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Spiegelglatte Oberfläche
Lucien & Shanaya ✓✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 22 März 1822
Ort Herzogtum Birlan
Tageszeit Mittags
Crewmitglied der Sphinx
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#11
Gerade in dem Moment, in dem Lucien sich wieder aufrichtete, antwortete sie, ließ ihn in der Bewegung innehalten und vielleicht für eine Sekunde sichtbar überrascht den Blick auf die Schwarzhaarige richten. Nicht die Tatsache dass, sondern die Art und Weise wie sie sich bedankte ließ ihn aufmerken. Auf ihren Lippen lag ein ehrliches Lächeln, das bis zu ihren himmelblauen Augen reichte. Dieses Lächeln, das ihm schon beim ersten Mal so gefallen hatte, das ihre Züge, ihr Wesen weicher machte als sonst und bewies, dass dahinter ein Mensch steckte, der nicht nur kämpfen musste.
Ganz genau wie Talin.
Der Ausdruck auf seinen Zügen wurde weicher, sein Lächeln wärmer, verlor für diesen Moment seinen herausfordernden Charakter. Irgendwie klar, dass die beiden jungen Frauen sich so gut verstanden. Sie waren sich beide verdammt ähnlich. Und das erklärte auch, weshalb er Shanaya schon jetzt mochte – abgesehen davon, dass er Frauen ihres Schlags schon immer interessanter fand, als alles andere.
Eine Antwort erhielt sie jedoch nicht. Jedenfalls nicht mit Worten. Der Dunkelhaarige war schlicht und ergreifend nicht gut darin, etwas für andere zu tun. Dankbarkeit war deshalb nichts, was ihm allzu oft begegnete, oder was er tatsächlich gewollt hätte. Der Dank anderer interessierte ihn selten und doch bemerkte er gerade deshalb, dass er das gern für sie getan hatte.
Als die Schwarzhaarige schließlich weiter sprach, durchbrach sie den Bann und das allseits gelassene Lächeln kehrte auf Luciens Lippen zurück.

Ich dachte, ich mache erst mal wieder gut, dass ich dich gestern in der Kombüse beinahe habe verhungern lassen.

Er verkniff sich ein Grinsen. Nur die tiefgrünen Augen leuchteten kurz belustigt, während er beiläufig die Machete zog, die in seinem Gürtel steckte und es Shanaya gleich tat, indem er mit der viel zu langen Klinge die Frucht in seiner Hand in zwei Hälften teilte.

Ich suche Frischwasser.“, antwortete der Dunkelhaarige schließlich wahrheitsgemäß, schob die Machete wieder in den Gürtel und biss dann in eine der Fruchtstücke, die er beide in einer Hand balancierte. „Nicht weit von hier hab' ich einen kleinen Teich gefunden, aber der war schon hinüber. Jetzt bin ich auf dem Weg zu diesem Berg da drüben.“ Er nickte in die entsprechende Richtung – weiter hinein in den Dschungel. „Meistens wird man da fündig.

Noch einmal biss er in seine Sternfrucht, zögerte einen Moment, in dem die grünen Augen zu ihr zurück kehrten und sie musterten, ehe sich ein sanft-spöttisches Schmunzeln auf seine Lippen legte.

Und was treibt dich ganz alleine in den Dschungel, holde Maid?
Crewmitglied der Sphinx
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#12
Lucien erwiderte vorerst Nichts, erwiderte ihr Lächeln nur auf seine Art und Weise. Ob er damit gerechnet hatte, dass sie sich bedankte? Sie ging nicht davon aus, sein Blick hatte für einen Moment... überrascht gewirkt. Sie behielt den Mann also noch einen Moment im Blick, biss dann erneut von der Frucht ab. Vielleicht um sich von seinem Lächeln abzulenken. Es gefiel ihr, das konnte sie nicht leugnen. Wunderte sie jedoch nicht, bei den Blicken, die sie sonst zugeworfen bekam. Und Luciens Lächeln wirkte ehrlich. Vielleicht konnte sie auch einfach nicht damit umgehen. Immerhin war sie nie in solch einer Situation gewesen. Umso... absurder fühlte es sich an. Aber auch das gefiel ihr... irgendwie. Die Schwarzhaarige seufzte über diesen Gedanken, wurde dann aber von der Stimme des Mannes aus den Gedanken gerissen und hob den blauen Blick von der halben Frucht in ihrer Hand. Nun galt ihm, zu dem Lächeln, das noch immer auf ihren Lippen ruhte, ein gespielt vorwurfsvoller Blick.

Das ist ja auch das mindeste!“

Während Lucien nun seine eigene Frucht teilte, hob Shanaya die eigene erneut zum Mund, hielt aber inne, bevor sie abbeißen konnte. Bei der Antwort des Mannes hob sie leicht eine Augenbraue, eine Spur ungläubig. Er biss von der Frucht ab, Shanaya wartete doch, bis er weiter sprach, folgte kurz seinem Nicken und konnte ein Auflachen dann nicht unterdrücken. Ernsthaft? Ihr heller Blick ruhte einen Moment auf dem Dschungel, der sie umgab, musste noch ein wenig breiter schmunzeln. Erst, als Lucien sich nach ihrem Plan erkundigte, wandte sich die junge Frau wieder zu ihm herum. Was für ein Zufall.

Die holde Maid hat auf ihren Ritter in strahlender Rüstung gewartet...“ Ihre Augen huschten noch einmal zu seinem nackten Oberkörper. „Oder ohne Rüstung...“

Es war ihrer Stimme zu gut anzuhören, dass sie ich diesen kleinen Scherz nicht hatte verkneifen können. Auch wenn das nicht das war, weshalb sie hier war. Also schüttelte sie nur kurz den Kopf und lachte noch einmal über die Tatsache, dass sie beide den gleichen Plan verfolgten.

In Wirklichkeit suche ich genau das gleiche wie du. Unsere Wasservorräte werden knapp und ich dachte mir, bevor wir mit letzter Kraft nach Wasser suchen, verbinde ich ein kleines Abenteuer mit der Suche nach Wasser.“ Ihr Kopf wog sich ein wenig zur Seite. „Und weil meine Flasche auch fast leer ist, dachte ich, ich hole mir ein bisschen Flüssigkeit durch etwas Frisches.“ Sie hielt die unangebissene Sternfrucht etwas in die Höhe. „Und dann kamst du.“
Crewmitglied der Sphinx
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#13
Der Dunkelhaarige stieß in einem halb unterdrückten Lachen die Luft aus und warf ihr einen vielsagenden Seitenblick zu. Es war offensichtlich, dass er weder bedauerte, ihr gestern den Zwieback geklaut zu haben, noch dass er jetzt die Absicht hatte, sie dafür zu entschädigen. So schnell würde sie schließlich nicht verhungern. Nicht wegen eines Zwiebacks. Denn wie sich Hunger wirklich anfühlte, wie sich verhungern anfühlte, das wusste Lucien nur zur Genüge – einer der Gründe, weshalb er so gerne aß. Und weshalb er Essen nicht gern teilte. Außer mit Talin.
Doch der junge Mann erwiderte nichts mehr, biss stattdessen genüsslich in sein Obst und in den grünen Augen blitzte der Schalk auf, als der Blick der Schwarzhaarigen, der ihre nächsten Worte begleitete, kurz an ihm hinab wanderte. So viel zum Thema verhungern. Denn drei, vier, fünf Tage gutes Essen reichte bei Weitem noch nicht aus, um die Rippen unsichtbar werden zu lassen, die sich unter seiner Haut abzeichneten. Aber darauf spielte Shanaya schließlich auch nicht an.

Du scheinst mir nicht die Sorte Frau zu sein, die einen Ritter nötig hat.“,

warf er gelassen ein, bevor er realisierte, was sie über ihre eigenen Pläne gesagt hatte und in einer Mischung aus angenehmer Überraschung und Belustigung die Augenbraue hob.

Sieh an, dann hatten wir beide also die gleiche Idee. Und ich habe dich nicht nur vor dem Verhungern, sondern auch vor dem Verdursten gerettet... Du kannst dich richtig glücklich schätzen, dass ich zufällig hier lang kam.

Ein kleines bisschen klang seine Stimme geradezu selbstgefällig. Wer wusste schon, ob Shanaya es noch irgendwann auf diesen Baum geschafft hätte. Bevor die Erschöpfung sie dahin raffte und sie keine Kraft mehr hatte, um nach Proviant für sich selbst zu suchen.

Was hältst du davon, wenn wir uns zusammen tun und gemeinsam weiter suchen?“ Kurz leuchtete ein herausforderndes Funkeln in den grünen Augen. „Ich hoffe nur, wir treffen unterwegs nicht noch jemanden aus der Mannschaft.
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#14
Shanaya konnte das Lächeln, welches mit Luciens Worten noch ein wenig breiter wurde, nicht unterdrücken. Er hatte auf so viele Arten Recht... und sie rechnete es ihm ziemlich hoch an, dass er sie für solch eine Frau hielt. Natürlich brauchte sie keinen Ritter in diesem Sinne, sie brauchte schließlich niemanden, um zurecht zu kommen... aber der Großteil der Männer sahen in einer Frau, vor allem in solch einer jungen, nur ein schwächliches, zerbrechliches Wesen, das Nichts war, ohne einen Mann in einer Rüstung, hinter dem sie sich verstecken konnte. Aber nicht nur das sorgte für das Grinsen auf ihren Lippen.

Das definitiv nicht...“ Shanayas Kopf neigte sich leicht zur Seite. „Aber wer hat schon etwas dagegen, wenn der Ritter einfach nur rumsteht und dabei gut aussieht? Als Motivation, oder so.“

Die Schwarzhaarige hob eine Schulter, als wäre das einfach etwas völlig beiläufiges. Sie hatte da definitiv Nichts gegen. Und er ganz offensichtlich auch nicht. Aber er war eben auch ein Mann. Was sollte sie also erwarten? Und sie war nicht der Typ, der irgendetwas für sich behielt. Er sah gut aus, auch wenn ein paar Gramm mehr im sicher nicht schaden würden. Die liebe Männerwelt hatte nicht das alleinige Recht über das Aussehen von Frauen zu urteilen – den Spieß konnte man auch umdrehen!
Ein leises Seufzen und ein gespielt bedauertes Nicken waren die Antwort auf die nächste Frage des Dunkelhaarigen. Er war ja so gut zu ihr!

ich weiß nicht, was ich ohne dich getan hätte, wirklich!“

Damit beugte sie sich kurz nach unten, sammelte ihre Tasche und alles drumherum ein, warf sich den Gurt über die Schulter und machte sich mit wenigen ruhigen Schritten zu Lucien auf, nur um bei seinen nächsten Worten kurz vor ihm stehen zu bleiben.

Ich bin mir noch nicht sicher, ob du das nicht willst, weil du keine Gerüchte willst... oder weil du mich doch in irgendeine dunkle Höhle locken willst. Oder einen ganz anderen Grund...“

Ein erneutes Zucken ihrer Schultern, die Herausforderung in seinem Blick spiegelte sich deutlich in ihren blauen Augen wieder. Nur einen Moment hielt sie seinem Blick stand, ehe sie sich nach der dritten Sternfrucht beugte, die noch am Boden lag. Ein Griff nach ihrem Dolch, mit dem sie die Frucht halbierte, den Blick kurz darauf ruhen ließ und Lucien schließlich die etwas kleinere Hälfte zuwarf, ihm dabei ein munteres Lächeln zu werfend und sich schon in Bewegung setzte.

Dann los. Ich habe Nichts dagegen, dann bin ich wenigstens gut unterhalten.“

Die blauen Augen musterten den Mann noch kurz, ehe sie sich ganz nach vorn wandte, kurz überlegte, welchen Weg sie gehen sollten.
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#15
Es war mit Sicherheit nicht das Vorrecht der Männer, über das Aussehen von Frauen zu urteilen. Und genauso wenig war Shanaya die einzige, die ganz genau wusste, wenn ihr das andere Geschlecht hinterher gaffte. Der Dunkelhaarige hatte es ja bereits gesehen, als sie sich an Deck der Sphinx begegnet waren – er hatte ihr gefallen. Von Anfang an. Ihr kleines, geradezu bescheidenes Kompliment am Rande bestätigte ihm das nur noch und der wissende Ausdruck, der für einen Moment in den tiefgrünen Augen aufblitzte, sagte alles. Aber er half natürlich gern dabei, sie zu motivieren. Jederzeit. Sie musste es nur sagen...
Als die Schwarzhaarige sich schließlich von seinem Anblick löste, um sich nach ihren Sachen zu bücken und ihm dabei ein paar sarkastische Worte hinwarf, lachte Lucien gut gelaunt. Es war geradezu unheimlich, wie sich seine Laune hob, wenn die Schwarzhaarige ihm Gesellschaft leistete. Sie war schon vorher nicht schlecht gewesen, doch inzwischen schlug sie in heitere Ausgelassenheit um. Einer Stimmung, in der er Lust auf so ziemlich alles bekam. Darauf, Streit anzufangen, Risiken einzugehen, Grenzen zu überschreiten. Dummheiten zu machen. Konsequenzen zu tragen. Und sie reizte ihn ganz besonders.
Die tiefgrünen Augen folgten Shanaya, als sie sich aufrichtete, näher kam, und um seine Mundwinkel zuckte ein provozierendes Schmunzeln.

Was glaubst du denn, was ich meine?

Wieder diese Art, die es ihm so leicht machte, mit ihr umzugehen. Sie spielten sich die Herausforderung immer wieder gegenseitig zu, stiegen immer wieder darauf ein, ohne irgendetwas ernst zu nehmen. Ganz genau das war der Punkt. Er mochte Frauen nicht, die sich nie auf einen kleinen Spaß einließen. Die kein Abenteuer suchten. Schade nur, dass die Schwarzhaarige nicht noch einen Moment länger stehen blieb, sondern sich nach der letzten Frucht im Farn bückte. Also fuhr er kurzerhand fort.

Vielleicht fände ich dann auch nur den Gedanken erschreckend, wie unglaublich schlecht wir uns untereinander abgesprochen haben.

Noch während er sprach, warf sie ihm eine Hälfte der Sternfrucht zu und Lucien fing sie, eher instinktiv als wirklich bewusst. Dieses Mal zeigte sich jedoch keine Überraschung auf seinen Zügen – nicht, weil er damit gerechnet hätte. Vielmehr, weil er jetzt auch diese Seite von ihr gesehen hatte. (Darüber, dass er das kleiner Stück bekommen hatte, konnte er an dieser Stelle hinweg sehen. Immerhin hatte er ihr ja auch den Zwieback geklaut.) Und nach einem kurzen, ehrlich dankbaren Nicken schloss Lucien sich der Dunkelhaarigen an, biss kurzerhand in das Stückchen Obst, das sie ihm gerade zugeworfen hatte.

Übrigens finde ich, habe ich mir inzwischen ein paar Antworten verdient... Immerhin habe ich dich vorm Verdursten gerettet...

Wieder galt der Schwarzhaarigen ein amüsierter Seitenblick.
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#16
Lucien hatte Nichts auf ihre Worte erwidert – aber ein kurzer Blick in seine Augen verriet der Schwarzhaarigen genug. Darauf brauchte sie keine Antwort. Damit waren zumindest die äußerlichen Fronten geklärt. Und der Rest... Tja. Nur, weil ihr sein Äußeres gefiel, fraß sie ihm nicht direkt aus der Hand. Zumal er ihr sowieso Nichts zu Essen übrig ließ. Trotzdem mochte sie den Dunkelhaarigen jetzt schon. Das konnte sie nicht leugnen. Und allein ihre endlos gute Laune, die zu großen Teilen auch mit ihm zu tun hatte, hätte sie in diesem Fall verraten.
Seine Frage ließ die junge Frau leicht eine Augenbraue heben, aber sie antwortete nicht sofort, hob die letzte Frucht auf, sodass Lucien noch etwas anhängen konnte, was das Lächeln auf ihren Lippen einen wissenden Ausdruck annehmen ließ. Er konnte ja versuchen, sich da raus zu reden – auch wenn sie nicht wirklich glaubte, dass er das tat. Überlegend presste sie die Lippen schließlich aufeinander, wog den Kopf dabei zur Seite, als müsse sie wirklich angestrengt über eine Antwort nachdenken. Dabei lag ihr diese schon längst auf der Zunge. Ihre Stimme war bei ihrer überdachten Antwort ein fast verschwörerisches Flüstern, das von einem eindeutigem Zwinkern untermalt wurde. Schlecht abgesprochen, hm?

„Ich denke, in deinem Kopf hast du mich schon längst ausgezogen, ohne eine dunkle Höhle... und vielleicht will ich gar nicht wissen, was du dann alles mit mir angestellt hast.“

Ihre blauen Augen ruhten mit einem eindeutigen Ausdruck auf seinen. Egal, was er sagen würde... keine Ausrede der Welt würde ihr Wissen trüben, dass er ein Kerl war – und die genau das im Kopf hatten. Wobei sie es ihm nicht einmal verübeln konnte. Vor allem nach so langer Zeit ohne weibliche Gesellschaft.
Ein Nicken ließ ihr Lächeln noch einmal einen Hauch wärmer werden, ehe sie sich zu dem Dschungel herum wandte, bis Lucien neben ihr lief. Die junge Frau tat es ihm gleich, bis noch ein Stück von der Frucht ab, ehe sie auf seine Frage leicht eine Augenbraue hob, schluckte und dann auflachte. Vorerst reagierte sie jedoch nicht darauf, sondern griff nur nach ihrem Degen, um sich gegen das böse Monster Dschungel zu wappnen.

„So? Ich habe mir auch ein Danke dafür verdient, dass ich deinen Hintern gerettet habe.“ Sie warf ihm einen gespielt vorwurfsvollen Blick zu. „Aber bitte... wenn du mich so unendlich spannend findest, frag ruhig. Und ich entscheide, ob du dir wirklich eine Antwort verdient hast.“

Wieder biss sie in die Sternfrucht, gespannt, was ihm so für Fragen einfallen würden. Und mit der freien Hand lichtete sie ein wenig den Weg vor ihnen.
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#17
Während Shanaya noch so tat, als überlege sie ernsthaft, was wohl in seinem Kopf vor sich ging, erschien ein geradezu selbstgefällig dreistes Grinsen auf seinen Lippen. Manchmal benahm er sich wie der kleine Junge, der auch noch stolz auf den Mist war, den er verzapfte, der sich über das Kopfschütteln der anderen genüsslich freute. Oder darüber, dass der andere mitspielte, obwohl beide es längst besser wussten. Immerhin ging es doch nur um dieses Spiel.

Ich habe darüber nachgedacht.“, antwortete Lucien schließlich in einem Ton, als hätte er nur überlegt, sich einen neuen Degen zu kaufen. „Aber gib's ruhig zu. Ein bisschen neugierig darauf wärst du schon.

Sein Blick huschte zu seiner Begleiterin, fing dabei den ihren auf und hielt ihm mit dem gleichen, dreisten Schmunzeln gelassen stand. Er brauchte keine Ausreden. Er war weder schüchtern, noch interessierte ihn, was sich gehörte, oder nicht – oder wem er mit irgendetwas zu nahe trat. Er hatte keinen Grund, sich mit seinen Äußerungen zurück zu halten. Schließlich nahm die Schwarzhaarige es sichtbar locker auf – obwohl es hier um ihre Person ging, die er sich (übrigens gerade schon wieder) in kompromittierender Lage vorstellte. Da hatte er Mädchen kennen gelernt, die deutlich unentspannter reagierten. Oder schüchterner. Oder billiger.
Sich das nächste Stück der Sternfrucht in den Mund steckend folgte der Dunkelhaarige Shanaya, ließ den eigenen Säbel jedoch im Gürtel stecken und hielt sich ein kleines Stück schräg hinter ihr, um ihr die Schneise entlang zu folgen, die sie ihnen mit dem Degen bahnte. Als sie weiter sprach, erschien ein Grinsen auf seinen Lippen, das man seiner Stimme deutlich anhörte.

Ernsthaft? Ich habe mich immer noch nicht bedankt? Tut mir echt Leid...“ Ebenso gespielt wie ihr vorwurfsvoller Blick war der bedauernde Ausdruck in seinen Augen, mit dem er ihn erwiderte. Dann blitzte schon wieder Belustigung darin auf. „Ich komme vom Dorf, schieb' es auf meine schlechte Erziehung.

Oder auf seinen schlechten Charakter. Zumindest holte er sein Versäumnis in diesem Moment nicht nach. Nicht, wenn sie geradezu darauf lauerte. Irgendwann vielleicht. Irgendwann revanchierte er sich bei ihr. Auf die eine oder andere Weise.
Doch in diesem Moment bezweckte er mit seiner Aussage tatsächlich etwas ganz anderes. Ja, er interessierte sich für sie. Wie gesagt. In diesem Moment reizte sie ihn ganz besonders und das nicht nur auf körperlicher Ebene.

Was hat dich auf die Sphinx verschlagen? Warum bist du meiner Schwester bis hier hin gefolgt?

Er hatte sich das schon gestern gefragt. Immerhin kannte Shanaya ihn überhaupt nicht, hatte keinen Grund, für ihn ihr Leben aufs Spiel zu setzen und schien auch nicht der Typ Mensch zu sein, der sich für Leute, die ihn nicht kümmerten, den Arsch auf riss. Gestern hatte sie nur etwas von einer Gefälligkeit angedeutet, nicht mehr und nicht weniger. Und jetzt interessierte Lucien sich für das 'mehr'.
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#18
Natürlich hatte er darüber nachgedacht. Wenn er es nicht sogar in diesem Moment tat. Er war ein Mann, dazu einer, der viel zu lange nicht in den Genuss gewisser Dinge gekommen war. Und dann begegnete er ihr, auf einer einsamen Insel – irgendwo im Dschungel. Er hätte ganz eindeutig nicht auf das weibliche Geschlecht gestanden, wenn ihm sich da nicht gewisse Dinge in seinen Kopf gezwängt hätten. Allerdings... ging es ihr da kein bisschen anders, auch wenn man dabei die Geschlechter tauschen musste. Und so ließ sich ein vielsagender Blick in Luciens Richtung nicht unterdrücken. Erwischt. Das musste er natürlich auch aussprechen.

„Da hast du vollkommen Recht, das kann ich nicht leugnen.“ Mit einem eindeutigen Blick wandte Shanaya sich zurück, musterte den Dunkelhaarigen. „Aber erwarte trotzdem nicht zu viel, ich will ja nicht, dass du nachher enttäuscht bist. Dir fehlt dazu nämlich etwas ganz entscheidendes.“

Oder vielmehr... IHR fehlte dazu etwas. Und oh, er konnte sich auf den Kopf stellen, dieses kleine Geheimnis würde sie ihm definitiv nicht verraten. Daran sollte er ruhig ein bisschen knabbern - denn das war etwas, was er nicht erreichen würde. Da war es auch egal, dass ihr Körper sich deutlich einer gewissen Verführung hingeben wollte. Die junge Frau wandte den hellen Blick also wieder nach vorn, aber das Grinsen auf ihren Lippen würde dem Dunkelhaarigen genug verraten.
Die Ironie seiner nächsten Worte ließ die junge Frau leise, gespielt dramatisch aufseufzen. Sie erwartete keinen Dank mehr, gerade nicht in solch einem Moment. Trotzdem blieb der Ausdruck in den blauen Augen amüsiert, auch wenn sie Lucien gerade nicht anblickte. Wie bei ihm klang es deutlich in ihrer Stimme durch. Genau wie die übertriebene Ironie darin.

„Selbst in höheren Kreisen ist dieser Punkt der Erziehung irgendwie ausgelassen worden.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Es weiß einfach niemand mehr, was sich gehört!“

Schließlich stellte er jedoch die Frage, mit der Shanaya gerechnet hatte. Er hatte sie beiläufig schon auf der Sphinx gestellt – und es schien ihn wirklich zu interessieren, wieso sie ihm, einem vollkommen Fremden, von einem Marineschiff half. Die Antwort darauf war einfach, und da sie ihn gestern nur ein wenig hatte locken wollen, sollte er seine Antwort ruhig bekommen. Dazu musste sie jedoch ein wenig weiter zurück gehen.

„Solange wie ich denken kann, wollte ich Piratin werden. Ich hatte unzählige Pläne, wie ich dieses Ziel erreichen würde. Wie es aber so ist, bin ich durch einen... Zufall auf der Sphinx gelandet. In einer Situation, in der ich allein vielleicht nicht lange überlebt hätte.“ Nicht, dass sie kampflos aufgegeben hätte... aber als einzelne Frau gegen eine ganze Crew voller notgeiler Piraten... „Sie hat mir geholfen, und vermutlich habe ich nur dank ihr überlebt. Also habe ich mit ihr, auch um mein eigenes Leben zu schützen, gegen den Captain gemeutert. Aber ich hatte noch eine Schuld zu begleichen – also habe ich ihr versprochen, ihren tot geglaubten Bruder mit ihr zu suchen. Und siehe da...“ Shanaya schlug einen weiteren Ast aus dem Weg, drehte sich jetzt das erste Mal wieder zu Lucien herum, ein munterer Ausdruck auf den Zügen, musterte ihn und wandte sich wieder nach vorn. „Totgeglaubte leben länger. Und, reicht dir das als Antwort?“
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#19
Beiläufig duckte sich der Dunkelhaarige unter einem niedrig hängenden Ast hinweg, dessen Holz man vor lauter Blattwerk kaum noch erkennen konnte und lachte leise vor sich hin. Die tiefgrünen Augen huschten zu Shanaya, die schräg vor ihm lief, und zeigten offen die selbstgefällige Belustigung über ihre Worte. Natürlich war sie neugierig. Wenn nicht, hätte er dafür schon noch gesorgt. Und auch die Prophezeiung, dass er bei ihr nicht allzu weit kommen würde, ließ ihn sichtlich kalt. Ein Mal vielleicht, zwei Mal vielleicht, aber sicher nicht für immer. Was auch immer es war, das ihm angeblich fehlte – kurz, wirklich nur ganz kurz, hatte er mit dem Gedanken gespielt, einen Blick in seine Hose zu werfen, um zu sehen, ob noch alles an der richtigen Stelle saß – es würde nicht lange als Argument dienen können, wenn er es wirklich drauf anlegte. Und im Augenblick war Lucien sehr danach, selbst ein bisschen zu testen. So, wie sie es die ganze Zeit schon mit ihm tat. In den grünen Augen blitzte ein vorfreudiges Leuchten auf. Herausforderung angenommen.
Zunächst schwieg er jedoch, ließ sie erst einmal auf seine eigentliche Frage antworten. Darauf, dass wohl niemand mehr wusste, was sich gehörte, vernahm man von dem 21-Jährigen nur ein spöttisches Schnauben. Es war sicher nicht an ihm, an dieser Stelle zu urteilen. Er war schließlich selbst jemand, den andere einen feuchten Dreck scherten – solange er sie nicht auf irgendeine Art und Weise mochte. Dann nämlich begann er, genauer hinzusehen. So wie jetzt.

Hm... reicht mir.“, bestätigte Lucien gut gelaunt und schob sich das letzte Stück seiner Obsthälfte in den Mund. Ein kleines Lächeln stahl sich dabei in seine Mundwinkel. Ein ehrliches, warmes Lächeln. Selbst wenn sie es nicht bemerken sollte, war es da.
Die Schwarzhaarige hatte also schon immer Piratin werden wollen. Er stellte diese Tatsache nicht in Frage. Das erste, was ihm dazu einfiel, war nicht 'aber als Mädchen?'. Für ihn war ihr Wunsch geradezu selbstverständlich und genau so nahm er ihre Aussage einfach hin.

Aber warum ausgerechnet Piratin?

Die Frage war gestellt, bevor er sich dagegen entscheiden konnte. Nur interessierte ihn nicht, warum sie nicht etwas anderes hatte werden wollen, sondern vielmehr, was sie sich von diesem Leben versprach, das sie im Begriff war, zu führen. Ihre Motive, ihre Wünsche. Vielleicht, weil er wissen wollte, ob sie den seinen ähnelten.
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#20
Zu gerne hätte Shanaya sich nach ihren Worten noch einmal zu Lucien herum gewandt, um seine Reaktion zu sehen. Aber sie nahm die Stille einfach als Reaktion, dachte sich ihren Teil dazu. Sie konnte nicht sagen, dass sie den Dunkelhaarigen gut kannte – bei weitem nicht – und trotzdem glaubte sie zu wissen, dass auf seinen Lippen in diesem Moment ein vielsagendes Grinsen lag. Bei ihr war es Nichts anderes, und in diesem Punkt schienen sie sich ziemlich ähnlich zu sein. Leider schwieg Lucien jedoch auch zu dem, was ihm fehlte. Zu gerne hätte die junge Frau dazu Theorien gehört, was er glaubte, was IHM fehlte. Aber gut, sie musste ohne eine Antwort leben – er dafür mit der Frage. So hatten sie beide ihre kleinen Packen zu tragen.
Mit lockeren Bewegungen bahnte sich die Schwarzhaarige also weiter den Weg durch den Dschungel, wandte sich auch bei Luciens Zustimmung nicht herum, ließ den Blick nur leicht nach oben schweifen, wo der Berg wie ein riesiger Wegweiser auf sie wartete. Sie wartete – aber vorerst kam keine weitere Frage von hinten. Fast war Shanaya versucht, den Kopf herum zu drehen, nicht sicher, was für ein Anblick sie da erwarten würde. Seiner Stimme nach hatte sich an seiner Laune jedenfalls Nichts geändert – genau wie bei ihr, selbst wenn sie ihm in diesem Moment einiges von sich preisgab. Und auch seine nächste Frage, die schließlich doch wie erwartet folgte, lockte einiges aus ihr hervor. Aber wieder musste sie über seine Wortwahl schmunzeln. Kein 'Aber du bist eine Frau', genauso wenig wie 'Und das in deinem Alter'. Es klang einfach viel mehr nach der Frage, wieso ausgerechnet so ein Leben. Ohne irgendeine Wertung darin, das gefiel ihr schon wieder. Shanaya gab ein leises, überlegendes Brummen von sich, ehe sie einen weiteren Ast aus dem Weg schlug.

„Ich bin jemand, der lieber nach seinen eigenen Regeln lebt. Ich lasse mir nicht von irgendeiner Gesellschaft, wie reich und wohlhabend sie auch sein mag, aufzwängen, dass ich ein liebes, kleines Mädchen sein muss, das immer mit Verzückung springt, wenn jemand es befiehlt.“

Ihre Stimme klang nicht verbittert, viel mehr klang eine Erleichterung heraus, aus der nicht schwer zu deuten war, dass sie froh war, dieses Leben nicht mehr führen zu müssen. Ein leises Plätschern lenkte ihre Aufmerksamkeit einen Moment um, ein kurzer Blick zu Lucien, die stille Frage, ob er das auch hörte, ehe sie sich wieder nach vorn wandte, dem leisen Geräusch folgte.

„Ich wollte die Freiheit zu tun und zu lassen, was ich will, genauso wie wann und wie. Es ist immerhin mein Leben – also bestimme auch nur ich darüber.“ Auf diese Worte schwieg Shanaya einen Moment, das Lächeln auf ihren Lippen wurde wieder ein wenig wärmer. „Außerdem kann ich damit wunderbar ein Leben auf dem Meer kombinieren. Aber die Frage gebe ich gern zurück.“

Mit den letzten Worten wandte die Schwarzhaarige den Blick zurück, betrachtete Lucien mit einem fragenden, ehrlich interessierten Lächeln, dabei weiter dem leisen Geräusch von Wasser folgend.


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