RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Enrique de Guzmán - 28.03.2020
Wieder war er weit vor Morgengrauen aus dem Schlaf geschreckt und dann zu unruhig zum Liegen bleiben gewesen. Also war er hinausgeschlichen und hatte sich ein ausgedehntes Wannenbad gegönnt, nachdem er die Mädels davon überzeugt hatte, dass er sie nicht brauchte. Nur Ileyna war geblieben, provokant wie immer. Das hatte geholfen, um in der Wanne noch einmal etwas zu dösen und später auf einer der Bänke vor den Zimmern, bis es Zeit zum Frühstücken wurde.
Dabei hatte er sich mal wieder gefragt, was Skadi so auf den Magen schlug:
Ließ es sie immer noch nicht los? Kehrte es Nacht für Nacht zu ihr zurück, so wie bei ihm? Oder ging es um anderes?
Besser würde es jedenfalls nicht werden, wenn sie nicht ausreichend aß. Stumm fixierte er sie, bis sie zumindest eine Kleinigkeit zu sich genommen hatte.
Braves Mädchen!
Ihr Ellenbogen brachte ihn dann zum Schmunzeln, während er ihn mit angespannter Bauchmuskulatur abfing. Er hob die Hand und hätte fast, wieder einmal, das selbe wie bei Isa getan, doch er fing sich und strich sich statt dessen durchs Haar.
Seit sie hier waren hatte er es nicht mehr zusammengebunden. Nach zehn Jahren Zopf fühlte sich das immer noch ungewohnt an, wie dauerhafter Landgang. Seine Schulter spannte leicht dabei, nach wie vor, ein wenig steif.
Enrique verzog das Gesicht, und versuchte, sie zu lockern. Zum Glück war nichts gebrochen gewesen, so dass das hier jetzt nur noch daran lag, dass sein Körper sich noch daran erinnerte, dass die Kugel von Knochen gestoppt worden war. Wenn er sich, etwas später am Tag, warmgearbeitet haben würde, dann würde die Schulter keine Probleme mehr machen und in ein paar Tagen wäre sie wieder voll funktionstüchtig. Jetzt aber ging sie ihm noch ein wenig auf die Nerven.
Kurz darauf hatten sie die Werft erreicht, mit ihren Trockendocks, Kränen, Lagerhäusern, Fuhrwerken und den wenigen Hallen, in denen Materialien verarbeitet oder auch kleinere Schiff repariert wurden.
Alles hier erinnerte ihn an Estero. Und an Esmacil.
Die Anlage ähnelte sehr der, durch die er als Kind gestreift war aber sie war weder so groß wie die auf Esmacil — wenig reichte an die riesigen Anlagen auf der Marinehochburg heran — noch so martialisch, wurden die Schiffe hier doch nicht auf Kampf hochgezüchtet und standen hier auch nirgends Soldaten, wie sie es dort an allen Ecken und Enden taten.
Hier gab es nur einige Wachmänner und Frauen an den Toren und vielleicht an den Büros der Architekten, um die hiesigen Geheimnisse zu bewahren. Zwischen den Maschinen und Schiffen nicht, und wozu auch? So früh war alles still, da gab es keine Arbeitsunfälle und später—
Ein Schrei riss ihn hart in die Gegenwart zurück und ließ ihn kurzzeitig gegen eine unsichtbare Wand prallen. Sofort richtete sich sein Körper aus, seine Hand griff zur Waffe, während er den Zustand der Frau verarbeitete und den Mann am Boden registrierte, dann beschleunigte er, noch ehe er zu der Überlegung kam, dass er hier eigentlich für nichts zuständig war. Immerhin war er hier Kunde, nicht Mitarbeiter.
Und doch lief er weiter, wurde erst langsamer, als er auch die anderen Männer vor sich sah.
Gleichzeitig schnauzte der ältere der beiden Raufbolde die Frau an, doch die keuchte nur entsetzt auf und presste die Hände fester vor den Mund, sah erst von der Leiche auf, als der Alte in ihr Blickfeld trat und mit ihr sprach.
Der Mann am Boden war so tot, wie ein Erschlagener es nur sein konnte, da brauchte er keinen Gregory, um das zu erkennen.
Was also wollte der Mann damit bezwecken?
Der rang mit dem Anderen, hielt ihn fest. So wie er sich benahm, gehörte der Sprecher zur Werft.
Wieder entschied sein Körper vor seinem Verstand, was er tat:
Er eilte dem Besitzer hinterher zur Frau, schob dabei die Klinge zurück in die Scheide und stellte sich, als der breitschultrige Mann sich zu den Ringenden begab, zwischen sie und die Leiche.
"Geht es euch gut? Was ist passiert?", erkundigte sich der Schwarzhaarige und hätte fast das Kommando an sich gerissen, doch das gehörte dem Inhaber und er war nicht mehr bei der Marine.
Vorsichtig streckte er der Fremden die Hand entgegen, teils beruhigende Geste, teils Angebot, falls sie gerade halt bräuchte und teils Sicherheit, dass er sie greifen könnte, sollte sie ihn wider erwarten angreifen oder fliehen, während er sich zwang, den Anderen das Feld zu überlassen.
Hinter ihm dröhnte die Stimme des Werftinhabers, der inzwischen das Gerangel erreicht hatte. Seine Worte registrierte Enrique zwar, reagierte aber nicht darauf, da er sich weiter darauf konzentrierte, der Dame die Sicht auf die Leiche zu nehmen und auf sie einzuwirken.
"Beruhigt euch bitte! Alles ist unter Kontrolle, wir kümmern uns darum."
[ Bei Alex, Greo, Jonah, Skadi und Talin | in der Werft ]
RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Jonah Blythe - 28.03.2020
Hätte Jonah einen Sinn für Ironie, würde er vielleicht der ganzen Situation einen Hauch von Komik abgewinnen können. Denn trotz dessen dass er überhaupt keine Anstalten machte um abzuhauen, wurde er am Schlafittchen gepackt und zumindest für den Moment davon abgebracht das Weite zu suchen.
Doch eigentlich hatte der junge Mann überhaupt nicht vorgehabt zu fliehen - immerhin hatte er sich nichts zu Schulden kommen lassen und so überhaupt keinen Grund gehabt weg zu rennen. Und doch schienen sich seine Beine für einige Augenblicke selbstständig gemacht zu haben. Im Grunde wusste er, dass er nicht mehr Aufmerksamkeit als nötig gebrauchen konnte. Doch Jonah war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Hatte die Leiche dummerweise zuerst entdeckt. Zugegeben - er war nicht ohne Grund durch die Werft geschlichen und er hatte sich auch nicht ohne Grund dem toten Mann am Boden genähert.
Die ganze Situation war allerdings um einiges verworrener als Jonah lieb war. Ja, er kannte den Mann zu seinen Füßen und ja, er war mit ihm hier verabredet gewesen. Was sich ihm jedoch nicht erschloss war, warum sollte ihn jemand umbringen? Hatte der Mörder gewusst, mit wem sich sein Opfer verabreden wollte? Oder ihn gar mit Jonah verwechselt? Immerhin war er Desertiert und die Marine hätte nichts dagegen seinen Kopf ausgehändigt zu bekommen, soviel war klar. All diese Fragen und noch viele mehr waren ihm in der Kurzschluss Reaktion nach dem Entdecken der Leiche und dem Augenblick durch den Kopf geschossen, als man ihm am Kragen packte.
Jonah erkannte Alex sofort. Was nichts daran änderte dass sich der junge ehemalige Marinesoldat im Handumdrehen wendig aus dessen Griff befreite. 1. Schultern hoch, Kinn runter. 2. Mit der Linken seinen Unterarm packen. 3. Rechten Arm mit einem Ruck nach Oben 4. Hüfte drehen 5. Gegebenenfalls seinem Gegenüber mit der Rechten Faust eine verpassen - darauf verzichtete Jonah, er wollte sich immerhin nur aus Alex' Griff befreien. Dies alles Geschah in nur wenigen Sekunden und einer einzigen fließenden Bewegung - der junge Mann war wieder frei. Anschließend machte er einige Schritte zurück und strich sich sein verdrecktes Hemd glatt. In all' der Zeit zuckte die Miene des Mannes kein einziges Mal. Nichts ließ darauf hin schließen dass er sich ertappt fühlte, oder verängstigt oder panisch oder oder oder... Da war einfach... Nichts. Selbst seine Körperhaltung nahm eine seltsame Starre an - er rührte sich keinen Millimeter nachdem er sich befreit hatte. Als wäre er zu Stein erstarrt.
Als dann jedoch eine ganze Traube Menschen auf sie zu kamen, wurde Jonah zumindest innerlich doch ein bisschen unruhig. 3 kräftige Männer und zwei weitere Frauen hatten sich unweit von ihnen versammelt. Ihm war klar, dass keiner von ihnen ihn nun so leicht gehen lassen würden.
"Es ist weder nötig zu schreien, noch danach zu sehen ob der Mann noch lebt denn er ist schon eine ganze Weile tot. Der Mörder dürfte längst über alle Berge sein."
Endlich! Er war also doch keine stumme Puppe. Und ganz offensichtlich kam dem jungen Mann trotz allem gar nicht in den Sinn das man ihn verdächtigen könnte. Selbst dann nicht, als Alex' ihn am Kragen gepackt hatte und die Frau schreiend mit dem Finger auf ihn zeigte. Für ihn war klar: Er war einfach nur ein 'Zeuge' der Gefahr lief, als Deserteur erkannt zu werden.
- Alex, Enrique, Greo, Skadi und Talin | In der Werft -
RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Zairym al Said - 28.03.2020
Es herrschte diese eklige Ruhe, die in so frühen Morgenstunden jeden Ort fest im Griff hatte. Die Welt war im Begriff aufzuwachen, zögerte aber noch die Nacht völlig von sich zu streifen. Zairym mochte diese Momente meistens. Das lag aber eher an der Stille, als an den Menschen denen man in diesen Augenblicken begegnen konnte. Manche von denen sprühten selbst um diese Uhrzeit nur so vor Munterkeit und hörten gar nicht auf zu reden, andere schienen die ganze Welt zu verabscheuen. Rym selbst...nun er tänzelte jetzt nicht durch die Straßen auf dem Weg wohin auch immer, aber er konnte es sich nicht verkneifen ziemlich falsch vor sich hin zu pfeifen, nur unterbrochen von seinem gelegentlichen Bissen in sein Brötchen. Genau so hatte er den Großteil der Strecke verbracht, während seine Gedanken gleichzeitig immer wieder um die Ereignisse der letzten Tage gekreist waren. Er konnte selbst noch nicht ganz begreifen, warum er sich dazu entschieden hatte, zu bleiben.
Nachdem sie auf sehr dramatische Art und Weise von der Insel mit seinen vorherigen Kollegen verschwunden waren, hatte er das Gespräch mit den beiden Captains gesucht. Eigentlich hatte er auf der nächsten Insel gleich wieder verschwinden wollen, aber nachdem er mit den beiden gesprochen hatte...konnte er sich doch nicht dazu entschließen zu gehen. Die beiden gefielen ihm. Gut, bei der jungen Blonden überraschte das sicher niemanden, aber er mochte auch ihren Bruder – was sonst selten vorkam. Dieser machte ihm keine falschen Versprechen und ließ ihn einfach sein Ding machen, so lange er so eine Art Gemeinschaftssinn für die Crew zeigte. Das würde Rym sicher irgendwie hinbekommen. Er bekam alle Freiheiten, die er wollte, wenn auch weit weniger Geld als vorher. Aber für den Moment konnte er damit schon leben. Mit der Mannschaft selbst musste er erst noch warm werden. Bei allen handelte es sich um sehr eigene Persönlichkeiten, mit größeren und kleineren Macken. Und nachdem er jetzt mehrere Tage mit ihnen verbracht hatte, konnte er ganz gut damit leben. Auf dem Schiff konnte er zwar niemandem groß ausweichen, weil man sich immer irgendwie über den Weg lief, aber jetzt auf der Insel, ja, da gefiel es ihm zu der Crew zu gehören. In einem der besten Bordelle im Gebiet der Tarlenn unter zu kommen, schien es ihm wert zu sein, die Carta unterschrieben zu haben.
Aber egal wie er es drehte und wendete, jetzt war es so, wie es eben war. Fürs erste wäre er als Pirat – ohne Ahnung von Schiffen zu haben – unterwegs und folgte seinem einem Captain ins Nobelviertel der Insel. Nicht gerade die Ecke, in denen er sich oft aufhielt.
Rym unterbrach sein Pfeifen, schob sich den letzten Bissen in den Mund und schlenderte dann näher zu Lucien. Obwohl er sich selbst gesagt hatte, er würde dem Mann ohne jede Fragen folgen – denn es musste ja einen Grund geben, warum er dabei sein sollte – konnte er die Neugierde doch nicht mehr unterdrücken, nachdem es sich anfühlte, als hätten sie ihr Ziel bald erreicht.
„Sag mal, Commodore, wohin genau entführst du uns eigentlich? Nicht, dass mir eine schöner Morgenspaziergang nur mit Kerlen nicht gefällt, aber warum sollte ich meine Hübsche mitnehmen?“
Er tätschelte liebevoll sein in Tuch gewickeltes Gewehr und sah von Lucien zu den beiden anderen, die nahe genug waren, um seine Frage gehört zu haben. Er verkniff es sich, seine Vermutungen zu äußern. Denn wenn er so darüber nachdachte, dann würde das hier vermutlich ein Auftrag werden. Ein Auftrag, der für jemanden ein Gefallen war. Was bedeutete, dass da höchstwahrscheinlich kein Geld bei rausspringen würde.
[Auf den Straßen | mit Ceallagh, Lucien und Trevor]
RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Isala Reginn - 31.03.2020
Es war fünf Monate her, als der letzte Mensch, der ihr noch irgendetwas bedeutete von ihr ging. Das Fieber hatte ihre Mutter nach einem langen schweren Kampf endlich mit sich gerissen und nur noch ihren schwachen dünnen Körper zurück gelassen.
Vier Monate, als Isala endlich das Versteck auf dem Berg fand, in dem ihre Mutter einen kleinen Notgroschen gebunkert hatte... 'Für schwere zeiten' hatte sie ihr noch zu gehaucht... Isa dachte nicht lange nach und entschloss sich dazu ihre Heimat zu verlassen. Es hielt sie eh nichts mehr hier...vor Jahren.... Vor Jahren wäre sie noch ein bisschen geblieben, falls ihr Cousin Tarón einen Weg zu ihr finden würde...aber nach über zehn Jahren hatte sie kaum noch Hoffnung, dass dieses Familienmitglied zu ihr zurück kommen würde ... Er war mit großer Wahrscheinlichkeit tot oder schlimmeres. Sie wollte nicht daran denken. Sie war frei.
Vor drei Monaten war sie dann nach Silvestre gekommen...und sie musste feststellen, dass Freiheit teuerer war, als sie gedacht hatte. Isala hatte keine Ahnung wie sie es geschafft hatte in dem edlen Bordell arbeiten zu können und sich nicht verkaufen zu müssen. Doch irgendwie war sie ein Teil der Damen im haus der tarlenns geworden... Aber so richtig eingelebt hatte sie sich nie.
Isala war niemals eine Frau gewesen, die sich in Kleider presste um der Männerwelt zu gefallen, doch die Arbeit verlangte es. Sie verlangte auch, dass die Frau immer nett und zuvorkommend war. Sie hasste es. Das war nicht das Leben was die dunkelhaarige geplant hatte - nicht die Freiheit, nach der sie strebte.
Auch an diesem Morgen zwängte sie sich in eines der Kleider und ging mit ihren Kolleginnen die all morgendliche Frühstücksrunde ab. Als einer der Männer, die vor ein paar Tagen das Bordell betraten ihnen Frühstück abnahm setzte sie ihr Lächeln auf, welches sie so lang geübt hatte... Als der Mann wieder ging, fing das getratsche an, welches isala so verabscheute.
"Hast du gesehen...das ist mir noch der heißeste von allen" gekicher "ja, den würde ich auch nicht von der Bettkante schubsen"
Isa verdrehte die Augen, als sie dann den Weg zum Aufenthaltsraum fortsetzte um den Gästen auch dort ein gutes Frühstück zu machen.
[Isala | im Bordell - Aufenthaltsraum]
RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Tarón Valur - 31.03.2020
Entgegen seiner normalen Gewohnheit hatte Tarón die Ruhe genossen, die ihm der frühe Aufbruch seiner drei Zimmergenossen beschert hatte und war lange in dem improvisierten Lager aus Fellen und Decken liegen geblieben, das man ihnen hier bereitet hatte. Wohin die drei zusammen mit Trevor aufgebrochen waren hatte er nicht hinterfragt – wenn Lucien es für richtig befunden hätte ihn einzuweihen hätte er es getan und so beschäftigte er sich vorerst nicht weiter mit Gedanken daran. Stattdessen ließ er sie frei wandern, während das frühe Morgenlicht sanft durch das Fenster des Raumes schien und Calwah sich in seinem Schein für den Tag aufwärmte.
Dies war mit Sicherheit eines der luxuriösesten Etablissements, in denen er je untergekommen war – und über den Anblick der leicht bekleideten Damen konnte er sich auch nicht beschweren.
‘Black Tooth, alter Junge… das wäre was für dich gewesen.‘
Der Gedanke an den Piraten ließ ihn schmunzeln, auch wenn er mit sich die Melancholie vergangener Tage trug.
Wie die Würfel des Schicksals doch manchmal spielten.
Die groß angelegte Fahndung nach seinen neuen Freunden stellte natürlich ein Problem dar, eines, das mit weit mehr Aufmerksamkeit verbunden war, als Tarón lieb gewesen wäre. Im Grunde jedoch machte es auch keinen Unterschied mehr: verfolgt musste sich der Falke schon seit weit längerer Zeit fühlen. Und vielleicht hielt die Jagd der Marine Malcára und seine Crew davon ab ihm wegen der Echse weiter nachzustellen. Er konnte sich nicht vorstellen, dass der Pirat scharf darauf sein würde im Kreuzfeuer zu landen, um am Ende selbst von der Marine versenkt zu werden. Andererseits hatte der Mann bisher ein absolut unnatürlich großes Interesse an Calwah gezeigt und schien zu buchstäblich Allem bereit, um ihn in seine Finger zu bekommen. Und Tarón hatte noch immer keinen Schimmer warum das so war.
„Was ist das nur mit dir, du dummes Schuppentier? ...Calwah?“
Sein Blick unter einem halb geöffneten Augenglied war zu dem Platz geglitten, auf dem die Echse eben noch am Fenster gesessen hatte, … nur, dass Calwah inzwischen nicht mehr dort war. Tarón richtete sich auf und suchte misstrauisch den Raum nach dem Untier ab, das sicher wieder irgendetwas tat, was es nicht tun sollte…und tatsächlich…
„Calwah! Nein! Bleib! Ich warne dich!“
Wenn er auch schlau wie ein ziemlich kluger Hund war – das Temperament hatte er von einer Katze. Einer sehr sturen, absolut dreisten Katze.
Calwah sah ihn an. Seine Zunge züngelte hervor. Dann drückte er die Türklinke herunter, auf die er seinen Fuß von einer nahen Kommode aus gesetzt hatte.
Tarón sprang fluchend auf die Beine – Calwah raste durch den Türschlitz.
Sich jetzt noch etwas anzuziehen kam nicht in Frage, also setzte er der Echse nur mit der Hose bekleidet hinterher, die er heute Morgen schon angezogen hatte. Weit kam er jedoch nicht.
Noch immer fluchend stieß er die Tür auf – und prallte nach einem Schritt und einen letzten Blick auf die den Flur entlang rasende Echse mit einer Frau zusammen, die gerade den Gang hinab in Richtung des Aufenthaltsraumes ging.
[Im Bordell – erst im Zimmer, dann auf dem Gang bei Isala]
RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Isala Reginn - 31.03.2020
Isala war darauf nicht vorbereitet, denn zunächst war sie abgelenkt von einem Schatten, der durch die plötzlich aufgehende Tür jagte und ihr durch die Beine huschte. War die Frau im ersten Augenblick stolz auf ihre Reflexe, da sie zwar stolperte, aber nicht stürzte, wurde sie im nächsten auch schon vollkommen aus der Bahn geworfen.
Isala konnte im ersten Moment nicht ausmachen, was sie da umrannte, denn sie versuchte den Sturz irgendwie abzufangen... was nicht ganz funktionierte. Die dunkelhaarige Bedienstete prallte rückwärts gegen die Wand und verlor natürlich das Tablett mit samt Essen und Trinken.
Während es in ihrem Kopf noch schwirrte, zogen sich ihre Augenbrauen ärgerlich zusammen und sie bereitete sich auf die schimpftirade vor.
„Verflucht noch mal, kannst du nicht aufpassen wohin du läufst! Jetzt kann ich noch einmal...!“, doch plötzlich hielt sie inne und ihr wurde klar was sie da gerade in ihrer Wut einem Gast gegenüber geäußert hatte... und ihre Kolleginnen stand auch nicht weit entfernt um das zuhören. Im schlimmsten Fall könnte das ihr sogar den Job kosten.
„Ich....“, Isalas Gesicht wurde weicher... mit ein wenig Verzweiflung darin. „Es tut mir leid... ist bei ihnen alles in Ordnung? Kann ich ihnen ... helfen?“
Die Frau stockte und sah sich den gut aussehenden Mann vor ihr genauer an. Kurz schwang ein wenig Erkenntnis in ihrem Blick mit, doch sie Wischte diese Gedanken schnell fort. Und senkte den Kopf in Demut etwas...
[im Bordell - auf dem Flur bei Tarón]
RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Rúnar Rúnarsson - 01.04.2020
Es war nicht so, dass Rúnar noch nie in einem Bordell gewesen war, aber er hatte noch nie einem übernachtet und wenn er eines in den letzten paar Nächten gelernt hatte, dann dass durchgehend Betrieb war. Deshalb konnte er um diese Uhrzeit auch an der Bar sitzen und einen schwarzen Tee trinken, den ihm eine der Angestellten zubereitet hatte. Es war noch so kühl, dass der Tee ihn angenehm wärmte, aber trotzdem hatte er sich so daran gewöhnt sein Halstuch um die Stirn gebunden zu tragen, dass er es jeden Tag automatisch so anlegte.
An der Wand hinter dem Tresen hingen ein paar mit Gesichtern bedruckte Papiere, nebeneinander aufgereiht, hochoffiziell mit Stempel der Ordnungskraft und allem. Er wusste, wen diese Bilder darstellen sollten, aber sie waren so schlecht, dass er darauf nicht einmal erkennen konnte, wer wer sein sollte, was ihm jedes Mal ein leises Lachen entlockte, wenn er sie sah. Einerseits kam dabei der schwelende Gedanke auf, dass er mit genau diesen Leuten hier unter einem Dach hauste und sie nur enorm Glück gehabt hatten, dass man sie nicht gut genug hatte sehen können um sie ordentlich zu zeichnen. Andererseits löste es ein Gefühl in seiner Brust aus, das ihm nicht gefallen sollte -- das tat es aber. Er musste noch einmal auflachen.
"So früh schon so gut drauf, Schneemann?" Er zuckte kurz zusammen als die Bardame hinter ihm vorbei lief und sich wieder hinter ihren Tresen begab. Er seufzte und hoffte, dass sie für die anderen auch blöde Spitznamen hatte. Er hatte sich von Anfang an überlegt, ihr nichts Privates zu erzählen, das auch gleichzeitig die Wahrheit war, aber es hätte sicherlich auch nicht weniger Aufsehen erregt, wenn er ihr erzählt hätte, er käme aus Niobe, dann aber nichts darüber gewusst hätte, weil er dort nur vier Tage lang war. Und prompt nachdem er ihr gesagt hatte, er käme aus Andalónia, hatte sie ihn nach Details gefragt. Das hatte er jetzt jedenfalls davon.
"Die Freuden der Welt kennen keine Uhren", sagte er in überspitzt weisem Ton.
Sie gab ihm einen gespielt anzüglichen Blick und zuckte mit den Augenbrauen. "Da muss ich dir recht geben."
Nein, so -- so war das nicht gemeint. Aber sie hatte ja schon auch recht. Rein technisch gesehen. Eine dieser spezifischen Freuden hatte er hier bisher nicht in Anspruch genommen.
{ im Bordell | allein an der Bar | unterhält sich mit der Bardame }
RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Tarón Valur - 01.04.2020
Auch Tarón war darauf sicher nicht vorbereitet gewesen. Dennoch schaffte er es sich gerade noch abzufangen, ehe er inmitten des nun in alle Richtungen fliegenden Essens gelandet wäre. Und auch seine erste Reaktion war, seine ohnehin schon begonnene Fluchtirade fortzusetzen.
„Scheiße nochmal! Du Mistvieh!“
Dann erst bemerkte er die Frau wirklich, die er eben gerade unsanft durch den Flur geschubst hatte. Ihre Worte drangen allerdings kaum zu ihm durch. Er registrierte nur, dass er ein ordentliches Chaos angerichtet hatte und dass die verdammte Echse weg war.
„Scheiße! Ich meine… tut mir Leid! Ich hab sie nicht gesehen.“
Calwah sah er allerdings auch nicht mehr – und nach diesem forschten seine Augen dem Flur entlang, ehe er resignierend seufzte und sich den Boden vor ihnen genauer besah. Das Gesicht entschuldigend verziehend sah er zu der Frau…und stockte. Sie erinnerte ihn an etwas…jemanden… Und doch konnte er in diesem Augenblick nicht benennen an wen.
Doch das Gefühl, dass ihn durchfuhr, als er in ihr Gesicht sah – nur flüchtig – ging tief. Bis zum Kern seines Selbst.
Er registrierte grade noch rechtzeitig, dass er doch dabei war sie anzustarren – seine verräterischen Augen fanden ihre Weg von alleine zurück zu ihr. Bevor sein Blick tatsächlich unangenehm werden konnte zwang er ihn auf den Boden zurück und bückte sich, um das Chaos aufzuräumen, dass er angerichtet hatte.
„Tut mir echt Leid… das nennt man wohl mit dem falschen Fuß aufstehen.“
Calwah hinterher zu jagen konnte er grade ohnehin vergessen. Wenn er nun wie ein irrer weiter hinter der Echse her rannte erhöhte er nur die Aufmerksamkeit auf die Situation und das Tier. Wenn er ihn hier im Flur nicht mehr schnappen konnte, musste er ihn später unauffälliger suchen…oder warten, bis das Mistvieh am Abend von alleine zurückkam. Er beschloss aber schon einmal sich einen Käfig zu besorgen.
Die Gedanken an die Echse – und die Sorge um sie, trotz all der Scherereien, die er mit ihr hatte – verdrängten für den Moment die Erinnerung an das Gefühl, dass das Gesicht der Frau in ihm ausgelöst hatte. Essen und Geschirr auf dem Boden gaben ihn eine Chance seinen Blick auf etwas anderes als sie zu konzentrieren. Die Situation war auch so schon unangenehm genug…
[Bordell - Bei Isala auf dem Flur]
RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Isala Reginn - 01.04.2020
Natürlich hatte sie mitbekommen, dass auch er etwas erstarrt war...oder eher gestarrt hatte. Kannte sie ihn irgendwoher? War er eventuell auch einer der Piraten, die mit einem Kopfgeld gesucht wurden....und deshalb dachte sie, ihn zu kennen? Weil sie Bild auf Fahndungsplakaten prangte?
Während auch Isala sich nun hin kniete, nachdem sie dieses unmögliche und unpraktische kleid einwenig hoch gerafft hatte, ließ sie der Gedanke nicht mehr los, dass sie diesen Mann irgendwoher kannte. Eher nebenbei griff sie nach einigen Sachen und Scherben und räumte diese auf einen Haufen zusammen. Und auch diese Stimme.... Woher um Himmels Willen kannte sie diese Stimme?
"Das kann schon Mal passieren." Murmelte sie und sah ihn nun doch noch einmal an.
Und dann... Urplötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen und all die Sachen, die sie in der hand hatte, polterten erneut auf den Boden.
"Tarón?! Verfluchte scheiße!" Rief sie laut aus und ihr Gesicht erhellte sich, während tatsächlich Tränen ihre Augen füllten. Isala war wieder das junge Mädchen, welches tarón in seiner Kindheit immer zu beschützen versucht hatte.
"Wo hast du solange gesteckt?!"
Und dann wurde ihr Blick ernster und eine Träne rollte über ihre Wange. "Warum bist du nie wieder gekommen!" Und damit boxte sie ihn mit ihrer freien hand unsanft gegen seine Schulter und hoffte auf eine befriedigende Antwort seiner Seite
[Bordell - bei Tarón auf dem Flur]
RE: Kapitel 7 - Purpurrote Vergeltung - Tarón Valur - 02.04.2020
Er fuhr nicht zusammen, als sie die gerade aufgesammelten Sachen neben ihm fallen ließ, auch wenn er dadurch den Kopf in ihre Richtung hob. Was ihn zusammenfahren ließ war seinen Namen aus ihrem Mund zu hören und die damit einhergehende Erkenntnis, die ihn traf wie eine Welle von Eiswasser. Er ließ das Eingesammelte nicht fallen, aber seine Hände kamen nutzlos zum Stillstand, als er sie – erneut – anstarrte. Wie hatte er sie nicht sofort erkennen können?
Doch er kannte die Antwort: die Zeit fraß alles – auch die Erinnerung. Manchmal jedoch spuckte sie Stücke ihrer Mahlzeit wieder aus.
Grade hatte er die Sachen in seinen Händen beiläufig abgestellt, als ihr Knuff gegen seine Schulter ihn aus seiner Starre riss.
„Isa? Aber…. Was zur Hölle machst du denn hier?“
Als wäre sie ein Geist, Rauch, der entschwinden würde, sobald er die Augen abwandte, hielt er sie mit seinem Blick fest und nahm nun vorsichtig ihr Gesicht in seine Hände. Warme Haut…
„Warum…“
Doch sein Verstand holte auf. Die Puzzelteile klickten ineinander. Zumindest ein Teil der Antwort drängte sich gnadenlos in seinen Geist: wenn Isala hier war…
Er ließ die Hände sinken.
„Maira ist tot.“
Stellte er tonlos fest. Die Frau, die ihn nach dem Tod seiner Mutter wie ihren Sohn behandelt hatte. Bedauern – dafür, dass er nicht doch zurückgekehrt war – und die Frage, ob es einen Unterschied gemacht hätte. Die Schuld der Lebenden gegenüber den Toten.
Doch es gab nichts mehr, was er Isalas Mutter hätte tun können. Anders verhielt es sich mit der Frau vor ihm. Isala war zu ihm zurückgekehrt. Ob das gut war oder nicht, darüber würde er noch nachdenken müssen.
„Ok…ok, lass uns diesen Mist hier wegräumen und dann…sollte ich mir vielleicht etwas mehr anziehen. Dann reden wir. Ich glaube wir haben einen Menge zu reden…. Bei allen Höllen… wie kommst du nach Silvestre? Und dann auch noch genau hier her?!“
Das ließ ihn tatsächlich keine Ruhe. War das Zufall? Wie groß war die Wahrscheinlichkeit? Und sollte er nicht einfach froh sein?
Mit einem leichten und immer noch ungläubigen Kopfschütteln versuchte er die Gedanken loszuwerden und machte sich wieder daran sich um die Sachen auf dem Boden zu kümmern.
[Bordell - Bei Isala im Flur]
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