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Wir nehmen´s den Reichen
Shanaya & Talin
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 1 Juli 1822
Ort Ostya
Tageszeit Nachts
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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#1
Wir nehmen´s den Reichen

Nacht des 01. Juli 1822
Shanaya Árashi & Talin Dravean

Noch immer mit etwas wirrem Verstand fuhr Shanaya sich mit der rechten Hand durch die dunklen Haare. Dieser Tag machte sie müde, mit all dem erlebten. Zuletzt das kleine Abenteuer mit Liam und Lucien. Und nun war sie allein, allein mit Gedanken, die sie gern einfach verworfen hätte, vor denen es jedoch scheinbar kein Entkommen gab. So sehr sie es auch versuchte. Nun nahm die junge Frau auch die zweite Hand zur Hilfe, durchfuhr die schwarzen Haare und ließ den blauen Blick dabei schweifen. Nur wenige Laternen erleuchteten ihren Weg, von dem sie selbst nicht einmal wirklich wusste, wohin er sie führen würde. Die Nacht war noch jung… und es zog die junge Frau noch nicht zurück zur Sphinx. Vielleicht fand sie ja entlang des Hafens irgendetwas spaßiges… ansonsten konnte sie sich noch immer eine der Tavernen aussuchen, um sich die Zeit zu vertreiben.

Talin schloss für einen Moment die Augen, versuchte, ihr wild schlagendes Herz und die beginnende Aufregung zu beruhigen. Es funktionierte absolut überhaupt nicht. Sie war nicht nervös, bekam keine schwitzigen Hände. Allein der Gedanke an das, was sie plante, ließ Adrenalin durch ihren Körper pumpen. Sie würde es heute tun und zwar allein.
Das letzte Mal, als sie einen Einbruch durchgezogen hatte, war Ryan bei ihr gewesen und es hatte sich gelohnt. Sie hatte versucht sich daran zurückzuerinnern, ob sie sich irgendwie darauf vorbereitet hatten, aber eigentlich hatte er Dieb sie nur mit sich gezogen. Deshalb hatte sie Zairym gefragt, worauf sie achten musste. Aber er war ziemlich unnütz gewesen, da er keine Ahnung hatte. Das einzige, was er wusste, war, dass der Adel - oder zumindest die reicheren Bürger – dieser Stadt nervös waren. Sehr nervös. Er wusste nicht warum und Talin ging stark davon aus, dass es ihn nicht interessierte. Deshalb hatte sie auch gedacht, dass sich kein Einbruch lohnen würde, weil die Leute so nervös wegen ihres Geldes waren. Aber das stimmte nicht. Sie suchten hektisch ihre Schätze zusammen, versteckten sie, brachten sie wenn möglich aus der Stadt – in Sicherheit vor der Marine. Und da sie so ein aufmerksames Mädchen war, war ich auch nicht entgangen, dass ein reicher Kaufmann, versuchte seine Schätze vor den Augen der Marine in einem unscheinbaren Lagerhaus, direkt im Hafen zu verstecken.
Die Blonde schnaubte, als sie ihren Becher verwässerten Rum herunterstürzte, eine Münze auf den Tresen legte und schließlich ihren Weg aus der Taverne heraus suchte. Heute war die Nacht der Nächte. Sie brauchten Gold, also würde sie es besorgen.
Kaum aus der Taverne herausgetreten, schloss sie noch einmal die Augen, atmete die Nachtluft, den fragwürdigen Geruch des Hafens und den beruhigenden des Meeres ein. Ja, sie konnte das schaffen. Sie war sich nur nicht sicher, ob es auch alleine klappen würde. Nicht bei den Wachen, die der Kaufmann mit Sicherheit zurückgelassen hatte.


Noch einmal fuhr Shanaya sich durch die dunklen Haare, wog ihre Gedanken ab und blieb hin und her gerissen. Sie wollte sich nicht zurück ziehen, sich wieder mit diesen kreisenden Gedanken befassen. Aber… war eine Taverne wirklich der richtige Ort? Sie erinnerte sich zurück an Luciens Worte. Die reelle Gefahr, verfolgt zu werden. Etwas, was ihr zusätzlich zu diesem ganzen Wirrwarr immer wieder ins Gedächtnis gerufen wurde. Die ganze Sache um Bláyron, um Mardoc und ihren Vater, war noch längst nicht ausgestanden. Keiner von ihnen würde es ruhen lassen. War es vielleicht also wirklich nicht die klügste Idee, nachts allein herum zu streifen?
Einige Momente hatte sich die junge Frau dies nun gefragt, bis ein Teil davon sich von allein erledigte. Mit einem Blinzeln blieb Shanaya stehen, wog den Kopf zur Seite und lachte dann, als sie sich sicher war, wer in diesem Moment aus der Taverne trat. Unverkennbar. Die Arme vor der Brust verschränkend gelang es der Schwarzhaarigen so immerhin, das Gedankenkarrussel etwas ruhen zu lassen. „So spät noch allein unterwegs? Ich könnte dich überfallen und ausrauben wollen.“ Ein deutlich amüsierter Ton schwang in ihrer Stimme mit, während ein sachtes Lächeln ihrer blonden Freundin galt.


Schwer hin und her gerissen, wie sie nun vorgehen sollte, blieb sie an Ort und Stelle verwachsen. Sie rechnete damit, dass sich einige über sie beschwerten oder sie versuchten auf einen ‚schönen Abend‘ in einer der dunklen Seitengassen zu locken. Womit sie nicht rechnete, war eine ihr wohl bekannte Stimme, die mit ihrem belustigten Ton ihre Aufmerksamkeit einforderte. Talin schlug die Augen auf, blinzelte ein paar Mal, bevor sie Shanaya erblickte, sie kurz musterte und dann anstrahlte, als hätte sie noch nie etwas schöneres gesehen. Es war, als hätten sich all ihre Probleme mit einem Mal in Luft aufgelöst. Schnell trat sie vor und packte die Jüngere bei den Händen, während sie ihr ein breites Grinsen schenkte. „Genau das ist es, was ich will!“ Sie überlegte kurz, bevor sie über ihre eigenen Worte schnaubte. Als die Tür hinter ihr aufging, sah sie kurz über ihre Schulter, runzelte die Stirn und zog Shanaya dann weiter zum Wasser, aus dem Schein des Lichtes, weg von Lauschern. „Auch wenn es mir gefallen würde, wenn du in einer dunklen Gasse auf mich lauerst und mich überfällst, habe ich Pläne. Es ist gefährlich, aufregend und könnte uns das Leben kosten, wenn wir uns dumm anstellen. Hast du Lust, mitzumachen?“

Shanaya dachte nur einen Moment darüber nach, wie absurd es war, dass sie in genau diesem Moment auf exakt diese Person traf. Sie hätte jedem anderen aus der Crew begegnen können. Tarón, Alex, Greo, noch einmal Soula… aber nachdem sie nun über dieses eine Thema nachgedacht hatte, sich mehr als zuvor damit befasst hatte… natürlich traf sie kurz darauf auf Talin. Wie hätte es anders sein sollen? Aber die Blonde strahlte ihr vollkommen begeistert entgegen, sodass Shanaya diese Gedanken verwarf und einen Moment lang verwirrt blinzelte. Das war es, was sie wollte? Dass Shanaya sie ausraubte? Also… sie wollte ihr natürlich keinen Gefallen ausschlagen, aber… Kurz huschte ihr Blick zu ihren Händen, ließ sich daraufhin ein wenig aus dem Licht ziehen, ohne Widerstand. „Dir würde das gefallen? Das merke ich mir… trag demnächst nichts wertvolles bei dir. Sonst mache ich deinen Wunsch wahr.“ Die Schwarzhaarige lachte, grinste ihr Gegenüber bei ihren nächsten Worten dann aber verheißungsvoll an. „Das klingt nach etwas, wobei ich sofort dabei bin.“ Egal, worum es ging. „Aber ich muss schon sagen, eure Familie hat einen verdammt schlechten Einfluss auf mich, ständig verführt ihr mich zu irgendwelchen illegalen Machenschaften!“ Trotzdem lag in ihrer Stimme genug Begeisterung, für welchen Plan auch immer.

Ihr Lächeln wurde noch ein wenig strahlender bei Shanayas Worten. Sie wusste, dass sie die Dunkelhaarige sehr schnell für ihre Sache begeistern konnte. Aber ein letzter Rest an Zweifeln blieb doch immer zurück. Deshalb freute sie sich, dass sie die Hilfe bekam, die sie wollte. Doch sie konnte nicht sofort erklären, was es mit ihrem Plan auf sich hatte. Shanaya neigte einfach dazu ihr so schöne Vorlagen zu liefern. Deshalb stieß Talin einen leichten Seufzer aus. „Liebes, ich würde dich auch zu ganz anderen Dingen verführen, wenn du mich nur ließest.“ Sie zwinkerte verspielt, bevor sie ihre Aufmerksamkeit in die Dunkelheit wandte und in die ungefähre Richtung des Lagerhauses deutete. „Spaß beiseite. Ich habe in den letzten Tagen ein wenig ...hm... herumgeschnüffelt. Es gibt in dem Gewirr aus Gebäuden ein unscheinbares Haus, dass gerne um einige Münzen – vielleicht auch Säcke voll daon – erleichtert werden möchte. Ich hatte vor allein zu gehen, aber zu zweit mag es uns leichter fallen, die Wachen abzulenken und an den Schatz zu kommen. Was sagst du? Noch dabei?“ Sie wandte sich wieder Shanaya zu und sah sie auffordernd an. Sie konnte es verstehen, wenn es der Dunkelhaarigen zu gefährlich war. Sie wollte sie ja nicht überfordern. Aber sie sagte nichts in der Richtung, denn sie wusste, wenn sie das tat, dann würde die Jüngere sofort darauf anspringen und einfach jedes Gebäude durchsuchen, bis sie gefunden hatte, was Talin gerade beschrieben hatte.

Was auch immer Talin vor hatte – sie war Feuer und Flamme für ihren eigenen Plan. Etwas, was Shanaya sofort ansteckte. Das klang nach Abenteuer… Und wer wäre sie, sich dem zu entziehen? „Gut, dann überfalle ich dich vielleicht doch nicht in einer dunklen Gasse. Wer weiß, ob du den Spieß dann nicht einfach umdrehst.“ Ein vielsagendes Grinsen galt der Blonden, ehe sie ihrem Deuten folgte und die blauen Augen schließlich wieder auf Talin richtete. „Du hättest mir deinen Plan nicht einmal erzählen brauchen und ich wäre dabei gewesen...“ Die Schwarzhaarige holte tief Luft, grinste der anderen Frau dann ihrerseits voller Begeisterung zu. „Und jetzt bin ich es erst Recht!“ Das war etwas, wozu die junge Frau nicht nein sagen konnte… *„Hast du einen Plan, oder fangen wir einfach an und schauen, was passiert?“

Talin neigte leicht den Kopf zur Seite und lachte leise. Sie wusste, dass sie Shanaya ihren Plan nicht hätte erzählen oder sie mit anderen Worten hätte anstacheln müssen. Aber sie wollte ihr wenigstens ein in groben Zügen erklären, worauf sie sich einließ. Auch wenn sie für jede Schandtat bereit war, hieß das nicht, dass ihr Körper auch wirklich durchziehen konnte, was sie planten. Wenn ihre Schulter auch nur noch ein wenig weh tat, würde es schwer werden, Säcke oder Säckchen mit Münzen zu tragen. Aber soweit waren sie noch nicht.
Eine Hand der Dunkelhaarigen ließ sie los, behielt die andere aber fest umklammert und zog die Jüngere sanft mit sich mit. „Ich hatte einen Plan...nun ja, mehr oder weniger, aber wenn du jetzt mit machst, dann können wir noch einmal zusammen überlegen, wie wir vorgehen.“ Nachdenklich tippe sie sich kurz ans Kinn, bevor sie sardonisch grinste. „Ich fände es diesmal gut, wenn nichts Flammen aufgeht oder in die Luft fliegt.“ Sie warf Shanaya einen schrägen Blick zu und schüttelte dann leicht den Kopf, als sie sie in eine der dunkleren Gassen zog. Immer darauf bedacht zu lauschen, ob auch nicht irgendwo ein Fenster aufging und ein Nachttopf geleert wurde. Die Blonde senkte ein wenig die Stimme, damit sie nicht zu weit durch die Nacht tragen konnte. „Das Lagerhaus ist zweistöckig. Wo genau der Schatz untergebracht ist, weiß ich nicht. Aber er wird versteckt sein, damit die Marine ihn nicht einfach so findet. Die letzten Nächte sind um die sieben Wachen in dem Gebäude ein und ausgegangen. Wir könnten sie vermutlich mit unserem natürlichen Wesen betören, aber ich wüsste nicht, wie wir sie alle bewusstlos schlagen sollten, ohne das einer der anderen es mit bekommt.“ Sie verfiel in Schweigen, als sie an der nächsten Ecke stehen blieb und um diese herumschielte. Dann deutete sie auf ein unscheinbares, zweistöckiges, etwas heruntergekommenes Haus und wartete, bis Shanaya alle Informationen aufgenommen hatte.


Ohne Widerstand ließ Shanaya sich mitziehen, störte sich nicht daran, dass die Blonde eine ihrer Hände noch immer umklammerte. In Gedanken war sie schon dabei, eine Lagerhalle auszuräumen, ihre Tasche mit wertvollen Dingen voll zu stopfen. „Gute Idee, gefällt mir.“ Ein bisschen so war auch ihre letzte Aktion dieser Art abgelaufen. Keinen festen Plan und bestenfalls improvisieren. Die Einschränkungen, die Talin dann jedoch anbrachte, ließen Shanaya gespielt enttäuscht das Gesicht verziehen. „Schade. So ein bisschen Feuer hätte der Nacht ganz gut getan.“ Aber immerhin klang es so, als würden die nächsten Stunden ihre kreisenden Gedanken ein wenig zur Ruhe kommen. So lag, bis sie mit dem Schatz zurück auf der Sphinx waren. Sie folgte Talin, nickte ruhig, während die Blonde ihr berichtete, was sie wusste. „Hast du noch andere Leute in dem Haus verschwinden sehen, die uns drinnen überraschen könnten?“ Während sie der anderen Frau zuhörte, ließ sie den Blick schweifen, suchte nach Verstecken, Unterschlüpfen und Möglichkeiten, eins mit der Dunkelheit zu werden. „Sieben Wachen...“ An Talins Seite blieb sie stehen, richtete den hellen Blick zu dem Gebäude, um das es sich handelte. „Sie lassen sich sicher nicht alle auf einmal weg locken… vielleicht können wir sie nach und nach dort weg bekommen, indem wir sie trennen…?“

Ihr Blick ruhte auf dem Gebäude und dem Mann, der vor der Tür stand. Sie zählte einmalig bis zehn, als ein anderer Mann um die Ecke kam und dann kurz stehen blieb, um mit dem an der Tür zu sprechen. Talin seufzte leicht. „Ich habe sonst niemanden gesehen. Und es ist so, wie sie laufen, nicht möglich jemanden weg zu locken. Fehlt einer an seinem Platz, würden die anderen es sofort sehen. Ihre Runde um das Gebäude und durch den kleinen Hof daneben, dauert immer so lange, dass sie nie länger als ein paar Minuten alleine sind.“ Frustrierend, wenn man es genau bedachte. Konnten sie denn nicht einfach ignorieren, dass der Mann vor der Tür zum Beispiel, verschwand?
Kurz beobachtete sie schweigend, wie der eine seine Runde fortsetzte und dann um die Hausecke verschwand. Dann deutete sie nach oben. „Dort oben, am Lastenfenster. Dort dachte ich, könnte man Versuchen rein zukommen. Der Grund, warum ich heute einmal Hosen trage, statt einen Rock.“ Ein wenig angewidert, ob des ungewohnten Gefühls, sah sie an sich hinab, wandte ihre Aufmerksamkeit aber schnell wieder dem eigentlichen Thema zu. „Meinst du, wir könnten es über ein angrenzendes Dach dort reinschaffen? Die Wache dort oben, braucht immer zehn Minuten, bevor er wieder dort an dem Fenster steht. Und er ist allein. Den könnten wir überwältigen.“ Wenn sie es denn irgendwie in den ersten Stock schafften.


Erneut nickte Shanaya bei den Worten der anderen Frau, folgte ihrem Blick zu den Wachen, die relativ brav an ihrem Posten standen. „Hmm, okay…“ Ein grübelnder Unterton schwang in ihrer Stimme mit, scheinbar würde das wirklich nicht funktionieren, wenn Talin schon so aufmerksam beobachtet hatte. Und daran zweifelte die Schwarzhaarige keine Sekunde. „Du hast mehr als eine Nacht hier verbracht, hm?“ Gut gemeinter Spott lag in Shanayas Stimme, wurde von einem sanften Lächeln untermalt. Talins weiterer Erklärung folgte Shanaya mit ruhigem Blick, schmunzelte über die Kleiderwahl der blonden Frau. „Widerlich, eine Frau in Hosen.“ Es brauchte keinen Blick in Talins Richtung, um den Scherz an diesen Worten zu erkennen. „Wir können uns zumindest einmal da oben umsehen… vielleicht finden wir irgendeinen Zugang, bei dem wir nicht direkt ausgeliefert sind und erkannt werden können. Und wenn da wirklich 10 Minuten Ruhe ist, haben wir ja ein deutlich größeres Zeitfenster als bei denen am Eingang.“ Shanayas Blick richtete sich auf das Dach. „Einen Versuch ist es wert.“

Sie hätte so viel zu sagen. Ihr lagen so viele verschiedene Sprüche auf der Zunge, doch sie verkniff sie sich. Wie armselig war es bitte, dass sie wirklich mehrere Nächte am Stück in einer der Gassen gestanden hatte und das Haus beobachtet hatte? Sie sagte nicht, dass sie sich schöneres hätte vorstellen können, es aber nicht möglich gewesen ist. Nicht so pleite, wie sie war. Ja, es gäbe wirklich viel zu sagen, doch sie zuckte nur mit den Schultern und schenkte Shanaya ein verschmitztes Lächeln. Dann blickte sie wieder nach oben und stieß ein Schnauben aus. Über das Dach zu gehen, würde vieles erleichtern, aber auf eines der Gebäude zu kommen würde schwer werden. Durch die Häuser konnten sie nicht, es sei denn, sie wollten gleich die Stadtwache auf sich lenken. Nachdenklich spielte sie mit einer ihrer Locken, als sie sich wieder an Shanaya wandte. „Du hast nicht zufällig ein Seil dabei? Ich habe nämlich keine Ahnung, wie wir sonst auf eines dieser Dächer kommen wollen.“ Sie selbst hätte natürlich eines mitbringen können. Aber es war eher eine impulsive Entscheidung gewesen, das Lagerhaus heute zu durchsuchen.

Talin antwortete auf die Frage der jungen Frau nicht wirklich, zumindest bekam die Schwarzhaarige nicht mehr als ein vielsagendes Lächeln zugeworfen. Aber sie beschwerte sich nicht, je besser Talin über die Gewohnheiten und bestimmte Zeiten Bescheid wusste, desto einfacher würde es werden, Den Plan durchzuführen. Shanaya ließ es also darauf beruhen, nickte nur ruhig, ehe sich ihre Aufmerksamkeit wieder auf das besagte Ziel richtete. Ein Seil? Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, was sie in dieser Nacht noch erleben würde. „Mehr als eine Eisenkette habe ich nicht dabei. Und die ist vermutlich viel zu kurz.“ Ruhig ließ Shanaya die blauen Augen schweifen, fand jedoch im ersten Moment nichts, was ihnen weiter geholfen hätte. „Wenn wir ein Stück weg gehen, finden wir vielleicht irgendetwas, an dem wir nach oben klettern können. Die Dächer sind verbunden… und so würde uns niemand von denen beobachten können, wir wir an einem Haus nach oben klettern.“ Irgendein Gerüst, ein Haus mit genügend Fenstern oder irgendetwas, wo sie unbemerkt auf die Dächer gelangen konnten. „Dann können wir auch über die Dächer fliehen und wissen, wohin wir müssen.“

Für einen kurzen Moment wollte Talin Shanaya schon anstrahlen, bis ihr auffiel, wie klein die Eisenkette sein musste, damit die Dunkelhaarige sie bei sich tragen konnte. Zu kurz. In der Tat. Die Blonde seufzte, ob ihrer Spontanität, die ihr sonst gute Dienste leistete, aber in diesem Falle einfach nur hinderlich war. Wie hatte sie sich vorgestellt, allein dort reinzukommen? Schwachsinn. Sie wollte der Jüngeren schon sagen, dass sie sich zurückziehen sollten, als diese erneut sprach. Wieder hellte sich Talins Gesicht auf, wobei ebenso ein Anflug von Sorge und Skepsis zu erkennen war. Sie sah an sich herunter und erkannte jetzt erst wieder, dass sie ihren Rock ja gar nicht an hatte. Sie war es so sehr gewohnt, dass sie gar nicht daran gedacht hatte, dass sie eine Hose trug, wobei sie es vor nicht allzu langer Zeit sogar kund getan hatte. Sie schmunzelte über sich selbst, bevor sie Shanaya wieder ansah. "Wir teilen uns auf und suchen in unterschiedlichen Richtungen nach einem Aufgang, ja?" Sie wartete noch kurz ab, bis die Dunkelhaarige geantwortet hatte, bevor sie sich nach links begab. Nach einigen Sackgassen und viel Frust kehrte sie zu ihrem Ausgangsort zurück, um sich dort wieder mit der Jüngeren zu treffen. In der Hoffnung, dass das andere Mädchen mehr Glück hatte. Als sie Shanaya auf sich zukommen sah, lächelte sie leicht. „Hast du etwas gefunden, damit wir auf eines der Häuser kommen können?“

Talins Minenspiel entlockte Shanaya ein amüsiertes Lachen. Sie machte einige Emotionen durch, die sich auf ihrem Gesicht wieder spiegelten, nickte dann auf den Vorschlag der Blonden hin, dass sie einmal getrennt voneinander suchen sollten, ob es irgendeinen Weg auf die Dächer gab. Die blauen Augen der jungen Frau huschten noch einmal zu dem Gebäude, um das es ging, ehe sie sich, wie Talin zuvor, in eine der dunkleren Gassen begab, den Blick dabei suchend schweifen ließ. Es dauerte einen Moment, aber ein paar Fässer und ein kleines Vordach erschienen der Schwarzhaarigen als relativ sinnvoll. Und kaum war sie näher heran getreten, hatte sich den Vorsprung etwas genauer angesehen, kam Talin schon zurück zu ihr, erkundigte sich und bekam als Antwort ein gut gelauntes Grinsen. Mit der dem ausgestreckten Finger der rechten Hand deutete Shanaya nach oben, nickte in die Richtung der Fässer. „Wenn wir uns nicht vollkommen unfähig anstellen, sollten wir über die Fässer auf den Vorsprung kommen. Und wenn ich es richtig sehe, sind die Dächer direkt miteinander verbunden.“ Sie überlegte kurz. „Ich kann dir helfen, dich dort hoch zu ziehen, dann hilfst du mir und es ist für uns beide leichter.“

Sie gab ein erleichtertes und gleichzeitig belustigtes Schnauben von sie, als sie das Grinsen der anderen sah und ihrem Finger mit den Augen folgte. Sah... immerhin nicht so schwer aus, das konnten sie gut und gerne schaffen. Wenn sie sich nicht ganz so blöd anstellten, wie die Dunkelhaarige schon meinte. Wieder spürte Talin, wie ihr das Adrenalin durch den Körper jagte und sie meinte sogar fast auf ihrer Haut spüren zu können, wie ihr Herz schlug. Natürlich war das nur Einbildung, aber man konnte es sich ja vorstellen. Leicht neigte sie den Kopf und nickte schließlich. "So machen wir es. Wir sollten nicht all unsere Kraft darauf verschwenden, auf einen Vorsprung zu klettern, richtig?" Was sollte schon schief gehen, verkniff sie sich an dieser Stelle lieber. Den Vorsprung genau betrachtend hievte sie sich auf das erste Fass und blickte dann auf Shanaya herunter, nachdem sie erkannt hatte, dass es doch noch ein wenig höher war, als gedacht. "Ich hasse es, dass ich so klein bin. Kann ich mir deine Schulter als Stütze borgen, Werteste?" Sie grinste frech.

Jetzt blickte Talin deutlich zufriedener drein, was Shanaya absolut verstehen konnte. Der direkt Weg schien eher unmöglich zu sein – und mit einem Einbruch über die Dächer würden sie vielleicht nicht unbedingt rechnen. Und die Aussicht, nun doch auf so einem Weg in das Gebäude hinein zu kommen, lockte das altbekannte Kribbeln in Shanayas Innerem hervor. Sie konnte es kaum erwarten! Auf Talins Worte hin nickte die Schwarzhaarige, warf ihrer Freundin einen vielsagenden Blick zu und beobachtete dann, wie die Blonde auf das erste Fass kletterte. Ihre Worte ließen Shanaya dann wieder lachen, womit sie eine kleine Verbeugung andeutete. „Aber natürlich, meine Teuerste.“ Die Schwarzhaarige trat einen Schritt näher, hielt die Hand nach oben, falls Talin noch Halt brauchte, und spannte ihre Schultern an, damit die andere Frau sicher stehen konnte. „Wie gut, dass du keinen Rock an hast, sonst könnte ich dir jetzt ganz ungeniert darunter schauen.“ Sie lachte, wartete dann geduldig, bis Talin sich auf den Vorsprung nach oben gezogen hatte, ehe sie selbst auf das Fass kletterte, den Blick noch einmal prüfend schweifen ließ. Erst dann richtete sie sich wieder an die Blonde, griff nach ihrer Hand und zog sich damit ebenso auf das Dach über ihr. Oben angekommen blieb sie in der Hocke, richtete die blauen Augen zu der Halle hinüber. „Du musst einfach nur lernen, das Beste daraus zu machen.“ Ein amüsierter Blick galt der Blonden. „Aber die erste Hürde ist geschafft.“

Noch einmal atmete sie tief durch, bevor sie den Fuß hob, ihn auf Shanayas Schulter setzte und während sie sich abstieß nach der Kante des Vorsprunges griff. Das ging einfacher als sie dachte und bevor sie auf die Idee kam, noch ein wenig hilflos dort rum zu hängen, nutzte sie den Schwung und zog sich gleich weiter hoch. Ihre Arme zitterten, ihr Körper fühlte sich an, als wäre sie so schwer wie ein dreifach gefüllter riesen Kochtopf von Rayon, aber sie schaffte es nach oben zu kommen. Während sie nach Luft schnappte, grinste sie Shanaya schief an und zwinkerte verspielt. "Du weißt, ich hätte nichts dagegen, wenn du das tätest. Ich sehe überall gut aus.“ Sie wartete die Retourkutsche gar nicht erst ab, sondern legte sich gleich auf das Dach, stützte sich mit der linken Hand ab und hielt die Rechte über die Kante. Sie beobachtete die Dunkelhaarige genau und als diese nach ihrer Hand griff, zog sie kräftig, bis Shanaya nach der Kante des Vorsprungs greifen konnte und mithalf, sich hochzuziehen. Für einen Moment schloss Talin die Augen und verschnaufte, stieß kurz darauf aber ein Lachen aus. "Die erste Hürde klingt furchtbar. Lass uns sagen, dass schwierigste ist geschafft und der Rest wird ein Spaß." Sie richtete sich auf, streckte sich kurz und sah dann in Richtung des Lagerhauses. Dabei schaute sie genau, ob sie Wachen auf den Dächern sehen konnte. Da waren keine. Also lief sie in die Richtung, in die sie mussten und blieb ein paar Minuten später an der Dachkannte zum Lagerhaus stehen, um sich das ganze anzusehen. Die Luke war frei. "Wollen wir es gleich wagen oder noch kurz warten?"

Auf Talins Worte hin verzog die Schwarzhaarige nur das Gesicht zu einem amüsierten Schmunzeln, irgendwie hatte sie keine andere Antwort erwartet. Aber Shanayas Blick behielt aufmerksam die Umgebung im Blick, während sie in geduckter Position verharrte. Zeitgleich suchte sie nach Wegen, wie sie schnell wieder vom Dach herab kommen würden, sollte dies nötig sein. Manche Wege waren mit Sprüngen in die Tiefe verbunden… manche davon sollten sie vielleicht lieber ausklammern. Ihr war nicht danach, mit einem gebrochenen Bein zur Sphinx zurück zu kehren. „Egal, ob Hürden oder nicht, ich bin mir sicher, spaßig wird das allemal.“ Shanaya grinste Talin entgegen, vollkommen überzeugt von ihren Worten. Das letzte Mal, dass sie irgendwo eingebrochen war (amüsanterweise mit Talins Bruder), war noch nicht all zu lange her, ihr war es also noch sehr gut im Gedächtnis, wie viel Spaß man bei so etwas haben konnte, egal, wie viele Hindernisse sich einem in den Weg stellten. Ohne weitere Worte folgte sie der Blonden, bis sie fast ihren Zielort erreicht hatten. „Hast du die Wache verschwinden sehen? Vielleicht ist es besser, wenn wir einen Moment warten und zuschlagen, wenn er aufgetaucht und gerade wieder verschwunden ist?“

Aufmerksam war ihr Blick auf das Gebäude gerichtet, überlegte selbst, was am meisten Sinn machen wurde. Und sie gab Shanaya recht. Sie wussten nicht, ob die Wache nicht genau in dem Moment wieder kommen würde, wenn sie sich gerade durch das Fenster hieven wollten. Und dennoch, obwohl dieser Gedanke völlig sinnig war, spürte Talin, wie sie ungeduldig auf ihr Knie trommelte und das Fenster kaum aus den Augen ließ. "Das kann ja ewig dauern," stöhnte sie leise, genervt auf. Für einen Moment schloss sie die Augen, atmete tief durch und versuchte ihre Ungeduld im Zaum zu halten. Als sie dachte, dass sie sich wieder einigermaßen im Griff hatte, öffnete sie die Augen wieder. Statt zu der Luke zu starren und sich den Wachmann herzu wünschen, behielt sie das Fenster nur aus dem Augenwinkel im Blick, richtete ihre Aufmerksamkeit aber eher auf Shanaya. "Und? Was hast du heute noch so schönes vor, nachdem wir das Lager ausgeräumt haben? Planst du eine nette Flucht über die Dächer? Oder willst du dich einfach nur in deine Matte hauen?"


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