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Svavars Herde - Weltenwind - 24.11.2020 Die Geschichte von Svavar ist mäßig bis gut bekannt im Norden Andalóniens, da man dort auch ihren Ursprung vermutet. Am gängigsten ist sie unter Seglern und Fischern – in diesen Kreisen kennt sie beinahe jeder – aber auch unter den Inselbewohnern wird sie ab und zu erzählt, um zu warnen, zu weisem Handeln zu raten oder Lektionen zu erteilen. An Land sieht man als Indikator für die nahende Herde meist einen Sturm oder Nebel, was einige Leute dazu bewegt, sich von der Küste fernzuhalten. Auf See sind es meist die Schreie oder die leuchtenden Augen der Herde, die dafür Sorgen, dass der Kurs gewechselt wird oder man sich unter Deck verzieht. Aber sicher ist, dass spätestens dann, wenn alle vier Anzeichen auftreten, Svavars Herde in unmittelbarer Nähe ist – was natürlich nicht jedermann glaubt. Aber diejenigen, die sich nahe genug heran gewagt haben, um davon zu berichten, sind jetzt Teil von Svavars Herde. Es waren einmal zwei Brüder und ein jeder liebte nichts mehr als den anderen. Doch die Eltern waren arm und so wurden beide Brüder als Jünglinge in andere Dörfer geschickt, um zu arbeiten. Der jüngere, Svavar, kam als Stallknecht zu einer reichen Händlerfamilie im Westen; der ältere, Sólvin, als Viehhirte zu einem alten Bauern im Osten, der keine Familie hatte und sich nicht mehr allein um sein Gehöft kümmern konnte. Beiden ging es besser als jemals zuvor, denn sie hatten nun immer genug zu Essen, ein sauberes Hemd am Leib, und sogar genug übrig, um sich manchmal etwas zu gönnen. Doch ging es ihnen auch schlecht, denn sie hatten nun zwar alles, aber sie hatten nicht einander. Also trafen sie eine Abmachung: Sie wollten sich trotz des weiten Weges einmal in der Woche auf halber Strecke treffen.
Von seinem Angesparten kaufte sich Svavar ein junges Ross, das als das Schnellste und Hübscheste im Westen galt. So konnte er jede Woche zum Treffpunkt reiten. Auch Sólvin hatte ein Ross – das alte seines Herrn – um zum Treffpunkt zu reiten, aber sein Geld gab er lieber für Bücher aus. Jeder wusste, dass Svavar nichts mehr liebte, als sein Pferd und dass Sólvin nichts mehr liebte, als seine Bücher. Doch wussten sie beide, dass sie nichts mehr liebten, als einander, und nun, da sie sich wieder sehen konnten, waren sie wieder glücklich. Die Leute behielten recht, die behaupteten – nein, wussten – Svavar liebe nichts mehr als sein Ross, denn er ließ sich die Klippe ins Wasser hinabrutschen, fluchend auf den Nebel und den Sturm und die Götter, dass sie ihn in diese Situation gebracht hatten. Noch bevor er das Pferd erreichen konnte, riss eine Welle ihn fort und er betete zu den Göttern, die er eben noch verfluchte, dass er Buße tun würde für seine Tat und seinen Bruder retten würde, wenn sie ihn am Leben ließen. Doch die Götter halfen ihm nicht und Svavar ertrank – aber Buße tun ließen sie ihn: Sie gaben ihm den Körper des Tieres, das er glaubte, so sehr zu lieben. Sie gaben ihm Feuer, dort wo seine Augen waren, damit er immer ein Licht haben würde im Dunkeln und im Nebel. Sie gaben ihm Hufe, die dem Wasser trotzten, sodass es ihm nicht mehr zur Gefahr werden konnte. Und sie gaben ihm den Nebel und den Sturm als ewige Begleiter, um ihn daran zu erinnern, was er für sein Verhängnis gehalten hatte, wo es doch seine eigene Entscheidung gewesen war, die ihm zum Verhängnis geworden war. Seitdem irrt Svavar in Gestalt eines Pferdes auf dem Meer umher, schreit unentwegt nach seinem Bruder, und reißt jene mit, die zu unvorsichtig oder voreilig sind. Kommen sie ihm zu nahe, werden auch sie dazu verdammt, Teil der Herde zu werden und ihn auf der Suche nach seinem verlorenen Bruder zu begleiten. Nur, wenn man es schafft, Svavar zu erreichen und zu zähmen, werden alle Fortgerissenen wieder zu denen, die sie zuvor waren. [erzählt von: Rúnar Rúnarsson]
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