RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Enrique de Guzmán - 08.01.2018
Während Aspen überlegte, erhob sich Enrique langsam. An Hand der Antwort seines Gegenüber wurde ihm klar, dass diese Nuss wesentlich schwerer zu knacken war, als ursprünglich angenommen. Ein leises, empörtes Schnauben entglitt ihn, aber es ging sehr wahrscheinlich in den Geräuschen des Urwaldes und dem fadenscheinigen Kompromiss des Blonden unter.
Hatte der Offizier in der ersten Strategie noch eine Logik finden können, fehlte sie hier in seinen Augen gänzlich.
Als der Mann sich dann anschickte loszugehen, ließ er den Riemen des Pflanzenstengelbündels los und hielt den Mann am Oberarm fest. Kurz war er versucht, dem Blonden einfach eine Anweisung zu geben, doch dagegen sprach, dass er hier war, um Aspen zur Hand zu gehen und dass der auf Befehle nicht gut reagieren würde. Auch hatten sie, so lange sie hier blieben ein wenig Zeit für Argumente, auch wenn Enrique ein zügiges Vorgehen weit lieber gewesen wäre. Loslassen würde er ihn in dem Moment, wo er sich sicher war, dass der Zimmerer ihn anhören würde. Rascheln begleitete den Fall und den Aufschlag des Arbeitsmaterial.
"Nicht so schnell Mann! Ich habe langsam das Gefühl, dass du keine Ahnung hast, in was für einer Situation wir uns überhaupt befinden."
Entschlossen sah er seinem Gegenüber direkt in die Augen, während er leise aber eindringlich auf ihn einzureden begann:
"Kurz zusammengefasst gibt es drei Möglichkeiten, was diese Ruinen bedeuten.
"Erstens:
"Hier waren mal Menschen. Jetzt sind sie fort. In diesem Fall gibt es keine Gefahr, keinen Grund zur Eile oder Panikmache.
"Zweitens:
"Hier wohnen einige Leute, die uns freundlich oder neutral gegenüberstehen. Dann brauchen wir uns ebenfalls keine Sorgen machen, bis wir ihnen auf die Füße getreten haben.
"Drittens:
"Hier sind Leute, die uns feindlich gesonnen sind. Dann haben wir mitunter ganz andere Probleme am Hals, als die Sphinx wieder flott zu bekommen.
"Sollten sie uns noch nicht bemerkt haben, dann müssen wir so schnell so viel wie nur irgend möglich über sie herausfinden, damit wir wissen, womit wir es zu tun haben. Und das tun wir am Besten jetzt.
"Eilen wir erst zurück, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie uns bemerken, dann haben wir sehr wahrscheinlich aber keine Tage oder Wochen, um den Rumpf zu überholen oder irgendwas zu reparieren. Den Rauch von Feuer werden sie eher früher als später mitbekommen, das Einschlagen des Wergs ist weit zu hören. Spätestens dann werden sie reagieren. Wenn wir dann nicht wissen, womit wir es zu tun haben, sind wir geliefert.
"Sollten sie uns aber schon bemerkt haben, dann sind sie so verdammt gut, dass keiner von uns sie mitbekommen hat.
"Dann müssten wir uns fragen, was ihr eigentliches Ziel ist:
"Uns angreifen? Dann sind sie jetzt wahrscheinlich hinter unserem Begleiter her und wenn wir gehen, dann lassen wir ihn im Stich.
"Die Sphinx? Dann hätte ich, an ihrer Stelle, uns durch die eigenen Reihen laufen lassen, die eigenen Leute verständigt und wäre jetzt auf dem schnellsten Weg zum Strand. Und wenn das vor einer Stunde passiert sein sollte, dann sind sie schon da, dann können wir nicht mehr rechtzeitig zurück sein, sondern brauchen jede Information die wir kriegen und jeden Mann den wir nur irgendwie auftreiben können um ihnen in den Rücken zu fallen und überhaupt eine Chance zu haben. Haben sie uns noch früher bemerkt, haben sie vielleicht nur darauf gewartet, dass wir die Sphinx verlassen und es ist längst zu spät.
"Falls du an höhere Mächte glaubst und wirklich davon ausgehst, dass wir hier über Feinde gestolpert sind, solltest du anfangen zu beten, dass sie kein Schiff haben um die Einfahrt der Bucht zu blockieren! Denn dann können wir die Sphinx so gut herrichten wie wir wollen und sind trotzdem geliefert."
Hier holte er kurz Luft und fuhr dann etwas weniger eindringlich sondern eher beruhigend fort:
"Dagegen spricht, dass wir bis jetzt nichts von irgendwelchen Menschen oder der Sphinx mitbekommen haben. Ich bin sicher, unsere Leute hätten zumindest versucht einen Kanonenschuss abzugeben oder Pistolen und Flinten benutzt. Und die Möglichkeit haben wir auch. Falls du es also wirklich für so dringend hältst solltest du sie auch nutzen. Das Geräusch eines Schusses ist mehr als deutlich und weit schneller als wir beim Schiff."[/i]
Bei diesen Worten zog er, ohne den Blick abzuwenden, eine ungeladene Pistole hinten aus dem Gürtel, die sowohl vom Hemdstoff, als auch von dem Bündel verborgen gewesen war und hielt sie Aspen mit dem Knauf voran hin. Eine kleine Menge Pulver, Kugeln und Zündplätchen ruhten gut verpackt in der Gürteltasche.
"Auch glaube ich nicht, dass Greo mit dem Boot am Strand wartet und die Leute an Bord nicht Augen und Ohren offen halten. Potentielle Angreifer müssten also, für unsere Leute weithin sichtbar, über den Strand und dann schwimmend durch das Wasser bis zum Schiff. Sie hätten also mehr als genug Zeit um zu reagieren. Oder hast du irgendwo in der Bucht fremde Boote gesehen? Ich nicht.
"Viel wichtiger aber ist: Alles, was wir bis jetzt haben sind ein paar Steine und einen Mann, der sich abgeseilt hat. Sonst nichts. Wir haben kein Anzeichen von Gefahr. Wir wissen nicht mal was el señor Blacks Aufmerksamkeit erregt hat. Wir brauchen unbedingt! mehr Informationen. Und die kriegen wir nur, wenn wir uns hier umschauen.
"Am sinnvollsten wäre es ja gewesen einen von uns zurück zu schicken und zwei gehen erkunden. Die Option haben wir allerdings nicht.
Es ist deine Entscheidung, ob wir unserem Mann helfen und erkunden, sinnlos durch den Urwald zurückhetzen oder sicherheitshalber die ganze Insel mit einem Schuss aufscheuchen. Wofür ich bin sollte klar sein."
Auffordernd hob er erst die hingehaltene Pistole noch einmal ein wenig an, deutete dann mit der anderen Hand, die den Säbel hielt, in Richtung Ruinen, hob dann ruckartig den Kopf, sah Aspen herausfordernd an und wartete ab.
{ Bei den Ruinen im Dschungel | bei Aspen }
RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Josiah Moggensten - 08.01.2018
Yaris war kein Seefahrer, doch auch er genoss es, sich den Wind um die Nase wehen zu lassen oder die Wärme der Sonne auf der Haut zu spüren. Eine angenehme Wärme mit einer milden Brise vom Land her, die die frische salzige Luft mit sich trug. Ganz anders als in den Städten. Selbst die Küstenstädte konnten das nicht bieten. Hier roch die Luft meist nach Fisch, den man dort fing und an den zahllosen Buden verkaufte. Kein hektischen, überfülltes Treiben. So entspannt war Yaris schon lange nicht mehr gewesen. Entspannt und gelöst. Eine Idylle in der man die Härte der Realität fast vergessen konnte. Aber eben nur fast. Nur war er nicht gewillt, sich derer jetzt bereits wieder zu erinnern.
Stattdessen sank sein Blick aus grünen Augen auf die kleine Gestalt der Brünetten, die sich ihm inzwischen genähert hatte und ihm ein sanftes Schmunzeln zuwarf. Ihre Worte waren gedrungen von Schalk, der ohne jeden Zweifel einen Teil ihrer Persönlichkeit ausmachte. Sie entlockte ihm damit zwar kein Lächeln, doch immerhin wurde sein Blick weicher. Was mehr war, als der Attentäter für gewöhnlich an Kommunikation für seine Umwelt übrig hatte, und was man getrost bereits als Lächeln bezeichnen konnte. “Ich werde darauf zurückkommen, Missy.“ Eine Anrede, die er in Ermangelung ihres Namens verwendete, an den er sich im Moment nicht erinnern konnte.
Er wandte sich um, während sie zu den beiden Männern hinüberschlenderte, die mehr oder minder geschäftig an der Reling lehnten. Es war ungewohnt, dass andere so ungezwungen in seiner Gegenwart waren. Dieses Mädchen hatte keinerlei Scheu, was vielleicht daran lag, weil sie nicht wusste, was er tat und weswegen er auf diesem Gefangenschiff gewesen war. Auf der anderen Seite, sie war eine Piratin, ein Freigeist. Einmal mehr drängte sich ihm unweigerlich die Frage auf, ob er hier hin passte. Ob er sich in diese Gemeinschaft einfügen konnte. Überhaupt in eine Gemeinschaft. Sein Leben lang war er nie Teil von einer gewesen. Hatte sie immer nur vom Rande aus beobachtet – so wie in diesem Augenblick. Von seiner Randposition bedachte er das Trio an der Reling. Ihren lockeren Umgang miteinander, wobei es wohl die kleine Brünette war, die das alles noch ein bisschen weiter auflockerte. Munter plauderte sie mit den beiden jungen Männern. Yaris konnte nicht hören, was Thema war, doch irgendwo lag das Interesse an der Bordwand des Schiffes. Hin und wieder befürchtete er sogar, sie würde ins Wasser springen wollen oder hinabstürzten, so weit, wie sie sich hinüberbeugte.
Ein wenig Sehnsucht schwang in seinem Inneren mit, während er die Drei beobachtete. Dank seines Vaters und dank seiner Berufswahl war er in diesen zwischenmenschlichen Interaktionen eine absolute Niete. Selbst wenn er sich dazu entschied, auf dem Schiff zu bleiben und Teil der Crew zu werden, er würde immer anders sein. Denn er konnte sich selbst nie so munter drauflosplaudernd sehen. Diese Momente gab es nicht oft, in denen er dem Jungen und dem Mann nachtrauerte, der er hätte sein können. Denn daran ließ sich nichts mehr ändern.
Jetzt war es Yaris, der sich an ein Fass gelehnt auf das Deck niederließ, um seine neugewonnene Freiheit zu genießen, während er das Trio an der Reling weiterhin beobachtete. Dabei ruhte eine Hand locker auf dem Knie und nach einer Weile traute sich die Schiffssamtpfote doch tatsächlich noch näher und beschnupperte neugierig seine Finger. Ihre Schnurrhaare kitzelten an seinem Handgelenk dabei, doch Yaris zwang sich, still zu halten.
{in der Nähe von Liam, Lucien und Shanaya, die drei beobachtend}
RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Lucien Dravean - 11.01.2018
Ihr wissendes Lächeln nahm Lucien genauso schweigend zur Kenntnis wie das Gerede der beiden über den Schiffszimmermann – oder vielmehr die Spöttelei über ihn. Jedes für sich löste Empfindungen aus, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Das eine einen erneuten innerlichen Anflug von Belustigung. Das andere einen frischen Hauch Skepsis, die er jedoch für sich behielt.
Während Liam und Shanaya miteinander witzelten, ließ er beiläufig den Blick von einem zum anderen wandern. Beiden saß der Schalk auf den Zügen. In einer Mannschaft – gerade unter Piraten – musste nicht jeder grün mit jedem werden und diese Tatsache sollte ihm genügen. Der Dunkelhaarige gab ohnehin nicht viel auf das Gerede anderer. Bloß Geschichten... dachte er amüsiert an jenes Gespräch zurück, dass er vor einigen Tagen mit seinen Zellengenossen geführt hatte. Bloß Geschichten. Und er zog es vor, sein Urteil nach Taten zu fällen. Allein, wie sie schon sagte.
„Immerhin gehört Prinz Eisenherz auch zu diesen bekloppten Spinnern, die sich für einen völlig Fremden auf einen Gefangenentransporter geschmuggelt haben. Ich denke, ich bin hier in jedem Fall in bester Gesellschaft.“,
gab Lucien auf Shanayas herausfordernde Worte amüsiert zurück und verschränkte gelassen die Arme am Hinterkopf. Mit beißendem Spott in den schlangengrünen Augen erwiderte er ihren herausfordernden Blick. Egal, was diese beiden von ihrem Carpenter hielten – er für seinen Teil rechnete es dem für ihn ebenso fremden Mann durchaus an. Damit zählten sie alle nämlich zu den gleichen Verrückten. Und – Ehrlichkeit von wem auch immer hin oder her – beschweren würde er sich bestimmt nicht.
Als Shanaya sich ein weiteres Mal versonnen über die Reling beugte, nutzte er den kurzen Moment und wechselte einen Blick mit Liam. Seine Augenbraue zuckte fragend ein Stück nach oben. Ob die kleine Schwarzhaarige wohl immer so angriffslustig war?
Und er hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, da ergriff sie erneut das Wort, brachte Lucien dazu, laut aufzulachen. Kopfschüttelnd ließ er die Arme sinken, verschränkte sie stattdessen vor der Brust und drehte sich gänzlich ihr zu, sodass er seitlich an der Reling lehnte. Die grünen Augen blitzten herausfordernd.
„Wie genau sieht denn deine Art der Verhandlung aus, kleine Navigatorin?“, hakte er mit einem alles andere als uneindeutigen Unterton nach. Zumindest eindeutig darin, wie seine Form der Verhandlung mit ihr ausgesehen hätte.
[Hauptdeck, am Bugaufbau | mit Shanaya und Liam, nicht weit von Yaris und Sineca]
RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Rayon Enarchea - 14.01.2018
Es war nicht so, als hätte er ernsthafte Sorgen gehabt, dass Trevor im Zweifelsfall nicht auf ihn hören würde. Trotz seiner unbekümmerten und ausgelassenen Charakterzüge konnte man sich auf ihn verlassen, das hatte er während ihres gemeinsamen Jahres auf der Sirène zur Genüge bewiesen. Und trotzdem gab er einen unhörbaren erleichterten Seufzer von sich, als der Blondschopf sich schließlich widerwillig dazu entschied, zunächst einmal Vorsicht walten zu lassen und seinem inneren Drang zu widerstehen, einfach mit offenen Armen auf das zuzulaufen, was sie erwartete. Er nickte Trevor mit einem Lächeln auf den Lippen zu und fuhr damit fort, sich so leise und unauffällig wie möglich dem Strand zu nähern.
Rayon übernahm in ihrer kleinen Prozession die Führung und Kaladar bildete das Schlusslicht - deshalb war er es auch, der zuerst das Schweigen brach, das sich über sie gelegt hatte und nicht einmal von Trevor unterbrochen wurde, der sich alle Mühe gab, ihre Unternehmung nicht zu boykottieren, auch wenn er das sicherlich niemals aus Bösartigkeit getan hätte. Bevor der Schiffskoch jedoch eine Antwort zurückflüstern konnte, machte der Scovell mit einer durchaus interessanten Information auf sich aufmerksam. Rayon runzelte die Stirn. Dass Trevor die von der Flöte gespielte Melodie kannte, war ein ziemlich sicheres Zeichen dafür, dass der Künstler in ihrer unmittelbaren Nähe nicht von dieser Insel stammte, denn es war äußerst unwahrscheinlich, dass Trevor in die musikalischen Traditionen eines Kannibalenstammes auf einer verlassenen Insel mitten im Ozean eingeweiht war. Hieß das etwa, dass zufällig zum selben Zeitpunkt wie die Sphinx ein weiteres Schiff auf der anderen Inselseite vor Anker gegangen war? Oder gab es etwa Schiffsbrüchige hier? Die dritte, extrem unwahrscheinliche Möglichkeit, ein gewisses Restrisiko, war, dass ein Einheimischer von einer armen Seele dieses Lied beigebracht bekommen hatte, bevor er ihn genüsslich verspeist hatte. Rayon wusste, wie lächerlich sich das anhörte, aber dennoch wollte er nicht einfach so alle Vorsicht fahren lassen.
Dann jedoch verstummten die Flötentöne und eine Kinderstimme begann stattdessen, etwas lauter als nötig ein Lied zu trällern, das ihm selbst sehr gut bekannt war. Als Seemann - und gerade als Pirat - verging kaum ein Tag, an dem man es nicht entweder in einer Taverne oder schlichtweg auf dem Schiff hörte, auf dem man gerade segelte. Noch dazu war es in perfekter Allgemeinsprache vorgetragen, was nun auch seine letzten Zweifel aus dem Weg räumte. Wer immer außer ihnen noch hier war, er wollte sie wohl zumindest nicht essen. Das bedeutete zwar nicht, dass sie nicht trotzdem in Schwierigkeiten geraten konnten, schließlich wussten sie nicht, ob das singende Kind allein auf der Insel war, doch zumindest freundete er sich nun langsam mit dem Gedanken an, die Schleicherei aufzugeben und sich offen zu zeigen.
Als Trevor ihm ungeduldig die Frage stellte, ob er nun endlich zu dem Kind laufen durfte - vermutlich, um mit ihm zu spielen -, lachte er kurz auf und nickte dann.
"Von mir aus. Aber bitte pass trotzdem auf, falls..."
Rayon war sich sicher, dass Trevor den Rest des Satzes ohnehin nicht hören würde und gab sich deshalb keine Mühe, ihn zu beenden. Stattdessen warf er Skadi erneut einen schulterzuckenden Seitenblick zu, bedeutete ihr, wachsam zu bleiben und folgte Trevor dann, die Hand lose an eines seiner Wurfmesser gelegt, aus dem Dickicht heraus auf den strahlenden Sandstrand.
[ Waldstück an der Westseite der Insel, direkt vor dem Strand | Trevor und Skadi | in Hörweite zu Scortias, kurz davor, auf den Strand zu treten ]
RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Gregory Scovell - 19.01.2018
——— Cesarea ———
Der Schnabel des schwarzen Vogel schimmerte dunklerot als sein Kopf hochruckte. Die Personen kannte er doch!
"Krek?", erklang es fragend.
Als keine Antwort kam hüpfte die Krähe unruhig hin und her, sah sich dabei immer wieder um, so als hielte sie nach etwas oder jemanden Ausschau, schüttelte sich dann einmal, griff sich eine Niere und flog zu einem kleinen Baum im Blickfeld von Rayon, Skadi und Trevor. Dort ließ sie sich nieder, klemmte die Beute unter eine Kralle, spähte abermals ins Gehölz und stieß anschließend, mit gesenktem Kopf und leicht ausgebreiteten Flügeln, ein protestierendes Krächzen aus.
Wieso hatten sie Gregory nicht mitgebracht? Und überhaupt: Warum benahmen die sich so seltsam?
Einen Moment betrachtete sie die drei, sah noch einmal zu dem Jungen, dann zu dem harten, hohen Gras, in dass der Fremde verschwunden war, ehe sie die Innerei erneut in den Schnabel nahm und zu einem geschützteren Platz abstrich, wo der Hunger überhand nahm und sie sich, abgesehen von sichernden Blicken und leichtem, rhythmischen Wippen der Schwanzfedern, wieder auf die Beute konzentrierte.
——— Gregory ———
Wieso nur fühlte er sich bei ihren Worten so enttäuscht? Hatte er etwa wirklich unterbewusst gehofft, dass sie eine Lösung aus dem Ärmel schütteln würde und sei es nur ein: 'Ja doch, im nächsten Hafen kenne ich einen, den werden wir holen'? Er wusste es doch besser! Und dennoch: Er war es. Es half alles nichts.
Das zu zeigen gestattete er sich nicht. Äußerlich neutral hörte er Talin zu, dachte, dass es sicherlich Viele geben würde, die jederzeit auf der Sphinx anheuern würden, gerade wegen dieser Aktion, doch das diese Leute allesamt grausam und von fragwürdigem Charakter sein würden und dass sie erwarten würden, dass sie sowas häufiger täten. Aber so jemanden als Arzt..?
Und dann fragte er sich, als sie fort fuhr, ob sie wusste, dass ihre Beschreibung, bis auf den letzten Punkt, seiner Meinung nach auch auf Enrique passten und dass er das Aussetzen dessen gesunden Menschenverstandes befürchtete, sollte die dritte Frau an Bord ihr Geheimnis dem ehemaligen Lieutenant auf falsche Weise oder zum falschen Zeitpunkt offenbaren?
Nein, bestimmt nicht, dann würden sie dieses Gespräch nicht so führen müssen.
Als sich dann ein Schatten über ihr Gesicht legte beschlich ihn das Gefühl, dass auch sie auf Erleichterung hofft, was auch immer gerade speziell auf ihren Schultern lastete. War dem so? Sollte er sich darauf einlassen?
Bei ihrem Auflachen zog er die Stirn kraus und dachte sich zunächst seinen Teil. Anschließend versuchte er ihre Worte in das Bild seiner Erfahrungen mit diesem Mann einzufügen.
War er auf Talins Tod aus?
Hielt ihn nur die ihm eingetrichterte Disziplin oder die vermeintlich Lucien geschuldete Dankbarkeit davon ab?
War ihm, wie sie sagte, was sie betraf, der gesunde Menschenverstand abhanden gekommen und er wartete nur auf eine Gelegenheit?
Oder stand etwas ganz Anderes zwischen den Beiden?
Doch ehe er diese Gedanken zuendebringen konnte wechselte die Blonde das Thema.
Es war ein mehr als knapper Bericht, er sorgte kaum für ein klareres Bild. Denn Gregorys Meinung nach fehlten noch ein paar wichtige Details, gerade wenn er ihr helfen sollte, herauszufinden, was der Schwarzhaarige über sie dachte.
Doch da wechselte Talin auch schon wieder zum alten Thema zurück, nur richtete sie den Fokus auf die andere Hälfte, die Ursache, des Problems und warf ihn beinahe erneut vollständig aus der Bahn:
Kaladar.
Was sollte er zu ihr sagen?
Was konnte er sagen, ohne dass er zu viel verriete?
Und wie?
Oh, wie er solche Situationen hasste!
Auf seinem Gesicht war nichts von seinen Gedanken zu sehen gewesen, bis zu eben jenem Moment, wo sie den vermeintlichen Namen aussprach:
Kaladar.
Er zuckte, abgelenkt von seinen Grübelleien, leicht zusammen, sein Blick huschte zum Captain zurück und beinahe hätte er die Augen fest zusammengekniffen. So verengten sie sich nur ein bisschen und seine Lippen wurden schmal.
"Kaladar? Nun, — s-seine Verletzungen",
Darn! Konzentrier dich!,
"waren zum größten Teil o—"
Sein Blick fuhr zum Neuankömmling herum. Wieder verfluchte er sich, dass er, ob seiner Grübeleien, nicht ausreichend auf die Umgebung geachtet hatte. Dennoch blieb sein Gesichtsausdruck neutral. Das war schon fast ein Reflex, so häufig wie irgendwer — nicht nur Trevor — bei ihm hereingeplatz war.
Farley. Er lächelte fast, überließ es aber Talin auf dessen ersten Satz zu reagieren sondern registrierte erleichtert, dass der junge Mann sich noch einen weiteren Pluspunkt verdiente, als er ihm wider erwarten das Geliehene zurückreichte.
"Freut mich, dass ich helfen konnte."
Dann wandte er sich zu Talin zurück. Er war kurz davor gewesen ihr einiges Vertrauliches zu enthüllen. Jetzt fuhr er stattdessen ruhig aber auch distanzierter fort:
"Seine Verletzungen waren größtenteils oberflächlich, Schwindel und Übelkeit, nach etwas Ruhe, recht schnell weg. Ein paar tiefere Wunden sind zwar soweit ganz gut am Verheilen, übermäßig belasten sollte er sie aber nicht. Dummerweise scheint er da Shanaya recht ähnlich zu sein und sich nicht lange ruhig verhalten zu können. Ich hätte ihn jedenfalls ans Bett fesseln müssen, um ihn daran zu hindern, sich der Jagdgruppe anzuschließen."
Vielleicht trieb diese Frau aber auch "diese" Sache um und alles, was damit zu tun hatte. Was das alles war wusste er nicht. Und noch viel weniger, wie der Schwarzhaarige das dann aufnehmen würde. Doch gerade das musste er für sich behalten und tat es auch.
Beschwichtigend hob er die Hände.
"So schlimm, dass das notwendig gewesen wäre ist es aber nicht. Ich mache mir da eher Sorgen, dass er nicht auf sich und die Verletzungen achtet, gibt es doch einiges, was ihn zu beschäftigen scheint. Was kann ich nicht sagen."
Die entspannte Maske auf seinem Gesicht ließ in keinster Weise durchblicken, wie präzise er genau diese Worte für seinen letzten Satz wählte oder wie vielschichtig dieser war. Und dass er obendrein damit die volle Wahrheit sagte erleichterte Gregory ungemein...
{ Cesarea | am westlichen Strand (bei Scortias, Trevor, Skadi, Rayon and Cornelis) | erst am Boden, dann mit Futter auf einem Baum in aller Sichtfeld, dann etwas abseits im Gebüsch |
|
| Gregory | im Lazarett (Kanonendeck) | bei Talin und Farley }
RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Liam Casey - 23.01.2018
Ihm kam der Gedanke gar nicht, dass ihre Witzeleien über ihren Kameraden bei ihrem neubefreiten Kapität vielleicht etwas falsch ankamen. Er witzelte gutmütig, wie er es bei jedem getan hätte und wie es jeder über ihn durfte – wobei, Liam hätte es wohl nichtmal wirklich gestört, wenn ihm jemand offen Feindseligkeiten entgegenbringen würde. Er war, wer er war und wie er war. Es war jedermanns Recht, damit nicht klar zu kommen, ebenso wie es sein Recht war, sich nicht darum zu scheren. Seine eigene, kleine Welt drehte sich viel zu sehr um ihn selbst, als dass er sich viel aus den Meinungen anderer gemacht hätte. Wenn er zufrieden war mit dem, was er tat, dann war für ihn alles in Ordnung. Er war genügsam und war damit bisher immer gut gefahren. Wenn es ihm hier nicht mehr gefiehl oder er einen anderen Grund fand, einen anderen Weg zu gehen, würde er diesem Schiff den Rücken kehren. Ansonsten würde er hier bleiben, so lange man ihn eben ließ. Und bisher hatte sich die kleine Truppe ja doch als sehr spaßig und abenteuerlich herausgestellt – genau sein Geschmack also. Genau wie die Witzelei mit Shanaya auf Kosten ihres Schreiners. Er hob einen Finger in die Luft als Geste, dass sie kurz warten sollte, während seine andere Hand an den seitlichen Bund seiner Hose wanderte, dort aber nicht das fand, was er sich erhofft hatte.
„Ich- ich muss in der Kajüte nachgucken, aber sollte sich das noch zusammenkratzen lassen, steige ich mit ein.“, beteuerte er grinsend auf ihre Wette hin. „Wir müssen nur drauf achten, dass uns niemand in die Karten spielt und ihn in Fischöl tunkt oder ähnliches.“
Seine Miene verdunkelte sich verschwörerisch, während er ihren Blick erwiderte. Doch als Lucien wieder einstieg, schüttelte er bloß angedeutet den Kopf. Bevor er allerdings etwas richtig stellen konnte, fuhr Shanaya fort und hebelte seinen Versuch etwas aus. Zum Glück nahm ihr neuer Captain das Ganze als das was es war – als Witzelei – und nicht als irgendeine böse Absicht. Deshalb beließ er es dabei, wog lediglich den Kopf etwas zur Seite und lehnte sich rücklinks an die Rehling, während er dem Gesprach der beiden folgte. Erwartungsvoll sah er zu der Schwarzhaarigen hinüber und war auf ihren Konter gespannt.
Sie hatte keine Sekunde den Blick von diesem Mann genommen und peitschte noch immer mit der Rute hin und her. Sie traute ihm nicht, allein schon wegen seiner Haltung. Umso mehr ließ sie sich auch bitten, als er ihr die Hand hinstreckte und ihr die Kontaktaufnahme anbot. Argwöhnisch blitzelte sie ihm mit angelegten Ohren entgegen, reckte dann aber doch zögerlich den Kopf und schnupperte. Der Geruch von Blut und Urin hing noch immer schwach an ihm. Blut und Schwarzpulver, dazu die schlechten Zustände, in denen er sich die letzten Tage und Monate offenbar befunden hatte – ebenso wie bei den anderen Neulingen, die sich nun auf ihrem Schiff tummelten. Sie verzog das Gesicht zu einem lautlosen Miauen, ehe sie sich abwandte und in die Richtung der kleinen Gruppe am Bug blickte. Statt allerdings nun ebenfalls dorthin zu wackeln, ließ sie sich auf der Hinterhand nieder und beobachtete den Mann aus den Augenwinkeln. Im Sitzen weckte er ihren Argwohn nicht mehr ganz so stark, aber sie wurde nicht unvorsichtig. Einen Augenblick blieb sie einfach sitzen, bis sie sich schließlich zusammenrollte und die ruhende Ginsterkatze miemte. Ihre Augen waren stets einen Spalt geöffnet und schließlich rückte sie sich so zurecht, dass sie mit den Pfoten die Bändel an den Schuhen des Mannes erreichte und anpfoten konnte. Es mochte verspielt wirken, doch in Wirklichkeit war sie bereit, jeden Augenblick davonzustürmen und sich in Sicherheit zu bringen, sollte er doch böse gesinnt sein.
{ Lucien, Shanaya | bisschen plauschen | Sineca bei Yaris }
RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Shanaya Árashi - 24.01.2018
Es gab unzählige Möglichkeiten, wie Lucien auf ihre Worte reagieren konnte. In wenigen Sekunden hatte Shanaya sich einige ausgedacht, wartete dennoch ruhig auf die Reaktion des Mannes. Und seine Antwort entlockte ihr ein hörbares, verächtliches Schnaufen. Jaa, er gehörte zu diesen Bekloppten – denen der Mann neben ihr immernoch unendlichen Dank schuldete! (Und eine Pistole!) - aber... vermutlich aus anderen Gründen, als man zuerst denken mochte. War es nicht so gewesen, dass er Talin und ihr einfach nicht zugetraut hatte, das Ganze allein zu schaffen? Die Dunkelhaarige zuckte leicht mit den Schultern, drehte den Kopf dann etwas zur Seite, während der Mann seine Hände hinter den Kopf legte, und blickte ihn direkt an.
„Aber auch nur, weil Frauen in allem schlechter sind als Männer und deine Schwester und ich absolut unfähig sind und uns ja bei jeder Gelegenheit den Fingernagel abbrechen könnte – und er uns davor beschützen wollte. Weil er so toll ist“
Der Ton ihrer Stimme ließ keinen Zweifel daran, was sie über dieses Verhalten dachte. Zumal sie Aspens Fehler irgendwie hatten ausbaden müssen. Alleine wäre der Blonde vermutlich völlig aufgeschmissen gewesen. Die junge Frau lehnte den Ellenbogen auf die Reling, stützte den Kopf dann auf ihrer Hand ab, den Blick zu den Klippen gerichtet.
Liams Worte ließen sie den Kopf leicht zu ihm neigen, ohne sich dabei aufzurichten. Er musste sich erst ein wenig Geld für eine Wette organisieren? Ob es das wert war? Shanaya lachte, wog den Kopf dann ein wenig zur Seite. Der Gedanke an Fischöl ließ sie leicht schaudern. Da hätte ihr Aspen beinahe Leid getan. Fast jedenfalls.
„Dann wären wir ihn auch los... wir hätten so oder so gewonnen.“
Eigentlich auch keine schlechte Idee. Aber vielleicht wurde man den Blonden ja auch irgendwie humaner los? Nicht, dass das unbedingt nötig gewesen wäre...
Eine Bewegung neben ihr ließ sie aus den Augenwinkeln wieder zu Lucien blicken, der die Arme nun anders verschränkt hielt und sie eindringlich musterte, sich ihr ganz zu wandte. Zuerst regte die Dunkelhaarige sich nicht – auf seine Worte hin wurde ihr Grinsen nur deutlich breiter. Soso. Jetzt schon? Ein kurzer Blick zu Liam, ehe Shanaya sich wieder aufrichtete, es dem Mann gleich tat und die Arme verschränkte, dabei einen winzigen Schritt näher zu ihm trat. Kleine Navigatorin. Mit so einer halben Portion wurde sie doch ohne Frühstück fertig! Ihr Kopf blieb leicht zur Seite geneigt, die blauen Augen hob sie genau in den Blick des Mannes.
„Wie man eben verhandelt. Du machst einen Vorschlag – ich sage ja oder nein.“ Ihr Grinsen wurde noch einen Hauch breiter, gehässiger, ehe sich ihre Miene zu einem gespielt geschockten Ausdruck änderte, ohne das die Herausforderung aus ihrem blauen Blick wich. „Oder hast du etwa einen besseren Vorschlag? Ich habe für jede Idee ein offenes Ohr.“
[Bugaufbau | Lucien & Liam | Nähe Yaris]
RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Josiah Moggensten - 28.01.2018
Reglos lehnte Yaris an der Fasswand, was den Schmerz in seinem Rücken an den Auflagestellen dennoch leicht entflammte. Es würde noch eine ganze Weile dauern, bis die Wunde vollständig verheilt sein würde. Doch er war es gewohnt, Schmerz auszublenden – eine Eigenschaft, die den Vorsteher des Gefängnisses fast in den Wahnsinn getrieben hatte. Denn er hatte dem Attentäter nie auch nur einen Schrei entlocken können. Schmerz existierte nur im Kopf. Es war eine Reaktion des Gehirns, das auf den Reiz Entsprechende Botenstoffe aussandte. Yaris hatte nie eine Schule besucht, doch er hatte gelesen und von Zeit zu Zeit hatte er doch einen Arzt aufsuchen müssen, ein Mann, der ihm über die vielen Jahre zu so etwas wie einer vertrauten Person geworden war. Der alte Egard hingegen hatte wohl eher einen Sohn in ihm gesehen, verrückter alter Mann. Yaris hatte ihn nie als Vater sehen können, zu tief saß das Kindheitstrauma. Aber er war ein versierter Arzt und verschwiegen. Und er hatte ihm einiges geduldig erklärt und auch gezeigt, für den Fall, es war Not am Mann und er nicht auf der Insel – was ziemlich häufig vorgekommen war. Egard war normaler Arzt, doch unter der Hand kümmerte er sich um die, die ihn im Schatten der Nacht aufsuchten – sprich, deren Leben nicht ganz so legal verlief.
Wie es dem alten Mann wohl ging?
Yaris blickte auf, denn das Kitzeln an seiner Hand hatte abrupt aufgehört. Die Samtpfote saß knapp außerhalb seiner Reichweite, behielt ihn jedoch weiterhin skeptisch im Auge, bereit, jederzeit die Flucht anzutreten, sollte er sich als Gefahr für sie herausstellen. Also gab er der Katze auch keinen Grund, sondern senkte den Blick. Behielt sie nur soweit im Blickfeld, um ihre Reaktionen beobachten zu können, tat aber gleichzeitig auch so, als würde sein Blick an ihr vorbeigehen. Nach einer Weile des kritischen Musterns, rollte sich das kleine Fellbündel zusammen und tatzte kurz darauf nach dem Schnürsenkel seine Stiefels, den man ihm am Vorabend gegeben hatte, nachdem Yaris es erst mehrfach abgelehnt hatte sie zu nehmen und zu tragen. Er wollte frische Luft an seine ebenfalls geschundenen Fußsohlen lassen, weil es so angenehmer gewesen war. Inzwischen tat es gut, sie zu tragen. Ein Stück weit fühlte er sich wieder wie der alte.
Während der Attentäter der Samtpfote bei ihrem Spiel zusah, fädelte er behutsam den zweiten Schürsenkel aus seinem anderen Stiefel. Als er sich langsam aufsetzte, sprang die kleine Katze erschrocken auf. Allerdings schien es nicht so schlimm zu sein, dann sie hielt wenige Schritte später inne und musterte das Bändchen, dass Yaris ihr auf dem Boden entgegenbrachte und das immer wieder zuckte. Die Neugier schien zu siegen und sie tappte vorsichtig näher, um das zuckende Etwas zu begutachten.
{unweit von Lucien, Shanaya und Liam | im Spiel mit Sineca}
RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Cornelis Feuerbart - 01.02.2018
Gierig aß Cornelis die mitgenommenen Fleischstücke, während er in seinem Versteck aus hohem Gras und Gestrüpp lag und beobachtete. Als er den letzten Bissen verschlungen hatte, wäre er am liebsten zurück zum Feuer gegangen und hätte sich noch etwas zu Essen geholt, zumal der Wildbraten auf dem Feuer noch immer einen verführerischen Duft verströmte. Doch er widerstand der Versuchung, blieb in seinem Versteck und beobachtete weiter. Der Lärm am Waldrand war inzwischen verstummt und eine abwartende gespannte Stille lag in der Luft. Dann hörte er Scortias, wie er sich bemerkbar machte - erst mit seiner Flöte und dann folgte ein Lied auf das andere. Er sah die Krähe, die sich an den Innereien des Hirsches zu schaffen machte und schließlich mit einem Beutestück auf einen nahen Baum hinaufflog. Er sah, daß der Vogel ihm einen wissenden Blick zuwarf...
`Hoffentlich kommt das Vieh nicht hierher und verrät mein Versteck.´ Doch wandte er den Blick bald wieder ab und dem Waldrand zu, aus dem vorher die Geräusche und Stimmen von Menschen zu hören gewesen waren. `Was bedeutet diese Stille bloß? Haben sie Furcht vor uns? Das könnte bedeuten, daß sie wenige sind und vermutlich nicht zur Marine gehören. Andererseits wenn es nur ein Aufklärungstrupp von zwei Mann sind, könnten sie sich genauso verhalten. Soll ich mich anschleichen und herausfinden, wer uns dort auflauert? Doch nein, wenn es die Falschen sind, die mich entdecken, geht es Scortias ans Leben. Ich muß an den Jungen denken - hier auf der Insel ohne Schiff und Mannschaft kann ich ihn nicht mehr gegen jede Gefahr verteidigen.´
Beim Gedanken an die Onyx verzog sich sein Gesicht wieder zu einer haßerfüllten Grimasse, die hier jedoch niemand sehen konnte. Dann endlich tat sich etwas am Waldrand.
[Am westlichen Strand / versteckt im Randbewuchs vor dem Wald / außer Hörweite für ein normales Gespräch im Lager / hat Scortias, Trevor, Rayon und vermutlich auch Skadi in Sichtweite]
RE: Kapitel 4 - Außer Sicht - Scortias Bartholomew - 01.02.2018
Scortias sang und flötete sich die Luft aus den Lungen. Wieso kamen die Fremden denn nicht? Hoffentlich griffen sie nicht an, weil sie dachten, dass er leicht zu überrumpeln war. Aber leicht würde es der Junge ihnen nicht machen, hatte er bereits gelernt, wie man durchaus einen Gegner verletzen konnte, auch wenn er selber körperlich unterlegen war. Doch hoffte der Zwölfjährige nicht, dass es tatsächlich zu einem Kampf kommen würde. Das Fleisch roch so gut und sein Magen knurrte so laut. Eigentlich wollten er und Cornelis doch nur hier weg. Wenn er doch nur anders auf sich aufmerksam machen könnte, wobei er etwas essen konnte. Es war die reinste Folter. ‚Na kommt schon.‘ flehte der Junge innerlich und spähte, während er weiter sang, immer wieder zum Waldrand, ob sich dort endlich was tat.
Und dann war es soweit. Ein groß gewachsener Mann mit dunkler Hautfarbe und ein hellhäutiger, auf den Jungen eher schlaksig wirkender Mann, traten aus dem Wald heraus. Auf den ersten Blick sahen sie nicht nach Marine Soldaten aus. War das vielleicht tatsächlich die Fahrkarte für ihn und dem Captain, endlich von der Insel herunter zu kommen? Nachdem Scortias den Blickkontakt aufgenommen hatte, verstummte er und stand von dem Palmenstamm auf. Die Fremden hatten keine bedrohliche Haltung angenommen und gezogene Waffen konnte der Zwölfjährige auch nicht auf den ersten Blick sehen. Am liebsten hätte er jetzt zu Feuerbart geschaut um Anweisungen zu bekommen, was er nun tun sollte, aber das würde den Captain nur verraten. Scortias musste sowieso mit Fingerspitzengefühl vorgehen, wenn er die Anwesenheit von van der Meer verriet, sobald sich die Fremden als nicht Soldaten herausstellten. Nicht, dass sie noch dachten, dass das hier eine Falle sei.
Scortias machte ein paar Schritte vom Feuer weg und sah zu den beiden Männern. Dann hob er seine Hände und winkte ihnen zu.
„HEY … HEY!“ rief er und hüpfte dabei freudig.
Der Schiffsjunge lief schließlich Barfuß durch den Sand auf die Fremden zu, blieb aber in einem angemessenen Sicherheitsabstand vor ihnen stehen. Er hatte nur eine weiße, knielange Unterziehhose an, da es sehr warm auf der Insel war. An der Farbe seiner Haut war deutlich zu erkennen, dass der Zwölfjährige schon länger mit der Hitze der Sonne zutun hatte, war er doch sehr gebräunt. Abschätzend, aber seine Freude nicht verbergend, blickte er die beiden vor sich abwechselnd an.
„Seid ihr mit einem Schiff hier?“ kam es neugierig von dem Jungen. „Habt ihr Hunger, wollt ihr was essen? W … I... Ich habe genug da.“ bot er schließlich an, denn einen ganzen Hirsch würde er so oder so nicht gegessen bekommen und auch Cornelis nicht.
Einiges könnten sie später noch einmal aufwärmen, aber meistens mussten sie dann doch recht viel davon wegwerfen, da sich das Fleisch in der Sonne nicht lange hielt und die Fliegen dort ihre Eier ablegten. Also wieso nicht zeigen, dass man freundlich gesinnt war.
[Am westlichen Strand | Cornelis außer Sichtweite /
Cesarea in der Nähe auf einem Baum / Kontaktaufnahme mit Rayon und Trevor]
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