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Drachenjagd - Ceallagh Hayes - 29.05.2023 „Drachenjagd“ 08.Mai 1822 Später Nachmittag Kleine Insel des Herzogtums „Wo zum Henker steckst du schon wieder?“ Taróns Blick ging in den dunklen Rachen des leeren Vorratsfasses, das am Deck der Sphinx auf seinen nächsten Einsatz wartete. Nichts – wieder! Der Falke gab ein frustriertes und langsam ernsthaft gereiztes Schnaufen von sich, in das sich leises Fluchen mischte, als er sich wieder aufrichtete und zur tief stehenden Sonne sah. Eigentlich weniger seine Art – aber Calwah schaffte es einmal mehr ihm graue Haare zu bescheren. Die Echse war einfach nicht auffindbar. Es beruhigte ihn etwas, dass diese Insel tatsächlich von allen Göttern – und den meisten Menschen – verlassen schien und dass sie nicht unter Zeitzwang standen bald ablegen zu müssen, aber auch das war nur ein fadenscheiniger Trost. Das Vieh hatte einfach schon zu viel gekostet, um es einfach machen zu lassen. Er musste sich wohl mit dem Gedanken anfreunden, dass Calwah sich nicht mehr an Board befand. Langsam gingen Tarón zumindest die Verstecke und Lücken aus, an denen er noch suchen konnte. „Manchmal frage ich mich doch wie geröstete Echse wohl schmeckt…“ knurrte er in sich hinein und war dabei sich wohl oder übel auf den Weg zu machen. “Sie schmeckt grauenvoll. Fad und unfassbar zäh.“ Ceallagh trat geradewegs aus dem Durchgang aufs Deck heraus, als Taróns fluchende Gestalt über die Planken huschte und ihm ein sanftes Schmunzeln entlockte. Mit skeptischer Miene wanderten die grünblauen Augen über den Rücken des Älteren, dann auf das Fass dahinter, dessen Inhalt wohl weniger mit harten Schuppen gemein hatte, als es sich Tarón erhoffte. “Es wäre die Mühe also nicht wert.“ Mit einem knappen Zucken der rechten Schulter lockerte Ceallagh den Sitz seines Rucksacks, der unangenehm an seiner Armbinde zerrte. Löste dann mit einer Hand die Lasche am vorderen Ende, um sie mit mehr Spielraum wieder zu verschließen. “Alles klar?“ Es war mehr eine rhetorische Frage, denn ganz offensichtlich wurde hier nach einem (weniger) treuen Begleiter gesucht. Die plötzlich anhebende Stimme ließ Tarón den Kopf in Richtung ihres Urquells wenden. Tatsächlich hatte er Ceallagh nicht bemerkt – oder Mr. Sympatico, wie er ihn insgeheim nannte, da der blonde Bursche den ersten Eindruck, den Tarón von ihm gehabt hatte, bisher durchaus bestätigt hatte. Er war wohl zu sehr in die Suche nach dem schuppigen Teufel vertieft gewesen, um Ceallaghs Schritte vor seinen Worten zu vernehmen, doch jetzt warf er dem blonden Mann ein in Bitterkeit getauchtes Lächeln zu. Die freudlose Note galt dabei nicht dem Sympatico, sondern den Umständen. Was wollte man machen? Und auch wenn Ceallagh fragte war Tarón klar, dass dieser bereits im Bilde war. Andernfalls wäre er sehr enttäuscht von dem intelligenten Burschen gewesen. Warum sonst sollte Tarón auch halb in irgendwelchen Fässern untertauchen – die mit dem Rum standen zumindest nicht hier herum. Er lachte freudlos auf. „Ja, naja… nicht wirklich. Ich suche das schuppiges Teufelstier – wie du dir sicher schon gedacht hast. Scheint er hat sich klangheimlich davon gemacht. Heißt ich habe eine ganze Insel zum Suchen, denn auf der Sphinx ist er offenbar nicht mehr! Oder er hat endlich gelernt sich tatsächlich unsichtbar zu machen.“ Er verzog den Mund in Resignation - zumindest behielt er sich seinen Galgenhumor - doch seine Augen musterten Ceallagh und den Rucksack, den er gerade gerichtet hatte. „Und du? Wo geht’s hin?“ Eine Echse, die sich unsichtbar machte? Ehrlich gesagt erschien ihm diese Tatsache weniger unwahrscheinlich, als Tarón sie offensichtlich im Scherz aussprach. Denn es gab sie – so man den Gerüchten und Gesprächen diverser Händler vom Schwarzmarkt Glauben schenken konnte. Gesehen hatte er diese Wesen jedoch selbst noch nie. Womöglich aus mehr als nur einem Grund. Wie so üblich behielt der Hüne diese Information jedoch für sich. Zum einen weil sie dem Älteren nicht weiterhalf und er zum anderen auch nicht Herr eines solchen Reptils war. Offensichtlich. “Mir die Beine in der Stadt vertreten.“ Und mal mehr sehen, als die immer gleichen knarzenden Planken und Ritzen aus Teer. Er hatte kein Problem damit, für Tage und Wochen auf See zu sein. Doch es erschien ihm dumm, die Gelegenheit des Landgangs nicht beim Schopf zu packen, wenn sie sich ihm bot. Ohnehin war er als Arbeitskraft nicht sonderlich hilfreich und nur zu kleinen Tätigkeiten zu gebrauchen, die ihn schnell ermüdeten. Vor Langeweile und geistiger Unterforderung. Seine Bücher besaßen bald mehr als ein Eselsohr, wenn er nicht dazu überging, sich neues Material zu beschaffen und das Alte für ein paar schmale Taler unter die Bevölkerung zu bringen. “Falls du also ein zweites Paar Augen brauchst.“ Ein Angebot das Tarón wohl nicht ausschlagen würde. So glaubte Ceallagh und steuerte geradewegs auf die Gangway zu. Der Falke musste nicht lange über dieses Angebot nachdenken. Die Äußerung, dass Calwah nicht mehr an Board war, hatte er nicht im Scherz getätigt. Wenn er ihn bis jetzt nicht finden konnte, war es am wahrscheinlichsten, dass auch sein schuppiger Genosse sich ‚die Beine vertreten‘ wollte. Etwas, dass für das Schuppentier im Übrigen nicht ungewöhnlich war – und eine Eigenschaft, die Tarón bisweilen an der Echse verteufelte. Nicht, weil er Calwah die Bewegung oder die Befriedigung seiner Neugier nicht gönnte – aber der Gedanke an Malcára war nicht fern und damit auch die Erinnerung an das Schicksal der Aurora und ihrer Crew. „Da sage ich natürlich nicht nein.“ Antwortete er also und folgte dem Blonden zur Gangway. Selbst wenn er Calwah nicht fand würde er sich sicher auf die ein oder andere Art auszahlen sich etwas umzusehen – und Ceallagh besser kennen zu lernen. Im schlimmsten Fall musste er wohl darauf vertrauen, dass sein schuppiger Gefährte irgendwann Sehnsucht nach ihm verspürte. „Warst du schonmal in der Gegend hier?“ Fragte der Falke, um nicht bloß schweigend hinter dem großen Kerl herzuwandeln, dem er fürs erste die Zielsetzung überließ. Taróns Augen jedoch suchten jeden Flecken um sie herum ab – nach Calwah und auch nach allem anderen, das von Interesse sein konnte. "Wie man es nimmt.", murmelte der Hayes unter einem kurzen Knarzen der Holzbohlen, ehe er den Kopf zu Tarón herum wandte. "Diese Gegend ist mir auf jeden Fall bekannter als andere Teile dieser Welt. Wie gut ich mich allerdings an Wege und Geschäfte erinnern kann, werden wir gleich noch sehen." Er musste dem Fremden ja nicht auf dem Silbertablett servieren, dass er sich in mehr als nur einer Gegend sehr gut auskannte. Aus diversen Gründen, die absolut niemanden etwas angingen, die er in einem Gespräch aber nicht zwingend verheimlichen würde. "Wie lange wart ihr eigentlich auf der Insel gestrandet?" Taróns Schritte folgten denen Ceallaghs in ruhigem Rhythmus über die knarrende Gangway hin zum Land. Sein Begleiter gab nur wenig preis, auch wenn er ihm immerhin überhaupt auf seine Frage antwortete. Mit seiner Gegenfrage lenkte er zumindest vorerst vom Thema ab. „Mit „Ihr“ meinst du mich und die wandelnde Handtasche? Ziemlich genau einen Monat.“ Er sah keinen Sinn darin etwas anderes, als die Wahrheit zu sagen. Vielleicht würde Ceallagh den Vertrauensvorschuss ja erwidern und selbst im Laufe der Suche etwas offener werden. Die wandelnde Handtasche. Ceallagh musste unweigerlich schmunzeln ob dieser Vorstellung. Ganz sicher wäre keine Frau davon angetan dieses fauchende Wesen am Körper zu tragen. Zu stachelig. Zu garstig, wenn man nicht aufpasste. "Das ist länger als ich erwartet hätte." Nicht weil es abwegig war. Sondern weil ihm der Ältere kaum bis nie aufgefallen war. Entweder sprach das für oder gegen ihn - ganz sicher jedoch für sein Talent unter dem Radar zu fliegen. Unbemerkt zu bleiben, so er es darauf anlegte. Und mit einem Begleiter wie dem geschuppten Calwah war das eine Meisterleistung. "Mit so einem Exoten als Begleitung wird das nicht einfach gewesen sein." Und erneut erwies sich sein Begleiter als erfreulich – wenn auch unter den falschen Umständen sicher auch gefährlich – scharfsinnig. Ceallagh verstand, was alles in den wenigen Worten und der kleinen Offenbarung enthalten war und verwertete den Brotkrumen komplett. Erstaunlich lange – tatsächlich. „Nein. Zumal er etwas dagegen hat sich kontrollieren zu lassen, wie du sicher schon bemerkt hast. Aber die Kavernen haben sich als erstaunlich praktischer herausgestellt.“ Das Schmunzeln darüber fand seinen Weg in seine Stimme – auch wenn in dem Ganzen ein etwas verbitterter Unterton mitschwang. „Er ist allgemein nicht dafür gemacht irgendjemandem irgendetwas leichter zu machen. Ich versuche es sportlich zu sehen. Hilft dabei aufmerksam zu bleiben.“ Zeit für eine Gegenfrage. „Und was hatte dich an den hübschen Fleck Erde verschlagen? Deine Begegnung mit den anderen schien mir nicht geplant – auch wenn du Lucien ganz offenbar schon recht gut und lange kennst.“ Menschen waren den Tieren wohl doch ähnlicher, als sich vor allem ganz "besondere" Exemplare seiner Rasse eingestanden. Mehr mit einer Echse, als einem Schwein gemein zu haben, erschien dem Hayes wie eine willkommene Abwechslung und hinterließt den Anflug eines Lachens kitzelnd in seiner Brust. Was Tarón mehr als nur ein graues Haar gekostet haben musste, wirkte auf ihn wie ein vergnüglicher Wettstreit zwischen Tier und Herrchen. "Sind wir das nicht alle irgendwie? Zumindest ich kann nicht von mir behaupten viel für Handschellen und Leinen übrig zu haben... nicht in diesem Zusammenhang." Kurz rückten die hellen Augen zur Seite, umrundeten das von Erfahrung und Müdigkeit gezeichnete Gesicht, ehe sie sich erneut auf den staubigen Weg vor sich richteten. Dass Tarón dazu überging mehr über ihn und seine Herkunft in Erfahrung zu bringen, nahm Ceallagh mit einem tiefen Atemzug hin und steckte seine rechte Hand in die Seitentaschen seiner Hose. "War sie auch nicht. Und wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich diese Insel früher verlassen." Denn die Gastfreundschaft der Kopfgeldjäger, und das wusste der Ältere sicherlich selbst zu Genüge, hatte sich in Grenzen gehalten. "Aber ich beschwere mich nicht, es hätte weitaus schlimmer kommen können." Natürlich war dem Älteren nicht entgangen, dass er und Lucien bereits eine gemeinsame Geschichte hatten. Keiner von ihnen machte daraus ein großes Geheimnis. Also schmunzelte der blonde Hüne schmal. Die Augen aufmerksam auf seine Umgebung gerichtet. Ganz als wäre diese Unterhaltung ein schmückendes Beiwerk ihrer Suche. "Ist wohl so offensichtlich, hm?" Taróns leises Lachen vibrierte tief in seiner Brust. Soso Mr. Hayes. Ein ganz schlimmer Bursche! „Tja, da sagst du wohl etwas Wahres… also darf ich es der Handtasche wahrscheinlich nicht übelnehmen.“ Den Freiheitsdrang verstanden sie wohl alle nur zu gut. Wenig Gründe zogen einen mehr hinaus auf die Wellen und inmitten einer Runde Gesetzloser. Und diese waren oftmals misstrauische Gestalten, die sich nur ungerne in die Karten gucken ließen – so wie auch Ceallagh. Dessen tiefer Atemzug entging Tarón nicht. Dennoch antwortete er ihm zumindest. „Tja, der Mangel an Mitfahrgelegenheiten ist mir auch aufgefallen. Manchmal stehen die Sterne, wie sie eben stehen.“ Und da Ceall Taróns Verdacht bestätigte zeichnete sich ab wie sehr das Schicksal bei dem Blonden mitgemischt hatte. Es sei denn dieser sagte doch weniger, als tatsächlich dahinterstand. Vorerst jedoch nahm er die Aussagen als gegeben an. „Tatsächlich, ja.“ Bestätigte er, ohne explizit nachzubohren, jedoch auch ohne das Thema fallen zu lassen. Denn wie die beiden zueinander standen interessierte ihn naturgemäß natürlich sehr. Dennoch ließ er Ceall Luft, ließ seinen Blick ebenso auf der Suche nach der Handtasche in spe umherschweifen und hoffte darauf, dass der Blonde ihm vielleicht genug Vertrauensvorschuss gab, dass die Unterhaltung nicht seltsam zum Verebben käme. Zwei Worte. Mehr verlor Tarón nicht. Bestätigte seine Vermutung. Eine, die er eigentlich auch mehr selbst aufgestellt hatte, als dass Ceallagh sie in den Raum warf. Somit verlor der Hüne erneut ein schmales Lächeln. Tat es dem Fremden gleich, der seinen Blick über die Landschaft schweifen ließ und an einer kleinen Gruppe Kinder vorbei spazierte. Ohrenbetäubend warfen sie sich einen ledernen Ball zu, der fast Taróns Hinterkopf streifte und ein paar Meter weiter gegen eine Hauswand klatschte. "Nun... in einer Welt wie dieser ist es nie verkehrt, allerhand Menschen zu kennen." Und erst recht nicht deren Geheimnisse. Es hatte ihm zumindest mehrmals den Arsch gerettet. Über seine Schwester musste er dafür nicht einmal einen Gedanken verlieren. Sein Blick wandte sich kurz herum, streifte die Knirpse in seinem Rücken, die mit zusammengepressten Lippen und entschuldigenden Mienen auf die Hünen starrten und wortlos um Verzeihung baten. Noch während der erste davonstapfte, um den Ball wieder einzufangen, schnaubte Ceallagh amüsiert und wandte sich wieder herum. Blieb dann jedoch abrupt stehen, als seine grün-blauen Augen auf den Durchgang einer Seitenstraßen fielen. "Welche Spuren hinterlässt deine Handtasche nochmal?" Ceall beließ es dabei und gab nur noch ein Lächeln als Antwort auf Taróns Feststellung. Und vorerst ließ auch der Falke das Thema ruhen, um dem Anderen nicht zu schnell auf die Pelle zu rücken. Ceallagh war wohl eine der schwierigeren Nüsse. Aber Tarón hatte gelernt Geduld zu haben, außerdem wollte er es sich nicht mit ihm verderben. Ceall war ihm von Anfang an sympathisch gewesen – und das lag mitunter daran, dass der Falke den Eindruck hatte, dass hinter Cealls Wasseraugen ein wacher Verstand wohnte. Etwas, das er respektierte. Seine eigenen Augen legten sich nun jedoch strafend auf die Kinder, deren Ball ihn nur um Haaresbreite verfehlt hatte. Doch kopfschüttelnd stahl sich bereits wieder ein nachsichtiges Lächeln auf sein Gesicht, als er die betretenen Mienen sah. Ah. Ceall nahm den Faden doch kurzerhand wieder auf. „Oh, ganz sicher sogar – aber ihr scheint euch mehr als nur flüchtig zu kennen.“ spielte er seine Karte aus. Beobachtungen, die ihm Gestik und Mimik und der Ton ihrer Stimmen verraten hatte. Dann jedoch brachte Ceallagh seine Gedanken jedoch zurück zu ihrer eigentlichen Mission. Er folgte dessen Blick und sah die verräterischen Abdrücke in einer schlammigen Wasserlache, die Calwah wohl genutzt hatte, um sich abzukühlen, ehe er weitergewandert war. „Genau solche…“ Seufzte der Falke. „Na los, so weit kann er noch nicht sein…“ Das war eine Hoffnung, kein Wissen – wenn es wollte konnte das Echsenvieh verdammt schnell sein. Nun. WIE gut er Lucien noch kannte, würde sich tatsächlich in den nächsten Wochen zeigen - Ceallagh war sich bereits darüber mehr als im Klaren, dass von dem kleinen Jungen nicht viel übrig geblieben war. Der Lauf der Dinge eben. Letztlich konnte er nicht behaupten, selbst noch der zu sein, der er einst war. Wenn auch noch immer zu großen Teilen. Seine Selbstsicherheit hatte er über die Jahre weniger eingebüßt. Zum Leidwesen einer Vielzahl von Menschen. Er schenkte Tarón somit ein kurzes Lächeln und einen mehrdeutigen Blick - er konnte sich bis auf weiteres darauf zusammenreimen was er wollte. Vielleicht schenkte er ihm irgendwann im Laufe des Tages reinen Wein ein. Wenn er die Lust dazu besaß. Denn was gerade seine Aufmerksamkeit vereinnahmte waren die Spuren einer nicht ganz so kleinen Echse auf dem schlammigen Boden einer Pfütze. Bingo! Taróns tiefer Seufzer ließ Ceallagh den Blick für zwei, drei Herzschläge zu ihm herum fahren. Gab seinem Körper dann jedoch einen sanften Ruck, um den Pfad zu verlassen und in die angenehmen Schatten zwischen den Häuserreihen einzutauchen. “Man könnte meinen dein Echsenfreund wäre mehr eine Schlange als Echse.“, raunte der Hüne amüsiert über seine Schulter. Warf Tarón einen Seitenblick zu, kaum dass dieser aufholte und die kleinen Spuren verfolgte, die zunehmend im Sand versickerten. Das Tempo mit dem das Tier voran schritt war entweder beeindruckend oder die Aufmerksamkeit seines Besitzers nicht sonderlich groß. Mit reichlich Vorsprung konnte Calwah wohl gefühlt in jeder Ritze dieser Stadt verschwunden sein. Und allein Ceallaghs Instinkt sagte ihm, dass er vielleicht an einem sonnigen Platz suchen oder dort Ausschau halten sollte, wo es Futter gab. Wie in einem Hühnerstall. Ähnlich dem, der sich wenige Meter vor ihnen - umzäunt von einem hüfthohen Holzzaun - in einem Hinterhof auftat. Der Hayes musste sich ein Lachen verkneifen, als er bereits das laute Gezeter der Hühner vernahm. Dann ein Fauchen. Und nur eine Sekunde später das spitze Aufschreien einer Frau. “Du solltest ihm vielleicht bei Zeiten ein paar Manieren beibringen.“, gluckste er und beschleunigte seinen Schritt. Mit Ceallaghs kurzem Lächeln war die Lucien-Thematik damit vorerst abgeschlossen. Calwah – den galt es nun zu erwischen, ehe er wieder irgendeinen Blödsinn anstellte. „Wegen der Spuren im Schlamm oder wegen seiner Niedertracht?“ raunte Tarón mit einem grimmigen Lachen zurück. Selbst ihm war klar, dass Calwah im Grunde nur seinen Instinkten nachging… seinen simplen dummen kleinen Echseninstinkten die ihn zielsicher in irgendeine Scheiße ritten. Und Tarón gleich mit. Und der Falke kam nicht umhin ihm das mitunter sehr übel zu nehmen. Auch an seine Ohren drangen nun die Geräusche. Zumindest fand Ceall das ganze noch überaus lustig – das bremste tatsächlich auch den Zorn des Falken, der sich nun beeilte zu der ablaufenden Katastrophe zu gelangen, die Calwah schon wieder anzettelte. Manieren…tja. Leider war die Echse kein Hund. Ob man Echsen übers Knie legen konnte? „Ich brauch doch ne Leine…“ Dachte er nicht zum ersten Mal laut. Hühnerstall – ein Haufen Federn um den Eingang herum, ein paar noch in der Luft wirbelnd - davor eine Frau, die in etwa sein Alter hatte und ihre Hände ans Gesicht schlug, die Augen rund wie Teller auf das Vieh starrend, das grade dabei war ein noch schwach zappelndes Huhn hinaus auf den schmalen Steg zu ziehen, der den Hühnern als Rampe in ihren Stall diente. „‘Tschuldigung…“ Tarón schob die Frau sanft, aber bestimmt an ihren Schultern zur Seite. Die Echse sah ihn an, er sah die Echse an. Calwah schien zu beschließen, dass er seinen Snack auch indoor genießen konnte, doch ehe er in dem Loch zum Hühnerstall verschwinden konnte packte Tarón ihn am Nacken, und riss ihn in die Höhe. Ein paar letzte Male mit den Füßen tretend hing das Huhn im Maul der Echse, die sich weigerte, die Beute loszulassen. Tarón starrte ihn einen Moment einfach nur böse an. Die Echse glotzte einfach zurück. Schließlich klemmte er sich die Echse unter den Arm und wandte sich der immer noch recht bleich aussehenden Frau zu. „Sie sollten ihren Verschlag besser sichern, Ma’am. Hier gibt’s Raubtiere. Gern geschehen, dass wir dieses für sie beseitigen. Sie schulden uns nichts. Treffen sie fürs nächste Mal nur bessere Vorkehrungen.“ Er sagte das mit einer Stimme die nicht nur vollends überzeugt klang, sondern auch ruppig genug klarzumachen, dass es vielleicht keine gute Idee wäre hier irgendwas mit den beiden großen, gefährlich genug aussehenden Typen zu diskutieren….selbst wen Ceall aussah wie ein großer Sunnyboy. Ruppig pflückte er das tote Huhn aus Calwahs Kiefern und reichte es ihr, ehe er sich zum Gehen wandte. Das Schauspiel, das sich ihm inmitten von fliegenden Federn und aufgeregtem Getier bot, wäre mehr als zum Schreien gewesen. Urkomisch. Etwas, das er Lucien erzählen musste, wenn sie zurück waren. Dabei kein Detail auslassend, das seine wachsamen Augen einfingen. Weder das wortlose Blickduell, das sich Herrchen und Echse lieferten, noch das halb tote Hühnchen im Maul des schuppigen Tieres. Alles was Ceallagh zu dieser Situation beizutragen hatte, war die Frau zu beruhigen, die bei Taróns Worten rot anlief. Vor Wut und Unverständnis, wie man an merken musste. Gerade noch im letzten Moment, konnte der Hüne die Hände nach einem Huhn ausstrecken, das an ihm vorbei über den Zaun fetzen wollte. Musterte die flatternden Flügel, bevor er es sich unter den Arm klemmte und sanft über den Hals strich. "Und sie haben wirklich sehr schöne Hüner.", fügte er hinzu und sah lächelnd zu ihr auf. Wartete, bis das Federvieh an seinem Körper endlich das Strampeln aufgab und er den Schmerz in seiner Schulter soweit übertünchen konnte, dass er den Arm zurück in die dunkle Schlinge schob. "Ist das eine eigene Züchtung?" Vorsichtig fuhren die langen Finger unter den Bauch des Huhns. Fühlten den rasenden Herzschlag hinter der winzigen Brust. Der Hayes wartete darauf, dass die junge Frau ihr Hab und Gut entgegen nahm, kaum dass er auf sie zugelaufen war und nur noch eine Armlänge von ihr entfernt stand. "Nnn... nein. Mein Vater hat sie gekauft." Sie wischte sich mit skeptischer Miene die Haare aus dem Gesicht. Besah sich das Chaos im Gehege. Dann Tarón und die Echse. "Oh... dann hat ihr Vater wohl einen sehr guten Geschmack. Hühner wie diese sind nicht leicht zu bekommen." Mit ausgestrecktem Finger deutet er auf eines des Exemplare, dessen roter Kamm aus einem der Häuschen heraus lugte. Ein kleines, hübsch drein schauendes Geschöpf, dessen blau-graues Gefieder regelrecht unter den weißen und braunen Artgenossen herausstach. "Sieht fast aus wie eine spezielle Kreuzung der Herzogfamilie von Birlan. Sie und ihr Vater müssen wahre Glückspilze sein, so etwas in die Finger bekommen zu haben. Da sollten sie wirklich besser auf ihr Gehege und den Schutz des Tieres achten." |