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Licht- und Schattenseiten
Enrique, Talin & Lucien ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 18 März 1822
Ort Captainskajüte der Sphinx
Tageszeit Vormittags
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
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#11
Er bekam mit, dass Lucien sich abwandte und fragte sich prompt warum. Da dort wo der Capitán hinsah nichts war, was Enriques Aufmerksamkeit erregt hatte und da er von dem Jüngeren, bei Missfallen dessen, was seine Schwester von sich gab, etwas Anderes als Wegschauen erwartet hätte tippte er darauf, dass der irgendeine andere Reaktion verbergen wollte. Was für eine das wohl war? Doch beobachtete er weiterhin hauptsächlich Talin; auch als er mitbekam, dass das Lächeln aus den Augen und der Haltung des Braunhaarigen wich.
Innerlich seufzte er, während es ihn doch auch amüsierte. Natürlich würde Zorrito zu seiner Schwester halten, egal wie gut sie miteinander klar kämen. Aber er griff nicht ein, sondern ließ diese Sache zwischen ihm und Talin. Gut.
Dafür wurde ihr grinsen nur um so breiter. Ja, sie hatte ihn da, wo sie ihn haben wollte und ja, das ärgerte ihn, raubte ihre Art ihm doch scheinbar all seine Selbstbeherrschung; zeigen würde er es ihr nicht. Dann schwieg sie, zog ihr eigenes Spiel nicht durch, so als hätte sie sich selbst an einen Punkt gebracht, an dem sie lieber Vorsicht walten ließe, warum auch immer.
Zum Schluss brachte er die Beiden aus der Fassung.
Sie zeigte es mehr als er. Wieder fühlte er den ungewohnten Drang zu Lachen. Wieso nur erheiterte es ihn so, dass er missverständliche Worte gewählt hatte?

Als Lucien dann sprach, hätte er sogar fast laut gelacht, es blieb jedoch bei einem lediglich leisen, mit einem Hauch Bitterkeit unterlegtem, Auflachen und Schweigen. Er und seinen Wert überschätzen! Das hatten ihm Harper und andere gründlich ausgetrieben. Er war soviel Wert, wie er mit den Ellenbögen und seinem Verstand aus dem jeweiligen Anderen herausbekam und keinen Deut mehr. Meistens nicht einmal das.
Und es erheiterte ihn selbst auf ungesunde Weise, seine eigenen Worte so dick aufs Brot geschmiert zu bekommen, wissend, dass er Talin damit zwar Paroli geboten hatte, nur um dann festzustellen, dass er, weil sie nicht weitermachte, plötzlich schlechter da stand als zuvor.
Manchmal bin ich echt ein ganz schöner pollino, stellte er mit süffisant verzogenem Mundwinkel fest.

Er hielt das Stillstehen nicht mehr aus, schritt kopfschüttelnd zum nächsten Stuhl, ohne die Aufmerksamkeit von Lucien zu nehmen und nickte bei dessen Worten, dass er sehr wahrscheinlich schießen würde, ginge Enrique zurück und sie stolperten danach wieder übereinander.
Dann packte er den Stuhl und trug ihn zu der Stelle vor den Beiden, wo er eben noch gestanden hatte und ließ sich rittlings darauf nieder. Immer wieder war er versucht sich zu äußern, biss sich aber auf die Zunge. Dieses Mal würde er abwarten und überlegen, bevor er antwortete.
Bei 'Genauso, wie niemand über dich bestimmen wird' kehrte die echte Erheiterung zurück. Wie schaffte es dieser Mistkerl bloß, dass er ihn so sehr mochte, dass er ernsthaft in Erwägung zog zu bleiben und das die Wut nicht wieder in ihm überhand nahm?

Ein kurzer Blick zur Blonden sagte ihm, dass sie nichts anfügen würde. Tief holte er Luft und hatte arg mit dem aufsteigenden Lachen zu kämpfen.

"Ihr missverstehen mich.
"Was du gesagt hast ist mir nicht entgangen. Und für so wichtig halte ich mich auch nicht. Außerdem würde ich wohl rundweg ablehnen, wenn du oder irgendeiner von euch versuchen würde, mich mit Schmeicheleien oder Geschenken zum Bleiben zu bewegen.
"Ich weiß euer Angebot zu schätzen, denn nur weil ich zurück könnte, heißt das nicht, dass ich das auch will.
"Es ist richtig, dass ich, als ich euch geholfen habe, stets ein Auge darauf hatte, das hinterher immer noch meinen Vorgesetzten und der Admiralität verkaufen zu können. Zu dem Zeitpunkt hattet ihr mir auch noch nicht das Angebot gemacht, mit euch zu kommen. Und um ehrlich zu sein weiß ich nicht, ob das irgendetwas an meinem Verhalten geändert hätte, wäre das vorher passiert.
"Inzwischen hat sich allerdings einiges ergeben, dass mich euer Einladung ernsthaft in Erwägung ziehen lässt.
"Und da ist auch das Missverständnis. Ich fragte nicht nach Geschenken, sondern nach euren Plänen und nach Arbeit."


Beschwichtigend hob er die Hände, war ihm doch klar, dass das missverständlich klingen könnte.

"Ich will keine Details, wie wen ihr wo, falls überhaupt überfallen wollt oder wo eure Basis liegt, darum geht es mir nicht, ich will nur wissen worauf ich mich einlasse.
"Falls ihr euch als einfache Fischer niederlassen wollt und es auf Segel setzen, Netze einholen und Kisten schleppen hinausläuft, dann ist das nichts für mich. Zumindest nicht langfristig.
"Ich brauche, Abwechselung, Herausforderungen, etwas, worüber ich mir den Kopf zerbrechen, womit ich mich, in den langen Tagen die wir unterwegs sein werden, beschäftigen kann. Ihr sagt selbst, ihr könnt jemanden wie mich gebrauchen, was mir sagt, dass ihr Positionen frei habt, wo ihr denkt, dass ich meine Fähigkeiten einsetzen kann. Mich interessiert also, welche Ränge das sind, wie du es so schön formuliert hast.
"Ich bin mir sicher, dass ihr mir mehr ist als das leben eines einfachen Fischers oder Matrosen anbietet, dass ihr nicht in irgendwelchen Hinterhofgewässern versauern wollt, was genau das ist weiß ich aber nicht.
"Danach hatte ich gefragt, als ich wissen wollte, was ihr mir bieten könnt.
"Bevor ich mich aber entscheide, ob ich annehmen, wäre ich mir schon gern über diese Dinge im Klaren, denn es nützt keinem, wenn ich mich darauf einlassen, nur um ein paar Monate später festzustellen, dass ich das unter falschen Voraussetzungen getan habe und euch dann verlassen will, was dann zu bösem Blut führen könnte."


Wieder holte er tief Luft, längst war er wieder ernst geworden. Freundlich, geradezu entspannt fügte er an:

"Und noch ein paar andere Details wüsste ich ebenfalls gerne vorher. Dazu muss ich allerdings ein paar hypothetische Fragen stellen. Es wäre nett, wenn ihr mir den Gefallen tätet, auch diese zu beantworten!
"Lasst es mich also anders formulieren:
"Wenn ihr wüsstest, dass ich Ahnung von Geschützen habe und ihr mir vor den Anderen die Anweisung oder Bitte gegeben hättet, mich um die Geschütze dieses Schiffes zu kümmern und ihr dann mitbekommen würdet, dass ich mir Hilfe von zwei Anderen geholt hätte, um eines, scheinbar grundlos, über Bord zu werfen, was würdest ihr dann tun? Was wenn das mitten in einem Kampf passieren würde?"
Crewmitglied der Sphinx
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#12
Er spürte, wie Talin sich sacht gegen ihn lehnte, ihm damit wortlos zu verstehen gab, dass sie an seiner Seite war. Das unerschütterliche Wissen, dass sie ihm den Rücken deckte. Jederzeit. Für immer. Doch sein Blick ruhte nach wie vor unnachgiebig auf dem ehemaligen Leutnant, dessen süffisantes Lächeln Lucien zwar wachsam werden ließ – immerhin konnte das vieles bedeuten – den Älteren auf der anderen Seite aber auch irgendwie sympathisch machte. Ein Funken Selbstironie hatte schließlich noch keinem geschadet.
Zunächst behielt er diese Reaktion jedoch für sich. Auf seinen Zügen lag nichts außer gelassener Geduld. Ganz offensichtlich die Fassade, hinter der sich seine eigentlichen Gedanken verbargen, während er darauf wartete, eine endgültige Entscheidung zu fällen.
Enrique ließ sich Zeit. Bevor er sich zu einer Antwort durchringen konnte, ging er zu einem der Stühle hinüber, zog ihn an den Platz unmittelbar gegenüber der beiden Geschwister, an dem er gerade schon gestanden hatte und ließ sich rittlings darauf nieder. Während der gesamten Prozedur beobachtete Lucien den anderen Mann und rührte sich selbst keinen Millimeter.
Dann endlich antwortete der ehemalige Offizier.
Der erste Satz ließ Lucien flüchtig die Augenbraue heben, doch es war ein anderer Punkt, der ihn schließlich aufhorchen ließ. 'Denn nur weil ich zurück könnte, heißt das nicht, dass ich das auch will'. Um seine Mundwinkel schlich sich ein kleines, selbstzufriedenes Lächeln. Hatte er also doch richtig gelegen. Doch er schwieg noch, hörte einfach aufmerksam zu, bis Enrique zum Ende seiner Ausführung kam.
Da erst stieß er mit einem leisen, fast spöttisch klingenden Lachen die Luft aus. Worüber genau er spottete – sich selbst, den Leutnant oder die Situation als solche – machte seine Antwort deutlich.

Na, wenn es nur das ist.

Ein Hauch Belustigung lag in seiner Stimme, mit der er die unausgesprochene Drohung, die bis gerade eben noch in der Luft hing, mit wenigen Worten einfach auszulöschen schien. Als hätte es sie nie gegeben. Seine Haltung entspannte sich einfach wieder und das gelassene Lächeln, das auf seinen Lippen lag, verlor seine Kälte, erinnerte schon viel mehr an jenen fast freundschaftlichen Zug, den er bei Enriques Eintreffen gezeigt hatte.

Um dir deine erste Sorge zu nehmen: Ich habe meine Zeit lange genug mit fischen verschwendet. Abgesehen davon waren wir vermutlich zu auffällig, um uns jetzt unbeschwert zur Ruhe setzen zu können. Nein, was wir wollen...

Lucien hielt einen Moment inne, warf seiner Schwester einen langen Blick zu und schien tatsächlich Schwierigkeiten zu haben, das in Worte zu fassen, was sie beide wollten. Was die Geschwister antrieb, seit Talin alt genug geworden war, um zu verstehen, dass das, was sie hatten, nie genug sein würde.

Diese Welt ist groß, Enrique.“ Damit wandte sich der Dunkelhaarige wieder an den Mann ihnen gegenüber. „Und wir wollen alles, was sie uns bieten kann.

Er löste die Arme, stützte sich mit einer offeneren Haltung auf dem Schreibtisch ab und konnte sich ein geradezu vorfreudiges Schmunzeln nicht verkneifen.
Machen wir uns nichts vor: Wir haben uns mit einem Knall angekündigt und ich gehe davon aus, dass unsere feine königliche Marine das nicht einfach auf sich sitzen lassen wird. Noch dazu ist die Sphinx alles andere als unauffällig. Wir ziehen also einen Soldatenschwanz hinter uns her und das wird auch nicht die letzte Begegnung gewesen sein. Darüber hinaus besteht diese Crew aus einem frisch zusammengewürfelten Haufen Verrückter, die nur eines zu einen scheint: Dass sie sich etwas von dem Entschluss versprechen, hier zu sein.
Was also unsere Pläne angeht, nach denen du gefragt hast.. also kurzfristig betrachtet sehen wir erst einmal zu, das Schiff wieder einigermaßen seetauglich zu machen und lassen uns überraschen, ob diese Mannschaft überhaupt zusammen arbeiten kann. Und langfristig...
“ Er zuckte kurz mit den Schultern. „Nehmen wir uns das, was wir wollen, hier und in jeder anderen der Sieben Welten. Wir begleichen Rechnungen – wer auch immer gerade eine offen hat. Und jagen Drachen.

Mit diesen letzten Worten warf er Talin einen kurzen Seitenblick zu und in die tiefgrünen Augen trat unendlich sanfte Wärme. Dann wandte er sich wieder an den Leutnant, sichtbar ernster dieses Mal und trotzdem flüchtig lächelnd.

Was dein... hypothetisches Szenario angeht: Es kommt wohl ganz darauf an, inwieweit wir bereit sind, dir und deinen Gründen zu vertrauen. Noch tue ich das nicht, also wirst du dir wohl die Zeit nehmen müssen, dich zu erklären. Davor – wenn die Möglichkeit besteht – oder hinterher. Dann kann ich immer noch entscheiden, ob ich dich dem Geschütz hinterher werfe oder du uns allen den Arsch gerettet hast.
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#13
Für einen kurzen Moment befürchtete sie, es würde in ein Blickduell ausarten. Aber als der ehemalige Leutnant zu einem der Stühle hinüber ging, entspannte Talin sich etwas. Sie stützte ihre Arme auf die Tischplatte hinter sich, bevor sie sich einmal hoch stemmte und sich auf das schwere Holz setzte. Anscheinend schien es ja ein längeres Gespräch zu werden, da wollte sie auch ein wenig bequemer sitzen.
Während Enrique ihnen seine Worte erklärte, nahm Talin sich ein paar ihrer Strähnen und fing an sie auf ihrer rechten Seite zu flechten. Sollte der Mann denken, was er wollte, aber sie folgte seinen Worten nur zu genau. Zu ein paar Sachen hätte sie gern einen gezielten Kommentar von sich gegeben, aber sie verkniff es sich, bis er endete Und Lucien sich neben ihr ein bisschen entspannte. Talin warf ihm zwischen ihren Strähnen einen Blick zu, was genau er sich dabei dachte. Aber offensichtlich handelte es sich dabei wieder um dieses Männerding, was sie entwickelt hatten, als sie sich noch auf dem Marineschiff befunden hatten. Sie behandelten sich fast freundschaftlich. Talin schnaubte ganz leise, blieb aber still, drehte nur leicht den Kopf, um Lucien direkt ansehen zu können, während ihre Hände weiterhin mit ihren Haaren spielten. Sie wollte wissen, ob er sich erinnerte. Als er sie schließlich ansah, erwiderte sie seinen Blick mit einem warmen und aufgeregtem Leuchten in den Augen. Die Blonde wusste einfach, er hatte nichts vergessen, was sie gesagt, was sie geplant und sich versprochen hatten.
Als er seine Worte weiter ausführte, sah sie wieder zu Enrique hin, wollte wissen, wie er aufnahm, dass sie im Grunde keine Pläne hatten. Außer Drachen jagen. Das Lächeln, das sich bei Luciens Erklärung auf ihre Lippen geschlichen hatte, brach schließlich als ein lautes, belustigtes Lachen aus ihr hervor, bevor sie ihrem Bruder noch einmal einen Seitenblick zu warf. Doch schnell wurde sie, der Situation angemessener, wieder ernst, auch wenn das belustigte Schmunzeln zurückblieb. Auf das theoretische Szenario konnte sie ihm nur zustimmen und nickte leicht, bevor sie anfing zu sprechen, gleich nachdem Lucien geendet hatte. Für einen Moment überlegte sie, ob sie sich wirklich wieder in das Gespräch einmischen wollte, nicht, dass sie den Mann vor ihnen noch mehr beleidigte. Aber für den Moment hatte sie völlig die Rolle als Captain eingenommen, weshalb sie sich darüber keine Gedanken machte. Sie ließ ihre Haare los und beugte sich leicht vor, nicht ganz so freundschaftlich schauend, aber immerhin netter, als noch vor ein paar Minuten.

Was deine andere Frage angeht. Im Moment sind die Stellen des Navigators, Smutje, Carpenter und Schiffsarztes besetzt. Von ihnen allen weiß ich, dass sie hervorragende Arbeit machen.“ Sie senkte die erhobene Hand, an der sie die jeweiligen Stellen abgezählt hatte, bevor sie wieder Enrique mit einem leichten Schulterzucken ansah. „Wie Lucien schon sagte, diese Crew ist jung. Wir kennen einander nicht gut genug, um jeden genau einschätzen zu können, wo die jeweiligen Stärken liegen.“ Kurz sah sie ihren Bruder an, wie um sich zu versichern, dass ihre nächsten Worte richtig waren. „Ich kann im Moment von dir nur sagen, dass du bei der Marine den Rang eines Leutnant hattest und dementsprechend schon etwas an Erfahrung auf See mitbringst. Aber das tun auch ein paar der anderen. Du hattest das Kommando über andere, was dich für eine der Ränge ausweisen könnte. Aber gleichzeitig hast du dein Schiff verraten und warst bereit uns zu helfen. Du könntest uns ebenso verraten. Verstehst du was ich meine? Du hast Fähigkeiten, die wir brauchen können, aber wir kennen dich nicht gut genug, ebenso wenig wie der Rest der Crew. Natürlich kannst du dich auf einen der Ränge bewerben, aber dann wirst du dich erst beweisen müssen.
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#14
Luciens Spott zeigte ihm, dass auch er sich nicht in dem Grünäugigen getäuscht hatte. Und da der sich sichtlich entspannte, tat das auch Enrique. Beruhigt lauschte er den Worten seines ehemaligen Gefangenen.
Heitere Gelassenheit stellte sich auf seinem Gesicht ein, auch wenn die so offen gezeigte Nähe der Beiden andere Gefühle in ihm hochsteigen ließ und hin und wieder trübte ein wenig Sehnsucht oder Traurigkeit seine Augen.
'Die ganze Welt also?'
Das kindlich anmutende Verlangen der Beiden ließ ihn schmunzeln und an die Zeit vor den Toden Cornelis' und Isabellas denken, bevor die Welt für ihn grau geworden war. Inzwischen gab es einen einzelnen hellen Stern an seinem Nachthimmel und vielleicht wäre das hier ein zweiter?
Unwillig schüttelte er den Kopf und die Erinnerungen ab.
Dass sie das Schiff, wenn sie es nicht nur für die Befreiungsaktion gebraucht hatten, reparieren wollten, lag auf der Hand und ließ ihn nicken.
Wut schoß in ihm auf und färbte seine Augen dunkel, als der Brünette ihn mit seinen Worten an seine offenen Rechnungen erinnerte. Hoffentlich würde Yaris sein Wort halten. Wobei — daran hegte er eigentlich keine Zweifel, sondern eher daran, dass diese Maßnahme nicht genug wäre, dass er mit all diesen Taten—
Ihr Lachen riß ihn zurück.
Kurz musste er überlegen, was der Jüngere gesagt hatte, dass sie so amüsierte.
'Drachen jagen. Dass ist ja fast noch besser als Seeungeheuer und Piraten', stellte er fest, während er bereits, kurz und leise aber ehrlich, mit ihr lachte.
Das, was Lucien dann auf sein hypothetisches Szenario antwortet ließ den Schwarzhaarigen wieder nicken und gleichzeitig die Lippen aufeinander pressen. Es war eindeutig nicht das, was er erhofft hatte. Und doch war es weit mehr, als Harper ihm je gegeben hätte.
'Was hast du denn geglaubt, dass sie antworten würden?!', hielt er sich über sich selbst erbost vor und bemühte sich darum, das Ganze als fairen Kompromiss zu sehen.
Und damit wechselte das Wort zum eigentlichen Capitán:
Talins Tonfall war wesentlich offizieller. Alles was sie sagte hatte Hand und Fuß. Enrique nickte. Als Matrose anfangen und mit seinen Taten beweisen, dass er über das nötige Wissen verfügte. Dann hätte er Aussicht auf mehr, auf eine Herausforderung, einen eigenen Tätigkeitsbereich. Dafür würde er allerdings herausfinden müssen, was man auf diesem Schiff noch brauchte und wer wieviel über das wusste, was man für die noch freien Posten brauchte. Und dann benötigte er immer noch ihre Zustimmung.
Seine Augen suchten ihre, wollten wissen, was sie dachte und wie sie wohl inzwischen zu ihm stünde. Auf ihrem Gesicht war jedoch nicht viel zu lesen und eigentlich wusste er die Antwort bereits.
'Sie vertraut dir nicht, Idiota!'
Also senkte er abermals den Blick, übelegte, ehe er sich dann entschlossen strafte und Beide offen ansah:

"Ich — muss sagen, dass ich überrascht bin. Da waren viele Dinge dabei, von denen ich gedacht hätte, dass ihr sie mir vorenthalten würdet, gerade weil ihr selbst sagt, dass ihr mir nicht vertraut.
"Bei den Ahnen, ich würde mir an eurer Stelle ebenfalls kein Stück trauen, nicht bei dem, was ihr bis jetzt über mich wisst oder denken müsst.
"Ich glaube auch nicht, dass es viel bringen würde, euch jetzt einfach so irgendwas zu erzählen. Lucien ahnt ein bisschen mehr davon, wie meine Situation auf der Morgenwind war und das reicht vielleicht aus, damit ihr nicht jedes meiner Worte hinterfragt.
"Trotzdem biete ich euch an, euch Rede und Antwort zu stehen."


Der Ansatz eines Lächelns kehrte zurück auf das ernste Gesicht.

"Euer Angebot klingt, nach all dem, was mir widerfahren ist sehr verlockend, doch ich kann das nicht allein entscheiden. Nicht, wo ich eines meiner Crewmitglieder wissentlich mit in diese Situation gebracht habe. Kaladar hat zwar zu den Sachen zugestimmt, zu denen ich ihn befragt habe, soweit ihm das möglich war, aber ich werde ihn nicht im Stich lassen, sollte er einen anderen Weg wählen wollen."

Tief atmete der Dunkelhäutige durch, ehe er, mit einer gewissen Vorsicht, in einem Punkt nachhakte:

"Wo ich mich dennoch frage, ob ich euch richtig verstanden habe ist:
"Wenn ich mich euch anschließen sollte und tatsächlich eine Rechnung offen hätte, dann würdet ihr mir nicht nur gestatten, sie zu begleichen, sondern mir, so das nötig und möglich wäre, sogar helfend unter die Arme greifen? Würdet euch meine Feinde zu eigen machen ohne mehr zu verlangen, als dass ich eurer Carta zustimme und meiner Aufgabe hier an Bord gerecht werde?"
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#15
Neben ihm zog sich seine Schwester auf den Schreibtisch hinauf, streifte dabei mit dem Arm seine Schulter, bevor sie es sich spürbar gemütlich machte. Doch Lucien behielt den Leutnant im Blick und blieb als einziger in ihrer kleinen Runde stehen – wenn auch nach wie vor mit einer geradezu geselligen Haltung und ruhiger Freundlichkeit in den tiefgrünen Augen. Trotzdem – ihm entging keine Reaktion, die sich in der Mimik des Älteren spiegelte.
Ihm war vollkommen bewusst, dass ihre 'Pläne' keine echten Pläne waren. Zumindest nicht das, was über 'das Schiff reparieren' hinaus ging. Es waren die Träume und Wünsche zweier Jugendlicher, denen nie etwas Schlimmeres widerfahren war, als sich der Strenge der Eltern und den Hänseleien von Gleichaltrigen ausgesetzt zu sehen. Aber auch wenn er selbst dieser Junge nicht mehr war, wusste er, dass Talin sich dieses Kind bewahrt hatte. Für ihn zählte nichts anderes mehr, als an ihrer Seite zu stehen. Ihm war es gleich, wohin die Reise ging. Und wenn das hieß, mit ihr auf die Suche nach Drachen zu gehen und dabei jede einzelne Welt zu bereisen, weil es das war, was sie sich wünschte... dann würde er das tun, ohne zu zögern. Das war es, was die Geschwister ausmachte. Und für Lucien gab es sonst nichts mehr auf dieser Welt.

Er sah Enrique an, dass ihm die endgültige Antwort nicht gefiel. Weder die des 21-Jährigen, noch die seiner Schwester. Aber er arrangierte sich damit und das war auch gut so. Denn ein besseres Angebot würde er nicht bekommen. Zumindest noch nicht. Talin hatte Recht. Lucien mochte dem ehemaligen Soldaten gegenüber eher freundschaftlich gesonnen sein, aber mit Vertrauen hatte das nichts zu tun. Ob er das verdiente, würde sich früher oder später zeigen müssen. Allerdings hieß das nicht, dass sie nicht mit offenen Karten spielen konnten. Das zumindest schien Enrique fast zu überraschen.

Es gibt keinen Grund, irgendetwas zu verbergen. Solltest du uns hintergehen, begleichen wir diese Rechnung. Du müsstest uns schon töten, um das zu verhindern.“ Ein flüchtiges Schmunzeln huschte über seine Lippen, doch an dem entspannten Ausdruck in seinen Augen, mit dem er Enrique ansah, änderte sich nichts. Nichts in seinem Tonfall ließ auf eine Drohung schließen. Es war schlicht und ergreifend eine Feststellung.
Schließlich neigte Lucien den Kopf auf die Seite, schloss kurz die Augen und nickte verstehend.

Du musst dich nicht sofort entscheiden. Rede mit deinem Sergeant und trefft eure Wahl. Ihr habt Zeit, bis wir den nächsten Hafen erreichen. Dann könnt ihr uns entweder verlassen oder mit uns segeln.

Wieder zeigte sich ein Lächeln auf seinen Lippen, als die grünen Augen zurück zu dem ehemaligen Soldaten wanderten. Dieses Mal mit einer geradezu kühnen Arroganz gegen alles, was andere Leute für selbstverständlich oder unausweichlich hielten.

Und ja. Genau das heißt es. Ich kann nicht für jeden hier sprechen. Mit Sicherheit wird es einige geben, die sich aus deinen Angelegenheiten heraus halten wollen und die es nicht gutheißen, Schiff und Crew für die Fehden eines Einzelnen in Gefahr zu bringen. Aber Loyalität will verdient sein und wenn du beschließt, uns die deine zu erweisen, tun wir das gleiche für dich. Talin und ich haben Rechnungen zu begleichen und Schulden einzulösen und wir werden dieses Schiff und seine Mannschaft dafür benutzen. Es wird sich noch zeigen, wie weit jeder einzelne bereit ist, uns zu folgen. Doch im Gegenzug ist jedermanns Feind hier auch unser Feind und jedermanns Rechnung auch die unsere. Das bedeutet diese Carta für uns.
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#16
Die Stimmung passte fast zu einem gemütlichen Beisammensein. Hatte der Leutnant sich noch ein paar Minuten zuvor extrem über sie aufgeregt, so wirkte er nun fast ein wenig ergeben, oder so, als wäre er belustigt. Talin verstand schon, warum der Gedanke an Drachen und Seeungeheuer ihn zum Lachen brachten. So etwas gab es ja gar nicht. Das und ähnliches hatte sie als Kind und später immer noch zu hören bekommen. Sie solle aufhören nach etwas zu suchen, was nicht da war. Wenn sie wirklich auf diese Leute gehört hätte, dann hätte sie jetzt kein Schiff, keine Crew und auch Lucien nicht wieder. Für die junge Frau bedeutete das nur, auf andere besser nicht zu hören. Wenn sie also Dinge suchen wollte, an die andere nicht glaubten oder aufgegeben hatten, dann würde sie die schon finden. Außerdem musste sie nicht nur für sich selbst an diese Kindheitsträume glauben. Denn so lange wenigstens einer daran glaubte, lebten sie weiter, nicht wahr?
Für einen Moment schielte die Blonde zu ihrem Bruder hinüber, der aber voll und ganz bei Enrique war. Immerhin einer von ihnen ging seinen Pflichten als Captain richtig nach.
Sie biss sich mahnend auf die Innenseite ihrer Wange, als sie schweigend das Gespräch der beiden verfolgte. An sich konnte sie dem, was Lucien sagte, nicht mehr viel hinzufügen. Was das anging waren sie sich beide schon immer einig gewesen und verstanden sich auch ohne das der andere etwas dazu sagen musste. Aber sie konnte sich dennoch nicht verkneifen ihren Senf dazu zu geben.

Wenn dir der Gedanke, nur auf unser Wort hin die Carta zu unterschreiben nicht gefällt, dann denk doch einfach an das gute alte Sprichwort: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Unterzeichnen du und dein kleiner Sergeant, dann sind wir daran gebunden eure Feinde als die unseren zu betrachten.

Für einen kurzen Moment tobten Schatten in ihren Augen, mit den Gedanken weit entfernt auf einer kleinen Insel, auf der ihre eigenen bösen Geister lauerten. Talin blinzelte und die Dunkelheit verschwand wieder, während sie gleichzeitig vom Tisch hobste.

Wie Lucien schon meinte, denk darüber nach und teile uns deine Entscheidung mit. Wir zwingen niemanden bei uns zu bleiben.“ Und sie hatten keine so großen Geheimnisse, als das er irgendwem etwas erzählen könnte, sollte er sich gegen die Piraterie entscheiden.
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#17
Talins abdriftender Blick ließ ihn zwar die Worte hören, aber nicht ihren Inhalt realisieren. Auf einmal wirkte die Blonde weit fort.
Wo sie wohl war? Und was war es, dass sie dort unangenehm beschlich? Sie hatte von Feinden gesprochen und so mussten es wohl die ihren sein. Wer? Wo? Wann? Was? Warum? Er war kurz davor, sie zu fragen, doch widerstreitende Emotionen hielten ihn zurück. Was ging es ihn an? Nichts! Und selbst wenn er es wüsste, was brächte es? Auf ihn hören würde sie eh nicht. Außerdem hatte er bereits mehr als genug Probleme, da brauchte er nicht auch noch ihre. Sie hatte ihm sowieso noch einiges zu erklären!
Und doch ...
Was hatte sie mit ihren eigenen Worten in sich aufgewühlt?
Erst als sie vom Tisch hüpfte schloß der Schwarzhaarige kurz die Augen. Es war ungewohnt, Zeit und die Wahl zu haben und so nickte er nur.

Kurz darauf befand er sich wieder an Deck, hatte für einen Moment vor der Kajüte verweilt, ehe er aufs Achterdeck gestiegen war und, an der Reling stehend, lange auf den Horizont starrte.
Sie hatten nicht gefragt. Und er auch nicht.
'Warum nicht?'
Diese Frage kreiste durch seine Gedanken, wieder und wieder. Keine der Antworten war einfach.
Die für Lucien vielleicht noch am ehesten:
Es schien dem Offizier, als interessiere sich der Grünäugige einfach nicht dafür, was mit ihm passieren würde, so als wären seine Schwester und die Welten in seinem Kopf wichtiger. Und als könnte er deshalb hemmungslos ehrlich sein.
'Und Talin?'
Er verstand sie einfach nicht.
War es ihr gleichgültig, wer in ihrer Crew diente? War sie so abgebrüht? Wollte sie mit ihm spielen? Verfolgte sie irgendwelche Hintergedanken? Oder war es schlicht Mitleid und Spott?
Und dann diese Aussage!
'Der Feind meines Feindes ist eben nicht zwangsläufig mein Freund!', dachte er bitter, auch wenn das Schicksal ihm scheinbar derzeit geradezu das Gegenteil einbläuen wollte:
Kaladar, Samuel, Lucien, der Attentäter — Nein, der gerade definitiv nicht! Aufgebracht jagte er seine Gedanken zu den Geschwistern zurück. Die Beiden waren sein aktuelles Problem. Vor allem die Blonde:
Alles an ihr regte ihn auf, ließ ihn ihr gleichzeitig eintrichtern wollen, warum ihre unbeteiligte Arroganz so gefährlich wäre und ihr zusehen wollen, wie sie in ihr Unglück stolperte. Außerdem:
Was verbarg sich hinter ihrer Scheinheiligkeit? Und wie konnte sie so drastisch verschieden zu ihrem Bruder sein?
'Oder ist sie das eigentlich gar nicht, sondern ich verrenne mich hier nur, weil ich nicht mit meinen Entscheidungen klar komme und die Beiden meinen das tatsächlich ernst?'
Diese Überlegung war verwirrend und verführerisch zugleich. Denn falls sie das ernst meinten, dann hieße das auch, dass sie es wagten ihm soweit zu vertrauen, dass auch er die Carta ernst nähme, dass er seinen Dienst tun und zumindest so loyal wäre, dass er nicht gegen sie arbeiten würde. Das wäre zwar verwegen aber nicht unrealistisch.
Und er war mit sich selbst definitiv nicht im Reinen.
'Und was, wenn ich gegen sie vorgehen würde?'
Nun, zumindest das lag offen auf der Hand:
Dravean würde ihn erschießen oder sie ihm einen Dolch ins Kreuz rammen. Auch nicht gerade ein Freundschaftsbeweis. Da durfte und würde er sich nichts vormachen. Gegen sie zu arbeiten wäre also ziemlich tötlich, falls er nicht besser als die Beiden zusammen wäre.
Aber wollte er das überhaupt?
Ja: Was war eigentlich mit ihm? Was war denn gerade mit ihm los gewesen? Warum bei allen Untiefen hatte er nicht gefragt?!?

Hart schlug die Faust des Schwarzhaarigen auf das Geländer.

DIESE eine Frage, die, die er von Anfang an hatte stellen wollen, war für ihn alles entscheidend gewesen und er hatte sie nicht gestellt. Stattdessen hatte er gescherzt und gelacht und alles andere gefragt.
War er wirklich so ausgehungert nach dem, was sie ihm anboten?!? So verzweifelt?!?
Wut brandete in ihm auf, Wut über seine eigene Inkonsequens, auf sie, weil sie ihn davon abgebracht hatte und auf die Frage selber, weil sie sich jetzt wieder in alles hineinschlich und die Möglichkeit zu bleiben ihn mehr als sonst hinterfragen ließ.
Und hinuntergehen um die Frage jetzt noch stellen?
Nein, das kam nicht in Frage. Wenn dann später vielleicht, aber jetzt nicht. Jetzt musste er nachdenken.
Langsam stützte er sich auf und ließ seine Gedanken wandern. Erinnerungen stiegen auf, Tote wie Lebende gaben sich ein Stell-dich-ein. Am Ende blieben zwei andere Fragen, die es für ihn, vor allen Anderen, sogar jener, zu beantworten galt:
Was wollte Kaladar?
Und was wäre das Beste für seine Pläne; was um Isabella zu schützen?
Die eine Frage konnte er alleine nicht beantworten und die andere ... hatte gerade ein paar interesante neue Optionen erhalten. Wie die Beiden gesagt hatte: Die Carta würde seine Feinde auch zu ihren machen. Und falls nicht, wer würde Lügnern folgen?
Ein wölfisches Grinsen stahl sich auf Enriques Gesicht.
Vielleicht war das Gespräch doch nicht ganz so schlecht gelaufen, wie er zunächst gedacht hatte. Er hatte zwar keine Antwort auf diese Frage, dafür inzwischen einen brauchbaren Plan ...
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#18
***

Als Enrique die Tür zur Kajüte hinter sich schloss und seine Schritte sich entfernten, nur noch das Knarzen des Schiffes und das Schwappen der Wellen am Rumpf die Stille durchbrach, verschränkte Lucien die Arme vor der Brust und stieß mit einem nachdenklichen Ausdruck auf den Zügen die Luft aus. Schließlich wandte er den Kopf herum, suchte den Blick seiner kleinen Schwester. „Also... was hältst du von ihm?“ Die Frage war naheliegend, nach dem Gespräch mit dem Leutnant und trotzdem diente sie letztendlich nur dazu, den Schein zu wahren. Den Anschein von Normalität, jetzt, da sie wieder unter sich waren. Seine Art, Versöhnung zu ersuchen, indem er so tat, als wäre nichts gewesen. Indem er ihr zeigte, dass sie zusammen immer noch funktionierten – möglichst ohne darüber zu reden, was passiert war.

Ihr Blick huschte von Lucien zur Tür, als sich diese hinter dem anderen Mann schloss. Für eine Weile starrte sie dorthin, während um sie herum die Stille von kleinen Alltagsgeräuschen unterbrochen wurde. Ihre Gedanken verweilten noch für einen Augenblick bei dem Gespräch, als Lucien das Wort an sie richtete. Ihr Kopf schnellte wieder in seine Richtung und sie blinzelte ein paar Mal. Die letzten Stunden hatten sie kaum bis wenig mit einander gesprochen und wenn, dann etwas verkrampft. Wollte er das so wieder ändern? Als wäre nichts gewesen? Ihr Blick wanderte nach unten auf ihre Hände. Auf den Fingerkuppen dachte sie, immer noch die Narben in seinem Nacken zu spüren. Fest presste sie die Lippen auf einander, ballte ihre Hände zu Fäuste, bevor sie wieder zu ihm aufsah, mit einem leichten Lächeln. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Auf dem Marineschiff fand ich ihn...charmant? Aber jetzt...Es macht Spaß ihn zu ärgern, weil er mich offensichtlich nicht leiden kann.“ Sie zuckte mit den Schultern und sah ihn ehrlich neugierig an. „Warum wolltest du ihn unbedingt mit nehmen?

Er beobachtet sie. Wie sie den Blick auf ihre Hände senkte. Sie zu Fäusten ballte. Doch irgendeinen Schluss daraus zu ziehen, wagte Lucien nicht. Es hätte alles mögliche bedeuten können. Oder auch gar nichts. Stattdessen wartete er nur darauf, dass Talin den Blick wieder hob und ihm auf seine Frage antwortete. Der Anflug eines amüsierten Lächelns erschien daraufhin auf seinen Lippen, das allerdings seine Augen nicht ganz erreichte. "Dass du daran Spaß hattest, war nicht zu übersehen." Er schüttelte kurz den Kopf. Aber in der Geste lag nichts Tadelndes. "Vielleicht liegt es daran, dass er bei der Sprengung seines Schiffes auch viele seiner Männer verloren hat. Und du hast den Befehl dazu gegeben." Es war nur eine Mutmaßungen, klang in seinen Ohren allerdings plausibel. Doch er ließ das Thema auf sich beruhen und wandte sich ihrer eigentlich Frage zu. Nun war es an ihm, einen Moment darüber nachzudenken. Er wandte den Blick von ihr ab, neigte den Kopf leicht auf die Seite. "Gute Frage. Es war glaube ich... eher eine Art Bauchgefühl. Er ist nach außen hin durch und durch Soldat, oder? Aber er kam mir nicht wie jemand vor, der auf ein Marineschiff gehört."

Hm“, machte sie nachdenklich bei seinen Worten. Der Leutnant war traurig wegen seiner Kameraden an Bord des Marineschiffes? Das wäre eine Erklärung, ja. Und damit hätte er auf jeden Fall Grund ihr Vorhaltungen zu machen. Sie dachte an die anderen, die ihr das Vorgehen, ebenfalls vorwarfen und seufzte innerlich leise. Wieso warf nicht mal jemand mit einem schlauen Einfall um sich, wie sie sonst drei Marineschiffen hätten entkommen können? Aber es erschien ihr mühselig darüber weiter nachzudenken. Stattdessen sah sie wieder zu Lucien auf, der über ihre Frage nachdachte. In der kurzen Zeit dachte sie an sein Lächeln, welches seine Augen nicht erreichen wollte und es tat weh daran zu denken, was für eine Kluft zwischen ihnen herrschte, obwohl sie so wie früher zusammenarbeiteten.
Bei seinen Worten schließlich schnaubte sie laut und vernehmlich. „Und du glaubst, er gehört als ausgebildeter Soldat auf ein Piratenschiff?“ Ihr Blick glitt zur Tür, während sie nachdenklich die Arme vor der Brust verschränkte. „Ich gebe zu, es ist gut jemanden zu haben, der sich mit Strukturen auskennt und uns auch über die Marine mehr Auskunft geben kann. Aber wenn der Typ nicht den Stock aus seinem Arsch zieht, hat er auf Dauer hier ein Problem.“ Sie sah zu Lucien hoch und seufzte noch einmal vernehmlich. „Erst einmal bin ich froh, dass er dabei ist. Wir werden sehen, was es bringt, stimmst du mir zu?


Lucien stieß sich vom Schreibtisch ab, lockerte die verschränkten Arme und ging zu der Kommode hinüber, die die Rückwand der Kajüte einnahm. Er griff nach dem Wasserkrug, der darauf stand und füllte sich einen Becher damit. Ein sanftes 'Klonk' und das Gefäß stand wieder an seinem Platz. „Er mag die Ausbildung und gewiss ein paar schlechte Angewohnheiten übernommen haben, aber...“ Kurz zögernd wandte er sich wieder ihr zu, hob dabei seinen Becher an den Mund und hielt dann erneut inne, bevor das Wasser seine Lippen berührte. Ein amüsiertes Schmunzeln ließ ihn die Mundwinkel verziehen. Ihre Wortwahl... naja, er hätte das jetzt auch nicht treffender formulieren können. Ein leises Glucksen lag in seiner Stimme, als er den Faden wieder aufgriff, ohne den Satz von zuvor zu beenden. „Tue ich. Ich zweifle zwar nicht daran, dass er irgendwelche eigenen Ziele verfolgt... irgendwelche Ziele, die ihn dazu gebracht haben, mir auf der Morgenwind zu helfen. Aber geben wir ihm ein bisschen Zeit. Früher oder später wird sich zeigen, auf welcher Seite er steht. Dann können wir immer noch überlegen, was wir mit ihm machen, nicht wahr?“ Jetzt endlich trank er einen Schluck, löste den Blick dabei jedoch nicht von seiner kleinen Schwester.

Sie folgte ihm mit ihren Augen, wie er durch die Kajüte ging und sich Wasser eingoss. Sie beobachtete ihn auch immer noch, während er trank und sich dann wieder ihr zu wandte. Normal. Dieses Wort verließ ihren Kopf nicht mehr. Das Gespräch war völlig normal, ihr Verhalten zu einander war es ebenso. Und trotzdem kam es ihr unwirklich vor, eigentlich seltsam, wie normal das alles war. Sie schüttelte leicht den Kopf, bevor sie als Antwort auf das Gesagt mit den Schultern zuckte. „Jeder auf diesem Schiff ist mit einem eigenen Ziel hier. Keiner kam selbstlos her, um meinen Bruder zu befreien.“ Sie grinste ihn leicht an, verscheuchte die fremden und dunklen Gedanken. „Aber ich stimme dir zu. Sobald wir genaueres wissen, treffen wir eine Entscheidung bezüglich Leutnant Enrique. Ich hoffe du hast nichts dagegen, wenn ich ihn in der Zeit einfach weiter piesacke. Er macht es einem so schrecklich leicht.“ Erwartungsvoll blickte sie ihn an.

Er konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen, senkte rasch den Becher und antwortete mit einer Geste, die halb Nicken und halb Schulterzucken war. „Auch wieder wahr.“ Talin hatte nicht ganz Unrecht. Jeder hier verfolgte seine eigenen Ziele, hatte seine eigenen Gründe. Das einzige, was sie alle miteinander verband, war der Wunsch, frei und ungebunden von A nach B zu kommen. Und wie immer waren sich die Geschwister weitestgehend einig: Es spielte keine Rolle, wer von ihnen was auch immer plante. Loyalität oder Verrat. Sie rechneten mit allem und nichts, ließen sich davon aber nicht beunruhigen. Es würde kommen, wie es kommen sollte und erst dann mussten sie sich eine Reaktion überlegen. Der Dunkelhaarige begegnete Talins Blick, ein Anflug gelassener Heiterkeit in den tiefgrünen Augen und stieß ein sanft-spöttisches Schnauben aus. „Ich könnte dich doch ohnehin nicht davon abhalten.“ Wieder zuckte er mit den Schultern. „Aber treib es nicht zu weit, in Ordnung?“ Was auch immer 'zu weit' heißen mochte.
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