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Kapitel 5 - Melodie des Frühlings
Crewmitglied der Sphinx
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Skadi wusste ihren Fauxpas von vorhin geschickt zu umspielen, indem sie selbst noch einmal darauf anspielte. Liam wog überlegend den Kopf, ließ ein Schmunzeln aber die einzige Antwort sein, ehe er in der Tiefe verschwand. Vielleicht war Ryan nicht unbedingt der beste Mitwirkende einer solchen Vorstellung. Liam konnte sich nicht genau ausmalen, wie der Meisterdieb auf einen vermeintlichen Überfall einer wilden Bestie reagieren würde, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich zumindest einer dabei ernsthaft verletzte, berechnete er als ziemlich hoch. Ryan war niemand, der frei heraus über sich selbst lachen konnte oder wollte. Dazu kam er ihm viel zu ernst und verbissen vor. Vielleicht würde sich ein ruhiger Abend am Lagerfeuer eher anbieten. Eine Schauergeschichte und plötzlich ganz klischeehaft das Auftauchen des mystischen Wesens, kaum dass der Erzähler geendet hatte. Skadi davon abhalten, sich an Ryan zu versuchen, konnte er aber immer noch, wenn der Zeitpunkt gekommen war. Oder eben dabei zusehen, wie Ryan den Hintern versohlt bekam, wenn er sich mit ihr anlegte.

Das leise Ticken zwischen seinen Fingern hallte zwischen den steinernen Wänden wider, während er die kleine Uhr in den Fingern drehte und eine Jahreszahl auszumachen versuchte. Sie wirkte noch nicht wirklich verbraucht und war entweder recht neu oder sehr gut erhalten. Wenn man bedachte, dass sie es hier mit Kinderdieben zu tun hatten, die mit großer Wahrscheinlichkeit nirgends eingestiegen waren, um sich zu bereichern, lag die erste Vermutung wohl nahe. Niemand würde solch einen wertvollen und gut gehegten Schatz einfach in der Tasche mit sich herumführen. Als Skadis Stimme hinter ihm nach seiner Aufmerksamkeit verlangte, drehte er sich um und ließ die keine Uhr ganz automatisch ebenfalls in eine seiner Taschen gleiten. Neugierig sah er in die Richtung der Luke und war gespannt, was sie nun wieder aufgetrieben hatte, was ihnen von Nutzen sein konnte. Er brauchte nicht lange, bis er das Stück Stoff als ihr Kleid erkannt hatte und sich ein amüsiertes Grinsen auf seinen Zügen abzeichnete. Er hätte es sich denken können. Und die Tatsache, dass ihr Kleid nun hier unten und Skadi noch dort oben war, gaben ihm die Möglichkeit, sich darauf einzustellen, was er gleich zu Gesicht bekommen würde.

Das ist natürlich auch eine Möglichkeit.“, gestand er ein und warf einen kurzen Blick in die Richtung ihres Kopfes, den er am Ende der Leiter erkennen konnte, ehe er das Kleid vom Boden pflückte und sich wieder all den kleineren Schätzen im Raum widmete. Hinter ihm folgte schließlich die Jüngere die Leiter hinab. „Außer dem, was Menschen eben so in ihren Taschen mit sich tragen, noch nicht.“

Aber auch der Schmuck und das Gold waren definitiv nicht zu verachten und würden das Vorhaben, die Sphinx wieder auf Vordermann zu bringen, weiter vorantreiben. Sie mussten nur bedenken, dass sie bestenfalls auch noch unbemerkt mit ihrer Beute zurück zum Schiff kommen mussten. Sein Blick wanderte abermals großzügig über die Kisten und Kissen im Raum, doch etwas, was Skadis Beschreibung von Karten und Siegeln ähnlich sah, viel ihm nicht ins Auge. Währenddessen knotete er beiläufig die beiden Laschen ihres Kleides ohne große Berührungsängste zusammen, sodass eine recht einfache Art von Beutel entstand. Wenigstens ein bisschen mehr Volumen stand ihnen damit also zur Verfügung. Liam band ihn kurzerhand locker an der Leiter fest.

Die Jüngere suchte währenddessen weiter nach dem, was ihr offenbar ins Auge gefallen war, während sie sich um die Kinder gekümmert hatte. Der Blick des Musikers blieb kurz auf der Rückseite ihres Oberteils hängen, durch dessen Muster sich unauffällig aber deutlich eine dunkle Malerei erahnen ließ, die ihre Haut zierte. Durch die Stoffstreben war es schwierig, Genaueres zu erkennen, sodass er seine Aufmerksamkeit recht schnell wieder auf die Umgebung richtete und an einem schiefen Schrank zum Stehen kam, dessen Inhalt er sich besah. Ein paar staubige Krüge standen herum, daneben schlecht behandelte Bücher in Einbänden. Auch einen rostiger Brieföffner konnte er entdecken, aber nichts, was sich lohnen würde, mitzunehmen. Langsam arbeiteten sich seine Augen die Ablageflächen weiter nach oben und ließen sich auch nicht abbringen, als Skadis Stimme hinter ihm verkündete, offenbar fündig geworden zu sein. Erst, als er plötzlich ein Gewicht auf der linken Schulter spürte, sah er auf, blickte erst die Jägerin an und folgte dann ihrer Bewegung nach oben, wo er jetzt auch die Schatulle erkannte, die sie gemeint haben musste.

„Die Siegel?“, fragte er für den Fall, dass er nicht mitbekommen hatte, dass sich ihre Suche mittlerweile auf etwas anderes konzentriert hatte.

Neugierig fixierte er den hölzernen Fund, den die junge Frau vom Regal angelte. Als er spürte, dass das Gewicht von seiner Schulter nachließ und sie ihn nicht mehr als Stütze benötigte, ging er selbst in die Hocke, um einen kurzen Blick in eine von zwei verkanteten Schubladen zu sehen, die sich nur mit etwas Gewalt öffnen ließ. Doch auch hier war nicht wirklich etwas von Bedeutung auffindbar. Abermals suchte sein Blick im kleinen Raum nach einem Punkt von Interesse, bis er den Kopf aus der Hocke zu Skadi hob, um sich zu vergewissern, dass sie wirklich erfolgreicher gewesen war als er. Unwillkürlich wanderten seine Augen dabei ihren Körper hinauf und blieben nicht etwa an dem Teil ihrer Brust hängen, der verführerisch zwischen der locker verschlossenen Lasche ihres Bustiers hindurchblitzte, sondern etwas weiter unten an der dunklen Malerei, die auf ihrem Brustkorb zu sehen war. Liam besah sie sich einen Augenblick schweigend und war dabei nicht wirklich bemüht, unauffällig zu sein. Dass sie ihr Bustier nur locker verschlossen hatte, nahm er weder als Provokation noch als Test wahr. Er konnte sich gut vorstellen, wie unangenehm es sein musste, Tag für Tag verschlossen herumzulaufen. Da wusste er die lockeren Hemden durchaus zu schätzen. Er war kein kleiner Junge, der beim Anblick eines weiblichen Körpers völlig den Verstand verlor und vergaß, was er hatte tun wollen. Er wusste um die Ästhetik weiblicher Rundungen, wusste aber auch, wann Zeit war, sie zu genießen. Viel interessanter fand er in diesem Moment also die geheimnisvolle Zeichnung auf ihrer Haut, die ihn automatisch an fremde Kulturen erinnerte. Denn er schätzte Skadi nicht als eine Frau ein, die sich bedeutungslose Kritzeleien auf den Körper malen ließ. Sie war tiefgründiger, selbst wenn sie damit nicht wirklich hausierte. Liam hatte das Gefühl, dass sie mehr Geheimnisse hatte, als sie einen glauben machen wollte. Wie lange er das Mal einfach nur ansah, wusste er letztlich nicht mehr. Er wusste nur, dass ihn interessierte, was sie damit ausdrücken wollte.

„Was bedeutet es?“, drückte er schließlich seine Gedanken aus und spähte noch immer sitzend zu Skadi hinauf. Wenn sie ihn beobachtet hatte, wusste sie, wovon er sprach.


{ Skadi | Tunnel unter der Erde }
Crewmitglied der Sphinx
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Was Menschen in ihren Taschen bei sich trugen war eine reine Ermessenssache. Je nach Vorstellungskraft und persönlicher Erfahrung konnten das allerlei Dinge sein. Abhängig vom Volumen sogar sperrige Gegenstände wie Bücher, Dolche oder ein ausfahrbares Fernglas. Doch da sie sich hier nur für all das gütlich taten, was der Sphinx und der Crew nützte, blieben es wohl hauptsächlich Gold und Edelsteine. Den Schmuck allerdings sollten sie fernab dieser Insel an den Mann bringen. Die Nordskov hatte bereits einmal erlebt, wie gesuchtes Diebesgut beim Verkauft erkannt und der Verkäufer schmerzhaft abgeführt wurde. Sie würde sich für solchen Plunder also ungern in eine Zelle sperren lassen.

“Am besten versuchen wir alles, was klimpert in die Kissenhüllen einzuwickeln. Dann bekommen wir das Zeug ohne Aufsehen zu erregen aus der Stadt raus.“

Es schien als habe sie just Liams Gedanken gelesen, während sie akribisch nach ihrem „Goldschatz“ suchte. Zumindest würde es sich als nützlich erweisen, sofern sie Krüge und weitere Münzen in das umfunktionierte Kleid stopften. Die Stadtwache würde mehr als misstrauisch werden, wenn sie vollbepackt über die Straße liefen. Obendrein noch mit einem provisorischen Sack, der voller Gold und Schätze bei jedem Schritt klimperte.
Auf seine Frage hin, schüttelte sie nur ihren Kopf. Bemerkte erst, als sie bereits ihr Gewicht auf ihn verlagerte, dass er ihre Reaktion wohl kaum hatte sehen können, wo sich seine hübsche Vorderseite doch den Schubladen zuwandte.  Doch ihre Aufmerksamkeit fixierte sich ohnehin alsbald auf das kleine Kästchen in ihrer Hand, das sich recht schwer zwischen den langen Fingern wog. Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte sie die dunkle Maserung des Holzes und erkannte erst nach mehrmaligem Drehen und Wenden, dass die Schatulle keinerlei Öffnung besaß. Kein Wunder, dass sie bereits im Regal verstaubte – die Kinder hatten mit dem nutzlosen Teil kaum etwas anfangen können. Wenn sie die kleinen Kratzer und abgeriebenen Kanten richtig deutete, waren die kleinen Diebe sogar bereits dazu übergegangen, das Ding mit Gewalt zu öffnen. Scheinbar erfolglos. Ob sie selbst das Geheimnis des Kästchens lüftete, war fraglich. Skadi würde einige Tage brauchen, vielleicht sogar Shanaya um Hilfe bitten, die sie für schlau und belesen genug hielt, um sich mit solchen Rätseln auszukennen. Oder vielleicht Liam, dem sie sich in Zeitlupe zuwandte und erst aufblickte, als dieser eine seltsame Frage in den Raum warf.
Kurz blinzelten die braunen Augenpaare. Folgten dann erst dem Blick des Lockenkopfes und endete an dem tiefen Ausschnitt des ledernen Bustiers. Erst im zweiten Moment ahnte sie worauf er anspielte.

Ein Grinsen huschte über ihr Gesicht. Wurde stetig breiter, je länger sie wieder auf das 3-Tage-Bart Gesicht vor sich starrte. Er wusste allmählich so viel über sie, dass sie sich fragte, ob er nicht irgendwelche Zauber benutzte, um sie derart redselig zu machen. Eigentlich war es nicht ihre Art viel von sich Preis zu geben. Geschweige denn über sich oder ihre Gedanken zu erzählen.

“Mh…ich verrate dir dieses Geheimnis, wenn du mir im Gegenzug eines von dir erzählst.“

Abwartend hingen die schimmernden Bernsteine auf dem Antlitz Liams. Sogen jede seiner Regungen in sich auf, während die langen Finger die Schatulle in ihren Hosenbund klemmten. Sie brauchte frei bewegliche Finger für das, was sie gleich tun würde. Erst als er seine Zustimmung gab, löste sie langsam die verschlossene Lasche ihres Oberteils und gewährte dem Musiker einen ungehinderten Blick auf die feinen Linien ihrer Körperbemalung.

“Es steht für die unsterbliche Seele.“ Und dieser Begriff – so wenig er auch augenscheinlich zu der Nordskov zu  passen schien – bedeutete weitaus mehr, als man glaubte.
“Und für die ewig währende Liebe für unsere Familien und unsere Heimat.“
Für einen kurzen Moment sanken die noch erhobenen Mundwinkel hinab, während sie sprach. Verwandelten das freudige Grinsen in Wehmut. Zwar würde sie es nie laut aussprechen, doch sie vermisste ihre Brüder und Schwestern. Ihre Eltern. Ihre eigenen zwei Kinder. Doch genauso, wie sie um ihren Tod wusste, ganz gleich ob die verkohlten Überreste zu ihnen gehört hatten oder nicht, wusste die Nordskov instinktiv, dass sie ihre Liebsten in Valhalla wiedersehen würde. Bis dahin musste sie ihre Zeit in dieser Welt so sinnvoll wie nur irgend möglich verbringen.

[In einem Tunnel unter der Erde | direkt bei Liam]
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Je unauffälliger sie aus der Stadt kamen, desto besser für sie, keine Frage. Wenn sie Glück hatten, waren die Wachen noch immer zu sehr mit dem Aufruhr auf den Plätzen beschäftigt, sodass sie freie Bahn hatten. Blieb zu hoffen, dass die Kinder in ihrer Furcht tatsächlich davon gelaufen waren, um so viel Distanz wie möglich zwischen sie zu bringen. Hier drin hatten sie kaum eine Möglichkeit, zu entkommen, wenn man sie erst einmal festgesetzt hatte. Und Liam hatte wirklich keine große Lust, abermals in einen Kampf zu geraten, den sie vermutlich nur gewinnen konnten, wenn sie über Leichen gingen. Skadis Vorschlag, alles, was klimperte und klirrte noch einmal in eines der Kissen zu packen, war keine schlechte Idee. Im Augenblick wusste er auch nicht genau, wie weit sie vom Stadtrand entfernt waren. Hätten sie erst einmal die Wildnis der Insel erreicht, würde wohl kein Hahn mehr nach ihnen krähen. Aber bis dahin mussten sie auf Glück hoffen. Aber das Glück war Liam ja normalerweise eher milde gestimmt. Wenn sie schon nicht mehr fanden außer Gold und Schmuck, dann sollte ihnen wenigstens die unerkannte Flucht gelingen.

Den Plan, sich zu beeilen und schnellstmöglich das Weite zu suchen, durchkreuzte er allerdings selbst. Eigentlich war das hier keine Situation, die dazu einlud, sich alle Zeit der Welt zu lassen. Ein düsterer Tunnel, dessen Geheimnis einem ohnehin schon ein flaues, wenn auch aufgeregtes Gefühl in die Magengegend trieb. Das Wissen, dass jeden Augenblick die Wachen Spalier stehen konnten, um sich ihrer anzunehmen. Jegliche Vernunft rief dazu auf, sich nicht länger als nötig mit der Suche nach besonderen Dingen aufzuhalten. Doch dann war da auch noch die Neugier, die Abenteuerlust und der Reiz, den das Ganze in ihm auslöste. Als gäbe es noch mehr Geheimnisse, die sich zwischen den staubigen Ziegeln der Mauer versteckten. Geheimnisse, von denen der kleine Reichtum hier drin ablenken sollte. Entgegen seiner Hoffnung allerdings fand er dieses Geheimnis nicht im Form eines weiteren Ganges, der weiter in die Tiefe führte. Genaugenommen hatte es nicht einmal etwas mit diesem Ort hier zu tun, was seiner Faszination aber keinen Abbruch tat, sie viel mehr nur noch etwas weiter schürte für die Frau, die grinsend vor ihm stand und zu ihm hinuntersah, ohne dass Liam ihr Lächeln wirklich zu deuten wusste. Er erwiderte ihren Blick und glaubte, ebenfalls einen Hauch Faszination darin zu erkennen, bis sie schließlich antwortete. Noch bevor der Ältere sich wirklich Gedanken darum gemacht hatte, ob er diese Abmachung überhaupt einhalten konnte, nickte er bereitwillig und nahm sich dem Anblick an, den sie ihm kurz darauf gewährte. Physisch wie psychisch.

Seine Augen wanderten nur kurz über die freigelegten Rundungen der Jägerin zurück zu der Malerei, die unter ihren Brüsten die Aufmerksamkeit auf sich zog. Er war kein Archäologe, der sich mit Völkern und Symbolen auskannte, doch er erkannte zumindest – oder glaubte zu erkennen – die Ewigkeit, die Skadi ansprach. Die Linien, die ohne Ende und ohne Anfang ineinander übergingen und fest verankert zusammenhielten, als könne sie nichts auf dieser Welt je trennen. Und je länger er sich das Symbol besah, desto deutlicher wurden auch die beiden ineinander verketteten Herzen. Ihre Stimme wurde leiser, schwerer und Liam fühlte ihre Stimmung für diesen flüchtigen Augenblick fast greifbar über ihnen hängen. Nicht, weil er mit der Nordskov fühlte, sondern weil er selbst unweigerlich daran erinnert wurde, was er verloren hatte und was ihn früher oder später erwarten würde. Unsterblichkeit. Etwas, von dem er wohl am aller weitesten entfernt war. Sein Blick hatte sich für wenige Herzschläge auf ihrer Haut verloren. Er blinzelte, als es ihm auffiel und hob den Blick wieder hinauf zu ihrem Gesicht. Ein leises Lächeln ruhte auf seinen Lippen, aber keines, welches mit der ausgelassenen Stimmung von eben zu vergleichen war.

„Es ist ein gutes Gefühl, sie ständig bei sich tragen zu können.“

Auch dieses Mal sprach er mehr oder minder aus Erfahrung. Auch, wenn er kein Mal trug, welches ihn an seine Familie erinnerte, so trug er doch zumindest noch immer das Armband mit sich herum, welches er unter Anleitung damals für seine Mutter gebastelt hatte. Er hätte es sich vermutlich wirklich nicht verziehen, hätte er es im Dschungel verloren. Im Stillen gebührte abermals Shanaya ein Dankeswort, die das Lederband mit den drei kleinen, purpurnen Steinen wiederentdeckt hatte. Er wusste, dass nun er an der Reihe war, ihre Abmachung einzuhalten. Liam überlegte, aber wirklich vieles, was er als ‚Geheimnis‘ betrachtet hätte, gab es in seinem Leben nicht. Vor allem nichts, was sie groß interessieren würde. Eine kurze Ewigkeit erwiderte er den Blick Skadis noch, ehe er die Augen zu Boden senkte und sich wieder aus seiner Hocke erhob, um sich kurzerhand abermals dem rostigen Brieföffner zuzuwenden, den er vorhin entdeckt hatte. Nicht, dass er plötzlich einen ungeahnten Wert darin erkannt hatte, aber er bewahrte ihn davor, Skadis Reaktion zu sehen. Dass er kein guter Pirat war, wusste er. Aber er rechnete nicht damit, dass sie ähnlich reagieren würde wie Talin. Besonders nicht mit ihrer Anerkennung dafür, dass er Prinzipien hatte, die er ungern über Board warf, die aber manchmal einfach umschifft werden mussten.

„Ich weiß nicht, ob das die Art von Geheimnis ist, die du dir vorstellst.“, begann er und drehte den Brieföffner zwischen den Fingern, ohne ihn wirklich anzusehen. „… Aber der Anblick der Morgenwind, die in ihre Einzelteile zerspringt, lässt mich immer noch nicht los. Ich habe kein Problem damit, mein Leben zu verteidigen, besonders nicht bei Menschen, deren Tod auch für die Allgemeinheit besser ist. Auf der Morgenwind waren aber nicht nur Verbrecher.“

Und mit ‚Verbrecher‘ meinte er gewiss nicht die gesellschaftliche Bedeutung, sondern die Menschliche. Er meinte Menschen, die andere instrumentalisieren und für ihre dunklen Machenschaften missbrauchten. Er meinte den Abschaum, der im Hintergrund agierte, weil er zu feige war, sich offen preiszugeben. Liam wusste nicht einzuschätzen, ob es schlau war, Skadi davon zu erzählen, aber um darüber nachzudenken, war es jetzt ohnehin zu spät. Sie musste nicht verstehen und wenn sie nun lachen und mit ihrem Anteil des Schatzes verschwinden würde, würde Liam auch gut damit leben können. Er trauerte nicht um das, was noch kommen konnte. Er wusste das, was war, zu schätzen und so erging es ihm auch mit den letzten beiden Tagen, in denen sie sich ein wenig besser kennengelernt hatten.

„Heute Morgen habe ich ein kleines Mädchen gesehen. Es hat bitterlich um ihren Vater geweint. Ihr Vater war wohl ein Teil der Besatzung der Morgenwind. Irgendein kleiner Fisch, der bloß versucht hat, genug Geld zu verdienen, damit sie nicht jämmerlich verhungern muss. Und nur wegen mir wird sie sich nicht einmal von ihm verabschieden können.“

Vielleicht hätte es wirklich eine andere Möglichkeit gegeben. Aber ihnen hatte die Zeit gefehlt. Und es hatte auch nicht mehr viel gefehlt und Liam wäre mit ihnen in die Luft gegangen. Mit einer langsamen Bewegung legte er den Brieföffner zurück ins Regal. Er brauchte einen Augenblick, um durchzuatmen und sich wieder um das Lächeln zu bemühen, dass seinen Ausbruch ein wenig herunterspielte. Jetzt waren sie zumindest quitt und Skadi konnte selbst entscheiden, was sie mit dieser Information anfangen wollte. Er hatte nichts zu verbergen und nichts zu verlieren.

„Ich fürchte, ich muss mir ein paar Dinge einfallen lassen, wenn du sie jedes Mal gegen eines deiner Geheimnisse tauscht.“, fiel ihm schließlich auf, als Skadis Blick wieder auffing und sein Lächeln wurde wieder ehrlicher, wahrer.


{ Skadi | Tunnel unter der Erde }
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Es war sogar mehr als das. Letztlich brauchte es auch keine Tinte unter der Haut. Keinen Talisman, von dem Skadi nicht wusste, das Liam selbigen trug. Dass er noch vor wenigen Tagen panisch danach im Unterholz gesucht und Shanaya ihm bereitwillig geholfen hatte. Nicht einmal im Geringsten hätte sie seinen Verlust mit Worten umreißen können – auch wenn sie mehr als jeder andere dazu im Stande war, das Gefühl zu teilen. Tausendfach. Nur der kleine Schimmer, der sich in seinen braunen Augen abzeichnete, machte deutlich, dass hier nunmehr zwei Menschen standen, denen die Familie wichtiger war, als alles andere auf der Welt.
Ein Lächeln schob sich über Skadis Lippen, als sie Liam eine Weile schweigend beobachtete. Verschwunden waren die bittersüßen Züge auf ihren Wangen, die ihr letztlich niemanden aus dem Totenreich zurück brachten. So sehr sie sich auch die Zeiten von damals zurück sehnte, gestand sie sich, wenn auch schmerzlich, immer wieder ein, dass es ihren Weg voraus nur erschweren würde. Ein zurückgewandter Blick verschloss die Augen für den Pfad, der vor ihr lag. Brächte sie dazu, unweigerlich zu stolpern oder an Ort und Stelle zu verwurzeln wie ein alter Baum. Weder das eine, noch das andere war etwas, womit sich Skadi zufrieden gab. Ganz gleich ob sie derzeit ein Ziel besaß, für das sich das Leben überhaupt lohnte – sie würde nicht stehen bleiben, um dem nachzutrauern, was sie vor vielen Jahren verloren hatte. Selbst wenn es bedeutete die harte Schale enger zu ziehen, die sich um ihre Seele gebildet hatte. Die unter Liams Worten knackte und ächzte.
Für einen Moment schien es ihr, als wandte er sich ab. Kurz darauf war ihr klar, weshalb sein Blick dem ihren nicht stand hielt. Sie sah die Bürde, die auf seinen Schultern thronte wie ein dunkler Schatten, dessen breites Grinsen dämonisch zu ihr hinüber blitzte. Hörte den unterdrückten Schmerz tief versteckt in seinen Worten und dem schwankenden Klang seiner Stimme. Fühlte das schwere Gewicht just auf ihrer Brust, als ihr eines deutlich bewusst wurde: sie hatte nicht eine Sekunde darüber nachgedacht, dass sie neben den ganzen Bastarden auch Unschuldige hinein zog. Sie selbst war so hasserfüllt und blind vor Rachsucht gewesen, dass ihr jegliche Verbindung zur Menschlichkeit gefehlt hatte. War sie also letzten Endes doch das Kind ihres Vaters? Darauf trainiert über Leichen zu gehen, ohne sie wirklich voneinander zu unterscheiden? Ein Schauer durchfuhr sie, drang von der Spitze ihres Scheitels bis tief in ihre Eingeweide und überzog ihre Miene mit dunklen Schatten. Als Kind hatte sie nie so werden wollen wie er. Ganz gleich wie wichtig ihr die Regeln und Normen ihrer Kultur waren und sie auf andere deshalb kalt und unbarmherzig wirken musste - wer sich bereitwillig in einen Kampf begab, wusste worauf er sich einließ. Wer allerdings zur falschen Zeit am falschen Ort war, sollte nicht Teil ihrer Blutspur werden, die sie seit Trithên mit sich zog. Sie hatte sich immer als Verfechterin des „ehrlichen Kampfes“ gesehen und nie eine Pistole gegen jemanden erhoben. Lediglich ihre Fähigkeiten genutzt, um Monster zu bestrafen, die – wie Liam es richtig ausdrückte – tot für die Allgemeinheit besser waren, als lebend.
Ein entkräftetes Seufzen stob durch die vollen Lippen. Gefolgt von einer kurzen Handbewegung, die ihre staubigen Finger über ihr Gesicht rieben.

“Du kannst leider nicht zurücknehmen, was du getan hast.“

Und dass er es gewesen war, der die Morgenwind in die Luft gesprengt hatte, erstaunte sie. Sie hätte alles darauf verwetten können, dass Talin oder Shanaya der Auslöser dafür gewesen waren. Aber niemand der so viel Moral besaß, wie der Lockenkopf, dessen Silhouette sie immer wieder mit den Augen umriss.

“Das kann niemand von uns.“

Langsam trat sie näher, lauschte in die Stille des Raumes hinein. Horchte auf das stetige und lauter werdende Pochen hinter ihrer Brust.

“Aber es liegt allein in deinen Händen, das Beste daraus zu machen.“

Ob es Sühne war, der tiefe Wunsch nie wieder dergleichen zu tun oder ab da an für andere einzustehen – es oblag ganz allein seiner Entscheidung. Denn das war es, was sie letzten Endes ihr Leben lang taten. Entscheidungen fällen, ohne zu wissen, welchen Ausgang sie nehmen würden. Und Skadi zweifelte nicht daran, dass Liam dazu im Stande war, das Richtige zu tun. Dass er wusste, wie er die Leben, die er unfreiwillig genommen hatte, ehrte.

“Und das wirst du, da bin ich mir sicher.“

Langsam wandte sich sein Kopf herum, als sie nur noch eine Hand breit von ihm entfernt zum Stehen kam. Begegnete ihr mit einem Lächeln, das Skadis Brust in warme Watte hüllte und die Schatten ihres Gesichts zurück in ihre Abgründe verbannte. Eine Weile musterte die Nordskov den Älteren schweigend, fixierte das warme Braun seiner Augenpaare, in denen sich immer klarer das flackernde Licht der Lampen und Kerzen abzeichnete.

“Ein Geheimnis für ein Geheimnis.“ flüsterte sie. Spürte wie sich das Lächeln auf ihren Lippen weitete und allmählich von ihren Wangen zu den Augen hinauf klomm. Langsam, fast bedächtig und zaghaft, hob sich die Nordskov auf die Zehenspitzen. Näherte sich wie zuvor ihn der Dunkelheit der Gasse dem braungebrannten Gesicht des Lockenkopfes ohne ihren Blick von ihm zu nehmen. Lehnte sie zur Seite und berührte mit ihrer Wange, fast die seine. Die Wärme, die von ihm ausging, durchfuhr bebend ihre Knochen und hinterließ ein angenehmes Kribbeln auf ihrer Haut.
“… und ich besitze viele davon.“, hauchte sie ihm in sein Ohr. Musterte seine Miene aus den Augenwinkeln, bevor sie langsam zurück wich und eine Hand breit vor ihm auf die Füße zurück glitt. Mit einem Schmunzeln auf den verdreckten Zügen, das alles bedeuten konnte.

[In einem Tunnel unter der Erde | direkt bei Liam]
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Was hätte er sonst noch für eine Möglichkeit gehabt? Ihr zu erzählen, dass seine Mutter sich selbst umgebracht hatte, als er noch ein Kind gewesen war? Ganz davon abgesehen, dass es für ihn nichts war, was er zu verheimlichen hatte, wäre es ihm vorgekommen wie eine billige Masche, auf die Bedeutung ihrer Körperbemalung zu reagieren. Auch, wenn ihn der Verlust zweifellos geprägt hatte, trauerte er dem Ganzen nicht nach. In gewisser Weise verstand er die Reaktion sogar und konnte sich jetzt, wo er erwachsen war, durchaus gut vorstellen, dass es der einfachste Weg gewesen war, mit ihrem Schicksal umzugehen. Mit ihrem selbsterwählten Ende hatte sie nicht nur sich befreit, sondern auch seinen Vater – und damit unweigerlich auch ihn, den kleinen Jungen, der fortan mit seinem Vater durch die Welt gereist war. Seitdem war er nicht mehr auf Yvenes gewesen und er wusste auch gar nicht, ob er jemals dorthin zurückwollte. Heimat war für ihn fast gleichbedeutend mit Familie. Und zu seiner Familie zählte nicht nur sein Vater, sondern auch all die Freunde, die er in dieser Welt getroffen hatte. Selbst, wenn sie getrennt voneinander reisten, wusste er, dass es bei einem Wiedersehen so gewesen wäre, als hätten sie sich nicht eine Ewigkeit nicht gesehen. Eine andere Möglichkeit wäre der Fluch gewesen, der seine Familie Generation für Generation heimsuchte und ihr Schicksal besiegelte. Auch das war nichts, woraus er zwingend ein Geheimnis machte, aber er zog es vor, selbst nicht darüber nachzudenken.

Dass ihm schließlich ausgerechnet die Morgenwind in den Sinn gekommen war, war reiner Zufall gewesen. Vielleicht, weil ihr Anblick ihn tatsächlich beschäftigte, doch Liam wusste, dass sich auch das mit der Zeit legen würde. Vielleicht aber auch, weil sie dieses Erlebnis tatsächlich verband. Auf unterschiedlichen Ebenen und Perspektiven zwar, aber möglicherweise kam es ihm gerade deshalb als geeignet vor, seinen Teil der Abmachung einzuhalten. In diesem Moment war sich Liam durchaus bewusst darüber, dass es gewagt war. Auch, wenn sie die letzten Tage einiges an Zeit miteinander verbracht hatten, waren und blieben es lediglich zwei Tage, die nicht einmal im entferntesten reichten, um sich wirklich gegenseitig kennenzulernen. Er wusste nicht, was er zu erwarten hatte und hoffte insgeheim auch eigentlich darauf, nicht wie ein kleiner Junge bedauert zu werden. Ja, es beschäftigte ihn, aber das war nichts, wobei er Hilfe brauchte. Zeit, Zeit war alles, was das Bild schließlich verdrängen konnte und so lange musste er eben damit leben. Es war nicht das erste Mal, dass etwas anders lief als geplant. Und wie Skadi richtiger Weise feststellte: Bereuen änderte nichts an der Tatsache, dass es passiert war. Aber Bereuen ehrte zumindest die, die unbeteiligt ihr Leben hatten lassen müssen. Auch, wenn die Jüngere im ersten Moment verständnisvoll klang, ließ sie ihr weiterhin die Option offen, zu lachen. Wer mit Piraten segelte, durfte sich nicht beschweren, dass sie sich auch wie Piraten benahmen. Aber Liam wunderte sich nicht darüber, denn die Crew der Sphinx war alles andere als eine normale Piratencrew. Immerhin war er noch da und hatte sich offensichtlich dazu entschieden, auch weiterhin ein Teil dieser Crew zu sein.

Als Skadi fortfuhr, verrauchte die Möglichkeit, sie würde ihm mit einem amüsierten Grinsen begegnen, sobald er nur aufsah. Sie klang nicht nur verständnisvoll, sondern gar nachfühlend, ohne dass er genauer hinhören musste. Liam nickte, wenn auch ein bisschen abwesend. Obwohl er nicht wirklich etwas erwartet hatte, überraschte ihn Skadi abermals. Sie war so wild, so frei und verstand doch um einiges besser worum es im Leben ging als mach anderer. Sie war geheimnisvoll und offen zugleich und obwohl er sie Stück für Stück besser kennenlernte, hätte er sich niemals eingebildet, sie besser einschätzen zu können. Das Gesicht des kleinen Mädchens flackerte vor seinem inneren Auge auf und er hatte das Gefühl, getan zu haben, was er konnte. Er konnte keine Toten wieder lebendig machen, aber wenigstens ein leises Lächeln hatte er in diesen schweren Zeiten auf ihr Gesicht zaubern können. Für alles weitere waren ihm die Hände gebunden.

Wie nah die Kurzhaarige schließlich vor ihm stand, wurde ihm erst bewusst, als er sie wieder gezielt anblickte. Ihre letzten Worte spürte er förmlich auf seiner Haut, spürte die Luft, die beim Sprechen sanft und lockend seine Lippen umspielte. Während er ihrem Blick eben noch ausgewichen war, ruhten seine Augen nun wieder fest auf ihren dunklen Seelenspiegeln, die fast schon fordernd in die seine starrten. Er rührte sich nicht, als Skadi schließlich auch die letzten Zentimeter überwandt und er ihre angenehm warme Wange an seiner spürte. Sein Blick blieb geradeaus gerichtet – auf die Stelle, an der Skadis Gesicht noch vor wenigen Sekunden verharrt hatte und seine Lippen formten sich zu einem Lächeln, als ihre Worte leise und herausfordernd in sein Ohr drangen. Die Distanz, die sie schließlich wieder zwischen sie brachte, war kaum nennenswert. Liams Züge spiegelten den Ausdruck auf Skadis Gesicht. Die Erwartungslosigkeit war verschwunden und stattdessen spürte nun selbst er die Spannung, die sie förmlich knisternd umgab. Er erkannte die Erwartung in Skadis Zügen, die Neugier darauf, was er nun zu tun gedachte. Ganz gleich, wie lange es ihm vorkam, ihren Blick schlicht und einfach zu erwidern und auf die kleineren Regungen ihrer Augenpartie zu achten – im Grunde dachte er nicht lange darüber nach, was er tat. Schließlich war er es nämlich, der den Kopf die wenigen Zentimeter senkte, bis seine Lippen die ihren berührten. Er spürte sein Herz nicht schnell, aber kräftig gegen seinen Brustkorb schlagen. Sie konnte diesen Kuss ruhig als Schwur verstehen. Als Schwur, dass er vor hatte, seine Worte in die Tat umzusetzen.

„Ich freue mich auf jedes einzelne davon.“, hauchte er fast lautlos, als er sich von ihren Lippen löste, aber keinen Zentimeter weiter zurückwich. Für einen Moment ließ er das Gesagte im Raum stehen, erwiderte lediglich fest ihren Blick. Und dann, mit beinahe der gleichen Stimmlage fuhr er fort. „Vielleicht sollten wir uns jetzt den Schätzen widmen, bevor wir doch noch erwischt werden.“

Die Herausforderung in seinem Blick wich wieder dem gutgelaunten Ausdruck auf seinen Zügen, als er den Kopf langsam wieder hob und sich letztlich nach Kissen umsah, um sie, wie Skadi vorgeschlagen hatte, neben ihrer eigentlichen Daunenfüllung noch mit Gold zu bereichern.


{ Skadi | Tunnel unter der Erde }
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Die erste, die nach dem Schuss etwas hervorbrachte, war Talin. Ihre Worte lenkten Luciens Aufmerksamkeit zurück zu ihr und der Ausdruck in den tiefgrünen Augen hellte sich für einen Moment auf, als er ihrem genervten Blick begegnete. Trocken-amüsierter Spott lag auf seinen Zügen, der verriet, wie ernst er ihren gezischten Tadel tatsächlich nahm. Wahrscheinlich genau so ernst, wie sie ihn meinte.
Dann jedoch verlangte der Fremde seine Aufmerksamkeit, der seine Fassung offensichtlich wiedergefunden hatte. Und seinen Hang zum Schwafeln gleich mit. Der 21-Jährige musste schwer an sich halten, nicht die Augen zu verdrehen. Offensichtlich hatte er es mit jemandem zu tun, der Gefahr lieber mied, statt ihr zu begegnen. Eine Eigenschaft, die Lucien völlig abhanden gekommen war. Es gab weit schlimmere Dinge, als den Tod. Ihn fürchtete er nicht und demzufolge auch nichts, was ihn möglicherweise nach sich zog. Nicht mehr.
Demzufolge ließen ihn auch die Worte des Älteren völlig kalt. Er war niemandes Freund – wobei er sich ziemlich sicher war, dass Shanaya ihm zustimmen würde – Talin war nach wie vor nicht in Gefahr, solange sie beide am Leben und bei Kräften waren und Lucien hatte mit Predigern ungefähr so viel Geduld wie mit Gauklern und Wahrsagern. Im Endeffekt konnte er also zumindest das genervte Seufzen nicht unterdrücken.

Ich hätte ihn doch lieber erschießen sollen.

Als Shanaya ihm in diesem Augenblick mit vollendeter Gelassenheit das Schulterblatt tätschelte und ihn an ihre amüsante Faszination für seine linke Hand erinnerte, verlockte ihn das fast zu einem kleinen Schmunzeln. Doch die Bewegung vor ihm riss all seine Aufmerksamkeit wieder zurück auf den Fremden. Seine Finger schlossen sich unwillkürlich fester um den Griff seines Dolches, doch noch ließ er ihn stecken, bis der Ältere inne hielt und sich an Talin wandte. In diesem Augenblick wurde das Bedürfnis, die Klinge zu ziehen, geradezu übermenschlich. Bei allen Welten, dieser Kerl ahnte gar nicht, wie sehr er ihm gerade auf den Zünder ging.
Doch die organisierenden Rufe auf dem Platz hinter ihnen verhinderten, dass er die Waffe doch noch zog. Seine Hand blieb, wo sie war, doch er versteifte sich lediglich, als der Fremde auf einer Höhe mit ihm war und ihn anzurempeln wie bei einem verdammten Hahnenkampf – was für eine traumhafte Gelegenheit, um ihn einfach abzustechen – und entspannte sich, kaum war er an ihm vorbei.
Dann endlich warf er einen Blick über die Schulter zu seiner schwarzhaarigen Begleiterin. Auf seinen Lippen schon fast wieder ein amüsiertes Schmunzeln.

Nach dir, Shanaya.“ Sie würden wieder kommen. Denn jetzt war ihm genauso danach, seinen Blutdurst zu stillen.

Und du sei nicht so vorlaut.“, wandte er sich mit sanftem Spott an seine Schwester, schob die ungeladene Pistole in seinen Gürtel und ging zu ihr hinüber. „Alles in Ordnung?“ So viel Zeit muss sein und immerhin war das eh die Richtung, in die sie gleich flüchten mussten.

[Seitengasse am Brunnenplatz | Shanaya, Talin & Sylas]
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Ihre neuen Bekannten mussten nichts sagen, damit Lissa die Antwort kannte. Sie sahen beide aus, als hätte sie statt nach einem Namen gefragt, ihnen mit einem Hammer auf den Schädel gehauen. Einem sehr schwerem Hammer. Der eine der beiden – nicht ihr Hübscher – ließ sogar seine Pinzette fallen. Und der Quirlige schmiss alles um. Sie brauchte wirklich keine Antwort, aber sie gaben sie ihr.
Lissa wusste nicht, ob es ihr in so einer Situation erlaubt war, zu lachen. So lange sie den verloren Gegenständen auch schon half, die Reaktionen der Menschen fielen immer unterschiedlich aus. Hass, Verleumdung, weil sie Dinge aufwühlte, die vergessen werden wollten. Trauer, Wut, weil sie an Erinnerungen rüttelte, die zu schmerzhaft waren. Pure Freude, weil sie die eine Sache brachte, die Hoffnung auf Veränderungen gibt. Aber eine Emotion war immer gleich: Unglaube, bis es dann schließlich Realität wurde. Sie sah diesen Moment auch bei den Beiden. Die Hoffnung, es wäre etwas, was sie brauchten. Es beruhigt sie, dass die beiden ihr nicht den Kopf abreißen wollten, weil sie ihnen den Zettel hinhielt.
Ein beruhigendes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, als ihr Hübscher einfach quasselte und quasselte. Er wusste nicht wohin mit sich, was er tun sollte, dass sah sie. Also würde sie ihm eben seine Fragen so gut sie es konnte beantworten.
Es ist schwierig deine Fragen zu beantworten. Nein, ich habe ihn nicht gelesen, nie. Aber...“ Sie drehte das Papier und legte es dann auf ihre Flache Hand. Etwas vergilbt standen die Namen Trevor und Gregory darauf. „Ich kann lesen. Und abgesehen von der Tatsache, dass eure Namen da stehen, schreit der Brief nach euch.

Woher sie wusste, dass es von jemandem Namens Aranne war, ließ sie an der Stelle besser unkommentiert. Das würde zu viele Erklärungen mit sich bringen, die sie nicht geben konnte.
Kurz darauf blinzelte sie erstaunt und neigte dann kaum merklich den Kopf.

Ich kann ihn vorlesen, natürlich.“ Langsam entfaltete sie das Blatt, sodass noch ein zweites darin zum Vorschein kam. Mit einem leisen Räuspern, hob sie die beiden Blätter.

30.4.741
Mein lieber Trevor,
ich schöpfe wieder Hoffnung. Nach den Strapazen unserer Reise, haben wir endlich einen sicheren Ort erreicht. Es gäbe so viel zu berichten! Die Menschen, die hier leben, ihre Kultur, ihre Kleidung, so vollkommen einzigartig. Die Stadt, die Umgebung, alles ist so neu und ganz anders, dass ich dir am liebsten alles bis ins kleinste Detail berichten würde. Ich möchte, dass du spürst, wie sich die trockene Luft auf der Haut anfühlt, wie die Tiere hier klingen – es würde dir gefallen. Es gäbe so vieles zu berichten und doch ist es mir verboten dir mehr zu erzählen. Oh, Trevor, du würdest es bestimmt lieben! All die Abenteuer, die hier auf einen warten, es ist unglaublich. Schade, dass Daniel und ich keine Zeit für das haben werden, sondern uns wieder unserer Aufgabe widmen müssen, nachdem wir uns erholt haben. Ich kann dir immerhin so viel erzählen, dass wir ab hier mit einem Schiff  mit dem schönen Namen Solas na Maidne weiter zu neuen Gefilden aufbrechen können. Es ist schon lustig ein Schiff der 5. Welt hier zu finden. Aber lass mich von Anfang an erzählen, so weit ich es kann:
Dein Onkel – er grüßt dich und Gregory lieb – und ich waren vor einem Monat auf der anderen Seite dieser von allen verlassenen Insel gestrandet. Wir mussten unser Schiff zurücklassen, damit...
...

Kannst du das glauben? Diese Pflanzen haben uns das Leben gerettet! So etwas faszinierendes habe ich noch nie erlebt. Daniel hat ein paar von ihnen einpacken wollen, um sie sich später genauer anzusehen und sich dabei natürlich verletzt. (Ich konnte es mir nicht verkneifen,  zu lachen.)
Meine Güte, jetzt ist der Brief schon ganze drei Seiten lang. Ich muss jetzt aufhören und hoffe dir bald wieder schreiben zu können. Ich bete zu allen Sieben Welten, dir meine kleine Sammlung selbst geben zu können, damit ich dir lustige Geschichten dazu erzählen kann.
Pass gut auf dich auf. Mach deinem Cousin nicht zu viele Probleme!
In Liebe,
deine Mutter Aranne.


Lissa ließ langsam die Zettel wieder sinken, faltete sie zusammen und hielt sie auffordernd den beiden hin. Es war nicht an ihr, diese Zeilen zu behalten.



Bei Trevor und Gregory

[Am Alleshändlerstand]
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Ihr Angebot schien ihn nicht wirklich zu reizen. Er ging einfach. Nicht ohne noch ein paar nette Worte an sie alle zu richten. Schweigend beobachtete sie, wie er sich vor Lucien aufplusterte und dann das Weite suchte. Talin konnte einen Seufzer nicht unterdrücken, ebenso wie den Gedanken, dass ihr Bruder recht behielt. Er hätte ihn erschießen sollen. Wie konnte man nur so viel reden ohne wirklich etwas zu sagen? Dieser Funke, den sie zu sehen gemeint hatte, war wohl doch nur Einbildung gewesen. Viel Gerede wenig Handlung. Obwohl sein Kampfstil nicht schlecht gewesen war. So oder so, verspürte sie nicht das Bedürfnis, ihn zurückzuholen und anzubetteln, doch mit ihnen zu kommen.
Die Blonde schüttelte den Kopf, hob die Rechte und massierte sich kurz den Nacken. Es erschien ihr unbegreiflich, wie sie sich so hatte irren können. Nun ja, sie würde ihn vermutlich nicht wieder sehen und dementsprechend konnte sie sich auch entspannen. Wenigstens wurde sie dann nicht übers Knie gelegt und zur Tode gequasselt.
Ein leichtes Stechen an ihrer Hüfte, ließ sie auf die kleine Wunde gucken, als Shanaya sich einmischte. Es freute Talin, dass die Jüngere den Mann einfach nicht weiter kommentierte, sondern sich auf wichtigeres konzentrierte. Der Mob würde sicher bald hierher vordringen und sie sollten dann weg sein. Auf dieser Insel im Gefängnis verrotten? Nein, danke.
Sie wollte schon etwas auf Shanyas Frage sagen, da lenkte Lucien sie aber mit seinen Worten ab. Talin blinzelte ein paar Mal, bevor sie die Stirn in Falten legte und die Nase leicht kraus zog. Sie wusste schon, dass er sie nur aufziehen wollte, aber er musste es ja nicht gleich so sagen. Als er vor ihr stand, sah sie ihn finster an.

Ich bin nicht vorlaut, wenn ich nun mal die Wahrheit sage.

Sie hielt den finsteren Blick noch ungefähr eine Sekunde lang aufrecht, bevor sie nach Luciens Hand griff. Mit einem feinen Lächeln drückte sie diese sanft.

Alles gut. Viel Drama um nichts und der kleine Streifschuss bringt mich schon nicht um.

Nochmals drückte sie seine Hand, bevor Talin sie losließ und an ihm und Shanaya vorbei zum anderen Ende der Gasse blickte. Vielleicht war es nur Einbildung, aber sie meinte die ersten Menschen schon näher kommen zu sehen.

Wir sollten verschwinden. Auf zum Schiff und sehen, ob die anderen wenigstens ein paar nützliche Dinge gefunden haben.

[Seitengasse am Brunnenplatz | Lucien, Shanaya und Sylas]
Taranis Ives
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Es war nicht so, dass Aspen Montrose bis jetzt einen guten ersten Eindruck auf ihn gemacht gehabt hätte. Wirklich nicht. Es war auch nicht so, dass viel zu zerstören gewesen wäre, wenn man bedachte, dass er sich zuvor schon hatte denken können, dass er seinen Bruder in eine Scheiße hinein gezogen hatte, aus der es kein Entkommen gab. Elian hätte es verdammt noch einmal besser getroffen gehabt, wenn Tanis ihn einfach entführt gehabt hätte!
Es war dennoch dieser Moment, in dem es endgültig vorbei war. Der Moment, in dem er den Jungen von sich warf, wütend und wie man ein Tier von sich warf, das einen angefallen hatte. Oder wie Choleriker eben Kinder von sich warfen, bevor sie ein paar Mal nachtraten.
Ich wünschte wirklich, ich könnte ihn töten… Leider war das keine Option. Es war Elians Bruder. Er mochte ihn. Liebte ihn. Und so wie er Elian kannte, hatte sich das auch durch den Tod des Vaters nicht geändert oder durch die Scheiße, die ihm sein großer Bruder eingebrockt hatte.

„Hey, alles - “ Bevor er seinen Satz zu Ende sprechen konnte, hatte Aspen den Jungen schon wieder hoch gerissen und nach hinten geworfen, zu Elian – ELIAN – und dem anderen Kerl, den er nicht kannte und nicht zuordnen konnte und in der Folge wohl zu Aspen gehörte. Elian, der dort stand, genau DORT und nun auf ihn zukam, ihn ansah – nun, nicht wirklich ihn, eher sein Kinn oder etwas dergleichen, aber er sah ihn seine Richtung, er kam auf ihn zu, er streckte die Hand aus und Tanis musste schlucken.

Ganz einfach. Streck deine eigene Hand aus. Lass dir hoch helfen. Du weißt noch, wie seine Hand sich anfühlt. Du weißt es noch zu genau. Es ist… Ruhig. Er wird dir aufhelfen. Du wirst Danke sagen. Ihr werdet da stehen, Hand in Hand und es wi-
„Woaaaaaah!“ Aspen riss ihn aus seinen Gedanken, was vermutlich auch besser so war. Es waren keine sonderlich guten Gedanken gewesen. Aber so stand er mit einem Mal auf den Füßen, etwas unsicher, schwankend, und hatte Aspen Montrose direkt vor der Nase, bis er wieder weg geschubst und bedroht wurde. Uh. Uuuuuuh…. Nuuuuuuun, wenn der junge Mann Streit wollte, dann –
Elian rettete sie beide vor einer Torheit. Oder vielleicht auch nur Tanis. Er hatte zu große Lust auf einen Messerkampf. Er hatte zu große Lust darauf, Aspen ein ewiges Grinsen ins Gesicht zu schneiden und ihm beizubringen, wie man Kinder behandelte. Er hatte zu große Lust darauf, sich davon abzulenken, dass Elian ihn immer noch nicht ansah.

Du bist ein ziemlicher Idiot, Ives.
War er immer schon gewesen. Er konnte keine große Freude von Elian erwarten.
Derzeit kannst du überhaupt nichts erwarten, du romantischer Vollpfosten. Der Mann blutet vor sich hin, die Wachen sind unterwegs und offenkundig sind alle voll und ganz dafür, ihn in eine Verfolgungsjagd zu zwingen, anstatt dir zu vertrauen, dass du ihn nicht umbringst oder einsperrst. Was vielleicht nicht GEGEN ihre grundsätzliche Menschenkenntniss spricht aber gerade unpraktisch ist. Hör auf mit der Melodramatik und mach dich nützlich!

Dennoch. Kein einziger Blick zurück.

Tanis schluckte es hinunter und marschierte zu der Hauswand. Wenn Aspen ihn versuchte abzustechen, würden sie ein Problem haben, aber zumindest wäre es ein Gefühl, bei dem er wüsste, was er zu tun hatte. Um nicht in Versuchung zu geraten, ignorierte er den älteren Montrose und schob Elian per Räuberleiter nach oben zu dem anderen Mitglied der Truppe, um dann mit Anlauf hoch zu springen und sich mühsam hoch zu ziehen. Wie Aspen hoch kam würde der wohl noch selbst hinbekommen.
Tanis konnte in der Ferne die Soldaten hören. Es wäre SINNIGER gewesen, unten zu bleiben, sie aufzusuchen und davon zu locken. Er hätte es gekonnt es hätte wohl geholfen. Aber es hätte auch dafür gesorgt, dass Elian auf Nimmerwiedersehen verschwinden würde.
Also…

Nein.
Tanis seufzte. Das war genau der Grund, aus dem er damals einfach abgetaucht war. Er hätte Elian niemals aktiv den Rücken zuwenden können.
„He.“ Um Elian nicht anzusehen – auch wenn er ihm dennoch immer wieder Blicke zuwarf, nur um zu kontrollieren, ob er noch stand, wie bleich er war, wie sein Atem ging, ob er ausblutete oder – konzentrierte er sich auf den Jungen. Es war nach einem kurzen Moment nicht schwer. Jung, viel zu jung für alles, mit zu großen Augen, zu wilden Haaren, zu knochigen Ellenbogen. „Bei dir alles in Ordnung?“ Er fragte es leise. Der Junge würde keinen Beschützer wollen oder brauchen. Nachfragen musste dennoch sein und Tanis konnte sich der ehrlichen Sorge nicht erwehren, die in ihm rumorte. Bei all seinem Hass auf Marineoffiziere hatte er eine schwache Stelle für Straßenratten. Es ergänzte sich zumeist auf herausragende Art und Weise.


{Bei Aspen, Scorpias, Elian und Farley auf den Dächern}
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Das Rauschen in ihren Ohren setzte für einen Herzschlag aus, als sich der dunkle Schopf senkte und die letzten Zentimeter überbrückte, die sie als Distanz zwischen ihnen geschaffen hatte. Natürlich war ihr unterbewusst klar gewesen, dass ihr Verhalten keine Zweifel mehr daran offen ließ, wie sie zu dem Lockenkopf stand. Dennoch war sie nicht mit der Absicht auf ihn zugegangen, seine Grenzen auszutesten. Ehrlich gesagt, hatte sie überhaupt nicht  nachgedacht und dem Adrenalin in ihren Adern die Kontrolle überlassen. Mit durchaus wiederholenswertem Ausgang wie sie fand. Genüsslich ließ sie sich in diesen kurzweiligen Kuss hinein gleiten. Schloss dabei die dunklen Augenpaare, um zu genießen, was sich ihr just bot. Schmunzelte breit  bei seinen Worten, die kribbelnd über ihre Lippen glitten und ihr ein leises Seufzen entlockten.

“Das will ich doch schwer hoffen.“, hauchte sie zur Antwort und streckte sich ihm ein letztes Mal entgegen. Benetzte seine Lippen mit einem sanften Kuss, der so gar nicht der wilden und unzähmbaren Art der Nordskov entsprach, ehe sich Liam gänzlich von ihr entfernte und sie breit grinsend zurück ließ. Schon lange hatte sie dieses Gefühl nicht mehr in ihren Knochen gespürt. Das aufgeregte Kribbeln, das sich von der Körpermitte in jede Gliedmaße erstreckte und einen zu Höchstleistungen trieb. Die Zeiten auf der Morgenwind mussten sie ausgezehrt und hungrig gemacht haben. Wäre dies nicht der rechte Ort dafür, wäre sie womöglich blind über ihn hergefallen. Doch so begnügte sich die Nordskov mit dem weiteren, leisen Versprechen, das er ihr gab und folgte ihm in Richtung der Kissen.
Mit gezücktem Dolch trennte Skadi behände die Nähte an der Borte des ersten Kissens, das sie zu fassen bekam und rupfte schamlos das weiße Innenleben heraus. Je Platz sparender sie ihr Hab und Gut zusammenpackten, desto unauffälliger konnten sie den vermeintlichen „Rucksack“ befüllen, der am anderen Ende des Raumes an der Leiter befestigt war. Achtlos landeten Federn, Daunen und Lammwolle in ihrem Rücken und machten Platz für Münzen und Schmuck, den Skadi fest einrollte und zu kleinen Stoffrollen formte.

“Weißt du schon, wie wir von hier auf das Schiff zurück kommen?“

Ehrlich gesagt hatte sie durch ihre unkontrollierte Hetzjagd durch die Hinterhöfe ein wenig die Orientierung verloren und durch Liam nicht mehr die nötige Konzentration gehabt, um sich einen erneuten Überblick zu verschaffen. Zwar glaubte sie nicht fern ab des Hauptmarktes zu sein, doch sonderlich sicher, war sie sich dessen nicht.
Kurz blickten die braunen Augenpaare von ihrem Handwerk auf und musterten den Lockenkopf. Noch immer hing ein freudiger Ausdruck auf ihren Zügen, wirkte zufrieden und vollkommen mit sich im Reinen. Würde Enrique sie so sehen, hätte er kaum geglaubt dieselbe Person wie sonst zu erblicken. Liam, dieser Hexer!

“Ich habe irgendwo zwischendrin die Orientierung verloren. Du könntest mich also zweifelsohne entführen… und wärst dann tatsächlich kriminell.“

Machte sie gerade einen Witz auf seine Kosten? Nun ja, Skadi gab Liam auf jeden Fall keinen Grund, es abzustreiten. Ihr Gespräch vom letzten Mal hatte sich fest in ihr Gedächtnis gebrannt – auch wenn ihr gegen Ende des Ausflugs einige Erinnerungsfetzen fehlten. Das Bier musste stärker gewesen sein, als erwartet.
Grinsend erhob sie sich von ihrem Platz, steuerte auf die Leiter zu und verstaute die zusammengerollten Fundstücke in dem provisorischen Beutel. Wartete, bis Liam seinen Teil hinein tat und überlegte kurz, wie sie es am Geschicktesten um ihren Körper wickeln konnte.

“Wenn ich es vorn herum binde… könnte ich so tun, als würde ich ein schlafendes Baby mit mir herum tragen.“
Niemand würde nach der Echtheit dieser optischen Täuschung forschen, wenn sie eines der Tücher darüber legte. Angesichts ihrer zerschlissenen Hose allerdings, konnte schon jemand misstrauisch werden.

"Ein ziemlich fettes Baby..."

[In einem Tunnel unter der Erde | direkt bei Liam]


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