Dieses Forum nutzt Cookies
Dieses Forum verwendet Cookies, um deine Login-Informationen zu speichern, wenn du registriert bist, und deinen letzten Besuch, wenn du es nicht bist. Cookies sind kleine Textdokumente, die auf deinem Computer gespeichert sind; Die von diesem Forum gesetzten Cookies düfen nur auf dieser Website verwendet werden und stellen kein Sicherheitsrisiko dar. Cookies auf diesem Forum speichern auch die spezifischen Themen, die du gelesen hast und wann du zum letzten Mal gelesen hast. Bitte bestätige, ob du diese Cookies akzeptierst oder ablehnst.

Ein Cookie wird in deinem Browser unabhängig von der Wahl gespeichert, um zu verhindern, dass dir diese Frage erneut gestellt wird. Du kannst deine Cookie-Einstellungen jederzeit über den Link in der Fußzeile ändern.



I see a man inside your eyes, Clinging on the edge for dear life.
Zairym & Skadi
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 5 Mai 1822
Ort An Deck der Sphinx
Tageszeit morgens
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
Zitat hinzufügen Zitieren
#1
I see a man inside your eyes, Clinging on the edge for dear life.
* So open your words wide, and take a little time to get the placement right.*

Am Morgen des 05. Mai 1822  | Zairym & Skadi


Skadi hatte vielleicht nur wenige Stunden unruhig in der Hängematte verbracht. Mehr dösend als schlafend. Weder die Geräusche noch der Geruch des Schiffes war zu ertragen gewesen und wie als permanente Mahnung durch ihren Kopf gegeistert. Noch viel mehr war es die Tatsache, dass dort unten, bei den Vorräten und Tieren ein Körper lag, den sie fest in alte Lumpen gewickelt und der Dunkelheit überlassen hatte. Sie fühlte sich schlecht. Nicht nur wegen dieser einen Tatsache. Sondern wegen allem was passiert war. Und jetzt, wo alle versorgt waren und es noch keine Verbände zu wechseln oder Kugeln zu entfernen gab, traute sie sich nicht die Treppen hinab. Obwohl sie es sollte. Musste. Er konnte dort unten nicht bleiben. Zu groß war die Gefahr, dass sich die Hühner alsbald auf ihn stürzten. Oder das letzte Essen verdarb, dass sie bei sich führten. Und doch war sie mit nervösem Blick vor den Stufen stehen geblieben. Und hatte fluchtartig den Weg ans Deck angetreten. Sich gegen die Reling geworfen, beide Hände auf dem dunklen Holz, das noch immer kalt von der Nacht und wenig durch die ersten Sonnenstrahlen, die sich über den Himmel zogen, aufgewärmt worden war. Tief sog die Jägerin die lauwarme Luft in ihre Lungen. Darauf hoffend, dass das Gefühl in ihren Knochen nachließ. Wenigstens für ein paar verdammte Minuten.

Rym döste sein Gewehr umklammernd auf der Zwischenplattform, auf der er zuvor in der Nacht Stellung bezogen hatte. Er hatte seinen Posten nicht verlassen, als sie im Chaos die Insel verlassen hatten, und war nach dem Versorgen der Verletzten auch gleich wieder nach hier oben verschwunden. Er wusste, momentan wäre kein guter Moment, mit dem Captain über seine weitere Passage zu reden. Nicht wenn der offensichtlich auch noch verletzt war. Da er aber keine Lust hatte mit den Menschen dort unten länger zusammen zubleiben- schon allein weil der Doc ihn sicher nur weiter  schräg von der Seite angeguckt hätte – war er lieber schnell wieder verschwunden. Zwar hatte er dadurch eine ziemlich schlaflose Nacht gehabt, aber das wäre ja nicht das erste Mal gewesen. Blinzelnd öffnete er die Augen und erkannte das heller werdende Licht der Sonne am Horizont. Er gähnte und streckte sich vorsichtig, als sein Blick nach unten fiel auf eine Gestalt, die sich über die Reling beugte und aufs Meer hinaus sah. Wann genau war der aufgetaucht? Oder war das eine von den Damen? Die kleine Königin würde es nicht sein können. Für einen kurzen Moment zögerte er noch, hin und her gerissen, was es ihm bringen würde, wenn er da jetzt runter ging, bevor sein gutes Herz schließlich doch gewann. Hey, er war kein Unmensch! Wenn es eine Dame in Nöten war, wäre er immer zur Stelle. Behände kletterte er die Takelage nach unten und nährte sich der Person mit lauten Schritten. Er wollte ja niemanden überraschen. Dann lehnte er sich in knapper Entfernung an die Reling und beugte sich leicht darüber, um das Gesicht erkennen zu könne. Ganz klar eine Frau. „Guten Morgen, meine Schöne. So früh schon wieder auf?“

Die dunklen Augen huschten zur Seite, als ein leises Klappern in ihrem Rücken laut wurde. Nichts, dass sich durch einen Windhauch oder Schwanken des Schiffes erklären ließ. Doch wer sollte schon auf diesem Schiff sein, der nicht von dieser Crew oder einer der Neulinge war. Und selbst wenn sich jemand von hinten anschlich um sie zu überwältigen, war sie gereizt und abgestumpft genug, um ihn mit den Fäusten zu Boden zu schmettern.
Ein Poltern ertönte. Danach schwere Schritte, die eindeutig näher an die Reling traten. Etwas zu laut für ihren Geschmack. Doch offensichtlich absichtlich gewählt, um sie nicht aus heiterem Himmel zu verschrecken. Schlauer Mensch. Wer auch immer es war.
Ihr Kopf ruckte zur Seite, als sich die Stimme erhob und ein bärtiges Gesicht auf der anderen Seite in ihrem Augenwinkel auftauchte. Mit erhobener Augenbraue musterte sie die vom Bart verhüllten Züge. Gönnte sich einen tiefen Atemzug, um das Beben in ihren Knochen vorüberziehen zu lassen. “Morgen... und du bist?“


Er bemerkte, wenn er nicht erwünscht war, wenn jemand schlechte Laune hatte, aber er konnte galant darüber hinwegsehen. Hätte sie ihm nicht geantwortet, dann wäre er auch wirklich wieder gegangen. Aber so konnte er einfach nicht widerstehen. Er schenkte ihr sein galantestes Lächeln, bevor er sich von der Reling abstieß und sich vor ihr verbeugte. „Zairym al Said, zu deinen Diensten, Schönheit. Zwangsweise Übergelaufener. Und mit wem habe ich das Vergnügen?“ Er trat wieder an die Reling und lehnte sich lässig mit einem Arm auf dem Holz ab.

Seine Freundlichkeit war besorgniserregend und stieß Skadi unangenehm auf. Nicht, dass es verwerflich war, etwas gute Laune verbreiten zu wollen. Doch nach allem was geschehen war, wirkte es, als habe er absolut kein Gespür für die Stimmung der Crew. Als Übergelaufener vielleicht auch nichts, das ihn herunter ziehen sollte. Oder er war abgestumpft genug, dass es ihm schlichtweg egal war. Noch immer stand Skadi mit einer Hand auf die Reling gestützt vor ihm und schob die dichte Augenbraue noch weiter gen Haaransatz. Wenn er so weiter machte, verirrte er sich noch in ihrem Hintern. “Zwangsweise Übergelaufener? Übergelaufen von wo?“

Nicht gerade die gesprächigste. Und offensichtlich hatte sie auch irgendein Problem mit ihrer Augenbraue, die langsam mit ihrem Haaransatz verschmolz. Skeptische Persönlichkeit. Oder der Verlust der beiden Männer im Hafen nahm sie mit. Für die Piraten war es auf jeden Fall eine anstrengende Nacht gewesen. Auf ihre Frage hin lächelte er dann aber nur und schwieg. Das war keine schöne Geben und Nehmen Situation. Er hatte ja fast das Gefühl, sie würde ihn ausfragen. „Tja übergelaufen von wo? Und die Dame, die mich das fragt, heißt...?“ Was waren das nur für seltsame Frauen hier an Bord. Erst die kleine Königin, die ihn unbedingt umbringen wollte, weil er zufällig vor Ort war und dann die Hübsche hier, die ihm das Gefühl gab, unerwünscht zu sein. Hatte er denn wirklich seinen Charme für Frauen verloren?

Nun war es die zweite Braue die hinauf schnellte und der anderen Gesellschaft leistete. Wollte sich dieser Kerl jetzt wirklich auf Höflichkeiten berufen? Wahrscheinlich weil er durchaus wusste, welche Antwort ihn jederzeit in Teufelsküche bringen würde. Aber wenn er einer dieser Kopfgeldjäger war, wieso hatte man ihn dann nicht irgendwo festgebunden verrotten lassen? “Nenn mich doch einfach weiterhin Schönheit. Ist leichter zu merken.“ Und ebenso leicht zu vergessen, weil dieser Name so unfassbar beliebig war.

Also entweder hatte er wirklich jeglichen Charme verloren, die Frauen auf diesem Schiff waren nicht normal oder sie hatten alle ein schweres Trauma erlitten. Vermutlich trafen die letzten beiden Vermutungen ins Schwarze, aber er hütete sich seine Theorie laut auszusprechen. Vielleicht nahm sie noch irgendwo eine dritte Augenbraue her, die in ihrem Haaransatz verschwinden konnte. Aber ehrlich mal, warum war die Schönheit so kaltherzig? Er versuchte doch wirklich...na, nein, eigentlich tat er nichts dergleichen. Er sah zu seinem Schlafplatz nach oben und überlegte, ob er nicht einfach wieder gehen sollte, immerhin war er nicht erwünscht. Und so lustig das kleine Wortgefecht bis hierhin auch war, konnte es sicher schnell langweilig werden. Zairym überlegte noch einen Augenblick, bevor er leise die Luft ausstieß und noch einmal zu der Frau sah, immer noch lächelnd. „Also gut, Schönheit. Deine Abneigung, zerfleischt mich wirklich sehr, deshalb geh ich besser. Oder du verrätst mir was so sauer in deinem Magen brennt, dass du am liebsten die Welt zerreißen würdest, hm?“

Sie folgte seinem Blick hinauf ins Krähennest nur halbherzig und verkniff sich ein Augenrollen. Wenn es ihm zu anstrengend war, sich mit ihr zu unterhalten, sollte er halt verschwinden. War womöglich eh das Beste, wo er doch – und diese Vermutung brannte sich immer stärker in ihren Magen – von der Seite der Kopfgeldjäger übergelaufen war. Keine gute Position, um auf einem Schiff voller „Piraten“ unterzukommen. Doch angesichts der geschwächten Lage der Crew kein Weltuntergang. Und wenn sie ehrlich waren, was unterschied ihn so viel mehr von ihr? Der Gedanke zerschlug die bittere Wut, die sich ihre Kehle hinauf schieben wollte, schlagartig. War seine Lage denn so viel schlechter als die ihre, als sie damals selbst zum gegnerischen Team gehört hatte?
“Oh ja. Ich kann richtig sehen, wie es deine Welt aus den Fugen reißt.“ Sie schenkte ihm eine Mischung aus zynischem Blick und vielsagendem Schmunzeln. Seufzte und fuhr sich mit der rechten durch die dichte Mähne, während die Linke stützend auf ihrer Hüfte Platz nahm. “Weißt du… als Teil dieser Crew habe ich ein ziemliches Problem damit, dass uns Kopfgeldjäger über den Haufen schießen wollen. Auch wenn sie es ziemlich verkackt haben, wenn du mich fragst.“
Ihr sanftes Schmunzeln verschwand. Wurde durch einen fast schon selbstgefälligen Blick abgelöst, den sie erst auf die Planken, dann auf Zairym gleiten ließ. “Also verzeih, wenn mir gerade nicht die Sonne aus dem Arsch scheint.“
Leise platschten die Wellen gegen den Buck des Schiffes und spülten den überstehenden Frust aus Skadis Brust. Sie war zu müde und zu lange auf den Beinen, um sich noch länger an dieses Gefühl zu klammern. War sie ohnehin nach ihrem Aufenthalt im Lazarett die Taubheit losgeworden, die sich in ihrem Kopf wie ein Schwamm breit gemacht hatte, blieb nicht mehr viel übrig, dass sie von dem Gedanken an Scortias ablenkte. Vielleicht kam dieser Fremde ja doch gelegener, als sie dachte. “Skadi.“ Ihre Hand ruhte massierend in ihrem Nacken, während die dunkelbrauen Augen die Miene des Fremden erkundeten und sich jeden seiner Züge einzuprägen versuchte.


Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass sie ihm nicht so ganz glaubte. Aber er meinte es wirklich, wirklich ernst! Wenn jemand ihn nicht leiden konnte, dann zerriss es ihn in seinem tiefsten Innersten! Nun...vielleicht war es auch eher ein kleiner Bruch außen an ihm, irgendwo in der Nähe seines Mundwinkels oder ein Zucken seines Auges. Gut, in Ordnung, die Frau hatte schon recht. Es kümmerte ihn ziemlich wenig. Und obwohl sie ihn ziemlich gut eingeschätzt, schien sie im gleichen Moment warm mit ihm zu werden. Etwas überrascht über ihre offenere Haltung hörte sie ihren Worten schweigend zu und lachte leise. So wie die Frau redete, schien es, als war sie schon sehr lange eine Seefahrerin. Sie überraschte ihn gleich noch mal, als sie ihm schließlich doch noch ihren Namen verriet. Diesmal war es an Zairym eine Augenbraue hochzuziehen, aber kurz darauf grinste er schon wieder und verbeugte sich leicht in ihre Richtung. „Freut mich sehr, Skadi. Sei froh, dass sie euch nicht wirklich über den Haufen schießen wollten, sonst hättet ihr die Nacht nicht so glimpflich überlebt. Aber ich gebe dir recht, sie haben sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Die knapp 20 Mann von dem Schiff vor euch, haben sie eleganter gefangen.“ Er drehte sich herum und sah auf das sanft wogende Meer hinaus. Augenblicklich nahm er wieder das Schwanken des Schiffes nach und in seinem Magen rumpelte es gefährlich. Zum Glück hatte er nichts gegessen, das hätte vielleicht unschön werden können. „Aber ich nehme mal an, du schiebst nicht nur so schlechte Laune wegen des kleinen Scharmützels, oder? Du hast Kameraden verloren. Trauerst du um sie?“ Er sah vom Wasser zu Skadi.

Für einen Moment regte sich Protest in ihrer Brust und brannte wie ein Höllenfeuer zu ihrem Magen. Doch dann überließ sie es ihrer Mimik, all das unter einem süffisanten Lächeln mit einem Schwall Wasser auszulöschen, was sich an Ego noch in ihrem System befand. Er hatte Recht. Egal wie bitter die Erkenntnis auch schmeckte und nur schwer zu verdauen war: sie waren blind und unvorsichtig in diese Falle gelaufen. Daran konnte auch das Brennen in ihrem Magen nicht rütteln. Allein die Tatsache, dass sie es dennoch heraus geschafft hatte und mit am unversehrtesten geblieben war, entlohnte ihre Genugtuung. "Die rollenden Kanonen waren sicherlich auch für ein anderes Kaliber Mannschaft gedacht?" Wieder verselbstständigte sich ihre Augenbraue und schnippte für einen Augenblick gen Haaransatz. Die Hand noch immer im Nacken, erhob sie sich von ihrer Position. Lief dicht an Zairyms vorbei und lehnte sich, mit dem Rücken zur See, gegen die Reling zu seiner Linken. Ganz gleich wie müde sie auch war. Die wenigen Informationen, die er ihr gab, entgingen ihr nicht. Zwar waren sie unbedeutend und womöglich nicht wirklich von Bedeutung für ihn, doch es gab ihr erste Aufschlüsse darüber, worauf sie sich mit diesem Kerl einließen. "Scharmützel... aus deinem Mund klingt das wie eine Beleidigung." Ein Funkel verließ die dunklen Augen, als sich der Blick der Nordskov hob und erst um den dichten Bart, dann um die Augenpartie des Fremden kreiste. "Ich kenne sie zu kurz, um trauern zu können.", gab sie ehrlich von sich und zuckte mit den Schultern. Es war offensichtlich, dass es einigen an Bord so ging, ganz gleich wie gut man sich auch verstand. Und nach Cornelis Ableben war das Versterben von Menschen in ihrer näheren Umgebung wieder zur Gewohnheit geworden. "Ganz davon abgesehen ist das schon fast Berufsrisiko, nicht wahr?"

Er sah ihr zu, wie sie sich erhob und ihn schließlich umkreiste. Es erinnerte ihn an einen Geier. Einmal hatte er diese Tiere auf Rûn gesehen. Sie hatten die Leichen der Unglücklichen umkreist, die in die Steppe gegangen waren, ohne sich Wasser mitzunehmen. Diese Tiere behielten ihre Opfer genau im Auge...und waren unglaublich hässlich. Ein Glück, dass er letzteres nicht auf Skadi beziehen konnte. „Die rollenden Kanonen...wir können von Glück sagen, dass jeder da einigermaßen heil rausgekommen ist. Die waren noch nicht mal zum Einsatz bestimmt gewesen. Was ich mitbekommen habe, hat ein Schüler, eines Schülers, eines Schülers eines großen Meisters die Pläne mitgehen lassen und ganz stolz verkündet er könnte die Maschine bauen. Die Kopfgeldjäger haben ihn deshalb aufgenommen. Was du da gesehen hast... wie gesagt, wir hatten mehr Glück als alles andere.“ Er zuckte mit den Schultern und sah ihr in die dunklen Augen, während er ihre Musterung schweigend über sich ergehen ließ. Er hatte nichts vor ihr zu verbergen.
Er war so offen, wie er zu jedem anderen auch gewesen wäre. Deshalb lächelte er über ihre Worte. „Wenn ich etwas beleidige, dann würdest du es merken. Aber ich habe schon größere Kämpfe erlebt, deshalb nenne ich das, was auf der Insel gesehen ist, ein Scharmützel. Würdest du mir denn nicht zustimmen?“ Er folgte einer Eingebung als er diese Frage stellte. Vielleicht irrte er sich ja auch, aber vielleicht war sie doch erfahrener in solchen Angelegenheiten, als es auf den ersten Blick wirkte. Zumindest ließen ihre Worte zum Teil darauf schließen. „Berufsrisiko...ja, vielleicht. Aber seien wir ehrlich: Wir sterben alle irgendwann. Manche eher als sie sollten, andere später, als man es sich wünscht. So ist das Leben. Deshalb bin ich auch der Meinung du solltest nicht so einen Flunsch ziehen, sondern das Leben lieber genießen, so lange es noch dauert.


Diese Kerle waren so leichtsinnig gewesen, eine Waffe zu benutzen, die im schlimmsten Fall auch gegen sie selbst hätte schießen können? Das klang womöglich nicht  nur verzweifelt, wie sie es sich einbildete. Wie viel musste bereits auf ihre Köpfe ausgesetzt sein, dass man sich solch eine fahrlässige Dummheit nur antat? Mit einem Kopfschütteln wandte sie den Blick für einen Augenblick von Zairym ab und ließ ihn zum Krähennest hinauf gleiten, aus dem er geradewegs hinabgestiegen war. Menschen waren zuweilen selten dämlich. Blieb nur zu hoffen, dass sie sich nicht noch vermehrten wie Mäuse.
Ein vielsagendes Lächeln schob sich auf die vollen Lippen, kaum dass der Dunkelhaarige fortfuhr. In seiner Frage lag so viel mehr „Gewicht“ als es den Anschein erweckte. “Wenn wir nach dem Status meiner Verletzungen urteilen, dann stimme ich dir zu. Für den Großteil der Crew kann ich allerdings nicht sprechen.“ Wie von selbst senkten sich die dunklen Augen auf die Miene ihres Gegenüber zurück. Was er dann erwiderte traf in so ziemlich allem ihre Ansichten, wenngleich der Schlusssatz sie amüsiert Schnauben ließ. “Scheint als hättest du schon eine Idee, wie ich das angehen sollte?“ Womöglich waren Liam und er in Anbetracht ihrer „Carpe Diem“ Predigten ideale Gesprächspartner.


Er neigte leicht den Kopf und brachte sogar ein Nicken zustande, auch wenn ihm der Gesamtzustand der Crew ziemlich egal war. Für die ein oder andere Wunde an jemandem war er ja auch nicht ganz unschuldig. Also wollte er das lieber nicht weiter vertiefen. Am Ende würde dieses entspannte Gespräch doch noch in Anschuldigungen enden und damit würde er bestimmt nicht umgehen können. Und er wollte doch nicht, dass ihre gute Laune so plötzlich verschwand, wie sie gekommen war. Bei ihrer Frage lachte er auf. Während er mit einer Hand nachdenklich seinen Bart nach fuhr, drehte er sich zu der jungen Frau um und musterte sie noch einmal. „Ich meine nur, du sollst keinen Flunsch ziehen und habe nie an irgendwelche Ideen gedacht. Aber wenn du genaue Wünsche und Vorschläge hast, dann stehe ich dir zur Verfügung dein Leben zu bereichern?“ Er grinste, als er sich von der Reling abstieß und seine Arme einladend ausbreitete.

Seltsam kurzsichtig von ihm, wo er doch den Anschein eines (zumindest verbalen) Taktikers mimte. Entweder war dieses unbedarfte Zurückspielen jeglicher Anspielungen ein weiterer Schachzug um sie aus der Reserve zu locken oder die Nordskov war zu müde und zu eingenommen von den vergangenen Ereignissen, dass sie begann wahllos Dinge in andere hinein zu interpretieren. Ganz gleich was es war, sie widmete ihm nichts mehr als einen skeptischen Blick, ehe sie energisch Luft in ihre Lungen presste und die dunklen Augen abwartend über seine Statur gleiten ließ. Der Herr litt wohl dezent an Größenwahn. "Ist das nicht irgendwie, als würde ich den Papageien im Sack kaufen?"

Das Entweichen der Luft verriet ihre Skepsis und er konnte ihren abschätzenden Blick über sich wandern spüren, so sehr kribbelte seine Haut. Fast hätte er sich beleidigt gefühlt, wenn sie ihn so ansah und abschätzte. Als gefiele ihr nicht, was sie da sah.  Er ließ die Arme sinken, weil sie keine Anstalten machte, zu ihm zu kommen und seufzte dramatisch. Hatte er so viel Misstrauen wirklich verdient? Wenn er bedachte, wie er auf dieses Schiff gekommen war, ja, vermutlich. Aber es schmerzte wirklich…fast. „Ich weiß nicht, ob du mich jetzt für einen Lügner oder für ein Plappermaul hälst, aber beides kränkt mich zu tief, meine Schöne.“ Er überlegte kurz, bevor er sie angrinste. „Das ich ein wirklich angenehme Bereicherung für dein Leben sein kann, könnte ich dir beweisen. Aber gegen das plappernde Etwas gibt es leider nichts, was du tun könntest. Ich bin so auf die Welt gekommen. Ich muss alles kommentieren, was ich sehe.“ Wenn er es sah. „Du kannst also eine ziemlich einfache Entscheidung treffen: Finde raus ob ich ein Lügner bin oder leb damit, dass ich weiter rede.“ Er grinste und breitete die Arme wieder aus. Als ob er sich leicht geschlagen geben würde.

Dieser Kerl war mit einer unvorstellbaren Portion an Gleichgültigkeit gesegnet, die ihr in letzter Zeit selten untergekommen war. Irgendwie amüsant und gleichsam gefährlich. Zumindest zwang es sie selbst nicht dazu, sich emotional in irgendetwas hinein verwickeln zu lassen oder sonderlich viel Hirnschmalz auf ihre Wortwahl verschwenden zu müssen. Problem an der ganzen Sache war nur, dass Gleichgültigkeit bei einem Söldner wie ihm zu einer Katastrophe werden konnte. Nichts würde ihn davon abhalten, sie ans Messer zu liefern oder womöglich sogar selbst Hand an zu legen. Außer einem Batzen Geld oder einem Ass im Ärmel. Beides Optionen, die in ihrer derzeitigen Situation nicht greifbar schienen.
Dennoch entwich der Nordskov ein Auflachen, eines, dass nicht gestellt oder sarkastisch gemeint war. “Jemandes Leben bereichern zu wollen ist dennoch eine sehr vage Aussage, meinst du nicht?“ Entspannt sackte der hoch gewachsene Körper gegen die Reling zurück, die dunklen Augen mit schief gelegtem Kopf über die geweiteten Arme ihres Gegenübers gleiten lassend. “Tut mir leid, aber ich habe eine natürliche Skepsis Menschen gegenüber, die für Geld morden. Vor allem wenn ich selbst kaum welches habe. Gestatte mir also einen Einblick dessen, was du unter „bereichern“ verstehst. Nur für den Fall, dass ich eventuell ein paar Einwände oder Verbesserungsvorschläge habe.“


Ha! Es kamen also doch noch andere Reaktionen aus ihr heraus, als Skepsis, Müdigkeit oder Trauer. Wäre es er sich dabei nicht ein wenig lächerlich vorgekommen, hätte er die Faust in die Luft gereckt. Aber damit sähe er bestimmt sehr bescheuert aus. In etwa so, wie mit ausgebreiteten Armen vor ihr zu stehen und darauf zu warten, dass sie sich da rein warf. Auch wenn es ihm nicht gefiel aufzugeben, so tat er es schließlich doch. Es ermüdete so da zustehen und er war lieber allzeit bereit die Arme wieder hochzureißen, sollte sie sich doch auf ihn werfen wollen. Aber stattdessen lehnte sie sich an die Reling und schien sich eher auf die negativen Begleiterscheinungen seiner Arbeit zu konzentrieren. Für einen kurzen Moment überlegte Rym. „Nimm’s mir nicht übel, meine Schöne, aber tun Piraten das nicht auch? Für Geld morden? Für ein wenig Gold jemanden entführen? Oder seid ihr…hm…moralische Piraten? Nehmt ihr das Geld von den Reichen und verschenkt es an die Armen?“ Ein Hoch von Spott und Hohn klang in seiner Stimme mit und er zuckte die Schulter. „Ich schäme mich nicht, zuzugeben, dass meine Waffe käuflich ist. Es ist nur natürlich, in einer Welt wie dieser überleben zu wollen.“ Er schmunzelte leicht und tat es dann alles mit einem Schulterzucken ab. „Wie dem auch sei. Dein Leben kann ich auf jeden Fall auf viele Arten bereichern. Zum einen wäre da die sehr erwachsene, schweißtreibende und durchaus befriedigende Methode.“ Sein Blick ging ein Stück an der Frau vorbei, bevor er ihr Gesicht fokussierte und eindeutig die Augenbrauen in die Höhe zog. „Ich denke, das würde uns beiden ziemlich gut gefallen. Dann gäbe es da etwas ähnliches, was meistens aber nur für einen von uns beiden befriedigend sein würde.“ Er neigte leicht den Kopf zur Seite und musterte sie einen Moment nachdenklich. Obwohl ihre Haltung entspannt und erschöpft wirkte, bekam sie so eine Grundanspannung nicht heraus. Wieder schmunzelte er. „Du bist Kriegerin, richtig? Du hast gegen die Kopfgeldjäger gekämpft und sie getötet.“

Skadi wog den Kopf, den Blick für einen Sekundenbruchteil auf einen unbestimmten Punkt oberhalb der Takelage gerichtet. Sicherlich mordeten Piraten in gewisser Weise für ein bisschen Gold und die Aussicht auf Freiheit. Wenn man es ganz genau nahm, taten sie es in den meisten Fällen jedoch nicht, weil sie jemand damit beauftragte, sondern weil sie plünderten. Das machte vielleicht für einen Großteil der Menschheit keinen gravierenden Unterschied, doch für die Nordskov erschien dieser Aspekt nicht unerheblich. “Keine Ahnung was … wir… sind.“ Allein von WIR zu sprechen, setzte einen unangenehmen, festen Kloß in ihre Kehle, dessen Beigeschmack ihr nicht nur bitter vorkam, sondern tatsächlich auf ihrer Zunge herum tanzte, wie ein beachtliches Stück Seife. “Aber sicher nicht das, was du und was auch ich zu Anfang geglaubt habe.“
Bei seinen Worten kullerte ein verschmitztes Grinsen über ihre Lippen. Untermalt von einem Blick, der auf mehr als nur eine Weise zu deuten war und leuchtete, als wollte sich geradewegs ein herzhaftes Lachen aus ihrer Kehle schleichen. Stattdessen schüttelte die Nordskov den dunklen Schopf und sog energisch Luft in ihre Lungen. Zumindest eines musste sie dem Fremden zugestehen – er lenkte sie von ihren Gedanken ab. Auf eine Weise, die sie abstieß und gleichermaßen belustigte. “Kriegerin?“ Schmunzelnd waren die dunklen Augen, die kurz zuvor an Zairyms Statur hinab zu seinen Schuhspitzen gewandert waren, auf sein bärtiges Gesicht zurückgeschnellt.
“Wie kommst du darauf? Weil es mich nicht so schlimm erwischt hat wie den Rest?“, entgegnete sie schmunzelnd und ließ ihrerseits spielerisch eine Augenbraue hinauf schnellen, “Aber nein… ich bin weder Piratin, noch Kriegerin. Aber ich jage unwahrscheinlich gern.“


Er musste bei ihren zögerlichen Worten einfach lachen. Obwohl er eigentlich hatte wissen wollen, ob sie kämpfen konnte, konnte er nicht anders, als über ihr Verhalten bezüglich des anderen Themas nachzudenken. Entweder behagte es ihr nicht, sich zu den Piraten zu zählen oder sie kam mit dem Wörtchen „wir“ nicht zurecht. Auf jeden Fall hörte es sich so an, als würde sie bei diesem Wort auf Kieselsteinen herumkauen und um ehrlich zu sein, fand er das sehr erheiternd. Deshalb wurde aus seinem Lachen auch ein ehrliches Schmunzeln, bevor er lässig mit den Schultern zuckte. „Wenn ich ehrlich bin, dachte ich am Anfang ihr seid ein Haufen Idioten, dicht gefolgt, von ziemlichen Glückspilzen, nur um dann festzustellen, dass ihr ein Auffangbecken für Streuner seid. Ich beschwer mich nicht.“ Immerhin war er ja damit auch von der Insel runter gekommen, oder nicht? Undankbar wollte er jetzt nicht erscheinen.
Rym neigte leicht den Kopf zur Seite und schaute die Frau – er war sich ziemlich sicher, sie fast lachen gehört zu haben – für einen Augenblick nachdenklich an. „Keine Kriegerin, keine Piratin, aber eine Jägerin?“ Seine Mundwinkel zuckten belustigt, denn für einen Moment konnte er sich vorstellen, sich wirklich mit ihr zu verstehen. Denn im Grunde ähnelten sie sich, auch wenn sie wohl niemals Geld dafür annehmen würde Leute umzubringen. Aber das kurze Gefühl der Gemeinsamkeit verschwand recht schnell wieder, wenn er bedachte, wie sehr sie ihn gerade eben noch verurteilt hat. „Du jagst also…,“ meinte er noch kurz nachdenklich, bevor er sich von der Reling abstieß und seine Faust ohne jede Warnung auf ihr Gesicht zu sausen ließ.


Ein Haufen Idioten. Das entlockte ihr tatsächlich ein amüsiertes Grunzen, dicht gefolgt von einem Kopfnicken und Schulterzucken. Definitiv würde sie diese Ansicht nicht verneinen. Unter anderem hatte es den ein oder anderen "seltsamen" Charakter an Board gegeben. Vielleicht gab es sie noch. Oder schon wieder. Letztlich blieb es jedoch eine Betrachtungsweise, wen man tatsächlich in diese Schublade stecken konnte. "Was für ein weiser Mann du bist.", entgegnete Skadi leichthin kaum dass Zairym endete und den Kopf reichlich unbequem zur Seite neigte. Ganz sicher, um die Bedeutung ihrer Worte abzuschätzen. Dass er sie wenig später wiederholte, bestätigte sie nur darin, dass er aufmerksam dem nachfühlte, was sie unausgesprochen ließ. Allerdings hatte sie kaum damit gerechnet, dass der hoch gewachsene Körper mit einem Mal voraus und in ihre Richtung schnellte. Andernfalls hätte sie mit einem Augenrollen und einem genervten Gedanken an ihre damalige Begegnung mit Shanaya aufgewartet. Wurde hier wohl zu einem beliebten Crewsport, sich mit etwas Spitzem und Schmerzhaftem auf sie zu stürzen.
Geübt trat die Nordskov zurück, bückte sich halb, um mit einer leichten Drehung ihres Oberkörpers und synchronen Bewegung ihrer Hand von unten Zairyms Arm aus der Flugbahn zu werfen und mit der freien Hand nach seinem Bartende zu schnappen. Es lag ihr fern auch nur den Versuch zu unternehmen, einen Treffer auf Höhe seines Mundes zu riskieren. Andernfalls würde er nicht mehr dazu kommen, ihr nette Komplimente auszusprechen, oder?


Wenn er sich an seine Jugend zurückerinnerte, dann kam ihm immer als erstes in den Sinn, dass er den meisten Faustkämpfen aus dem Weg gegangen war. Wenn Rym ehrlich war, hatte er schon genug Probleme, wieso sich also auf einen Kampf einlassen, den er sehr wahrscheinlich nicht gewinnen würde. Erst mit den Jahren und doch einigen Veilchen, hatte er gelernt, dass er sich bei Kämpfen nicht nur auf seine Augen verlassen durfte. Natürlich war das wichtig, aber wenn man nicht gerade über die beste Sehkraft verfügte, musste man sich auch auf andere Dinge verlassen.
Und nur aufgrund seiner Erfahrung überrumpelte ihn die Frau nicht, als sie ihn abblockte und sogar zu einem Gegenangriff überging. Nur Jägerin, natürlich. Rym grinste, als er den Hauch einer Bewegung in der Nähe seines Gesichts spürte und ruckte mit dem Kopf leicht zurück, während sein freier Arm vorschnellte und die Hand seines Kontrahenten abblockte. Er schob ihren Arm von seinen Gesicht weg und statt noch einmal mit einem Schlag anzugreifen,  verlagerte er sein Gewicht auf sein linkes Bein und trat mit dem rechten Fuß nach ihrem Schienbein. Das Grinsen vertiefte sich ein wenig mehr, weil er nicht damit gerechnet hätte, sich so früh am morgen schon im Kampfsport zu üben.


Um wenige „Haaresbreiten“ verfehlte sie das Bartende und spürte lediglich an den Fingerspitzen den weichen Rand, nach dem sie beherzt gepackt hatte. Zairym hatte sich zurück gelehnt. Mit erhobenem Blick und einem Grinsen auf den Zügen. Ein Ruck durchfuhr Skadis Mundwinkel. Amüsiert und irgendwie überrascht, dass er so schnell reagierte. Dass er sogar dazu ansetze, diesen kleinen Zweikampf auf einer tieferen Ebene fortzusetzen und ihr Schienbein touchierte, das einen kleinen Aufschrei in ihrem Inneren frei setzte. Doch der Schmerz ging bereits sang und klanglos in der Bewegung unter, die ihr Bein erst in Richtung seines Fußes und dann darunter weg fortführte. Und Zairym in einen breiten Ausfallschritt und halben Spagat zwang. “Wusste nicht, dass man so mit einer Lady umgeht.“

Ehrlich gesagt, hätte er beinahe so etwas wie Enttäuschung empfunden. Er dachte schon, sie würde ihm mit einem ganz ausgefallenem Trick ausweichen und dann mitten in der Luft mit einem Tritt auf sein Gesicht zielen. Stattdessen spürte er an seinem Fuß Widerstand und wunderte sich, warum sie nicht aufheulte, wie es jeder Mensch tat, der von einem Tritt gegen das Schienbein überrascht wurde. Noch ein wenig verwundert von der spärlichen Reaktion, bemerkte er nicht, wie nun ihrerseits ihr Bein vorschoss und Rym dazu zwang, eine sehr unbequeme Pose einzunehmen, wollte er nicht das Gleichgewicht verlieren. Doch statt sich darüber aufzuregen, spürte er nur ein Lachen in sich aufsteigen und schließlich aus sich herausbrechen. Vor allem, wenn man auch noch die Worte der jungen Frau mit bedachte. Rym prustete nur, während er sich wieder aufrichtete und einen Schritt zurücktrat, um anzuzeigen, dass er nicht noch einmal auf sie losgehen würde. „Meine Schöne, eine Lady, hätte geschrien und angefangen zu weinen, als ich den ersten Schlag auf dein Gesicht gerichtet habe. Du hingegen hast einfach gekontert.“ Nochmals schnaubte er. „Bei aller jetzt schon empfunden Liebe für dich. Du bist keine Lady und das ist auch gut so. Ich dachte schon, ich würde mich auf diesem Kahn hier anfangen zu langweilen.“

Unweigerlich verfing sich ein Lächeln in ihren Lippen. So unvorbereitet und doch wohlig warm, dass Skadi ein wenig über sich selbst erstaunt war. Ganz gleich, wie wenig sie auch dazu geneigt gewesen war -  er brachte sie dazu, sich auf eine seltsame Art und Weise gesehen zu fühlen. Neben  all der überschwänglichen und etwas übertriebenen Worte und Komplimente, die er aus sich heraus presste.  Mittel zum Zweck. Das war, woran sie als erstes dachte. Wenn sie sich nicht dennoch davon geschmeichelt fühlte. “Ich bin nicht so der Typ, der sich weinerlich in eine Ecke verkriecht.“ Oder sich – Götter bewahre! – von jemandem retten ließ. Doch das war ein Thema für einen anderen Tag, für eine andere Person. Skadi bezweifelte nämlich dass Zairym, so hatte er sich doch genannt, ihr aus reiner Nächstenliebe den Arsch retten würde, käme es soweit. “Dachte eigentlich, dass ihr Männer auf sowas steht. Frauen, die leicht zu beeindrucken sind mit all der Kraft und Herrlichkeit, die ihr an den Tag legt.“

Er neigte den Kopf und grinste, ließ ihre Worte aber unkommentiert. Was sollte er auch schon dazu sagen, dass sie nicht zu den Frauen gehörte, die sich von Männern in strahlenden Rüstungen retten ließen? Er schnaubte leise. Lebten sie etwa in einem dieser furchtbaren Kitschromane, die in den großen Städten ihr Unwesen trieben? Oder gar in den Märchen, in denen am Ende alles gut wurde, wenn sich die Frau nur brav vom Mann retten ließen? Beinahe wollte ihm eine Gänsehaut über den Rücken kriechen bei so viel Schmalz.
Statt sich weiter von diesen Gedanken verängstigen zu lassen, dachte Rym ernsthaft über die nächsten Worte der Frau nach. Ohne weiter darüber nachzudenken, zupfte er an einem der Ringe in Ohr, eine Angewohnheit, die er trotz vielen Versuchen nicht ablegen konnte. „Ich hab gegen die leicht zu beeindruckende Weiblichkeit. Ein charmantes Lächeln, ein wenig angeben und...“, er schnipste einmal, „man hat wunderbare Begleitung für nächtliche Stunden. Aber auch wenn das sehr schön ist und ich das mit Sicherheit niemals missen möchte, tut es auch gut, wenn man sich mal einen Kampf mit jemandem leisten kann, der nicht ebenfalls einen Bart und eine tiefe Stimme hat.“ Sein Blick fiel wieder auf sie und ein schelmischer Ausdruck trat in seine Augen. „Ich bevorzuge Frauen, die im Bett Kratzen und Beißen, als dass sie sich nur von mir beeindrucken lassen. Mach mit dem Wissen, was du möchtest, meine Schöne.“


Er genoss die Gesellschaft einer Frau, die sich nur deshalb mit ihm umgab, weil er charmant sein und viel Geld springen lassen konnte – war es das, was er damit sagte? Skadi schmunzelte. Tief in sich hinein, weil es fast schon bemitleidenswert war. Sicher. Sie konnte sich nicht davon frei sprechen das Bett mit anderen zu teilen, weil sie nur für das Körperliche empfänglich war und alles drum herum ausradierte. Gefühle hatten in dieser Welt, diesem kleinen Kosmos einer Nacht nichts verloren. Und es half, dass ihr Körper und dieses kleine Bisschen Mysterium in ihrer Art ausreichten, um zu bekommen, was sie wollte. “Kratzen und beißen also ja?“ Unweigerlich schob sich eine ihrer dichten Brauen hinauf. Gepaart mit einem lautlosen Lachen in der Miene, das zwischen Zustimmung und Belustigung schwankte. Dieser Zairym war ein seltsamer Kerl. Offen und verschlossen zugleich. Eine gefährliche Mischung, weil sie Vertrauen erweckte, wo es keines gab.
“Ich werds mir merken, falls ich davon Gebrauch machen sollte.“  Immerhin war das die beste Ausrede, um ihn bei einem Kampf damit zu attackieren. Wenn er schon darauf stand. Wer wusste schon wie ausufern so ein Vorspiel werden konnte. “Sonst noch irgendwelche Vorlieben? Fesseln? Ketten? Kerzenwachs?“


Es fiel ihm schwer, in ihr zu lesen, aber er selbst machte es ihr bestimmt auch nicht leicht. Ihre Stimme zeigte nicht viel, ließ fast nur Belustigung durchscheinen. Und in ihrem Gesicht brauchte er gar nicht anfangen zu lesen, da es ihm sowieso nicht gelingen würde. Er wusste also nicht recht, was er mit ihrer Belustigung tun sollte. War es so amüsant, dass er Sex ein wenig rauer mochte? Oder dachte sie darüber, dieses Wissen einmal mit ihm auszuprobieren? In diesem Fall hätte er absolut nichts dagegen, dass sie ihn amüsant fand. Doch ihre Frage riss ihn ein bisschen aus seinen anrüchigen Träumen und deshalb schmunzelte er nun auch wieder – obwohl ihm fast nicht danach war. Auch wenn ihm schon öfter vorgeschlagen wurde, dass man sehr wohl Fesseln beim Sex benutzen konnte, hatte er es jedes Mal abgelehnt. Zum ersten Mal fand er es wirklich schade, dass er es auch bei seinem Gegenüber machen musste. „Auch wenn das verlockend klingt, muss ich bei diesen Dingen passen.“ Es rührte zu sehr an Erinnerungen, die er nicht mehr haben wollte und an dem Grund, wieso er niemandem vertraute. „Aber ich bin mir sicher, dass wir einige Vorlieben zusammen herausfinden könnten.“ Er grinste frech und schüttelte dann leicht den Kopf. „Wie ist es bei dir? Hast du irgendwelche Vorlieben bei deinen Liebhabern?“

Nun war sie es die schmunzelte. Dabei die Augen verengte, weil dieser Zairym ihr mit nur einer Antwort so viel mehr über sich verriet, als sie vielleicht hatte wissen sollen. Oder wollen. Zumindest erweckte er nicht den Eindruck, als wäre er zu verklemmt dafür. Nein. Er mochte die Machtlosigkeit nicht, die dort mitschwang. Entweder weil er davon besessen war oder negativer Erinnerungen damit verknüpfte. Skadi tippte tatsächlich auf letzteres. Als einsamer Wolf und Söldner war „Macht“ vielleicht etwas, dass er gern zur Schau trug, wenn er mit seinem Gewehr hantierte, doch insgesamt erweckte er nicht den Eindruck eines machtbesessenen Anführers.
“Du suchst deine Bettgefährten ziemlich wahllos aus was?“ Anders konnte sie dieses eindeutige, wenn auch unterschwellige Angebot nicht interpretieren. Und auch, wenn sie darüber hinweg schmunzelte, schüttelte sie nur den Kopf. Wissend, dass sie zuweilen selbst nicht besser war. Davon abgesehen, dass es eigentlich nur am Land passiert und Menschen traf, die sie nie wieder sah. “Möchtest du wie einer von ihnen werden, oder wieso das plötzliche Interesse?“ Mit verschränkten Armen sackte ihr Kopf zur Seite. Die dunklen Augen wanderten einen Moment von seinem Scheitel bis zu seiner Brust.


Ein kleines Lachen entwich ihm bei ihren Worten. Wirkte er wirklich so, als würde er sich seine Liebschaften wahllos aussuchen? Nun, vielleicht hatte sie nicht ganz unrecht. Aber was sprach auch dagegen? War das Leben nicht zu kurz, um irgendwelchen verpassten Gelegenheiten hinterher zu trauern? Aber in einem Fall musste er sie doch berichtigen.
Rym hob eine Hand und tippte sich unterhalb des Auges, während er den Blick nicht von der Frau ihm gegenüber abwandte. „Ganz so wahllos bin ich nicht, die Frau muss mich schon interessieren.“ Er sagte ihr nicht, dass er nicht richtig erkennen konnte, ob sie wirklich hübsch war oder nicht. „Und meist kann ich das ziemlich schnell entscheiden. Also warum sollte ich dich dann nicht fragen, was dein Geschmack ist? Wir haben festgestellt, dass wir gegeneinander Kämpfen können. Ich weiß jetzt schon, dass das sehr viel Spaß machen wird. Warum also nicht auch klären, ob da nicht mehr passieren kann?“ Er zuckte mit den Schultern, während er gleichzeitig seine Augenbrauen spielerisch auf und ab bewegte.


Eine Frau die ihn interessierte. Das schloss automatisch auf gutes Aussehen oder "schwer zu haben". Altbekannte Muster, zumindest bei einem Großteil der männlichen Gesellschaft, mit der sie sich die letzten Jahre zwangsläufig hatte umgeben müssen. Die einzige und bis lang größte Ausnahme war Enrique. Ein Mann, den sie noch immer nicht ganz durchschaute und der doch so viel berechenbarer als jeder andere für sie war. Und ein absoluter Holzkopf. Für Ryms Worte indes hatte Skadi nur ein amüsiertes Schnauben übrig. Lockerte die Verschränkung ihrer Arme und musterte den Dunkelhaarigen mit hinaufschnellenden Augenbrauen. "Nun... dann kommt es wohl ganz darauf an, ob du uns bald wieder verlässt oder länger bleiben wirst." Dass seine Karten weitaus besser stünden, sähe sie ihn nie wieder, rieb sie ihm nicht unter die Nase. "Bis dahin bin ich jederzeit für einen Kampf bereit." Es mangelte auf diesem Schiff an bereitwilligen Trainingspartnern. Gegner, bei denen sie sich verausgaben und durchaus die ein oder andere heftige Prellung abholen durfte. Mit Schmerz lernte sie am besten. So hatte sie es gelernt. Damals mit ihrem Vater, der trotz ihrer jungen Jahre absolut nicht zimperlich gewesen war. "... erst recht, wenn ich kratzen und beißen darf." Denn Augenscheinlich hatte er damit keine Probleme, wenn auch in einem gänzlich anderen Kontext gemeint. Doch Skadi gab darauf nichts. Genoss einfach die Leichtigkeit, mit der sie hantieren konnte, ohne an die letzten Stunden zurück denken zu müssen, die noch immer in ihren Knochen steckte.

Ein amüsiertes Schmunzeln huschte über seine Lippen. Zum ersten Mal seit einer Weile wusste er nicht, was er von Handlung und Worten seines Gegenübers halten sollte und das kam wirklich selten vor. Er spürte, wie sich die Frau entspannte, aber ihre Worte...hach, er könnte schwören, dass sie ihn am liebsten aufspießen und grillen wollte, auch wenn sie das mit keinem Wort erwähnte. Möglichst unschuldig verschränkte er die Hände dem Kopf, blieb ihr die Antwort zu seinen weiteren Plänen schuldig. Wollte er länger bleiben oder dieses Schiff so schnell wie möglich verlassen? Der Commodore hatte ihm gutes Geld in Aussicht gestellt, wenn er bleiben würde, aber auch das musste er noch abwarten. Bis jetzt hielt er nicht so viel von dieser zusammengewürfelten Crew in der die wenigsten Ahnung vom Kämpfen zu haben schienen. Er lachte leise, ob seiner Gedanken oder ihrer Worte, würde er einfach so stehen lassen. „Pass mit deinen Worten auf, meine Liebe, ich könnte noch glauben, dass du meinem Charme jetzt schon verfällst.“ Er musste kein Hellseher sein, um zu wissen, welchen Gesichtsausdruck auf seine Worte hin machen würde. Er ließ entspannt die Arme sinken, nur um kurz darauf sich anzuspannen und einen Schlag in Richtung ihres Gesichtes anzutäuschen. „Aber ich nehme das Angebot wirklich sehr gern an.“

Wenn er das glaubte, beließ sie es dabei. Kommentierte es nur mit einem vielsagenden Schmunzeln und Zucken der Augenbraue. Ihm würde schon bei Zeiten ein Licht aufgehen, insofern er überhaupt genug Ausdauer besaß. Wenn er genauso schnell das Interesse an jemandem verlor, wie der Rest derer, die für ein schnelles Nümmerchen ins Bordell verschwanden, dann hatte sie ohnehin bald wieder ihre Ruhe. Und sagte man nicht, dass Söldner ohnehin nie lange an einem Ort und bei einer Gruppe von Menschen blieben? Es fiel ihr schwer zu glauben, dass er wider seiner Natur handelte. Erst recht, wenn er ihre Einladung annahm und ohne zu zögern erneut nach ihr ausholte. Ein tiefes Seufzen überzog Skadis Lippen, ehe sie sich zurück lehnte und bereits mit derselben Seite von unten ausholte, um seinen Arm nach oben zu schlagen. "Du stehst schon sehr auf Handgreiflichkeiten, was?" Und wenn nicht er, dann sie, die nun grinsend zu ihm hinauf sah.

Er spürte ihre Bewegung und schließlich auch, wie sie seinen Arm blockte und nach oben schlug. Das Grinsen auf seinem Gesicht wurde zu einem Lachen und er schüttelte den Kopf, während er ein paar Schritte zurück tat. Kurz dachte er über ihre Frage nach, bevor er mit den Schultern zuckte. „Ich mag es Menschen einschätzen zu können. Und Handgreiflichkeiten sind dafür sehr praktisch. Worte kann man verdrehen, abändern oder überdenken, aber bei einem guten, alten Faustkampf erfährt man viel über den anderen.“ Nochmals zuckte er mit den Schultern, wobei er seinen Blick über ihr Gesicht gleiten ließ. „Aber ich glaube fast, du bist davon fast noch begeisterter als ich.“ Nachdenklich fuhr er sich über den Bart, bevor er ihr einladend die Hand hob. „Wenn du Lust hast: nur zu. Im Moment habe ich wirklich nichts besseres zu tun. Oder du vielleicht?

Schwätzer. Ja. Solche Menschen kannte auch zum Erbrechen. Zu viele. Sicherlich gefiel es ihr nicht besonders, ihm zweifelsfrei zustimmen zu müssen, doch in diesem Punkt traf er den Nagel unweigerlich auf den Kopf. Taten sprachen mehr, als Worte es je könnten. Nach mehreren Jahren unter Marinesoldaten war ihr diese Weisheit in Fleisch und Blut übergegangen. Vielleicht war es eine der Gründe, wieso sie sich nicht so gut darin verstand, mit Spitzfindigkeiten um sich zu werfen und Worte zu jonglieren, wie es andere taten. Doch eines interessierte sie nun doch. Wo er es schon ansprach. "Ach... ist das so? Und was beispielsweise?" Abgesehen von der Kampfart, dem Geschick und der Auffassungsgabe, die jedem etwas über die Herkunft und den Werdegang einer Person erzählen konnte. Seinen darauf folgenden Worten schenkte sie nur ein halb bitteres, halb ernst gemeintes Lachen. "Wenn mir deine Freunde den Spaß nicht daran verdorben hätten, könnten wir uns stattdessen auch einen Rum genehmigen."

Er wollte fast schon einen Flunsch ziehen, weil er ihr Angebot für noch einen leichten Kampf ausschlug. Oder vielleicht auch, weil sie die Kopfgeldjäger als seine Freunde bezeichnete. Arbeitgeber, Geldquelle, ja gerne. Aber Freunde? Niemals, nein danke. Als sie das Wort Rum in dem Mund nahm, wollte sich seine Laune gleich wieder verbessern, aber in dem ganzen Zusammenhang, schien sie nicht so erpicht darauf zu sein, mit ihm zu trinken.  "Gut, dann trinken wir eben ein anderes Mal zusammen, was sagst du dazu?" Er grinste verschmitzt, schon wieder so unbekümmert, wie noch ein paar Minuten zuvor. Auch wenn er sich unsicher war, ob sie nun mit ihm kämpfen wollte, oder nicht. Statt aber noch einmal direkt darauf zusprechen zu kommen, überlegte er kurz, um sie dann noch einmal von oben bis unten zu mustern. Er musste ihr ja immer noch eine Frage beantworten, bevor sie nun kämpften - oder auch nicht. „Ich finde ein Kampf sagt viel über den Charakter eines Menschen aus. Kämpfst du sauber oder mit Tricks, greifst du direkt an oder nimmst du mehrere Zwischenschritte in Kauf, um an dein Ziel zu kommen. So was eben. Außerdem kann man auch erkennen, wie der Mensch das Kämpfen gelernt hat. Du zum Beispiel hast es nicht auf der Straße gelernt, um dort um dein Leben zu kämpfen, oder?“

Ein süffisanter Ausdruck zeichnete sich auf ihrer Miene ab, kaum dass sich Ryms Nasenflügel kräuselten. Ihm passte wohl etwas an ihrer Aussage nicht. Und Skadi vermutete es mehr, als sie es wusste, dass es mit den Kopfgeldjägern und weniger dem Alkohol zu tun hatte. Erst recht, als er ihr ein gemeinsames Besäufnis zu einem anderen Zeitpunkt vorschlug. "Wenn du dich benimmst..." Sie verzog die Lippen zu einer nachdenklichen Miene und zuckte mit den Schultern. "... vielleicht. Und nur wenn du... dein Schmuckstück bei dir behält." Und DAS konnte er nun auslegen, wie er wollte. Ob das Schmuckstück in seiner Hose oder das, was er ständig mit einem Gurt um seine Schulter herum schleppte. Wobei Skadi ziemlich sicher letzteres im Sinn hatte. Denn sie traute ihm noch immer nicht. Und es würde viel Arbeit bedeuten, daran etwas zu ändern. So er das überhaupt wollte. Während sie seinen Ausführungen lauschte, ließ sie sich auf einer der Kisten nieder, die unmittelbar neben ihnen an der Reling stand. Musterte ihn und grinste letztlich, als er sie indirekt um Bestätigung seiner Vermutungen bat. "Was hat mich verraten, mh? Dass ich nicht schreiend wie ein kleines Mädchen vor dir davon gelaufen bin?"

Er schnaubte abfällig bei der Vorstellung von einem Mädchen, dass schreiend vor einer Schlägerei davon rannte. Außerdem fragte er sich, ob er wirklich auf diese sarkastische Frage, antworten sollte. Wo sie doch noch nicht einmal Sekunden davor seine Geliebte beleidigt hatte. Ihm war durchaus bewusst, dass sie mit diesem ‚besten Stück‘-Spruch vieles an ihm meinen konnte. Aber Rym war nicht so eitel zuzugeben, dass das Beste an ihm seine Waffe war - und das, wofür sie bestimmt war. Letztlich musste er ihr aber doch antworten, aber auch nur, weil er es nicht aushielt, nicht alles zu kommentieren. Der Mann lehnte sich an die Reling des Schiffes, ignorierte das sanfte hin und hergeschaukle. „Auf der Straße rennt kein Mädchen vor einem Kampf davon, dass solltest du dir merken. Sie kämpfen dreckig. Sie beißen, kratzen, treten jedem Mann, der ihnen dumm kommt in die Eier und stechen ihnen die Augen aus. Ich bin mir sicher, das könntest du auch, aber deine ganze Haltung spricht für das anerzogene Kämpfen und nicht dafür, dass du dein geradeso gestohlenes Brot oder deinen eigenen Körper vor älteren und größeren verteidigen musst. Hm?“ Er grinste breit und seufzte dann. „Ach, bei diesem Gespräch wäre Alkohol wirklich angebrachter. Ach ja, ich weiß mich immer zu benehmen. Vor allem wenn ich betrunken bin. Als wäre ich so blöd dich anzugraben, wenn ich mich nicht ordentlich schützen kann.“

"Ich weiß nicht in welchen Straßen du unterwegs bist, aber nicht jedes Kind, das auf der Straße aufwächst, wird so. Es gibt genügend, die sich weinend verstecken oder es wortlos über sich ergehen lassen." Und das hatte sie leibhaftig schon erlebt. Auf ihren Streifzügen durch Silvestre, Milui und fast jeder anderen Stadt. Ihr Gesicht verdunkelte sich für einen Augenblick bei der Erinnerung. "Und nur weil ich gelernt habe mich erfolgreich zur Wehr zu setzen, heißt es nicht, dass ich mich nicht gegen Ältere und Größere habe verteidigen müssen." Auch sie war einmal jünger gewesen. Unschuldig. Unberührt. Bis sie im Alter von 10 überfallen und... Sie schluckte. Räusperte sich. Das waren Gedanken, die sie nicht hinaufbeschwören wollte. Nicht nach den Ereignissen der vergangenen Tage. "Als Mädchen und als Frau hat man in den meisten Teilen dieser Welt kein sonderlich wohl behütetes Leben. Also..." Sie zuckte mit der Schulter. Richtete ihr Kreuz wieder kerzengerade auf und seufzte. "Du würdest mich also angraben ja?" Ihre dunklen Augen huschten zur Seite. Umrundeten sein schokoladiges Äußeres, ehe sie breit zu grinsen begann. "Na ja. Vielleicht bin ich auch so nett und lasse deine Kronjuwelen in Frieden." Sofern er seine Hände bei sich behalten und auch ein Nein verstehen konnte.

Seine Augenbraue schnellte überrascht in die Höhe und er sah sie ehrlich verwundert an. „Würde das irgendjemand nicht machen?“ Echte Verwunderung färbte seine Stimme, bei dem Gedanken, dass niemand die junge Frau anmachen würde, wenn sie in einer Taverne trinken war. Natürlich wusste er, dass Menschen immer unterschiedliche Geschmäcker hatten, aber dennoch überraschte es ihn, was auch immer noch in seinem kurz darauf folgendem Lachen mitschwang. „Ich hoffe, du kannst nett sein. Auch wenn ich keine Bälger will, möchte ich mein ‚bestes Stück‘ gern noch benutzen.“ Er wackelte ein paar Mal mit den Augenbrauen, bevor er den Kopf schüttelte und über das Schiff hinaus auf das Meer sah. Graue Wellen schwappten vor seinem Blick, während er über das nachdachte, was sie gesagt hatte und vor allem, wie. Nuancen waren eine spannende Sache, wenn man auf sie achten musste. Auch dadurch erfuhr man einiges über die Menschen in seiner Umgebung, was er ihr allerdings diesmal nicht unter die Nase rieb. Stattdessen stützte er sich mit beiden Armen hinten an der Reling ab und wandte ihr wieder seine Aufmerksamkeit zu. „Es gibt diese Kinder, das ist wahr. Aber sie überleben nicht lange, denn das können sie nicht. Nicht ohne sich dabei selbst völlig aufzugeben.“ Für einen kurzen Moment kniff er die Lippen zusammen, während Schreie in seinem Ohr nachhallten, die alsbald verstummt waren, ebenso wie er selbst.

Seine Verwunderung überraschte sie. Und hätte es nicht seine Miene getan, brachte sie seine Frage augenblicklich zum Lachen. Der Kerl war schon ein Witzbold, was glaubt er denn? Dass sie sich vor Angeboten kaum retten konnte? Zugegeben, je betrunkener die Kerle waren, desto ekelhafter wurden sie, weil sie glaubten, mit der Jägerin die derbsten Dinge in den privaten vier Wänden tun zu können. Doch im Vergleich zu Talin konnte sie diese Angebot an einer Hand abzählen. Machten wohl ihr burschikoses Auftreten und die sichtbare Körperbemalung. "Ich kann es nicht nur, ich bin es auch. Solange man mir keinen Grund gibt  handgreiflich zu werden.", versicherte sie ihm mit einem Augenzwinkern und lehnte sich entspannt zurück. Die Hände in ihrem Rücken auf dem dunklen Holz der Kiste abgestützt. Die Stille, die kurzweilig zwischen ihnen einzog war angenehm. Ließ frischen Wind aufkommen, der der Nordskov sanft um die Nase strich. Als Rym dann erneut die Stimme erhob, wandte sich der dunkle Haarschopf zur Seite. Musterte den Fremden einen Augenblick schweigend. Die Lippen aufeinandergepresst. Grübelnd, wie viel sie ihm sagen wollte und konnte. "Manchmal wünschte ich, dass der Großteil der Menschheit einfach zeugungsunfähig wäre." Weniger Armut. Weniger Menschen, die sie ob ihrer Taten zur Rechenschaft ziehen musste.


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste