut Liam sich mit Wunden auskannte, aber es würde wohl schwer zu übersehen sein, dass die Wunde sehr frisch war. Nicht einmal einen Tag alt. „Und ich gönne mir lieber einen Tag Ruhe, damit ich morgen... irgendwen von meinem Platz weg beißen kann.“

Liams Mundwinkel verzogen sich zu einem sichtbaren Lächeln bei ihrem Kommentar. Er konnte sich gut vorstellen, wie viel Wahrheit in ihren Worten lag – umso schwerwiegender musste aber auch der Grund sein, dass sie hier unten bei ihm stand und nicht dort, wo sie eigentlich hingehörte. „Ich hab‘ nicht drauf geachtet, sonst würde ich mir überlegen, ob ich’s dir erzähle.“, entgegnete er, während sein Blick noch immer auf ihren Zügen lag, obwohl die Hände der Jüngeren längst zum Saum ihrer Bluse hinabgewandert waren. Erst, als sich seine Augen auf das senkten, was sie durch Hochziehen ihres Oberteils offenlegte, wanderte eine unangenehme Erkenntnis über sein Gesicht. „Ach, scheiße.“, zischte er leise beim Anblick der Wunde. „Ist das… eine Schusswunde?“ Himmel, Liam wusste nicht zuletzt wegen seiner eigenen Schusswunde, wie so etwas aussah. Und vor allem wusste er, wie schmerzhaft jegliche Bewegung damit war. „Was zum Henker hat deine Vergangenheit gegen dich, dass sie dich anschießen muss? Davon abgesehen, dass ich davon ausgehe, dass das ‚An‘-Schießen nur ein Versehen war.“ Nachdenklich wanderte sein Blick wieder hoch zu ihren Augen, überlegte und sah davon ab, sie zu mehr als einem Tag ‚Ruhe‘ zu überreden. Das würde sowieso nicht funktionieren. „Das ist noch nicht lange her. Warum hast du nichts gesagt?“

Shanaya schmunzelte ein wenig breiter. „Für den Frieden ist es besser, wenn ich es nicht weiß...“ Damit war das Thema für die junge Frau allerdings beendet, Liam betrachtete die Wunde und entlockte ihr mit seiner Frage ein ruhiges Nicken, sie wartete jedoch auf die nächsten Fragen. „Tja... ein Teil davon hätte mich gern zurück, um mir Manieren einzuprügeln. Wenn nicht lebendig, dann eben tot.“ Das war ihrem Vater vollkommen egal. Wie alles, was sie betraf. Außer sie besudelte den Ruf der Familie. „Und das war eine 'Ich hab' noch eine versteckte Waffe' Überraschung...“ Die Schwarzhaarige seufzte bei dem Gedanken daran. Sie war ihm so gut entkommen... „Gestern, um genau zu sein. Einer der Gründe, wieso wir recht schnell abgelegt sind.“ Die letzte Frage des Mannes ließ sie leise schnaufen, allerdings amüsiert. „Ich bin nicht so aufmerksamkeitsgeil, dass ich mit jedem Wehwehchen zu irgendwem renne und ihm etwas aufzwänge. Die, denen es irgendwie wichtig ist, erfahren es von selbst... der Rest interessiert sich so oder so nicht dafür.“

Liam konnte gar nicht anders, als verständnislos den Kopf zu schütteln. Auch, wenn Shanaya nicht genau betitelte, wer sie zurückhaben wollte – Manieren wollten einem meist nur eine bestimmte Personengruppe einbläuen. Und der Lockenkopf erschauderte bei dem Gedanken, wie furchtbar es sein musste, eine derartige Familie zu haben. „Mit so einer Familie braucht man wirklich keine Feinde mehr.“ Wenn er falsch lag, konnte sie ihn noch immer berichtigen, aber allmählich glaubte er ihre Konversation auf der einsamen Insel zu verstehen. „Himmel, Shanaya, hier geht es nicht darum, dass du über’s Deck tanzen sollst, um jedem deine Narben unter die Nase zu reiben. Und das hier ist nicht bloß ein Wehwehchen.“, entgegnete er ernst und erstaunlich nachdrücklich. „Hast du gestern erst erfahren, dass sie auf Milui sind? Und haben sie gesehen, wohin du verschwunden bist?“ Während er fragte, wusste er noch nicht genau, weshalb ihm die Antwort darauf wichtig war. Vielleicht, weil er hoffte, dass Shanaya sonst früher zum Aufbruch getrieben oder irgendjemandem irgendetwas anvertraut hätte. Und, weil er hoffte, dass sie nun nicht auch noch ihre Verwandtschaft am Rockzipfel hatten. Das würde nämlich zwangsläufig bedeuten, dass sie es nicht einfach unter den Teppich kehren konnten. Dann betraf es nämlich nicht mehr nur sie, sondern jeden einzelnen, der auf diesem Schiff weilte. „Hör zu. Von mir aus kannst du hier unten offiziell so viel herumgeräumt haben, wie du willst.“, begann er schließlich und fuhr sich kurz nachdenklich durch die Haare, während er sich einen groben Überblick zu schaffen versuchte. „Ich vertaue das Zeug für dich, während du dich hinsetzt und mir erzählst, wie es so weit kommen konnte, okay? Die Netze kann ich auch später flicken. Von mir erwartet ja sowieso niemand etwas.“ Mit einem kurzen Zucken im Mundwinkel gab er sein Fass frei, damit sie sich dort hinsetzen konnte, wenn sie wollte. „Wenn sich die Wunde nämlich entzündet, kannst du dich ein bisschen länger vom Steuer verabschieden. Und ich will mir nicht ausmalen, wohin wir segeln, wenn ein anderer dran steht.“

Shanaya wog den Kopf bei den Worten des Mannes leicht zur Seite. Wahre Worte. „Absolut nicht. Deswegen habe ich auch keine Feine – außer denen.“ Was er dann sagte, entlockte ihr ein leises Schnaufen. „Genau das hätte ich aber tun müssen. Liam, die Wunde ist nichtmal einen Tag alt. Außerdem kann ich aufrecht stehen. Ich sehe also kein Problem.“ Und das sah sie wirklich nicht. Sie hatte schon deutlich Schlimmeres überstanden. „Ich hatte auf dem Fest die Vermutung, dass einer von ihnen in der Nähe ist. Aber gestern haben sie mich erst gefunden. Und die meisten von ihnen sind nicht mehr am Leben – der letzte Überlebende hatte glaube ich andere Sorgen, als zu verfolgen, wohin ich gehe.“ Zumal ihr erster Weg sie in die Lagerhalle geführt hatte. Sie war vielleicht nicht bei Sinnen gewesen, Lucien wäre allerdings sicher etwas aufgefallen. „Egal, ob sie gesehen haben, wohin ich gegangen bin, suchen werden sie mich so oder so.“ Dessen war sie sich vollkommen sicher, Mardoc würde das nicht so ruhen lassen. Allein schon, weil er ihren Captain... naja. „Was genau willst du wissen?“ Sie wusste nicht, was sie dem Dunkelhaarigen erzählen konnte. Lucien... sie war es ihm schuldig gewesen. Aber jetzt bei Liam? Es kam ganz auf seine Frage an. „Und du willst mich deswegen jetzt an der Arbeit hindern, bis die Wunde verheilt ist? Ich hab' schon deutlich schlimmeres überlebt.“

Liam hatte gewusst, dass es nicht einfach werden würde. Er stand hier immerhin keinem Mädchen gegenüber, das gerne Ratschläge eines anderen annahm. Shanaya war mehr darauf aus, genau das Gegenteil von dem zu tun, was man ihr riet – bloß, um zu beweisen, dass sie es doch schaffte. Himmel, vermutlich war das eine Situation, in der er sich früher oder später wünschen würde, ihm wäre ihr Wohlbefinden ähnlich egal wie den meisten anderen hier. War es aber nicht und es bedurfte schon etwas mehr Gegenwehr, um ihn an den Punkt zu bringen, an dem er sie tun und lassen ließ, was sie wollte. Seine Absicht war es nicht, sie um alles in der Welt an irgendetwas zu hindern, aber er hoffte, dass irgendwo in ihr drin ein Fünkchen Vernunft steckte, das er herausgekitzelt bekam. „Noch.“, entgegnete er trocken gefolgt von einem Schulterzucken. Aber wenn sie nicht mehr aufrecht stehen konnte, hätten sie zumindest ein Problem weniger. „Die Frage ist, ob sie wissen, wo sie suchen müssen oder nicht. Die Sphinx ist nicht unbedingt das Unauffälligste aller Schiffe. Ich sag’s nicht gerne, aber wenn sie bereit sind, über Leichen zu gehen, um dich zu bekommen, haben sie alle ein Recht darauf, es zu erfahren.“ Noch klang es nach einer reinen Hypothese. Liam war der letzte, der ihr solch eine Entscheidung abnehmen würde. Und das wusste sie hoffentlich. Er war keine Tratschtante und das, was sie hier besprachen, würde den Frachtraum gewiss nicht durch ihn verlassen. Bei ihrer Befürchtung schnaufte er belustigt. „Um Gottes Willen, ich bin nicht lebensmüde. Aber zumindest heute, ja.“, entschied er und hob die nächste Kiste demonstrativ auf eine weitere. „Warum sie dich tot sehen wollen, zum Beispiel. Was muss in einer Familie schief laufen, dass man den Gedanken erträgt, sein eigenes Kind tot zu sehen.“ Das Unverständnis in seiner Stimme war ehrlich.

Shanaya strich sich ruhig eine Strähne aus dem Gesicht, ließ den blauen Blick dabei auf Liam ruhen. Sie war nie der Typ gewesen, der sich lang schonte. Vielleicht auch, weil sie sich die Schwäche, krank zu sein, nie hatte gönnen dürfen. Allein die Zeit auf dem Schiff ihres Bruders hätte sie so gewiss nicht überstanden. „Wenn ich nicht mehr stehen kann, muss immerhin niemand mahnend mit dem Finger wedeln.“ Sie grinste. „Ich weiß nicht, ob er irgendwelche Spitzel hatte. Uns hat jedenfalls niemand mehr verfolgt. Und... genau deswegen frage ich dich, was du wissen willst. Wobei ihr ihnen egal seid, solange ihr nicht zwischen mir und ihnen steht.“ So wie Lucien es getan hatte. Immerhin schien der Lockenkopf sie nicht all zu lange einengen zu wollen. Besser für ihn, irgendwann hätte sie ihm sicher dafür die Nase oder ein Ohr abgebissen. Mit skeptischer Miene beobachtete die junge Frau, wie er sich um eine der Kisten kümmerte. Einen Moment überlegte sie, selbst wieder Hand anzulegen... Aber Liam war vermutlich nicht nur in ihrer jetzigen Verfassung kräftiger. „Tja...“ Sie haderte. Es gefiel ihr nicht, all diese Dinge auszupacken. Es reichte, wenn es auf diesem Schiff eine Person gab, die zu viel wusste. Sie seufzte, setzte dann doch zu einer Antwort an. „Meinem Vater reicht es, dass ich seiner Meinung nach in das falsche Geschlecht geboren wurde. Und dazu einen eigenen Willen habe. Ich beschmutze den Ruf der Familie – da passt es ihm besser, wenn ich tot wäre. Also schickt er seine Schläger, die mich auf Milui gefunden haben.“

Liam lächelte, selbst wenn es nicht das gewesen war, was er hatte hören wollen. Das Schlimme war – er konnte sie verstehen. War er es nicht gewesen, der sich damals nur notdürftig von Gregory hatte versorgen lassen? Vielleicht sein Glück, dass die Dunkelhaarige das gerade nicht derart auf dem Schirm hatte, um es gegen ihn zu verwenden. Er wusste, wie es war, wenn man sich nicht erlauben konnte, eingeschränkt zu sein. Umso wichtiger aber war es, diesen Luxus zu nutzen, solange man ihn hatte. Sie waren hier alle nicht allein und auch, wenn sie mehr der Zufall als irgendeine Art Freundschaft zusammengerottet hatte, mussten sie doch irgendwie zusammenhalten, oder? Das Nicken, das folgte, als sie es für unwahrscheinlich hielt, dass sie jemand mit diesem Schiff in Verbindung bringen würde, trieb zumindest eine Sorgenfalte aus seiner Stirn, während sich einen Augenblick später schon wieder ein sachtes Schmunzeln auf seinen Zügen ausbreitete. Auf eine bizarre Art und Weise war ihm leider klar, dass er nicht für alle sprechen konnte. Aber wenn es nach seinem Weltbild ging, hingen sie zumindest so lange, wie sie gemeinsam auf der Sphinx segelten, gemeinsam in ihren Angelegenheiten. „Und genau da wäre vermutlich der Knackpunkt.“, versicherte er ihr indirekt seine Loyalität und warf ihr einen flüchtigen Blick zu. Das hatte nur sekundär etwas mit ihr persönlich zu tun. In seinen Augen gehörte sich das, wenn man eine Mannschaft war – vorausgesetzt, der Gegenüber nutzte das nicht scharmlos aus. Recht zufrieden nahm der Lockenkopf wahr, dass sie die Hände für den Augenblick tatsächlich von den Kisten ließ. Ihm entging nicht, dass sie haderte – ob nun, weil es ihr schwerfiel, den Gedanken zu greifen oder ihr Wissen auszuplaudern, wusste er allerdings nicht. „Du meinst, weil du es dir ausgesucht hast, ein Teil von ihnen zu sein. Und weil es sicherlich ein besseres Licht auf die eigene Familie wirft, wenn man sich gegenseitig meuchelt, als seine Tochter einfach ungeachtet ihren Weg gehen zu lassen, als hätte es sie nicht gegeben.“ Letzteres war natürlich auch keine gute Option, die sich für eine Familie gehörte, aber eine, die weitaus weniger Probleme und Mühen mit sich gebracht hatte. Die Ironie in seiner Stimme erschreckte ihn selbst ein wenig, bis er die Kiste etwas unsanft auf die untere stellte und hörbar seufzte. „Gott, dieser Adel ist wirklich widerwertig. Entschuldige.“ Wie konnte man bloß so sehr auf die Meinungen anderer angewiesen sein? Liam verstand das Gefecht der Reichen und Mächtigen wirklich nicht. Aber je mehr er darüber erfuhr, desto weniger wollte er es.

Shanaya spürte diese leichte Ziehen in ihrem Inneren, das sie davon abhalten wollte, mehr zu erzählen. So etwas fiel ihr nie leicht, aber Liam gehörte zu dem winzigen Kreis, dem sie dieses Wissen ohne vollkommen schlechtes Gefühl anvertrauen konnte. Zumindest hoffte sie, dass sie sich nicht in dem Dunkelhaarigen täuschte. Seine Worte lockten einen hämischen Ausdruck auf ihre Züge. Wenn nur jeder so denken würde... „Tja... Unfälle passieren. Da kann die Tochter, die so gar nicht ihre Rolle spielt, schonmal irgendwelchen Schlägern zum Opfer fallen. Das Gegenteil kann sie dann ja nicht mehr beweisen. Ihm ist alles Recht, solange er seinen Willen bekommt.“ Ihm war jegliches Leben egal, solange sein Ruf und sein Leben gewahrt waren. „Vielleicht würde er meine Leiche auch verschwinden lassen. Niemand weiß, wo ich geblieben bin.“ Sie grinste ein wenig breiter. „Er verlässt sich darauf, dass eh niemand nach mir suchen würde.“ Ihre Stimme klang nicht verbittert, eher amüsiert. Bis zu einem gewissen Grad hatte er da gewiss Recht mit. „Und dabei sind sie noch nicht einmal im Adel aufgenommen. Aber sie verhalten sich schon so...“

Liam fand keinen anderen Ausdruck dazu als widerwertig. Nicht einmal Ratten verhielten sich so. „Ja, Unfälle passieren.“, wiederholte er und musste gestehen, dass sie dagegen wohl oder übel machtlos waren. Kurz besah er sich ihre Gestalt aus dem Augenwinkel, merkte aber selbst, dass ein ‚Dann weiß ich, woher du das hast‘ alles andere als angebracht war. Man konnte seine Wurzeln nicht leugnen, das stimmte. Aber man konnte eigenständig die Entscheidung treffen, sich abzukapseln, nichts mit deren Angelegenheiten zu tun haben zu wollen. In Shanayas Fall jedenfalls und da hatte ihr nichts und niemand in die Entscheidung reinzureden. „Da macht er seine Rechnung wohl ohne uns.“, eröffnete er ihr ohne großes Zögern, selbst wenn er danach eine kurze Zeit lang schwieg, bis er die Kiste an einem der Pfähle vertaut hatte. „Ich weiß zwar, dass ich bei weitem nicht für jeden auf diesem Schiff sprechen kann, aber… Da, wo ich herkomme, hält man seinen Freunden den Rücken frei. Koste es, was es wolle.“
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#7
Als Liam ihre Worte wiederholte, setzte die junge Frau ein etwas schräges Grinsen auf. Es gab unzählige Möglichkeiten für ihren Vater... und wenn er sie auf direktem Weg ausschaltete und dann entsprechende Personen bestach. Er kannte genug einflussreiche, hohe Tiere, um so etwas mit Leichtigkeit überspielen zu können. Was er dann sagte, ließ sie leicht eine Augenbraue heben, ehe sie abwartend blinzelte. Der Lockenkopf machte sich zuerst daran, eine der Kisten zu sichern, sodass er der Schwarzhaarigen einen Moment gab, um über seine Worte nachzudenken. Bis er schließlich zu einer neuer Antwort ansetzte, die das Lächeln Shanayas ein wenig wärmer werden ließ. Nicht ganz das, was Lucien gesagt – und wohl gemeint – hatte, trotzdem sandte es ein warmes Gefühl durch ihr Inneres. „Danke, Liam. Das weiß ich wirklich zu schätzen.“
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#8
Er achtete nicht auf sie und ihre Reaktion, sondern konzentrierte sich darauf, die Kiste am Pfahl zu vertauen. Liam brauchte keine Reaktion, immerhin war es keine Prüfung oder gar ein Versprechen – es war eine Tatsache, mit der die Schwarzhaarige anfangen konnte, was sie wollte. Eine Tatsache, von der sie einfach nur wissen sollte, denn Liam war gewiss nicht der Typ Mann, der ihr gerade mit heldenhaften Versprechen zu schmeicheln versuchte. Aber das wusste Shanaya wohl, wenn sie sich all die vergangenen Monate auch nur einen Moment die Mühe gemacht hatte, ihn kennenzulernen. Liam sprach manchmal vielleicht unbedacht die Dinge aus, die ihm durch den Kopf gingen, aber eines hatte alles gemeinsam: Er stand zu seinem Wort und er stand zu seinen Freunden. Als die Jüngere zu einem Dank ansetzte, warf der Lockenkopf ihr lediglich einen flüchtigen Blick zu, während ein rasches Lächeln über seine Mundwinkel huschte. Er bezweifelte nicht, dass sie ihren Dank ernst meinte – doch er bezweifelte, dass Shanaya auch nur einen Augenblick in Erwägung zog, die angebotene Hilfe auch wirklich anzunehmen. Sie war stark. Sie war stolz und sie war im Glauben, jedem dahergelaufenen Menschen auf dieser Welt meilenweit überlegen zu sein. Und, Himmel, Liam glaubte inzwischen, sie gut genug zu kennen, um mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie sich selbst von diesem ‚Missgeschick‘ nicht lange einschüchtern oder gar von etwas anderem überzeugen ließ. Das aber machte er nicht zu seinem Problem. Mehr als anbieten konnte und wollte er nicht. Er mischte sich nicht in die Angelegenheiten anderer ein.
„Blut ist eben nicht immer dicker als Wasser.“, bemerkte er schließlich, als er sich nach der nächsten Kiste umsah und sich kurzerhand an Shanaya vorbei schob. Dann jedenfalls, wenn nicht das Blut vergiftet war, sondern der Geist der Menschen, die nach Macht gierten und bereit waren, über die Leichen ihrer eigenen Familien zu gehen. „War das auch der Grund, weshalb du von zuhause fort bist? Weil man dir nach dem Leben getrachtet hat?“
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#9
Liam warf ihr auf ihre Antwort nur einen kleinen Blick, ein flüchtiges Lächeln zu, woraufhin Shanaya ein tonloses Seufzen nicht unterdrücken konnte. Sie konnte einfach nicht damit umgehen, als Freund betitelt zu werden. Freundschaft war nie etwas gewesen, was für sie in irgendeiner Art und Weise Bedeutung gehabt hätte. Man verließ sich am besten auf sich selbst – alles andere passte einfach nicht zu ihr. Aber diese Crew – zumindest ein kleiner Teil davon – kratzten an dieser Einstellung. So einfach würde sie sie sicher nicht überdenken, dazu war sie viel zu lange daran gewöhnt gewesen, sich vollkommen allein durchzuschlagen. Und trotzdem verliehen ihr die Worte des Lockenkopfs eine gewisse Wärme. Während sie den Mann dabei beobachtete, wie er sich weiter um irgendwelche Kisten kümmerte, legte sie mit einer ruhigen Bewegung die Hand auf die Wunde, schloss einen Moment die Augen. Erst Liams Frage ließ sie den blauen Blick wieder auf ihn legen, womit sie einen Moment überlegte. „Nein... Zumindest nicht direkt. Man wollte mich in ein Leben zwingen, das ich nicht wollte. In eines voller Zwänge und Fesseln. Mit einem Ehemann an meiner Seite, der frei über mich bestimmen könnte, dessen Willen ich mich beugen müsste. Und darin war ich noch nie wirklich gut.“ Ein lockeres, wenn auch müdes, Lächeln galt Liam.
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#10
Weder ein ‚Ja‘ noch ein ‚Nein‘ hätte ihn in diesem Augenblick wirklich überrascht. Wenn er eines bei dieser Unterhaltung gelernt hatte, dann, dass Shanayas Familie offenbar alles zuzutrauen war, was irgendwie in die sozialinkompetente Schiene passte. Der Lockenkopf presste die Lippen etwas fester aufeinander, bedachte die Kiste, die er nach oben hievte und musste sich unweigerlich glücklich schätzen, wie gut er es familiär eigentlich getroffen hatte. Dass die Dunkelhaarige schwieg, nahm der Lockenkopf nicht wirklich als negativ war, nicht als Zögern, was sie ihm erzählen konnte und was nicht. Das Thema, was sie hier unten unter Deck gefunden hatten, war alles andere als ein angenehmes oder leichtes – für Shanaya weniger als für ihn. Für ihn war es in erster Linie eher ungewohnt, die farblosen, rauen Pfeiler hinter der sonst so aufgedrehten Fassade zu erblicken, mit denen er noch nicht so recht umzugehen wusste. Shanaya war niemand, der gerne über ihre Probleme sprach – so viel Einschätzungsvermögen besaß er dann doch. Doch das bedeutete noch lange nicht, dass es ihr gut tat, es in sich zu verschließen, als würde es nicht existieren. Irgendwann fand sie schließlich doch die Worte für eine Antwort. Von der Seite her warf ihr der Musiker einen nichtssagenden Blick zu und schwieg nun seinerseits für einen Moment.

„Es sind nicht alle Familien so.“, verließ es schließlich seine Lippen, obwohl er keinerlei Grund hatte, für irgendetwas Rechenschaft abzulegen.

Und doch ahnte er, dass bei Shanaya nicht mehr als eine leere Floskel ankommen würde. Sie kannte es nicht anders, hatte womöglich nie erlebt, was es bedeutete, Rückhalt zu haben – egal, wie schwer die Zeiten waren.

„Manchmal muss man sie sich nur einfach selbst aussuchen.“ Die Fortsetzung nahm seinem ersten Satz ein wenig die Schwere und auch das Lächeln auf den Zügen des Älteren wurde zuversichtlicher, vielsagender. Für ihn hatte Familie nicht zwanghaft etwas mit Blutsverwandtschaft zu tun. Familie war das, was man gerne um sich hatte. Die Menschen, auf die man sich verlassen konnte. „Und was den Ehemann betrifft, fürchte ich, dass es vermutlich eher andersherum gelaufen wäre.“

Der Ernst wich ein wenig aus seinen Zügen, als er Shanaya kurz freundschaftlich und aufmunternd anrempelte und schließlich ein kleineres Fass neben ihr vom Boden auflas. Dabei musste er nicht einmal wissen, um wen es sich bei dem Vorschlag der Herrschaften Árashi gehandelt hätte.


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