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Delikatessen des Frühlings - Shanaya Árashi - 04.05.2019 Delikatessen des Frühlings
Nachmittag des 04. April 1822Liam Casey & Shanaya Árashi Liam hatte sich nur eine kurze Pause an Board der Sphinx gegönnt, ehe es ihn bereits wieder zum Festland gezogen hatte. Die Strecke vom Schiff zurück zum Fest kannte er wohl mittlerweile nicht nur betrunken sondern auch fast im Schlaf. Die ausgelassene Stimmung hing ihm noch immer nach, während er leichtfüßig über die rauen Steine sprang, um dem abendlichen Treiben in Milui beizuwohnen. Die letzten Tage des Festes standen an, selbst wenn der Lockenschopf heute vermutlich früher als die letzten Abende aufgeben würde. Der Tag war aufregender gewesen als erwartet. Shanaya wusste nicht, wie spät es war. Sie war mit Lucien und Talin zurück zur Sphinx gegangen, bevor sie das Schiff erreicht hatten, war ihr jedoch noch etwas eingefallen. Sie hatte noch etwas besorgen wollen – das hatte sie hiermit getan. Das kleine in Papier verpackte Päckchen ruhte nun in ihrer Tasche, während Shanaya mit ausgelassenen Schritten am Rande der Massen entlang schritt. Manchmal glitt sie hinter die Stände, zwängte sich an Mauern vorbei, um nicht durch die Menschen laufen zu müssen. Sie summte dabei leise, ließ den hellen Blick halbherzig schweifen. Gerade schob sie sich zwischen zwei Ständen wieder auf die belebtere Straße, als ihr ein verlockender Duft in die Nase stieg. Verdammt. Sie wollte nach der Quelle suchen, erblickte aber nur ein bekanntes Gesicht, als sie den Blick hob. Gespannt neigte sich eine Augenbraue in die Luft, abwartend, ob Liam sie entdecken würde. Inzwischen kannte er die Abfolge der Stände fast auswendig, wenn er die Straße entlang lief, die schließlich irgendwann am großen Brunnen endete. Speisen aller Art, Kleidungsstücke und Leder, Schmuck, Krüge und Gebilde, die angeblich böse Geister von einem fernhielten. Trotz seines eigentlichen Zieles ließ er sich die Zeit nicht nehmen, sich die Leute anzusehen, die an den jeweiligen Ständen zum Halten kamen. Die Frauen, die sich nach neuem Geschirr umsahen und Männer, die zu ihrem stetigem Bierpegel noch die richtige Speise suchten, um den Rausch etwas zu beruhigen. Und zwischen all der Bürger blitzte schließlich ein dunkler Haarschopf heraus, der ihm wohl bekannt war und ihn bereits entdeckt zu haben schien. Mit einem lockeren Lächeln auf den Lippen und den Händen in den mittlerweile wieder geleerten Hosentaschen schritt er auf sie zu und besah sich, kaum dass er sie erreicht hatte, den Stand, an dem sie vermeintlich zum Stehen gekommen war. „Na? Hast du was entdeckt, was dir gefällt?“ Shanaya musste ein wenig breiter schmunzeln, als sie in Liams Gesicht den Ausdruck des Erkennens erkannte. Manchmal wirkte der Ältere etwas... in seiner Welt verloren. Diesmal schien er aber anwesend zu sein. Er kam auf sie zu, sprach sie an und die junge Frau ließ kurz den Blick schweifen, zu dem Stand, der direkt hinter ihr lag. Ein Haufen Kerzen, was den Geruch, der in der Luft lag, erklärte. Mit einem amüsierten Blick richteten sich die blauen Augen wieder auf Liam, suchten kurz die Umgebung nach seiner Begleitung ab. „Eigentlich habe ich nur Wege gesucht, damit ich nicht... da durch muss.“ Mit ihren Worten deutete sie auf die belebte Straße, auf der immer wieder kleine Grüppchen zum Stehen kamen und den Weg versperrten. „Aber so kommt man sich ja fast kriminell vor...“ Liam folgte ihrer Geste und besah sich die kleine Menschenmenge, durch die er sich eben ganz automatisch geschoben hatte. Es war wie ein Trott, der einen mit sich trieb und dazu brachte, sich automatisch der Geschwindigkeit der Menge anzupassen. Ihm machte das nur wenig aus. Er hatte es eher selten eilig, irgendwo hinzukommen. Trotzdem war ihm klar, dass die schlendernden Passanten durchaus hinderlich sein konnten, wenn man selbst nur wenig an den Ständen interessiert war. „Aber dann verpasst du doch all die Stände und ihre Auslagen.“, bemerkte er und besah sich kurz die Kerzen in ihrem Rücken. Okay, so schön anzusehen sie auch waren, Liam hatte eher weniger Verwendung für die hübsch verzierten Minifackeln. Leuchten musste sie. Im Dunkeln blieb einem ihr Aussehen ohnehin verborgen. Dass er seine Worte nicht ganz so ernst gemeint hatte, hörte man ihm aber durchaus an. „Wobei du schätzungsweise auch schon genug Zeit hattest, die Abfolge der Waren auswendig zu lernen, was?“ Immerhin hatte es jeden von ihnen diesen Weg schon des Öfteren hin und her geführt. Shanaya gab ein leises amüsiertes Schnaufen von sich, als Liam sie darauf aufmerksam machte, dass was sie alles verpassen würde. Sie hob leicht eine Schulter an. Aber bevor sie antworten konnte, hing der Lockenkopf noch einen Satz dran, mit dem sie schließlich leicht nickte. „Exakt. Die Stände, die etwas haben, was mich interessiert, umgehe ich nicht, aber...“ sie richtete den blauen Blick noch einmal zu den Kerzen, dann zu dem Stand daneben, der verzierte Teller und Krüge anbot. „... ich bin da eher auf den Nutzen aus. So... hübsche Teller überleben sicher nicht lange. Vor allem, wenn Trevor sie in die Hand bekommt.“ Wieder richtete sich ihr Blick auf den Mann. „Wo hast du Sineca gelassen?“ Liam hatte es sich denken können. Besonders um diese Uhrzeit reizten auch ihn mehr die Stände, deren verführerischer Duft über die Straße wehte und einen für einen Augenblick den Schweißgeruch vergessen ließ, der mit der Menschenmenge wanderte. Ansonsten hatte er sich ausgesprochen zurückhaltend gezeigt und mehr Wert darauf gelegt, seine Sachen zu verkaufen, um die finanzielle Lage der Sphinx wieder etwas aufzubessern. Federn und Tinte würde warten müssen, bis sein letzter Vorrat wohl gänzlich verbraucht sein würde. Er schmunzelte amüsiert bei der Vorstellung von Trevor, der einen Teller nach dem anderen aus Versehen zu Bruch gehen ließ, doch es hatte auch eine positive Seite, wie er fand. „Naja, andererseits könnte man ihn dann mit Mosaikbildern beschäftigen.“ Ein Vorschlag, der den junggebliebenen Piraten vielleicht wirklich über längeren Zeitraum fesseln können würde, wenn man es nur geschickt anstellte. Als Shanaya sich nach Sineca erkundigte, hob er die Hand und wies über seine Schulter zurück in die Richtung des Stadtrandes. „Ihr wird das Fest allmählich zu viel. Sie vertreibt sich die Zeit lieber vor der Stadt.“ Shanaya verzog für einen Moment das Gesicht zu einer nachdenklichen Miene, ehe sie über das Bild vor ihrem inneren Auge lachte. „Du hast Recht, wir sollten einen ganzen Stapel mitnehmen und immer, wenn ihm langweilig wird, darf er einen davon zertrümmern und wieder zusammen setzen...“ Das klang nach einem ultimativen Plan – nur leider befürchtete die Schwarzhaarige, dass er nicht aufhören würde, bevor er fertig war. Egal, ob der Rest der Crew schlafen wollte. Vielleicht schnitten sie sich damit ins eigene Fleisch... Kurz folgte der Blick der jungen Frau dem Deuten des Mannes, nickte dann verstehend. Sie konnte das absolut nachempfinden. Mit dem nächsten Atemzug setzte sie sich jedoch wieder in Bewegung. „Das verstehe ich absolut. Hast du noch etwas vor, sonst können wir den Weg zusammen gehen. Sonst geht es mir noch wie Sineca...“ Sie hatte zwar Nichts bestimmtes mehr, was sie erledigen wollte... aber vielleicht bot sich ihnen ja irgendeine Chance, die man nutzen musste. Liam dachte tatsächlich einen Augenblick darüber nach, zumindest einen kleinen Stapel Porzellan einzupacken. Als Test sozusagen und wenn es sich bewährte, konnte man Nachschub besorgen. „Wir könnten ihn auch Konfetti basteln lassen.“ Etwas, was vielleicht nicht ganz so zeitaufwendig war, ihm aber bestimmt genauso viel Spaß und Beschäftigung bieten würde. „Du willst so früh schon verschwinden? Dabei geht das Fest abends doch erst richtig los.“, seufzte er mit harmloser Verständnislosigkeit, ehe er den Blick gen Himmel hob, um die Zeit ein wenig abzuschätzen. Er freute sich auf den Abend, so wie er es bislang jeden Abend getan hatte. Heute fühlte er sich vielleicht nur sogar noch etwas freier als zuvor. „Aber ich denke, meine Verabredung kann auch noch ein bisschen warten.“ Bereitwillig wandte er sich um und schlenderte neben der Schwarzhaarigen den Weg zurück. Shanayas Grinsen wurde mit den Worten des Lockenmannes noch ein wenig breiter. Konfetti... damit konnten sie ihn lang genug beschäftigen, das konnte er auch irgendwie allein machen. Notfalls nachts auf dem Deck. Dann hatten sie ihre Ruhe. „Wir sind wirklich gut... wir sollten unsere Tipps an die anderen verkaufen.“ Es gab sicher den ein oder anderen, der Mal einen Moment Ruhe vor dem Kindskopf haben wollte. „Nein nein, noch nicht. Aber ich kenne genug Gassen, um schneller an andere Ziele als die gewöhnlichen zu kommen. Und abends kommen doch sowieso nur die ganzen Säufer raus.“ Ein erneutes Zucken der Schultern – dafür musste sie nicht auf einem Fest rumlaufen. „Deine Verabredung?“ Sichtlich neugierig drehte Shanaya den Kopf ein wenig zur Seite, musterte das Profil des Mannes. Liam wog überlegend den Kopf, nicht unbedingt abgeneigt von ihrem Vorschlag, Trevor-Abwehrtipps für ein bisschen Gold unter die Crew zu bringen. Es gab bestimmt noch einiges, wie man ihn beschäftigen konnte und wenn man so wollte, profitierten ja beide Seiten davon, oder nicht? War nur die Frage, was er am Ende mit all dem Konfetti anzufangen wissen würde. „Ah, ich verstehe. Und wohin zieht es eine Shanaya?“, fragte er und musste zugeben, dass es ihn freute, dass sie nicht direkt wieder zur Sphinx verschwinden wollte. Unweigerlich kam ihm der Anblick des Waffenstandes in den Sinn, doch er blinzelte ihn weg und war ganz froh, sich nun seinerseits ‚rechtfertigen‘ zu müssen. Ein wissendes Grinsen trat auf seine Züge. Wissend, was sie vermutlich dachte. „Ich muss dich leider enttäuschen. Nicht diese Art von Verabredung.“, bedauerte er für sie. „Abends trifft sich immer eine Gruppe Musiker am Brunnenplatz. Ich wurde sozusagen adoptiert.“ Shanaya behielt die Idee mit der Trevor-Beschäftigung im Hinterkopf, lachte jedoch leise bei Liams Frage. Tja, wohin zog es sie? „Da ich alles, was ich mir besorgen wollte, schon zusammen habe...“ Sie deutete auf den neuen Degen, der an ihrem Gürtel baumelte. „... zu keinem bestimmten Ort. Aber heute morgen habe ich da ein paar Stände gesehen, die ich mir noch nicht genauer angesehen habe. Vielleicht ist da ja etwas bei, was meine Aufmerksamkeit sofort auf sich zieht.“ Möglich war es. Sein Grinsen ließ sie kurz eine Augenbraue heben, ehe sie bei seinen Worten ein leises 'Arww' von sich gab. Adoptiert? „Hauptsache, sie entführen ihren neuen Sohn nicht, wenn das Fest vorbei ist.“ Liam überflog ihre neuen Besitz und nickte zufrieden mit dem, was sie sich da beschafft hatte. Trotzdem wünschte er sich insgeheim, er würde nicht abermals daran erinnern, was sie sich sonst noch an besagtem Waffenstand geangelt hatte. Wäre es richtig gewesen, ihr zu sagen, dass er davon wusste, oder sollte er sich doch lieber in Schweigen hüllen und so lange so tun, als hätte er nichts gesehen, bis er es tatsächlich vergessen hatte? Eigentlich konnte man sich ja für sie freuen, selbst wenn es mehr wie zwei Teenager gewirkt hatte, die nicht von einander ablassen konnten. Aber wenn es das war, was sie wollten? Innerlich zuckte Liam mit den Schultern. „Ich bin dabei.“, entschloss er und lachte bei ihrer Sorge kurz auf. Seine Stimme hatte allerdings etwas deutlich Vorwurfsvolles. „Soso. Im Dschungel hättest du mich einfach zurückgelassen. Aber hier, unter Menschen, würdest du das nicht.“ Shanaya verengte ein wenig skeptisch die Augen, während man Liam ansah, dass er über irgendetwas nachdachte. Was genau blieb sein Geheimnis. Und da die Schwarzhaarige sich nicht vorstellen konnte, dass dieses Geheimnis mit ihr zu tun hatte... Er würde schon wissen, wieso er Nichts sagte. „Nichts anderes habe ich erwartet.“ Liam war auch nicht der Typ, der einfach seiner Wege ging, ohne eine Chance zu ergreifen, wenn er sie sah. Bei seinen nächsten Worten setzte sie eine gespielt getroffene Miene auf. „Im Dschungel hast du nur mit wilden Tieren zu tun – da bist du sicherer als an solch einem Ort!“ Ihr war ein Tiger, der sie in Stücke reißen wollte, lieber als diese ganzen Fest-wütigen Horden. Liam hob skeptisch eine seiner Augenbrauen, als er über Shanayas Versuch nachdachte, sich aus der Affäre zu ziehen. Er wartete, ob sie noch etwas zuzufügen hatte, ehe nachdenklich das Gesicht verzog und in seinen Worten zusammenfasste, wie man ihre Ausrede verstehen konnte. „Du meinst also, ich hätte mehr Chancen zu überleben, wenn mich ein Rudel Wölfe adoptiert als unter einer Scharr nutzloser Musiker?“ Er meinte es nicht wörtlich, aber die Schwarzhaarige kannte ihn wohl mittlerweile gut genug, um nichts, was er sagte, für bare Münze zu nehmen. Dass er sich am Mittag gar nicht mal so schlecht angestellt hatte als ‚wildes Tier‘ konnte sie dabei nicht wissen. Shanaya drehte bei Liams Nachfrage den Kopf ein wenig zur Seite, überlegte und nickte dann mit einem warmen Grinsen auf den Lippen. „Ganz genau. Also... nicht wegen der Musiker, die sind vielleicht harmlos...“ Sie legte die Handfläche an ihren Mundwinkel, neigte sich ein wenig zu dem Dunkelhaarigen, als müsse sie ihre Worte vor denen verstecken, die zufällig zuhören konnten. „Aber der ganze große Rest... Vor denen musst du dich wirklich in Acht nehmen.“ Um ihren Worten noch einmal mehr Nachdruck zu verliehen, nickte die Schwarzhaarige. Und mit dem nächsten Herzschlag packte sie Liams Arm und zog ihn mit sich, auf einen der Stände zu. „Was hälst du von überbackenem Brot? Ich bin ganz schwer für einen kleinen Zwischenstopp!“ Und wieder trat das begeisterte Funkeln in ihre blauen Augen. Liam senkte den Kopf ein wenig, als Shanaya leiser wurde, als würden sie plötzlich beobachtet. Mit schmalen Augen begutachtete er die Meute, auf die die Schwarzhaarige anspielte. Ein Ausdruck, als hätte sie ihm plötzlich die Augen geöffnet trat auf seine Züge, ehe er verstehend nickte. „… Dann sollte ich für deine Fürsorge wohl ehrlich dankbar sein.“, murmelte er fast schon entschuldigend. Im Grunde hatte sie ja sogar recht – war er es nicht gewesen, der am Vormittag noch von einer Scharr Kinder bestohlen worden war? Wo die sich eigentlich verkrochen hatten? Etwas unvorbereitet, da er von seinen Gedanken abgelenkt gewesen war, spürte er plötzlich einen Ruck, der ihn zur Seite zog. Als er sich umsah, erkannte er den Stand, an dem er bereits heute Mittag mit Skadi gehalten hatte. „Öh, klar, dazu sage ich nicht nein.“ Schließlich begann er, seine Geldbörse herauszuholen, um der Jüngeren ein bisschen des ergatterten Goldes in die Hand zu legen.v Shanaya nickte eindeutig auf die Worte des Lockenkopfes hin und grinste ihm dabei vielsagend entgegen. „Solltest du. Vielleicht habe ich dir ja das Leben gerettet!“ Heute war sie wirklich wieder sehr dramatisch, das kam davon, dass sie so viel Zeit mit dem Brummbären verbracht hatte. Da konnte man ja nur dramatisch denken. Aber immerhin ließ Liam sich ohne Gegenwehr mitziehen, auch wenn er einen Moment verwirrt zu sein schien. Als er sein Geld zücken wollte, patschte sie ihm mit der freien Hand auf seine. Sie war in Spendierlaune... Zumindest, wenn sie in der richtigen Gesellschaft war. Bei dem Stand kam sie zum stehen, strahlte dem Verkäufer entgegen und bestellte zwei von den Broten. Erst, als sie bezahlt hatte und sie in den Händen hielt, drehte sie sich mit gut gelauntem Grinsen zu Liam um, hielt ihm seinen Anteil entgegen. „Das gehört zu dem, was ich noch nicht probiert habe. Wenn ich mich ran halte, habe ich mich durch das ganze Fest probiert...“ Liam schmunzelte amüsiert, fügte ihrer Annahme allerdings nichts mehr hinzu, sondern ließ sich schlicht bereitwillig in die Nähe des Standes zerren. Bevor Liam Shanaya erklären konnte, dass es nicht unbedingt sein Geld war, welches er ihr zur Verfügung gestellt hätte, war sie schon mit einer eindeutigen Geste verschwunden und kam wenige Augenblicke mit zwei der gefüllten Brote zu ihm zurück. Liam nahm es dankbar entgegen. „Oh, die sind gut.“, versicherte er ihr und nahm schließlich einen Bissen. „Endlich mal jemand, der das Fest doch zu schätzen weiß und nicht nur hier ist, um anderen die Taschen zu leeren.“, seufzte er glücklich darüber, dass auch die Schwarzhaarige einen anderen Sinn darin sah, als sich stur am Geld anderer zu bereichern. Dabei hatte dieses Fest so viele Möglichkeiten, sich von den vergangenen Strapazen zu erholen. „Was hast du sonst schon durch? Vielleicht kann ich dir noch etwas empfehlen.“ Shanaya s Augen leuchteten dem Dunkelhaarigen begeistert entgegen, als er ihr versicherte, dass sie die richtige Wahl getroffen hatte. Im nächsten Moment tat sie es ihm gleich, kaute auf dem Brot herum und schluckte schließlich, als Liam wieder zu sprechen begann. „Du hast Recht, die sind wirklich gut!“ Über seine nächsten Worte musste sie schmunzeln. „Das habe ich so nebenbei erledigt...“ Die Schwarzhaarige bewegte die Hüfte ein wenig, sodass der Degen leicht klirrte. „Aber Geld für die Sphinx habe ich auch schon besorgt. Aber... das geht alles gleichzeitig.“ Wenn man sich richtig anstellte. „Hmm... ich hatte glaube ich noch Nichts Süßes...“ Überlegend biss sie noch einen Haps vom Brot ab. Liam wog zustimmend den Kopf. Es kam ganz darauf an, wie man die Sachen anging und dass Geldbesorgen auch Spaß machen konnte, musste man ihm nicht zweimal sagen. „Bin mal gespannt, wie viel letztendlich zusammengekommen ist.“, überlegte er laut, während er weiter seinen Brotlaib verspeiste. „Wonach wäre dir? Obst oder eher Teigware?“ Ein Fest war immerhin nicht alle Tage, da musste man sich auch schon während der Hauptspeise über den Nachtisch Gedanken machen, wenn man – wie sie – alles probieren wollte. „In der Parallelstraße gibt es in Teig gebackene Äpfel. Das wären zwei Fliegen mit einer Klappe.“ Shanaya nickte ruhig nach den Worten des Lockenkopfs, kaute dabei auf einem weiteren Bisschen des Brotes und schluckte. „Hoffentlich genug, damit die Sphinx bald wieder auf dem Damm ist.“ Sie hatte es wirklich nötig, und wirklich richtig in See stechen konnten sie erst, wenn sie nicht mehr Sorge haben mussten, dass ihnen das Schiff durchbrach. Die Frage des Mannes hätte sie beinahe mit einem automatischen 'Beides' beantwortet, aber er hing selbst noch eine Möglichkeit dran, die erneut dazu führte, dass ihre Augen in seine Richtung leuchteten. „Ich nehme drei.“ Wäre sie nicht am Essen gewesen, wäre ihr wahrscheinlich das Wasser im Mund zusammen gelaufen. Liam nickte. Und gleichzeitig mussten sie noch zusehen, nicht doch noch mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, als gut für sie war. „Immerhin die Crew scheint inzwischen größer zu sein als am Anfang. Da sollte uns der Rest doch auch noch gelingen.“ Er war zuversichtlich, dass alles schon irgendwie funktionieren würde. Sie hatten bislang so viel mehr Glück als Verstand gehabt – da standen die Chancen gut, dass sie auch weiterhin von Glück gesegnet waren. Die Aussicht auf Nachtisch schien bei Shanaya auch nicht unwillkommen zu sein. Der Lockenkopf lachte. „Aber wehe es bleibt etwas übrig.“ Eine Zeit lang verspeiste er einfach schweigend sein Brot, hatte sich allmählich wieder in Bewegung gesetzt, um langsam aber stetig dem Teigstand näher zu kommen. „Wenn du das nächste Ziel bestimmen könntest – wohin würde es gehen?“, fragte er schließlich nachdenklich und besah sich die junge Frau neben sich neugierig. Shanaya nickte nur noch auf die Worte des Mannes hin, während sie schon wieder auf dem nächsten Bissen herum kaute. Wenn sie an den Anfang dachte... Aspen, Talin und sie. Dazu dann Greo, Liam selbst und der olle Dieb. Mit dem Zuwachs war es deutlicher, das Schiff unter Kontrolle zu halten und andere Arbeiten zu erledigen... Ein weiterer, großer Bissen, mit dem sie den hellen Blick kurz überlegend schweifen ließ, ehe sich ein ruhiges Lächeln auf ihre Lippen schlich. Sie hatte sich längst entschieden, ihre Wahl war auf diese Crew gefallen. Auch, wenn manch einer davon wohl auf dem Grund des Meeres besser aufgehoben gewesen wäre. Aber dann gab es immerhin so jemanden wie Liam. Vertrauen war eine Sache, aber die junge Frau glaubte, dass man sich im Notfall auf ihn verlassen konnte. „Ich würde dir den ganzen Stand leer essen, wenn ich nicht noch Platz für anderes lassen müsste!“ Wenn sie Pech hatte, wurde ihr eben schlecht. Das wäre es ihr allemal wert. „Das nächste Ziel... hmmm...“ ein wenig grüblerisch hob sie den Blick zum blauen Himmel. „Die östlichen Inseln der ersten Welt habe ich noch nicht bereist, das wäre sicher einen Ausflug wert.“ Liam hatte keine genauen Vorstellung bezüglich der Ziele, die Shanaya wohl verfolgte. Hatte sie überhaupt welche, die sich auf Örtlichkeiten beschränkten? Wie es schien, würde sie den Osten wählen. Er nickte langsam bei diesem Gedanken. Ihm war es ziemlich egal, wohin die Reise ging. Ob Osten oder Westen, Süden oder Norden. Abenteuer waren mit dieser Crew wohl vorprogrammiert. An diesem Abend fühlte es sich sogar richtiger als sonst an, sich als Teil davon zu sehen. „Um deine Sammlung weiterzubringen?“, fragte er interessiert und dachte an die Karten, die die Jüngere akribisch von jeder Insel anfertigte und aufbewahrte. Shanaya dachte an die Reisen, die sie unfreiwillig hinter sich gebracht hatte. Egal, ob auf einem Schiff ihrer Eltern – oder die Zeit bei ihrem Bruder. Sie hatte diese Reisen nie wirklich genießen können, es hatte sich immer angefühlt, als ob unsichtbare Fesseln sie gehalten hatten. Umso mehr genoss sie nun die Freiheit, tun und lassen zu können, was sie wollte. Und selbst wenn ihr die Route vorgegeben wurde... es blieb ein unbeschreibliches Gefühl. Auf Liams Frage nickte sie. „Zum einen das... aber ich will auch einfach dort gewesen sein. Was bringen mir tausende Karten der ersten Welt, wenn ich den Ort, den sie darstellen, nicht genossen habe? Deswegen habe ich damit auch erst angefangen, als ich auf die Sphinx gekommen bin.“ Liam lächelte verständnisvoll. „Das ist eine gesunde Einstellung.“, stimmte er ihr zu. Wer die Natur einer Insel nicht genießen konnte, würde niemals einen Ort finden, an dem er sich wohl fühlte. Er selbst war zwar ständig auf reisen, doch er vermisste nichts, weil er sich an jedem Ort wohlfühlen konnte, solange er dort war. Er wusste den Wäldern etwas abzugewinnen, schroffen Klippen und von Flüssen gegrabenen Gräben. Wenn man ständig nur die Zukunft im Blick hatte, vergaß man, die Gegenwart zu schätzen. „Das klingt, als wüsstest du auch noch nicht, wohin es danach geht.“, schlussfolgerte er schließlich frei heraus. Mit diesen Gedanken wurde Shanaya fast ein wenig sentimental. Es war nun schon ein paar Wochen her, dass sie diese neue Freiheit erlangt hatte... und es erfüllte sie noch immer mit einer unglaublichen Zufriedenheit. Sie bekam, was sie wollte. Und wenn es 'nur' ihr eigener Weg war. Es war ein unglaublich gutes Gefühl. Aber... wohin es nach Milúi ging? Shanaya grinste. „Dazu setze ich mich bald mit den Captains zusammen. Vielleicht haben sie ja schon einen Plan...“ Möglich wäre es. Aber langsam konnten sie sich an eine neue Route setzen... „Ich merke auch, dass ich langsam genug Landgang hatte...“ Das war Nichts für sie, nicht mehr, seit sie seit einiger Zeit immer von den Wellen in den Schlaf geschaukelt wurde. Ein weiterer, kleiner Biss vom Brot, das sich mehr und mehr dem Ende zuneigte. RE: Delikatessen des Frühlings - Shanaya Árashi - 17.05.2019 „Vermutlich.“, gab er zurück und war sich eigentlich ziemlich sicher. „Planlos steht Talin einfach nicht.“ Bezüglich des Landganges war Liam allerdings wieder recht meinungslos. Er zuckte nichtssagend mit der Schulter, lächelte aber wieder wenn er daran dachte, wie viel ihm die letzten Tage zurückgegeben hatten. Er hatte das Musizieren wahrlich vermisst. „Aber es war mal nötig.“, umriss er, ohne weiter darauf einzugehen. Allein schon, um sich einfach mal aus dem Weg zu gehen – oder sich näher zu kommen, ganz wie man’s nahm. „Zwei Tage geht das Fest glaube ich noch. Wir sind also bald wieder auf See. Solange kannst du dich noch durch sämtliche Buden probieren.“ Damit streckte er den Arm aus und wies auf eine Ecke, die in eine Seitengasse hineinführte und schließlich auf der Parallelstraße münden würde – dort, wo der Stand mit den frittierten Früchten war. Das Schmunzeln auf Shanayas Lippen wurde mit Liams Worten noch ein wenig breiter. Er hatte absolut Recht, Talin wirkte wie jemand, der lieber einen Plan hatte. Die Schwarzhaarige war froh darüber, dass sie wusste, das Talin genauso improvisieren und ihre Pläne ändern konnte. Jemand, der nur strickt nach Plan arbeitete... das wurde auf Dauer so eintönig und langweilig. Sie schnaufte leise über die zwei Tage, die Liam erwähnte. „Das halte ich auch nur noch aus, indem ich mich durch das ganze Fest probiere. Und notfalls... fange ich einfach von vorne an.“ Ihr blauer Blick folgte kurz seinem Deuten, ehe sie sich auch in diese Richtung wandte. „Was machst du eigentlich bei den Musikern? Kannst du ein Instrument spielen?“ „Ich wüsste nichts, was dagegen spricht. Klingt eigentlich nach einem ziemlich guten Vorhaben.“, überlegte er laut und grinste der Jüngeren entgegen. Shanaya sah eigentlich gar nicht so aus, als würde sie alles vertilgen, was ihr vor die Nase kam. Vielleicht war es allein die Gelegenheit, die sie nun lockte, auf der Sphinx hatten sie allerdings auch nicht genügend Vorräte, um hier und da ständig am Essen zu sein. Als sie nach dem Hintergrund seiner abendlichen Treffen fragte, zuckte er bloß beiläufig mit den Schultern. „Ich habe als Kind gelernt, Klavier zu spielen.“, berichtete er schließlich und erinnerte sich an all die Nachmittage, die er bereits früh an den hellen Tasten hatte verbringen müssen, um die Harmonien der Musik überhaupt erst einmal begreifen zu können. „… Danach kamen dann Gitarre und Geige dazu.“, fuhr er nach einer kurzen Pause fort. „Siehst du.“ Shanaya neigte den Kopf ein wenig, ein vielsagendes Lächeln auf den Lippen. Wer wäre sie, sich diese Chance entgegen zu lassen? Und auch wenn manch einer behauptete, man würde es ihr an ihrem dicken Hintern ansehen... selbst wenn. Dann gab es eben mehr von ihr. Als Liam ihr erklärte, welche Instrumente er beherrschte, neigte die Schwarzhaarige den Kopf in einem fast anerkennenden Nicken. Das gehörte zu den Dingen, in denen in ihrer Ausbildung kein Wert gelegt worden war. Aber dafür gab es ja Leute wie Liam. „Wieso habe ich dann noch nie etwas von dir gehört?“ Ein Klavier aufzutreiben war sicher nicht ganz so einfach, zumindest es auf ein Schiff zu befördern und dafür zu sorgen, dass es nicht nur eine Woche überstand. Aber... eine Geige und eine Gitarre waren da schon einfacher. Während sie auf eine Antwort wartete, reckte sie leicht den Kopf, schnupperte interessiert, was hier alles in der Luft hing. Liam fand zunehmend Gefallen an der Idee, auch die restlichen Stände mit Nahrungsmitteln auszuprobieren. Besonders jetzt, wo er sich mit seinem frisch gefüllten Geldbeutel keine Gedanken um das Finanzielle machen musste. Die Welt der Leckereien stand ihm offen. „Tja. Du warst wohl immer zur richtigen Zeit am falschen Ort.“, mutmaßte er mit einem Grinsen und sah zu ihr hinüber. „Du hättest mich jeden Abend am Brunnenplatz hören können. Dahin war ich auch gerade eigentlich unterwegs.“ Es stand ihr nun offen, dieses Angebot anzunehmen oder nicht. Wer wusste schon, wie ihre Pläne für den Abend sonst noch so aussahen. Vielleicht verirrten sich ja tatsächlich mehrere am letzten Abend zum Treffpunkt der Musik. Shanaya verzog mit einer gespielt beleidigten Miene leicht das Gesicht. Auch die Erwähnung des Ortes, an dem er sich wohl jeden Abend herum getrieben hatte, machte das Ganze nicht besser. „Du hättest mich darauf hinweisen können! Stattdessen lässt du zu, dass mir so eine Chance entgeht! Ich bin enttäuscht!“ Also wirklich! Mit so etwas rückte er erst jetzt heraus! „Dann muss ich mich wohl selbst davon überzeugen, was du den ganzen Abend so treibst. Allerdings...“ Das Grinsen auf ihren Lippen wurde noch einen Hauch breiter, würde ihm allein schon verraten, was ihr in diesem Moment durch den Kopf schwirrt. „... wollen wir deinen Freunden mich in hungrigem Zustand doch nicht zumuten!“ Liam lachte, als Shanaya sich darüber beschwerte, dass sie bislang noch keinen Wind davon bekommen hatte. Er war definitiv nicht der Typ, jedem unter die Nase zu reiben, was er die Tage und Nächte über trieb – er war immerhin ebenso wenig bei den anderen daran interessiert. Ihm stand diese Art von Selbstbeweihräucherung einfach nicht. Er spielte, um Spaß zu haben und nicht, um von möglichst vielen bejubelt zu werden. Wer Freude daran hatte, würde den Weg von ganz alleine dorthin finden. Liam neigte den Kopf nicht unbedingt abgeneigt auf ihre Abendplanänderung, lachte dann aber abermals. „Dann sollten wir uns beeilen. Ich fürchte, wir haben noch einige Stände vor uns. Du hast kein Problem mit Durcheinander, oder?“ Damit wies er abermals nach rechts auf einen Stand, der in der Menge etwas unterging – dort aber würden sie gewiss einen Apfel im Teig erstehen können. Shanaya hätte sich von den verschiedenen Gerüchen in alle möglichen Richtungen locken lassen können. Es roch einfach überall so verlockend. Aber sie riss sich zusammen, lachte dann leise über die Worte des Dunkelhaarigen. „Nein, absolut nicht. Dann würde ich öfter in irgendeiner Ecke hängen und mir mein Essen nochmal durch den Kopf gehen lassen...“ Sie zuckte leicht mit den Schultern. Seinem Deuten folgte sie dann aber mit neugieriger Miene, schlug auch diesen Weg ein. „So etwas kann keine Sünde sein...“ Damit blieb sie direkt vor dem Stand stehen, von dem es leicht süßlich duftete. Liam drängte sich an der Seite der Schwarzhaarigen durch die Menge, die sich vor dem Stand versammelt hatte. Der Standwirt tunkte gerade einen Apfel am Spieß in eine Teigmischung, um ihn danach in siedendem Öl zu rösten. „Zucker? Zimt?“, fragte Liam an Shanaya gewandt, während er die ausgeschriebene Menge an Achtern aus seinem ledernen Geldbeutel fischte. Der Duft war wirklich verführerisch und versprach eine würdige Nachspeise zu ihrem überbackenen Brot. Schließlich drängte er sich weiter nach vorne, um kurz darauf mit ihrer Bestellung zurückzukehren und sich wieder aus dem Menschenpulk herauszubewegen. Shanaya warf nur kurz einen Blick zur Seite, als Liam neben sie trat, ehe sie sich wieder dem Stand zu wandte. Der Trubel um sie herum war ihr für den Moment egal, sie antwortete dem Lockenkopf nur mit einem schlichten „Beides?“ Der Mann machte sich auf den Weg, die Schwarzhaarige selbst wartete an diesem Platz – so sehr danach, sich in die Masse zu schmeißen war ihr dann doch nicht. Aber Liam war nicht lang weg – und wurde mit erwartungsvollem Blick erwartet. „Du bist ein Held. Wenn ich das verpasst hätte...“ Wobei sie daran zweifelte, sie hatte ja noch genug Zeit, um sich den Rest des Festes anzusehen. Sie nahm ihren Teil also entgegen, bewegte sich in Liams Gesellschaft wieder in eine andere Richtung und biss munter etwas von dem Apfel ab. „Wirklich nicht schlecht...“ Sie musste doch für immer hier bleiben und sich durch das Fest futtern. Liam drängte sich mit zwei gespießten Teigäpfeln zurück zur Jüngeren und reichte ihr einen der beiden mit Zucker und Zimt bestreuten Nachspeisen. „Besser als erwartet sogar.“, stimmte er ihr gut gelaunt zu, sah sich aber, von Shanaya angesteckt, bereits nach den nächsten Ständen um, die mit kulinarischen Speisen lockten. „Habt ihr noch etwas anderes für die Sphinx besorgt als Waffen?“, fragte er schließlich gewillt, einen kleinen Plausch einzugehen. Shanaya schluckte den ersten Bissen herunter und richtete die blauen Augen dann auf den Lockenkopf. „Absolut richtig.“ Damit biss sie erneut ab und kaute nachdenklich auf dem Apfel herum. Liams nächste Frage ließ sie dann leise auflachen, sie schluckte jedoch zuerst, bevor sie zu einer Antwort ansetzte. „Einiges an Geld... und...“ Sie senkte die Stimme ein wenig, als müsse sie ein riesiges Geheimnis bewahren. „Einen Beutel voll mit Gürtelschnallen. Frisch aus der zweiten Welt importiert. Sehr seltene Sammlerstücke. Wenn du eins erwerben willst, sie sind fast ausverkauft!“ Ihre Stimme würde ihm nur zu gut verraten, dass sie flunkerte. „Zumindest lassen sie sich so besser zu Geld machen. Ich glaube, mit Gürtelschnallen kann ein Schiff wenig anfangen.“ Liam sah geschäftig drein, während er den Kopf etwas senkte, als würde er verhindern wollen, dass die Umstehenden mehr mitbekamen, als ihnen lieb war. Er nickte verstehend, biss dann ein weiters Stück von seinem Apfel ab und schluckte, ehe er etwas entgegnete. „Hast du Aspen schon gefragt, ob er ein paar davon haben will? Wäre doch fies, wenn sie ausverkauft wären, bevor er die Möglichkeit hatte, eine zu erstehen. Für ihn würde ich sogar verzichten.“ Eine kurze Pause entstand, ehe er fortfuhr. „Bin mal gespannt, wie fit wir die Sphinx bekommen.“ Shanaya hatte keinen Zweifel daran gehabt, dass Liam sofort auf diese kleine Geschichte einsteigen würde. Was er dann vorschlug, entlockte der Schwarzhaarigen ein herzhaftes Lachen. „Verdammt, du hast Recht. Vielleicht kann er mit solch einer wertvollen Errungenschaft sein gekränktes Ego etwas aufpolieren. Bei Zeiten werde ich ihm ein Angebot machen...“ Sie nickte, kaute im nächsten Moment schon wieder auf einem Stück Apfel herum. „Da mache ich mir keine Gedanken, wir hatten jetzt ja endlich die Chance, wirklich etwas für sie zusammen zu sammeln. Jetzt geht das gewiss sehr schnell.“ Liam nickte langsam. Es blieb zu hoffen, dass Shanaya Recht hatte und dass sie auch weiterhin so viel Glück hatten, unentdeckt in andere Gewässer gelangen zu können, bevor die Marine auf sie aufmerksam wurde. Im Vorbeigehen erkannte er eines der Plakate, von denen ihnen Aspens Gesicht grimmig entgegenblickte. „Wenn man vom Teufel spricht.“, murmelte er, trat an die Wand heran und löste es unsauber von der Wand. „… Meinst du nicht, es wäre sicherer, ihm nachts heimlich die Haarpracht zu kürzen?“ Shanaya hob leicht eine Augenbraue, als Liam etwas sagte und sich zu einem Wand wandte. Die junge Frau blinzelte, ehe ihr Lächeln einen leicht gehässigen Zug annahm. „Immer wieder ironisch, wo er doch so felsenfest seine Schuld verneint...“ Wobei es so offensichtlich war... tja. Wieso erwartete sie auch, dass er vielleicht doch etwas mehr als heiße Luft in der Hose hatte? „Meinst du, das können wir ihm antun? Kleine Mädchen wachen davon sicher auf. Das Geschrei will ich mir nicht antun...“ Liams Blick ruhte weiterhin auf dem scharfkantig gezeichneten Gesicht ihres Komplizen, doch Shanaya trieb ihm abermals ein amüsiertes Schmunzeln auf die Züge, ehe er ungläubig die Stirn runzelte. „Sag mir nicht, du weißt nicht, wie man jemanden daran hindert, zu schreien.“, Dabei gab es so viele Möglichkeiten! „Davon abgesehen. Auf hoher See interessiert es sowieso niemanden. Da kann er schreien, so viel er will. Immerhin läuft er dann nicht mehr Gefahr, alle zehn Meter erkannt zu werden.“ Shanaya biss erneut in den Apfel und gluckste dann leise bei Liams nächsten Worten. „Wenn wir ihn dauerhaft vom schreien abhalten wollen, ist es weniger Aufwand, ihn einfach nachts ins Meer zu werfen. Dann wäre wenigstens für immer Stille.“ Ihn zu knebeln, bis der Verlust seiner tollen, blonden Mähne überstanden war...“Vielleicht kannst du ja einen deiner Musikerfreunde als Ersatz für ihn anheuern.“ Auch wenn sie die Männer – und Frauen? - nicht kannte... schlimmer konnte es wohl kaum werden. Liam unterdrückte ein Glucksen, obwohl im klar war, dass Shanaya ihre Worte ernster meinte, als ihm lieb war. Er zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie die erste sein würde, die diese Idee in die Tat umsetzen würde, sobald nur jemand ernsthaft dazu aufrief. „Du hast ihn wirklich gefressen, was?“, lachte er leise. „Dann wären wir bald vermutlich eher ein Partyschiff als das, was wir jetzt sind.“ Nicht, dass ihm die Vorstellung nicht gefiel, aber das lag bestimmt nicht in Talins und Luciens Sinn. Shanaya hätte bei Liams Gedanken vermutlich nur noch ein wenig gehässiger gegrinst, so biss sie nur in ihren Apfel und grinste dabei amüsiert. „Tja... ich konnte Menschen noch nie ausstehen, die nicht zu dem stehen, was sie getan haben. Und die mich bevormunden und glauben, sie müssten mich herum kommandieren und mir ungefragt Lebensweisheiten um Ohren hauen.“ Erneutes Zucken ihrer Schultern. „Na und? Dann könnte da niemand etwas gegen unternehmen! Und wenn eine Flaute kommt... was will man mehr?“ RE: Delikatessen des Frühlings - Shanaya Árashi - 30.06.2019 Wie von selbst wanderte Liams Blick wieder zurück auf das Phantombild vor seiner Nase, während er schweigend ein weiters Stück seines Apfels kaute. „Was, wenn er es wirklich nicht war? Ich meine – was hat man auf einem Schiff wie unserem zu verheimlichen.“ Er zuckte unschlüssig mit der Schulter. Er konnte all dieser Geheimniskrämerei nicht wirklich etwas abgewinnen, besonders nicht, wenn man mit solch einer Tat mit Sicherheit nicht der einzige auf der Sphinx war. Etwas getan zu haben, bedeutete ja noch lange nicht, es auch gewollt zu haben. Allerdings hatte er bislang zu wenig mit Aspen zu tun gehabt, um den Blondschopf wirklich einschätzen zu können. Oder gar sagen zu können, dass er es wirklich vehement abstritt oder nicht doch bereits zugegeben hatte. Ihn interessierte dieses Thema herzlich wenig. „Ach komm schon. Hat nicht jeder eine Chance verdient?“, warf er der Schwarzhaarigen wie gerufen eine Weisheit um die Ohren und grinste vielsagend, sodass sie verstehen konnte, wie er es meinte. Die Vorstellung eines Schiffes voller Musiker gefiel ihm da weitaus besser. „Eigentlich wäre das wirklich eine Überlegung wert…“, meinte er und nickte langsam. „Wenn mir irgendwann genug Gold bleibt, mir wieder ein eigenes Instrument zuzulegen, versprech‘ ich dir, die Flauten etwas amüsanter zu gestalten.“ Shanaya lachte auf die Worte des Lockenkopfes hin. Tja, was, wenn er es wirklich nicht war? „Dann sollte er wirklich an seiner Überzeugungskraft arbeiten. Das, was er sagt, würde selbst der größte Hohlkopf als Lüge enttarnen. Aber mir soll es Recht sein, das ist nicht mein Problem.“ Sie biss von ihrem Apfel ab, genoss diesen wunderbaren Geschmack, ehe sie schluckte und Liam auf seine nächsten Worte ein eindeutiges Grinsen zuwarf. „Die hatte er. Hat er vertan.“ Wie so viele andere auch. Die Vorstellung, einen Haufen Musiker an Bord zu haben, amüsierte sie dann aber doch. „Ich stecke voller guter Ideen, sage ich doch. Aber ja, da bin ich ganz stark für. Ich werde dich dran erinnern.“ Und noch einmal biss sie in den Apfel, der fast komplett verspeist war. Er hatte bislang tatsächlich nur wenige Gedanken daran verschwendet, ob Aspen nun die Wahrheit sagte oder nicht. Es betraf ihn schlicht und einfach nicht. Mit dem Blondschopf hatte er nicht allzu viel zu tun, dementsprechend konnte er sein oder nicht sein was er wollte. Im Ernstfall nämlich würde er alleine damit umgehen müssen, wenn man ihn fasste, weil er frei durch die Gegend marschierte. Demnach waren sich die Schwarzhaarige und er einig – es war sein Problem und nicht ihres. Jedenfalls so lange, wie Aspen es nicht zu ihrem machte. Das Lächeln auf seinen Zügen wirkte ehrlich fasziniert von der Vorstellung. Das klang wie ein Traum, den er bisher nicht zu träumen gewagt hatte. Abwesend verspeiste er das letzte Stück seines gebackenen Apfels, als Shanaya ihm versicherte, ihn an sein Versprechen zu erinnern, wenn die Zeit dazu gekommen war. Er bezweifelte stark, dass es nötig werden würde. „Aber nur, wenn du mir dann auch deine Stimme leihst.“, entschied er fröhlich und ließ den Blick bereits wieder über die nächsten Stände schweifen, die mit Essbarem lockten. „Wie sieht’s aus? Bereit für die nächste Runde?“ Das Thema Aspen war auf eine absurde Weise unendlich ermüdend. Sie war sich allem, was sie gesagt hatte, vollkommen sicher. Aspen war niemand, der schwer zu durchschauen war. Was auch immer er für Gründe hatte... es interessierte sie aber auch nicht sonderlich. Der Blonde gehörte definitiv zu denen, mit denen sie zusammen arbeiten konnte – mehr musste sie jedoch auch nicht mit ihm zu tun haben. Sie war also froh, als dieses Thema vom Tisch war. Als Liam jedoch mit dem nächsten fortfuhr, musste sie noch ein wenig breiter lächeln. „Du kannst jederzeit auf mich zählen.“ So wurden sie auch noch ein Partyschiff ohne dass er einen seiner neu gewonnen Freunde aufgriff. Den letzten Bissen ihres Apfels in den Mund schiebend, nickte sie auf die weitere Frage des Lockenkopfs, sparte sich jedoch erst einmal die Antwort. Mit vollem Mund sprach man immerhin nicht. Also kaute sie, schluckte und grinste dann. „Immer. Was schwebt dir vor?“ Das war wiederum etwas, woran er sie gewiss erinnern würde und er freute sich auf den Moment, wenn sie wirklich Gelegenheit dazu haben würden. Nicht, dass er nicht selbst ein großer Freund davon war, mitzugröhlen, doch manchmal – meistens – war eine schöne, kräftige Stimme im Vordergrund doch Gold wert. Und mit einer Geige in der Hand beispielsweise ließ es nicht einmal annähernd so gut singen wie ohne. „Hm. Da vorne gäbe es Champignons, wenn ich mich nicht täusche.“, sagte er und wies nach links vorne. Danach wies sein Finger auf einen Stand, der etwas näher an ihnen lag. „Und das hier sieht aus wie Fleischspieße. Und für den langen Weg vom einen zum nächsten Stand könnten wir uns dort gebrannte Mandeln holen.“ So musste sich eine Made im Speck fühlen. Und es war zudem einer der wenigen Momente, in denen Liam sich keine Sorgen um seine finanzielle Lage machen musste. Außerdem schien ihn sein vorheriges Abenteuer hungriger gemacht zu haben als gedacht. Die Grundlage für diesen Abend würde sich jedenfalls ziemlich üppig gestalten. Shanayas Blick glitt mit Liams Worten ganz automatisch über die Stände in ihrer Nähe. Alles, was er sagte, und was deutlich in der Luft lag, lockte sie an. Ihr Grinsen wurde noch einen Hauch breiter, als ihr Blick sich wieder auf den Lockenkopf legte. „So etwas sollten wir jetzt auf jeder Insel machen. Durch die kulinarische Vielfalt jedes Dorfes probieren.“ Und für sie war das wirklich eine Möglichkeit, die sie in Betracht zog. Jetzt, wo sie die Chance dazu hatte, zu tun, was sie wollte. Sie setzte sich also in Bewegung, erst einmal auf den Stand mit den Fleischpießen zu. „Von den Mandeln nehme ich auf jeden Fall ein paar mit... als Proviant...“ Ansonsten waren sie sicher leer, bevor sie die Sphinx überhaupt erreicht hatten. Abermals war Shanayas Idee ziemlich erstrebenswert. Liam nickte langsam, aber überzeugt, während das Lächeln auf seinem Gesicht nach und nach etwas breiter wurde. „Ich wäre direkt dabei. Wir können uns ja über die Zeit auf See eine Imbiskasse zulegen, die wir auf den Inseln dann jeweils auf den Kopf hauen, um uns durch die einheimische Küche zu schlemmen.“, lautete sein Vorschlag. Er war nicht daran interessiert, sich von Shanaya aushalten zu lassen und wenn sie gemeinsam Geld sparten, welches explizit dafür vorgesehen war, würde man es ziemlich fair gestalten können. Ihre Entscheidung bezüglich des nächsten Ganges hingegen wunderte ihn überhaupt nicht. Schmunzelnd nahm er ihre Proviantwahl entgegen. „Dann besorg‘ du den Proviant und ich besorge uns den nächsten Gang.“ Damit drängelte er sich in die Schlange hinein, die am Stand mit den Spießen ebenfalls etwas ergattern wollten, erstand zwei der Fleisch-Gemüse-Spieße und kehrte zu dem Punkt zurück, an dem sie sich getrennt hatten. Die Champignons konnten sie danach probieren . Liam war ohne zu zögern bei ihrem Plan dabei und auch wenn Shanaya kein Problem damit hatte, dem alleine nachzugehen... mit dem Lockenkopf konnte das ja nur spannend werden. Und bei zwei Nasen war das Risiko etwas Wichtiges zu übersehen deutlich geringer. „Alle werden uns beneiden.“ Sie nickte vielsagend, grinste dabei aber deutlich amüsiert. Die nächsten Worte des Mannes kommentierte sie dann nur mit einem Nicken, machte sich auf den Weg zu dem Stand mit den Mandeln – und kam mit großer Ausbeute zurück. Zwei Beutel in ihrer Tasche, einen in der Hand, aus der sie fröhlich Mandeln naschte. Liam kam beinahe zeitgleich zurück, sodass sie den Beutel zusammen knüllte und zu den anderen in ihre Tasche packte. Die waren für später. Also nahm sie den Spieß entgegen, zog das erste Stück Fleisch ab und kaute darauf herum, schluckte, bevor sie wieder sprach. „Ich habe wohl einiges auf solchen Festen verpasst.“ Immerhin war dies das erste, das sie ohne Zwang erleben konnte. Vermutlich würden sie das tun. Aber vielleicht war es auch schlauer, es als kleines Geheimnis zu behandeln. Am Schluss würden sie sich noch allesamt zu ihren kleinen Touren einladen und ihr ‚Fress-dich-durch-die-Welt‘ würde mit der Menge einiges an Reiz verlieren, befürchtete er. Zwei Geschmäcker unter einen Hut zu bringen, war eben auch einfacher als bei einer ganzen Crew. Liam schmunzelte, als er Shanaya bereits aus der Entfernung sah, wie sie mit einer Tüte Mandeln in der Hand zurück zu ihrem Treffpunkt kam und sich munter die Nüsse in den Mund schob, bis sie ihn erblickte. Als er den einen Fleischspieß abgetreten hatte, probierte er seinen eigenen und konnte sich gewiss nicht beschweren. „Was meinst du? Erzähl mir nicht, dass das dein erstes Fest ist.“, belächelte er ihre Aussage ungläubig. Shanaya kaute zufrieden auf dem Fleisch herum, während die andere Hand die Tüte mit Mandeln in ihre Tasche wandern ließ. Sie fand wirklich Gefallen an diesem Durcheinander, hoffte damit, dass ihnen auf den nächsten Inseln diese Möglichkeit auch so geboten wurde. Kauend ließ sie den hellen Blick schweifen, auf der Suche nach etwas neuem, ehe sie schluckte und sich zu Liam herum wandte, dessen Frage sie leise schnaufen ließ. „Je nach Definition...“ Sie verzog die Lippen zu einem etwas schrägen Grinsen. „... vermutlich schon. Zumindest das erste auf dem ich tun kann, was ich will.“ Sonst hatte sie immer nur in der Nähe ihrer Eltern gesessen, darauf gewartet, dass sie endlich erlöst wurde. Zufrieden kauend ließ sein Blick von Shanaya ab und wanderte kurz über die restlichen Menschen um sie herum. Es faszinierte ihn, wie viele unterschiedliche Menschen bei solchen Anlässen zusammenkamen, die unterschiedlichsten Geschichten erzählten allein mit ihrem Auftreten. Die Händler allein, die manchmal sonderbare Kleidung trugen und bei denen nicht nur die Waren aus einer anderen Welt stammen mussten. Shanayas indirekte Offenbarung nahm er noch immer nicht für voll, nicht einmal, als sie sie abermals bestätigte und seinen Blick wieder skeptisch zurück auf ihre Züge lenkte. Mit zusammengeschobenen Augenbrauen bedachte er sie, doch das, was sie sagte, schien sie vollkommen ernst zu meinen. „Wirklich?“ Sein Unglaube hatte sich mittlerweile in Überraschung verwandelt. „Ich kann mir kaum vorstellen, dass dich irgendetwas oder irgendjemand davon abhalten könnte, das zu tun, was du willst.“, fuhr er ehrlich fort. Wenn er bei jemandem davon ausging, dass er mit dem Kopf durch jede Wand kam, wenn er nur wollte, dann war es definitiv Shanaya. Und dafür musste am anderen Ende nicht einmal etwas warten, was sie um alles in der Welt erreichen wollte – manchmal, so vermutete Liam, reichte ihr schlicht die Tatsache, zu beweisen, dass sie es konnte. Ob nun sich oder anderen. „Dann war das früher anders, ja?“ Seine Frage bedurfte keiner Antwort, keiner jedenfalls, die über ein vielsagendes Lächeln hinaus ging. Stattdessen wandte er sich wieder um, um allmählich wieder im Strom der Menschen unterzugehen, die wie sie über die Straße schlenderten und die Stände begutachteten. „Ich weiß gar nicht mehr, ob ich damals als Kind mit Erlaubnis über die Feste gestromert bin oder nicht. Irgendwann war ich vermutlich einfach immer weg und bin plötzlich wieder aufgetaucht.“ Und das nicht, weil er sich mit aller Kraft hatte davonschleichen wollen. Wenn man nicht aufpasste, verlor man die eigene Gruppe recht schnell in der Menge. Liam schien ihr nicht glauben zu wollen, was sie ihm irgendwie nicht verübeln konnte. So wie der Lockenkopf sie kannte, war es vermutlich schwierig sich vorzustellen, dass sie sich von irgendetwas einschränken ließ. Das, was seine Antwort im nächsten Moment in Worte fassten. Tja... Sie hatte damals schon an ihrem Leben gehangen... und... „Sagen wir, es hätte mich eh niemand an seinem Stand sehen wollen.“ Ein kurzes Zucken der Schultern, jedoch schwang keinerlei Verbitterung in ihrer Stimme mit. „Genießen hätte ich es also so oder so nicht können.“ Seine nächste Frage beantwortete sie nur mit einem leisen, amüsierten Schnauben. Was das anging, ihren Willen zu tun, was SIE wollte, hatte sie sich nicht verändert. Aber heute stand auch niemand mehr vor ihr und verprügelte sie für ihren Ungehorsam. Liams kleine Ausführung aus seiner eigenen Vergangenheit entlockte der Schwarzhaarigen ein Lachen. „Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Vermutlich hast du nicht einmal bemerkt, wenn du plötzlich allein warst?“ Ein neckisches Grinsen galt dem Älteren. Er war definitiv nicht derart behütet aufgewachsen, als dass ihm Gewalt in der Erziehung etwas Unbekanntes gewesen wäre. Er hatte es zwar nicht selbst erlebt, aber immer mal wieder mit Schrecken feststellen müssen, wie andere Kinder gemaßregelt wurden. Trotzdem – diese Art des Umgangs war ein dunkler Bereich in seinen Gedanken, den er kaum auf dem Schirm hatte. Allein schon, weil ihm derartiges Handeln nie in den Sinn gekommen wäre. Umso weniger kam er auf die Idee, dass es Shanaya so ergangen war – vielleicht ganz gut, denn so blieb die ausgelassene Stimmung erhalten, die sich zwischen ihnen und den kulinarischen Köstlichkeiten ausgebreitet hatte. Liam gluckste belustigt bei ihrer Selbstreflexion und zuckte unbeeindruckt mit einer Schulter. „Dann wird’s wohl Zeit, dass wir das demnächst alles mal nachholen.“, schlug er verheißungsvoll aber wenig präzise vor. Allerdings würde das auch bedeuten, dass sie nicht an jedem Stand etwas mitgehen lassen durfte. „Sagen wir, es war nicht immer einfach, sie dann wiederzufinden.“ Keine genaue Antwort auf ihre Frage, aber wohl genau genug, dass Shanaya erahnen konnte, dass sie genau ins Schwarze getroffen hatte. Ein schuldbewusstes Grinsen galt ihr, während sie sich weiterhin der Feststimmung hingaben und bereits den nächsten Stand für den Abend ins Auge fassten – der nämlich war noch lange nicht vorüber. |