Inselwelten
Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Druckversion

+- Inselwelten (https://inselwelten.crux-mundi.de)
+-- Forum: Inselwelten (https://inselwelten.crux-mundi.de/forumdisplay.php?fid=7)
+--- Forum: Rollenspiel (https://inselwelten.crux-mundi.de/forumdisplay.php?fid=12)
+---- Forum: Buch 1 - Auftakt (https://inselwelten.crux-mundi.de/forumdisplay.php?fid=143)
+---- Thema: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod (/showthread.php?tid=321)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13


RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Weltenwind - 30.08.2017

Ein Hauch von Rettung ...
Der umgestürzte Hauptmast hatte eine tiefe Kluft quer durch das Haupt- und das Achterdeck geschlagen. Die Planken ragten zerborsten ins Innere des Rumpfes, wie die Rippen eines großen Tieres, und gaben den Blick von oben auf das Kanonendeck frei. Einige der Geschosse waren aus ihren Verankerungen gerissen worden, Hängematten lagen zerfetzt auf dem Boden und durch den Riss, den der umstürzende Mast auch ein Deck weiter unten geschlagen hatte, züngelten bereits lichterlohe Flammen das Holz hinauf.
Nicht jeder Mann hatte dem Koloss ausweichen können. Vereinzelt ragte unter dem dicken Stamm ein Arm oder ein Bein in Uniformstiefeln heraus. Blut tränkte den Boden, für das niemand einen Blick übrig hatte. Doch ansonsten war die Marinemannschaft relativ glimpflich davon gekommen. Vorerst.
Den Befehl, die ausgebrochenen Gefangenen wieder festzusetzen, hatte der nun Kommando führende Ravenport aufgehoben. Hin und wieder hörte man es laut klatschen, wenn er einem der in Schockstarre verfallenden Fähnriche links und rechts ins Gesicht schlug, doch vorrangig brüllte er gegen den Lärm seiner eigenen Männer die nötigen Befehle, um das Schiff zu verlassen. Herrisch, drängend und keinen Widerspruch duldend, sodass nur ein wirklich aufmerksamer Zuhörer die unterdrückte Angst darin hätte wahrnehmen können. Erst eins, dann zwei und drei bis zum Rand mit Soldaten gefüllte Beiboote entfernten sich von der Morgenwind. So sie konnten, zogen sie einzelne Schwimmer aus dem Wasser – ganz gleich, ob Soldat oder Häftling – wissend, dass Rettung nicht weit war und sie deshalb nicht lange würden aushalten müssen.
Doch die ehemals präzisen Bewegungen wurden fahrig und die sonst so sicheren Handgriffe schludrig. Eines der Rettungsboote ging verloren, gerade als es auf den Wellen aufsetzte, da einige panisch im Wasser treibende Männer versuchten, sich über die Reling hinauf zu ziehen. Ohne Gegengewicht kippte das Boot, füllte sich schwungvoll mit Wasser und sank träge.
Bei einem zweiten riss am Heck das Seil aus dem Flaschenzug. In mehreren Metern Höhe baumelte es schwungvoll nur noch am Bug hängend hin und her, bis die Soldaten auch das zweite Seil versehentlich verloren. Eben dort, wo Farley wenige Augenblicke zuvor ins Wasser gesprungen war, klatschte das Beiboot der Morgenwind laut auf die Meeresoberfläche. Zwei Soldaten kletterten eilig die Bordwand hinab, um ein Missgeschick wie jenes mit dem gesunkenen Gegenstück zu verhindern, bemerkten in ihrem Tun die flüchtenden Piraten jedoch nicht.

Die Gefangenen unten im Zellentrakt hatten derweil nicht so viel Glück. Das Feuer breitete sich trotz der herein brechenden Wassermassen schnell aus. Der Rauch und der Gestank, die das Deck gleichermaßen einhüllten, raubten den Fliehenden die Luft. Wer den Aufgang nicht schnell genug erreichte, dem schwanden nach wenigen Metern bereits die Sinne und das Wasser stieg schnell.
Rawat hatte die Gelegenheit genutzt und war mit seinen treusten Männern – ebenso wie die Piraten der Sphinx – über einen der Gunports ins Meer gesprungen. Sie hielten sich wissentlich von den Rettungsbooten fern, schnappten sich einige der Trümmerteile und entfernten sich in die Dunkelheit, um vom Sog des sinkenden Schiffes nicht erfasst zu werden. Den Gedanken, eines der Beiboote von seinen Passagieren zu befreien, verwarfen sie schnell wieder. Denn einer von ihnen, ein ängstlicher, gedrungener Mann mit Brille, hatte anhand der Zeit, die sie mit der Morgenwind unterwegs gewesen waren, anhand von Wind und geschätzter Geschwindigkeit ermittelt, dass sie sich etwa auf Höhe Lilanjas befinden mussten und es bis dorthin schaffen konnten. Zumindest die stärksten von ihnen.

Enrique, Skadi und Liam hatten sich inzwischen weit genug in Sicherheit gebracht und trieben nun zu dritt im nachtschwarzen Wasser. Aber auch Talin, Shanaya, Lucien, Yaris und Farley befanden sich gerade so außerhalb der Reichweite der sinkenden Fregatte, als das Feuer in ihrem Inneren das Kanonendeck erreichte und dort einige weitere, unsachgemäß verstaute Schwarzpulverfässer in Brand steckte. Mehrere kleinere Explosionen ließen den Bauch des Schiffes erzittern und rissen die Soldaten auf dem Hauptdeck beinahe ein weiteres Mal von den Füßen. Kurz entschlossen gab Ravenport den Befehl, die Beiboote über dem Wasser kurzerhand von den Seilen zu kappen und ihnen hinterher zu springen. Schwimmt um euer verdammtes Leben.
Die Morgenwind sank schnell, das Wasser reichte schon beinahe bis zum Kanonendeck, als ihr plötzlich, nahezu unvermittelt, eine gewaltige Detonation das Heck samt Achterdeck zerfetzte. Eine der großen losen Pulverfässer war von außen an die Wand der Pulverkammer gerollt, dort von den Flammen verschluckt und zum Explodieren gebracht worden – und mit ihm das gesamte Pulver im Inneren der Kammer.
Zersplitterte Planken in der Größe eines Arms schossen 20, 30 Meter nach allen Seiten weg. Brennende Wrackteile regneten vom Himmel und auf jeden hinab, der sich im Wasser befand. Alle, außer Enrique, Skadi und Liam mussten rechtzeitig in Deckung gehen, um nicht von weiteren Splittern getroffen zu werden.

Die Sphinx, die zunächst in aller gebotenen Eile zu dem sinkenden Schiff aufgeschlossen hatte, drosselte nun erheblich ihre Geschwindigkeit, um nicht Gefahr zu laufen, ihre eigenen Kameraden zu überfahren. Die Stimmung an Bord war zum Zerreißen gespannt, umso näher sie ihrem Ziel kamen. Jeder Handgriff musste sitzen. Kein. Verdammter. Fehler.
Langsam glitt die schlanke Löwin näher an den Schauplatz heran. Noch immer waren alle Lampen gelöscht und noch immer hielt sie sich außerhalb des Lichts, das die brennende Fregatte und die im Wasser treibenden Trümmerteile auf die Meeresoberfläche warfen. Dazwischen kreuzten etliche kleine Boote mit bis zu 20 Männern an Bord, auf der Suche nach weiteren Überlebenden. Keiner der Soldaten bemerkte den kleinen Dreimaster.
Bis die Sphinx an dem vorbei fuhr, das einmal das Heck des Marineschiffs gewesen war und dem Schein der Flammen dabei ein wenig zu nahe kam. Flackernd enthüllten sie einen dunklen Rumpf und leuchtend rote Segel.
Da! Seht doch mal!
Was bei allen Acht Welten ist das?
“, zischte plötzlich ein älterer Fähnrich, der gerade einen seiner Kameraden aus dem Wasser gezogen hatte und deutete hinüber. Immer mehr Augenpaare wandten sich in die entsprechende Richtung und mit offenen Mündern verfolgten sie das Schiff, das wie ein Geist hinter der Fregatte wieder aus ihrem Blick verschwand.
Die Männer an Bord der Sphinx hatten jedoch ein ganz anderes Problem, als sich darum zu kümmern, wer ihr Näherkommen bemerkte. Denn wie sollten sie nun diejenigen finden, die sie tatsächlich suchten?

Noch dazu blieb ihnen dafür nicht viel Zeit.
Schon kurz nach der ersten Explosion auf der Morgenwind hatten die beiden Begleitschiffe hastig ihre Segel eingeholt und ihre Fahrt gedrosselt, um heraus zu finden, was dort hinten vor sich ging. Mittels Fahnenalphabet hatten sich beide Kapitäne nun kurzerhand abgestimmt und die Triumph setzte erneut einige wenige Segel und setzte zu einem weiten Backbordbogen an – um zu wenden und sich dann langsam gegen den Wind kreuzend der Unglücksstelle zu nähern.
Das zumindest der Plan.



Spielleitung für alle

[Umkreis der sinkenden Morgenwind]

# Enrique, Skadi und Liam befinden sich außerhalb des Risikobereichs
# Auf Talin, Shanaya, Lucien, Yaris und Farley regnet es brennende Wrackteile
# Aspen ist kurz nach Liam von Bord gesprungen und befindet sich auf dem Weg zu ihm
# Die Sphinx hat die Unglücksstelle kurz nach der Explosion erreicht
# Die Crew muss nun im Wasser nach ihren Kameraden suchen
# mehrere Beiboote der Morgenwind und etliche Schwimmende treiben zwischen den Wrackteilen im Wasser

# Die Triumph startet ein Wendemanöver, um den Schiffbrüchigen zu helfen



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Skadi Nordskov - 30.08.2017

Die Welt wankte unter ihren Füßen. Bewegte sich in unablässig kreisenden Bewegungen, die der Jägerin bittere Galle gen Kehle presste. Immer wieder strauchelte sie in ihrem Lauf zur Seite, fing sich mit aller letzter Kraft auf halber Höhe, noch ehe ihre Nase den Schiffsboden berührte. Der Zweikampf hatte ihren Muskeln arg zugesetzt, hatte sie ungelenk und seltsam steif werden lassen, was Skadi just mit einem Nasenrümpfen quittierte. Doch es war zu spät, um sich über Vergangenes den Kopf zu zerbrechen. Denn die Schreie in ihrem Rücken schwollen mit jedem Schritt in Richtung Hauptdeck an, verheißungsvoll und deutlich schneller, als erwartete. Es würde ihr also ohnehin kaum mehr  Zeit bleiben, dem einzigen Menschen eine Erklärung zukommen zu lassen, der ihre Offenheit mehr als verdient hatte. Dessen Anwesenheit sie aus den Augenwinkeln kaum mehr wahrnahm und jeden Zentimeter ihres Sichtfeldes nach dem dunklen Haarschopf absuchte. Doch von Enrique fehlte jede Spur - selbst dann als der Hauptmast wenige Sekunden nach dem heftigen Beben nachgab und in Richtung Achterdeck krachte.  Holz splitterte, barst mit ohrenbetäubendem Laut wenige Meter hinter der gebeutelten Nordskov, die sich nur noch mit einem letzten Sprint in Sicherheit bringen konnte.  Tief fraßen sich vereinzelte Splitter in ihren Körper, größere streiften sie willkürlich an Armen und Beinen und trieben sichtbare Wunden in die blasse Haut, die sie aus vielerlei Gründen stets gut bedeckt hielt. Der Schmerz bohrte sich wie Nadelstiche durch Arme und Beine, zog feurige Bahnen bis zu ihrem Kopf, den sie kaum mehr aufrecht halten konnte. Dunkler Nebel schob sich vor die dunkelbraunen Augenpaare, machte den sonst so klaren Verstand der Nordskov blind für die Umgebung, die geradewegs wie ein Kartenhaus zusammenbrach. Die Schreie und Rufe verschwammen zu einem einzigen Brei aus Lauten, der kaum mehr zu differenzieren war. Ihr Körper schwankte zur Seite, hielt sich nur mit einer ausgestreckten Hand in aufrechter Position. Skadi fühlte sich fiebrig, kämpfte mit der aufsteigenden Übelkeit, die bald ihren Kehlkopf erreicht hatte.  Ob es einen Unterschied machte, wenn sie sich einfach über die Reling gleiten und in die Tiefe des Meeres fallen ließ? Niemand würde sie suchen. Wenn sie Glück hatte nicht einmal ihre Überreste finden. Sie würde eins werden mit der See, die ihr Vater so sehr geliebt hatte. Doch er wäre nicht stolz auf sie. Nicht auf das, was seine älteste Tochter in ihrem Durst nach Vergeltung vollbracht hatte. Nicht, weil der Tod des Kapitäns kein Akt der Liebe und der Ehrerbietung ihrer Familie gegenüber gewesen wäre, sondern es nicht von Angesicht zu Angesicht geschehen war. Man hatte sie gelehrt, Kämpfe auf Augenhöhe zu führen, sich den Respekt durch Fairness und Cleverness zu verdienen. Ein Hinterhalt wie dieser jedoch galt in ihrem Clan als unmoralisch und feige - doch wen interessierte das jetzt noch. Sie selbst war die einzige Überlebende ihres Stammes und es käme niemand, um sie auf den "rechten Pfad" zurückzuführen.
Ein Schatten rührte sich in der Ferne, kaum wahrnehmbar, nahezu verschwommen an seinen Konturen, als vermische er sich mit der salzigen Luft des Meeres. Skadi konnte sich kaum mehr Aufrecht halten, als die Dunkelheit ihre Sinne gänzlich umhüllte und ihren Körper wie Treibgut in Enriques Armen zurückließ. Kaum spürend wie der Offizier sie an der Hüfte umfasste, wortlos vom Schiff hinab zerrte und in das kalte Nass eintauchte. Die Unendlichkeit hatte sie übermannt und zog sie an den Beinen Herzschlag um Herzschlag hinab in die Tiefen.

Ein Lachen ertönte und bahnte sich vibrierend durch ihren Brustkorb. Hallte in dem nebligen Gewirr aus Gedanken, Erinnerungen und Tagträumen wieder, ehe es Skadi schlagartig in die Realität zurückschleuderte. Ruckartig schwankte der Oberkörper zur Seite, spie das Wasser aus den angespannten Lungen aus, das die See heimtückisch dort hinterlassen hatte und ließ ein seltsames Brennen zurück.

" ¡Hola compañero! Wieder unter den Lebenden?"

Mit verkniffenen Augen blickte die Nordskov zur Seite. Unterdrückte die jähe Übelkeit an ihrem Kehlkopf, die ihr mehr als deutlich befahl sich ruhiger zu bewegen. Hatte sie es etwa lebend von diesem Höllenkahn hinuntergeschafft? Obendrein noch in Begleitung des Offiziers, dessen Lächeln nach einem Plätschern und Herzschlag später direkt im Zwielicht ihres Sichtfeldes auftauchte? Um der Götter Willen, so viel Glück konnte doch kein Mensch haben. Ein Schnauben verließ ihren Mund, kaum dass Skadi den dunklen Schopf auf die Holzplatte zurückgleiten ließ und die Augen schloss, hoffend, dass der Schwindel allmählich nachließ.

"Ich fühle mich wie ein durchlöcherter Käse. Hoffentlich rieche ich nicht auch noch wie einer."

Humor - dieser seltsame Mechanismus, der brenzlige Angelegenheiten in ein Meer aus Blumen verwandeln sollte. Eigentlich besaß die Nordskov so etwas nicht, war voll mit Sarkasmus in Ironie, den nur wenige Verstanden - doch angesichts ihrer derzeitigen Situation war es womöglich kein allzu schlechter Wesenszug, der sich an die Oberfläche traute. Noch weniger, wenn man bedachte, was Enrique Sekunden später laut aussprach. Ein schiefes Lächeln bohrte sich tief in ihre Mundwinkel, ebbte jedoch ab, kaum dass einer der größeren Splitter unter einer kurzen Seitwärtsbewegung ihrer Beine zu ziepen begann.

"Dieser Bastard ist für alle Zeit Geschichte, endgültig."

Besser sie ließ die Tatsache unerwähnt, dass es ihr bedeutend lieber gewesen wäre, hätte sie seinen Kopf mitgenommen. Nur um ihm auf Ewig den Aufstieg in die himmlischen Sphären zu verweigern. So war es Brauch in ihrer Kultur, eine Bestrafung derer, die für ihre Sünden und Missetaten auf Ewig Buße tun mussten.

"Ich lasse mich lieber von einer Meute Piraten erschlagen, als vom Schafsrichter und seiner Marinebagage für falsch ausgelegte Gerechtigkeit hinrichten zu lassen."

Damit war ihre Zukunft wohl besiegelt und Skadi würde den Teufel tun und sich unter ihrem falschen Namen zurück zur Marine zu wagen. Es war absehbar, dass die  gestohlene Identität auffallen würde - es wunderte sie, dass es nicht längst geschehen war. Doch allem Anschein nach hatte ihre Schmierenkomödie besser funktioniert, als erwartet. Blieb nur zu hoffen, dass Enrique nicht aus allen Wolken fiel, sollte sie jemals wieder so sehr genesen sein, um ihm endlich zu offenbaren, was sie so lange vor ihm verborgen gehalten hatte.
Langsam schoben sich die schweren Augenlider zurück. Eröffneten der Nordskov einen tiefschwarzen Nachthimmel, dessen vereinzelte Wolkenfetzen vom gleißenden Licht der brennenden Frigatte erleuchtet wurden. Vorsichtig wandte sich der dunkle Schopf herum, direkt in Enriques Richtung, dessen Hand beschwichtigend auf ihrer Schulter ruhte. Ohne ihn würde sie wohl kaum die nächsten Stunden überleben, wäre unter den erneut herumfliegenden Planken, Mastfragmenten und Hab und Gut des Schiffes untergegangen wie ein Mehlsack. "Danke", war somit das einzige Wort, das sie zwischen ihren Lippen hindurch gleiten ließ. Darauf konzentrierend den Schmerz zu unterdrücken, der sich unablässig durch ihre Nervenbahnen schob. Doch sie konnte die Splitter nicht entfernen, die sich tief in ihr Fleisch gefressen hatten. Mit ausreichend Pech hatte eines dieser Dinger eine Ader getroffen und würde sie binnen weniger Sekunden verbluten lassen, ließe er sich überhaupt problemfrei herausziehen.

[erst an Deck, dann auf einem großen Treibgut liegend bei Enrique im Wasser | Liam in Hörweite]



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Talin Dravean - 31.08.2017

Ein Gefühl der Erleichterung durchfuhr Talin, als Lucien sie entdeckte. Immer wieder wurde der Blickkontakt der beiden unterbrochen, als die Wellen zwischen ihnen höher schlugen und versuchten sie alle zu überschwappen. Dieses untergehende Schiff war aber auch lästig! Der Blick der Blonden schweifte in Richtung des absaufenden Kahns und ihre Augen verdunkelten sich etwas vor Besorgnis. Wenn sie noch länger hier blieben, dann würden sie Probleme bekommen. Ein Schiff ging niemals sang- und klanglos unter. Es hatte immer seinen letzten großen Auftritt, wie die Diven im Theater. Genau deshalb waren die meisten Schiffe ja auch weiblich. Und weil sie eben so unberechenbar waren, sollte man besser nicht in ihrer Nähe bleiben.
Ihre Augen suchten wieder ihren Bruder, der immer noch ziemlich weit entfernt war, den sie aber dennoch erkennen und zum Teil auch verstehen konnte, als er ihr etwas zu brüllte und hektisch mit der Hand gestikulierte. „Weg vom Sch... Schwim... ...lge euch!“ Die wogenden Wellen ließen seine Worte nur bruchstückhaft zu ihr gelangen. Und obwohl sie nur die Hälfte dessen verstand, was er ihr sagen wollte, wusste sie dennoch, was er meinte. Deshalb winkte sie ihm noch einmal, als Zeichen, dass sie verstanden hatte, und sah dann hinab zu ihrer außer Gefecht gesetzten Begleitung.
Talin stieß einen leisen Seufzer aus, schloss aber schnell den Mund wieder, als ein Schwall Salzwasser seinen Weg in ihren Mund fand. Shanaya sah gar nicht gut aus. Wenn sie sich nicht bald ausruhen konnte und ihre Wunde versorgt wurden, sollten sie sich ernsthaft Gedanken machen, wie sie sie aufs Schiff bekamen. Blass und kaum mehr wirklich bei Bewusstsein, würde die Schwarzhaarige bald schlapp machen und dennoch konnte sie wohl einfach nicht aufhören zu reden. Die ältere leichte leicht belustigt, schüttelte den Kopf und sah sich dann nach bekannten Gesichtern um.

„Ich versuch deine Wunde so kunstvoll und fantasievoll wie möglich zu nähen“, gab sie schmunzelnd zurück, „und jetzt halt die Klappe. Ich muss die Sphinx finden.“

Noch während sie das sagte, fing sie an sich selbst und Shanaya paddelnd vom sinkenden Schiff in Sicherheit zu bringen, damit sie vom Sog nicht erfasst wurden. Sie kamen nur langsam voran, denn so schwach wie die andere war, konnte sie nicht wirklich hilfreich sein. Und wenn Talin nicht gleichzeitig auch noch nach ihren Leuten Ausschau gehalten hätte, dann wären sie sicher schneller entkommen, bevor auf einmal ein lauter Knall hinter ihnen ertönte.
Die Blonde zuckte zusammen, hätte beinahe Shanaya losgelassen, als ein brennender Splitterregen auf sie niederprasselte. Wäre sie alleine gewesen, wäre sie untergetaucht, um sich in Sicherheit zubringen. Doch mit ihrem vollgesogenen Kleidern und ihrer geschwächten Gefährten, hatte sie keine andere Wahl, als die andere abzuschirmen und zu hoffen, nicht von zu großen Stücken getroffen zu werden. Gleichzeitig versuchte sie, sie beide weiter fort von diesem brennenden Regen und den Schreien um sie herum zu bringen. Fest biss sie die Zähne zusammen, während sie sich mühsam vorwärts bewegten und manchmal ein brennendes Stück Holz sie streifte.
Doch halt! Was war das? Auf der Stelle verharrend und mit dem bleischweren Beinen Wasser tretend, verengte sie die Augen, um durch die Nacht, den Rauch und das Feuer besser sehen zu können. Da war ein Schiff, ganz eindeutig. Ein Schiff mit...mit roten Segeln! Erleichtert stieß sie einen Seufzer aus, verschluckte sich diesmal aber am Wasser und hustete. Die Sphinx war gekommen! Jetzt mussten sie ihr nur noch ein Zeichen geben. Hektisch blickte sie sich um, suchte nach einer Möglichkeit auf sich aufmerksam zu machen. Noch etwas anzünden kam wohl gerade nicht in Frage. Ihr Blick blieb auf Shanayas Tuch hängen, welches sie krampfhaft in Händen hielt.
Kurzerhand griff sie nach einem vorbei schwimmendem Stück Holz und zog es zu sich ran.

„Die Sphinx...Shanaya. Ich brauch...dein Tuch...und du musst...dich allein festhalten!“

Vor lauter Anstrengung kamen die Worte nur stoßweise heraus. Sehr viel länger würde sie auch nicht durchhalten, wenn sie nicht bald heraus gefischt wurden. Also zog sie sich mühsam ein wenig höher, klemmte das Treibgut zwischen ihre Arme und griff dann nach Shanayas Tuch, um es an das Stück Holz zu binden, dass sie aufgesammelt hatte. Es war schwieriger und dauerte länger, als sie gedacht hatte, doch schließlich war die improvisierte Fahne fertig. Mit noch immer zusammengebissenen Zähnen, sammelte sie ihre Kräfte und hob das Holzstück in die Höhe, um es dann hin und her zu schwenken. Sie hoffte, die Jungs würden es, wenn überhaupt, schnell sehen, denn lange würde sie das nicht durchhalten.

[im Wasser schwimmend | bei Shanaya | schwenkt eine improvisierte Flagge | in sichtweite der im Wasser schwimmenden | will die Aufmersamkeit der Leute auf der Sphinx (T.T)]



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Shanaya Árashi - 02.09.2017

Shanayas blaue Augen beobachteten ein kleines Stück Treibgut, das langsam an ihr vorbei trieb. Einen Moment überlegte sie, ob sie wie eine Katze mit der Hand danach schlagen sollte. Nur, um beschäftigt zu sein, um nicht den Verstand unter dem steten Hämmern in ihrem Kopf zu verlieren. Aber die junge Frau riss sich zusammen, schloss nur kurz die Augen, atmete vorsichtig durch, fand jedoch auch keinen festen Punkt, als sie sie wieder aufschlug. So wie sie auf diesem Stück Holz hing hatte sie nicht viel Auswahl, wohin sie blicken konnte... also blieb es bei dem dunklen Horizont, während vor ihnen das Wasser im Schein des Feuer flackerte. Nur nicht schlapp machen, sich irgendwie wach halten. Talins Bruder rief ihnen noch etwas zu, die Bedeutung seiner Worte drang jedoch nicht zu ihr durch. Wie gut, dass er nicht neben ihr schwamm und so rum schrie. Sie hätte ihm die Ohren langziehen müssen. Aber auch Talins Seufzen ging in dem puckernden Schmerz und dem Rauschen des Meeres unter. Erst als die Blonde etwas sagte hob Shanaya leicht eine Augenbraue, wandte die blauen Augen skeptisch zur Seite, ohne den Kopf zu bewegen. Ihre Stimme gerade noch so laut, dass Talin sie verstehen konnte.

Ich will einen Stuhl... mit rotem Faden.“

So viel dazu, dass sie den Mund halten sollte. Aber wenn die Blonde ihr solch eine Vorlage gab? Über das Motiv ließ sich streiten, aber das war das erste, was ihr eingefallen war. Und irgendwie musste sie sich wach halten, auch wenn die Blonde versuchte, sie zum schweigen zu bringen. Talin konnte froh sein, dass sie noch nicht angefangen hatte zu singen. Ihre sonst so engelsgleiche Stimme hätte in diesem Zustand vermutlich eher nach einem liebeskranken Seehund geklungen.
Und dieser Sehhund zuckte merklich zusammen, als es ohrenbetäubend knallte, Schmerz durch ihren ganzen Körper zuckte. Bevor die Schwarzhaarige realisieren konnte, woher dieser Knall gekommen war, sackte ihr Kopf unter pochendem Schmerz ein wenig tiefer, bis sie ihn auf ihrem Arm ablegen konnte, der sich krampfhaft an das Holz klammerte. Wann war ihr so kalt geworden? Vermutlich die ganze Zeit. Ein leises, schmerzerfülltes Brummen drang über ihre Lippen. Wie lange würde sie das noch durchhalten? Sie musste die Zähne zusammen beißen, sich durchkämpfen. Etwas leuchtendes, das in ihrem Augenwinkel auftauchte und wieder erlosch, ließ sie den Kopf leicht drehen, während sie das rote Tuch weiter gegen die Wunde drückte. Das Lächeln, das sich auf ihre Lippen schlich, wirkte unendlich müde. Aber sie fand ihre eigenen Gedanken viel zu belustigend, um weiter eine schmerzerfüllte Miene zu ziehen.

Guck Mal... kleine Sternschnuppen.“

Sie war sich nicht einmal sicher, ob ihre Stimme laut genug war, damit Talin sie verstand. Wenn nicht, auch egal. Vielleicht sogar besser. Sie hatte ein bisschen Angst, dass die Blonde sie mit einer dieser Sternschnuppen erschlagen und anzünden würde. Was für eine hübsche, menschliche Fackel. Aber ihr gefiel der Gedanke von Sternschnuppen besser als irgendwelche brennenden Holzscheite, die bedrohlich nah und viele waren. Man musste sich die Welt nur drehen, wie es einem gefiel! Sie spürte Talins Bewegungen neben sich, versuchte es ihr gleich zu machen und bewegte irgendwie ungelenk die Beine. Der Wille war da – die Kraft ließ nur dummerweise nach.
Aber dann schien Talin eine neue Idee zu haben, sagte Worte, die die Schwarzhaarige normalerweise hätten aufschrecken lassen. So drehte sie nur leicht den Kopf, blinzelte und versuchte etwas zu erkennen. Sie erkannte kein Schiff, aber ihr Sichtfeld verschwamm auch zunehmend zu einer Masse. Sie wollte ihr Tuch? Bevor die junge Frau reagieren konnte, war ihre Hand schon leer, wurde nun so gegen die Wunde gedrückt. Wenn da wirklich die Sphinx war und die Blonde sich diese nicht nur einbildete... aber allmählich schwanden ihr wirklich die Kräfte, dass nicht einmal dazu ein Kommentar über ihre Lippen kam. Ihr Kopf sank nur langsam wieder auf ihren kalten Arm, das Zittern ihres Körpers versuchte sie mit aller Kraft zu verdrängen. Jetzt zu schlafen klang so verlockend, aber sie wusste viel zu gut, was damit auf dem Spiel stand. Stattdessen klammerte sie sich an dem Holz fest, lauschte nur darauf, ob Talin noch irgendwelche Anweisungen oder Informationen gab. Sonst war da da nur das so beruhigende Rauschen um sie herum, das sie irgendwie in den Schlaf locken wollte und dem sie mit jeder Faser zu widerstehen versuchte.

[Im Wasser | Talin]


RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Josiah Moggensten - 03.09.2017

Seine Gliedmaßen fühlten sich bereits jetzt – nach nur wenige Minuten im eisigen Wasser – an wie Blei. Unter der Anstrengung krampften seine Muskeln in Armen, Beinen und im Rücken. Doch Yaris war nicht gewillt, auf diese Weise abzutreten. Er hatte seinen Vater überlebt. Jahre der Flucht. Ein Leben als Attentäter. Das Gefängnis von Linara und dessen Teufel eines Gefängnisdirektors. Er weigerte sich schlicht und ergreifend. Verbissen paddelte er weiter. Weg von dem sinkenden Schiff. Immer wieder ertönten weiter kleinere Explosionen, doch er drehte sich nicht um. Doch der Lärm, der in seinem Rücken die Nacht durchschnitt, zeugte von Chaos. Das Feuer spendete trübes Licht.

Während er sich durch das kalte Wasser vorwärts kämpfte, blickte sich Yaris immer wieder um, ob er vielleicht Leute aus ihrer Fluchtgruppe entdecken konnte, allerdings konnte er nicht mehr als dunkle Schemen im Wasser ausmachen. Es hätte jeder sein können. Soldaten, Seemänner, andere Gefangene oder Leute aus ihrer Gruppe. Stoisch paddelte er weiter, merkte aber selbst, dass er immer wieder nach unten gezogen wurde. Es war nicht seine vollgesogene Kleidung. Denn viel trug er nicht am Leibe. Er war barfuß. Man könnte meinen, diese spektakuläre Flucht würde genug Adrenalin freisetzen, um ihn eine Weile auf Kurs zu halten, doch dem war nicht so. Bei anderen mochte das der Fall sein. Doch in seinem Leben hatte er genügend brenzliger Situationen erlebt und sein Körper war an Adrenalin bereit gewohnt. Auch wenn Yaris kein Seemann war, so konnte ihn das hier nicht so sehr aus der Fassung bringen als dass das ausgeschüttete Adrenalin ihn aufputschen würde. Dem bisschen wirkte sein geschwächter Körper noch entgegen. Doch er war nicht gewillt, so abzutreten. Also zwang er seinen müden Gliedern seinen Willen auf.

„Nur nicht schlapp machen, alter Mann. Du schuldest mir noch was.“ Eine Braue erhoben wandte sich der dunkle Schopf und entdeckte unweit seinen alten Zellengenossen. Hatte dieser Grünschnabel ihn grad alt genannt? Die Braue sank wieder auf Normalniveau herab und der Attentäter wandte sich ab. Er schuldete ihm sein Leben – hin oder her. Seine Schuld erübrigte sich, wenn der da absaufen würde. Doch Yaris sprach seinen Gedanken nicht aus, sondern sparte sich seine nicht mehr vorhandenen Kraftreserven auf und paddelte stoisch weiter.
„Wir bekommen Gesellschaft.“ Yaris sah sich über die Schulter um, presste stöhnend die Lippen zusammen, da die Bewegung weitere schmerzhafte Impulse durch die blutenden Wunden schickte. Eigentlich sollte man meinen, dass nach so viel Schmerz die Rezeptoren durchgebrannt seien und man auch betäubt durch die Kälte nichts mehr spüren würde … weit gefehlt.
Die Gestalt war bis auf wenige Armeslängen herangekommen, bevor er sie überhaupt als diesen Gefangenen erkannte, der da zuletzt zu ihnen gestoßen war …

… und dann zerriss eine gewaltige Explosion die Nacht. Sekunden, die sich wie zäher Schleim zogen, in denen sich Yaris umdrehte und erkannte, was passierte. Bis er wirklich registrierte, dass … er ließ das Brett einfach los und sich sinken, als auch schon brennende Trümmer auf das Wasser regneten, wo er gerade noch getrieben war.
Keuchend stieß der Attentäter Augenblicke später durch die Wasseroberfläche. Er wischte sich die nassen Haare aus Stirn und Augen und schnappte sich eine umhertreibende Planke. Von dem Gefangenenschiff war nichts weiter als brennende Wrackteile übrig. An die Planke geklammert suchte er das Wasser um sich ab, um seine beiden Begleiter auszumachen.

{im Wasser mit Lucien und Farley, umgeben von teilweise brennenden Wrackteilen}



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Enrique de Guzmán - 04.09.2017

Kaladars Verwunderung, das leise Schnauben und dann dieser Vergleich hatten Enrique erneut schmunzeln lassen.

"Und wenn schon, unser unfreiwilliges Bad sorgt gerade für Besserung", meinte er provokant und grinste verwegen.

¡Por los dioses! Versuchte er den Sergeanten aufzuheitern? Was sollte das werden? Gemeinsam lachend in den Untergang? Kopfschüttelnd waren ihm die nächsten Worte über die Lippen gekommen. Dann hatte er das Gesicht verzogen, als er Skadis Schmerzen mitbekam.
Mit den Worten des Unteroffiziers kam Klarheit über das Geschehen in und um die Kapitänskajüte. Und damit war auch die Entscheidung gefallen:
Sie würden dem kleinen Fuchs und der Blonden auf das unbekannte Schiff folgen, so es denn käme und sie sie ließen.

Ein langer Blick zur Morgenwind zurück zeigte ihm, dass sie in Sicherheit waren, enthüllte ihm aber auch den erbärmlichen Zustand des Schiffes.
Wut und Schmerz mischten sich in seiner Brust, während seine Aufmerksamkeit an der Morgenwind wie festgemacht hing. Verflucht seist du bis in alle Ewigkeit Harper!
Wenigstens hatten die verbliebene Besatzung genug Zeit gehabt, die meisten Boote zu Wasser zu lassen und die Evakuierung war in vollem Gange als sie erneut bockte und die Menschen auf ihr wieder wie aufgescheuchte Ameisen panisch hin und her eilten. Aber es schien, als gäbe es Jemanden, der Ordnung in das Chaos brachte. Ravenport musste noch leben und an Bord sein. Enriques Respekt vor diesem jungen Adligen wuchs in ungeahnte Höhen.

Dann zerriss die Explosion die Nacht.

Blendend grell zerrte sie Alles aus den Schatten und enthüllte gnadenlos das Schauspiel des Todes, zumindest für jene, die nicht in ihre Richtung geschaut hatten. Gehobenen von einem Wellenkamm lagen Enrique und Kaladar für Liam (und vielleicht auch für einige der anderen Befreier und Befreiten) wie auf einem Präsentierteller. Auch war der Lockenkopf nahe genug um das in seine Richtung gewandte Gesicht des Dunkelhäutigen eindeutig zu erkennen, der schützend den Arm über den Sergeanten riß und gleichzeitig den Kopf einzog. Schräg dahinter, einem blutigen Engel gleich, stand überraschend nah die Sphinx.

Kurz darauf kehrte schlagartig die Dunkelheit zurück und blendete sogar jene kurzfristig, die bis jetzt nicht betroffen waren. Und mit ihr kamen die Trümmer wie Hagel der Verdammnis über die Schiffbrüchigen, die nicht wie sie, weit genug fort waren.

Der 2. Leutnant blinzelte wütend und knurrte erbost. Das leise 'Danke' seines Begleiters überhörte er fast und drückte erst mit Verzögerung zur Antwort leicht die Schulter.

"¡De Nada!", grummelte er, immer noch darum bemüht, seine Augen wieder an die erneut herrschende Nacht zu gewöhnen.

Wenn sie hier weg wollten, dann musste er sehen können. Zu seinem Glück hatte er angestrengt die Augen zu schmalen Schlitzen verengt um vielleicht doch das eine oder andere Detail auf der Morgenwind zu erkennen, so dass seine Sicht schnell zurückkehrte.
Doch was er sah erfüllte ihn mit Entsetzen. Die hintere Hälfte des Schiffes war fort, was noch übrig war verschwand rasend schnell im Meer und zog unerbittlich an der sich sträubende andere Hälfte. Die Wahrscheinlichkeit, dass hiermit der einzigen anderen tüchtigen, nautischen Offizier der Morgenwind soeben aus dem Leben geschieden worden war, ging gegen 100%. Und mit ihm die anderen Getreuen...

Den sich nähernden klatschnassen Lockenkopf registrierte er nicht und sollte Liam etwas zu ihm sagen bekam er nur eine fahrige Geste als Erwiderung.

Und Doch hatte Enrique keinen Kopf dafür über diese Tragödie jetzt nachzudenken, weder über die Sphinx, noch über die Kälte des Wassers, noch über ihre neue Gesellschaft, denn Enriques Gedanken kreisten weiterhin um die Problematik des Überlebens und rasten von einer möglichen Lösung zur nächsten.
Von wo käme ihre mögliche Rettung? Wahrscheinlich wären sie der Morgenwind gefolgt und hielten sich in Luv um besser verschwinden oder kämpfen zu können, so etwas schief oder auch alles gut ginge. Damit wäre sie recht einfach zu finden.
Er wandte den Kopf und sah zum ersten Mal die noch näher gekommene Sphinx, wie sie langsam in und dann aus dem Lichtkreis glitt und beidrehte. Zum Verband gehörte dieses Schiff definitiv nicht. War sie das? Wenn nicht, wollte er einen Besen fressen. Aber egal wer es war, dieses Schiff war neben der Marine ihre einzige Rettung.

Allerdings müssten die Retter sie auch finden können. Nur: Wie sollten Augen schwarze Punkte in Schwarzer See sehen? Auf jeden Fall mussten sie näher ran.
Entschlossen änderte er die Richtung auf die Sphinx und damit schräg an Liam vorbei und auf die Anderen zu, während er das Problem in seinem Kopf hin und her wälzte. Wenn Sie nur die Möglichkeit hätten mit Licht auf sich aufmerksam machen!
Seine Pistole war nass, ebenso alles an Stoff, was er dabeihatte. Trockenes Pullover hatte er, aber nicht genug, um die Waffe funktionsfähig zu bekommen. Und selbst wenn, das Mündungsfeuer wäre mitunter falsch verstehbar. An eine Schiffslaterne hatte er nicht gedacht und ob sie nach dem Sturz ins Wasser noch gebrannt hätte? Sie hier in der See zu entzünden könnte er vergessen, selbst wenn er denn eine gehabt hätte.
Blieb also nur Laut geben. Sich blindlings in der Nacht heiser schreien in der Hoffnung, die Retter würden sie—

"¡Fuego!"

Hätte er die Hände frei gehabt hätte er sich eine vor den Kopf geschlagen.
Die brennenden Trümmerstücke verbreiteten mehr als genug Licht, sie mussten es nur nutzen!
Also steuerte er ihren schwimmenden Halt zu dem nächsten in Flammen stehenden Überrest.
Dort angekommen zog er das ungefährliche Ende zu sich heran. Im nächsten Wellental schwenkte ein schwarzer Schemen ein nasses Tuch. Vielleicht gehörte der zu ihnen. Er nahm sich nicht die Zeit nachzuschauen.
Soweit so gut. Nur wie damit das Schiff mit den roten Segeln erreichen? Oder mit dem Leuchten der Flammen?
Mit der Lösung kehrte auch das Grinsen auf Enriques Gesicht zurück. Gut, dass er den Säbel nicht aufgegeben hatte!
Umständlich zog er die Waffe, während er gleichzeitig Kaladar festhielt, damit der nicht von der Planke rutschte, und das brennende Holzstück daran hinderte abzutreiben.

"Bleib ruhig liegen, ich brauche nur etwas möglichst Trockenes, damit wir unsere Retter besser auf uns aufmerksam machen können", wandte er sich an Skadi.

Dann, nachdem er den Säbel an der Schulter von Kaladars Uniformjacke so gut abgetrocknet hatte wie es eben ging, hielt er die spiegelnde Klinge zwischen sich und die Flammen und konzentrierte sich darauf das Licht rhythmisch dorthin zu reflektieren wo die Sphinx sein musste.


{ Im Wasser | steuert sich und Skadi wieder näher zu den Anderen | bleibt außerhalb der Sogzone |
|
| am Ende immer mal wieder sicht- und bedingt hörbar für Talin, Shanaya und Aspen | bei Skadi und Liam | spiegelt Licht zur Sphinx |
|
| durch das brennende Holzstück für anderen Schwimmer erkennbar }



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Trevor Scovell - 12.09.2017

Er war aufgeregt. Obwohl er nichts lieber wollte, als endlich zu diesem brennenden Marineschiff zu kommen, vergaß er im Minutentakt, was eigentlich seine Aufgabe gewesen war, lies alles stehen und liegen und rannte zur Reling. Mal hing er fast bis zu Hüfte darüber, einmal gelang es ihm sogar, darauf zu klettern und sich heftig schwankend und wankend auf die Zehenspitzen zu stellen. Er hätte vermutlich auch noch versucht, weiter hoch in die Wanten zu kommen, hätte ihn nicht immer jemand gerade noch rechtzeitig erwischt und zurück auf seinen Platz geschleift. Immerhin war er bei jedem seiner Ausflüge unabsichtlich so umsichtig, auch seine Freunde an Bord über die Ereignisse auf dem Laufenden zu halten.

Da is schon wieda was explodiert! Habt ihr das gesehn, habt ihr das gesehn?!

Und: „Woah, da fliegen jetz voll die Trümma duch die Luft! Die brennen! Das is ja der Hamma, könn wir noch näher ran, noch ‘n bisschen, ein bisschen bisschen?!

Dabei selektierte sein Hirn zuverlässig unzuverlässig nur das heraus, was gerade interessant aussah. Manche Infos brauchten schier ewig, bis sie sich durch den Sumpf in seinem Schädel vorgekämpft hatten.

Ey, da sind Leute im Wasser! Der eine hat grade so ‘n brennendes Holzdings gegen den Schädel gekriegt! BÄM und weg war er! – Meint ihr, die andern, also die von uns, Shanny und Talin und Liam und so, die sind da auch im Wasser?! Oder auf dem Schiff?! Wenn sie noch auf dem Schiff sin, könn wir dann auch da rauf?! Ja? Ja?!

Seine begeisterten Rufe gingen zunehmenden in der Kakofonie aus Hilferufen, Schmerzensschreien und berstendem Holz unter, die immer mehr anschwoll, je näher sie dem Wrack kamen. Trevor seinerseits wurde immer aufgewühlter und lauter, er konnte kaum noch eine halbe Sekunde still stehen und was immer in dieser Zeit an Befehlen erfolgte, schaffte es nicht einmal zum einen Ohr hinein.

Guck ma, wie die rennen! Un da brennt‘s! Und da auch! Und da! Guck ma, die sin wie Hühnchen!

Er hatte sich erneut losgerissen und hüpfte selbst wie ein aufgescheuchtes Huhn auf dem Achterdeck herum. Die Sphinx glitt gerade am ehemaligen Heck der Morgenwind vorbei und er hatte zum ersten Mal einen wirklich annähernd perfekten Blick auf das, was einmal das Deck des anderen Schiffs gewesen war. Das heillose Chaos dort passte zu seinem Gemütszustand wie die Faust aufs Auge – Trevor war maßlos begeistert. Aber die meisten Soldaten waren viel zu sehr damit beschäftigt, sich über Bord zu stürzen und ihr Leben zu retten, um ihn zu bemerken. Nur vereinzelt erwiderte ein vor Schock Denkunfähiger sein Winken lahm. Eifrig hielt Trevor nach einem bekannten Gesicht Ausschau.

Seht ihr se?! Ich seh se nicht. Die sehn aba auch alle gleich aus!“ Er schüttelte enttäuscht den Kopf und vergaß, wieder damit aufzuhören, bis ihm schwindlig wurde. „Vielleicht sin sie ja unter Deck?! Da wo 'unter Deck' wa, als das Deck noch da wa, so da wa, wie‘s vorher da wa, mein ich. Wir solltn nachschaun! Hey, nich so schnell, sonst sin wir gleich wieda weg!

Aber man hatte entweder aufgegeben, ihn ins Vorhaben einzubeziehen, oder die entsprechenden Pläne waren einfach an ihm vorbeigezogen. Jedenfalls war die Sphinx im nächsten Moment schon an der Morgenwind vorbei. Trevor starrte den tanzenden Flammen einen Herzschlag lang ganz still und enttäuscht nach. Dann war die Option „Brennendes Marineschiff entern“ abgehakt und vergessen und Trevor stürzte zur gegenüberliegenden Reling und sofort wieder zurück, hauptsächlich einfach nur, um sich bewegen.

Vielleicht sind sie im Wasser!“, rief er dabei aufgeregt. „Bestimmt sind sie das, guckt ma, wie viele da sind! Einfach runtergehopst vom Schiff oder uuuuh vielleicht geschleudert, vonna Explosion oda so! Soll ich ma rufen?! SHAAAANNY!

Schon stand er wieder auf der Reling, eine Hand in die Wanten geschlungen, mit der anderen wild nach Gleichgewicht rudernd. Da entdeckte er etwas, gar nicht mal soo weit ihnen entfernt, zwischen den Wellen und den Trümmern und den halbtoten Ertrinkenden und er riss die Hand aus den Seilen und fuchtelte damit in die Richtung.

Ey, seht ihr da auch waaAAHH!

Im nächsten Moment dreht und drehte und drehte sich die Welt und dann machte es KLATSCH und dann wurde es nass und dann wurde es still.

Der Marineuniform-Schuh sank unter ihm in die Dunkelheit.
Trevor riss mehr verblüfft als erschrocken Augen und Mund auf und glotze auf die Luftblasen, die da gurgelnd herausblubberten. Schon atmete er den ersten Zug Wasser ein, dann den zweiten und erst da realisierte er, was gerade passiert war. Fast hätte er reflexartig noch ein drittes Mal nach Luft geschnappt, schaffte es gerade noch, die Kontrolle über diesen Teil seines Hirn zurückzubekommen und die Lippen aufeinander zu pressen. Hektisch begann er, mit Armen und Beinen zu strampeln, zu strampeln, zu strampeln ohne zu wissen, wo oben und unten war und um schließlich doch durch die Wasseroberfläche zu brechen. Prustend und hustend spuckte er das Wasser aus, seine Augen brannten vom Salz, seine Sicht verschwamm. Sein Körper fühlte sich mit einem Mal bleiern an – oder vielleicht auch einfach nur normal, als hätte er die enorme überschüssige Energie abgewaschen. Blinzelnd und schwer atmend sah er sich nach der Sphinx um, die bereits ein Stück an ihm vorbei gesegelt war. Er kam sich ziemlich bedeppert vor, fühlte sich aber erstaunlicherweise klarer bei Verstand als noch vor fünf Minuten. Instinktiv begann er mit den Schwimmzügen, die ihm so in Fleisch in Blut übergegangen waren, um nicht von der nächstbesten Welle wieder unter Wasser gedrückt zu werden.

… was Rotes, Flatterndes?“, beendete er keuchend seinen Satz, kaum dass er wieder genug Luft in den Lungen hatte. „Wie unsere Segel, bloß in klein. Irgendwo da drüben!


[ Auf der Sphinx; hüpft annähernd überall rum, am liebsten an der Reling auf der Morgenwind zugewandten Seite, muss von den anderen mehrmals zurückgezogen werden --> schließlich: Achterdeck, Reling --> Wasser || teilweise eventuell in Sicht- und/oder Hörweite von Talin & Shanaya || wird immer aufgewühlter und hyperaktiver, im Wasser dann etwas neben der Spur, aber wieder ansprechbar ]



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Farley Dunbar - 15.09.2017

'… weg vom Schiff...'

Das Rauschen der Wellen und der Tumult auf dem Schiff hinter ihm übertönten die Worte etwas, doch für einen Bruchteil einer Sekunde glaubte Farley, die Stimme klar und deutlich zu hören und einen der anderen Gefangenen zu erkennen. Ganz sicher war er sich nicht, klingelte doch immer noch die Explosion in seinen Ohren. Dennoch reichte es dem Dieb, um seine Schwimmbemühungen zu intensivieren und das Stück Holz, an das er sich noch immer klammerte, ein wenig schneller voranzutreiben. Es dauerte nicht lange, da kamen zwei Gestalten in Sicht. Erleichtert atmete er aus. Das hob seine Chancen ein wenig, doch noch aus dieser ganzen Misere zu entkommen. Dabei war sich Farley allerdings sehr wohl bewusst, dass er noch immer auf die Gunst dieser Gruppe angewiesen war, die er gar nicht kannte – und dass sie ihn jederzeit im Wasser zurücklassen konnten. Er musste sich irgendwie beliebt machen. Oder nützlich. Am besten beides zugleich. Während er noch fieberhaft darüber nachdachte, wie genau er das anstellen wollte, waren die beiden Schatten vor ihm deutlicher, größer und detaillierter geworden. Das waren die beiden Braunschöpfe, die aus der Zelle befreit wurden. Die, wegen denen also dieser ganze Tru... Er konnte den Gedanken nicht mehr zu Ende denken, denn hinter ihm begann es plötzlich mehrfach leise zu knallen. Farley hielt kurz inne und blickte keuchend über seine Schulter zurück, als plötzlich das halbe Schiff in die Luft flog. Er überlegte nicht, sondern ließ wie einer der beiden vor ihm sein Brett los, holte so viel Luft, wie er konnte und glitt ins Wasser hinunter, als er die ersten Wrackteile auf sich zufliegen sah. Alles schien in Bruchteilen von Sekunden gleichzeitig zu geschehen.

In diesem Moment war Farley beinahe froh, dass er auf einer Insel aufgewachsen war – und dass das Schwimmen zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Kinder auf Raízun gehört hatte. Er öffnete unter Wasser die Augen und versuchte, sich im Dunkeln halbwegs zu orientieren. Als er lostauchte war er sich allerdings kaum sicher, ob er in die richtige Richtung schwamm. Immer wieder entwichen ihm kleine Luftbläschen zwischen den Lippen, während er sich mit kräftigen Armzügen unter Wasser vorwärts schob. Erst, als er schließlich zwei Beinpaare vor sich wahrnahm, ließ er die Luft komplett entweichen und tauchte auf, in der Hoffnung, dass das meiste des brennenden Wrackregens schon niedergegangen war. Prustent kam der junge Dieb an die Wasseroberfläche, nur knapp einen Meter von den beiden Ausbrechern entfernt. Hastig wischte er sich Haare und Wasser aus den Augen und suchte nach einem neuen Stück Treibholz, an dem er sich festhalten konnte – und welches nicht brannte. Er musste noch einige Zentimeter näher schwimmen, bis er zumindest eine kleine Planke erwischt hatte. Dann hatte er endlich Zeit, sich seinen beiden neuen Kumpanen zu widmen.

„Eins muss man Euch lassen, Ihr habt einen gesunden Hang zur Dramatik“
,

keuchte er, ein wenig außer Atem nach der anstrengenden Schwimmeinlage. Er warf wie einige Minuten zuvor einen Blick zurück zum Schiff – allerdings war dort kein Schiff mehr. Zumindest nicht das, von dem sie geflohen waren. Stattdessen enthüllte sich ein anderer Rumpf, mit roten Segeln. Das war ganz sicher kein Marineschiff – und hatte Stil, das musste er zugeben. Farley wandte den Blick ab und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Herren bei sich.

„Wir sollten zusehen, dass wir Eure Freunde auf uns aufmerksam machen. Sonst verpassen wir womöglich noch unsere Mitfahrgelegenheit.“

Er warf einen Blick auf den älteren der beiden, der offensichtlich damit kämpfte nicht das Bewusstsein zu verlieren. Farley war versucht ihm unter die Arme zu greifen und ihn zu stützen, ließ es aber vorerst – er kannte den Mann nicht, womöglich reagierte er aggressiv auf Hilfsversuche. Manche Gauner waren da... speziell.

[Bei Lucien und Yaris | hat Enriques Feuerzeichen noch nicht gesehen]



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Gregory Scovell - 19.09.2017

Warum mussten sich ausgerechnet jetzt alles so schnell bewegen?
Trevor konnte er im ersten Moment nur hinterherschauen, trotz dessen Schlangenlinien, denn als er ihm gerade folgen wollte wurde er von dem Aussätzigen? (jedenfalls behandelten die anderen ihn die meiste Zeit so) fast umgeworfen und einen Augenblick später drückte Rayon seine Besorgnis aus und klopfte ihm dann auch schon auf die Schulter.

Die Antwort kannte Gregory nur zu gut.
Zum einen bewegte er sich derzeit langsam und seine Aufmerksamkeit hatte gelitten. Zum anderen hatten sie ein gewaltiges Problem:
Plan Nummer 1 der Befreier hatte nicht funktioniert und Nummer 2 bis X auch nicht. Falls sie die überhaupt hatten. Goddess, er hatte wirklich nicht viel von der Planung mitbekommen, geschweige denn behalten.
Jetzt sank die Morgenwind nach einer Explosion, sie hatten keine Ahnung, ob überhaupt noch jemand lebte, also mussten sie so schnell als möglich ran an den Feind, die hoffentlich Überlebenden retten und abhauen, bevor die beiden anderen Schiffe sie und die Trümmer erreichten.
Und zu allem Überfluss drehte der auffrischende Wind und gefährdete ihre Luvposition.
Sie hatten einfach keine Zeit sich langsamer zu bewegen.

"Wenn du willst, dass ich schlafe, dann mach gefälligst das nächste Mal nicht so viel Lärm! Du weckst sonst noch Tote damit auf", erwiderte er mit schiefen Grinsen Rayons milde Rüge, fing den Wasserschlauch und nahm einen kräftigen Zug, auch wenn er damit rechnete, etwas anderes darin zu finden.
Rayons Willkommen und das Lächeln aber waren die beste Medizin für den Augenblick. Er wurde gebraucht und sein Kamerad war dankbar für seine Hilfe.

"Danke."

Er reichte den Trinkbeutel zurück, atmete tief durch und ruckte den Kopf Richtung Segel.

"Dann lass uns!"

Erstaunlicherweise bereute er diese Kopfbewegung nicht ansatzweise so sehr, wie er in dem Moment befürchtete, wo er sie machte, denn sie verstärkte sein Schwindeln nur ein bisschen. Ob der Smutje das mitbekommen hatte? Falls ja würde er jetzt, wo sie nach vorne eilten wohl doch noch was zu hören bekommen.

***

Dann aber waren sie auch schon mitten in der Arbeit. Und mit ihr brachte sein Körper Energiereserven zum Vorschein, mit denen er nicht gerechnet hatte. Rayons Essen hatte ihn also besser gepäppelt, als erwartet.
Segel auslassen, setzen, das Schiff an den Wind bringen und ran an den Feind. Dabei auf Trevor achten war nicht einfach, denn immer wieder gelang es Gregory nur gerade so ihn einzufangen. Mal gerade dann, wenn er seine Aufgabe fahren lassen wollte, dann auf halber Strecke oder erst an der Reling. Ohne Rayons gelegentlichem Eingreifen hätte der Braunhaarige aber auch das nicht geschafft, den so viel Adrenalin wie er auch im Blut hatte, so drastisch war meist auch der Schmerz in seinem Oberschenkel, der ihn hin und wieder zum innehalten zwang, wenn er das Bein überanstrengte. Aufhören oder auch nur eine Pause zu machen kam aber nicht in Frage. Also biss er die Zähne zusammen und knurrte ein ums andere Mal:

"Mir geht's gut!",

mal zu sich selbst, mal zu einem besorgt dreinschauenden Rayon oder wer auch immer ihn dann ansah.
Die kleineren Explosionen wirkten fast wie ein befremdliches Leuchtfeuer, das heller wurde, um ihnen den Weg zu ihrem Ziel zu weisen — oder ebenfalls in den Untergang.
Gregory wurde, als es die Pulverkammer erwischte, kurz völlig geblendet. Fluchend ruderte er mit den Armen, bis er etwas zum Festhalten fand und blieb ersteinmal stehen. Pfeifende Geräusche drangen kaum hörbar zu ihnen herüber und den Feuerregen aus Wrackteilen sah er nur verschwommen, während er gegen die Schwärze der Nach anblinzelte.
Gar nicht gut!
Weder seine Sicht, noch das, was dem anderen Schiff widerfahren war.
Dann, sowie er sich wieder einigermaßen zurechtfinden konnte, war er wie die anderen erneut mit vollem Einsatz dabei: Segel runter wo nötig oder in den Wind, alles so belegen, dass sie die Sphinx so schnell als möglich wieder in Bewegung kriegen konnten.
Trevors Hinweis auf die von den Trümmern erschlagene Gestalt schnürte ihm die Kehle zu. Hoffentlich war das keiner von ihnen!

***

Erst als er mit Rayon dabei war das Beiboot zu Wasser zu lassen bekam er einen klaren Blick auf die Szenerie.

"By Thunder!", keuchte er und sein Verstand fing sofort an ein düsteres Szenario nach dem Anderen zu entwerfen, als er plötzlich mitbekam, das Trevor den Halt verlor.
Er reagierte ohne groß zu überlegen.

"LASS FALLEN!", rief er, zählte eins, zwei und ließ los.

Wenn Rayon schnell genug war, dann würde das Beiboot einfach nur das letzte Stück fallen, wenn nicht, so hoffte Gregory, dann wäre es hoffentlich weit genug unten, um lediglich ein wenig schräg aufzukommen und so nur ein bisschen Wasser übernehmen...
Denn Trevor konnte zwar schwimmen, aber ob er das bei Nacht und im betrunkenen Zustand auch schaffte? Was, wenn er sich gerade den Kopf gestoßen hatte?
Der Braunhaarige schob den Gedanken bei Seite und griff nach seinem Gürtel um ihn zu lösen. Derweil hetze er auf die Stelle der Reling zu, wo sein Bruder eben noch gehangen hatte.

"ICH ÜBERNEHME DAS RETTUNGSBOOT, IHR FINDET HERAUS, WO UNSERE LEUTE SIND!"

Jedenfalls wäre es das Einfachste, wenn sie das so machten, denn kaum war er das Gewicht der Waffen los, da hechtete er auch schon Trevor hinterher.

Kurz darauf tauchte Gregory wieder auf, sah sich um und entdeckte zu seiner Erleichterung, dass der Wirrkopf keine vier Meter von ihm entfernt an die Oberfläche gelangt war und, mit einem Blick hinter sich, dass auch das Rettungsboot richtig im Wasser lag. Kurz versicherte er sich, dass sein Bruder nicht wieder unterging, dann schwamm er zum Boot und zog sich über das hintere Ende hinein.

"TREVOR! Hier her! Und Dann sag mir wo!", rief er, dann nach oben: "SEHT IHR SIE? WO MÜSSEN WIR HIN?"

Wieder überlegte der Braunhaarige wie sie es schaffen sollten in der Dunkelheit die Gesuchten schnell zu finden und mühte sich mit der Hand die protestierenden Muskeln in seinem Oberschenkel zu beschwichtigen. Das würde noch eine richtige Herausforderung werden...


{ Erst auf dem Hauptdeck der Sphinx, dann kurz im Wasser und schließlich im Rettungsboot |
|
| in guter Sicht- und Hörweite Trevors | in Hörweite von Greo, Rayon und Ryan | möglicherweise hin und wieder in Sicht- und Hörweite von Talin und Shanaya }



RE: Kapitel 3 - Freiheit oder Tod - Lucien Dravean - 26.09.2017

Trotz der Anspannung, die seine Mimik verhärtete und dem 21-Jährigen einen kantigen Zug verlieh, verzog er in einem kurzen Anflug von Belustigung den Mundwinkel. Ganz wie erwartet erhielt er keine Reaktion auf seine Worte, außer, dass er sich bei dem Gedanken, vermutlich nicht alleine vor Erschöpfung abzusaufen, tatsächlich besser fühlte. Sein neuer bester Freund wusste es vermutlich nicht, aber geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid, dachte er in einem seiner zynischen Momente.
Dann kehrte seine Aufmerksamkeit zu dem Fremden zurück, der sich ihnen unaufhörlich näherte und den jetzt auch der Attentäter ins Visier nahm. Er war gerade so weit an die beiden Männer aus Kelekuna heran gekommen, dass Lucien ihn als Gefangenen identifizieren konnte, als mehrere kleine Explosionen seinen Blick zurück auf die Morgenwind lenkten.
Wenige Sekunden später blendete ihn ein Lichtblitz, begleitet von einem Ohren betäubenden Knall. Reflexartig wandte der Dunkelhaarige das Gesicht ab, die Augen gegen die unerwartete Helligkeit fest geschlossen. Erst, als es hinter seinen Lidern wieder dunkler wurde, wagte es, erneut hinzusehen. Gerade rechtzeitig, um sich mit einem leisen Fluch vor dem Feuerregen in Sicherheit bringen zu können.
Ohne lange nachzudenken holte Lucien tief Luft und tauchte unter. Sein Arm rutschte dabei von der Planke, an der er sich festgehalten hatte, bis nur noch seine Fingerspitzen am Holz lagen und verhinderten, dass ihm seine Schwimmhilfe auf nimmer Wiedersehen davon trieb.
Als er unter Wasser die Augen öffnete und gegen den Auftrieb ankämpfend nach oben sah, sanken die brennenden Wrackteile wie flammender Regen auf die Wasseroberfläche und erloschen dort schlagartig. Ein oder zwei Stücke – er konnte es gegen die Taubheit und den Schmerz in seinem Körper nicht mit Bestimmtheit sagen – streiften dabei seine Fingerrücken und sandten ein scharfes Glühen durch seine kalte Hand. Er ließ dennoch nicht los, tauchte Herzschläge später wieder durch die Oberfläche in der Hoffnung, den schlimmsten Teil des Wrackregens hinter sich gelassen zu haben.
Glücklicherweise war dem so.

Sein Blick suchte erneut die Morgendwind - oder das, was von ihr übrig war. Ihr Heck fehlte, der Teil des Schiffes, wo es begonnen hatte, bestand lediglich noch aus zerfetzten Planken. Und das Wasser eroberte nun ungehindert jeden noch mit Luft befüllten Bereich, um das Schiff in die Tiefe zu ziehen.
Einen Moment lang war er tatsächlich sprachlos über das, was Talin mit ihrer Mannschaft da angerichtet hatte. Dann drang eine Stimme in seinen Verstand vor, die er schnell als die des fremden Gefangenen erkannte. Er war kaum einen Meter von ihm und dem Attentäter entfernt wieder aufgetaucht – vermutlich, weil auch er sich unter Wasser in Sicherheit gebracht hatte, als die Fregatte explodierte. Nun zwangen seine Worte den 21-Jährigen zu einem leisen Schnauben. Schwer zu sagen, ob aus Spott oder Belustigung. Vermutlich ein bisschen von beidem. 'Gesund' war vielleicht nicht das Wort, das er dafür gefunden hätte. Aber ansonsten konnte er ihm kaum widersprechen.
Noch einmal kehrte sein Blick zu der Marinefregatte zurück...
…und blieb an dem Schiff hängen, das aus der Dunkelheit hinter ihr erschien.

Ich fasse es nicht...“, entfuhr ihm unwillkürlich.
Ein halb ungläubiges Lachen lag in seiner Stimme, als sein Blick die Masten des Neuankömmlings hinauf wanderte und dort leuchtend rote Segel entdeckte. Kein Zweifel, dass das jenes Schiff war, von dem Talin gesprochen hatte. Nicht mit diesen Segeln. Ihr Plan hatte funktioniert. Und er würde verdammt noch mal entkommen.
Verrücktes Mädchen! Sie hat es tatsächlich geschafft.

So viel mehr steckte hinter diesen Worten, als die bloße Tatsache, dass sie ihn aus der Gefangenschaft befreit hatte. Grinsend schüttelte er den Kopf, von einem unerwarteten Schwung neuer Energie erfüllt. Sie hatte es geschafft. Talin.
Die Stimme des Fremden riss ihn wieder zurück in die Gegenwart und die tiefgrünen Augen richteten sich auf den Mann, der ihnen gefolgt war, musterten ihn noch einmal gründlich, ehe er nickte. Er mochte diesen Mann nicht kennen, aber das war ja mit dem Attentäter und Talins Begleitern nicht anders. Einer mehr oder weniger – was machte das schon? Bestensfalls hatten sie zwei Hände mehr zum Anpacken. Schlimmstenfalls konnte man ihn immer noch von Bord werfen.
Die Entscheidung war bis auf Weiteres gefällt und er richtete den Blick auf das deutlich kleinere Schiff, das zu ihrer Rettung gekommen war. Talin hatte er aus den Augen verloren, kurz nachdem er ihr ein paar Worte hatte zurufen können und er entdeckte sie auch jetzt in der Dunkelheit über die kaum kopfhohen Wellenkämme hinweg nicht.
Dafür entdeckte er ein anderes Signal, nicht einmal sonderlich weit von ihnen entfernt. Ein Lichtreflex, der zu rhythmisch aufleuchtete und wieder erlosch, um natürlichen Ursprungs zu sein. Und wenn er sich nicht täuschte, galt das Licht dem neu angekommenen Schiff.

Da drüben! Ich glaube, das sind sie.

Lucien zog sich wieder ein Stück auf seine Planke und deutete nach vorn, ehe ein auffordernder Blick seinen beiden Begleitern galt. Und selbst im schwachen Licht der brennenden Fregatte konnte man das energiegeladene Leuchten in seine Augen erkennen.

Na los.

Damit setzte er sich in Bewegung.

[Im Wasser | unmittelbar bei Yaris und Farley | hat Enriques Lichtzeichen entdeckt | schwimmt auf Enrique und Skadi zu | nicht weit von Liam]