Inselwelten

Normale Version: A mind needs books like a sword needs a whetstone
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Die Taverne war ja auch noch ein maßgebender Anhaltspunkt, den Soula unbedingt aufsuchen wollte. Sie wollte sich das Anschlagbrett anschauen, ob es eine Crew gibt, die Mitglieder sucht. Bestimmt konnte man davon abgesehen auch mit Seefahrern ins Gespräch kommen. Das erhoffte sich die Dunkelhaarige zumindest. Sie war in den letzten Tagen um einiges offener geworden, das war aber auch nötig, um Bekanntschaften zu schließen und jemanden zu treffen, mit dem sie endlich diese Hafenstadt verlassen konnte. Zeit war einfach alles, was ihr gerade davon lief. Nichts desto trotz war Soula gerade vertieft darin, einer Gruppe beim Spielen zuzusehen. Natürlich, sie sollte sich davon fern halten. So ein Ort war sicher der Erste, wo nach ihr gesucht wurde. Sie konnte ihre Augen allerdings nicht von dem Spiel abwenden und sah gespannt dabei zu. Vielleicht konnte sie ja auch noch etwas dabei lernen. Es kribbelte ihr ungemein in den Fingern, sich einfach dazu zusetzen, ihren Einsatz zu nennen und dem Spiel seinen Lauf nehmen zu lassen. Aber nein. Sie hatte es sich und auch Loki versprochen, dass sie von Glücksspiel die Finger lassen würde. Zuschauen war aber weg von diesem Versprechen und so lange es nicht um Geld und andere Kostbarkeiten ging, war das alles noch im Rahmen.


Soula hatte sich etwas erhöht hinter den Tisch des Geschehens gesetzt und hatte damit einen recht guten Blick. Es war eher im hinteren Bereich der Taverne, sodass man beim Eintreten die Spieler nicht direkt sehen kann. Ihr Getränk hielt sie in ihrer Hand und es schien fast, als würde in naher Zukunft ein Gewinner feststehen.

James Killigan

Eigentlich hatte sich an seinem Tagesablauf nicht viel geändert. Statt von Taverne zu Taverne zu ziehen und anschließend wieder in sein eigenes Bett zu fallen, hatte sich James ein Bett in einem Hotel in der Nähe gesucht, weil er nach wie vor seinen Wetteinsatz einlösen wollte. Als ganz so einfach und komplikationslos stellte sich dies aber leider nicht heraus. So hatte er nun schon den zweiten Tag in Folge verbracht ohne einen Kontakt zu einem Piratencaptain herstellen zu können. Um sich davon abzulenken hatte James an diesem Abend beschlossen seinem liebsten Hobby nachzugehen. Dem Spielen. So fand er sich in einer nahegelegenen Taverne wieder, umringt von einigen anderen Männern dem so Spaß daran hatten ihr Geld beim sinnlosen Kartenspielen zu verlieren. Bisher war das Glück ihm hier hold gewesen, ganz im Gegensatz zu seinem sonstigen Vorhaben. Aus diesem Grund setzte er nun eine nicht zu verachtende Geldsumme aus so einem kleinen Geldbeutel. Er hat nur noch wenige Karten in seiner Hand, gleich würde sich also zeigen ob das gut im Wald erholt bleib.
 
Zwar war James sehr auf seine Mitspieler fixiert, um aus jeder kleinsten Gesichtsregung heraus lesen zu können ob der Gegner eine gute oder schlechte Hand hatte, dennoch fand er Zeit seinen Blick hin und wieder durch die Taverne schweifen zu lassen, auf der Suche nach einer billigeren Nachtgesellschaft als die Huren im Bordell. Nicht zum ersten Mal fiel sein Blick dabei auf ein junges Mädchen mit dunklen lockigen Haaren, dass einerseits so wirkte als hätte sie hier in so einer Spelunke rein gar nichts zu suchen und gleichzeitig so aussah als würde sie ihre Zeit öfter in solch Gesellschaft verbringen. Ihre Körperhaltung war relativ entspannt, etwas was er von einer jungen Frau, die nicht dem horizontalen Gewerbe nachging, nicht unbedingt erwarten würde. Das machte James neugierig. Bedeutete ihre entspannte Haltung nun dass sie doch eine der Damen aus dem Freudenhaus war oder war sie einfach nur ein gewöhnliches junges Mädchen mit einer ungesunden Portion Neugierde? 
 
Auch in James eindeutig zu lange den Faden im Spiel verloren hatte, gaben seine Mitspieler nun auf und legten ihre Karten mit einem enttäuschten Seufzer nach und nach auf die Tische, während sie ihren Blick gespannt auf den Dunkelhaarigen gerichtet hielten. Ein Lächeln breitete sich auf James‘ aus , bevor er ebenfalls seine Karten niederlegte und damit den anderen Mitspielern deutlich machte dass sie gegen ihn sehr wohl eine Chance gehabt hätten. Nun aber konnte er die auf dem Tisch liegenden Goldmünzen einsammeln und triumphal in seinem Geldbeutel verstauen. Mit einem mit einer kurzen Bemerkung entschuldigte sich der 32 jährige bei den anderen und deutete gleichzeitig der Bedienung in der Taverne an für die ganze Runde ein paar Bier ausgeben zu wollen. Die kurze Pause die die anderen zum Trinken ihres Trost Getränkes nutzen würden wollte er selbst nutzen um seine unbändige Neugierde zu stillen. Die Bedienung war schnell und brachte den Männern das Bier und auf James‘ Geheiß hin auch der Dunkelhaarigen jungen Frau, der er jetzt zuprostete. Wenn sie sich jetzt nicht erschrocken abwendete, würde er es wagen sie anzusprechen.
Amüsiert beobachtete Soula die Männer. Ja, sie kannte das Vorgehen, das Bluffen, es war ihr so vertraut und sie vermisste es sehr. Vermutlich fiel ihr deswegen das Lügen so leicht. Was? Nein, ich spiele nicht mehr! Anfangs wurde ihr diese Lüge geglaubt. Irgendwann konnte sie ihre Spielsucht vor ihrer Familie aber nicht mehr verstecken. Tja, so war das Leben eben und nun war sie hier und versuchte sich im Zaum zu halten. Sie hatte sich ein kontrolliertes Auftreten angewöhnt und reagierte bedacht. Das half ihr jetzt ihre Sucht im Griff zu behalten, auch wenn sie immer deutlicher wurde. Es gelang ihr sie zu unterdrücken. Außen sah man nur, dass sie etwas nervös mit ihrem Becher herumspielte. Das konnte aber auch damit zu tun haben, dass sich das Kartenspiel dem Ende neigte und es sehr spannend war. Der Dunkelhaarige blieb standhaft und sie sah ihm schmunzelnd dabei zu, wie er vorgab ein gutes Blatt zu haben. Soula wusste nicht, ob er es nur vorgab, sie saß ihm gegenüber. Vielleicht hatte er auch ein gutes Blatt. Dann wandte ihr Blick wieder in die Blätter der anderen. Sie bemerkte nichts davon, dass er immer mal wieder zu ihr rüber sah. Ein einziges Mal fing sie kurz seinen Blick ein und schenkte ihm ein warmes Lächeln. Sie fühlte sich an diesem Ort nicht unwohl. Im Gegenteil.

Dann wandte sie sich wieder dem Geschehen zu, denn einer der Männer schien aus dem Spiel aussteigen zu wollen. Sie nahm einen Schluck aus ihrem Becher und ehe sie sich versah war der Fremde, mit dem sie zuvor kurz Blickkontakt hatte, der letzte in der Runde, der Karten in der Hand hatte. Sie beobachtete ihn mit einem amüsierenden Schmunzeln, wie er seine Hand, ohne sie aufzudecken, auf den Tisch legte. Ein Bluff also. Ein gutes Spiel, das musste sie schon zugeben. Wie ein guter Gewinner spendierte er den Verlierern eine Runde. Auch das war sicher ein guter Schachzug, sonst würden sie vielleicht bei der nächsten Gelegenheit mit Gewalt ihr Geld zurück holen. So eine Besänftigung war aber immer gut, das wusste sogar sie. Die Schankmaid brachte kurz darauf einige Biere an den Tisch und verteile sie an die Männer. Anschließend kam sie zu ihr und man konnte Soulas verwirrten Blick deutlich sehen, denn sie hatte das definitiv nicht bestellt. Die Schankmaid deutete auf den Dunkelhaarigen und meinte, dass es von ihm sei. Die Verwirrung wandelte sich in Überraschung und sie sah zu ihm hinüber. Etwas unschlüssig, ob sie es annehmen sollte, prostete sie schließlich zu ihm zurück. Zu einem Bier würde sie nicht nein sagen. Sie hatte nicht das Gefühl dadurch irgendwem etwas schuldig zu sein, solche kleinlichen Gefühle hatte sie während ihrer Spielkarriere abgelegt. Mit seinem Geld konnte doch jeder machen, was er wollte. Käuflich war die Diebin demnach nicht.

James Killigan

So recht konnte James nicht benennen was ihn an der fremden jungen Frau faszinierte. Sie wirkte einerseits so völlig fehl am Platz und gleichzeitig als würde sie genau in diese verrauchte, miefende Spelunke gehören. Sicher, wenn man ihn so ansah würde man vermutlich über ihn das gleiche sagen. Die Kleidung viel zu edel für eine solche Kneipe, in der das Bier billig und die Besucher oft viel zu durstig waren. Wie viele von den Leuten um ihn herum ihn ohne mit der Wimper zu zucken wohl bestehlen würden?
 
Jedenfalls wandte sie den Blick nicht scheu ab als er sie – wieder einmal. – beobachtete. Nein, sie schenkte ihm auch noch ein Lächeln. Fest stand: sein Interesse war geweckt, vielleicht sogar sein Jagdinstinkt. Immerhin war die Frau hübsch und schien sogar noch alle Zähne zu haben, was man hier nicht von jeder Frau behaupten konnte, egal ob jung oder alt. Als sie aus dem spendierten Bier trank und ihm vorher sein wortloses „Cheers“ erwiderte, reifte in James der Entschluss sich wirklich zu ihr zu gesellen. Trotzdem wartete er noch einen Moment, tauschte mit seinen Mitspielern einige derbe Zoten aus und erhob sich erst dann von seinem Stuhl, um mit dem Bierkrug in der Hand auf Soula zuzugehen. James wäre aber nicht James, wenn er sich nicht ordentlich vorstellen würde, bevor er sich zu der jungen Dame setzte. Deshalb streckte der beide Arme zu den Seiten von sich – dabei darauf achtend dass er sein kostbares Getränk nicht verschüttete – und verneigte sich betont tief vor der Dunkelhaarigen Frau. 
 
James Killigan, zu Euren Diensten, Miss. damit erhob er sich wieder aus seiner Verbeugung und deutete mit der freien Hand auf den freien Platz neben ihr.
 
“Darf ich euch ein wenig Gesellschaft leisten? Eine so hübsche Frau wie Ihr es seid, sollte nie lange allein sein.“ 
 
Streng genommen sollte eine unverheiratete Frau niemals allein sein, aber wen kümmerte das hier schon. Um sie von der Attraktivität seines Angebots – und vielleicht auch seiner selbst – zu überzeugen, lächelte James noch breit und wartete geduldig auf ihre Reaktion.
Eigentlich wollte Soula sich nur ein bisschen ablenken und anschließend zu Loki zurückkehren. Sie war nicht darauf vorbereitet gewesen, was nach dem Spiel passierte. Klar, als Frau war sie nicht gerade unscheinbar, aber so unbemerkt, wie sie sich ihren Platz gesucht hatte, hätte sie eigentlich auch erwartet, dass sie ihn so wieder verließ. Aber nein. Der Gewinner der Runde hatte sie bemerkt und sie eingeladen. Vielleicht konnte das dann doch noch ein amüsanter Abend werden, auch wenn sie nicht lange bleiben sollte. Im hinteren Eck der Taverne fühlte sie sich allerdings ganz wohl. Soula kannte diese Gesellschaften gut. Man konnte sich unterhalten, amüsieren, aber für mehr war sie da definitiv nicht zu haben. Sie hatte aber definitiv auch Lust sich mal wieder zu amüsieren. Viel zu sehr hatten sie in der letzten Zeit auch wieder die negativen Gedanken eingeholt. Soula beobachtete nicht nur dem Fremden, der dann auf sie zukam, sondern auch den Rest der Gesellschaft. Sie behielt jeden einzelnen genau im Blick, damit sie einer unangenehmen Situation entkommen konnte, wenn es sie geben würde. Das war ihr auch schon oft genug gelungen, als sie damals Spielsüchtig war. Ihren Dolch hatte sie Griffbereit und sie würde sich definitiv zu verteidigen wissen.

Als er sich verbeugte, war die Dunkelhaarige aber erneut überrascht. So hatte sich ihr selten jemand vorgestellt. War er etwa von höherer Geburt? Was machte er dann hier am Spieltisch? Sie nickte ihm aber höflich zu und lächelte. James Killigan. Sogar mit seinem Nachnamen stellte er sich vor. Der Platz neben ihr war durchaus frei. Soula war aber bedacht, dass er sie nicht einengte und sie jeder Zeit verschwinden konnte, wenn sie es wollte. Durch die offenen Tische war das aber kein Problem. Sie nickte erneut.

„Setzt Euch. Mein Name ist Soula“, sprach sie ebenso höflich. „Vielen Dank für das Kompliment. Ich darf aber sicher davon ausgehen, dass Ihr das nicht zum ersten mal sagt?“  

Sie schmunzelte herausfordernd. Soula war zwar noch recht jung, doch sie war weder auf den Kopf gefallen, noch hatte sie wenig mit Herren zu tun gehabt. Hin und wieder war sie auch Männern der höheren Gesellschaft begegnet, die geglaubt hatten, Soula wäre käuflich nach einem Spiel zu haben. Auch die hatte die Dunkelhaarige mehr oder minder höflich auf ihr Fehlverhalten hingewiesen. Sie war alles andere als naiv. In dieser Hinsicht zumindest.

„Das sah nach einem guten Spiel aus.“

Ihre Worte waren anerkennend, ohne zu verraten, dass sie durchaus Ahnung davon hatte.

James Killigan

"Soula, das ist ein schöner Name." testend ließ er ihren Namen von seiner Zunge rollen und musste kurz danach lachen, als die junge Frau seine übliche Masche direkt zu durchschauen schien. Meistens funktionierte die ohne Probleme, nicht selten deshalb weil junge Frauen hier in Silvestre selten Komplimente zu bekommen schienen. Viel eher wurden sie von ihren Vätern an den nächstbesten Verheiratet, ob sie wollten oder nicht. Da bedurfte es keiner Komplimente, die Tinte würde so oder so unter der Eheurkunde trocknen. 

"Möglicherweise habe ich die Schönheit einer Frau schon das ein oder andere Mal festgestellt." gab James unumwunden zu und musste schmunzeln, während er hinzufügte:
"Aber ich finde, eine schöne Frau sollte auch wissen das sie schön ist, deshalb sollte man ihr es auch entsprechend oft mitteilen." 
Und wenn dass dann dazu führte dass seine weiteren Avancen einen besseren Effekt erzielten und eben jene für schön betitelte Frau sich eher in sein Bett locken ließ... nun James wäre jedenfalls keiner der dagegen einen ernsthaften Widerspruch einlegen würde.

Als Soula das Spiel erwähnte, war der zukünftige Pirat einen Blick zu seinen Spielkameraden, die schon scheinbar vergessen hatten dass er bis vor wenigen Momenten an ihrem Tisch gesessen hatte und einfach weiter spielten. Mit einem leicht süffisanten Grinsen zuckte James mit den Schultern.

"Das kommt immer darauf an, auf welcher Seite des Glückes man gerade steht. dass er auf der guten Seite gestanden hatte, hatte sie ja offenbar mitbekommen.

"Was treibt euch denn hier her? Die reine Neugierde auf fremde Menschen oder die Langeweile?" dass Soula kein einfaches Mädchen war das sich von ihren üblichen Arbeiten davon gestohlen hatte, verrieten ihre gepflegten Hände nur zu gut. Sie wirkte nicht wie jemand der regelmäßig Wäsche über ein Waschbrett zog oder gar den Nachttopf anderer Leute leerte. 
Schon öfter hatte Soula gehört, dass ihr Name sehr schön sei und es freute sie jedes Mal, wenn sie es hörte. Deswegen lächelte sie auch jetzt. „Danke“, meinte sie ehrlich und ließ sich dann ein Spiel mit James ein. Er Lachte und Soula sah ihn abwartend an. Dann grinste sie und nickte wissend. „Achso, okay. Das ist durchaus eine edle Geste.“ Das war natürlich legitim und Soula konnte sich gut vorstellen, dass es noch viele andere Frauen gab, denen solche Aussagen zwar schmeichelten, so wie ihr, sich damit aber trotzdem nicht ins nächst beste Bett schleifen ließen. Das hatte sie nämlich auch nicht vor. Es würde die Dunkelhaarige schon mal interessieren, bei wie vielen Frauen das funktionierte. Sie empfand es aber als äußerst unhöflich, wenn sie das nun fragen würde. Soula war keine unfreundliche Person und behielte solche Äußerungen deswegen lieber für sich.

Seite des Glücks… Soula ließ diese Worte einen Moment auf sich wirken. Konnte sie ihre Verluste wirklich auf das Glück schieben? Das Klang irgendwie einfach. Viel zu einfach, als dass sie ihre Geldsorgen, die es aktuell nicht mehr gab, weil sie nochmal davon gekommen war, einfach vergessen könnte. Immerhin musste sie deswegen ihr gesamtes Leben aufgeben und wusste nicht, wie es ihrer Familie aktuell erging. Nein, es war definitiv zu einfach das aufs Glück schieben zu wollen. Aktuell hielt sie sich damit über Wasser, dass sie regelmäßig stahl und dadurch ihre Fähigkeiten als Diebin verbesserte.

Dann folgte eine Frage, auf die Soula keine ehrliche Antwort geben konnte. Sie würde keinem Wildfremden Mann in einer Taverne erzählen, dass sie auf der Flucht war und nur darauf wartete so schnell wie möglich die Insel verlassen zu können. „Vielleicht ein bisschen von beiden. Man kann in Tavernen immer interessante Leute kennenlernen und auf andere Gedanken kommen.“ Ablenkung war auf jeden Fall das, was sie sich erhofft hatte, als sie diese Taverne betreten hatte. „Spielst du oft? Gibt es da einen Trick?“, fragte sie dann lächelnd nach. Vielleicht konnte sie von James noch ein paar geheime Dinge lernen, die sie noch nicht wusste.  

James Killigan

Man tut was man kann, um den Damen den Tag zu versüßen." sagte James als Soula seine Komplimente als "edle Geste" bezeichnete. Viele dieser Damen waren eben naiv genug um jedes Wort auch als bare Münze zu nehmen und sich dann um den Finger wickeln zu lassen. Natürlich wäre es gelogen zu behaupten, dass James nicht geneigt wäre seinen Charme auch bei Soula weiter spielen zu lassen, um heute Abend nicht allein zu Bett gehen zu müssen. Aber irgendetwas an ihrer Körpersprache ließ ihn zumindest vermuten, dass seine Bemühungen heute weniger von Erfolg gekrönt sein könnten, egal wie viel Honig er ihr um den hübschen Mund schmieren würde. Oder wie viel Bier ihre Kehle hinunterfloss. 

"Interessante Leute in Tavernen kennen lernen? Das ist jetzt für gewöhnlich nicht der Ort, an dem wohlerzogene junge Frauen sich ihre Bekanntschaften suchen." gab James mit hochgezogenen Augenbrauen zurück, denn diese Antwort überraschte ihn dann doch. Die Töchter aus Familien, die es sich leisten konnten Mägde zu haben, verbrachten ihre Zeit viel mehr mit Handarbeit oder einem Buch. Würde man sie in eine Taverne setzen um sich die Zeit zu vertreiben, würden wohl so einige aus allen Wolken fallen..oder in Ohnmacht.

Soula hingegen schien recht gelassen und nahm anscheinend auch gar nicht wahr, dass die Männer um sie herum immer betrunkener wurden und der Schankmaid hin und wieder an den Hintern griffen. Für ein paar Achter würden diese Frauen auch mehr tun als nur darüber zu lachen und gespielt empört einen Klaps auf die Finger zu verpassen. Das Leben war teuer und nicht selten hatten diese Frauen das ein oder andere hungrige Maul daheim zu stopfen. 

"Tricks? Im Kartenspiel?" James wog seinen Kopf hin und her, während er überlegte ob es da etwas gab, was er Soula beibringen konnte. "Dazu müsste ich wissen was du schon kannst. Willst du eine Runde spielen? Natürlich ohne Einsatz... erst einmal."
Schmunzelnd beobachtete sie James, welcher wohl wirklich noch eine Dame für die Nacht haben wollte. Bei ihr konnte er leider nur nicht landen. Trotzdem verlor er nicht das Interesse, malte er sich vielleicht immer noch eine Chance aus? Wenn ja, dann war er wirklich hartnäckig. Sie grinste in ihren Becher hinein, als er sie wohlerzogen nannte und nahm einen großen Schluck. Immerhin trug sie keine besonders edlen Kleider, aber bestimmte Angewohnheiten konnte man eben doch nicht ablegen. Auch ihre Ausstrahlung konnte Soula eben nicht einfach so verändern, auch wenn sie in gewissen Maßen von Kälte sprach. „Tja, vielleicht bin ich nicht die wohlerzogene junge Frau, die du zu sehen scheinst“, hauchte sie ihm entgegen und schenkte ihm ein Lächeln. Mochte er sich nun dazu denken, was er wollte. Ein bisschen Geheimnistuerei machte ihr gerade richtig Spaß.

Es war nicht so, dass Soula nicht merkte, was um sieh herum passierte, es interessierte sie nur nicht. Sie war nicht das erste Mal in solcher Gesellschaft und sie wusste sich durchaus zu wehren. Davon abgesehen musste sie Loki versprechen, dass er nach einer gewissen Zeit nach ihr sehen durfte. Soula hatte ihn darum gebeten ein bisschen Zeit für sich zu haben, aber Loki wusste auch, was in solchen Tavernen passierte und er war zuverlässig. Zuverlässiger als jede Person, die sie kannte. Aber erst wollte Soula noch ein bisschen Spaß mit James haben, natürlich nur in dem Sinne, den sie sich vorstellte.

Als sie nach Tricks fragte, erwartete sie eher, dass er es ihr erzählen würde. Stattdessen wollte er es ihr zeigen. Soula zögerte, denn auch wenn es nicht um Geld ging, schwang ihre Spielsucht trotzdem mit. Dann schüttelte sie den Kopf. Besser war es, wenn sie keine einzige Karte anfasste. „Das ist nicht nötig, ich kann gar nichts“, behauptete sie und lächelte dann wieder. „Wenn du mir keine Tricks verraten willst, dann können wir auch damit weitermachen, wie du versuchst mich ins Bett zu kriegen“, ihr Lächeln wandelte sich zu einem Schmunzeln und sie sah nun tatsächlich mal wieder in James dunkle Augen. Ihre Meinung hatte sich nicht verändert, aber sie war neugierig, ob er sich noch irgendetwas traute.

James Killigan

Soula mochte vielleicht glauben dass sie ihn für dumm verkaufen konnte, aber ganz auf den Kopf gefallen war er dann doch nicht. Er sah sehr wohl dass die junge Frau sich ganz anders verhielt als jedes Mädchen, das eben aus einem Haushalt stammte, in dem schon die Kleinsten irgendetwas tun mussten um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Soula hatte es hingegen vielleicht faustdick hinter den Ohren (was noch zu beweisen wäre), aber sie war definitiv wohlerzogen. Trotzdem machte es ihm sichtlich Spaß sich mit ihr zu unterhalten und dieses kleine Spielchen weiter zu spielen, in dem sie vorgab mit ihm zu flirten, um dann wieder die kalte Schulter zu zeigen.
„Wirklich gar nichts?“
skeptisch hob James eine Augenbraue, denn so recht konnte er ihr das nicht glauben. 
„Aber wenn man nicht einmal die Grundlagen eines Spieles beherrscht, sollte man vielleicht nicht direkt an Tricks denken. Das kann ziemlich ins Auge gehen.“
warnte der Ältere sie fast schon väterlich. Aber ob es wirklich stimmte dass sie so gar keine Ahnung vom Kartenspiel hatte? Forschend sah er ihr in die Augen, um ein kleines Aufflackern erkennen zu können, sollte sie ihn gerade anlügen. Vielleicht unterschätzte er sie ja doch ein klein wenig.
Gerade als James einen Schluck von seinem Bier nahm, schlug Soula vor, dass er ja weiterhin probieren konnte sie ins Bett zu kriegen und er hatte Mühe, sich nicht an seinem schäumenden Getränk zu verschlucken. 
Gespielt entrüstet sah er Dunkelhaarige an und schüttelte leicht den Kopf, bevor er beide Hände hob. 
„Wo denkst du denn hin? Oder ist da der Wunsch Vater des Gedanken?“
fragte er halb grinsend nach, nachdem er sich bis eben noch redlich Mühe gegeben hatte möglichst ehrenhaft zu wirken und jeglichen Gedanken an ihren nackten Körper in seinem Bett ganz weit von wegwies. Während sie ihm in die Augen sah, strich er ihr eine verlorene Haarsträhne hinter die Ohren, bevor er ihr ziemlich nah kam, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. 
“So verlockend die Idee auch sein mag, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los dass irgendein männlicher Zeitgenosse mir dafür die Schädeldecke einschlagen würde. Und so gerne ich mehr von dieser Haut sehen wollen würde…“ dabei strich er mit den Fingerspitzen von ihrem Hals entlang in Richtung ihres Dekolletés, nahm seine Hand aber weg bevor sie gefährlichere Gefilde berühren konnte.
“..ist mir mein Kopf intakt doch deutlich lieber. und damit lehnte er sich wieder zurück und nahm erneut einen Schluck von seinem Bier, nicht ohne ihr ein Grinsen zuzuwerfen. Wenn sie wirkliches Interesse an seiner nächtlichen Gesellschaft hätte, würde er nicht ablehnen, aber wenn sie nur mit dem Feuer spielen wollte, war er definitiv nicht der richtige Ansprechpartner. Sich mit Brüdern – oder noch schlimmer Vätern – prügeln weil er der lieben Kleinen die Jungfräulichkeit geraubt hatte (oder die Beschützer zumindest glaubten dass sie vor ihm nocht existiert hatte), nein, das war nicht sein Fall.  
 
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