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Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Druckversion

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RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Weltenwind - 02.06.2017

Ein Hauch von Ablenkung ...
Wie ein Echo wurde der Befehl des Zweiten Leutnants weiter durch den Rumpf getragen. Ein Befehlshabender nach dem anderen griff die Worte auf und verlieh ihnen unbarmherzige Dringlichkeit über das stetige Läuten der Alarmglocken hinweg. „An Deck, ihr versoffenen Hunde. Beeilung!“ Niemand ahnte, dass die eigentliche Bedrohung im Rumpf des Schiffes wartete, als die Masse der Uniformierten langsam in Bewegung kam und auf die Treppen zum Hauptdeck zuströmte. Eine am Bug, eine am Heck – nur wenige Meter von der Stelle entfernt, an der Enrique stand und das Chaos herauf beschworen hatte.

Die ersten Soldaten hatten die Stufen kaum erreicht, als der Schuss aus dem Zellentrakt ertönte. Unnatürlich laut durchschnitt der Knall das Stimmengewirr, das Knarzen der Planken und das Trommeln hunderter von Füßen und brachte die, die der Treppe am nächsten waren, zum Innehalten. „An Deck habe ich gesagt!“, donnerte prompt eine Stimme aus dem Gewirr der Soldaten. Einen Moment später schob sich der Besitzer dieser Stimme durch die Leiber seiner Untergebenen und fand mit gewohnter Zielstrebigkeit ein Gesicht, dem er den nächsten Befehl entgegen schnauzen konnte. „Sergeant? Nehmen sie sich ihre Männer und finden sie heraus, was dieser Schuss zu bedeuten hat!“ 'Dann erstatten sie mir Bericht' schien der Ausdruck auf seinen Zügen noch zu sagen, bevor er sich umwandte und die Stufen im Laufschritt erklomm.

Für die wenigen Soldaten auf dem Hauptdeck, die von der Flucht der Gefangenen wussten, war es nun dank Enriques Befehl unmöglich, nach unten zu gelangen, bis sich das Chaos gelegt hatte und die eigentliche Situation überhaupt an die übrigen Offiziere weiter getragen werden konnte.
Doch selbst dazu sollte es nicht kommen. Wie um das Durcheinander komplett zu machen, ertönte laut und herrisch über den Lärm hinweg eine Stimme, die Enrique und Skadi nur zu vertraut war. Kapitän Harper. Offenkundig äußerst ungehalten über die nächtliche Störung hatte er seine Kajüte verlassen und war auf das Hauptdeck getreten, das sich rasant mit halb betrunkenen Soldaten füllte. Die wütenden kleinen Augen auf den jungen Fähnrich gerichtet, der so dumm gewesen war, die Alarmglocken läuten zu lassen, polterte er los. „WAS BEI DEN ACHT WELTEN IST HIER LOS??
Auf dem Deck darunter war nur noch leises Gestammel zu vernehmen, das wohl eine Antwort des Fähnrichs sein sollte. Wie genau diese lautete, verstand auf dem Kanonendeck allerdings niemand.

Derweil näherte sich der Sergeant samt seiner Einheit mit schnellen Schritten Enrique und dem Niedergang zum Zellentrakt, auf dem sich Yaris, Lucien und Samuel noch außer Sicht aufhielten. Aspen, der Talin, Shanaya und Liam bis zum Niedergang zum Frachtraum gefolgt und dort vorsichtshalber Stellung bezogen hatte, ließ den Blick nun durch die rechteckige Öffnung über ihm wandern, wo er gerade noch Enriques Rücken ausmachen konnte. Auch er vernahm die Schritte, die sich ihnen näherten und auch er hatte den Befehl gehört, mit dem der Offizier Klärung der Lage verlangte.



Spielleitung für die Morgenwindgruppe

[Zellentrakt und Kanonendeck der Morgenwind]

# Enrique und Skadi auf dem Kanonendeck; eine Gruppe Soldaten kommt auf die zu.
# Yaris, Lucien und Samuel befinden sich noch auf der Treppe zum Kanonendeck; außer Sicht der näher kommenden Soldaten
# Aspen steht an der Treppe zum Frachtraum, neben Liam der einzige Pirat in Uniform
# Shanaya, Talin und Liam können vorerst unbehelligt agieren



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Liam Casey - 02.06.2017

Für einen kurzen Moment lehnte sich der Mann an das Holz des Schiffrumpfes. Abermals überkam ihn eine Welle an Schwindel, während er das sachte Pochen seiner Stirn schon längst wieder verdrängt hatte. Die Kopfnuss, die er Kaladar verpasst hatte, hatte wohl bei ihnen beiden Spuren hinterlassen und das unnachgiebige Schaukeln des Transporters tat zusätlich das Übrige. Er blinzelte einige Male und starrte ziellos auf die Bodenblanken, ehe er wieder aufsah – zugehört hatte er dem Geschehen durchgängig. Und er musste gestehen, dass ihm Talins Plan ganz und gar nicht gefallen wollte. Als das Drehen in seinem Kopf nachgelassen hatte, schüttelte er kurz den Kopf, ehe er – sich kurz nach Aspen umdrehend, der Stellung hinter ihnen bezogen hatte – die Entfernung zu den beiden Frauen überbrückte. Talins Einladung war nicht nötig gewesen, allerdings hatte er den kurzen Moment gebraucht, um sich und vor allem sein Gleichgewicht wieder zu fangen. Sineca hatte indes Gefallen daran gefunden, nach und nach Kisten nach unten zu schubsen, die sie finden konnte – ganz egal, wie groß oder schwer. Hauptsache schaffbar.

„Muss das wirklich sein?“, zischte er unbegeistert, nahm aber fast im selben Augenblick eines der Pulverfässer hoch.

Er ahnte, dass er mit der fehlenden Begeisterung wahrscheinlich alleine dastand, aber das hielt ihn nicht davon ab, offen seinen Unmut kundzutun. Das unterschied ihn wohl wirklich von einem waschechten Piraten – die sinnlose Mordlust und vor allem die Freude daran. Liam war kein unbarmherziger Mörder. Er hatte zwar keine großen Probleme damit, jemanden umzubringen, wenn es um Leben ging, aber gerade hatten sie mit Sicherheit genauso gut die Chance, ohne weitere, unnötige Opfer zu entkommen. Hatten nicht schon genug Menschen ihr Leben gelassen? Die meisten der Männer auf diesem Schiff waren in erster Linie wahrscheinlich hier, weil sie Gold verdienen mussten, um ihre Familien zu ernähren. Nur wenige waren so besessen wie dieser Offizier, der sich bereits darüber eschoffierte, nicht mit dem Respekt begrüßt zu werden, den sein Rang unter diesen Leuten hier anscheinend mit sich bringen sollte. Lächerlich.


{ eher unbegeistert, hilft aber trotzdem | shanaya, talin, aspen }



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Shanaya Árashi - 05.06.2017

Shanaya schüttelte leicht das kleine Fass in ihrer Hand, und es klang genau nach dem, was sie suchten. Sie traute der Marine alles zu – und es wäre irgendwie beschämend, wenn sie mit einem kleinen Fass voller Schildkrötenköpfen versuchte, eine Explosion zu verursachen. Aber wenn sie keinen in Fässer gefüllten Sand mit sich herum schifften, sollte sie wohl fündig geworden sein. Talins Reaktion auf ihre Worte kam etwas verzögert, aber Shanaya musste darüber schmunzeln, auch wenn sie ehrlich gesagt an etwas anderes als 'Zeichen' gedacht hatte... Die Blonde war kein Freund von halben Sachen, das gefiel Shanaya. Und die Gefangenen... der Wichtigste war gerettet, der Rest... nun, Shanaya glaubte nicht, dass sie hiermit irgendwelche unschuldigen opferten, es gab sicher nicht noch mehr gute Samariter. Und die Soldaten... das war schon in Ordnung. Berufsrisiko.
Mit lockeren Sprüngen hopste sie also auf die nächste Kiste, während Sineca immernoch alles nach unten beförderte, was ihr in die Quere kam. Hauptsache sie hatte Spaß dabei... Sie selbst lauschte zwar auch, was da oben vor sich ging, aber außer dem lauten Grölen der Gefangenen war da nicht viel zu verstehen, was irgendwie... gut und schlecht war. Aber die Schwarzhaarige ließ sich davon nicht beirren, hob ein zweites, kleines Fass hoch, schüttelte es erneut. Immerhin zwei kleine, das war schon ein kleines Bumm. Die blauen Augen der jungen Frau huschten kurz zu der Blonden, die scheinbar wirklich eine diebische Freude daran zu haben schien, dieses Schiff mit einem großen Knall verlassen zu können. Bei ihren Worten rümpfte Shanaya leicht die Nase, wackelte sie ein bisschen hin und her, als hätte ihr jemand die Nase gekitzelt. Aber sie zwei konnten sich mit diesem Gedanken wohl mehr anfreunden als der dunkelhaarige Lockenkopf. Shanaya nahm seinen Zweifel mit einem lautlosen Atemzug auf, sprang dann mit einem schnellen Satz von den Kisten, um mit den zwei Fässern in Richtung Mast zu gehen.

Machst du dir Sorgen um die verurteilten Verbrecher – oder um die Soldaten, die uns ans Leder wollen?“

Mit einer lockeren Bewegung ließ die Schwarzhaarige die zwei Fässer gegen den Mast rollen, hob dann den Blick zu Talin, die mit einem größeren Fass kämpfte. In diesem Moment, mit einem Blick zu Liam und Aspen, der sich zu ihnen gesellt hatte, kam ihr der Gedanke, ob sie sich nicht vielleicht zu früh von der Uniform getrennt hatten. Wenn über ihnen das Chaos ausgebrochen war, wäre es vielleicht sinnvoll, sich in voller Verkleidung unter sie zu mischen. Aber sie zuckte nur mit den Schultern, wenn das hier alles so klappte, würden die Soldaten ein anderes Problem haben. Sie selbst mussten dann nur zusehen, dass sie zeitig von diesem Schiff kamen. Talin forderte den Dunkelhaarigen noch einmal auf, während Aspen wenigstens so tat, als würde er Wache schieben. Shanaya trat zu der Blonden, half ihr bei den letzten Schritten, um das Fass direkt an den Mast zu bringen. Dann trat sie in die Richtung eines anderen, großen Fasses.

Und wenn Talin ihren Bruder mit einem kleinen Feuerwerk begrüßen möchte...“

Mit diesen Worten warf die junge Frau der Blonden ein munteres Grinsen zu, wandte sich dann wieder den Fässern zu, um nach einem weiteren zu suchen.
[Frachtraum - Talin, Liam & Aspen]



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Talin Dravean - 11.06.2017

Ihre Arme zitterten leicht und sie schielte dankbar zu Shanaya hin, die ihr beim Befestigen des Fasses half. Sie hatte das Fass schweigend bewegt, Liam dabei nur einen kurzen Blick aus dem Augenwinkel zu geworfen und auch seine Frage und Shanayas Antwort darauf nicht beachtet. Ihr war in dem Moment nur wichtig gewesen, dass der Lockenkopf mit half und das andere Mädchen ihre Fässer in die Nähe des Hauptmastes brachte. Was sollte sie auf diese Frage auch antworten? Es wäre eine Lüge, zu sagen, sie hatte keinen Spaß daran das Schiff in die Luft zu jagen und es war ihr ziemlich egal, wer dabei drauf gehen würde. Sich zu viel Mitgefühl zu gestatten, würde sie nicht weiter bringen. Und ganz ehrlich, so lange die wichtigsten Menschen – das bedeutete also ihre Crew in diesem Moment – sicher von diesem Schiff kamen, waren ihr die anderen wirklich herzlich egal. Aber wahrscheinlich war es nicht das, was Liam hören wollte.
Sie drehte sich wieder in Richtung der Fässer, sah, wie der junge Mann sich trotz seiner Bedenken an dem Fass abmühte. Trotzdem half er ihr. Ein leises Seufzen schlich sich über ihre Lippen, bevor ihr Blick zu der Schwarzhaarigen huschte und sie ihren Kommentar mit einem leichten Lächeln quittierte. Ein witziger Gedanke, das so zu betrachten und vielleicht nicht ganz so abwegig. Aber sie sagte es nicht laut, sondern eilte nur schnell zu Liam und half ihm mit seinem Fass. Ihre Gedanken irrten hin und her und sie selbst wälzte sie, auf der Suche nach der richtigen Formulierung. Wie sollte sie ihren Plan in Worte fassen?

„Ja, es muss sein, dass wir das Schiff sprengen. Ich tue das nicht zu meinem Vergnügen, auch wenn es mir Spaß macht. Aber denk doch einmal darüber nach. Wir werden nicht gänzlich unbemerkt verschwinden können, jetzt nicht mehr." Ihr Blick huschte finster zu Aspen, der Wache stand. „Wir brauchen ein Ablenkungsmanöver, damit wir entkommen können, denn mit drei Schiffen können wir es nicht aufnehmen. Sprengen wir eines, werden die anderen Schiffe hoffentlich abgelenkt genug damit sein, die Marineangehörigen, die überleben, aus dem Wasser zu fischen und wir können entkommen.“

Sie zuckte mit den Schultern, während sie das Fass, neben das andere hievte, welches sie dort schon befestigt hatte. Sie wischte sich eine kurze Strähne aus dem Gesicht und sah dann Liam direkt an.

„Und mal ehrlich: Würden wir die Gefangenen frei lassen und mitnehmen oder ohne Ablenkungen von hier verschwinden, würden weder die Verbrecher noch die Marine zögern, uns umzubringen.“

Mit diesen Worten klopfte sie kurz aufs Fass, sah sich um und nickte zufrieden. Dann nahm sie eines der kleinen Fässer, wog es ab, richtete ihren Blick auf Shanaya und hielt ihr das Fässchen hin.

„Wir müssen eine Spur ziehen, die lang genug ist, dass wir von hier verschwinden können. Liam, du und Aspen solltet vielleicht schon einmal vorgehen.“

[Frachtraum | mit Shanaya, Liam und Sineca]


RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Skadi Nordskov - 17.06.2017

Ihre Muskeln knirschten unter dem weichen Stoff der Verkleidung, die sich nach all den Jahren wie eine falsche zweite Haut an ihren Körper schmiegte. Ihre wahre Identität verschleierte und alle glauben ließ, dass sie als Mann auf diese Welt und auf dieses Schiff gekommen war. Um die Familie zu Ehren, um vielleicht wie ein winziger Bruchteil der Morgenwind wirklich etwas Gutes in diesen Weiten zu bewirken. Ts Hätte Skadi derlei Dinge wirklich im Sinn, würde sie wohl kaum mehr auf den morschen Planken in Richtung Schatten verschwinden. Entweder weil ihr Kopf bereits nach der Ermordung des Kapitäns von den Schultern geschlagen worden wäre oder sie sich klammheimlich von Board geschlichen hätte.
Mit einem kurzen Blick vergewisserte sich die junge Jägerin der Anwesenheit des Fremden in ihrem Rücken. Musterte seine skeptische Miene, kaum dass sie die kleine Kanone erreicht hatte. Die tiefen Schatten seiner Miene zeugten eindeutig von Zweifeln. Scheinbar war er doch nicht der mutige Raufbold, zu dem er sich auf den Treppenstufen erhoben hatte. Fast schon mit einem freudigen Schimmern in den hellen Augenpaare ihrem Weg gefolgt war. Und seine Worte ließen nur Unverständnis in den Gedanken der Nordskov zurück. Was für ein Feigling. Wenn er wirklich glaubte, dass das Vorhaben seiner Crew nach dieser schieren Eskalation noch funktionierte, hatte er wohl weitaus weniger Kampferfahrung, als sie ihm anfänglich zugeschrieben hätte. Zwar ehrte sie seinen Kodex keine Unschuldigen zu opfern, doch wenn er das Chaos nicht in seiner Gänze wahrzunehmen vermochte und darüber hinaus vergaß, dass nicht nur die Morgenwind, sondern ebenso die anderen beiden Marineschiffe in ihrem Rücken ihnen gefährlich werden konnten, war es nahezu unmöglich das genervte Seufzen zu unterdrücken, das sich gebieterisch durch ihre Kehle presste. Törichter Gutmensch. War sie früher auch so gewesen, vor dem Verlust ihrer Familie? Hatte sie da noch irgendwie an das Gute im Menschen geglaubt? Nun. Zuweilen tat sie es immer noch - sofern sie sich dazu durchringen konnte einer einzelnen Seele überhaupt Vertrauen zu schenken.

Kaum berührten ihre Fingerspitzen das kalte Metall der kleinen "Betti", zuckten die feinen Ohrenspitzen merklich. Lenkten ihre Aufmerksamkeit von der Lunte der kleinen Kanone zurück zum Anfang ihrer Reise, dem Fuße der Treppe, die vom schlaksigen Körper Enriques verdeckt wurde. Skeptisch beobachtete Skadi den Offizier, schmunzelte beinahe bei seinen Worten, weil sie aus seinem Mund bei weitem mehr Gewicht besaßen, als aus ihrem. Angesichts der konfusen Meute etliche Meter entfernt war sie als Rückendeckung weitaus besser zu gebrauchen, denn als Vorhut. Ganz davon abgesehen, dass trotz ihrer kämpferischen Fähigkeiten die meisten Marinesoldaten sie auf Grund ihrer "geringeren" Körpergröße immer wieder belächelten. Nicht selten hatten Soldaten ihrer Schicht die Konsequenzen solchen Verhaltens davon getragen. Und einer der Insassen konnte davon wohl aus eigener Erinnerung berichten, nicht wahr?
Hatte sie den Dunkelhaarigen schweigend beobachtet, zuckten die schwarzen Augenpaare nun in den äußersten Winkel zurück. Beobachteten Liam mit verengten Augenlidern. Ihm schien die Situation wohl zu heikel zu sein. Wollte lieber seine eigene Haut retten.

"Wenn ihr weiterhin eure Zeit mit Chaos und Zerstörung vergeudet, werdet ihr keine Möglichkeit mehr haben euer Schiff überhaupt zu erreichen.", wisperte sie ihm zu, ehe sich seine Silhouette herum wandte und die Treppe zurück zum Gefangenentrakt hinabstieg.  

Und kaum hatte der Offizier gesprochen, ertönte ein Schuss in der stickigen Luft. Durchfuhr wie ein Schlag  Skadis Körper und ließ sie mit rasselndem Atem neben dem massigen Metall ihres Plan Bs in die Knie gehen. Na das hatte ihnen gerade noch gefehlt. Ein Schuss unter Deck, der die Belegschaft statt an Deck direkt in den Schlund des Schiffes hinab schickte. Und angesichts der kurzweilig angespannten Haltung Enriques verfluchte er die Situation ebenso sehr wie sie selbst. Es blieb ihr keine andere Wahl mehr. Entweder versuchte sie die Situation noch zu ihren Gunsten auszuspielen, oder sie verlor die wohl einzige und letzte Chance von diesem Schiff zu verschwinden.
Kurz blickte sie zu Enrique hinauf, ehe sie sich mit einem Seufzen aus den Schatten erhob und energischen Schrittes an die Treppe sauste. Mit wütendem Ausdruck auf der Miene ins Zwielicht hinab und direkt ins Antlitz Luciens blickte. Jede Sekunde wäre nun kostbar und er musste schnell begreifen was sich nur wenige Meter über seinem Kopf abspielte.

"Gott ihr Vollidioten! Wie oft habe ich euch gesagt, dass ihr eure Pistolen sichern sollt. Ihr verdammten Hornochsen!", spie die kleine Gestalt der Nordskov mit erhobener Faust die Stufen hinab, behielt die Meute der Soldaten zu ihrer Linken jedoch fest im Augenwinkel.
"Bewegt eure volltrunkenen Ärsche endlich an Deck oder ich werde ungemütlich."

Mit einem langen Atemzug, wandte sie sich daraufhin ab, schüttelte aufgebracht den kurz geschnittenen Schopf, ehe sie an Enriques Seite trat.

"Dieses Pack ist so unfähig."

Und das war nicht einmal gelogen! Ha. Doch es brachte nichts mit offensichtlichen Mängeln dieser Meute herum  zu hantieren, wenn das eigentliche Problem trotz aller Anweisungen statt die Stufen hinauf genau auf sie und die Gefangenen zusteuerte.  Wie in Zeitlupe wandte sich Skadis dunkler Schopf herum, beobachtete die unzähligen paar Füße, ehe sie die durchdringende Stimme weit über sich vernahm. Ihr Herz raste schlagartig und drückte sich schmerzhaft gegen ihren Kehlkopf. DAS war ihre Chance. Nicht nur Enrique das Feld frei zu Räumen, sondern endlich an den empfindlichen Nacken heran zu kommen, der ihr so lang bereits versprochen war.
Ohne darüber nachzudenken schnaufte sie nur beim ersten Schrittwechsel, trat dem Sergeant entgegen, dessen Brust sie beinahe mit einer Armlänge Abstand berühren konnte. Mit erhobener Augenbraue und absolutem Unverständnis auf der Miene.

"Wieso stehen sie hier noch herum Sergeant? Haben sie Offizier de Guzmán nicht gehört? An Deck! Sonst werden die Saufbolde da unten nicht die Einzigen sein, denen eine Maßregelung blüht."

Und dessen nicht genug presste sie sich an dem "Hünen" vorbei, nahm auf ihrem Weg in Richtung Aufgang zwei Soldaten mit, dessen Körper sie mit festem Druck ihrer Hände voraus schob.
[Kanonendeck | erst im Schatten, dann in Sichtweite von Lucien und Yaris |
wenig später auf dem Weg in Richtung Deck]



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Liam Casey - 21.06.2017

Wahrscheinlich machte sich genau hier der Altersunterschied bemerkbar, der eben, trotzdessen, dass Liam ein Kindskopf war, bestehend war. Auch, wenn Shanayas Frage durchaus Hand und Fuss hatte, bezweifelte er, dass sie wirklich verstand, worauf er hinaus wollte. Sein Blick huschte kurz in ihre Richtung, während er gemeinsam mit Talin eines der großen Fässe an den vorbestimmten Ort verfrachtete. Natürlich wollten sie ihnen ans Leder – aber war es andersherum nicht genauso? Immerhin waren sie hier eingedrungen, um ohne Rücksicht auf Verluste das durchzusetzen, was sie vor hatten. Dagegen hatte Liam auch ganz und gar nichts einzuwenden. Aber jetzt hatten sie es geschafft, Lucien war frei und mit ihm ein ganzer Haufen verurteilter Männer, die in seinen Augen bereits genug Ablenkung waren. Genug Ablenkung, um davon abzusehen, das ganze Schiff in die Luft zu sprengen.

„Ich mach' mir Sorgen, um die Familien derer, die nicht so fanatische Marinemarionetten sind, aber zurückbleiben.“, erklärte er nüchtern und überging Shanayas weiteren Kommentar schlicht.

Er kam gar nicht auf die Idee, dass er vielleicht der einzige war, der wusste, wie es war, wenn eine eigentlich intakte Familie zerrissen wurde. Wahrscheinlich waren das die Momente, die die Menschen dazu brachten, Piraten abgrundtief zu hassen – die fehlende Gnade, die Rücksichtslosigkeit, mit der sie ihre eigenen Bedürfnisse aufs höchste Maß andere Werte stellten. Talin bewies zumindest in diesem Moment wesentlich mehr Vernunft als ihre Kumpanin. Trotzdem war sie ehrlich und gab zu, dass sie das Ganze mit einer gewissen Vorfreude vorbereitete.

„Wer sagt, dass wir sie alle mitnehmen müssen? Ich denke nur, dass es reichen würde, unbemerkt zu verschwinden, während sich der Rest der Gefangenen unbewusst um die Ablenkung der Marinesoldaten kümmert. Jedenfalls, wenn die übrige Mannschaft die Sache mit der Loyalität enger sieht als unsere zwei Grazien da unten.“ Er atmete kurz auf und schüttelte kurz den Kopf, ehe er Talin ein kurzes Lächeln schenkte. „Ich schätze einfach, ich werd' nie zu einem waschechten Piraten werden.“

Dabei klang er weder stolz noch bedauernd. Eine schlichte Feststellung eben, mit der sie wohl alle leben mussten. Trotzdem war er bereit, zu helfen. Er folgte Talins weiterer Ausführung und wurde abermals erstaunlich still. Auch, als sie Aspen und ihn schon einmal vorschicken wollte, machte er keine Anstalten, sich zu bewegen. Ein paar wenige Herzschläge später erst brach er aus seinem Schweigen und nahm Talin das Fass kurzerhand aus den Armen.

„Anderer Plan. Ihr seht zu, dass ihr verschwindet. Nehmt Sin mit. Und keine Diskussion.“

Das hier war keineswegs eine Geste aus Freundschaftlichkeit oder weil er plötzlich zum Gentleman mutiert war. Der Tonfall seiner Stimme hatte sich zusätzlich deutlich geändert und machte klar, dass er keine Widerrede zuließ. Auf seinen Zügen allerdings lag wieder das taffe, optimistische Grinsen, was man von ihm kannte. Das 'Warum' konnten sie auch noch später klären, wenn sie die Gelegenheit dazu haben würden. Im Augenblick hatte er aber rein nüchtern betrachtet am wenigsten von ihnen zu verlieren. Ob es nun heute sein sollte oder in wenigen Jahren – Liam hatte seine Gründe. Und es waren gute Gründe. Gründe, die er über seinen eigentlichen Unmut stellen konnte. Gründe, die nichts mit Heldentum zu tun hatten.


{ shanaya, talin, sineca | lagerraum | will die sache selbst übernehmen }



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Shanaya Árashi - 21.06.2017

(In Absprache mit Tally :) )
Shanayas letzte Worte amüsierten sie auf eine gewisse Weise. Wenn Talin ihren Bruder mit einem Feuerwerk begrüßen wollte... ob dem werten Herren das wohl gefallen würde? Eine, wie sie fand, berechtigte Frage. Ob er damit wohl ein Problem hätte – oder ob er sich so anstellen würde wie Liam? Der Dunkelhaarige schien sichtlich unzufrieden mit dieser Entscheidung zu sein. Trotzdem half er ihnen, eine Tatsache, die Shanaya leicht eine Augenbraue heben ließ. Was er dann sagte, ließ die junge Frau auch die zweite Augenbraue heben. Er sorgte sich um die Familien? Hätte sie eine dritte Augenbraue gehabt, so hätte die Schwarzhaarige sie in diesem Moment vermutlich auch noch angehoben. Liam mochte über sie denken, was er wollte – aber das verstand sie nicht. Dazu war sie wahrscheinlich viel zu egoistisch, um den Schwanz einzuziehen, nur weil irgendwo eine Frau vergebens darauf wartete, dass ihr Mann zurück kam. Dafür sollte sie riskieren, dass sie auf dem Schafott landete oder auf irgendeinem Marineschiff mit einer Kugel im Kopf in der Ecke lag? Nichtmal ihren rechten Arm hätte sie dafür gegeben... ein kurzer Blick folgte zur besagten Gliedmaße – besonders nicht den. Hier hieß es eben leben oder leben lassen, Piratenleben war kein Zuckerschlecken, bei dem man immer darauf bedacht sein konnte, bloß niemandem Schaden zu zufügen. Und keiner der Soldaten würde zögern, sie zu töten. Wieso sollte sie also Rücksicht walten lassen? Nur weil die einzige, die sie vermissen würde sie selbst war? Mit diesem Gedanken schlich sich ein munteres Grinsen auf die Lippen der jungen Frau. Vielleicht sollte sie Liam das als Argument vorbringen? Vermutlich keine gute Idee. Trotzdem irgendwie amüsant. Sie verbot sich einfach den Gedanken, ob man sich vermissen konnte, wenn man tot war.
Bevor sie jedoch auf die Worte des Mannes eingehen konnte, erklang Talins Stimme, sodass die Schwarzhaarige sich mit ruhiger Miene zu der Blonden herum wandte. Sie brachte auch ein Argument, dem Shanaya nur mit einem leichten Wiegen ihres Kopfes zustimmen konnte. Aber auch darauf wusste Liam eine Antwort, die der jungen Frau ein Schnaufen entlockte. Aber für sie war dieses Thema gegessen, so viel sie dazu auch noch hätte sagen können. Sie waren nicht hier, um über Tod oder Leben zu diskutieren – es würden auch ohne sie genügend Soldaten umkommen. So grausam diese Tatsache auch klingen mochte – der wichtigste Mensch war sie selbst. Und sie würde ihr eigenes Leben nicht dafür wegwerfen, damit irgendwelche Soldaten heil von diesem Schiff herunter kamen. Berufsrisiko. Sie lebte immerhin auch jeden Tag damit, dass sie den nächsten Sonnenuntergang nicht mehr sehen würde. Und mit diesem dramatischen Gedanken und Liams abschließenden Worten wandte die junge Frau sich wieder um, suchte kurz im spärlichen Licht nach Sineca. Bis Talin weiter sprach, ihr eins der kleinen Fässer entgegen hielt. Gerade wollte die Schwarzhaarige danach greifen, sich Talin erneut anschließen, als Liam nach dem Fass griff, ihr damit die Chance zu reagieren nahm. Und natürlich musste er Talin noch widersprechen und sie beide weg schicken. Ein Funke Misstrauen trat Shanaya in die hellen Augen, nicht sicher, was sie in diesem Moment von dem Lockenkopf halten sollte. Auf der einen Seite stemmte er sich gegen ihren Plan – jetzt wollte er das aber selbst übernehmen? In ihrem Inneren regte sich ein Trotz, der sie aus Prinzip dazu bringen wollte, selbst zu widersprechen. Aber sie schluckte diesen Drang runter, ließ den hellen Blick zu Talin wandern. Sie hatten nun wirklich keine Zeit für irgendwelche kindischen Diskussionen, wer hier was in die Luft sprengen durfte. Und die Blonde schien das genau zu sehen, womit Shanaya dem Mann nur einen weiteren, abschätzenden Blick zuwarf, ehe sie sich in Richtung Treppe aufmachte. Wo war sie hier bloß gelandet? Erneut ein leises Schnaufen, ehe sie den Blick einige Herzschläge später zu Talin herum wandte, ein fast enttäuschter Ausdruck in den hellblauen Augen.

Wie kommt es, dass WIR beide mehr auf dem Kasten haben als der große Rest der Crew?“ Milde ausgedrückt. Ein leises, schweres Seufzen. So viel zu dem vermeintlichen 'starken' Geschlecht... Davon hatte sie noch nicht viel gesehen. „Ich hoffe, dein Bruder wertet das ein bisschen auf.“

Obwohl da immernoch die Sache mit den drei Köpfen war... vielleicht sollte sie sich einfach damit abfinden, dass Talin und sie scheinbar das härteste hatten, was diese Crew aufbringen konnte? Bevor sie den ersten Fuß auf die Treppe setzte blickte die Schwarzhaarige sich jedoch noch einmal um, rief mit ruhigem Ton nach dem Haustier des Dunkelhaarigen. Erst einen Moment später bewegte sie sich weiter, wurde von dem Gegröle der Gefangenen begrüßt. Aspen warf sie keinen Blick zu, suchte nur kurz dieses Deck ab, um zu sehen, ob hier noch jemand Wichtiges war, den sie mitnehmen sollten. Aber der gewisse Herr Jemand hatte sich anscheinend schon selbstständig voran bewegt. Ohne irgendwelche Diskussionen. Das war ja nahezu angenehm, sodass die junge Frau nur noch einmal ihre Corsage und das rote Tuch um ihre Hüfte zurecht zupfte, Talin einen vielsagenden Blick zuwarf und sich mit gezielten Schritten auf eine weitere Treppe zu bewegte.

[Auf dem Weg nach oben | Talin, Sineca & Aspen]


RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Enrique de Guzmán - 24.06.2017

"LOS! SCHNELLER!", forderte der Leutnant die Männer auf, während er hinter sich Schritte und Flüstern registrierte. Was gesprochen wurde verstand er nicht. Der verpeilte Lockenkopf bewegte sich dort zwischen den nicht sachgemäß verstauten Kisten, dann Richtung Niedergang und schließlich die Treppe hinunter.
Was Enrique mehr vermutete als wusste und dem er sich dennoch sicher war, war, dass sich dort auch Kaladar befand.
Er verschwendete keinen weiteren Gedanken an den Schauspieler oder den Sergeanten. Der eine mochte den Anweisungen dieser Talin folgen oder sonst etwas tun wollen, unten stellte er keine Bedrohung für den Offizier dar, dem anderen vertraute er blind.
Stattdessen konzentrierte er sich darauf die Situation weiter in die Gewünschte Richtung zu lenken und seine Gedanken rasten voraus um mögliche Schwierigkeiten schon mit Lösungen zu versehen, ehe sie überhaupt auftraten.

Aus dem Augenwinkel bekam er mit, dass Yaris Scheitel auftauchte und dann ein, zwei mal kurz verschwand ehe er wieder an der Position war, in der ihn Enrique gerade so noch erspähen konnte. Warum auch immer. Bis jetzt hielt er durch und war wenigstens nicht nach unten gegangen.
Was genau wollten die anderen bloß im Frachtraum? Ihm war als habe er etwas Entscheidendes vergessen.

BLAM!

Der laute Knall eines Schusses dröhnte durch den Rumpf und übertönte hier auf dem Kanonendeck den Lärm der Gefangenen und der Mannschaft.

¿Qué cojones..?

Sofort schoss ihm ein neuer Plan nach dem anderen durch den Kopf, unausgegoren, oft bruchstückhaft, so schnell verworfen, wie aufgekommen oder für später beiseite geschoben und neu verwoben bis er sich für einen Fall entschieden würde oder müsste.
Grimmig späte er über das Deck, was, da es noch nicht aufgeklart war, gar nicht so einfach war. Er war nicht der einzige Offizier hier unten, und diese mal kam ihm Leutnant Ravenport zuvor:

„An Deck habe ich gesagt!“

Sein Befehl verstärkte, genau wie das geschnautzte "Oder soll ich euch Beine machen?!" Mac Murphys, Enriques. Dann sah der andere Offizier den Bootsmann missbilligend an, sagte aber nichts, sondern hielt Ausschau.
Der Dunkelhäutige musste bei diesem Anblick kurz grinsen, gaben die Beiden doch ein ungleiches Paar ab.
Der 3. Leutnant sah aus, als hätte er alle Zeit der Welt gehabt um sich anzuziehen und wäre nicht gerade erst aus der Hängematte geklettert.
Dagegen sah Bosun Mac Murphy aus, als ob er sich in so einer Situation eine Teufel um die Korrektheit seiner Uniform scherte, so lange er sie an hatte und seine Arbeit tat. Mac, wie ihn die Matrosen nannten, war also auch dieses Mal sein typisches Selbst, nicht aus der Ruhe zu bringen und zuverlässig wie immer.

"Gott ihr Vollidioten! Wie oft habe ich euch gesagt, dass ihr eure Pistolen sichern sollt. Ihr verdammten Hornochsen!", hörte er Kaladar plötzlich hinter sich.
"Bewegt eure volltrunkenen Ärsche endlich an Deck oder ich werde ungemütlich."
Mit einem kurzen Blick bekam er mit, dass der Sergeant sich so verhielt, als stünde dort unten immer noch Jones mit seinen Seesoldaten und nicht die Befreiten. Dann schnaubte er und wandte sich zu Enrique.
Mit einem aufgebrachten: "Dieses Pack ist so unfähig." trat Kaladar neben ihm. Der Dunkelhäutige nickte ihm kurz zu.

Derweil verschwand Ravenport, nachdem er alles notwendige in die Wege geleitet hatte, was er in solch einem Fall zu tun hatte - unter anderem jemanden auf die Unstimmigkeit anzusetzen - nach oben und überließ es dem Bosun dafür zu sorgen, dass auch alle anderen dort ankämen.

Gut, verhalte dich schön nach Vorschrift Ravenport, dich wäre ich nicht so leicht losgeworden.

Die Masse der Leute hatte sich gerade erneut in Bewegung gesetzt und angefangen sich nach oben zu orientieren, die Aufgänge zu füllen und auf das Deck zu ergießen, als eine dem Leutnant verhasste Stimme mehr als deutlich von oben zu hören war.

„WAS BEI DEN ACHT WELTEN IST HIER LOS??“

Harper.
Sein Blick richtete sich auf die Planken über ihm.

¡Joder!

Das war gar nicht gut, auch wenn die Besatzung auch ihm den Weg nach unten versperrte. So schnell hatte er mit dem Auftauchen des Kapitäns nicht gerechnet. Und auch den Fähnrich verfluchte er innerlich. Konnte der nicht mal ordentlich antworten?! Wenn Enrique ihn verstanden hätte, dann hätte der Leutnant wenigstens gewusst, was er zu erwarten hätte.
Er spürte wie ihm die Galle hochkam. Das Knäuel aus Wut, Hass und Verachtung dehnte sich aus, ließ ihn den Säbel schmerzhaft fest greifen und drängte sich scharf in seine Stimme.
Nein.
Für diesen Tyrann würde er sich nicht mehr verbiegen. Zorn legte sich auf seine Gesichtszüge und in seinen Augen lag ein Versprechen, finster und unheilverkündend.

"BEWEGT EUCH! IHR DA! DAS GILT AUCH FÜR EUCH! LOS, LOS, LOS!"

Nicht ahnend, dass er damit nicht der einzige war kam er zu dem Schluss, dass, sollte sich eine Gelegenheit ergeben den Kapitän der Morgenwind zu beseitigen, er sie ergreifen würde.

Während er sich auf die Ereignisse an Deck konzentriert hatte war Kaladar dem sich nähernden anderen Sergeanten entgegengetreten.

"Wieso stehen sie hier noch herum Sergeant? Haben sie Offizier de Guzmán nicht gehört? An Deck! Sonst werden die Saufbolde da unten nicht die Einzigen sein, denen eine Maßregelung blüht."

"Aber— Ich— Leutnant Ravenport—", versuchte Sergeant Dawson gegen Kaladars Anweisungen Einspruch zu erheben, wohl wissend, dass er, egal wie er sich entschied, zumindest einer Zurechtweisung nicht entgehen würde und wich einige Schritte sichtlich verunsichert zurück.
"Haron, Richards, bleiben sie hier!", befahl er, sich umdrehend und dem Sergeanten hinterher schauend, der sich an ihm vorbei schob und zwei seiner Männer packte, eben jenen mehr aus trotz, denn aus vernünftigen Gründen, hatte er den Befehl die Ursache des Schusses herauszufinden doch erst nach Enriques initialem Befehl erhalten und versuchte trotz allem weiter Richtung Niedergang zu spähen. Die beiden Gefreiten verhielten direkt am Fuße der Treppe, wagten es aber nicht, sich von Kaladar zu lösen.

Nach einem erneuten innerlichen Fluch trat der 2. Leutnant entschlossen vor. Angriff war auch hier die beste Verteidigung.

"WAS IST HIER LOS?!"

Der Soldat war sichtlich erleichtert, genau diesen Offizier anzutreffen und salutierte.

"Sir! Gut das sie hier sind, Sir, Leutnant Ravenport, wünscht zu—"

Ungläubig starrte er auf de Guzmáns mitgenommene Uniform und auch Enrique fiel erst jetzt auf, dass er sie seit dem Kampf mit Rawat nicht gerichtet hatte. Sein Gesicht verfinsterte sich weiter.

¡Mierda!

Das schloss einiges an Möglichkeiten aus. Auch wenn der Offizier diesem Mann keine Erklärung schuldig war würde er, soweit möglich, nicht ohne Netz und doppeltem Boden arbeiten. Dann konnte er eben nur einen Niedergang für die Ausbrecher frei halten. Seine freie Hand tat ganz von alleine das was möglich war um seine Kleidung herzurichten.

"Sergeant Dawson, beenden sie ihren Satz! Wir haben keine Zeit Maulaffen feil zu halten."

Erschrocken fuhr der Marinesoldat zusammen.

"Verzeihung Sir! Leutnant Ravenport wünscht zu erfahren, was es mit dem Schuss auf sich hat."

Enrique hätte Dawson so ziemlich Alles auftischen können aber die beste Lüge war eine, die der Wahrheit zum verwechseln ähnlich war, eine, die nicht er erfand, sondern der Andere sich selber eingab. Kurzerhand packte er den Sergeanten an der Schulter und zog ihn ran, wie als wolle er unbedingt, dass er ihn über den Lärm auch verstehe und sprach gerade so laut, dass auch Kaladar ihn hören konnte, so er noch auf Enrique achtete:

"Darum wird sich Sergeant Kaladar kümmern. Sie nehmen ihre Männer und sichern den vorderen Niedergang! Die Gefangenen versuchen auszubrechen aber behalten sie das vorerst für sich! Sie haben Erlaubnis im Notfall zu schießen. Das mir da keiner hoch kommt!", knurrte er und ließ ihn los.

Die Augen seines Gegenübers wurden groß, während er versuchte, das Gehörte zu verarbeiten.

"BEWEGUNG DAWSON!"

"Aye, Sir!", der Marinesoldat reagierte, wie der Drill es ihm eingab, salutierte erneut, rief "Los, mitkommen Männer!" und hastete durch das Chaos davon. Haron und Richards sahen sich verwirrt an und dann auf Kaladar, hatten sie den Befehl des Leutnants doch über den Lärm schlicht nicht verstanden.

Damit hatten sie wieder einen Moment Ruhe. Blieb nur zu hoffen, dass Dawson sich an den Befehl halten würde, nicht umdrehte, mitdachte und Verstärkung zu Enrique schickte oder auf irgendwelche Heldentaten wie hinuntergehe verfiel...
Jetzt musste er nur noch die Befreiten in seine Kajüte und vom Schiff bekommen ehe Irgendwer von oben herunter konnte.
Er zog sich etwas weiter als bis zum Fußende des oberen Niederganges zurück um den nach oben hastenden Männern die Sicht zu versperren, ehe er nach hinten rief:

"Deggeroy, Brown! Bringt die Gefangenen in mein Quartier!"

Hoffentlich verstand, wer auch immer derzeit alles auf der Treppe Stand das Zeichen und nutzte die Gelegenheit...

***

Darunter, in den Zellen, hielt ein glücklicher Narr kurzfristig den Schlüssel zu selbigen in der Hand, den Enrique gänzlich vergessen zu haben schien. Der kleine Fisch von Betrüger war zu versunken in diese plötzliche Freude und die daraus folgenden Möglichkeiten, als dass er den Schlüssel sofort benutzte oder dass er die kurze Handbewegung in der Zelle auf der anderen Seite des Ganges mitbekam. Und die Ausführung dieser Anweisung durch einen Gefangenen in seiner Nachbarzelle merkte er erst, als zwei Hände seinen Kragen packten und ihn gegen die Gitterstäbe zerrten.

"Her mit dem Schlüssel!", schnauzte der Andere, wartete eine Reaktion aber gar nicht erst ab, sondern packte das Gewünschte und wandt es ihm rücksichtslos aus den Fingern. Die Zeit drängte.

Danach war der Schlüssel in den Händen von Rawats Leuten und die hatte jener auch durch die Gitter unter Kontrolle.
Tarans Piraten wurden ruhig, was aber ob des von den anderen Insassen verursachten Lärms nicht weiter auffiel.

Da Enrique sie auf unterschiedliche Zellen verteilt hatte galt es als Erstes die eigenen Leute zu befreien. Und während unten die Fässer bewegt und oben die Besatzung an Deck getrieben wurde wurde zunächst Taran Rawat von seinem Kanonier befreit, und dann der Rest seiner Glücksritter, so sie sich auf der Morgenwind befanden.

Das Nächstwichtigste war, die eigenen Kampfkraft zu erhöhen. Also griffen sich jene, die zuerst ihrer Fesseln ledig waren, die Waffen der Toten und auch Shanayas Pistole fand auch ungeladen einen neuen Besitzer.
Rawats Männer waren trotz der langen Gefangenschaft recht fit, hatten sie doch keinerlei Probleme damit, anderen die spärlichen Rationen wegzunehmen und sich selbst einzuverleiben. Sie würden die Waffen also durchaus auch einsetzen können.

Und man mochte über ihren Kapitän sagen können, was man wollte, er wusste, was ihm zum Vorteil gereichen würde:
Seine Leute sammelten sich auf sein Geheiß um ihn und brachten jene mit, die bereit waren, sich ihm anzuschließen.
Sie stürmten nicht einzeln davon oder fingen an sich zu streiten (Einige erledigten noch eben schnell ein paar Rechnungen mit anderen Insassen, oder stoppten jene, die zu dumm waren, die Vorteile eines geordneten Vorgehens zu erkennen, aber da ging es nicht um interne Angelegenheiten) sondern zogen sich etwas zum vorderen Niedergang zurück.
Und er hieß sie warten.

Sollten diese Befreier ruhig erst mal machen, so konnte er so viele Männer um sich scharen, wie sie befreit bekämen, bis jene Eindringlinge anfingen sich zurückziehen. Sicher, er hatte ebenfalls noch mit dem Einen oder Anderen an Bord dieses Schiffes abzurechnen, vor allem mit diesen teufelsäugigen Dämon von Offizier, der es gewagt hatte ihn zu verletzen, aber was nützte das, wenn sie nicht vom Schiff oder es unter ihre Kontrolle bekämen?
Da kam ihm das auftauchen Shanayas sehr gelegen:

"Hey Matey! Wir wollen mit! Bringt uns zum nächsten sicheren Hafen und wir sind auf eurer Seite", rief er die junge Frau an.

Und Hilfe konnten die Schwarzhaarige und ihre Begleitung bestimmt gut gebrauchen.


{ Enrique auf dem Kanonendeck | sichert weiterhin den hinteren Niedergang bei Luciens ehemaliger Zelle und seiner Kajüte | erst neben Kaladar, dann wieder in der Nähe von Samuel, Yaris und Lucien |
|
| Die Gefreiten Haron und Richards befinden sich noch in Skadis Griff |
|
| Auf dem Gefangenendeck haben sich bereits etwa ein Dutzend Insassen befreit und um den Hühnen gesammelt und soweit es geht bewaffnet | Rawat wendet sich an Shanaya }



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Trevor Scovell - 26.06.2017

RUMMMS!

Aua. Trevor setzte sich verschlafen auf. In seinem Kopf hallte noch dieses eine Geräusch nach, klang, als wäre irgendwas auf den Boden geplumpst. Rumms. Oder: Rummms.

Ruuuuuummmms“, murmelte er etwas bedeppert und rieb sich die Augen.

Vor ihm schälte sich ein, nein, schälten sich zwei Beine aus dem Halbdunkeln. Iiiih, Beine die sich schälen, witzelte ein Teil in ihm und brachte ihn augenblicklich zum Kichern. Ein anderer Teil registrierte geschäftig, dass er offenbar auf dem Boden saß, aber das war eher zweitrangig, das passierte immer mal wieder und wieder und eigentlich ständig. Trevor gähnte und sah an den Beinen hoch.

Eyyy, Rayon.“ Er kicherte wieder. „Hasu das gehört? Rummmmssss. Rumm- aua.

Er war dazu übergegangen, mit seinen Händen seinen Kopf zu betatschen – warum wusste er auch nicht mehr so genau, seine Haare waren vom Schlafen so lustig verdreht und verheddert – und irgendwas schien ihm da gerade ganz gewaltig auf den Kopf gefallen zu sein. Vielleicht er selbst. Oder das Schiff. Jedenfalls tat‘s da ganz schön weh.

Rumms“, murmelte er wieder und dann schien ihm plötzlich etwas aufzufallen: „Rum! He, wo is –“, er sah sich verwirrt um, konnte im Halbdunkeln aber wenig ausmachen und noch weniger verarbeiten. „Wir ham doch … isser leer?! Oh Maaaaaaaann.

Suchend klopfte er seine Kleidung ab, fand aber nichts außer seinen Waffen. Das stellte ihn nicht zufrieden, aber erklärte immerhin, warum ihn die Meerjungfrau in seinem Traum ständig mit spitzen Muscheln gepikt hatte. Etwas umständlich kraxelnd kam er auf die Beine. Das Schiff drehte sich ein paar Mal aufgeregt um ihn, offenbar hatte es eine Heidenfreude daran, ihn wieder unter den Lebenden zu sehen. Er tätschelte liebevoll das Nächstbeste, das ihm in die Finger kam. Was auch immer das war, er sah gar nicht hin.

Hab dich auch lieb, Sphinxii … is Greo oben?“, fügte er dann hinzu, mehr an sich selbst und die Sphinx denn an Rayon, dessen Anwesenheit hier unten er ohnehin noch nicht so ganz verarbeitet hatte. Greo war schließlich der mit dem Rum gewesen.

Er drehte sich einmal zu viel um sich selbst, bevor er die Treppe fand und hüpfte dann so behände die Stufen hinauf, als habe er sein Leben lang nichts anderes trainiert. Was der Realität immerhin auch erstaunlich nahekam.

Bis auf ein entferntes Klingeln in seinen Ohren war es draußen ziemlich ruhig, ziemlich leer, ziemlich dunkel und alles in einem ziemlich lahm. Wo steckten denn bloß alle?! Trevor spielte schon mit dem Gedanken, wieder runter zu gehen – wortwörtlich, in seinem Kopf hopste ein knallroter Ball die Stufen hinunter – und dort nach den anderen zu suchen, als er Greo über sich auf dem Achterdeck entdeckte. Augenblicklich verbreiterte sich sein Grinsen auf die Ausmaße eines Seeteufels. Er hatte schon beide Arme über den Kopf gehoben und ein gebrülltes ‚Heyy Mateyyyy!‘ auf den Lippen, entschied sich aber im letzten Moment anders und kicherte nur verhalten. Ganz genau, er würde sich hochschleichen und Greo erschrecken! Das war der perfekte Moment, um den Hut – den Hut! – zu ergattern! Vielleicht hatte er den restlichen Rum ja auch darunter versteckt? Dass es nur ganz genau zwei Wege nach oben gab und beide exakt in Greos Blickwinkel lagen, scherte ihn nicht im Geringsten. Er war schließlich ein Meisterspion, ein unangefochtenes Anschleichgenie!
Beschwingt entschied er sich für die erste Treppe, die ihm vor die Nase kam. Und bis er die erste Ebene des Achterdecks erklommen hatte, hatte sich sein Plan in einem Mix aus drei oder vier verschiedenen Seemannsliedern verloren, die er abwechselnd vor sich hinsang, -summte oder in einem unmelodisch melodischem „dum dum duuu“ vertonte.

Gug ma, Greoo!“, flötete er und drehte ein paar Pirouetten, weil er fand, dass die so hervorragend zum Lied und zum Schaukeln des Schiffes und überhaupt zur ganzen Welt passten. An ihn war doch wirklich eine Tänzerin verloren gegangen.

Taumelnd tänzelte er zur Treppe auf der anderen Seite und fing wieder an zu hüpfen. Tap. Klack. Tap. Klack. Trevor blieb auf der vorletzten Stufe stehen. Das Geräusch verstummte. Er zuckte die Achseln und machte den nächsten Schritt. Tap. Schräg. Entschlossen sprang er mit beiden Beinen gleichzeitig auf das Achterdeck. Tapklack. Er musste einige Momente lang heftig mit beiden Armen rudern, bis er das Gleichgewicht wieder gefunden hatte, stand dann wieder aufrecht und brach ob dieses Erfolges spontan in Applaus aus. War er nun ein Anschleichgenie oder war er ein Anschleichgenie?!
Kichernd schielte er zu seinen Füßen und machte dort die Ursache der beiden unterschiedlichen Schrittgeräusche aus. Am rechten Fuß trug er einen Schuh, am linken nicht. Er gluckste, als die Erinnerung irgendwo aus seinem Hinterkopf nach vorn kullerte. Waren das nicht mal zwei? Die hatte er einem der Soldaten aus dem Kontor gemopst. Der brauchte sie jetzt eh nicht mehr. Trevor schon, Trevor brauchte nämlich, auch wenn er das erst später wusste, eine Verkleidung, um auf das Marineschi–

Äh, Moooomentchen mal, Momennnntchen, wiieso–“, er hielt mit erhobenen Zeigefinger inne und wartete, das ihm der Rest der Frage einfiel, „wieso sin wir, ich mein, ich un du und und ich un Rayon un ich – wieso sin wir nich aufm Schiff?!

Er hörte auf, wild mit den Armen zu gestikulieren und sah Greo stirnrunzelnd an. Er erinnerte sich dumpf, dass er das mit Gregory besprochen hatte. Aus Gründen, die ihm nicht mehr einfallen wollten, war der der Meinung gewesen, man könne die neue Crew nicht mal mit vorgehaltener Waffe davon überzeugen, Trevor in einer kleinen Kiste an Bord eines Marineschiffs zu schmuggeln. Seltsam. War er vielleicht krank, irgendwie verletzt? Er sprang probehalber ein paar Mal auf und ab und drehte sich ein Mal in die eine, dann in die andere Richtung um sich selbst, um seinen Rücken zu begutachten. Er fühlte sich eigentlich ganz gut, ziemlich gut, verdammt gut, wenn er sich das so recht überlegte. Bis auf das an seinem Kopf da, auf das er vorhin gefallen war oder das auf ihn gefallen war oder wie auch immer. Wann war das noch mal?

[anfangs: Kanonendeck der Sphinx, unter seiner Hängematte; bei Rayon || jetzt: Achterdeck der Sphinx; bei Greo]



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Talin Dravean - 29.06.2017

Nur mit Mühe unterdrückte Talin ein Seufzen. Sie konnte Liams Bedenken durchaus verstehen, denn auch sie mochte es nicht, grundlos irgendjemanden umzubringen. Aber manchmal erforderte eine Situation eben solche drastischen Maßnahmen. Und dann konnte sie auch nicht das nötige Mitgefühl aufbringen für die Hinterbliebenen. Ja, es mochte kaltherzig und gewissenlos klingen, aber was sollte sie machen? Wenn sie alles gegeneinander abwog, dann zählte das Leben und die Sicherheit ihrer eigenen Leute mehr, als das der Männer auf diesem Schiff. So einfach war es.
Aber in diesem Augenblick hatten sie nicht die Zeit für irgendwelche Diskussionen über moralische Bedenken. Es gab wichtigeres zu tun. Deshalb sah sie nur einmal kurz zu Liam und lächelte ihn milde an.

„Du bist ein waschechter Pirat. Zumindest meiner Meinung nach. Das heißt ja nicht, dass du keine Prinzipien hast, sondern einfach nur, dass du die Freiheit liebst.“

Das machte die Piraterie für sie aus, auch wenn es vermutlich nach einem Kleinmädchentraum klang. Aber auch dafür hatten sie eigentlich jetzt keine Zeit.
Schon wollte sie sich wieder Shanaya zu wenden, in dem Verlass darauf, dass Liam und Aspen verschwinden würden, als ihr das Fass aus der Hand genommen wurde. Da es hier unten niemanden weiter gab, wusste sie sehr genau, wer es gewesen war, dennoch drehte sie sich schnell um und zog fragend beide Augenbrauen hoch. Aber Liam gab ihr keine Erklärung, sondern stellte nur klar, dass weder sie noch Shanaya widersprechen und schon mal verschwinden sollten. Ungläubig starrte sie ihn an, bevor sie trotzig die Arme vor der Brust verschränkte. Hatte sie nicht gerade noch klar gestellt, dass sie, trotz einiger Bedenken, immer noch Spaß daran haben würde, dieses Schiff in die Luft zu jagen? Wieso sollte sie ihm dieses Vergnügen jetzt überlassen? Talin wollte ihm widersprechen, wollte sich das Fass zurückholen und selbst alles in Gang setzen. Nach den Bedenken, die Liam geäußert hatte, zweifelte sie, ob er den zündenden Funken auf die Pulverspur überhaupt fallen lassen würde. Auf der anderen Seite war er Teil ihrer Crew und sie wollte ihm vertrauen, wollte, dass es funktionierte. Also schluckte sie ihren Trotz und das kindische Verlangen, selbst das Streichholz zu werfen, herunter und lockerte ihre Arme.

„Also gut. Wir werden gehen. Aber beeil dich lieber! Ich sähe es nur ungern, wenn du mit hochgehst. Wir rennen aufs Kanonendeck und springen durch die Kanonenscharte ins Wasser. Das dürften wir hoffentlich überleben.“

Diese grimmigen Worte begleitete ein belustigtes Lächeln ihrerseits, bevor sie sich umdrehte und Shanaya folgte, die schon in Richtung Treppe unterwegs war und nach Sineca rief. Bei den Worten der dunkelhaarigen huschte noch einmal ein kurzes Lächeln über Talins Gesicht. Sie konnte diesmal nicht ganz mit dem anderen Mädchen übereinstimmen, aber darüber konnten sie auch später noch sprechen. Momentan zählte es nur von hier weg zukommen.

„Weniger reden, mehr laufen. Wir können uns nachher über Männer im Allgemeinem und meinem Bruder im Besonderen unterhalten.“

Damit lief sie zügig vor dem anderen Mädchen die Treppe hoch, ignorierte die lauter werdenden Geräusche um sie herum. Zumindest soweit, bis Shanaya auf einmal angesprochen wurde. Talin biss sich verärgert auf die Innenseite ihrer Wange. Einige der Gefangenen hatten sich befreit, dank Liams Hilfe, und stellten nun fast ein größeres Problem dar, als die Marine. Die Männer hier hatten nichts zu verlieren, nur alles zu gewinnen. Alles war besser als ins Gefängnis zu gehen. Im Moment mochte die Anfrage noch höflich gestellt worden sein, aber wer wusste schon, wann die Stimmung umschlagen würde. Also packte Talin Shanaya beim Arm und sah sie eindringlich an, bedeutete ihr zu rennen, damit sie endlich von hier verschwinden konnten. Dann wandte sie ihren Blick dem zu, der gerufen hatte, legte den Kopf schief und musterte ihn kurz mit kalten Augen.

„Wenn ihr es lebend ins Wasser schafft, sehen wir weiter.“

Es waren nicht die Worte, diese am liebsten gesagt hätte. Aber sie hoffte, dass diese die Männer davon abhielten, sie sofort anzugreifen, weil sie ihr Angebot abgelehnt hatte. Dann drückte sie einmal kurz Shanayas Arm, bevor sie los ließ und zur Treppe hechtete und dabei fast in die Arme ihres Bruders lief.

„Nicht stehen bleiben, laufen! Runter von diesem verfluchten Kahn!“

[Frachtraum | dann auf dem Weg nach oben | mit Shanaya, Sineca und Aspen | Treppe zum Kanonendeck]