12.08.2019, 20:43
Es war definitiv nicht gut, wenn man mit einem Degen zu einer Schießerei aufkreuzte. Was aber noch viel mieser war, war jemanden auf eine Verlobungsfeier einzuladen, um dann Jagd auf einen zu machen. Liam zuckte zusammen, als hinter ihnen das Donnern der Schüsse zwischen den Wänden der Gasse wiederhallte und der abplatzende Putz ziemlich deutlich zeigte, dass es nicht allzu viel gebraucht hätte und einer von ihnen hätte eine der Kugeln abgefangen. Wie von selbst fassten sie alle drei den gleichen Entschluss, bogen nach links ab und fanden sich vor einer kargen Mauer wieder, die ihnen den Weg versperrte. Ein fluchendes Zischen entwich ihm, während ihn die letzten Schritte tiefer in die Gasse hineinführten und sie feststellen mussten, dass es wirklich keinen anderen Weg gab. Sie saßen in der Falle. Na, das war ja schnell gegangen. Prima. Kaum, dass sie sich umgedreht hatten, hörten sie bereits, wie die Schritte ihrer Verfolger am Anfang der Gasse erstarben und sie ihnen mit hämischen Fratzen entgegenstarrten. Er schluckte, während sein Blick hastig von einer zur anderen Gestalt wanderte und sein Geist auf den Einfall wartete, der sie hier herausführen würde. Die Erkenntnis, dass das hier kein Hinterhalt war, der nur Farley, Shanaya und ihm galt, sondern ihnen allen, sickerte allmählich in sein Bewusstsein und mischte sich zu dem unangenehmen Knoten, der sich in seiner Magengegend mit Übelkeit zusammenzog. Die Jüngere an seiner Seite rutschte näher an ihn heran. Im ersten Moment verstand er nicht, dass sie einen Plan hatte, zuckte stattdessen abermals mit den Schultern zusammen, als sich ein weiterer Schuss löste, der zum Glück ebenfalls keinen von ihnen in die Knie zwang. Auf den gut gemeinten Rat ihres Gegenübers allerdings wog er lediglich den Kopf leicht hin und her, verzog die Lippen und blickte eindeutig so drein, als wäre er mit dieser Option absolut nicht einverstanden. Noch bevor ihm die Antwort allerdings auf den Lippen lag, forderte Shanaya seine Aufmerksamkeit, die ihm etwas in die Hand drückte, was er erst auf den zweiten Blick als Streichhölzer erkannte.
„Was -“, flüsterte er, bekam sein ‚hast du vor‘ aber nicht mehr rechtzeitig angehängt, bevor Shanaya bereits mit erhobenem Degen nach vorne schritt.
Jetzt musste es schnell gehen. Liam tauschte einen flüchtigen Blick mit Farley, der ebenfalls seine Waffe zückte und der Dunkelhaarigen zur Hilfe eilte. Wenn sie hier herauswollten, mussten sie ihre Verfolger unweigerlich zurückdrängen. Liam hatte einen Plan, dafür mussten sie aber mindestens den Rückweg in die vorherige Gasse erreichen, sonst würden sie sich nur selbst den Weg versperren. Sineca balancierte mittlerweile mit peitschender Rute und zu einer Fratze verzogenem Gesicht fauchend auf seinen Schultern. Tatsächlich bekamen seine beiden Kameraden ihre Verfolger zurückgedrängt und kaum, dass der Abstand zur gegenüberliegenden Hauswand einschätzbar war, verlagerte Liam den Griff um das Rumfass, welches er noch immer im Arm hielt.
„Hey, Rübennase – Fang!“, rief er in die Nacht hinein und wartete gar nicht, bis er Rübennases Aufmerksamkeit hatte, ehe er das Rumfass mit aller Kraft tief gegen die gegenüberliegende Hauswand warf, wo es zerbarst und seinen Inhalt auf der Straße ergoss. „Jetzt!“
In fast dem gleichen Moment wie seine Worte an Farley und Shanaya hatte er eines der Streichhölzer entzündet und in die Lache aus Alkohol geworfen, die sie nach rechts nun von ihren Angreifern abschirmte und ihnen einen weiteren Moment zur Flucht bot.