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Kapitel 5 - Melodie des Frühlings
Pepe Trasposo
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
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Pepe lief pfiffelnd durch die Stadt. Schräg vom Rücken ragte der abgewetzte  Kopf eines alten Banjokoffers, ein Seesack hing ihm über der knochigen Schulter und ein vergnügtes Schmatzen saß im sonnengegerbten Gesicht. In der Hand eine halbe Kokosnuss, die leer war, jedoch vor einigen Minuten noch ein paar wenige Achter im Halbrund liegen hatte. Auf der staubgrauen Silberkrause auf dem Kopf saß ein abgewetzter Dreispitz, der vermutlich schon einmal alle Welten gesehen hatte und einen hygienisch fragwürdigen Eindruck hinterließ. Unter den schmierigen Slops ragten dürre, braungebrannte Waden hervor, die in erstaunlich neuwertig aussehenden Spangenschuhen endeten. Sogar die Spange glänzte noch. Ein weites Pluderhemd hinterließ die Ahnung lockigweißen Brusthaares unter der Verschnürung und ein breiter Gürtel hielt alles auf Taille. Daran aufgeschlauft eine Kürbisflasche und zwei Ledertaschen, die man nicht so leicht abschneiden konnte, ohne es am ganzen Gürtel zu probieren. 

"Schnauze!", krächzte es hinter ihm.

Pepe kratzte sich unbeteiligt den dürren Hals, ohne sich dabei umzusehen. Er hatte sich durchs Seitengässchen geschlagen, war dabei Schmuckprügel- und Fasskeilereien wie beiläufig aus dem Weg gegangen, und überlegte, was er mit seinem Schicksal machen sollte. Ihm wurden ein Frettchen und ein Streuner von der alten Urla prophezeit. Die schmiss gern Knochenwürfel und räucherte die Sinne mit übelriechenden Gebinden aus - außerdem brachte die Glück! Ein gutes Wort von Urla bedeutete guten Wind auf See und er würde sich es sicher nicht mit dem Schicksal verscheißen.

"Geh weg!", raspelte es erneut mit Nachdruck.

Der Alte blieb stehen. Zwischen seinen hübschen Schuhen tapste drollig ein kleiner, rosa Kakadu. Der schrägte den Kopf und tockte einmal Pepes Schuhspange mit dem Schnabel an. Pepe bewegte den Fuß, wohl, um den kleinen Kerl 'da weg' zu bugsieren. Der Papagei hüpfte empört aufflatternd, flog aber nicht. Pepe seufzte dünn. Wieso - bei Kortas schimmeligen Bart - hatte er diesen flügellahmen Kerl nur angefüttert? War so passiert, jetzt folgte er ihm.

Noch wie er so nachdachte, hörte er - bevor er um die Ecke kam - einige dubiose Wortfetzen mit. Captain? Schwester? Verrückt? Das waren Seemänner! Und das bedeutete für ihn eine Chance, von diesem verfluchten Eiland runterzukommen. Als er aus dem Schatten trat, blinzelte er gegen die Sonne, schirmte mit knochigen Fingern die Stirn und versuchte die Quelle des Gesprächs auszumachen.

Er sah eine echte, rotgelockte Schönheit eingekeilt zwischen den beiden Leichtmatrosen stehen, die behaupteten ihre Brüder zu sein und eine verdächtige Ähnlichkeit mit einem Frettchen und einem Streuner aufwiesen. Der Pepe grunzte belustigt. DIE waren nie-und-nimmer mit ihr verwandt. Denn Pepe wusste: so'n Rotschopf geht in der Regel nicht aus der Familie aus, ist einer rot, sind sie alle rot, - was nicht bedeutet, dass das Mädchen nicht verrückt war. Nun, sie war definitiv verrückt. Der Alte verzog  schmerzfühlig das lederne Gesicht, als er die Treffsicherheit ihres Knies zwischen die Beine des Kerls bewunderte. Zwei Soldaten aber schienen das Dreiergespann aufs Korn nehmen zu wollen, wurden aber vom Tumult der kleinen Prozession abgelenkt und trieben die Schönheit damit direkt in seine Arme - und daran vorbei.
Der alte Seemann aber hatte sich schon aus der Gasse gelöst und fixierte die beiden Soldaten, die sich von ihrer Skepsis nicht ganz erholt hatten und den verkrümmten Kerl stirnrunzelnd musterten. In dieses Sichtfeld schlurfte Pepe. Er guckte leutselig unter der schmuddeligen Kante seines Dreispitzes zu den beiden Gardisten auf, schulterte den Seesack nach und hob die leere Kokosnusshälfte.

"N Achter für'n alten Seemann?", lispelte er zu den beiden mit gelbem Grinsen.
Die Männer verzogen das Gesicht.

"Scher' dich!", herrschten einer ihn an.

"Hä?", rief der Pepe. "Ich bin kein Derwisch! Ich bin allenfalls alt und die Nächte sin' kalt. Die Finger sin' taub wie meine Ohr'n, un' ich hab der See laaang gedient.", anbei drängte er sich so an die beiden heran, dass diese den Fokus auf die Beiden verlören. Die Soldaten schauten sich an. Einer seufzte, der andere wischte angewidert durch die Luft.


"Jaja, das kenne wir schon. VERZIEH DICH!, hab ich gesagt. Behalt deine Flöhe!"
"Ach, der macht doch nichts.", mischte sich sein Kollege ein.


Pepe wackelte mit seinem kleinen Finger im Ohr und guckte ratlos durch die kleinen, dunklen Iriden, während er sich unangenehm nah dem Aggressiven zuwandte. Noch ein Stück näher kam die Kokosnuss.

"'N halber Achter? Vielleicht'n Viertel? Für'n alten Kerle, hrm? Hab' doch nüscht mehr, seit mein Schiff absoff.", bettelte er, zog die Nase hoch und rückte noch ein Stückchen auf, bis er fast eine Handbreit von ihm entfernt war.

Dem einen Gardisten wurde es zu viel. Er hatte eine ziemlich kurze Lunte, um die sein Kompagnon wusste. Der wollte ihn noch aufhalten, als er den Arm hob, um zum Schlag auszuholen, schaffte es aber nur, den Winkel so zu verziehen, dass die Breitseite Pepe nur die Kokosnuss aus den Fingern schlug. Die rollte mit hölzernem Hohlklang übers Pflaster, während irgendwo einer raunte: 'Wasdennmitdemlos'.

Pepe hingegen sah aus wie ein geprügelter Hund, der die Arme defensiv hob und einige Schritte zurück wich.
"Isjagut!",  jaulte er.

"Komm man, wir gehen.", brummte der Soldat dem anderen zu, als er spürte, wie sich die Situation unangenehm für sie gestaltete. Er hatte den wütenden Gardisten an der Schulter zurück gezogen und wollte mit selbigen auch in die Menge zurück.
Zeitgleich tapste ein kleiner rosa Kakadu auf die gekrümmte Gestalt von Ryan zu, die sich aller Wahrscheinlichkeit nach das Gemächt hielt. Er starrte den schnaufenden Kerl einige Sekunden ohne zu zwinkern an und legte den Kopf in Vogelmanier schief.
"Verpiss dich!", krächzte er plötzlich.



[Seitengasse zum Brunneplatz | Liam & Ryan]
Crewmitglied der Sphinx
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Sein Arm zitterte. Sein Brustkorb hob und senkte sich heftig und die warme Frühlingsluft schnitt in seinen Hals. Irgendetwas schrillte laut, doch das war in weiter Ferne. Trevor konnte sein Herz rasen hören. Dieses Geräusch an sich war nichts Besonderes, es war ihm vertrauter und lieber als seine eigene Stimme. Wobei, nein, eigentlich redete er doch wirklich verdammt gerne. Aber seine Stimme klang kombiniert mit heftigem Atem und rasendem Herzen und ganz allgemein ein bisschen Adrenalin ja noch viel besser, wenn er sich das recht überlegte. Nicht, dass er sich je sonderlich aufmerksam zugehört hätte, aber man konnte ja eigentlich davon ausgehen, oder, schließlich klang seine Stimme ohnehin schon fantastisch und wenn man zwei oder sogar mehr fantastische Sachen miteinander kombinierte– aber zurück zum Thema. Was war das noch gleich. Ach ja. Mit aufgerissenen Augen starrte Trevor auf seinen zitternden linken Arm. Er fand ihn halb schützend über seinem Kopf und halb auf dem Weg zu dem Entermesser an seinem Gürtel, um zumindest zu versuchen, dem Ganzen hier doch noch ein hübsches, wenn auch vielleicht etwas blutiges Ende zu versetzen. Allerdings war das offenbar gar nicht nötig, denn zum einen hielt der Mann ohnehin inne, einen beinahe verblüfften Ausdruck in dem matschigem Gesicht, und zum anderen tropfte in dem winzigen Moment, in dem Trevor eigentlich mit einem hässlichen Stück Holz hätte erschlagen werden sollen, es dann aber doch nicht wurde, das Blut aus der Nase des Mannes direkt hinunter auf Trevors mehr oder weniger weißen Hemdsärmel.

Trevor öffnete den Mund, um zu überprüfen, ob seine Stimme in so einem Moment tatsächlich doppelt fantastisch klang. Da kippte der Mann auch schon vorne über und Trevors erhobener Arm hatte plötzlich seine Funktion wieder, reflexartig packte er, was am schnellsten von dem Mann auf ihn zugestürzt kam, und riss ihn daran zur Seite. Statt ihm begrub der leblose Körper die Reste einer Vitrine und tausende goldene Ringe unter sich. Ein zersplittertes Holzbrett fiel scheppernd daneben. Mit einem Ruck saß Trevor aufrecht, zerrte seine Hand aus der Achselhöhle des Wachmannes, packte den Knauf seines Entermessers und hatte es schon halb blank gezogen, bevor er realisierte, dass er in das lächelnde Gesicht einer Frau starrte.

„Uh.“

Er hielt abrupt inne, was ihn immerhin davor bewahrte, seine Position umständlich und vermutlich schmerzhaft verändern zu müssen, um das Entermesser tatsächlich vollständig zu ziehen. Die junge Frau fuhrwerkte mit dem Zeigefinger an ihrer Unterlippe herum.

„Das sieht aber gar nicht gut aus, mein Hübscher.“

Er realisierte mit wenigen raschen Blicken, dass das Brett, mit dem sie dem Wachmann offenbar eins übergebraten hatte, dasselbe war, das eben blutig zu Boden geklatscht war, und sie sonst keinerlei sichtbaren Waffen trug. Er schnappte tief nach Luft, und im nächsten Moment verbreiterte sich sein Mund schon wieder zu einem Grinsen. Er klaubte eine Handvoll der Ringe so vom Boden auf, dass sie direkt über seine Finger rutschten und hielt die Hand seiner offiziell neuen Freundin unter die Nase.

„Oh, die Aussicht ist gerade bedeutend besser geworden.“

Mann, seine Stimme klang definitiv doppelt fantastisch! Er strahlte übers ganze Gesicht, ignorierte den aufkommenden Kopfschmerz, wischte mit ein paar hastigen Bewegungen die Splitter von seinen Fußsohlen, und griff nach der Hand, die die junge Frau ihm nicht angeboten hatte, um sich auf die Beine zu helfen. Nicht, dass er das wirklich nötig gehabt hätte, aber seine Füße und vor allem dieser eine Knöchel taten schon ein ganz bisschen weh, und außerdem konnte man ja mal ein wenig soziale Kontakte knüpfen und so, und das hier waren beste Voraussetzungen, um sich vorzustellen.

„Ich bin Trevor!“

Er schüttelte ihre Hand und den Arm und die Schulter, weil seine derzeitiger Energiezufuhr eher darauf ausgelegt war, derartige Körperteile auszureißen oder zumindest ein paar Mal zu brechen.

„Und das da ist –“, er sah an die Stelle, an der er Greg zuletzt gesehen hatte. Sein Bruder verpasste dem Gesellen gerade einen Schlag mit dem Ellenbogen, der Trevor stolz aufstrahlen lies. „– Gregory. Er ist mein Bruder und er rettet gerade mein Ungeheuer. Aber ja, du darfst auch gern helfen, wenn du willst. – JA, ALLES KLAR, GREG!“, brüllte er fröhlich auf den Ruf seines Bruders.

Er lies die Hand der Frau, die mittlerweile aus ihm unbekannten Gründen ein bisschen blutig war, los und wandte sich um.

„Hey, du hast nicht zufällig meine Schuhe gesehen? Ich hatte Schuhe, sie sehen braun aus, die sind nämlich aus Holz.“

Er verlagerte sein Gewicht ein paar Mal hin und her, befand den Schmerz im Knöchel für ertragbar und stieß den Wachmann probehalber ein bisschen an.

„Eigentlich mag ich keine Schuhe, aber diese klackern so niedlich und irgendwie könnte ich gerade Schuhe gebrauchen, weißt du, mit allen den Scherben. Wäre ziemlich doof, wenn ich die nicht wiederfinde.“

Der Mann gab ein Geräusch von sich, das verdächtig nach erstickendem Schwein klang. Die Schaulustigen, die sich inzwischen dichter herangewagt und ihn neugierig beäugt hatten, zuckten zurück und widmeten sich eilig wieder den Schmuckstücken. Trevor kicherte.

„Nicht schlecht, dein Schlag. War doch deiner, oder? Jedenfalls, den einen hatte ich hier eben erst, also den einen Pantoffel, der war noch an meinem Fuß, als ich– Er muss hier iiiirgendwo …“

Kurzerhand kletterte er über den Wachmann hinweg, sprang auf das Holzstück, das er sich kurz vor seinem Sturz als Schwebebalken auserkoren hatte, überspielte mit einem triumphierendem „Ha!“, dass ihm der Schmerz in den Fußsohlen für einen Moment den Atmen verschlug, und angelte nach seinem Pantoffel.

„Guck! Hier –!“

Er hielt abrupt inne, den Pantoffel stolz erhoben, die Kinnlade heruntergeklappt. Woah. Der Wachmann hatte sich doch allen Ernstes wieder aufgerappelt. Er hatte sogar diese Holzlatte wieder in den schwieligen Fingerchen. Trevor wollte gerade seine Bewunderung in gebührender Weise ausdrücken, da stürzte sich der Kerl auf seine neue Freundin und Greg brüllte irgendwas von wegen Verschwinden und er selbst hatte die Hand nicht frei, um jetzt doch nach dem Entermesser zu greifen, also pfefferte er dem Mann mit voller Wucht den Holzpantoffel hinterher.

[Am zerstörten Schmuckstand, bei Lissa und Gregory || theoretisch gesehen vielleicht zwischendurch in der Nähe/in Sicht- oder Hörweite von Cornelis und Skadi und anderen, aber ich hab ein bisschen die Übersicht verloren gerade und Trevor ist definitiv mit anderen Dingen beschäftigt]
Crewmitglied der Sphinx
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Ich habe nichts getan, womit du nicht einverstanden warst.“, erinnerte er sie mit gelassenem Schalk in den tiefgrünen Augen und einem sanften Lachen in der Stimme. Aber Shanaya musste er davon schließlich nicht überzeugen. Sie war ja nicht diejenige, die sich für zu jung hielt. Und auch vor sonst niemandem würde Lucien sich je dafür rechtfertigen, also verzichtete er darauf und ließ das Thema fallen.
Auch die zugegeben verlockende Idee, die Schwarzhaarige nackt durch die Straßen tanzen zu sehen, verfolgte er nicht weiter. Obwohl ihm zumindest im ersten Moment ein entsprechend amüsierter Kommentar dazu auf der Zunge lag. Stattdessen hob er seinen Tonkrug an die Lippen, trank langsam, fast bedächtig einen weiteren Schluck und warf Shanaya dabei einen langen, nachdenklichen Blick zu. Ein Blick, der seine Neugier verriet. Der verriet, dass ihm noch mehr Fragen auf der Zunge lagen, die eigentlich nur eine Gelegenheit brauchten, um gestellt zu werden. Doch wieder blieb er still, denn ihre Worte führten seine Gedanken auf einen anderen Pfad.

Wohl wahr.“, kam es leise über seine Lippen, während die grünen Augen wieder zu dem Gedränge vor ihnen wanderten und der Grog ein weiteres Mal seine Kehle hinab ran. Es stimmte: Es gab genug Dinge, die sie voneinander nicht wussten – und das war ihm nur recht. Wirklich. Wenn die Verführung einer Siebzehnjährigen nur das Schlimmste wäre, was er sich je zu Schulden hatte kommen lassen... Doch da gab es noch ganz anderes.

Einer der bulligen Leibwächter hatte sich inzwischen den Störenfried gepackt und schien drauf und dran, ihm eine Abreibung zu verpassen. Lucien stellte sich bereits darauf ein, gleich ein beachtenswertes Schauspiel genießen zu dürfen, als Shanaya seinen Blick noch einmal auf sich lenkte. Dieses Mal mehr als überrascht und es dauerte ein, zwei Herzschläge, bis er ihre Worte richtig begriff. Sie wollte die Show weiter anheizen? Ein Bekannter?
Diese wenigen Sekunden nutzte sie, um sich ins Getümmel zu werfen und den Dunkelhaarigen am Rand der Menge zurück zu lassen. Er senkte den noch halb erhobenen Krug mit Grog, ließ die Schwarzhaarige, die sich zwischen die pöbelnden Menschen schob, dabei nicht aus den Augen. Nur einmal kurz verschwand sie hinter einigen Köpfen, um dann kurz darauf am Rande des freien Ovals wieder aufzutauchen und die ganze Szene mit ein paar Worten weiter voran zu treiben. Lucien verstand nicht alles von dem, was sie sagte – aber genug, um zu merken, dass sie nicht einfach irgendwas in den Ring warf. Dafür klang sie zu... informiert.
Das beantwortete die Fragen in seinem Kopf allerdings auch nicht. Eher im Gegenteil. Und die Gelegenheit, sie ihr zu stellen, war verstrichen. Zum einen war Shanaya dafür zu weit entfernt, zum anderen lenkte etwas ganz anderes seine Aufmerksamkeit in diesem Moment von ihr ab.
Die Schwarzhaarige stand nicht allzu weit von Tendrik, seinen bulligen Leibwächtern und dem Mann entfernt, der sich so dreist eingemischt hatte. Nah genug, damit Lucien den vertrauten blonden Schopf in der Menge aufblitzen sah, bevor einer von Tendriks Leuten sie am Arm packte und zurück riss. Er hatte nicht mitbekommen, wie seine Schwester ihren Platz am Tisch des Wahrsagers verließ. Hatte nicht bemerkt, dass sie sich ins Getümmel stürzte und doch würde er dieses Blond jederzeit und überall erkennen.
Ein Ruck ging durch seinen Körper. Eine ganz impulsive Bewegung hin zu ihr, um sie aus der Gefahrenzone zu holen. Sie vor allem Unheil zu bewahren. Ein tiefer, drängender Instinkt, der alles andere überlagerte – bis sein Verstand sich über diesen Reflex hinweg setzte und ihn daran erinnerte, dass Talin keine zehn Jahre alt mehr war. Dass sie ihre Kämpfe selbst austragen konnte.
Und der halbe Schritt nach vorn – eigentlich nicht einmal das – sorgte für ganz andere Ablenkung, sodass er sich im Endeffekt weder auf Shanaya, noch auf seine Schwester konzentrieren konnte. Denn im gleichen Moment, in dem der Dunkelhaarige sich nach vorn bewegte, war die Menge wie ein einziges Wesen einen halben Schritt zurück geprallt – ausgelöst durch irgendein Ausweichen viel weiter im Zentrum. Ein junger Mann Ende zwanzig stieß rücklings gegen Luciens Schulter und prellte ihm den Krug samt Grog aus der Hand. Das Gefäß zerschellte am Boden und der heiße Inhalt ergoss sich über Schienbein und Schuhe des Demonstranten, der ohnehin recht aufgebracht wirkte. „Kannst du nicht aufpassen, du Vollidiot.
Noch während er sprach, wandte sich der Mann gänzlich dem 21-Jährigen zu und setzte mit geballter Faust zu einer Drohgebärde an. Die ihm jedoch verging, als Lucien die Pistole aus dem Gürtel zog, die er auf seinem kleinen Streifzug mit Shanaya hatte mitgehen lassen, und sie ohne genauer hinzusehen auf seine Brust richtete. Er stand ohnehin so nahe vor ihm, dass er ihn gar nicht verfehlen konnte.

Geh mir nicht auf die Nerven.“, knurrte der junge Captain beinahe beherrscht, während die tiefgrünen Augen zurück zu dem Getümmel huschten und an jenen Stellen, an denen er sie zuletzt gesehen hatte, nach Shanayas dunklem oder Talins hellem Haar Ausschau hielt.

[Brunnenplatz, am Rand des Tumults | in der Nähe von Shanaya, Sylas, Talin & Thaddeus]
Crewmitglied der Sphinx
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Shanaya hatte Luciens Antwort mit einem Schmunzeln hin genommen. Viel mehr erwiderte sie darauf nicht, da der Blick des Mannes in die Menge glitt – und ihr Weg sie bereits voran getrieben hatte. So verschwand sie, mit einem Blick zurück zu dem Dunkelhaarigen, zwischen den Menschen. Perrin reagierte fast wie erhofft. Er wirkte verwirrt und die junge Frau fragte sich still, ob er nur über die Wahl der Worte oder über ihre Stimme verwirrt war. Einen Moment glaubte sie, er würde sich suchend umblicken – was eher für zweiteres gesprochen hätte. Aber wie erwartet, ließ der Mann sich nicht auf derlei dreckige Dinge ein. Er prügelte sich nicht selbst. Natürlich nicht. Aber immerhin war die Menge nun so angestachelt, dass jeder in irgendetwas verwickelt wurde.
Auch direkt neben der jungen Frau, die noch immer grinsend mit verschränkten Armen da stand, rauften sich bereits die Männer. Manche davon wirkten etwas unbeholfen, als wüssten sie nicht, wieso GENAU sie ihrem Gegenüber nun auf die Nase schlugen. Ein anderer taumelte auf sie zu, schwankte jedoch zielgenau an ihr vorbei, womit die Schwarzhaarige dennoch einen Schritt zurück trat. Man wusste ja nie... Aber ihre blauen Augen suchten noch einmal nach dem bekannten Gesicht – und einen Moment glaubte sie, dass Perrins Blick ihren strich. Shanaya zuckte kurz mit den Schultern, hob eine Hand und winkte in die Richtung des Mannes. Ob er sie nun sah oder nicht war ihr vollkommen gleich – vor allem, als einer der Männer direkt vor ihre Füße fiel. Die dunklen Augen des Fremden richteten sich auf sie, einige Herzschläge lang blickten sie einander verwirrt an. Aber schon im nächsten Moment rappelte der Mann sich auf, sprang zurück in die Masse und verschwand aus dem hellen Blickfeld der jungen Frau.
Aber ihr Sold war förmlich getan, nun gab es für sie nur noch den Rückzug. Den Krug, der noch zur Hälfte mit Apfelsaft gefüllt war, umfasste sie nun auch wieder etwas lockerer, passte jedoch gut auf, damit niemand ihr den Krug aus der Hand schlagen konnte. Durch das Gewimmel aus Protestierenden und Prügelnden erkannte sie irgendwie ihren Weg zurück, wich dabei mit eleganten Schritten dem ein oder anderen aus, bis sie ihr Ziel wieder erkannte. Mit ruhigen Schritten hielt sie auf Lucien zu, der just in diesem Moment andere Gesellschaft bekam. Und sein eigenes Getränk verlor. Shanaya hörte noch das Klirren des Krugs, die Stimme des Fremden – und schließlich die Worte ihres Captains, über die sie leicht schmunzeln musste. Seine Laune war ja hervorragend. Nichts, woran sie sich stören würde – oder worum sie sich ausgiebig kümmern musste. Seine bezaubernde Gesellschaft war einen Moment verschwunden, sie konnte es ihm nicht übel nehmen.
Mit diesem Gedanken wollte sie gerade näher zu den zwei Männern treten, als ein dritter auf sie zu kam. Und viel mehr auf sie direkt. Eine wütende Miene hielt genau auf Shanaya zu, ein Gesicht, das Bände sprach und für sie scheinbar Nichts gutes heißen sollte. Hm.

Du... Du bist auf... seiner Seite!“

Die wirren Worte ließen Shanaya leicht eine Augenbraue heben. Und im nächsten Moment fand sie sich einer gehobenen Faust gegenüber. Die Schwarzhaarige wich nicht zurück, wollte zu einem passenden Konter ansetzen, als der Mann, der zuvor mit Lucien zusammen gestoßen war, herum schnellte und selbst wieder drohend die Hände hob.

Man schlägt keine Frauen, hast du das immernoch nicht verstanden?!“

Mann Nummer 1 schien den anderen direkt zu erkennen, seine Miene verfinsterte sich augenblicklich und Shanaya war vergessen. Sie war abgeschrieben, während die zwei Männer aufeinander los gingen. Beinahe schade, sie hätte zu gern gesehen, was Lucien mit diesem Typen anstellte. Sie selbst wog nur den Kopf zur Seite, drehte sich zu Lucien herum und setzte ein etwas schräges Lächeln auf. Ob er nun die Pistole noch aufrecht hielt oder nicht, sie achtete nicht einmal darauf.

Man findet immer einen Grund, wieso man sich prügeln kann.“

Mit der freien Hand klopfte sich die Schwarzhaarige den imaginären Staub von der Corsage, nahm dann die letzten Schritte, um wieder näher bei dem Dunkelhaarigen zu stehen.

Willst du?“ In einer vollkommen selbstlosen Geste hielt sie ihm den Krug mit dem Apfelsaft hin. „Aber sei vorsichtig, ich will dich nicht einfangen müssen, weil du nackt durch die Stadt rennst.“

Mit vielsagender Miene, die auch theatralisch mahnend war, richteten sich die hellen Augen der jungen Frau auf Luciens grüne Augen. Während jeder um sie herum sich auf irgendwen stürzte, ließ die Schwarzhaarige den Blick scheinbar entspannt schweifen. Jetzt fragte sie sich nur, ob Perrin sie erkannt hatte. Vielleicht überbrachte er die 'frohe' Kunde ja direkt? Zuzutrauen wäre es ihm ganz sicher.

[Brunnenplatz | Erst in der Menge, dann bei Lucien | Nähe Sylas & Talin]
Crewmitglied der Sphinx
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Auch wenn Scortias nur ein Kind war, reichte seine Unterstützung aus, um das Fass relativ schnell zu präparieren und auf die reise zu schicken, während der Rotschopf und Elian sich um die restlichen kümmerten. Hoffentlich würden die Fässer als Ablenkung reichen, bis die Planschmiede entschlossen hätte, wie es weiter geht. Es war wirklich zum Haare raufen: Kaum waren sie wieder vereint – nicht nur Elian und er, Aspen, sondern tatsächlich auch mit Farley, ging das Chaos in die zweite Runde. Das war mehr als ärgerlich, vorallem weil sie selbst daran die Schuld trugen und nun auch noch den kleinen Zwerg mit ins Unheil zogen – das waren sechs helfende Hände weniger an Deck.
Während Scortias sich am Fluchtplan beteiligte und einen ziemlich riskanten Vorschlag äußerte, kam Aspen nicht umhin den Blick immer wieder auf Elian zu richten, auch wenn es nur aus dem Augenwinkel war. Zwar ärgerte es ihn, dass er in die alten sorgenvollen Verhaltensmuster zurückfiel die er bereits als Kind an sich verflucht hatte, doch gerade jetzt war der schlechteste Zeitpunkt um diese abzulegen. Die Verletzung die der Bruder sich zugezogenen hatte schien doch nicht so klein zu sein, wie zuerst erhofft. Die roten Schlieren sickerten immer weiter durch die Kleidung, wobei sie doch so langsam gerinnen müssten, wenn kein neues Blut nachlief.

Als Aspen sich die Hände an der Hose abtrocknete, als wolle er sich auf einen steilen Dachaufstieg bereit machen, nickte er nur zustimmend zu dem neu entwickelten Plan. Also... ein Berg von Mann mit seinem Gewicht auf einem Dach... das schien eher semi-funktional, doch für die anderen drei von ihnen hörte es sich ziemlich nach einem relativ guten Plan. Der Montrose selbst könnte auch noch laufen, falls er doch einstürzen – auch zuerst einmal: nicht hochkommen – würde. Alleine am Boden zu flüchten war immerhin einfacher als zu viert. Weiterhin bekräftigend nickend versuchte er das Bild eines Bären auf einem viel zu jungen Baumtrieb aus seinem Kopf zu vertreiben.

Doch während Farley sich noch um Elian sorgte und der Blondschopf selbst bereits unheilvoll an den Hauswänden hinauf sah, als suche er eine Treppe oder Leiter – haha, das wäre wohl auch zu schön, schlich sich ihnen ein weiterer Mann an, der tatsächlich erst entdeckt wurde, als er das Wort erhob. Reflexartig griff Aspen nach seinem Säbel, als er sich umwandte, doch der schlendernde Mann, ein Marinesoldat, schien nicht angriffslustig genug, als sich ein kleines Duell hätte lohnen können. Um ehrlich zu sein wirkte der schlaksige Kerl eher redselig, als hätte er einen über den Durst getrunken? Welcher Leichtsinn ritt ihn denn sonst, sich so unüberlegt den Flüchtigen zu nähern?
Aspens Blick verfinsterte sich, als die Worte des Mannes endlich Sinn ergaben und der bloße Angriffsinstinkt in ihm sich wieder regulierte. Hu? Da war wohl tatsächlich mehr als nur ein Glas Wein zu viel gewesen. Als der Mann ohne Verteidigung immer näher kam, lockerte sich auch des Montrose Stand, während er diesem einige Schritte entgegen ging – den Kopf zur Seite geneigt, sichtlich irritiert von gehörtem Wort und gesehenem Bild. Nunja. Was sollte er davon schon halten? Ein weiterer Soldat der als Schausteller wahrscheinlich besser geeignet war.
Als der flügge Mann nahe genug war, hechtete Aspen ohne Vorankündigung einen Satz nach vorne, den Ellbogen so schnell zum Hieb erhoben, das Bein bereits eingeharkt in die des Marinesoldaten, um ihn sowohl zu Fall zu bringen, als auch für die nächsten Minuten auszuknocken. Und auch wenn Aspen beinahe bei jeder Gewalttat im Nachhinein ein Auge für sich selbst zudrücken musste, erschien es ihm in diesem Moment ziemlich gerechtfertigt, den seltsamen Typen zumindest so lange auszuschalten, bis sie auf den Dächern waren.
Zumindest wäre jetzt Ruhe.

(Taranis, Scorti, Elian, Farley)
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dabei seit Apr 2016
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Hart angefasst zu werden, konnte durchaus reizend sein. In den richtigen Momenten sogar weit mehr als das. Aber das hier war weder reizend noch der richtige Moment und tat einfach nur ziemlich weh. Talin wusste aus Erfahrung, dass, wenn der Bärentyp jetzt fest genug zulangte, sie die Abdrücke seiner Finger noch eine Zeit lang sichtbar tragen würde. Und als hätte er ihre Gedanken gelesen, packte er sie noch ein wenig fester, um sich wie ein Schutzschild näher an sich heran zu ziehen. Sie murmelte ein leises, protestierendes 'Hey!', was im allgemeinem Lärm aber unterging.
Fieberhaft überlegte sie noch, wie sie sich aus dieser Situation befreien konnte, als sich der Mann, den sie gesucht hatte, zu Wort meldete. Die Blonde riss erstaunt die Augen auf. Nun, eigentlich würde sie sich nicht mehr als so schwach bezeichnen. Eher unaufmerksam, weil sie keinen Gedanken daran verschwendet hatte, sie könnte in diesen kleinen Konflikt mit hinein gezogen werden. Deshalb würde sie sich noch lange nicht schwach nennen. Der Leibwächter schien sich dagegen an einem anderen Teil der Beleidigungen auf zuhängen, denn er ging nicht weiter auf den Teil mit dem schwachen Geschlecht ein, sondern drückte Talin ein kleines Stück von sich weg, um einen kurzen, leicht verunsicherten Blick auf seine Weichteile zu werfen. Das Mädchen widerstand dem Drang die Augen zu verdrehen. Zwar hatte sie nicht damit gerechnet einen Schlagfertigkeitskönig vor oder besser hinter sich zu haben, aber irgendetwas Schlaues hätte er wenigstens auf die Beleidigung antworten können. Stattdessen – unachtsam wie er war – stieß er bei Sylas Angriff ein leicht schmerzerfülltes Brummen aus, was gleichzeitig dazu führte, dass er seinen Griff um Talins Arm ein wenig lockerte. Den unerwarteten Freiraum nutzend, hob Talin ein Bein, während sie gleichzeitig ihr Gewicht verlagerte, um den Dolch aus ihrem Stiefel zu ziehen. Als ihre Linke den kühlen Griff berührte, wurde sie ein klein wenig ruhiger und sie richtete sich langsam wieder auf.

Hör nicht auf ihn, Großer. Du bist sicher gut bestückt.

Noch während sie sprach, setzte sie ihren Dolch an seinem Handrücken an und zog ihn in einer schnellen Bewegung nach unten. Nur ein paar Sekunden später, fing das Blut an zu fließen und ihr Arm war wieder frei. Zügig tänzelte sie ein paar Schritte aus seiner Reichweite und zu ihrem...hm..Retter hin. Aus dem Augenwinkel sah sie den Braunhaarigen an, behielt aber zeitgleich den Bärenkerl im Blick, der ein wenig zusammen gesunken seine Hand festhielt und sich dabei gleichzeitig suchend umsah. Dann richtete er sich wieder ein wenig auf und winkte mit blutverschmierter Hand jemanden zu sich heran. In dem Moment hasste Talin es, so furchtbar klein zu sein, denn als sie sich auf die Zehenspitzen stellte, sah sie immer noch nicht, wer da auf sie zu kam. Erst als sich die anderen Leibwächter durch die Menge zwängten, ging ihr ein Licht auf. Offensichtlich sollten die anderen Schlägertypen jetzt mit mischen, weil er es nicht mehr alleine brachte. Vielleicht doch einen zu klein geratenen...naja.
Der Bärentyp nahm ein Fetzen Stoff aus seiner Tasche und wickelte es sich um seine Hand, während er finster sowohl Talin als auch Sylas ansah. Die drei Kerle, die noch dazu gekommen waren, um ihm zur Seite zu stehen, sahen ebenfalls finster in ihre Richtung.

Ich glaub, der ist sauer, weil du ihm eine verpasst hast.“, mutmaßte sie, als Bärenkerl einem mit einer Narbe, die seine rechte Augenbraue teilte, ein Zeichen gab. Als er daraufhin ein ziemlich scharf aussehendes Messer zog, tat es ihm sein Begleiter gleich. Der sah aus, als wäre ihm einmal zu oft die Nase gebrochen worden, was geradezu nach Straßenkämpfer schrie. Narbengesicht rückte in üblicher Messerkämpfermanier vor, während der Bär gehässig feixte.

Jetzt biste fällig, Kleine.

Wie jetzt? Kleine? Ach mann.

„Bist du immer noch der Meinung, die Schwachen sollten beschützt werden?“ Unschuldig fragend sah sie Sylas an, bevor sie sich kurz einmal in der Menge umsah, auf der Suche nach jemanden, der drei gegen einen oder zwei als zu ungerecht empfand.

[Brunnenplatz | bei Sylas | in der Nähe von Lucien und Shanaya]
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dabei seit Oct 2017
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Mit einem belustigten Lächeln ließ Lissa ihre Hand sinken, während ihr Blick von ihrer neuen Bekanntschaft zu dem Mann wanderte, den sie soeben niedergeschlagen hatte. Der Junge vor ihr hatte genug Geistesgegenwart besessen, den bewusstlosen Mann nicht auf sich selbst fallen zu lassen, sondern ihn zur Seite zu schubsen. Mit seinem Kopf schien also soweit alles in Ordnung zu sein, auch wenn die Wunde nicht so gut aussah.
Als auf einmal ihre Hand gepackt wurde, ging ein Ruck durch die Rothaarige, als sie versuchte nicht nach vorn zu fallen. Der junge Mann, der gerade noch vor ihr gelegen hatte, hatte ihre Hand gepackt und sich mit ihrer Hilfe hoch zu ziehen, nur um sich dann als Trevor vorzustellen. Vielleicht musste sie ihre Ansicht doch noch einmal revidieren. Er musste sich eindeutig richtig wehgetan haben am Kopf. Wer sonst würde so viel unzusammenhängedes Zeug auf einmal quasseln? Und wenn sie ihre blutverschmierte Hand so ansah, dann musste er sich schlimmer verletzt haben, als sie zuerst dachte.
Lissa ließ verwirrt den Redeschwall über sich ergehen. Ihr Blick folgte seinen Deutungen, dann seinen Gebarden und schließlich ganz ihm, als er auf einmal wegrannte. Ihr schwirrte mächtig der Kopf und sie musste feststellen, dass sie die Hälfte von dem, was er ihr erzählt, schon wieder vergessen hatte. Wie waren noch mal die Namen der beiden? Gregor und Trevori? Seltsam, aber sie kannte auch schlimmere. Als er sie aufforderte zu ihm zu sehen, tat sie es fast sofort und sah in seiner Hand einen Holzschuh aufblitzen. Offensichtlich der, der so schön klackerte. Aber er sprach gar nicht zu Ende, denn in dem Moment erhob sich der Mann wieder, den sie doch eben erst niedergeschlagen hatte.
Die junge Frau schüttelte kurz den Kopf, um wieder klar denken zu können und lächelte dann leicht.

Das würde ich sein lassen, mein Lieber. Mit Händlern legt man sich nicht an, wenn -“  In dem Moment zuckte sein Kopf nach vorn, als wäre er von etwas getroffen worden. Lissa beugte sich ein wenig zur Seite und sah auf dem Boden einen Holzschuh liegen. Auch wenn der Junge wegen seiner Verletzung verdammt viel redete, hatte er ihr gerade geholfen. So etwas musste vergolten werden.
Der Standwächter hatte sich gerade in Trevoris Richtung umgedreht, um jetzt auf ihn loszugehen, als die junge Händlerin sich noch einmal nach unten beugte, um ein stabiler aussehendes Brett zu nehmen. Sie wog es kurz in beiden Händen hin und her, bevor sie, wie nur ein paar Minuten zu vor, ausholte und es dem Mann auf den Hinterkopf schlug. Das Holz gab nicht nach, dafür sackte der Mann – jetzt vollkommen bewusstlos – in sich zusammen. Lissa ließ das Brett fallen, sammelte den Schuh auf und ging flink zu ihrer neuen Bekanntschaft, um ihn die Fußbekleidung hinzuhalten.

Danke für deine Hilfe, mein Hübscher. Ich denke wir sollten jetzt lieber verschwinden.“ Sie sah auch in Gregors Richtung, um ihn mit einer Kopfbewegung zu sich zu holen. „An meinem Stand seid ihr sicher, da findet euch niemand und wir können eure Wunden versorgen...und neue Schuhe besorgen.“ Sie zwinkerte Trevori verspielt zu.



Bei Trevor und Gregory

[Am Schmuckstand]
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Ihr Plan wäre mit Sicherheit aufgegangen, hätte Liam sich nicht davon ablenken lassen, zwei oder drei bekannte Gesichter auf der anderen Seite des Platzes erspäht zu haben. Im Endeffekt allerdings ging alles viel zu schnell, um wirklich einen Schuldigen ausfindig machen zu können, weshalb ihnen die Rothaarige entkam. Noch bevor die Wachen, die – ganz wie beabsichtigt – auf sie zugesteuert waren, bei ihnen angekommen waren, hatte eine eigenartige Prozession die Sicht zu ihnen versperrt. Als Liam den Kopf herumgewendet hatte, um die beiden Soldaten wieder ins Auge fassen zu können, hatte er stattdessen den blonden Schopf Talins geglaubt, erspäht zu haben und bei ihr ein unbekannter Mann. Nicht, weil er sich sorgte, sondern mehr aus Neugier hatte er den Hals gereckt und dabei seine eigentliche Aufgabe vielleicht ein wenig vernachlässigt. Im nächsten Augenblick hatte Ryan bereits ein Knie in den verbliebenen Kronjuwelen und die Diebin war geradewegs tiefer in die Gasse hinein verschwunden. Dem Lockenkopf blieb nichts anderes, als ihr überrascht hinterherzublinzeln.

„Eindeutiger Frauen-Schachzug.“, bedauerte er Ryans Kriegsverletzung mit einem Ton, der davon sprach, dass er das Gefühl durchaus nachvollziehen konnte. Aus irgendeinem Grund konnte er dabei nicht anders, als Skadis grinsendes Gesicht vor Augen zu haben.

Sein eigentlicher Plan wäre nun gewesen, die Drecksarbeit anderen zu überlassen. Wenn sie auch Ryans Geld nicht zurückbekommen hatten, so sollte sie es auf jeden Fall nicht ganz so einfach gemacht bekommen, hier weiter ihr Unwesen zu treiben. Zum Glück hatte ihr Auftritt nur allzu perfekt in die Geschichte gepasst, die er zuvor gesponnen und die Ryan so gekonnt untermalt hatte. Die Soldaten würden mit Sicherheit genug Grund haben, zu verhindern, eine Geisteskranke nicht zu lange alleine durch ihre Stadt irren zu lassen. Dementsprechend drehte er sich bereits mit einem möglichst verzweifelten Blick zurück zum Platz, um die Soldaten dort in Empfang zu nehmen, als er mitten in der Bewegung innehielt und überrascht feststellte, dass Ryan bereits losgelaufen war, um das Ganze selbst in die Hand zu nehmen. Dabei verfehlte er (ob gewollt oder ungewollt) nur knapp einen eigenartig gefärbten Papagei, dessen Worte er nur noch am Rande mitbekommen hatte. Respekt für seine Redekunst.

„Er hat dich beim Wort genommen, huw?“, entgegnete er anerkennend an den Vogel gewandt, ehe er sich wieder gen Soldaten wandte, die ziemlich auf sich warten ließen.

Er brauchte einen Moment, bis er die beiden Männer wieder erblickt hatte, die augenscheinlich einen großen Bogen um irgendetwas gemacht hatten, denn nun kamen sie aus einer anderen Richtung. Liam erklärte ihnen möglichst aufgeregt den Umstand seiner erkrankten Schwester Astrid, dass sein Bruder ihr bereits hinterher geeilt war und sie in ihrem Wahn unberechenbar handelte und durchaus dazu neigte, andere zu verletzen. Seinen Bruder beispielsweise hätte sie vor einigen Jahren mit dem Messer im Gesicht erwischt. Wie erwartet nahmen auch sie die Verfolgung durch die Gasse auf, holten noch einmal ein wenig ungehalten mit dem Fuß nach dem Vogel aus und ließen Liam allein zurück. Ihn störte das keineswegs, er hatte immerhin noch eine weitere ‚Mission‘, der er sich annehmen konnte. Selbst, wenn es ebenfalls Ryans Idee gewesen war, Kindern die Süßigkeiten zu klauen. Als er sich wieder dem Platz zuwandte, um dieses Mal den Weg zu nehmen, mit dem sich die Kinder aus dem Staub gemacht hatten, fiel ihm ein älterer, gebrechlich wirkender Mann auf, der nicht unbedingt weit entfernt von ihm am Boden kauerte.

„Kann man dir helfen, alter Mann?“, fragte er kurzerhand und blickte zu ihm hinab.

Seine Kritzeleien würden mit Sicherheit ohnehin den gesamten Fluchtweg der Zwerge spicken. Da änderten ein paar Minuten auch nichts mehr.


{ Pepe | Nahe einer Seitengasse am Brunnenplatz}
Pepe Trasposo
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Das Gegenteil von gut ist 'gut gemeint', wussten schon die Barden in grauer Vorzeit. Dass aber einer ein hübsches Mädchen diesen Lumpen von Stadtwache überlassen -wollte-, das brachte selbst einen gestandenen Seemann dazu, sich all die romantischen Gesten möglichen Heldenmuts künftig zweimal zu überlegen. Zum einen deshalb, weil sich die gut gemeinte Tat nunmehr unter den klackenden Soldatenstiefeln auf dem Pflaster abrieb, welche der vermeintlichen Geisteskranken nachsetzten. Zum anderen weil es mit Sicherheit bessere Gelegenheiten gab, um Straßendreck zu schmecken. Pepe, der auf dem Boden lag und sich dort abstützte, verzog verblüfft die ledergegerbten Züge als er das sah. Wie fehlgeleitet von ihm! Wie doppelt ärgerlich, dass ihm die Chance entging, bei dem seltsamen Tross in der Kreide zu stehen!

Er schmatzte zweimal trocken nach, um dann von einem metallisch rollendem Geräusch abgelenkt zu werden. Eine gutmütige Krämerseele in Gestalt eines rundlichen Mannes hatte ihm gerade einen halben Achter in die Kokosnuss geworfen. Gerade bedauerte Pepe, dass er noch alle Zähne hatte. So ein zahnloses Sonnengrinsen hätte bestimmt einen Ganzen draus werden lassen. Also musste er den tiefen Lachfältchen um Augen und Mund die Arbeit überlassen und krächzte darüber ein zittriges: "Vergelt's euch Kortas!", in den Äther. Er hob die Kokosnusshälfte dankend an und wartete, bis der Spender mit einem Gefühl moralischer Überlegenheit seiner Wege zog. Dann gelangte er behände auf die dürren, braun gebrannten Waden. In der Aufwärtsbewegung zog er sich den schmuddeligen Dreispitz von der sturmgrauen Krause und klopfte sich damit den Dreck aus den Slops. Und gerade, als er dabei war die Hutspitze beidhändig auf dem Kopf auszurichten, wurde er schicksalsträchtig angesprochen.

Der Alte blinzelte überrascht, denn er hätte nicht gedacht, einen von denen nochmal zu begegnen. Nicht, nachdem ihm die Gelegenheit abhanden gekommen war, die auf so etwas wie Dankbarkeit bei den Kerlen gesetzt hatte. Dem alten Gauner war durchaus bewusst, dass er nicht viel an sich hatte, was die jungen Seemänner sonst dazu brächte, um ihn mit auf deren Schiff zu nehmen.

„'n Achter für'n gestrandeten Pechvogel?“, schnorrte er deshalb den Schöngeist an und setzt sein bestes Sonntagsgrinsen auf. Zu seinen Füßen lag ein erbärmliches Bündel eines Seesacks, vom Rücken des braungebrannten Alten ragte der abgewetzte Kopf eines Banjokoffers. Die kohlefarbene Iride rutschte einmal über die Gestalt des Freigeistes. Sah nicht aus wie einer, der sich die Hände am Tau aufreibt oder Blaubarts Untiefen kennt. Vielleicht doch nur einer, der nur fürs Fest gekommen war? Selbst wenn – es gab nur einen Weg dieses Eiland zu betreten. Und deshalb ergänzte der Pepe unter gelassen aufziehenden Augenbrauen, die ein bisschen mit dem jungen Burschen flirteten zur Seite hin:

„Oder 'ne anständige Heuer auf'm Schiff? Du bist bestimmt nech' her geflogen.“, mutmaßte er mit eigenartigem Sprachbild, das eine Mischung aus derbem nautischen Klang und der exotischen Nordsee war. Und der flügellahme Papagei? Der war in der Aufregung von links nach rechts gehüpft und gerade dabei mit schräg gelegtem Kopf sein Abbild in den hübsch glänzenden Spangen von Pepes Schuhwerk anzustarren.

[.Liam | an einer nahen Seitengasse zum Brunnenplatz.]
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Arme Seele, die nicht gewohnt war, beachtet zu werden. Liams Mundwinkel verzogen sich zu einer skeptischen Linie bei dem Anblick des hageren Mannes, der durchaus den Eindruck erweckte, als wäre diese niedere Position am Boden gewiss keine Neue für ihn. Eigentlich schade, wie sehr das eigene Selbstwertgefühl schrumpeln konnte, ohne dass man sich daran störte. Manche hätten den ledrigen Alten vielleicht widerwertig gefunden, gleichbedeutend mit den Ratten, die die Gassen spickten und sich um den Abfall kümmerten oder gar selbst dazu gehörten. Liam war da anders, denn er urteilte nicht. Aber ebenso war ihm bewusst, dass er die Welt nicht retten konnte und jeder für sein eigenes Schicksal verantwortlich war. Dass der alte Kauz also so selbstverständlich auf dem Boden saß, ehe er sich wieder aufrichtete und gar demütig dreinblickte, war ganz allein seine eigene Entscheidung. Davon abgesehen waren Begegnungen wie diese hier keine Seltenheit. Überall gab es derartige Gestalten, die das Leben als armseliger Bettler vorzogen, statt sich auf andere Wege etwas dazuzuverdienen. Wenn man das wollte, sollte einem dabei niemand im Weg stehen – für den Lockenkopf selbst war es auch in den goldlosesten Zeiten niemals eine Option gewesen. Er war aber auch einfach nicht der Typ dafür, sich für andere im Dreck zu suhlen und bemitleidenswert dreinzublicken. Dazu war er – zum einen – zu sehr Optimist und – zum anderen – viel zu erpicht darauf, für ganz andere Abenteuer keinen noch so schmutzigen Weg zu scheuen.

„Ich gehör‘ definitiv nicht zu denen, wo’s was zu holen gibt.“, entgegnete er mit Blick auf den Alten und hob demonstrativ seinen zerschnittenen Seesack in die Lüfte.

Natürlich hatte er da sein Gold nicht drin gehabt, doch auch das Ledersäckchen – frisch geflickt nach dem Ausflug in den Dschungel -, welches an der Innenseite seiner Stoffhose befestigt war, konnte nicht gerade mit Reichtum prahlen. Das meiste ging momentan sowieso in die Instandsetzung der Sphinx, dementsprechend ‚flüssig‘ war der Lockenkopf auch im Moment. Allerdings war er heute Morgen auch nicht aufgebrochen, um Dinge zu kaufen, sondern um zu verkaufen. Er musste nur die Gruppe Bengel wieder in die Finger bekommen, die ihn um seine restlichen Werke gebracht hatte. Allzu viel wert war der übriggebliebene Kram allerdings auch nicht. Im Grunde ging es ihm bei dieser Suche mehr um den Spaß. Der alte Kauz hatte aber noch einen anderen Vorschlag, wie Liam seinem Angebot nachkommen könnte, woraufhin er einen prüfenden Blick von selbigem erntete.

„So? Was könntest du einer Crew denn bieten?“, fragte er frei heraus und musterte den bärtigen Mann abwartend, aber nicht abschätzig.

Er bezweifelte, dass er dieser Bitte nachkommen konnte, da war der Achter doch wahrscheinlicher. Talin und Lucien waren zwar… besonders, aber auch sie legten Wert auf nützliche Crewmitglieder, die irgendetwas leisten konnten. Und er bezweifelte, dass für die Pläne, die die beiden hatten, ein ledriger alter Mann irgendwie erträglich sein könnte. Davon abgesehen war ihm durchaus bewusst, dass es nicht schlau war, jemanden zu einem Schiff zu bringen, welches im Augenblick wohl das meistgesuchteste der Ersten Welt war. Das Kopfgeld hätte ihm wohl mehr eingebracht als alle mögliche Heuer insgesamt.

„Schätze, wenn das Fest vorbei ist, werden viele wieder aufbrechen. Vielleicht findest du da ‘ne Mitfahrgelegenheit.“


{ Pepe | Nahe einer Seitengasse am Brunnenplatz}


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