RE: Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Josiah Moggensten - 25.08.2023
Innerhalb von wenigen Momenten halbierte sich die Anzahl ihrer potentiellen Gegner. Sogar Alex ließ diese Offenbarung grinsen. Josiah streckte seinen Daumen hoch und begab sich selber in Angriffsposition.
Dann erklang der erste Schuss, gefolgt von einem Fluchen und… nichts. Hatte Rym verfehlt?
Josiah zögerte, doch eine Bewegung aus dem Augenwinkel machte jedem Ansatz des Abwartens ein Ende, bevor es entstehen konnte: Alex war bereits auf den Beinen.
Mit einem unterdrückten Fluchen sprang Josiah auf und setzte um seine Seite des Wagens.
Teamarbeit. Eine schreckliche Erfindung.
Ihm blieb nicht viel Zeit zum lamentieren - Als er um den Wagen herum trat, starrte ihn aus einem dunklen, wettergegerbten Gesicht heraus ein Paar noch dunklerer Augen heraus feindselig an. Es war ein vom Leben gezeichnetes Gesicht, geziert von einst gebrochenen und schlecht verheilten Nase und Wangenknochen, kurz um: das Gesicht eines Schlägers. Blieb nur die Frage, ob der jeweils andere immer schlimmer ausgesehen hatte, oder sie zuweilen als Sandsack verwendet worden war.
In seinen Händen ruhte ein Gewehr – geladen und nahezu schussbereit, nur der Lauf war noch nach unten gerichtet und das Schloss noch in Sicherheitsrast. Ein erfahrener Schütze würde nicht lange brauchen, um das Gewehr anzulegen, den Hahn zu ziehen, zu zielen und abzudrücken.
Er hatte nur wenige Atemzüge, um zu reagieren.
Josiah machte einen Satz, warf sich selbst und das Messer, das bis vor wenigen Sekunden noch zwischen seinen Fingern getanzt hatte, nach vorne. Die ruckartige Bewegung zerriss die Flugbahn des Messers. Mit einem dumpfen Ton grub es sich knapp hinter dem Ohr seines Gegners ins Holz.
Josiah ließ sich nicht beirren. Dann, wenige Augenblicke, bevor die beiden Kämpfer aufeinander treffen sollten, kreuzten sich ihre Blicke. Josiahs Nackenhaare stellten sich auf.
Er schaffte es gerade noch, seinen Oberkörper zur Seite zu reißen, dann donnerte aber auch schon das Griffstück des Gewehres auf ihn nieder.
Definitiv kein Sandsack.
Binnen eines Atemzuges hatte der werte Schläger/Sandsack stattdessen ebenfalls die Situation begriffen und ihre Taktik geändert. Und noch während Josiah die Distanz zwischen ihnen schloss, hatte er mit dem Gewehr zum Schlag ausgeholt.
Josiah war auf einen Schuss vorbereitet gewesen, darauf, dass er einen auf sich gerichteten Lauf zur Seite stoßen musste, einen Schlag in sein Gesicht platziert hätte, während er mit der anderen Hand den Lauf nach oben und hinten drehte, und dann…
Ein dumpfer Schmerz explodierte in seiner Schulter, wo ihn das Griffstück anstelle seines Kopfes erwischte. Josiah fluchte zwischen zusammengepressten Zähnen hindurch. Der Wagen bereitete seinem kurzen Ausweich-Manöver ein jähes Ende. Er kollidierte mit der Seitenwand, spürte, wie sich einzelne Splitter in seine Haut fraßen und dann seine Anwesenheit im Nacken – sie hatte keinen Moment vergeudet und war ihm nachgesetzt. Er jagte ihm zur Begrüßung seinen Ellbogen ins Gesicht.
Er wusste den improvisierten Schlagstock gut zu führen. Zwei weitere Schläge noch konnte Josiah mehr schlecht als recht abwehren, dann fand er endlich eine Lücke in seiner Defensive. Als der Schläger zum nächsten Schlag ausholte, setzte Josiah nach vorne und schob sich genau in dem Bereich, wo ihm seine Wucht nicht mehr helfen würde: zwischen den ausgestreckten Arm und Kopf. Sein Oberarm knallt gegen seine Schulter und er hört ihn neben seinem Ohr überrascht nach Luft schnappen, als er, mit seinen Händen jetzt bei seinen Schulterblättern, ihn auch schon nach unten drückt und ihm gleichzeitig das Knie in den unfreiwillig gekrümmten Unterleib rammte.
Mit einem Keuchen entwich dem Schläger die Luft aus den Lungen. Instinktiv riss er die Arme hinunter, um sich zu schützen, und Josiah hörte, wie das Gewehr hinter ihm polternd auf den Boden fiel. Er ließ sich nicht beirren. Den Schläger weiter fixierend rammte er ihm erneut das Knie in den Schritt, und dann nochmal.
Als er zum dritten mal ausholte, ging sein Bein in Flammen auf.
Josiah fluchte auf. Der Schläger nutzte seinen kurzen Moment des Strauchelns aus, riss sich aus seinen Griff los und stolperte selber ein, zwei Schritte zurück, bis er nach Atem ringend mit dem Rücken zur Wand sitzen blieb. In seiner Hand umklammerte er ein Messer.
Josiah zog anerkennend eine Augenbraue hoch und ließ einen weiteren Fluch in einen tiefen Atemzug ersterben. Stattdessen rollte er seine Schultern, während er den Moment der Freiheit nutzte, um ein weiteres Messer hervorzuziehen und seine Deckung wieder aufzunehmen. Er musterte den Schläger scharf – sein Körper bebte, sein stechender Blick war leicht glasig, seine Deckung zu seiner linken offen.
Einatmen. Ausatmen. Das Wurfmesser tanzte zwischen seinen Fingern.
Ein Schuss zerriss die Luft, dann ein zweiter.
Josiah spürte, wie ihm etwas an der Schulter - schon wieder diese dumme Schulter - streifte. Doch noch während die ihn knapp verfehlte Kugel hinter ihm einschlug, grub sich sein Messer endlich seitlich in den Hals des Schlägers.
Für einen kurzen Moment war da nur Überraschung in seinem Blick. Einen Herzschlag lang, dann wich es Hass. Josiah ließ ihn unzeremoniell los, als er das Messer hinter ihm im Holz ergriff, es rauszog und sich noch in derselben Bewegung umdrehte.
Keine paar Meter hinter ihm stand der dritte Angreifer im Bunde vor seinem – von Alex? – erschossenen Kumpel, die Büchse hektisch am Nachladen und leicht nach vorne gekrümmt, das Gesicht schmerzhaft verzogen und trotzdem mit entschlossenem Blick noch stehend.
Josiah tat es fast schon Leid, als er - noch bevor der Mann das Gewehr für den nächsten Schuss öffnen konnten - ihm das Messer in den ungedeckten Brustkorb schickte.
[bei Alex, Rym]
RE: Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Talin Dravean - 30.08.2023
Sollte sie belustigt sein oder einen genervten Seufzer ausstoßen? Sicher war sie sich nicht. Natürlich verstand die Blonde Shanaya. Sie wollte nicht länger warten, denn es würde sie schon niemand hier angreifen und selbst wenn, dann wüssten sie immerhin, warum sie seit ihrem Spaziergang durch die Stadt verfolgt wurden. Und das wollte Talin auch wissen! Einmal, nur ein einziges Mal, wollte sie auf Sicherheit spielen und dafür bekam sie nur Unglauben und Ungeduld von der dunkelhaarigen Navigatorin. Wenn sie so darüber nachdachte, dann tendierte Talin doch selbst langsam zu Genervt-sein. Mit einem Hauch Belustigung, weil Shanaya einfach nicht ruhig bleiben konnte. Vielleicht belustigte sie auch die Tatsache, dass mal nicht sie es war, die der Gefahr einen Luftkuss zuwarf und sich dann mitten hineinstürzte. Sollte es wirklich eine Gefahr geben.
Ihr kleines Gedankenkarusell wurde unterbrochen, als sie die Interaktion zwischen Aric und der Ablenkungskünsterlin beobachtete. Natürlich war eine Bezahlung wichtig, aber sie wollte doch langsam selbst einmal los und ihr Versteckspiel in einer gewissen Sicherheit weiter spielen. Vielleicht war sie auch doch ziemlich neugierig, was die Händlerin ihr so wichtiges zu geben hatte. Ein Blick zu der Brünetten sagte ihr, dass sie auf jeden Fall langsam loswollte. Und obwohl sie ebenso auf eine Ablenkung bestanden hatte, schien sie von der gleichen Unruhe wie Shanaya gepackt worden zu sein und machte sich ebenfalls auf den Weg aus dem Zelt. Vielleicht wollte sie auch sichergehen, dass der Schwarzhaarigen da draußen nichts passierte, was Talin sich irgendwie auch nicht so richtig vorstellen konnte.
Nachdenklich neigte die Blonde den Kopf hin und her, bevor sie von Lolas Frage abgelenkt wurde. Sie überlegte kurz, bevor sie grinste und sich ebenfalls auf den Weg zum Zelteingang machte. Dort blieb sie stehen und deute eine leichte Verbeugung in die Richtung der beiden noch im Zelt Verbliebenen.
„Auch wenn meine liebevolle Begleiterin keine Notwendigkeit einer Ablenkung sieht, wie wäre es, wenn du zu unserer Sicherheit dennoch mit deinen schönen Rachbomben mitkommen würdest? Und wenn du dich langweilst, dann kannst du uns ja auch begleiten, Herr Wahrsager“, meinte sie mit einem Augenzwinkern in Richtung Aric.
[Marktplatz | Wahrsagerzelt am Eingang | bei Aric und Lola, in der Nähe von Shanaya und Lissa]
RE: Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Marionettenspieler - 02.09.2023
Beiros war während des kurzen Austauschs wieder näher an die kleine Gruppe herangetreten, den Blick dabei von Tarón zu der hochgewachsenen Frau hinwendend, die die Wachsamkeit seiner Gäste mit jedem Wort zu steigern vermochte. Sei es, weil sie ihr misstrauten, oder weil das, was sie sagte, sie in höchste Alarmbereitschaft versetzte. Doch zumindest Ersteres schien den Barden selbst nicht zu quälen. Es mochte ein Bauchgefühl sein, aber er hielt die mysteriöse große Frau in diesem Moment nicht für eine Bedrohung. Für gefährlich vielleicht, aber nicht bedrohlich.
Letzteres hingegen hatte er bereits vermutet. Hier ging es um ein durchaus bekanntes Schiff mit roten Segeln. Eines, das vielleicht nicht nur den drei Reisenden vertraut war, sondern das sich bereits in der gesamten Ersten Welt einen zweifelhaften Ruf erarbeitet hatte. Ein Schiff und eine Crew, die im Auge zu behalten sich womöglich lohnte. Vielleicht, weil er nun wusste, dass einer der seltenen Basilisken bei ihnen lebte, und vielleicht, weil er doch nur ein sentimentaler alter Mann war.
Er legte dem bärtigen Echsenbesitzer eine Hand auf den Oberarm, wartete darauf, dass dieser seine Aufmerksamkeit auf ihn lenkte.
„Ich will Euch nicht aufhalten, mein Freund“,
begann er in verständnisvollem Ton. Bedeutete Tarón im gleichen Zuge jedoch, ihm zu folgen, als er einen Schritt von der Gruppe zurücktrat und im nächsten Augenblick die Stimme so weit senkte, dass die übrigen drei nicht mehr als ein leises Brummen würden hören können.
„Aber ich möchte Euch noch etwas auf Euren Weg mitgeben.“ Er wartete nur einen Herzschlag, bis er sich Taróns ganzer Aufmerksamkeit sicher sein konnte und suchte zugleich die richtigen Worte, um das, was wichtig war, in wenigen Sätzen zusammenzufassen. „Ich kann Euch nicht alles berichten, was ich darüber weiß – das erlaubt die Zeit jetzt nicht mehr. Aber eines solltet Ihr wissen: Diese Männer und Frauen, die Euren kleinen Gefährten verfolgen, gehören einer Gruppe selbsternannter Jäger an, die bereits seit hunderten von Jahren existiert. Länger, als es Könige in dieser Welt gibt. Sie haben im Laufe dieser Zeit einen Schaden angerichtet, den Ihr Euch nicht einmal vorstellen könnt und dessen Auswirkungen wir alle bald zu spüren bekommen werden. Achtet gut auf Euch und auf Euren kleinen Freund. Diese Menschen werden alles daran setzen, ihn in die Finger zu bekommen! Calwah mag nicht ihr eigentliches Opfer sein, aber er hat die Fähigkeiten, sie zu ihnen zu führen.“
Mit jedem Satz wurde Beiros‘ Stimme eindringlicher, seine Worte hastiger. Er wollte Taróns Zeit nicht überstrapazieren und beschloss, es bei diesen wenigen Informationen zu belassen, sofern der Bärtige nicht nachhakte. Nur eines noch:
„Wenn Euch Euer Weg nach Cheliya führt, werft einen Blick in die großen Bibliotheken. Dort gibt es Bücher, die Euch mehr darüber verraten werden. Fangt mit dem an, was ich Euch über Calwah sagen konnte. Den Rest werdet Ihr dort erfahren. Und nun macht Euch besser auf den Weg zu Eurem Schiff... bevor Ihr keines mehr habt.“
[Kleiner Innenhof nicht weit vom Hafen | bei Calwah, Isala, Rúnar, Tarón & Tali]
Tarón - Du erhältst Deinen Preis aus dem Weihnachtsspecial der Inselwelten: Das Geheimnis. Das Wissen um die Bruderschaft der Jäger, die Calwah auf den Fersen ist. Was Du mit diesem Wissen anstellst, obliegt fortan nur Dir.
Dein Geheimnis wird in Deinem Profil hinterlegt.
Beiros Garisi
gespielt von Spielleitung
Alter 47 Jahre
Beruf reisender Barde & Medicus
Größe und Gewicht 1,89 m & 86 kg
Augenfarben braun
Haarfarbe schwarzbraun
Merkmale bodenständig, in sich ruhendes Gemüt
Status aktiv
Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Zairym al Said - 02.09.2023
Während er zum Teil verärgert, zum Teil panisch, in den Lauf des Gewehres seines offensichtlich nicht erschossenen Gegners schaute, gingen ihm einige der Sprüche durch den Kopf, die er im Laufe seines Lebens, aber vor allem in seiner Jugend zu hören bekommen hatte. ‚Hilf dir selbst, dann wacht die höhere Macht über dich und hilft dir.‘ Einer der Lieblingssprüche einer der ‚Schwestern‘ aus dem Waisenhaus, in dem er eine Weile gelebt hatte. Mit anderen Worten: ‚Mach deinen Scheiß alleine und stör die Erwachsenen gefälligst nicht.‘
Dann der Spruch des Mannes in seiner hübschen Marineuniform, der ihm und seinen Freunden alles wegnahm, was sie zum Überleben brauchten: ‚Wenn ihr mir euere Sachen gebt, zeigt ihr nur die Nächstenliebe, die ihr für eure Mitmenschen habt. Ich danke euch also.‘ Sein schäbiges Lachen klang auch heute noch manchmal in Ryms Ohren nach. Aber am lautesten hallte ein anderer Spruch durch seinen Kopf. Einer, der ihm schon so oft das Leben gerettet hatte. „Remi, wenn du mal in ‚ner richtigen Scheißsituation bist und dir keine Waffe der Welt mehr hilft und der Typ vor so richtig gefährlich wird: Dann kämpf dreckig.‘ Und genau das war es auch, was er tat.
Als sein Gegner kurz abgelenkt an ihm vorbei blickte, weil Alex und Josiah hinter ihrem Wagen herauskamen – nur Sekunden nachdem sein eigener Schuss so in die Hose gegangen war – warf Rym sich noch einige Schritte vor, trat dem Mann erst gegen das Schienbein, bevor er ein Knie anhob und es ihm dorthin rammte, an der man als Mann einfach nie getroffen werden wollte. Ein schmerzhafter Laut der Überraschung war seine Belohnung, aber an der Stelle hörte er nicht auf. Er schlug zum Abschluss noch einmal ins Gesicht des Mannes, hörte ein befriedigendes Knacken, duckte sich und rollte sich mit seiner kleinen Schönheit unter dem Wagen zu seiner linken durch. Vielleicht mochte es feige sein, dass er den Kampf nicht zu ende fürhte, aber er hing an seinem verfluchtem Leben. Er hatte noch etwas zu erledigen.
In der Sicherheit seines Wagens schaute er unter diesem hindurch zu dem Getümmel. Einer lag am Boden, wenn er die Masse richtig deutete, sein eigener Gegner krümmte sich noch, erholte sich aber langsam. Zwei andere Paar Füße waren in einem innigen Kampf verwickelt, der dann aber auch bald damit endete, dass nur noch einer stand und der andere am anderen Wagen lehnte. Kurz nachdem der letzte Schuss ertönte, fiel auch der letzte Mann um. Rym runzelte die Stirn. Sollte es das jetzt wirklich gewesen sein? Hatten sie es geschafft? Langsam erhob er sich und trat um sein Schutzschild herum. Offensichtlich hatte die letzten beiden Männer der Attentäter erledigt und sie waren für den Moment in Sicherheit.
„Kann mir jetzt jemand verraten, was zum Geier das eigentlich sollte? Mir wurde gesagt, niemand wüsste etwas von dem Transport.“ Er sah sich um und runzelte dann noch einmal die Stirn, als würde ihm etwas fehlen. „Wo ist eigentlich die Quasselstrippe, Lockenköpfchen? Hast du seine Leiche irgendwo entsorgt?“
[Lavendelfeld | Alex, Josiah, (Trevor) | ohne Gegner (endich)]
RE: Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Marionettenspieler - 02.09.2023
Mit einer Selbstsicherheit in dem zweifarbigen Augenpaar, als gäbe es Nichts an ihrer Reaktion, das ihn hätte überraschen können, beobachtete Elijah Skadis Mienenspiel, während sie den Brief der Königin ein erstes und dann ein zweites Mal las. Er kannte die Bitte der Königin auswendig, für den Fall, dass er das Schreiben hätte vernichten müssen. Und selbstverständlich wusste er auch, welchem Stamm Skadi angehörte und welche Aufgabe im Dienste der Königsfamilie dessen Angehörigen seit Generationen ausführten – bevor sie vor Jahren hinterhältig abgeschlachtet worden waren... und man der Königsfamilie ihr Schutzschild raubte. Seitdem erfüllte die Familie Karean diese Pflicht allein. Doch sie waren nur wenige und angesichts der Ereignisse zu wenige. Die Reihen der Leibgarde lichteten sich, weil nur wenig Frischfleisch nachrückte, während die Ältesten in den wohlverdienten Ruhestand gingen. Ihre Feinde mussten sich nicht einmal die Mühe machen, sie zu dezimieren. Das geschah bereits von ganz allein. Und ihre Zahl reichte gerade so, um die Königin zu schützen.
Aber nicht ihren Schatz.
Elijah neigte flüchtig den Kopf, als Skadi sich wieder an ihn wandte und den Brief ihrer Regentin derweil an ihren Begleiter weiterreichte. Der Leibgardist überließ es ihr, hatte sich ohnehin schon gedacht, dass sie den jungen Mann an ihrer Seite genug schätzte, um ihn nicht über Elijahs Klinge springen zu lassen. Und während Jón mit ebenso wechselhaftem Mienenspiel las, wie es zuvor Skadi getan hatte, lächelte der junge Karean erneut, ruhig und verständig dieses Mal. Er erahnte ihre Absicht, ihn zu testen, und gestand sich ein, dass er es ebenso gehalten hätte.
„Nicht, dass Ihr es nicht gelesen hättet“, erwiderte er mit einer Spur Belustigung in der Stimme. „Während des Elementarfestes richtet die Königin in ihrem Palast einen Maskenball aus. Am 23. September diesen Jahres. Wenn Ihr zustimmt, trefft mich drei Tage vorher in einem Gasthaus namens ‚zum goldenen Eber‘. Der Besitzer ist ein loyaler Freund. Ich werde dafür sorgen, dass Ihr am Tag des Festes ohne Probleme in den Palast hinein kommt. Mischt Euch unter die Gäste, dann bringe ich Euch zu ihr. Sofern Ihr es schafft, unter einem Haufen unglaublich eingebildeter Höflinge nicht aufzufallen.“
In seinen Augen blitzte eine kleine Herausforderung auf, als könne er sich nicht wirklich vorstellen, wie eine kunterbunte Ansammlung von Piraten – ja, auch das wusste er – es schaffen sollte, unter Adligen nicht aufzufallen, deren detaillierten Gepflogenheiten ihnen gänzlich fremd waren. Aber er würde sich überraschen lassen. Ein bisschen Finesse brauchte es ganz gewiss, um die Aufgabe zu erfüllen, die die Königin ihnen übertragen wollte.
„Und Skadi...“, fuhr er schließlich fort. Dieses Mal ohne jede Spur von Belustigung, sondern geradezu drängend, bittend, auch wenn die ihm angeborene Selbstsicherheit nicht im Mindesten darunter zu leiden schien. „Die Königin mag zwar glauben, Ihr könntet diese Aufgabe allein bewältigen, aber sie ist sich nicht bewusst, zu was unsere Feinde in der Lage sind. Bringt die Piraten mit. Wir brauchen ihre Hilfe genauso, wie die Eure. Wir brauchen ein Schiff, wie das Eure.“
[Einsame Seitengasse unweit des Marktplatzes | Skadi & Jón]
Elijah Karean
gespielt von Spielleitung
Alter 25 Jahre
Beruf Mitglied der Drachengarde
Größe und Gewicht 1,83 m & 82 kg
Augenfarben blau & grün
Haarfarbe dunkelblond
Merkmale bedingungslos loyal
Status aktiv
Halb belustigt, halb besorgt beobachtete die junge Alleshändlerin die Interaktionen im Zelt. Oder auch die Fehlende. Sie verfolgte, wie die Dunkelhaarige aus dem Zelt verschwand, offensichtlich nicht an irgendwelchen Ablenkungen interessiert, die ihnen helfen konnten, mehr oder weniger unauffällig aus dem Zelt zu verschwinden. Die andere – Talin – schien hingegen recht begeistert von der Ablenkungsidee zu sein... Lissa war es inzwischen ziemlich egal. Sie wusste nur, dass sie zurück zu ihrem Zelt mussten. Und auf die Blonde konnte sie gut und gerne auch draußen warten, oder nicht? Kurz überlegte die junge Frau, bevor sie noch einmal schmunzelnd über den Betrüger – oder vielleicht auch nicht Betrüger? – das Zelt verließ.
Als sie dort die junge, ungeduldige Frau entdeckte, lächelte sie und neigte leicht den Kopf, während sie die andere genau musterte. In ihrem Kopf schien wieder dieses Klingeln zu ertönen, doch leiser, so viel leiser, als bei der Blonden. Eines Tages dann also, sagte eine Stimme in ihr. Und wer war Lissa, diese zu ignorieren?
Statt also darüber nachzudenken, was ihr Zelt für die Dunkelhaarige haben könnte, blickte sie auf die Hülle, die sie fest an sich gedrückt hielt.
„Ich kannte einmal jemanden, der war besessen von Karten – wie hieß er doch gleich? Egal. Er hatte immer behauptet mit seinem Blut könnte er auf einer Karte Dinge zeichnen oder verschwinden lassen und genau so, würde es dann auch in der Realität geschehen? Ich habe nie herausfinden können, ob das stimmt, aber die Feder, mit der er seine Karten zeichnete, war eines der schönsten Stücke, die ich je gesehen hatte.“
Lissa lächelte die Dunkelhaarige an, bevor sie leise kicherte. „Ich langweile dich, oder? Ich habe das Gefühl, du würdest am liebsten weiter oder euren mysteriösen Verfolger hier an Ort und Stelle fassen. Aber bitte warte damit noch. Es würde mir wirklich Kopfzerbrechen bereiten, wenn ich deiner Freundin nicht geben kann, was ihr gehört.“
Hinter ihr hörte sie das Rascheln von Stoff und als sie sich umdrehte, erkannte sie, dass die Blonde ebenfalls zum Ausgang getreten war, aber noch nicht herauskam. Lissa wunderte sich leicht, warum Talin zurückblieb, aber vielleicht hatte das ja etwas mit der Ablenkung zu tun, auf die sie vorhin noch beharrt hatte. Stattdessen wandte sie sich wieder der Begleiterin der Blonden zu.
„Ich würde dir gerne den Weg zu meinem Zelt weisen, aber leider bin ich mir nicht sicher, ob du es finden würdest. Die wenigsten sehen mein Zelt, wenn sie an ihm vorbeigehen, deshalb mache ich mir wenig sorgen, dass jemand etwas klaut. Aber vielleicht findest du ja auch etwas für dich, wenn du noch einen Augenblick wartest? Ich gebe es dir zu einem Freundschaftspreis.“
Sie zwinkerte Shanaya leicht zu, während sie mit halben Auge zurück zum Zelt sah.
[Ostya - nördlicher Marktplatz | Arics Zelt | erst drin, dann davor | Aric, Lola, Talin, Shanaya]
Lissa Emandín
gespielt von Spielleitung
Alter 24 Jahre
Beruf reisende Händlerin
Größe und Gewicht 1,69 m & 59 kg
Augenfarben braun
Haarfarbe rotbraun
Merkmale beeindruckend schlechtes Gedächtnis
Status aktiv
RE: Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Rayon Enarchea - 03.09.2023
Liams Worte vermochten zunächst nicht, die Skepsis aus Rayons Gedanken zu verbannen. Er bezweifelte, dass die Geister der Toten zwischen der Gesinnung oder Intention der Menschen unterschieden, die auf ihren Gebeinen wandelten und ihre Ruhe störten, insbesondere auf die vorgeschlagene Art und Weise. Umso erleichterter war er, als sein Freund dennoch prompt seinen Plan aufgab und stattdessen vorschlug, dass sie sich aufteilten. Der Schiffskoch war sich zwar nicht sicher, ob dieser neue Plan viel besser war als der letzte, schließlich würden sie sich damit verwundbarer gegen eine mögliche Falle machen. Da er jedoch nach wie vor zuversichtlich war, dass der Junge sie nicht in eine solche locken wollte, kam das Aufteilen ihm in jedem Fall deutlich attraktiver vor, als von wütenden Geistern heimgesucht zu werden.
Er quittierte die Worte Liams mit einem dankbaren Lächeln und nickte ihm zu, um seine Zustimmung kundzutun. Auch Cassy, ihre neue Begleiterin, schien den Vorschlag zu akzeptieren. Von ihrer Idee, allein mit dem Jungen den direkten Weg zu nehmen, während die anderen drei sich von den Seiten näherten, hielt er zunächst jedoch überhaupt nichts. Sein Mund öffnete sich schon zum lautstarken Protest, ehe er innehielt und sich den Plan der Blonden noch einmal durch den Kopf gehen ließ.
Sie würde sich dadurch einer erheblichen Gefahr aussetzen, je nachdem, wie gewalttätig die Bande war, die die Schwester des Jungen entführt hatte. Im schlimmsten Fall riskierte sie leichtfertig ihr Leben. Andererseits bestand durch diese Vorgehensweise auch die größte Chance, die Situation ohne Blutvergießen zu lösen - wenn die Bande einen einschüchternden und bewaffneten Mann an ihrer Seite erspähten, wären sie vermutlich nicht dazu bereit, mit ihnen zu reden. Und trotz dieser Überlegungen fühlte Rayon sich nicht gänzlich wohl beim dem Gedanken, die beiden einfach so schutzlos zurückzulassen.
"In Ordnung", meinte er schließlich nachdenklich und blickte in die Runde, ohne die Bedenken restlos verbergen zu können. "Allerdings will ich dich nicht ohne Schutz mit dem Jungen genau in der Schussbahn dieser Bande wissen", wandte er sich mit ernster Miene an Cassy. "Mein Vorschlag wäre, dass ich mich in unmittelbarer Nähe zu euch aufhalte, ohne den direkten Weg zu nehmen, und auf möglichst unauffällige Art und Weise. Dadurch kann ich schnell eingreifen, wenn die Sache schiefgeht."
Mit gehobener Augenbraue und dem Anflug eines amüsierten Lächelns schaute er zu Per.
"Und keine Sorge. Wenn das Ganze wirklich eskalieren sollte und du deine wertvollen Kugeln opfern musst, ersetze ich sie dir."
Das war der Schutz des Jungen und der Frau ihm wert. Zumal er bezweifelte, dass Per seine Worte wirklich allzu ernst meinte.
"Wenn alle einverstanden sind, gehen wir in genau die Richtung, die du vorgeschlagen hast, Cassy. Liam nimmt den Weg links herum, Per rechts. Aye?"
[ Auf dem Friedhof mit Liam, Per, Cassy und dem Straßenjungen ]
RE: Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Tarón Valur - 07.09.2023
Taróns Augen wandten sich aus den Winkeln Rúnar zu. Seine Frage an die große Frau war von ihrem Timing her etwas ungünstig – dennoch war sie relevant. Das ‚warum‘ war immer relevant.
Und diese groteske Riesin war sich nicht zu fein für eine Antwort.
Die klang erstmal logisch genug…auch wenn sie ein neues ‚warum‘ aufwarf:
„Wofür benötigst du ein Schiff?“
Wachsam sah Tarón den Dolch an, den sie zog, doch sie drohte ihnen nicht…sie drohte ihren Feinden. Tarón überschlug ihre Optionen:
Entweder sie schafften es rechtzeitig zur Sphinx, bekamen wundersam die verstreute Mannschaft zusammen und konnten ablegen bevor die ‚Panzermänner‘ eintrafen oder…sie mussten kämpfen. Bei der Sphinx, wenn die Männer eintrafen bevor sie weg waren oder sie suchten zuvor selbst den Kampf.
Im Gegensatz zu Isa war Taróns Misstrauen für den Moment geschrumpft. Ob das wirklich klug war, würde sich wohl zeigen müssen…doch ehe er einen Plan zusammenhatte, zog ihn Beiros beiseite. Sein Geist trennte sich nur schwer von den wirbelnden Optionen und der Gefahr für das Schiff aber schließlich griffen die Worte des anderen nach seinem Verstand und überwältigten ihn mit ihrer Bedeutung. Die Haare auf Taróns Armen richteten sich auf, als die Gänsehaut über sie kroch. Jedes Wort brannte sich so scharf in sein Hirn ein, dass er das, was Beiros sagte auch in 20 Jahren Wort für Wort würde wiederholen können. Cheliya…eine Spur!
‚Wenn du mich liebst, dann schwöre…‘
Vor ihnen also hatte Aylah die Echse beschützt.
„Ich danke dir. Von Herzen.“
Und er meinte es, als er Beiros rechte Hand in seine nahm und kurz mit beiden umschloss, ehe er ihn losließ. Später würde er genauer über diese Worte nachdenken. Später würde er mit anderen darüber reden müssen, wie er zu dieser Bibliothek kam. Später würde er abwägen, ob das Risiko es wert war eine neue Aurora zu riskieren…später…
Jetzt wandte er sich an Rúnar und Isa…und die Fremde.
„Gut. Du hilfst uns – dann sehen wir weiter. Wie viele sind es?“ in jedem Fall sicher zu viele, um sie so unauffällig zu beseitigen, dass sich dadurch nicht noch größere Schwierigkeiten ergeben würden…und wahrscheinlich zu viele, um sie überhaupt zu überwältigen. Isa und Rúnar…waren nicht grade Elitekämpfer und er selbst war nicht mehr so jung wie einst…
„Wir brauchen eine Ablenkung…irgendwas, dass sie vorerst aufhält, bis die Crew verständigt und die Sphinx ablegebereit ist…“
Und was genau würden diese Soldaten suchen? Nach Beiros Warnung fiel ihm Calwah ein, doch das traf sehr wahrscheinlich nicht zu. Ihn zu schützen hatte dennoch Priorität…aber diese Soldaten suchten am ehesten Illegale Ware und…Gesuchte. Beides gab es auf der Sphinx – nichts davon gab es direkt bei ihnen, die sie hier waren – vielleicht abgesehen von der Riesin.
„Rúnar…ich glaube es wäre am besten, wenn du mit Calwah zur Sphinx läufst und die anderen warnst.“ Die Vorräte – die er auch nicht vergessen hatte – könnte ihre neue Freundin mit einem Finger tragen, sollten sie diese retten können.
„Und wir sollten uns schleunigst was ausdenken…“ band er die beiden Frauen in seine Überlegungen ein, fasste die einschüchternde dann aber direkt ins Auge „suchen sie zufällig auch nach dir?“
Warum sonst dieser Aufmachung?
[Kleiner Innenhof unweit vom Hafen | bei Calwah, Isala, Rúnar, Dahlamon Tali & Beiros]
RE: Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Shanaya Árashi - 13.09.2023
Shanayas Blick wanderte aufmerksam über die Umgebung. Über die Menschen, die an ihr vorbei liefen, sich unterhielten – von denen ihr jedoch niemand mehr Aufmerksamkeit zukommen ließ als nötig. Niemand im Blickfeld der jungen Frau sah so aus, als wolle er sie beobachten, ihr folgen oder dergleichen. Es war fast schade, immerhin hätte die Schwarzhaarige zu gern gewusst, was ihr Verfolger sich von ihnen erhoffte. Aber ihre Priorität in diesem Moment war klar – die Karten in Sicherheit bringen. Und etwas zu Essen organisieren. Das einzige, was ihr im Weg stand, waren diese Händlerin und Talin – die beide das Zelt noch nicht verlassen hatten.
Erstere gesellte sich schließlich zu ihr, während Talins Stimme im Zelt erklang, was die Schwarzhaarige leicht die Nase rümpfen und tonlos seufzen ließ. Sie hatte gehofft, sie könnten einfach das Geschenk für die Blonde besorgen und sich dann einfach auf den Weg zurück machen. Aber scheinbar funktionierte das nicht ganz, wenn sie sich nicht allein auf den Weg machen würde. Und auf die Gesellschaft der kleinen Heulboje konnte sie verzichten, egal, wie viele gute Ablenkungen sie vielleicht in irgendwelchen Taschen versteckt hatte. Und mit diesem Gedanken setzte die junge Frau einen Fuß nach vorn, heilt netterweise jedoch inne, als die fremde Händlerin sie ansprach. Mit leicht gehobener Augenbraue drehte Shanaya den Kopf zu ihr herum, lauschte ihren Worten bis zum Schluss.
„Und das erzählst du mir, weil…?“
Mit abwartender Miene musterte Shanaya die andere Frau, bis diese weiter sprach und ihr mit den nächsten Worten ein leises Lachen entlockte, sie antwortete jedoch erst, nachdem die Fremde sich noch einmal dem Zelt zugewandt hatte und schließlich noch ein paar Worte an sie richtete.
„Und wieso solltest du das tun? Was erwartest du für eine Gegenleistung für etwas, wonach wir nicht gefragt haben?“
Shanaya Stimme blieb ruhig, mit ehrlichem Interesse in den blauen Augen. Ihr erschloss sich nicht ganz, wieso die Braunhaarige etwas für sie tun wollte. Sie hatte keinen Grund dazu, wenn sie nicht irgendetwas erwartete. Vermutlich würde sie Shanaya nicht aufklären, eine Ausrede finden oder dergleichen, trotzdem war die junge Frau gespannt, was ihr Gegenüber antworten würde.
[Vor Arics Zelt | Lissa]
RE: Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Alex Mason - 15.09.2023
Er war einen Moment zu lange abgelenkt von seinen Gedanken. Als er den Blick wieder von dem Banditen löste und aufsah, waren seine beiden Gefährten bereits aus ihrer Deckung herausgetreten. Scheinbar hatten sie es geschafft, was in Anbetracht ihrer beachtlichen Unterzahl eigentlich einem Wunder glich. Alex lugte hinter dem Wagen hervor und sondierte die Umgebung, doch die Felder lagen wieder so friedlich vor ihnen wie vor diesem kleinen Zwischenfall. Keine Nachhut. Aber die Menge an Körpern, sie sie gleich zu verstecken hatten, reichte auch vollkommen aus. Ohne groß darauf zu achten, was Rym oder Josiah taten, erhob er sich und bewegte sich mit zwei großen Schritten zielstrebig auf die Gestalt zu, die am nächsten zu ihm auf dem Boden lag. Ryms Beschwerde in seinem Rücken nahm er zwar zur Kenntnis, reagierte allerdings nicht. Stattdessen zog der dem Mann vor ihm den Stoff vom Gesicht, zückte seinen Dolch, und entledigte ihn gleich darauf auch von seiner restlichen Verkleidung. Dann legte sich ein Lächeln auf seine Züge. Abfällig und kalt.
„Ihr feigen Wichser.“
Tatsächlich hatte er sich nicht getäuscht. Tatsächlich schienen das hier nicht einfach irgendwelche Banditen zu sein, sondern das Gesetz. Die Marine persönlich. Er konnte es ihnen nicht mal verübeln, dass sie sich in ihrem Fummel nicht in der Öffentlichkeit zeigen wollten. Alex verstand dem Drang, diesem Pisser vor ihm ins Gesicht zu spucken.
„Tja. Scheint, als hätte es die glorreiche Marine nicht ausgehalten, mal nicht mitzuspielen.“, kommentierte Alex abfällig, während er sich erhob und zum nächsten Leichnam aufmachte. Auch hier das Gleiche: Marinesoldat. Fiffy für irgendwelche machtgeilen Wichser, damit sie sich die Hände nicht schmutzig machen mussten. Erst Rym war es, der ihn daran erinnerte, dass ihnen noch immer ein Mann fehlte. Dieses Mal lag es nicht an seiner wenigen Wertschätzung für Trevor, sondern an seiner beachtlichen Abneigung gegenüber der Marine, dass er gar nicht mehr an ihn gedacht hatte.
„Die hat sich selbst entsorgt.“, kommentierte er im ersten Augenblick etwas abwesend, während er den Mann vor sich am Boden musterte. Dann erst sah er zu Rym auf. „Da hinten ist er vom Pferd gefallen. Da der Gaul aber auch nicht mehr aufgetaucht ist, glaube ich eher, dass der Schuss das Tier getroffen hat.“ Alex wies mit der Hand in die Richtung des kleinen Wäldchens. „Der Wagen dort müsste auch noch intakt sein. Wir brauchen nur Pferde, um die Sache zu Ende zu bringen. Da können wir deine freundliche Frage auch vermutlich am besten direkt weiterleiten. Schätze, die Marine hat es nicht auf jeden dahergelaufenen Warentransport abgesehen.“
{ Josiah & Rym (& Trevor) | Lavendelfelder }
RE: Kapitel 9 - Der Ruf der Königin - Liam Casey - 15.09.2023
Damit also war es entschieden. Per schien – ähnlich wie Liam – dem Geisterplan ein wenig hinterherzutrauern, was den Neuling in ihren Reihen nur noch ein Stück sympathischer für den Musiker machte, aber dann mussten sie sich eben einen anderen Tag aussuchen, um ein wenig Schabernack zu treiben. In erster Linie war es wichtig, dass sie dieses Mädchen befreiten. Und, dass Rayon keinen Herzinfarkt erlitt, weil er ungewollt einem Gespenst begegnete. Liam war ein Mann der Kompromisse und er kam mit diesem Plan mindestens genauso gut zurecht wie mit allem anderen, was sie bisher besprochen hatten. Als Cassy sich darum bemühte, einen neuen Plan vorzustellen, galt ihr sogar ein ehrlich anerkennender Blick. Der Lockenkopf war ein bisschen stolz auf seine Gefährten, als sie – ebenso wie er – der Blonden Gehör schenkten und schließlich zustimmten. Was spielte es für eine Rolle, ob Männlein oder Weiblein – ein Plan war ein Plan und keiner von ihnen drei litt an einer ungesunden Männlichkeit, die sich dadurch gekränkt fühlte, auf das Wort einer Frau zu vertrauen. Per gab ihr eine letzte Gelegenheit zurückzurudern und Liam beobachtete ihre Züge genau, ehe Rayon mitteilte, dass er ihren Schatten darstellen würde, um eingreifen zu können, falls die Sache doch eskalieren sollte.
„Dann ist’s beschlossen.“, nickte er und ließ den Blick einmal durch die Runde gleiten. „Ihr drei übernehmt die Mitte, ich halte mich links und Per rechts, aye.“ Indem er Rayons Zusammenfassung wiederholte, bestätigte er ihren Plan und grinste voller Erwartung. „Wir sollten trotzdem gucken, dass wir die Mitte immer irgendwie im Auge haben, Per. Nur für den Fall.“
Damit nicht am Ende einer von ihnen irgendwo in einer Grube hing und niemand mehr wusste, wo er abgeblieben war. Damit machte sich Liam auf, sich die linke Flanke entlangzuarbeiten. Sein Blick wanderte über die Namen und Daten, die auf den Gräbern geschrieben standen und jetzt, wo er alleine zwischen dem kalten Stein entlangspazierte, überkam ihn doch ein eigenartiges Gefühl. Keines, was per se mit Geistern oder Aberglauben zu tun hatte, sondern viel mehr eine unbehagliche Erinnerung, die ihm unangenehm schwer auf die Brust drückte. Vielleicht war es Sehnsucht, vielleicht auch ein schlechtes Gewissen, weil er seither nicht mehr zurückgekehrt war, um nach dem Rechten zu sehen. Dämlich eigentlich, immerhin trug er sie im Herzen stets bei sich und brauchte keinen Ort, um ihrer zu gedenken. Und trotzdem – dort hatten sie sie nun einmal verscharrt und ihre leiblichen Überreste zurückgelassen, während sie in die Welt aufgebrochen waren. Um ihren Verlust zu verarbeiten und ihre Erinnerung in die Welt zu tragen.
Auch Rayon, Cassy und der kleine Junge arbeiteten sich zwischen den Gräbern und kleineren Mausoleen hindurch. Je weiter sie ohne Zwischenfälle in die Tiefen des Friedhofs kamen, desto unsicherer und hoffnungsloser wirkte der Junge. Was, wenn Liron und seine Bande nicht hier war? Wo sollten sie dann nach seiner Schwester suchen? Er war den Tränen nahe. Er kannte doch sonst niemanden, der ihm helfen konnte und diese Erwachsenen hier würden ihm sicher nicht mehr glauben, wenn sie hier niemanden antreffen würden.
„Er ist normal immer hier, wirklich…“, beteuerte er flehend und entschuldigend zugleich. „Ich weiß nicht, wo sie sie sonst hingebracht haben könnten. Aber wir müssen sie finden, bitte.“ Mit großen, feuchten Augen sah er zu Cassy hinauf. Seine Stimme war leise. „Ich habe doch nur sie…“
Ein Schluchzen ertönte, kaum zu hören, doch der leicht zitternde Körper des Jungen sprach Bände. Je weiter hinter sie kamen – und dabei hatten sie noch immer nicht die Mitte der Fläche erreicht, desto mehr Mausoleen waren zwischen den einzelnen Gräbern verteilt. Kleinere erst, weiter hinten ließen sich aber prunkvollere Grabstätten vermuten, die nicht nur Eheleuten, sondern vermutlich ganze Familien beherbergten.
„Dort!“
Der Junge war stehengeblieben und zog kurz an Cassys Oberteil, um sie auf sich aufmerksam zu machen. Mit dem Finger deutete er in die Richtung eines der Mausoleen, in dessen Inneren irgendetwas zu sein schien. Ein Stück Stoff schaute zwischen den Säulen hervor. Je länger er es ansah, desto bekannter kam es ihm vor, bis er schließlich von Cassy abließ und loslief. Bis die beiden Erwachsenen ihm hinterhergekommen waren, hatte er sein Fundstück bereits vom Boden aufgelesen. Er hielt ein mitgenommenes Stofftier in den Händen, vermutlich war es einst eine Maus oder Ratte gewesen. In seinen Augen sammelten sich abermals Tränen.
„Sie muss hier gewesen sein!“, japste er schniefend.
Neben dem Plüschtier deuteten noch andere Dinge darauf hin, dass jemand hier gewesen sein musste. Löchrige Decken, Essensreste, ein wenig Krimskrams und Geldbörsen, die vermutlich gestohlen waren. Scheinbar wohnte hier jemand. Eine ähnliche Entdeckung konnten auch Liam und Per links und rechts davon vereinzelt in kleineren Mausoleen machen. Irgendjemand wohnte hier.
|