25.08.2018, 20:39
Die Lider verengten sich über scharf funkelnden grünen Juwelen. Die Kleine war halb so alt, brachte halb so viel auf die Waage wie er, kannte ihn kein Stück und hatte tatsächlich den Schneid, ihn nicht nur auszulachen sondern auch noch zu beleidigen. Nicht, dass sie es tat, störte den Attentäter, sondern was aus ihrem Mund kam. Hübsch anzusehen mochte sie ja sein, aber was ihren Charakter anging, war der so hässlich wie der Totengräber. Langsam ließ sich Yaris von der Reling an Deck sinken, sein Gegenüber fest im Blick. Die Bewegungen ließen erahnen, mit welcher raubtierhaften Geschmeidigkeit er sich für gewöhnlich zu bewegen vermochte.
Sie mussten ganz sicher keine dicken Freunde werden. Dieses Anliegen lag Yaris gewiss ferner als fern. Aber mit dieser Einstellung sollten sie eine Crew bilden – wenn er denn bleiben würde. Und da er eine Schuld gegenüber dem Captain dieses Schiffes zu begleichen hatte, würden sie sehr wohl eine Crew bilden müssen. Oh, er machte sich ganz sicher keine Illusion von Friede Freude Eierkuchen. Immerhin befanden sie sich auf einem Piratenschiff. Doch selbst da sollte seiner Auffassung nach ein gewisser Zusammenhalt unter der Crew herrschen.
Neben ihrer kleinen Gestalt, blieb der Ältere stehen und blickte auf sie herunter.
“Nun, dann sollte ich mich wohl glücklich schätzen, dass du einen guten Moment gehabt hast. Nichts desto trotz bin ich tatsächlich sehr dankbar für die Rettung meines Lebens, auch wenn ich nicht die Art Persönlichkeit mein eigenen nennen kann, die die Dankbarkeit und Freude darüber laut hinausschreit.“
Seine Miene, die vielleicht vor wenigen Momenten etwas offenere Züge gezeigt hatte, war wieder eine stoische Fassade.
“Du sagtest, die Kreise des Adels sind dir zuwider. Nun – Mädchen – dafür, dass du dich so vehement von ihnen distanzierst … bist du ihnen doch im Verhalten verdammt gleich.“ Genauso oberflächlich, genauso verlogen, genauso herablassend, genauso verzogen, genauso arrogant. Zumindest sah Yaris keinerlei Unterschiede zwischen ihr und den Adelskreisen, die sie angeblich so verabscheute. Für ihn war sie nur aus einem einzigen Grund Gesetzlose: aus Trotz.
Schweigend zog er sich von diesem Ort zurück, um an anderer Stelle ein neues, ruhiges Plätzchen zu finden. Aber eines war im bereits jetzt klar. Mit Shanaya würde er immer seine Probleme haben, weil der Attentäter in ihr nur das verwöhnte und verzogene Gör aus reichem Hause sehen konnte, egal, wie sehr er sich bemühte einen Hauch von einer furchtlosen Piratin zu entdecken. Oh, furchtlos war die Kleine definitiv. Doch das erwuchs lediglich aus ihrem rotzigen Trotz, es der Welt zeigen zu wollen.