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Brother Sparrow - Farley Dunbar - 26.06.2018

Wenigstens mit einer kleinen Antwort hatte er gerechnet. Aber der Blonde erwiderte nichts. Farley beobachtete ihn und sein Reaktion auf seine Worte genau, fast ein wenig zu genau – denn noch immer kam ihm der Hüne seltsam bekannt vor und der junge Dieb begann in den Gesichtszügen seines Gegenübers nach etwas zu suchen, an das er sich erinnern konnte. Sie mussten für Außenstehende in diesem Moment ein sehr seltsames Pärchen abgeben, wie sie einige Meter voneinander entfernt an der Reling lehnten und sich gegenseitig musterten. Immerhin brachte Farley den Anflug eines Lächelns auf das Gesicht des Mannes, auch wenn seine Worte über die  Wohlhabenheit der Crew eigentlich keineswegs ein Witz gewesen waren. Nun ja, er würde den anderen nicht korrigieren, immerhin war jeder Anflug von guter Laune ein Grund mehr für diesen zu bleiben – und Farley brachte es mehr Zeit, über das Verziehen dieses Mundwinkels und das dumpfe Gefühl des Kennens zu sprechen.

Sein kurzer Triumph verflüchtigte sich allerdings im nächsten Moment schon wieder, als der andere die Lippen zu einer schmalen Linie verzog und ihn nachdenklich anvisierte. Langsam wurde das gegenseitige Starren unangenehm. Farley mochte es tatsächlich nicht, wenn man ihn allzu lange beobachtete, ihn allzu lange unter die Lupe nahm. Normalerweise war das ein sicheres Zeichen dafür, dass er aufgeflogen war – und im nächsten Moment schleunigst die Beine in die Hand nehmen sollte. Der junge Dieb ließ sich die kurze Unsicherheit allerdings nicht anmerken, sondern fuhr lediglich mit der Hand durch seine Haare, um eine Strähne hinter das linke Ohr zu schieben, die herausgefallen war. Die Hand wanderte schließlich weiter in seinen Nacken, den er sich kurz rieb, bevor er sich wieder am Holz der Reling abstützte. Noch immer sprach sein Gegenüber nicht. Okay, also kein wirklich beredter Gefährte.

„Es gibt übrigens einige Menschen auf den Inseln der Ersten Welt, die gehen einem an die Gurgel, wenn man sie zu lange so ansieht. Glaub mir, ich kenne einen Typen auf Raízun, der würde dir alle Fingernägel einzeln herausreißen.“


Und das war ausnahmsweise nicht geflunkert. Farley hatte seinen Namen verdrängt – zu lange war die Zeit auf seiner Heimatinsel her. Allerdings konnte er sich an alle anderen Details rund um den Trinkfreund seines Vaters sehr gut erinnern – und an den Wutausbruch, als Farley ihn als Neunjähriger einmal zu lange angesehen hatte. Gut, dass er damals schon ein guter Läufer gewesen war.



RE: Brother Sparrow - Aspen Montrose † - 26.06.2018

Das konnte einfach nicht sein. Den Rotschopf, der er tatsächlich meinte vor sich stehen zu sehen, verharrte wahrscheinlich in irgendeiner Schreinerei und würde dort bis zu seinem schnellen Lebensende bleiben. Oder – und dies war die wahrscheinlichere Variante für den damals jungen Freigeistes – er lebte von Tag zu Tag und von Fest zu Fest, um sich über Wasser zu halten. So wie dieser Kerl hier. Hatten sie ihn nicht eben noch von einem Marineschiff gerettet? Wieso war er dort gewesen? Wenn er wegen Diebstahl verhaftet wurde, würde er doch hier nicht damit prahlen?

Aspen war so sehr in seine Überlegungen versunken, dass ihm das Starren weder auffiel, noch unangenehm werden konnte. Die Zeit strich sowieso gefühlt zu schnell vorbei, während er versuchte weitere Hinweise zu finden: Zum Beispiel wie der Rotschopf sich die Strähne hinter das Ohr strich... Wurde er nervös? Doch es war viel zu lange her und der Montrose hielt es tatsächlich für sehr unwahrscheinlich, dass kleine mutige Freund noch am leben war, geschweige denn ihren damaligen Freiheitstraum verwirklicht hatte.

Er müsste sich irren. Wahrscheinlich war der seltsame Mann ihm einfach nur bei einem schlechten Pokerspiel aufgefallen und in Erinnerung geblieben. Es wäre viel zu viel Zufall, wenn Aspen in seiner jetzigen Lebenslage... Was?! Zuerst irritiert spannte sich der breite Oberkörper an, der Montrose ging das Gesagte noch einmal durch, bevor ein verschmitztes Lächeln seine Lippen teilte. Das konnte nicht sein! Und wäre er nicht Aspen gewesen, wäre er wahrscheinlich wie damals als Zwölfjähriger hoch und Farley in den Arm gesprungen! Nur heute... Vertraute er seinem eigenem Urteil noch immer nicht ganz, als würde der Bart und die Größe ihn vollkommen abschrecken.
Bildete er sich das alles nur ein...? Es war bereits spät, er war bis jetzt sehr genervt und vielleicht war die Würgeschlange doch mit etwas Gift ausgestattet gewesen. Doch... Nein. Bisher lag er mit seinem Urteil beinahe immer richtig. Wieso sollte er heute Abend nicht darauf vertrauen, wenn der kleine Junge aus seinen Erinnerungen dem hochgewachsenem Mann doch so ähnlich sah?

Auch wenn sich das Grinsen nicht aus seinem Gesicht verbannen ließ, versuchte er dennoch seine überschwängliche Wiedersehensfreude zu zügeln. Zum Einen konnte er nicht sagen, dass Farley ihn auf den Arm nahm mit langsam gestreuten Hinweisen wie ihrer Heimatinsel. Zum Anderen waren so viele Jahre vergangen, dass ein kleiner Teil in ihm sich davor fürchtete, dass die wohligen Erinnerungen durch neue, von Ablehnung geprägten, ausgetauscht werden könnten. Die Müdigkeit schien verflogen.


„Klingt ziemlich sympathisch, dieser Typ.“, brummte er mit einem Schritt nach vorne, von der Reling fort, während er die Arme aus ihrer Verschränkung löste. „Hast von ihm wohl kaum gelernt, wie du dich am besten vor der Marine versteckst?“

Nunja, dabei war es ja eigentlich immer der Rotschopf gewesen, der ihnen die Tricks des unauffälligen Überlebens beibrachte. Dass später er gefasst werden würde, hätte niemand geahnt.



Brother Sparrow - Farley Dunbar - 27.06.2018

Dieser Blick irritierte ihn zutiefst. Farley hatte sich geirrt, das hier war nicht wie in dem Moment, in dem man einen Dieb beim Stehlen erwischte. Denn normalerweise dauerte er ein solcher Blick nur wenige Sekunden, bevor sich die Miene des Beobachtenden in Entsetzen wandelte und er entweder auf einen losging – oder wild fuchtelnd irgendetwas schrie. Hilfe, Wache, die Marine, ein Dieb – die Palette war breit. Der Blick des Blonden allerdings dauerte ihm nun tatsächlich einige Momente zu lange. War das eine Taktik? Machte er das bei jedem Fremden so, um sein Gegenüber zu verunsichern? Der junge Dieb kniff die Augen ein wenig misstrauischer zusammen, als der Blonde seine Züge dieses Mal zu einem richtigen Lächeln verzog. Verflucht, wieso hatte er jetzt erneut das Gefühl, dass er dem Mann vor sich schon einmal begegnet war? Wieder durchkramte Farley in Gedanken seine Erinnerungen der vergangenen Jahre, aber es waren weder ein passendes Gesicht noch eine passende Situation dabei. Es war zum Bäume sägen (Farley benutzte diese Redewendung gerne, wenn er sich über etwas ärgerte – so sehr, wie er sich über die Zimmermannsarbeit geärgert hatte), aber eigentlich kaum verwunderlich. Er hatte in den vergangenen Jahren viele Schiffe genommen, viele Inseln bereist und viele Leute um Geld und Geheimnisse erleichtert. Die, die wichtig waren – etwa weil ein Wiedersehen einen Strick oder eine nochmalige Reise auf einem Gefangenentransporter bedeuten konnten – hatte sich der Braunhaarige gut eingeprägt. Andere Gesichter hatte er dagegen schnell wieder verdrängt. Nur dieses Grinsen... es wollte nicht verschwinden und mit ihm auch nicht das Gefühl, dass er etwas vergessen hatte. Etwas Wichtiges.

Als der andere einen Schritt nach vorn machte, veränderte Farley seine Haltung kaum. Stattdessen konzentrierte er sich auf die Worte und darauf, was er antworten konnte. Immerhin hatte er ihn nun ein wenig in der Komfortzone und der Blonde machte nicht mehr den Eindruck als würde er gleich verschwinden. Noch so ein seltsames Gefühl – das, sein Gegenüber nicht so recht gehen lassen zu wollen. Farley hatte es auf seine vage Vermutung den Hünen zu kennen geschoben. Aber war es das wirklich?

„Ah, nein. Und selbst wenn, es hätte mir sicherlich nicht viel genutzt. Auf dieser Insel hatte die Marine nie viel zu sagen. Da waren andere Namen wichtig.“

Wie etwa Montrose, wollte er noch anfügen, aber sein Kopf strich ihm die Worte, weil er damit beschäftigt war, Bilder aus seiner Kindheit hervorzuholen – und den Groschen mit einem (sehr lauten und überfälligen Bling) fallen zu lassen. Aspen Montrose. Farleys Augen weiteten sich einen Moment vor Überraschung. Aber konnte das wirklich sein? Er hatte den blonden Jungen seit Jahren nicht gesehen. Zuletzt war er groß gewachsen, aber doch eher hager gewesen. Das zumindest sagte ihm seine Erinnerung, aber die konnte sich auch täuschen. Oder nicht? Vor ihm stand immerhin ein Hüne von Mann, der ihn selbst noch überragte. Aber dieses Lächeln, dieses Gesicht und überhaupt dieses Gefühl den anderen zu kennen...

„Die Montrose sagen dir nicht zufällig etwas?“


Herrje, ja es war plump – und klang furchtbar dämlich. Aber was sollte er tun? Der Braunhaarige versuchte die Frage so beiläufig wie möglich klingen zu lassen, beobachtete allerdings die Reaktion des anderen genau. Das hier konnte eigentlich unmöglich sein Jugendfreund sein – warum sollte der sein wohlhabendes Elternhaus gegen einen Ort wie diesen hier eintauschen? Warum sollte er ein Piratenleben wählen, wenn er sich in Bibliotheken belesen, von Dienern feine Speisen servieren lassen oder einfach sonstwas mit dem Geld seiner Familie anfangen konnte? Das ergab doch keinen Sinn – oder hatte er einfach nur noch mehr vergessen?



RE: Brother Sparrow - Aspen Montrose † - 27.06.2018

Bei Farleys – hoffentlich war es Farley, sonst veranstaltete Aspen nach dem 'netten' Kennenlernen nun auch noch eine ziemlich affige Show – Antwort wägte der Blondschopf den Kopf hin und her. Auch wenn sie es damals nicht wussten, war ihr Leben fern der Marine wahrscheinlich ziemlich glimpflich verlaufen. Zwar waren die Aufseher ihr größtes Problem gewesen, doch zumindest waren ihnen keine größenwahnsinnigen Marinesoldaten hinterher gestürmt. Ganz klamm heimlich war es ein schönes Gefühl, dass Raízun so lange unbedacht vor sich her tigern durfte, so lange es keine größeren Aufstände gab.
Sah der Rotschopf das ebenso? Zu gerne hätte er ihn gefragt. Doch soweit waren sie noch nicht. Zuerst ging es darum, dass der Gute ihn erkannte und hoffentlich genau so viel Wert in ihre damalige Jugendfreundschaft miss, wie Aspen es tat. Wer wusste schon, wo Farley später gelandet war? Vielleicht hatten ihn spätere Erfahrungen seine Kindheit vergessen lassen? Es versetzte dem Blondschopf einen Stich daran zu denken, dass er sich in dieser Situation ganz schön bloß stellen würde.
Trotz allen Unbehagens wurden diese Befürchtungen verdrängt, sobald Farley auf ein Mal ziemlich überrascht aussah. Aspens Grinsen wurde noch breiter, auch wenn er sich dazu zwang, nicht ganz so auffällig zu strahlen – er steckte schließlich noch mitten im Schauspiel, so einfach wollte er es ihm auch nicht machen!

„Sie 'sollten' mir am Besten nichts sagen.“, brummelte er mit einem kurzen Anflug von Missfallen. Nicht über die nichtssagende Frage, sondern eher auf Grund der detailreicheren Fragen, die auf sie folgen würden. Auf der Sphinx war er bisher nur von Shanaya darauf angesprochen worden und so wähnte sich der Blondschopf noch in Sicherheit, dass er bis dahin nicht allzu auffällig gewesen war. Wobei er seinem Phantombild, das Trevor ach so schön dekoriert hatte ihm noch im Gedächtnis saß. Nunja, es war eine schweigsame Sicherheit, die sofort schwinden würde, wenn jemand seinen Mund öffnete. Da war er sich ziemlich sicher.

Doch so schnell das Missfallen sich auf seine Mimik legte, so schnell verschwand es auch wieder und wich einer fragend-irritierten Mine, als verstände er die Überraschung des Rotschopf nicht ganz.

„Wofür denn diese Fragen, Farley?“



RE: Brother Sparrow - Farley Dunbar - 28.06.2018

Das Grinsen, das immer breiter wurde – und bei der Erwähnung der Montrose schließlich verschwand – ließ die Gewissheit steigen, dass er sich nicht irrte. Dass er sich nicht vertan hatte mit seinem Verdacht. Dass er wirklich ein Esel war, dass er den Blonden nicht gleich erkannt hatte. Zuerst irritierte ihn die Bemerkung des Montrose-Sprösslings. Als Kind hatte Farley die Geschwister immer darum beneidet, in einem solchen Elternhaus aufwachsen zu können – weit ab von Arbeit und dem rauen Umgangston seines Vaters. Doch der junge Dieb erinnerte sich schemenhaft an das Getuschel der Wachen im Gefängnis, die vom Tod des alten Montrose gesprochen hatten. Und von dessen Mörder, der sich auf der Flucht befand. Dieses Thema aber war etwas, das er sich für später aufheben konnte. Zuerst galt es ein Wiedersehen zu feiern – und dass es ein Wiedersehen war, das bestätigte ihm die folgende Frage des anderen. Nun verzogen sich auch Farleys Mundwinkel zu einem breiten Grinsen.

„Ich muss doch herausfinden, ob du noch ein braver Junge bist, Aspen – oder ob du mich vielleicht doch vergessen hast. Immerhin haben wir uns eine Weile nicht gesehen.“


Er schüttelte noch immer ein wenig ungläubig den Kopf, trat dann einen Schritt nach vorne und legte Aspen die rechte Hand auf die Schulter. Farley hätte den anderne gerne umarmt – aber er hatte in den letzten Jahren gelernt, dass nicht jeder von einem solch spontanen 'Überfall' begeistert war. Also beließ er es bei dieser Geste – und überließ Aspen die Entscheidung, was daraus werden konnte. Lächelnd, aber auch forschend, blickte er dem anderen in die Augen – ganz so als ob er suchen wollte, wohin der kleine Junge verschwunden war, mit dem er früher durch die Wälder ihrer Heimatinsel gestreift war.

„Es ist wirklich lange her. Ich erinnere mich, dass du bei unserer letzten Begegnung noch mindestens einen halben Kopf kleiner warst.“

Wenn nicht sogar noch kleiner? Immerhin hatte Farley da noch nicht nach oben sehen müssen, wenn er mit dem Blonden sprach. Auch wenn es jetzt nur ein kleines Stück war, es verdeutlichte doch, dass einige Zeit vergangen war – und unwillkürlich fragte sich Farley, ob sich abgesehen von der Größe und einigen männlicheren Zügen vielleicht noch andere Dinge verändert hatten.



RE: Brother Sparrow - Aspen Montrose † - 02.07.2018

Das Gesicht des alten Freundes ließ sich vor Verwirrung wie ein offenes Buch lesen: Zuerst irritiert, zeichnete sich nach und nach ein erkennender Zug in ihm ab. Ein kurzer Anflug von Unwohl schlich sich ein letztes Mal in Aspens Magen, ließ ihn nervös schlucken, als befürchtete er tatsächlich, dass Farley sich im nächsten Moment abwenden würde. Es hätte an der Situation auf Deck nichts geändert: Das Leben würde weitergehen wie bisher. Doch die wohligen Erinnerungen des Blonden würden unter dieser Geste leiden.
Und dann... Strahlte der Rotschopf, der sich doch nicht als seelenlos entpuppte, und schien sich mit einem Mal selbst an alles zu erinnern. 'Braver Junge'? Als ob sie beide diesen Titel jemals hätten tragen dürfen – wobei Aspen wohl eher in Frage kam als Farley selbst, das stimmte schon. Während der zuerst angezweifelte Mann einen Schritt näher kam, wich auch letztendlich das unwohle Bangen aus dem jungen Montrose, der ohne Zögern eine grinsende Umarmung aus dem Schulterklopfen formte.

„Wir scheinen uns beide ziemlich verändert zu haben – Und du bekommst endlich genug Essen, so breit wie du geworden bist?!“ , lachte er neckisch mit einem letzten Klopfen auf die Schulter, bevor er sich löste.

Tatsächlich hätte er den Mann ohne die zufälligen Hinweise niemals auf der Straße erkannt. Es war mindestens ein Jahrzehnt her, seitdem sich beide für 'alt genug' erklärt worden waren, um auf eigenen Beinen zu stehen. Für Aspen zog dies kaum Veränderungen mit sich, für Farley schon. Was war seitdem wohl passiert?
Einen Schritt zurücktretend fuhr er sich durch das salzschwere Haar, konnte den Blick nicht von dem nun fremden Freund abwenden, auch wenn dieser zumindest nicht mehr so taxierend war wie zuvor. Es legten sich so viele Fragen in seinen Kopf, dass er kaum folgen konnte, um diese zu ordnen. Womit begann er? Chronologisch nach Ablauf? Dies würde den Rahmen sprengen, obwohl Aspen sich mit einem Mal wieder ziemlich munter fühlte.

„Mich wunderts', dass du auf einem Gefangenentransport gelandet bist? Ein langfingriger Schreiner sollte viele Bänke besetzen, aber doch nicht die der Marine.“

Mit einem Nicken und gerunzelten Brauen schloss er die Frage, die so viele weitere beantworten würde.



RE: Brother Sparrow - Farley Dunbar - 06.07.2018

Breit? Nachdem er die Umarmung erwidert hatte, blickte Farley an sich hinab und mit gespielt empörter Miene wieder zu seinem Gegenüber. Als Knabe war er dürr gewesen, das war durchaus richtig. Aber so viel wie sie umhergetollt waren, so viel Arbeit wie er hatte erledigen müssen und so wenig, wie es zu essen gab, war es kein Wunder, dass die Umformung seines Körpers ein wenig Zeit in Anspruch genommen hatte.

„Ich würde sagen, damit sind wir dann endlich gleichauf. “

Er grinste schief und ließ die Hände lässig in den Taschen seiner Stoffhose verschwinden. Dass er eigentlich ein paar Kilo abgenommen haben dürfte, so dürftig wie die Marine mit der Verpflegung ihrer Gefangenen umging, verschwieg er. Er wollte keine schlafenden Hunde wecken und die Erinnerung an die vergangenen Wochen war noch immer etwas unangenehm für Farley. Aspen aber war noch nie auf den Kopf gefallen gewesen – und so schnitt der Blonde das Thema einfach direkt von selbst an. Farleys Grinsen verwandelte sich in ein wehmütiges Lächeln. Er gab sich gar keine Mühe, seine Gedanken zu verbergen. Aspen kannte ihn, der junge Dieb brauchte kein Pokerface zu wahren.

„Ah, das kommt davon, wenn man den falschen Leuten sein Vertrauen schenkt.“


Der junge Dieb zuckte mit den Schultern, das Lächeln war nun gänzlich verschwunden. In seinem Kopf blitzte die Erinnerung an das Klimpern der Eisen auf, die man ihm angelegt hatte. Farley konnte auf eine neue Erfahrung dieser Art gut verzichten. Bevor Aspen weiter nachhaken konnte, schwenkte der Braunhaarige lieber in die Gegenrichtung aus. Immerhin war er ja nicht der einzige, der sich in einer für ihn eigentlich untypischen Situation befand.

„Und du? Vom rechtschaffenden Kaufmann zum Piraten, hm?“



RE: Brother Sparrow - Aspen Montrose † - 09.07.2018

Hochmütig schnickte er das Kinn nach oben, als wolle er andeuten, dass sie das 'Gleichauf' erst noch überprüfen müssten. Die vielen jugendhaften Reibereien waren ihm noch bildlich im Kopf und zeim Teil müsste Aspen dankbar für sie sein, denn nicht selten war er durch diese Übungen einigen unangenehmen Situationen entkommen. Den Kopf daraufhin schüttelnd entspannte er sich langsam weiter: Seine aufrechte Haltung neigte sich, der Körper drehte sich zur Reling, die Arme abgestützt. Im Gegensatz zu Farley zuvor stand er jedoch in Richtung Wasser, die Augen weiterhin auf den jungen Mann gerichtet, der immer mehr Gesichtszüge seines jüngeren Ichs annahm – Auch wenn viele davon wohl mehr Aspens Projektion von damals entsprachen als dem tatsächlichen Zustand.

Sobald das Grinsen des Anderen einer Schuld wich, zweifelte der Montrose kurz an, ob er sich solche Fragen erlauben durfte. Doch er wollte nicht im Unklaren darüber bleiben, was aus seinem damaligen Freund geworden war. Den falschen Leuten? Skeptisch zog er die hellen Augenbrauen über diese nichtssagende Antwort zusammen. Nein, damit war er sichtlich nicht zufrieden.
Doch noch bevor er weiter in die Tiefe gehen konnte, folgten die Fragen zu seinem Standeswechsel. Die beste Art das gefährliche Terrain für Farley zu verlassen, natürlich. Zögernd strich er sich über den gewucherten Bart am Kinn.

„Möchtest du jetzt ebenfalls eine wage Antwort erhalten, wie das Leben einem zuspielt?“, neckte er provokant und frei heraus, mehr um sich Zeit zu verschaffen, als dass er tatsächlich dem Rotschopf vor den Kopf stoßen wollte.

Entweder er ließ sich tatsächlich auf die Oberflächlichkeit ein, berichtete die Dinge, die in der Zeitung standen und beließ es dabei, in der Gefahr, dass seine eigene Neugierde ungestillt blieb, oder er nutzte die Gelegenheit jemanden davon zu erzählen, der es sich sowieso selbst zusammen reimen konnte. Oder war Farley zu einer dieser Personen geworden, die tatsächlich nichts mehr von Anderen wissen wollten? Nachdenklich kreiste er die Schultern.

„Es war wahrscheinlich schon immer ersichtlich gewesen, dass es mit mir und dem Unternehmen in dieser Konstellation nicht funktionieren wird.“, gab er zu. „Ich hätte mich allerdings eher als jungen Schreiner in einem entfernten Hafen gesehen, nicht als Flüchtling auf einem Piratenschiff.“

Nunja. Natürlich wäre es der einfachste Weg gewesen, wenn Montrose Senior einfach wie alle wohlhabenderen Männer dem Alkohol erlegen wäre und Aspen die Alleinverantwortung übertragen bekam. Leider eine utopische Vorstellung für jeden, der den alten Mann gekannt hätte.



RE: Brother Sparrow - Farley Dunbar - 13.12.2018

In dem Augenblick, als Aspens Augenbrauen sich wie an einem Seilzug in die Höhe hievten, wusste Farley, dass sein Gegenüber mit der kurzen Antwort wenig zufrieden war. Zurecht eigentlich, wenn man bedachte, dass sie einander kannten und sich nicht fremd waren – nicht fremd sein sollten. Allerdings hatten sie sich Jahre nicht gesehen und so wie er selbst sich verändert hatte, so würde sicherlich auch der Blondschopf nicht mehr derselbe Junge sein wie damals. Auf die Worte seines Jugendfreundes lächelte der Dieb und senkte wissend nickend Kopf, sodass er einige Sekunden seine Schuhe und die Dielen des Deckes bewundern konnte. Doch schnell verblasste das Lächeln und als Aspen schließlich mit seiner halben Erzählung geendet hatte, nickte Farley erneut und lehnte sich - mit dem Rücken zum Meer, grad wie zuvor – an die Reling. Dass, was der Blondschopf preisgegeben hatte, war ebenfalls keine wirkliche Neuigkeit und beantworte überhaupt gar nichts. Farley versuchte sich zu erinnern, ob Aspen schon immer so geschickt im „wie du mir, so ich dir“ gewesen war. Es war deutlich, dass der Kaufmannssohn handeln wollte. Geschichte gegen Geschichte. Der Braunhaarige ließ einige Sekunden in Stille verstreichen, bevor er schließlich die Arme vor der Brust verschränkte.

„Dir ist klar, dass ich dich leider von diesem Schiff werfen muss, wenn du auch nur ein Wort von dem weitergibst, was ich dir erzähle?“

Die Drohung war keineswegs so ernst gemeint, wie sie klang. Natürlich setzte ihm die Schmach gefasst worden zu sein durchaus zu. Und kein Krimineller wollte, dass Geschichten über das eigene Versagen die Runde machten. Wer würde schon mit ihm Geschäfte machen wollen, wenn er sich ständig erwischen ließ? Das Risiko wäre für seine... nun, Handelspartner, durchaus beträchtlich. Doch darum ging es Farley nicht. Er warf einen prüfenden Blick auf den umtriebigen Jungen, der nun ein offenbar ebenso umtriebiger Mann geworden war. Es ging um Vertrauen. Darum, dass Aspen noch immer jemand war, der einem den Rücken freihielt, wenn es sein musste. Farley würde ihn keineswegs vom Schiff werfen – wahrscheinlich würde er ihn nicht einmal mit bösen Worten bedenken. Doch wenn der junge Dieb eins gelernt hatte, dann dass Vertrauen wertvoller war als Gold – und mit diesem in keinster Weise aufzuwiegen war. Wenn es missbraucht wurde, machte das Abschiede nur umso einfacher – und es würde dem jungen Dunbar nur einen weiteren Grund geben, im nächsten Hafen diesen Flickenkahn so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.