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This is not Goodbye - Shanaya Árashi - 26.04.2020 This is not Goodbye
Nacht des 11. Mai 1822 Ceallagh Hayes, Gregory Scovell, Shanaya Árashi & Talin Dravean [...] Die Zeit zog sich dahin, es kam ihr wie Stunden vor, als sie endlich den Hafen erreicht, die roten Segel im Licht der wenigen Laternen erkannte. Ihr Körper war unendlich geschwächt, der Schmerz zog an der letzten Kraft, mit der sie sich in Sichtweite des Schiffes zog. Von einem Fass zur nächsten Kiste. Immer ein kleines Stück weiter. Das Blut des Mannes an ihrer Bluse, ihrem Gesicht war getrocknet, die eigenen Wunden blutete weiter. Shanaya war gleichzeitig heiß und kalt, ihre Gedanken rasten um die Frage, wer in dieser Nacht Wache hielt. Die Sonne war untergegangen, wenn sie Pech hatte, würde niemand sie sehen, so wie es auf dem Weg hierher der Fall gewesen war. „Talin…“ Die Blonde musste irgendwo an Deck sein. Sie war in diesem Moment ihre einzige Hoffnung und doch konnte sie ihren Namen nicht laut aussprechen. Sie schwankte, ihre Hände konnten sich kaum noch an dem Holz halten. „Talin…!“ Wenigstens ein wenig lauter sprach sie den Namen ihrer Freundin aus, lehnte sich dann mit zittrigem Körper gegen das Fass, während die Welt um sie herum mehr und mehr verschwamm. Sie war doch so weit gekommen. Talin saß auf der Reling und beobachtete den ruhig vor ihr liegenden Hafen. Von Zeit zu Zeit wanderte ihr Blick auf das offene Meer hinter ihr, um auch dort keine drohende Gefahr zu entdecken. Natürlich war es gut, wenn sie niemand angriff, denn momentan sah es immer noch sehr schlecht mit ihrer Verteidigung aus. Aber eine Wache in der nichts geschah und sie einfach nur auf Gebäude und Dunkelheit hinausblicken konnte, war einfach nur langweilig. Eine Bewegung am Rand des Hafens ließ ihren Blick in die Richtung wandern, aber es schien nur einer dieser Trunkenbolde zu sein, die immer wieder auf dem Kai rumtorkelten und versuchten nach Hause zu kommen. Sie schenkte ihm keine weitere Beachtung. Erst als sie wiederholt feststellte, dass es nichts weiter spannendes geschah, sah sie zu der Gestalt zurück und erkannte, dass diese näher gekommen war. Inzwischen konnte sie genauere Umrisse wahrnehmen und identifizierte die Person als weibliche Betrunkene. Seltener, aber noch kein Grund hellhörig zu werden. Dennoch schwang sie sich von der Reling zurück aufs Deck, nur für den Fall, dass es sich um eine Falle handeln sollte. Aber schlussendlich kam die Person nicht mehr näher, sondern stand da und schwankte. In die Stille der Nacht hinein meinte Talin ihren Namen gehört zu haben. Sie zögerte, hin und her gerissen zwischen Vorsicht und Neugierde, die schließlich überhand gewann. Sie zog einen ihrer beiden Dolche aus ihrem Stiefel und ging die Planke hinunter, um wenig später festen Boden unter sich zu spüren. Als sie sich der Gestalt nährte, erkannte sie zu ihrer Überraschung schließlich Shanaya. Sie hatte das andere Mädchen noch nie etwas trinken sehen, weshalb es sie wunderte, wie die schwarzhaarige jetzt so einen hatte über den Durst trinken können. Erst als sie mit einem kleinen Lächeln näher an sie heran trat, erkannte die Blonde, dass sie über und über mit Blut bedeckt war. Das Lächeln wich schnell aus ihrem Gesicht und sie rannte die letzten Schritte auf die Navigatorin zu. „Shanaya, was...Scheiße!“ Talin steckte den Dolch schnell zurück und legte sich einen Arm ihrer Freundin über die Schulter, um sie aufrecht zu halten. „Was ist passiert?“ Jeder Atemzug brauchte inzwischen Shanayas ganze Kraft. Sie musste sich darauf konzentrieren, im Hier und Jetzt zu bleiben, den Weg zur Sphinx hinter sich zu bringen. Ihre letzte Hoffnung war, dass irgendwer auf dem Schiff sie hörte. Egal, ob es Talin war, die Nachtwache hielt, oder jemand, der sich fragte, wer da nach der Blonden rief. Egal, wie sehr sie sich zusammen riss, die Schwarzhaarige hatte das Gefühl, den Weg auf das Schiff allein nicht zu schaffen. Irgendwann tauchte eine verschwommene Gestalt vor ihr auf. Sie hätte nicht sagen können, ob es Feind oder Freund war, bis sie die Stimme erkannte, die ihren Namen formte. Talin, sie war es wirklich. Eine leichte Erleichterung machte sich in ihrem Körper breit, vertrieb jedoch nicht dieses dumpfe Gefühl der Schwäche, die sie zu Boden reißen wollte. Mehr beiläufig spürte sie, wie Talin sie stützte. Genau wie die Worte ihrer Freundin nur ein Rauschen waren, auch wenn sie den Sinn dahinter halb verstand. „Die Kugel steckt noch im Bein.“ Sie flüsterte kraftlos, versuchte sich irgendwie an Talins Seite aufrecht zu halten. Ihr Blick glitt schnell musternd über den Körper der anderen und blieb schließlich bei den kraftlosen Worten der Dunkelhaarigen an deren Bein hängen. Ein paar Kraftausdrücke später, versuchte sie rationaler über die Verletzungen nachzudenken. Das wichtigste war, das Mädchen aufs Schiff zurück zu bringen. Nur spürte Talin, wie der anderen zusehends die Kraft aus dem Körper wich. Die Blonde schaute sich noch einmal die Umgebung an, ob es keinen Gegner in der Nähe gab, bevor sie Shanaya sanft zu Boden gleiten ließ und sich neben diese hockte. „Ich binde die Wunde ab, um die Kugel kümmern wir uns auf dem Schiff. Blutest du noch aus anderen Wunden, wie ein Schwein?“ Die Dunkelhaarige war wie in Blut getränkt, weshalb Talin nicht abschätzen konnte, ob es wirklich alles ihres war – worüber sie sich wirklich Sorgen gemacht hätte – oder auch anderen gehörte. Während sie gesprochen hatte, schnitt sie von ihrem Rock einen langen Streifen ab und schob diesen dann unter Shanayas Bein durch. Kurz über der Wunde machte sie einen kräftigen Knoten, bevor sie ihren Dolch auf diesen legte, noch einen Knoten machte und das ganze ein paar Mal um sich selbst drehte. Wenn alles gut lief, sollten die Blutung für den Moment gestoppt sein und sie könnten auf die Sphinx zurückkehren. Geräusche drangen zu Shanaya durch und doch hätte sie nicht unterscheiden können, ob Talin mit ihr sprach oder ob es einfach das Rauchen der Wellen war. Aber sie spürte, wie ihr Körper in sich zusammen sackte, eine kleine Welle von Panik über sie hinweg schwappte. Aber sie wurde wieder der Erwartung nicht ohnmächtig, noch jedenfalls nicht. Hinter einem Mantel aus dumpfen Geräuschen hatte Talin sie auf dem Boden abgesetzt, redet nun auf sie ein. Nur die Hälfte ihrer Worte drang zu ihr durch, auch wenn sie sich ganz auf ihre Freundin konzentrierte. Andere Wunden? „Nur... Bein...“ Sie keuchte leise, blinzelte, während ihr Sichtfeld immer kleiner wurde. Ihre eigene Stimme klang so anders, so fremd. Ihr Körper fühlte sich inzwischen so dumpf an, dass sie nur ein Drücken an ihrem Bein spürte, keinen wirklichen Schmerz. Sie wollte die Hand heben, fühlen was den Druck verursachte. Aber ihr Kopf sackte nur kraftlos nach hinten, gegen die hölzerne Kiste. Sie war so endlos müde und wusste doch, dass sie wach bleiben musste. Die junge Frau öffnete den Mund, wollte etwas sagen, um sich selbst wach zu halten, aber nur ein leiser, müder Ton kam ihr über die Lippen. Ihr Blick verharrte auf der Wunde und als Talin suchend zwei Finger darauf drückte, bemerkte sie, dass die Blutung für den Moment gestoppt war. Erleichterung durchflutete sie und ihr Blick zuckte zu Shanayas blassen Gesicht hoch, weil sie inzwischen viel zu still geworden war. Talin zischte leise, als sie sah, wie das andere Mädchen mit einer Ohnmachte kämpfte. „Tut mir jetzt echt leid“, murmelte sie leise, als sie ihre freie Hand hob und Shanaya eine Ohrfeige verpasste. „Nicht einschlafen, Schätzchen. Sonst kriegst du doch nichts von den unanständigen Sachen mit, die ich mit dir machen will.“ Talin versuchte sich an einem kleinen Lächeln, welches aber ziemlich schnell wieder einbrach. Also richtete sie sich – Shanayas Arm über ihrer Schulter – wieder auf. Sie musste jetzt auf die Worte der anderen vertrauen, dass es keine weiteren offenen Wunden gab, aus denen sie verbluten konnte. Das Bein war schlimm genug. „In Ordnung, du musst jetzt noch ein bisschen mithelfen, damit wir dich aufs Schiff kriegen. Danach kannst du dich ausruhen, ja?“ Wenn Shanaya ein wenig von ihrem Gewicht nicht allein trug, dann würde die Blonde sie niemals auf das Schiff kriegen. Talin biss die Zähne fest zusammen und machte die ersten Schritte auf die Sphinx zu. Shanayas Wahrnehmung wurde immer dumpfer, sie kämpfte um jeden Funken Bewusstsein. Der plötzliche Hieb auf die Wange, das darauf folgende Kribbeln und die Worte, die zu ihr durchdrangen, halfen ihr genug dabei. Trotzdem bekam ihre Freundin als Antwort nur ein leises Brummen. Eine leise Zustimmung, auch wenn all das sie so unglaublich viel Kraft kostete. Sie war der Blonden schon jetzt unendlich dankbar. Der Gedanke, direkt vor der Sphinx zu verbluten klang nicht besonders verlockend. „Vielleicht ist es ja besser, wenn ich das nicht mitbekomme.“ So leise ihre Stimme auch war, sie musste irgendetwas sagen, um sich selbst wach zu halten, wie banal es auch sein mochte. So gut es ihr möglich war, hievte sie ihren Körper mit Talins Hilfe nach oben. Selbst das unverletzte Bein wollte in diesem Moment nachgeben, unter ihrer Last zusammen brechen. Aber die Schwarzhaarige konzentrierte sich mit aller Kraft darauf, dass Talin sie nicht allein tragen musste. Sie nickte auf die Worte der anderen Frau hin, blinzelte und versuchte sich gemeinsam mit Talin vorwärts zu bewegen. Ein leises Summen drang dabei über ihre Lippen, zum einen um die Dumpfheit ihres Körpers zu vertreiben, zum anderen um sich daran zu erinnern, dass sie wach bleiben musste. Auch wenn ihr der Weg zurück aufs Schiff so endlos weit vorkam. Ceallagh rieb sich den schmerzenden Nacken und ignorierte das leichte Pochen hinter seiner Schädeldecke. Dieser Schiffsboden war alles andere als weich und bequem. Wenigstens hatten die Schmerzmittel seine Schulter verstummen lassen und ihm bis eben eine halbwegs ruhige Nacht beschert. Wäre er nicht im Schlaf hoch geschreckt und geräuschvoll zu Boden gedonnert. Scheiß Hängematte. Welcher Zwerg hatte vorher bitte darin geschlafen?! Musste ein Liliputaner gewesen sein, wenn es ihn mit einer schnellen Drehung direkt aus dem Baumwollstoff kickte. Ein Brummen verließ seine Kehle, während er sich erhob und die halb verschlafenen Augen ignorierte, die sich nach ihm umsahen. Dann war er bereits die Treppenstufen zum Deck hinauf gestiegen und gegen die Reling gesackt. Mit kreisenden Bewegungen genoss er fast das leise Knacken in seinem Nacken und seufzte schwer. Vielleicht sollte er die Chance ergreifen und die nächste Nacht in einem der schmuddeligen Wirtshäuser einkehren. Besser konnte es wohl für seine Schulter nicht werden. Verarztet, eingepackt und in einer Schlinge ruhig gehalten, die sich in der Dunkelheit kaum von seiner dunklen Kleidung abhob. Irritiert hoben sich die blaugrünen Augen, als leise Stimmen zu ihm hinüber wehten. Für einen Moment hatte er eine von ihnen für Talin gehalten. Doch die schlief doch (hoffentlich) wohl behütet in der Kabine ihres Bruders? Dennoch wandte sich der blonde Schopf herum, auf der Suche nach den verräterischen Silhouetten in der Nacht und bereit die Crew zu alarmieren, wenn ein weiterer Hinterhalt sie überrannte. Nur langsam, fast schon in Zeitlupe schälten sich zwei kleine Gestalten aus dem Dunkel. Eine mit ziemlicher Sicherheit Talin, dessen Locken aufgewühlt auf und ab tanzten und die er wohl – so glaubte er – auch noch über wesentlich größere Distanzen erkannt hätte. Ceallagh schluckte, ob seines plötzlich einsetzenden Magengrummelns. Irgendwas gefiel ihm nicht an der Art, wie sie sich fortbewegte und das Häufchen neben sich zu stützen versuchte. Augenblicklich führten ihn seine Beine in Richtung der Planke, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob er sich wirklich sicher sein konnte, dass ihm das schummrige Licht keinen Streich spielte. Kaum erreichte er den unteren Absatz beschleunigte er seine Schritte. Denn er erkannte Shanaya und den kritischen Zustand, in dem sie an ihrer Freundin hing wie ein Schluck Wasser. “Scheiße.“ Ein knapper, leiser Ausdruck huschte über seine Lippen. RUMMS! Fluchen. Irgendwie hatte Gregory das Gefühl ein Déjà-vu zu haben. Schon einmal war er so wach geworden.Dann müsste jetzt … Doch weder Trevor noch Rayon sprachen etwas.Dann ist ja alles in Ordnung und wir legen uns nicht noch einmal mit der Morgenwind an. Hatten ja auch genug mit den Kopfgeldjägern—Schlagartig war er wach. Sich noch einmal mit diesem Schiff anzulegen war unmöglich. Dass die Kopfgeldjäger Verstärkung gefunden hätten schon eher.Aber weit wahrscheinlicher war, dass irgendein Verletzter gestürzt war. Doch es war recht still, bis auf Schritte auf den obersten Stufen zum Deck und verschlafenes Gemurmel.Gut. Er seufzte und lehnte sich zurück.Was, wenn doch irgendetwas gerade schief läuft?Die Erinnerung an seine erste klare Nacht nach dem Fieber ließ ihn nicht los und sich wieder aufsetzen. An Schlaf war eh nicht mehr zu denken, da konnte er auch schauen, wer sich da zu Talin gesellte.Kurz darauf erreichte auch er das Deck und sah gerade noch wie Ceall die Planke verließ, fluchte und losrannte.Sein Blick schnellte ihm voraus, dann ahmte er ihn nach, sowohl im Fluchen, als auch im Beschleunigen. Wer da war erkannte er zwar noch nicht, aber die Art der Fortbewegung der zwei Gestalten kannte er von den letzten Jahren her nur zu gut:Jemand möglicherweise verletztes schleppte jemand halb bewusstloses Richtung Schiff ... Sie ächzte schon nach dem vierten Schritt, den sie Shanaya in Richtung des Schiffes schleppte. Aber sie waren auch noch nicht nahe genug heran, als das sie um Hilfe rufen könnte. Also redete sie Shanaya einfach nur gut zu, sagte irgendeinen Unsinn zu ihr, damit sie bei Bewusstsein blieb. Talins Blick richtete sich wieder nach vorn auf die Sphinx, auf der sie auf einmal Bewegung wahrnahm. Hatte Greo sie entdeckt? Das wäre hilfreich, denn sie würde die dunkelhaarige niemals allein bis zum Ende tragen können. Allerdings bewegte sich, wer auch immer da kommen sollte, viel zu langsam. Bis er anscheinend erkannte, was Shanaya und sie hier gerade trieben. „Bei allen Welten. Es kommt Hilfe, Shanaya. Wir können uns dein Bein gleich genauer ansehen!“ In dem Moment sah sie die Gestalt losrennen und erkannte darin Ceallagh. Dicht gefolgt von Gregory. Ach du liebe Güte, sie brauchte doch nicht beide. Einer der Männer reichte vollkommen aus. „Nur noch ein Stückchen, wir sind gleich da.“ Ungefähr in diesem Moment erreicht der blonde Mann sie. Talin ächzte noch einmal und sah zu ihm auf. „Nimm sie. Sie hat eine Schussverletzung im Bein. Die Kugel steckt noch. Wir müssen sie rausholen. Andere Wunden habe ich auf die Schnell nicht gesehen.“ Shanayas Summen wurde ein wenig leiser, verstummte jedoch nicht. Aber so konnte sie besser Talins Worte verstehen, die leise durch den Nebel brechen konnten, der sie umgab. Sie konnte sich darauf konzentrieren, bis verschwommene Silhouetten in ihr Blickfeld traten. Sofort spannten sich die müden Muskeln der jungen Frau an, soweit ihre Kräfte es noch zu ließen. Ihr erster Gedanke war, dass sie ihr gefolgt waren. Sie waren auf der Sphinx, warteten auf sie. Aber es blieb ruhig und auch von Talin ging keine große Anspannung aus. Shanaya versuchte also sich wieder zu entspannen, blinzelte nur in die Richtung der Beiden. Ihr Blickfeld wurde dunkler, verschwommener. Sie konnte sie nicht erkennen, hörte keine Stimmen, die sie zuordnen konnte. Nur die Stimme ihrer Freundin drang leise zu ihr durch und sie nickte, auch wenn sie nicht einmal genau wusste, wieso. „Zwei Wunden... beide... Bein...“ Sie keuchte leise, hoffte, dass sie verstanden. RE: This is not Goodbye - Shanaya Árashi - 03.01.2021 Eins. Zwei. Drei. Mit nur wenigen Schritten überbrückte Ceallagh die Distanz zu den beiden Frauen und ließ den Blick von Shanaya auf Talin und dann wieder zurück gleiten. Er handelte, statt zu denken. “Tief einatmen und Luft anhalten.“ Vorsichtig platzierte er sich neben den schwachen Körper Shanayas, ging in die Hocke und nahm sie der Blonden neben sich ab. Ignorierte für den Augenblick den beißenden Schmerz in seiner Schulter, kaum dass die Last ihres Körpers auf seinen Unterarmen ruhte. Shanaya war leicht wie eine Feder, die geradewegs ein ausgiebiges Wasserbad genommen hatte. Ein Brummen verließ seine Kehle, kaum dass er das leise Wispern der Navigatorin aufgeschnappt und mit ernster Miene zu Talin hinab gesehen hatte. Beide Beine verletzt? Prüfend huschten die grünblauen Augen den Pier hinab, während er sich bereits zum Gehen herum wandte und auf die Planken zusteuerte. “Wir sollten aufbrechen. So schnell wie möglich.“, flüsterte er Talin mit starren Lippen zu, als könne ihn aus der Ferne irgendjemand beobachten. Sollten beide Beine verletzt sein, war das für ihn kein zufälliger Gewaltakt. Man hatte sie bewusst bewegungsunfähig gemacht. Das warum war für ihn in Anbetracht ihrer jüngsten Vergangenheit so ziemlich zweitrangig. Als er Gregory auf halber Strecke der Planken erkannte, nickte er ihn mit einer überdeutlichen Bewegung seines Kopfes wieder zurück aufs Schiff. Hielt die Dunkelhaarige nach wie vor vorsichtig, aber sicher in den Armen, deren Atem nur schwach gegen seine Brust stieß. “Ich bring sie zu dir runter. Schusswunde und womöglich tiefer Stich.“ Zumindest wenn er den feuchten Zustand seines Unterarms in Betracht zog, dessen überzogener, dunkler Stoffärmel sich immer mehr mit dem Blut der Navigatorin vollsog. Mit Erleichterung spürte sie, wie das Gewicht auf ihrem Arm nachließ, als Ceallagh ihr Shanaya abnahm. Die Blonde schwankte kurz, bevor sie sich wieder fing und die Dunkelhaarige mit besorgtem Blick musterte. Sie sah zu dem Mann hoch, der sie so einfach vom Boden gehoben hatte und runzelte leicht die Stirn, bevor sie zustimmend nickte. „Ihr anderes Bein konnte ihr Gewicht tragen. Vielleicht sind es zwei Verletzungen an einem,“ meinte sie, als sie neben Ceallagh zurück zum Schiff eilte. Ihr Blick fiel auf Gregory, der, kaum das er gesehen hatte, wie Ceallagh das Mädchen hochgehoben hatte, stehen geblieben war und jetzt mit einem Nicken schnell verschwand. Er musste das Lazarett fertig machen. Sie brauchten Licht. Weit mehr davon, als sie hier draußen zur Verfügung hatten. Talin ließ den Mann mit seiner Fracht die Planke zuerst hochgehen, damit sie eventuelle Verfolger bekämpfen konnte. Aber es regte sich nichts. Entweder Shanaya war mit ihren Wunden schnell genug gewesen oder sie hatte die Angreifer getötet. So oder so es blieb leer auf dem Kai und beruhigter lief die junge Frau den beiden anderen hinterher. Flink überholte sie Ceallagh, um ihm die Tür zum Lazarett zu öffnen. Dabei fiel ihr Blick wieder auf das Mädchen. „Shanaya, komm schon, Liebes. Ich kann dich nicht mehr summen hören. Bist du noch wach?“ Ansonsten würde sie sie auf sehr uncharmante Art und Weise wecken. Alle Geräusche wurden allmählich dumpfer. Stimmen, die so nah waren, klangen unendlich weit entfernt. Als sie hoch gehoben wurde, Shanaya wusste nicht einmal von wem, ging nur ein leichtes Zucken durch ihren Körper, ohne sich jedoch groß zu wehren. Ihr Kopf sank kraftlos gegen eine Schulter, während die Schwarzhaarige versuchte, irgendwie wach zu bleiben. Sie suchte in ihrer Erinnerung nach den letzten Stunden. Nach etwas, dass sie genug aufwühlen würde, damit sie nicht das Bewusstsein verlor. Es half nur nichts, und auch die Stimme, die ihren Namen aussprach – wenn sie sich das nicht einbildete – war nur ein leises Rauschen, irgendwo in der Ferne. Ihr Mund öffnete sich, es verließ jedoch kein Ton ihre Lippen. Jeder Gedanke klammerte sich an irgendeine Erinnerung, damit der Schmerz auch nur eines dieser fernen Empfinden wurde. Manchmal vergaß er, wie unfassbar schwer kleine Menschen werden konnten, wenn ihre Körperspannung einmal nachgelassen hatte. Mit jedem weiteren Schritt wog Shanayas Körper wie ein kleiner Minielefant und zog an seiner Schulter mit solcher Wucht, dass ihm schier übel wurde. "Für die nächsten Tage wirst du auf Diät gesetzt, meine Liebe. Du wiegst eine Tonne." Es war vielleicht ein schwacher Versuch die Dunkelhaarige zurück in die Realität zu holen, während sie in seinen Armen allmählich dahindämmerte und der Blutverlust alsbald ihr "kleinstes" Problem sein würde. Blieb zu hoffen, dass dieser Schiffsarzt magische Hände besaß und sie schnellstmöglich zusammenflicken konnte. "Hey... nicht einschlafen, hörst du?" Noch ehe Ceallagh die Worte aussprach, hob er unter einem heftigen Ziehen Shanayas Körper auf das Krankenbett vor sich. Umfasste ihre Schultern mit sicherem Griff, da sie allmählich schlapp wie ein toter Fisch auf die Unterlage glitt. Sie schlug die Augen nicht auf, reagiert nicht einmal wirklich auf Talins Worte. Für einen Moment hoffte die Blonde, Shanaya würde auf Ceallaghs Spott reagieren, aber auch darauf kam keine schlagfertige Antwort. Die junge Frau trat einen Schritt zurück, als der Mann die Dunkelhaarige auf das Krankenbett legte. Er ging so dermaßen sanft mit ihr um, dass Talin kurz davor war sich die Haare zu raufen. Hatte sie es auf diese Art denn nicht gerade eben schon probiert? Für einen Moment sah sie sich nach Gregory um, bevor sie die Zähne frustriert zusammenbiss. Mit ruppiger Ungeduld schob sie Ceallagh zur Seite und holte dann aus, um Shanaya eine Ohrfeige zu geben. „Wenn du einschläfst, stirbst du. Also bleib wach, hörst du mich, Shanaya?!?" Einatmen, ausatmen. Und dabei irgendwie versuchen, so bei Sinnen zu bleiben, dass sie nicht die Kontrolle verlor. Dabei lockte diese umarmende Dunkelheit sie in einen Frieden, in dem der Schmerz weit entfernt war. Trotzdem kämpfte Shanaya dagegen an, versuchte sich an irgendwelche Gedanken zu klammern, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Egal was, und war es noch so banal. Die Stimmen um sie herum waren dumpfe Geräusche, als wären sie weit weg. Und auch, wie sie abgelegt wurde, spürte sie nur, konnte diesen Gedanken jedoch nicht zu ordnen. Erst, als erneut Schmerz in ihrer Wange aufflammte, kam ein Teil ihres Bewusstseins zurück. Shanaya blinzelte, hob die zittrige Hand und fuhr sich mit den müden Fingern über das kalte Gesicht. Talins Stimme schien noch immer weit weg, der Sinn dahinter sickerte dennoch langsam in Shanayas Verstand. Wach bleiben, um jeden Preis. Die junge Frau rang sich ein Nicken ab, fasste die beiden abwechselnd ins Auge. Sie lenkten sie sicher mehr ab als die braune Schiffsdecke über ihr. |