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Kapitel 5 - Melodie des Frühlings
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Feb 2018
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#81
Elian atmete mehrfach tief durch. Reiß dich zusammen, schalt er sich selbst wütend, versuchte, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Leicht war es nicht. Von den ganzen Emotionen, die durch den Schock, so unvermittelt seinem Bruder gegenüber zu stehen, durch ihn hindurch tobten, wusste er letztlich gar nicht, was er empfinden sollte. Er fühlte sich wie fremdgesteuert, wie ein Gast in seinem Körper.

Da war die Angst, wie ein Blitz der ihn durchfuhr. Zwei Montroses für den Preis von einem, die vom Galgen baumelten... was wäre das wohl für ein Tag für Mîlui. Wenn sie Aspen nach dieser ganzen Zeit wegen mir erwischen und töten, kann ich nicht mehr mit mir leben. Sieht zum Glück so aus, als ob ich es auch nicht müsste.

Dann war da die unendliche Freude und Erleichterung. Er wollte sie nicht spüren, aber Aspen lebte, sein großer Bruder lebte, und egal wie enttäuscht und aufgebracht war, am Liebsten wäre er Aspen direkt wieder um den Hals gefallen und hätte ihn nie wieder losgelassen.

Und ja, da war der Zorn, selbstredend. Nicht mal unbedingt darüber, dass Aspen Elians Leben ruiniert hatte - Elian hätte sein Leben jederzeit gegeben, um seinen Geschwistern zu helfen, und wenn er ehrlich war wusste er verdammt gut, was Aspens Intentionen gewesen waren. Niemand, nicht einmal Elian selber, hätte ahnen können, dass er so kurz nach dem Streit mit seinem Vater in dessen Schreibstube auftauchen würde. Oder dass er ausgerechnet dort ertappt werden würde. Es war Pech gewesen. Pech und, na gut, überstürztes Handeln von Aspen, aber wen kümmerte das schon?

Nein, was ihn wirklich wütend machte, war die Tatsache, dass Aspen durch seine Gedankenlosigkeit ihrer beider oberste Priorität - Charlis Freiheit - endgültig kompromittiert hatte. Wenn sie sich abgesprochen gehabt hätten... Nein, keine Zeit. Keine Zeit mich jetzt dahinein zu steigern.

Jetzt war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, über diese Dinge zu diskutieren. Elian konnte kaum fassen, dass er sich überhaupt dazu hatte hinreißen lassen, Aspen anzubrüllen, während sie sich eigentlich vor Wachen versteckten. Er konnte eine ganze Reihe von Dingen, die er in den letzten Minuten getan hatte, nicht so recht fassen. Der Schock. Ich bin immer noch vollkommen neben mir. Er unterdrückte den Impuls, dieses Mal sich selbst zu ohrfeigen. Ich muss mich zusammenreißen. Funktionieren. DENKEN! Oder wir gehen beide drauf. Oberste Priorität: Weg hier. Aber wohin?

Plötzlich baumelte da ein kleiner Junge direkt vor Elian und erschreckte den jungen Arzt, dessen Nerven wie Drahtseile zum Zerreißen gespannt waren, fast zu Tode.

„Was zur...“

Elian unterbrach sich selbst, ehe er fluchen oder dämliche Fragen stellen konnte, sah stattdessen zu seinem Bruder und griff zögerlich nach dem Laken, das ihm vor die Nase gehalten wurde.

„Freund von dir, nehme ich an?“ Er wandte sich von seinem Bruder direkt an den Knaben. „Was ist dein Plan?“

Sie hatten keine Zeit zu verschwenden, also redete er so kurz angebunden, wie er nur konnte. Er war immer noch wütend auf Aspen, das half immens.

Bevor aber irgendjemand ihm antworten konnte, kam Aspens Begleiter, dem Elian bislang überhaupt keine Beachtung hatte schenken können, von hinten an sie heran gekeucht, verwarf den Einfall des Kindes und warnte vor weiteren Verfolgern. Elian stutzte, als er den Mann sah, aber er konnte nicht ganz festmachen, warum dieser ihm bekannt vorkam. Verdammt. Er hatte in seiner Zeit bei der Marine schlicht zu viele Gesichter gesehen. Und jetzt definitiv nicht die Muße, sich über die Identität des Fremden - oder vielleicht-Bekannten - den Kopf zu zerbrechen. Und sie hatten auf keinen Fall Zeit, sich tausendundeinen Plan in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen.

"Weglaufen ist schön und gut, aber ohne einen Ort, an den wir uns flüchten können, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie uns schnappen."

Er drehte sich in Richtung Marktplatz, kontrollierte, ob er bereits Wachen entdecken konnte. Noch war die Luft rein - aber das konnte sich jeden Moment ändern!

(In einer Seitengasse mit Aspen, Scorti und Farley)
Crewmitglied der Sphinx
für 0 Gold gesucht
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#82
Eigentlich war er ja sauer. Ziemlich sogar. Aber da war dieses halb wutverzerrte, halb verdutzte Gesicht des pummeligen Schmuckhändlers, als der zum zweiten Mal von seiner eigenen Wache zu Boden gerissen wurde! Trevor könnte sich kugeln! Bedauerlicherweise war dazu auf dem Boden zwischen all den Scherben und Schmuckstücken und gierigen Straßenkinderfingern nicht sonderlich viel Platz, also prustete er nur laut los.

„Das war ein verflucht guter– eeey! Das ist meine!“, er schnappte einem Kind in kurzen Hosen und löchrigem, gelblichem Hemd die Kette mit den violetten Steinen aus der Hand. Wo war er noch gleich gewesen? Ach ja: „– verflucht guter Schlag, Feu–, nein, ich mein, oh Mann, Maaaariiiuuus!“

Dieser Name! Er schüttelte sich vor Lachen und brauchte mehrere Anläufe, bis er die Kette in die Tasche seiner Hose gestopft bekam, von der er bis dahin gar nicht gewusst hatte, das er sie hatte. Was man nicht alles fand, wenn man es gerade brauchte! Was für ein Glück er doch hatte! Trevor wischte sich mit der Hand ein paar Lachtränen aus dem Gesicht, verteilte dabei vermutlich ein paar hübsche Streifen Straßendreck und angetrocknetes Blut darin, und hob den Blick, um den ehemaligen Captain zu fragen, was er denn mit der Tischdecke wollte. Doch der Rotbart war verschwunden. Stattdessen rappelte sich gerade schwankend, wankend und mit den Armen nach dem Gleichgewicht rudernd der Wachmann wieder auf und zog dem herbeieilendem Gregory dabei eins über. Trevor war auf den Beinen, noch bevor sein Bruder zu Boden ging.

EY! Pass ein bisschen auf, wo du mit deinen Patschern rumfuchtelst! Das ist mein Bruder!“

Er machte einen Schritt auf die beiden zu, wurde prompt an die Sache mit dem fehlendem Schuh und den Glasscherben erinnert und rettete sich fluchend auf ein langes, schmales Stück Holz. Vielleicht war das mal ein Tischbein gewesen, oder so was.

„Ist alles in Ordnung, Gre– hey, ja, das ist es, das ist mein Ungeheuer!“

Er strahlte den Gesellen an, der sein kleines, vielbeiniges Stoffmonster durch die Luft wackeln lies, sodass es aussah, als hätte es noch viel, viel mehr Beine, mindestens doppelt so viele! Greg seinerseits fluchte bei dem Anblick, woraus Trevor schloss, dass alles in Ordnung war. Er überlegte einen Moment, ob Höflichkeit ein lustiger Kontrast zu dem Chaos um ihn herum wäre, oder ob er sich einfach auf den Gesellen werfen, ihn zu Boden ringen und ihm das Ungeheuer entreißen sollte, was zu noch mehr Chaos führen würde und dann wäre Höflichkeit logischerweise ein noch lustigerer Kontrast. Schwere Entscheidung. Ach was, er würde das einfach spontan machen, genau.  In diesem Moment knurrte der Wachmann etwas in seinen blutigen Bart.

„Was?“, fragte Trevor, aus seinen Gedanken gerissen, ein bisschen verblüfft, aber mit echter Neugier.

Der Mann packte seine Holzlatte fester und kletterte über die Reste eines Glaskastens hinweg, dessen Scherben wie spitze Zähne in die Höhe ragten. Trevor lachte beim Anblick seines wackligen Ganges laut auf.

„Uh, Marius kann wirklich zuschlagen. Ich bin ein bisschen neidisch. Pass auf, sonst wirst du noch von den Trümmer gefr–urgh!“

Irgendetwas stieß ihm heftig in den Rücken, warf ihn von seinem Schwebebalken, er ruderte mit den Armen und mit den Beinen, kam mit dem nackten Fuß auf den Boden und den Glasscherben auf, versuchte viel zu schnell mit dem anderen Bein Halt zu finden, setzte den Fuß viel zu dicht vor den anderen, auch der zweite Pantoffel rutschte ihm halb vom Fuß, sein Knöchel knickte um, er stolperte, strauchelte und stürzte mit dem Gesicht voran auf die schiefe Platte eines Tisches, bei dem nur zwei Beine weggebrochen waren. Er drehte sich gerade noch rechtzeitig um, um die Holzlatte des Wachmannes auf sich zu rasen zu sehen.

[Marktplatz, Stand eines Juweliers | bei Gregory und nicht all zu weit von Cornelis]
Crewmitglied der Sphinx
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#83
Eine spöttisch hochgezogene Augenbraue war alles, was sie als Antwort erhielt. Er würde sich jetzt auf keine Grundsatzdiskussion einlassen, die seine explizite Wortwahl zum Thema hatte und später vielleicht in die philosophische Frage nach dem Sein oder Nicht-Sein abdriftete. Lucien verzichtete also darauf, die Schwarzhaarige noch einmal auf das „nicht vorhanden“ hinzuweisen. Sein Blick sagte ihr genug.
Stattdessen wandte sich ihr Gespräch dem mysteriösen jemand zu, den Shanaya gesehen zu haben glaubte und als sie ihn näher zu sich winkte, um verschwörerisch die Stimme zu senken, fragte er sich unwillkürlich, ob es in Shanayas Leben wohl mal so einen besagten Liebhaber gegeben haben könnte. Sprich, ob sie noch Jungfrau war, oder nicht. Denn nur, weil sie ihn nicht ran ließ, musste das nicht zwangsläufig heißen, dass sie davor noch nie schwach geworden war.
Natürlich verriet sie ihm nichts dergleichen. Eine Frau musste schließlich ihre Geheimnisse haben. Die mehr als offensichtlich erdachte Erklärung ließ den jungen Captain spöttisch schnauben und den Kopf schütteln.

Ich kriege langsam das Gefühl, du magst deinen Spitznamen nicht.“, kommentierte er mit einem kleinen Lachen in der Stimme. Doch fast sofort kehrte die Ernsthaftigkeit auf seine Züge zurück und sein Schmunzeln verschwand. Ihm entging nicht, dass auch ihre Züge eine Spur ihres Schalks verloren, dass ihr Blick erneut über die Menge huschte und als sie mit der gewohnten Herausforderung in den blauen Augen wieder zu ihm auf sah, hob er flüchtig die Augenbrauen. Fast ein bisschen verblüfft darüber, wie sie darüber lächeln konnte. Und gleichzeitig wunderte es ihn doch nicht.
Als die Schwarzhaarige näher an die Theke heran trat, ließ er ihr automatisch ein bisschen mehr Raum, damit sie freie Sicht auf die Tafeln hatte, wandte sich selbst wieder dem Stand zu. Doch als sein Blick über das Angebot wanderte, sah er die Schrift darauf nicht wirklich – er wusste ja längst, was er wollte. Stattdessen dachte er über das nach, was sie gesagt hatte. Tatsächlich hatte er die Narben auf ihrem Körper bemerkt – war allerdings zu abgelenkt vom ganzen Rest gewesen, um sie wirklich bewusst wahrzunehmen. Doch jetzt, wo sie es sagte?

Glotzt ihr zwei noch weiter, oder wollt ihr auch was bestellen? Wenn nicht: Da warten noch andere darauf, an die Reihe zu kommen.

Die Stimme des Standbesitzers, ein bulliger Kerl mit rostrotem Schnurbart, riss Lucien zurück in die Gegenwart. Unwillkürlich streifte sein Blick seine Begleiterin, die ganz den Eindruck erweckte, als wüsste sie nicht so recht, wofür sie sich entscheiden sollte. Aber definitiv nicht abgeneigt war.

Der Dunkelhaarige verkniff sich ein Grinsen, in den grünen Augen leuchtete es amüsiert. „Pass auf, dieses Mal gebe ich einen aus und du erzählst mir, was diesen jemand hier auf diese Insel führen sollte.“ Damit wandte er sich mit einem bemüht neutralen Blick an den in Freundlichkeit unübertroffenen Schankwirt. „Einen Krug von dem Grog und den heißen Apfelsaft für die junge Dame hier.

[Brunnenplatz | Stand mit alkoholischen Getränken | mit Shanaya, nicht weit von Thaddeus und Talin]
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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#84
Auf Luciens Antwort, die vor Ironie nur so triefte, hatte Shanaya ein Schnaufen kaum unterdrücken können. Hätte sie seinen Kommentar ernst genommen hätte sie ihn ins nächste Hafenbecken werfen müssen – so war es in diesem Moment nur an ihr, seinen vorherigen Blick mit genau dem gleichen Ausdruck zu erwidern. Aber sie beließ es dabei. Sie glaubte zwar nicht daran, dass er sich diesen Namen in der nächsten Zeit verkneifen konnte – aber die Hoffnung starb ja zuletzt.
Die Miene des Mannes wurde wieder ernster - hatte er etwa eben ein wenig bessere Laune gehabt? Sie selbst blieb aufmerksam, auch wenn die blauen Augen auf die Tafel gerichtet waren. Lucien sagte zuerst Nichts, ließ ihr einen Moment zu überlegen, ob sie die Gefahr einging, den nächsten Tag wirklich mit Kopfschmerzen zu verbringen – oder ob sie irgendeinen guten Grund finden konnte, sich etwas ohne Alkohol zu bestellen. Aber sie kam nicht einmal wirklich dazu, sich darüber Gedanken zu machen, der Wirt funkte ihr dazwischen und bekam auf seine Worte hin nur eine erhobene Augenbraue als Antwort. Dem war eine große Laus über die Leber gelaufen, aber gut... Shanaya setzte zu einer Antwort an, erwiderte kurz Luciens Blick, ehe dieser an ihrer Stelle antwortete. Seine ersten Worte galten jedoch ihr, womit die Schwarzhaarige lächeln musste, die Skepsis ihr aber deutlich ins Gesicht geschrieben stand, während sie nickte. Und wieder machte er ihr einen Strich durch die Rechnung, bestellte, bevor sie es konnte. Einen Moment dauerte es, bis sie verstanden hatte. Verwirrung legte sich in die blauen Augen, die sie nun wieder auf Lucien gerichtet hatte. Zuerst hatte sie geglaubt, sie müsse sich nun mit einem Krug Grog herum schlagen. Aber sie bekam den Apfelsaft. Den heißen Apfelsaft. Wenn Schnee gelegen hätte – in Ordnung. Aber... bei diesem Wetter? Aber sie musste ihm ja beinahe dankbar sein, immerhin hatte er ihr so erspart, dass sie ihm lallend in den Armen hing, ihm ihre Lebensgeschichte erzählte und dann ins Bett getragen werden wollte. Also vielleicht sollte sie sich einfach mit dem Apfelsaft zufrieden geben.

Reicht es für mehr nicht mehr?“

Sie grinste dem Mann vielsagend entgegen, konnte sich einen Kommentar dazu jedoch nicht verkneifen. Der Wirt jedenfalls wandte sich um, warf ihr vorher noch einen prüfenden Blick zu und machte sich dann, das Bestellte zu ihnen zu holen.

Ich bin mir trotzdem nicht sicher, ob ich dich dafür loben sollte, dass du mich nicht abfüllen willst. Noch zumindest.“

Der Wirt kam zurück, knallte ihnen die zwei Krüge hin und verlangte eine Bezahlung, die die junge Frau jedoch schon nicht mehr mitbekam, einen Herzschlag überlegend, ob sie ihm jetzt einfach den Grog wegschnappen sollte. Vielleicht verriet ihm ihr skeptischer Blick in seine Richtung etwas, aber schließlich griff sie mit einem leisen Seufzen nach dem dampfenden Krug und wandte sich um, stieß den Dunkelhaarigen locker mit der Schulter gegen den Arm.

Hauptsache du liegst nicht gleich betrunken in einer Gasse.“

Sie trat zwei Schritte zur Seite, machte den anderen Platz und nutzte diesen kurzen Moment, um über Luciens Frage nachzudenken. Was diesen jemand hier auf diese Insel führen sollte.
Eine unglaublich schwierige Frage. Und das nicht, weil die Antwort so schwer zu finden war. Ihre Eltern wären der Grund, diesen Hohlkopf von Brüllaffen her zu locken. Und... wenn auch nur einer von diesen dreien wüsste, dass sie auf dieser Insel war... Dann wäre sie selbst vermutlich die Antwort auf Luciens Frage. Sie wartete bis der Mann wieder gleichauf mit ihr war, schwenkte den Krug leicht hin und her, während ihr heller Blick sich wieder fest auf seine Augen richtete. Es war eine schwierige Frage, weil sie nicht wusste, was sie ihm verraten sollte. Ein leises Seufzen, ehe sie zu einer Antwort ansetzte.

Ihn würde Dummheit auf diese Insel führen, die Versuchung, irgendeinen Profit aus dem Geschäft seiner Eltern zu ziehen. Meiner Eltern.“

Für einen Atemzug verfing ihr Blick sich an dem Krug in ihrer Hand, richtete sich aber schnell wieder auf Luciens grüne Augen.

Mein Bruder ist oft da zu finden, wo unsere Eltern sind. Es würde mich nicht wundern, wenn er auch als gesuchter Pirat hier unterwegs wäre, um den Ruhm unserer Familie auszunutzen.“

Ihr Lächeln blieb ehrlich, wurde jedoch ein wenig schräger.
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
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#85
Schlagartig wurde er wieder ernst, als ihm klar wurde, dass sie es mitbekommen hatte. Ebenso dämmerte ihm, dass es wohl auch in Zukunft, in solchen Situationen, nichts bringen würde, so zu tun, als wäre da nichts gewesen oder als wären sie nicht wer sie waren. Dafür hatten sie sich längst zu nah aneinander herangelassen. Und, obwohl ihm das nicht bewusst war, waren sie, nach all den Jahren, viel zu vertraut, als das er mehr in ihr Tun hineininterpretieren würde als da war, auch wenn ihr Verhalten ihm gegenüber anders war als bei den übrigen Menschen. Vielleicht konnte oder wollte er es sogar nicht glauben, dass sie ihm solch eine Loyalität und Freundschaft schenkte, weil er sich selbst dem nicht wert fühlte.
Derzeit dachte er allerdings nicht über solche Dinge nach, sondern schwieg und lauschte aufmerksam ihren Worten. Natürlich hatte sie recht und gerade auch weil sie nicht mehr sein Untergebener war schenkt er ihren Argumenten Beachtung.
Doch ihr letzter Satz brachte ihn erneut zu lachen:

"Bestrafen? Wie willst du mich denn bestrafen?", fragte er, trat dann, mit erneut ernstem Blick, an sie heran und legt ihr, vor allem für die Umstehenden, die Hände auf die Schultern. Leise, so dass nur Skadi es verstehen konnte, tat er etwas, dass ihm auf der Morgenwind nie eingefallen wäre:
Er erläuterte ihr seine Überlegungen.

"Ich brauche dir nicht zu sagen, dass sich die meisten Leute hier vor allem mit ihre eigenen Angelegenheiten beschäftigen und, so lange wir uns unauffällig verhalten, uns nicht beachten werden. Schon gar nicht, wenn noch irgendein Spektakel hinzukommt, seien es die Boxkämpfe oder eine Schlägerei.
"Wir werden uns also einfach wie alle Anderen von der Aufregung anlocken lassen, bis wir hören, was vor sich geht und dann können wir entscheiden, ob wir das noch weiter untersuchen müssen. Falls nicht biegen wir ab und verschwinden.
"Außerdem wurden wir bis gestern Nacht nicht gesucht, wenn kamen die Steckbriefe also höchstens mit der Flut heute Früh und liegen jetzt den Oberen und der Wache vor. Ich glaube nicht, dass sie es bereits an die Anschlagetafeln geschafft haben. Wir wissen beide, dass die Verwalter und Adligen Probleme gern nach hinten schieben. Die Marine ist, wie wir unschwer in den letzten Tagen beobachten konnten, trotz des zusätzlichen Personals, unterbesetzt und überarbeitet. Möglich, dass sie das Fest vorschiebt, um sich nicht auch noch mit solchen Sachen herumzuplagen.
"Trotzdem hast du Recht, es besteht immer noch die Möglichkeit, dass wir es hier mit dem einen oder anderen Übereifrigen zu tun haben und man nach uns ausschau hält.
"Ich glaube es zwar nicht, aber gut. Wenn du sagst 'Wir gehen' werde ich versuchen auf dich zu hören."


Er kannte sich zu gut um nicht zu Wissen, dass irgendetwas die Situation und damit seine Einstellung jederzeit ändern könnte, doch an sich stand er hinter diesen Worten.
Dann hielt er ihr, wie damals auch Isabella, die Hand hin, zum Einen um weniger aufzufallen, zum Anderen auch damit sie ihn bremsen könnte, sollte sie es für nötig halten. Dann zwinkerte er ihr zu.

"Und ja, du kannst mich beim Wort nehmen. Wenn du mich läßt, dann lasse ich dich nicht allein, bis wir herausgefunden haben, wer hier auf wen aufpasst."

***

Während sie sich mit der Masse auf den Tumult zubewegten hallte ihre Reaktion noch lange in ihm nach, auch noch, als sie sich der Kreuzung näherten, an der Cornelis auf sein Getränk wartete und ein junger Mann die Wache endlich in Richtung Juweliersstand in Bewegung setzen konnte.
Von seinen Überlegungen und davon, dass ihn das Geschehene aufwühlte war nichts auf seinem Gesicht zu lesen, seine Augen und Ohren wachsam auf die Masse und Skadi gerichtet, während sein Verstand langsam das Bild zusammenfügte.
Er hatte damit recht gehabt, dass es ihr unangenehm gewesen war. Trotzdem war sie stehen geblieben und hatte ihr Unbehagen niedergekämpft, ihn und seine Reaktion akzeptiert, sich sogar angelehnt und deutlich gemacht, dass er ihr wichtig genug war, dass sie ihm solches "Eindringen" in ihre Privatsphäre nicht vorhalten würde.
Das war so viel mehr, als die meisten Menschen in seinem Leben getan hatten ...
Doch das hieß auch, dass er sich noch mehr bemühen musste, damit das auch so bliebe. Denn er ging nicht davon aus, dass sie einen unendlichen Geduldsfaden besäße und ihm immer alles verzeihen würde.
Er seufzte leise, denn Blick kurz zum Himmel erhoben.
Es wäre so viel einfacher, das Alles seien zu lassen und zu den alten Spielregeln zurückzukehren, in die alten Rollen zu schlüpfen und sich nicht zwischen die Riffe zu wagen, "mit den Quallen zu tanzen", wie die Ara'ke'ni sagen würden.
Doch das wollte er nicht. Dazu war sie ihm viel zu wichtig. Und, da war er sich sicher, das würde sie jetzt auch nicht mehr hinnehmen.

Jemand stieß ihn im Vorübereilen an.
Das, und die Erkenntnis, dass es noch eine zweite Quelle der Aufregung gab brachten ihn gänzlich ins Hier und Jetzt zurück.
Noch ein unerwarteter Vorfall?
Bei dem Boxring wie es schien, aber warum rief der so massiv die Marine auf den Plan? Was war da los? Und wer war "Er"?
Mit seiner Aufmerksamkeit die Hauptgasse hinunter bekam er den verhüllten Rotbart zunächst nicht mit.

Skadi hingegen schaute dafür in die richtige Richtung und konnte nebenbei folgendes von dem rechtschaffenden Bürger mitbekommen:

"Nun kommen sie schon! Die räumen dem Juwelier sonst noch den ganzen Stand leer. Wenn die beiden Betrunkenen das nicht geplant haben, dann die Leute von der Straße! Und ich könnte schwören, denn Hühnen mit roten Haaren habe ich irgendwo schon mal gesehen. Sie werden dort GEBRAUCHT!"

"Jetzt hören sie schon auf, wir sehen es uns ja an", war die geknurrte Antwort eines der beiden einfachen Soldaten.

[ Zwischen den Buden auf dem Marktplatz | auf dem Weg in Richtung des Tumults um Trevor, Gregory und Cornelis |
|
| unmittelbar bei Skadi | am Ende in Sichtweite von Cornelis ]
Scortias Bartholomew
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
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#86
Scortias baumelte grinsend kopfüber vor Elian und Aspen, während seine Arme zu den Männern ausgestreckt waren und ihnen zwei Laken entgegen hielten. Laken, die Frauen gerne als Gewänder nutzten. Die Haare des Jungen fielen von seinem Kopf abwärts und ergaben wohl ein recht lustigen Anblick. Der Schiffsjunge pendelte kurz und mit einem Satz drehte er sich in der Luft und landete mit seinen Füßen auf dem Weg.

“Scortias.“ stellte er sich kurz vor, denn viel Zeit würden sie nicht haben, bevor die Wachen ihren Weg bis zu ihnen hinter sich gelassen hätten.

Bevor er jedoch erklären konnte, was genau er plante, dabei die Frauenunterwäsche hoch hielt, kam eine weitere Person zu ihnen. Er sah zwischen Aspen und dem ihm ähnlich sehenden Mann hindurch, als er Farley erkannte. Farley war wohl nicht der Meinung, dass die Frauenkleider Aspen und seinem Begleiter vor den Augen der Wachen schützen konnten. Scortias sah das etwas anders, aber wenn Farley einen besseren Plan hätte, wäre das natürlich super. Auch der Schiffsjunge sah an den Männern vorbei, um abzuchecken, ob bereits Sichtkontakt zu den Verfolgern bestand.

“Ich hab gerade einen Bach gesehen, da unten. Da waschen die Frauen ihre Wäsche.“ sagte der Junge geschwind. “Laken drüber und am Bach hocken. Kommen die Wachen zu euch, rufe ich, dass Du was unterwegs verloren hast und wedel mit der Unterwäsche. Nicht Wasserdicht, aber eine Chance.“

Scortias sah zu Farley, der diesem Plan ja recht skeptisch gegenüber stand. Vielleicht hatte er ja eine bessere Idee, aber eines war klar, weit würden Aspen und sein Begleiter den Wachen nicht mehr weglaufen können. Die Straßenkinder hatten die Wachen etwas aufgehalten, aber lange würde es nicht mehr dauern, bis sie hier auftauchten. Eine Entscheidung musste nun gefällt werden. Klar, Scortias könnte sich auch auf dem Boden setzen, so tun als würde er weinen und den Wachen sagen, dass ihn zwei Männer umgestoßen hatten und in eine ganz andere Richtung zeigen, als Aspen mit dem anderen Mann gegangen war. Aber der Plan wäre genau so gefährlich.

[in den Gassen | bei Aspen, Elian und Farley]
Crewmitglied der Sphinx
für 186 Gold gesucht
dabei seit Jan 2016
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#87
Der schuldhafte Zug, die verschränkten Arme vor der Brust, als müsste er sich selbst vor den Vorwürfen schützen – beides verwandelte sich in in sanften Zorn, als Elian nachträglich nach einer Einweihung forderte. Selbst wenn Aspen seinem Bruder das Versprechen auf Offenheit gegeben hätte, so wäre es niemals eingehalten worden. Es war damals keine Absicht gewesen: Niemals hatte Aspen geplant, dass das Gespräch mit Montrose Senior so ausarten würde. Vielleicht waren seine Gedanken zu Elians Aufenthalt genau deswegen so besinnlich gewesen: Ein Bruder, weit fern von all dem Geschehen, in Sicherheit. Und Carli? Diese sollte bereits auf dem Schiff in Richtung ihres Gemahls unterwegs gewesen sein. Es war schwierig all die Gedanken an den Tag zuzulassen, während Elian so viel forderte... Wollte er eine Entschudigung? Und das schnelle Laufen tat sein übriges, auch wenn es auf eine ganz eigene Weise beruhigend war: Besändftigend, beinahe reinigend. Aspen hörte zum ersten Mal, dass Elian am Unfallort gewesen war, hatte diese Vorwürfe immer auf die Pressekreativität geschoben. Er murmelte nur ein entschuldigendes „das wusst' ich nicht.“, bevor er die Augen für einen Moment schloss und sich dazu zwang, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Jedes weitere Wort konnte auch später geklärt werden, wenn sie sich nicht in Ketten gegenüber saßen.

Die erzwungene Konzentration half ihm, wieder klarer zu sehen: Weiter bhinten am Ende der Gasse zeigte sich Licht und Grün. Die Möglichkeit in die Ländereien abzutauchen? Für und wieder wägten sich in dem blonden Kopf noch ab, während sein Gang langsamer wurde und er mit einem Mal stehen blieb, als ein Kopf direkt vor seinem auftauchte. Ein schneller Griff an seinen Hosenbund, an den Dolch, bevor er Scortias zuerst nur als Straßenkind identifizierte, das seinen Anteil an dem Tumult abluchsen wollte, kurz darauf jedoch Wiedererkennung in Aspens Gesicht erschien. Erst viel zu spät konnte er nach der Überrumplung das Angebot verstehen, dass ihnen Scorti machte: Kleidung? Für Frauen? Und ein Fluss. Und noch bevor diese Gedanken ihre Ordnung fanden und Aspen mit mehr als einem Nicken auf Elians Freunde-Frage antworten konnte, tauchte auch bereits ein vierter Mann in ihrer Runde auf. Farley! Zumindest war der Montrose in so weit geordnet, dass er sich über die erfolgreiche Flucht des Rotschopfs freuen konnte und kurz erleichtert ausatmete. Lange hielt diese Erleichterung jedoch nicht an: Wenn sowohl Scortias als auch Farley sie so leicht hatten verfolgen können, würde es den Soldaten nicht allzu schwer fallen es ihnen gleichzutun.

Es war etwas viel: Das Weidersehen mit Elian, die Flucht, die neue Information, dass sein Bruder nicht in Sicherheit gewesen war, Farleys Rückkehr und Scortias schwebender Kopf. Und die Frauenunterwäsche. Wie sollte er sich unter diesen ganzen Informationen einen Weg nach oben freikämpfen?! Tief schnaubte Aspen, fuhr sich mit der Hand durch die langen Haare und besah sich den ehemaligen Straßenjungen mit der Damenunterwäsche in der Hand. Sie bräuchten wirklich ein Versteck und im besten Falle eins, das sie näher zur Sphinx brachte. Im besten Falle eins, das nicht innerhalb der nächsten Stunde von Soldaten blockiert wurde.

„Die Idee istg gar nicht so schlecht.“ murmelte er in Gedanken und nahm dem Jungen ein Laken ab. „Wir könnten verkleidet dem Fluss folgen in Richtung Meer. Wenn die Soldaten uns aus der Ferne sehen, würden sie uns niemals kontrollieren. Wir suchen schließlich nur unseren Waschplatz.“

Damit hätten sie Flucht und Versteck in einem gefunden. Und falls der Fluss in die richtige Richtung um die Stadt herum floss, würden sie vielleichtg sogar in der Nähe ihres Schiffes heraus kommen. Fragend besah er sich Farley, der den Plan zuvor abgelehnt hatte.

(Elian, Scortias, Farley - Gasse)
Crewmitglied der Sphinx
für 40.000 Gold gesucht
dabei seit Dec 2014
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#88
Ein Hauch von Pech ...
Die halsbrecherische Flucht über den Marktplatz gelang zunächst. Kurz nachdem Aspen, Elian und Farley den Schauplatz stürmisch verließen, erreichte die erste Soldatengruppe die hysterisch schreiende Frau. Es dauerte etliche, wertvolle Sekunden überhaupt zu ihr vorzudringen und aus ihrem Gestammel schlau zu werden. Sekunden, die nun zwischen den Uniformierten und den Piraten lagen und den Kommandanten der Einheit zusehends ungeduldig werden ließen. In seinem Frust ranzte er schließlich einen daneben stehenden jungen Mann an, der unsicher ergänzte, was er gesehen zu haben glaubte. Doch die Wörter 'Vatermörder' und 'da lang' genügten, um den Kommandanten eins und eins zusammenzählen zu lassen. Er zögerte nicht länger, herrschte seine Untergebenen in gewohntem Befehlston an: „Hinterher! Bewegung!
Doch sich durch eine sensationslüsterne Menge zu kämpfen, die stetig weiter auf die Quelle des Geschreis zu drängte wie die Kiefer einer fleischfressenden Pflanze, war so einfach nicht. Die Männer teilten sich auf, stießen ruppig durch jede sich bietende Lücke und tatsächlich entdeckten sie zwei blonde und einen rothaarigen Schopf in einiger Entfernung, die viel zu schnell in die Gegenrichtung unterwegs waren, um unauffällig zu sein. Einer der Soldaten brüllte ihnen nach. „Stehen bleiben, im Namen der Königin!
Natürlich blieben die Flüchtenden nicht stehen und nur Augenblicke später brandeten die Verfolger in ein weiteres Hindernis.
Mitten in der Menge hatte sich ein Tumult gebildet. Einfache Leute gingen aufeinander los, Gold purzelte aus zerrissenen und umkämpften Börsen, fiel klirrend zu Boden und fast sofort tauchten die Umstehenden ab, warfen sich zwischen trampelnde Füße und klaubten die schimmernden Münzen vom Boden auf, ohne darauf zu achten, in welche Gefahr sie sich begaben. Keiner der Soldaten achtete auf die Hilferufe der Bestohlenen, denen sie ihr Hab und Gut zurückbringen sollten. Sie nahmen sich ein Beispiel an ihrem Kommandanten, der gerade mit einem der Bittsteller rang, ihn zur Seite schubste, mitten hinein in die gaffende Menge, und die Verfolgung wieder aufnahm. Aus dem Augenwinkel bemerkte er den richtungsweisenden ausgestreckten Arm eines Waffenverkäufers und reagierte. „Dort entlang!“, rief er seinen Männern zu. Und dann: „Delair, schlagen Sie Alarm!“ Der Angesprochene nickte sofort und während er sich mit dem linken Arm eines Passantens entledigte, der sein Fortkommen behinderte, griff er routiniert nach der Pfeife an seinem Gürtel, hob sie an die Lippen und blies mit aller Kraft hinein.
Der Schrei der Signalpfeife ließ die Umstehenden die Hände auf die Ohren schlagen, den Tumult für ein, zwei Herzschläge innehalten – und jeden Soldaten im Umkreis von drei oder vier Blocks aufmerken.
Die Gelegenheit nutzend brach die Gruppe durch die Menge, nahm endlich die Verfolgung wieder auf und folgte ihrem Kommandanten zu der Gasse, auf die der Standbesitzer gedeutet hatte. An ihrer Mündung schloss sich ein weiterer Trupp Soldaten an, die dem Ruf der Pfeife gefolgt waren.
Zwei Dutzend Männer tauchten in das Gassengewirr ein, teilten sich an der nächsten Biegung gezielt auf und schwärmten aus. Doch zunächst verloren sie die Spur, bis der Kommandant in einem kleinen Hinterhof auf ein Mädchen traf, das beim Klang der marschierenden Schritte furchtsam zusammenzuckte. „Mädchen! Hast du hier jemanden entlang rennen sehen?
Ihre Augen wurden groß wie Teetassen, dann streckte sie den zitternden Arm aus und deutete in die Richtung, in die Aspen und Elian gelaufen waren. Wieder schrillte die Signalpfeife.
An der nächsten Biegung stießen zwei Soldaten aus dem zweiten Trupp wieder zu ihnen. „Wo ist der Rest von euch?“, herrschte der Kommandant und beide salutierten zackig. „Wir sind auf eine Bande Straßenkinder gestoßen, Sir. Die anderen kümmern sich um sie.“ - „Auch nicht schlecht.“, knurrte der Unteroffizier, obwohl ihm mehr Männer für die Verfolgung lieber gewesen wären. Wenn das tatsächlich dieser Montrose war – dann wollte er ihn um jeden Preis. Ihn und die mit ihm einher gehende, längst überfällige Beförderung samt der Dankbarkeit seiner erlauchten Vorgesetzten.

Auch Aspen, Elian, Farley und Scortias – alle vier zusammengefunden – mussten das Geschrei der sich nähernden Pfeife gehört haben. Sie taten also gut daran, nicht lange zu überlegen. Doch auch jemand anderes hatte den Warnruf gehört und machte jedem weiteren Handeln einen Strich durch die Rechnung.
Nur drei, vier Schritte entfernt zweigte links eine weitere, noch kleinere Gasse ab, aus der sie eine teils unruhige, teils genervte Stimme vernehmen konnten. „Mach endlich hin, Lorren! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!“ Eine Art Grunzgeräusch, unmissverständlich einem zweiten Mann zuzuordnen, antwortete ihm. Dann hörte man das leise Geklimper einer Gürtelschnalle, die gegen andere Metallteile stieß, das Rascheln von Kleidung und Leder und ein leises Keuchen. Dann Schritte, die sich der Gasse näherten, in der die vier Piraten standen. Eine Sekunde später erschienen zwei Soldaten in der Mündung der Straße. Einer davon noch damit beschäftigt, sich das blaue Uniformhemd in die Hose zu schieben und seinen Gürtel zu richten – offensichtlich besagter Lorren. Beide kamen noch zwei Schritte weit, ehe sie wie eine Person nach vorne sahen und verdutzt stehen blieben.
Was sie sahen, musste für die beiden Männer reichlich skurril erscheinen. Drei Männer, zwei davon mit Frauenkleidern, und ein Kind mit Damenunterwäsche in der Hand. Im ersten Moment glaubten beide, drei Spanner auf frischer Tat ertappt zu haben. Dann kam ihnen der Gedanke von Kinderschändern in den Sinn. Auf jeden Fall irgendeine Art von Fetisch.
Und erst dann erkannten sie die beiden einander so ähnlich sehenden Gesichter... die sich ihnen von den Fahndungsplakaten her eingebrannt hatten. Jeder Soldat kannte diese Gesichter und munkelten die Leute nicht, man hätte Montrose auf Mîlui gesichtet? Offensichtlich war daran durchaus etwas dran. Ausnahmsweise.
Die Starre der Soldaten schlug von einer Sekunde auf die andere in hektische Betriebsamkeit um. Doch die ungläubige Überraschung saß noch so tief, dass sie beide ihre Waffen nicht sofort aus den Halterungen gelöst bekamen, als Lorrens Kollege bereits „Bleiben Sie, wo Sie sind! Sie sind verhaftet.“ brüllte und ihm seine Pistole ungeschickt in die Hand fiel.



Spielleitung für Aspen, Elian, Farley & Scortias

[In den Seitengassen nahe des Marktplatzes von Mîlui]
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#89
Menschen, große, wie kleine, waren an ihrem Stand vorbeigelaufen, als ob es ihn gar nicht gäbe. Sie lachten und erfreuten sich an den vielen Kleinigkeiten, die jeder andere Händler anbot, nur ihre Ware wollte niemand sehen. Lissa hatte sich gerade vor ihren Stand mitten auf den Weg gestellt, nachdenklich den Kopf schief gelegt und ihr Angebot betrachtet, als der Lärm ertönt war.
Neugierig und schaulustig, wie sie nun einmal war, hatte sie ihren Pferdeschwanz festgezogen, sich ihren Umhang angelegt und war gemächlich in Richtung des Tumultes geschlendert. Da sie sich nicht erinnern konnte, dass je jemand etwas von ihrem Stand geklaut hätte, ließ sie ihn unbeaufsichtigt zurück. Die meisten Leute interessierten sich eh nicht für ihre wertvolle Ware.
Nach nur wenigen Schritten – bei denen sie einen jungen Mann hektisch auf die Stadtwache einreden sah – hatte sie eine große Menschentraube und damit den Ort des Trubels erreicht. Es handelte sich dabei um einen Juwelierstand, der einem Händler namens Garnet gehörte. Seine Auslagen waren genauso falsch wie sein schmieriges Lächeln, wenn er mit Kunden sprach, aber niemand schien das zu bemerken.
Mit ausgefahrenen Ellenbogen schob sie sich durch die Gaffer, nur um letztlich vor einem sehr, sehr großen Chaos stehen zu bleiben. Die junge Frau brauchte ein paar Augenblicke, um die Szene auf sich wirken zu lassen. Überall lagen Glasscherben herum, zwei Männer waren offensichtlich verletzt, einer kümmerte sich um einen verwundeten, einer schien sich im Turnen zu probieren und Garnet wedelte mit einem Stofftier herum. Dieser Anblick schien ihr so absurd, dass sie vermutlich auch die Stadtwache geholt hätte.
Hin und her gerissen, ob sie sich einmischen sollte oder nicht, stand sie unschlüssig an Ort und Stelle, bis der Mann mit der blutigen Nase und der Turner ihr die Entscheidung abnahmen. Der Kampf schien ihr nicht wirklich ausgeglichen, immerhin lag der eine, nach einem Schubs von einer der Zuschauer, auf einmal auf dem Boden und das Holzbrett würde ihm vermutlich den Schädel einschlagen. Und auch, wenn sie an einer guten Schlägerei nichts auszusetzen hatte, so störte sie ein Blutbad umso mehr.
Kurzerhand schnappte sie sich ein nahegelegenes Holzbrett, hob es und schlug dem Mann mit der blutigen Nase über den Hinterkopf, bevor er sein eigenes Brett auf den liegenden Turner sausen lassen konnte. Das Geräusch des brechenden Holzes war lautstark zu hören, gefolgt von einem dumpfen 'Hmpfh', bevor der Mann vorn überfiel und Lissa auf den braunhaarigen hinuntersehen konnte. Achtlos ließ sie die Reste des Brettes fallen und beugte sich dann neugierig zu dem schuhlosen Mann vor. Ihr Blick huschte einmal über ihn hinweg, bevor sie den Kopf leicht schief legte und sich nachdenklich mit Zeigefinger gegen ihre Unterlippe tippte.

Das sieht aber gar nicht gut aus, mein Hübscher.

Sie ließ offen, ob sie damit die leichten Schnittwunden an seinen Füßen meinte, oder die Situation an sich.

Du und dein Begleiter könntet ein bisschen Hilfe gebrauchen, hm?

Der dritte Mann, der bis vor ein paar Minuten noch da gewesen war, schien clever genug gewesen zu sein, sich schon ein wenig von dem Tumult zu entfernen.



Bei Trevor und Gregory

[Am Schmuckstand]
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#90
„Elian. Sehr erfreut.“

Geistesabwesend erwiderte er die Vorstellung des Knaben. Seine guten Manieren waren nach wie vor wie ein Reflex, fast so selbstverständlich wie Atmen.

Der Plan des Kleinen war an sich nicht schlecht, fand Elian, aber Zeit zum Streiten war nun wirklich keine und sein Impuls war, lieber weiter zu rennen als sich in der Öffentlichkeit hinzusetzen und zu hoffen, dass die Wachen nicht hinterfragen würden, warum die zwei breitschultrigen Frauen, die beide nur mit Laken bekleidet waren, ihr Haar zu kurz und dafür ihre Bartansätze zu struppig trugen. Aspen schien der Plan jedenfalls zu gefallen. Elian gab sich Mühe, den kleinen Stich von Eifersucht zu unterdrücken, als sein älterer Bruder sich ratsuchend zu seinem Begleiter statt zu Elian umdrehte, um Rat einzuholen.

Dem Gefühlswirrwarr der letzten Minuten war es wohl zu verdanken, dass Elian zu taub war, um dieser Emotion gemäß zu handeln. Stattdessen spannte er seinen Kiefer an, unterdrückte die spitzen Bemerkungen, die ihm auf der Zunge lagen – sie waren weder hilfreich noch gerechtfertigt – und wandte sich ebenfalls an den fremden Mann, in Erwartung seiner Antwort. Leider sollte dieselbe niemals kommen, denn in diesem Moment ertönte erneut die Signalpfeife – viel näher als bisher! Elian sah von einem zum anderen und begann bereits, von der Richtung zurückzuweichen, aus der er zunehmend laute Schritte vernehmen konnte, während er das Laken auffaltete, um es sich im Zweifelsfall schnell überwerfen zu können.

„Also wenn sonst keiner eine bessere I---“

Weiter kam er nicht, da bogen zwei Wachen aus einer Seitengasse direkt zu seiner Linken, keine zwei Schritte von ihm entfernt. Für einen Moment schien die Welt zu erstarren. Die Soldaten starrten auf die Gruppe vor ihnen, und die Gruppe starrte zurück wie ein Rudel Hirsche, die den Jäger genau im Moment des ersten Schusses erspäht hat. Elians Augen wurden wie gebannt von der Schusswaffe angezogen, die einer der beiden Gegner plötzlich wie von selber hielt. Er dachte nicht nach, sondern handelte instinktiv, warf was auch immer er gerade hielt auf die Wachen und wandte sich zur Flucht, ohne zuzusehen, ob das Laken überhaupt irgendeinen Effekt auf die Verfolger haben würde. Ein Blick auf diese Pistole hatte ihm gereicht, er wusste verdammt genau, was diese Dinger anrichten konnten, besonders auf diese Entfernung, ganz gleich wie gut man damit umgehen konnte!

Nach nur einem Schritt hielt er in seiner Flucht inne. Scortias stand ohne Deckung in der Gasse, mitten in die Schusslinie der Wachen. Elian packte den Kleinen, zog ihn vom Pflaster, gerade als der erste Schuss fiel. Irgendetwas schlug ihm gegen den Rücken, schleuderte ihn und den Kleinen beinahe gen Boden, aber da standen auch noch Aspen und sein Freund, und irgendwie fing sich der junge Arzt, während einer der anderen beiden verhinderte, dass Scortias auf dem Pflaster aufschlug.

Das Blut pochte in seinen Ohren, sein Atem beschleunigte sich in der aufsteigenden Panik und dem damit einhergehenden Zustand erhöhter Kraft. Er hätte in diesem Moment selbst nicht sagen können, ob er vor Schreck gestolpert oder getroffen worden war und falls ihn tatsächlich eine Kugel erwischt hatte, ob sie in seinem Rücken oder dem Gepäck steckte, das er sich umgehängt und im Laufe der Flucht auf seinen Rücken verschoben hatte. Das hier war jedenfalls schwerlich die Zeit sich darüber den Kopf zu zerbrechen!

„WEG HIER!“

Er hielt Scortias noch mehr oder weniger im Arm, dachte gar nicht daran, das Kind abzusetzen, solange noch Kugeln fliegen konnten. War ich auch mal so leicht? Oder macht die Angst mich stärker?

Zum Glück musste er den anderen nicht lange erklären, was ihre einzige Option war, sie hatten alle Ohren und Augen, zwischen denen sich Gehirne befanden, und handelten entsprechend. Da die beiden Soldaten hinter ihnen bereits das Feuer eröffnet hatten, wandten sich die Flüchtlinge erst zurück, grob in Richtung Marktplatz. Just in diesem Moment jedoch bogen weitere vier Soldaten um die letzte Biegung der Gasse, in der sie sich befanden, zogen ihre Waffen und versperrten den Rückzug.

Blieb noch der dritte Pfad, rechter Hand hinab zum Fluss, und das war der Weg, den sie alle notgedrungen hinunterrannten, raus aus der unmittelbaren Schusslinie. Es dauerte jedoch nicht lange, da ertönte hinter ihnen weiteres Knallen. Elian keuchte mittlerweile. Auf seine Zunge legte sich ein Geschmack wie von Metall und er hatte Mühe, mit Farley und Aspen mitzuhalten, aber er wollte nicht stehen bleiben, um Scortias auf seine eigenen Füße zurück zu stellen. Links vor ihnen öffnete sich nach gefühlten Minuten – es waren wohl eher zehn Sekunden im halsbrecherischen Sprint, die ihm zwischen den vereinzelt fallenden Schüssen viel länger vorkamen – ein neues Gässchen, und ohne lange Absprache bog der Vorderste von ihnen dahinein ab. Alle anderen folgten, nichts wie aus dem Gesichtsfeld der Wachen raus!

Elian biss die Zähne zusammen und gab sich Mühe, mitzuhalten, aber er wurde unter dem Gewicht des Knaben nun doch spürbar langsamer.

„Hey – alles -- in – Ord -- nung -- bei -- dir?“

Hoffentlich hatte seine Aktion etwas gebracht und der Kleine, geschützt durch Elians Körper, nicht angeschossen worden! Dann könnte er ihn selber rennen lassen – jede Sekunde, die er schneller sein konnte, zählte gerade!

(Scortias, Aspen, Farley – Gasse, dann runter zum Bach, und ins nächste Gässchen flussabwärts abgebogen)


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