13.06.2022, 19:26
Am liebsten hätte sie die Augen verdreht. Sie hatte das Gefühl, er hielt seine Worte extra schwammig, als würden sie doch belauscht werden. Oder als wolle er ihr einfach nicht mehr erzählen, weil er ihr nicht vertraute. Gut, das würde sie auch nicht, nach dem, wie ihr erstes Aufeinandertreffen gelaufen war. Aber ganz ehrlich? Was sollte sie mit der Äußerung, dass er sich für ihren Bruder mit einem alten Bekannten treffen musste anfangen? Es häuften sich einfach nur noch mehr Fragen in ihrem Kopf, statt das sie wusste, was er genau vor hatte. Talin überlegte für einen Augenblick ernsthaft, ob sie sich darüber aufregen sollte, entschied sich aber dann doch dagegen. Wenn sie ehrlich war, dann waren alle Pläne, die sie je geschmiedet hatte oder an denen sie auch nur beteiligt war, in die Hose gegangen. Und dann hatte ab einem bestimmten Punkt ihre Impulsivität übernommen und so manches Mal vieles verschlimmert. Zum Beispiel Schiffe versenkt. Wenn sie nun also wusste, was der Blonde vorhatte und wenn etwas dann schief gehen würde ... was konnte da schon passieren? Dass sie ein ganzes geheimes Stadtviertel abbrannte? Nahhh, darüber sollte sie lieber nicht weiter nachdenken.
Stattdessen konzentrierte sie sich wieder auf ihre Umgebung und auf Ceallagh, der anscheinend gefunden hatte, was er suchte. Sie beobachtete ihn, als er sich von ihr löste und auf eine Wand mit Ornamenten zuging. Ihre Augenbrauen wanderten in die Höhe und sie vergaß einmal die Tatsache, dass die Wand hier vermutlich Ohren hatte.
„Nicht besonders versessen darauf, dass Fremde diesen Ort finden, wie?“
Es war ja nicht so, dass sie keinen Schwarzmarkt oder Hehler kannte, aber deren Geheimniskrämerei überraschte sie manchmal doch. Sie verdrehte leicht die Augen, und beobachtete, wie sich eine Geheimtür öffnete. Um sie nicht gleich mit ihrer großen Klappe in Verlegenheit zu bringen, schloss sie lieber den Mund und hackte sich einfach - mit ein paar Mal klimpern der Wimpern - wieder bei dem blonden Mann ein. Mit ihm zusammen betrat sie einen Laden, den sie mit leicht hochgezogener Augenbraue betrachtete. Doch sie hielten sich nicht lange dort auf, bevor sie durch eine weitere Tür – die noch geheimnisvoller war, als die erste - den Schwarzmarkt betraten. Na gut, sie musste es wohl zugeben: Ihr Herz raste vor Aufregung und freudiger Erwartung. Das vor ihr liegende Abenteuer hatte sie doch schon in seinen Bann gezogen, sodass sie sogar ihre Sorge von möglichen Verfolgern und Beobachtern abschüttelte.