Inselwelten

Normale Version: Pirouettendrehendes Du-weißt-was-ich-meine
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
ShanayaArashi atmete tief ein und hielt einen Moment lang die Luft an. Sie kamen voran. Endlich. Sie hatten so etwas wie einen Plan, sie kamen voran! Dann würde es nicht mehr lang dauern, bis sie das eigentliche Ziel ansteuern konnten. Auch wenn ihr das Drumherum wichtiger war als der eigentliche Sinn dieser Mission – aber was tat man nicht alles für seinen Captain, der einem das Leben gerettet hatte? Und mit diesem Gedanken atmete die junge Frau wieder aus, streckte kurz die Arme in die Luft. Ihr Weg führte sie zu den verschiedenen Ständen, die am Hafen aufgebaut waren. Sich ein bisschen die Zeit vertreiben, bis es dunkel wurde. Und scheinbar wollte man ihr einen Gefallen tun, ein bekanntes Gesicht tauchte zwischen – oder eher über – der Masse auf. Shanaya zögerte nicht, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und sprang Greo mit einem kurzen Satz in den Weg. Mit einem breiten Grinsen musterte sie den Dunkelhaarigen. „Du kommst genau richtig.“
Etwas lahm im Hirn kaute er auf einem Stück Gemüse herum. Oder zumindest glaubte er, dass das zu irgendeinem Gemüse gehörte. Er war sich nicht sonderlich sicher. Es war billig gewesen und grün, das reichte ihm, um es mal auszuprobieren und zu hoffen, dass sein Magen es vertragen würde. Ob dem so war, blieb abzuwarten. Er hatte den turbulenten Wiedereinstieg in die Seemeilen überlebt. Er behielt das Essen mittlerweile unten. Aber was hieß das schon. Er stockte, als ihm jemand in den Weg sprang und zuckte kaum merklich mit dem Kopf zurück. Shanny – und das am frühen Morgen. Er brauchte einen Moment, um das zu verarbeiten und mahlte dann mit den Kiefern weiter, während er sie einfach nur anschaute. Es dauerte schier eine Ewigkeit, bis er sich zu einer Antwort abrang. „Den Eindruck habe ich irgendwie nicht.“ Er runzelte die Stirn. „Bei dir klingt alles immer wie ein Attentat.“
ShanayaArashi hob bei der Reaktion des Mannes leicht eine Augenbraue. Der Kopf der junge Frau neigte sich bei seinen Worten etwas zur Seite und sie schnaufte gespielt theatralisch. „Du willst mir doch nicht irgendwelche krummen Dinge unterstellen?“ Mit prüfendem Blick musterte sie den Mann, lachte bei seinen nächsten Worten dann auf. „Oh, vielleicht ist es das ja auch? Das kann ich nicht ausschließen.“ Beinahe belanglos zuckte die junge Frau mit den Schultern, hob dabei unschuldig die Hände. „Wenn es ein Attentat ist, dass du meine Beschäftigung bist, dass dieser Tag um geht... dann bin ich wohl schuldig.“
Sein Blick fuhr die Konturen ihres Gesichts nach und grub sich in das Lachen, was ihr auf den Lippen lag. Er schmunzelte dezent. „Bin ich das?“ Das war eine rhetorische Frage. Er schluckte die grüne Pappe in seinem Mund runter und richtete seinen Kragen. Im selben Augenblick schaute er sich prüfend nach den Seiten um. Vielleicht sollte man in Gegenwart anderer Menschen nicht von Attentaten oder Schuld sprechen – das rief selten die richtigen Personen auf den Plan und sie hatte  noch zu viel zu erledigen, um sich jetzt schon in diverse Register zu manövrieren. „Sag mir erst, was für eine Beschäftigung dir im Sinn steht?“
ShanayaArashi ließ den Blick ruhig auf Greos Gesicht ruhen, auf den unterschiedlichen Augen. Auch wenn sie den Kopf dazu ein wenig nach oben strecken musste. So ein Riese – und solch ein ruhiges Gemüt. Bei ihnen beiden prallten Welten aufeinander. Auf seine Frage hin – auch wenn sie rhetorisch war, das überging die junge Frau – nickte sie nur begeistert. „Bist du. Du warst zur falschen Zeit am richtigen Ort.“ Den Kopf von einer zur anderen Seite neigend lachte sie bei seiner Frage leise auf. „Soll ich dir wirklich alles verraten? Wo bleibt da der Spaß?“ Sie wusste nicht wirklich etwas zu tun, außer den Kontor direkt zu stürmen. Aber vermutlich wäre das kein kluger Schachzug. Shanaya verzog die Lippen ein wenig. „Wir könnten noch ein bisschen etwas besorgen, um die Sphinx wieder hübsch zu machen, wenn sie die Rettungsaktion überstanden hat.“
Ohne es zu registrieren, zerpflückte er mit den Fingern den Rest des mutmaßlichen Gemüses, was er in den Händen hielt. „Ich schätze wir beide haben recht unterschiedliche Vorstellungen von Spaß.“, bemerkte er mit einem verhaltenen Lächeln und schlenderte gemütlich los – wobei sie bei einem seiner Schritte wahrscheinlich immer noch drei machen musste. Mei, war das ein zierliches Mädel. „Die arme Sphinx, die weiß auch nicht, was ihr bevorsteht.“ Genau genommen wusste er das selber ebenfalls nicht. Keiner von ihnen konnte mit Sicherheit sagen, dass die Rettungsaktion nicht vollkommen daneben ging und niemand gab sich gern die Blöße, das zuzugeben. Greo konnte nur für sich sprechen, aber er würde kaum vor irgendwelchen Leuten, die er kurze Zeit vorher getroffen hatte, seine innersten Bedenken auspacken. Es gab welche an Bord, die trugen das Herz auf der Zunge. Er war keiner davon. Was für eine Überraschung.
ShanayaArashi nahm eine leichte Bewegung seiner Hand wahr, ließ den Blick kurz etwas nach unten sinken. Neugierig ließ sie den Kopf etwas zur Seite geneigt ruhen, hob bei den Worten des Dunkelhaarigen aber mit einem vielsagenden Lächeln den Blick. „Was glaubst du denn, was ich unter 'Spaß' verstehe? Du klingst, als hätte ich nur an höchst verwerflichen Dingen Spaß.“ Greo setzte sich in Bewegung, und Shanaya zögerte nicht, folgte einem der wenigen der noch jungen Crew, die ihr Interesse geweckt hatten. Er wirkte einfach nicht wie dieser typische Kerl – außerdem fragte sie sich, wieso er sich doch hatte von ihr überzeugen lassen. „Was soll schon schiefgehen?“ Aus ihrer Stimme sprach keinerlei naives Wunschdenken, sondern viel mehr die Sicherheit und Überzeugung, dass es so kommen würde.
„Ich kenn dich nicht gut genug, um das beurteilen zu können… aber wie du sagst, du bist ein Pi-“, er stoppte sofort. Es brauchte keiner wissen, was sie waren. „-rouettendrehendes Du-weißt-was-ich-meine und die stehen bei solcherlei Dingen oft in der vordersten Reihe.“ Gefasster Haltung spähte er über die Köpfe mehrerer Menschen hinweg. Das war ein positiver Aspekt seiner Größe: er hatte meist einen recht guten Überblick über diverse Plätze und Situationen. „Oh, mehr als den Kopf verlieren können wir nicht.“ Er warf ihr ein bezauberndes Lächeln zu, das eine Spur von Ironie beinhaltete. Er fragte sich immer wieder, ob dieser andere Kapitän die Strapazen wirklich wert war. „Aber es wäre zu schade um das Schiff.“
ShanayaArashi verengte die hellen Augen ein wenig, als Greo stockte und das böse Pi-Wort nicht aussprechen wollte. Einen Moment zögerte sie, ehe die Schwarzhaarige beide Arme ausbreitete und eine elegante Drehung vollführte. Erst, als sie wieder gerade lief wandte sie den Blick zu Greo herum. „Na gut, ein Punkt für dich. Aber ich habe auch an anderen Dingen Spaß, außer mich im Kreis zu drehen.“ Oder, die unzensierte Version – Menschen zu töten, zu stehlen und zu tun, was Piraten eben so taten. Aber so etwas durfte sie ja nicht. Immerhin war sie erst siebzehn. Viel zu jung für solch ein Leben. Das Lächeln des Mannes konterte sie mit einer wieder angehobenen Augenbraue, nickte dann aber, sich der Ironie deutlich bewusst. „So denkst du fast richtig. Ein bisschen optimistischer, bitte.“
Irritiert von ihrem albernen Tanz zeichneten sich Falten in seiner Stirn ab. Es sorgte sich ein kleines bisschen um ihr geistiges Wohlbefinden. Oder aber ihre Reife. Sie war für ihn noch keine wirkliche Frau, mehr ein Mädchen, ein manchmal naiv wirkendes Ding mit einer Menge Fantasie, das in einem viel zu harten Kontrast zu dem Leben stand, welches sie gewählt hatte. Er zweifelte nicht daran, dass es ihr eigener Entschluss gewesen war. „Ja, eben das wundert mich.“ Glücklicherweise waren sie bisher unbehelligt und es schien niemand dem Gespräch zu lauschen. Trotzdem senkte er die Stimme, ohne dabei die Fassade der Gemütlichkeit in Person fallen zu lassen. „So viel Optimismus und so viel Spaß, der Rahmen scheint nur nicht ganz zu passen.“ Das war etwas zu verwirrend gesagt, um es ohne weitere Erklärung stehen zu lassen. Greo sah sie dabei nicht an. Seine Konzentration lag ein paar Meter weiter auf dem Geschehen an Bord einer kleinen Slup. „Weißt du. Also das Pirouetten-Drehen. Das passt irgendwie nicht so ganz zu dir, zumindest auf den ersten Blick.“
ShanayaArashi machte sich keinerlei Gedanken darüber, was Greo dachte, kämpfte hauptsächlich mit dem Drang, sich zum Kontor zu begeben. Sie war ein bisschen aufgedreht, aber sie saß ja nun auch seit Tagen auf heißen Kohlen und musste die Füße still halten. Seine Worte ließen ihre Miene ein wenig fragend werden, bis er selbst schließlich genauer erklärte, was er meinte. Und wieder lachte die junge Frau leise auf. „Das kann ich so nur zurückgeben, wenn auch aus anderen Gründen. Aber du machst mich neugierig. Dieses Leben passt nicht zu mir, weil ich zu optimistisch bin?“ Im Gegensatz zu dem Dunkelhaarigen wandte sie kurz den Blick herum. „Du hast auf jeden Fall einen Sympathiepunkt, dass du nicht mein Alter vorschiebst und den Moralprediger spielst.“
Er lachte. Er konnte nicht anders, dieses Gespräch war einfach absurd. „Ja, das hört sich ziemlich bescheuert an, aber sieh dir das doch mal an: du springst rum und sprühst vor Energie und positiv hier und alles gelingt da – und dann hast du gleichzeitig Gott weiß was für Waffen unter der Kleidung und ich gehe jede Wette ein, dass du mich hier einfach abstechen würdest, wenn nötig, ohne lange zu zögern.“ In seinen Augen blitzte kurz etwas auf, das von kalter Berechnung ausging. „Abgesehen davon, dass ich der letzte Mensch auf Erden bin, der einen auf Moral machen dürfte, verstehst du, was ich damit meine?“
ShanayaArashi Ihr Lächeln wurde noch ein wenig breiter, als Greo lachte. Sie kannte diesen Mann nicht, aber er gehörte definitiv zu den Sympathischeren. Allein schon aus dem Grund, dass er nicht über sie urteilte, weil sie ja 'noch so jung war'. Sie hob ein wenig den Kopf an, tat sie, als müsse sie noch ein wenig überlegen. „Du weißt doch, die Carta... selbst wenn ich wollen würde, könnte ich dir Nichts antun, wenn ich nicht selbst mit dem Kopf in der Schlinge enden will. Aber keine Sorge, auch wenn du Recht hast, bin ich eigentlich recht harmlos, wenn man mich nicht reizt.“ Und um das zu schaffen brauchte es mehr als einen so ruhig wirkenden Gesellen wie Greo. Auch wenn sie den Kopf nun wieder nach vorn gewandt hatte, die blauen Augen huschten noch einmal zu dem Älteren. „Soso. Dunkle Geheimnisse, hm?“ In ihrer Stimme schwang ein Hauch von Herausforderung mit.
Er wich einer Gruppe Menschen aus, die sich mit Sack und Pack den Hafen entlangquälten. „Ah, dann bringe ich wohl besser in Erfahrung, mit welchen Themen man dir nicht kommen sollte.“, kommentierte er und gab ein kleines Grunzen von sich. Wohin gingen sie hier eigentlich? Hatten sie irgendein Ziel? Greo marschierte gedankenlos vorwärts. Sollte Shanaya irgendeinen Ort präferieren, würde sie sich schon melden. Verschlagen dreinschauend neigte er den Kopf ein wenig, damit der Schlagschatten der Krempe ihm die obere Gesichtshälfte verdunkelte. Er bildete sich ein, dass das einen hinterhältigen Eindruck verstärken konnte. Geheimnisse? Er? Niemals. „Nicht mehr oder weniger, als du mit dir rumträgst.“
ShanayaArashi richtete den hellen Blick nach vorn und grübelte über eine Antwort auf Greos Worte. „Thema Nummer eins – mein ach so junges und unschuldiges Alter.“ Um das zu verdeutlichen gähnte die Schwarzhaarige leise. „Sonst fällt mir nicht viel ein, wofür ich dir den Kopf abreißen würde.“ Zumindest keines, von dem er so schnell etwas erfahren würde. Mit diesen Worten kramte die junge Frau kurz in ihrer Tasche, zog zwei Stückchen Dörrfleisch heraus und steckte sich daraufhin eines davon zwischen die Lippe, bewegte es nachdenklich hoch und runter., hielt das zweite dann Greo hin. Der machte aber gerade lieber irgendwie auf geheimnisvoller, der sich im Schatten seines Hutes versteckte. „Ich würde das nicht Geheimnis nennen. Ich binde einfach nicht jedem dahergelaufenen Trampel meine Geschichte unter die Nase. So als Pirhouettendreherin wäre das schon recht dumm, wenn ich jedem alles von mir offen lege.“ Damit zog sie das Stück Fleisch zwischen die Zähne und kaute gut gelaunt darauf herum.
Er schnappte sich das angebotene Dörrfleisch „Dahergelaufener Trampel bedankt sich vielmals.“, gab er mit gebleckten Zähnen zurück, aber das Lächeln um seine Augen strafte den Ton Lügen. „Ist alles auf meiner Liste vermerkt, sei unbesorgt.“ Wenn er Glück hatte, würde er das morgen nicht wieder vergessen haben. Es gab da so Sachen, die gingen ihm einfach nicht in den Kopf. Zum Beispiel der Name von dem Katzenjungen, oder der vermaledeite Plan, den sie sich ausgedacht hatten. Irgendwie… würde es, wenn man Shannys Worten glaube, schon klappen. „Wie dem auch sei. Hat schließlich jeder so seine Geschichte.“, sagte er lahm in Ermangelung eines besseren Themas und zuckte die Schultern.