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Kapitel 4 - Außer Sicht
Crewmitglied der Sphinx
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#91
Luciens Worte ließen Shanaya einen Moment nachdenklich das Gesicht verziehen. Eine Katze, die Würmer fraß? Sie kannte dieses Sprichwort etwas anders – aber eine Eigeninterpretation, auch gut. Wobei seine Worte – gerade mit dem 'Beruf', den sie beide gewählt hatten – mehr als wahr waren. Es würden oft genug Situationen geben, in denen man vor Hunger nicht weiter wusste. Vielleicht brach auch ein Crewinterner Krieg über einen Wurm aus? Möglich war alles – und sie selbst konnte den Hunger sicher für einen Moment vergessen, wenn sich ein Haufen Kerle um ein kleines, glitschiges Wesen prügelten. Sie gab dazu jedoch keinerlei Kommentar ab, ihre Art der Zustimmung. Umso mehr konnte sie sich den Bauch voll schlagen, wenn sie eine Insel ansteuerten. Und wenn nach dem Dieb ging, hatte sie in ihrem Hintern ja genug Reserven für ein paar Wochen. Was sollte also schief gehen?
Und so stand sie nun da, ein halbes Stück Fleisch in der einen, den Zwieback in der anderen Hand. Und einen Kerl in der Nähe, bei dem sie unerklärlicherweise gespannt war, wie er nun reagieren würde. Sie war von den Kerlen auf diesem Schiff ja gewohnt, dass allerlei Anspielungen nicht den gewünschten Effekt hatten. Oder, in Greos Fall, einfach auf Granit prallten. Aber der Hutmann war da eine absolute Ausnahme. Er war nicht zu dumm dafür, verstand – zumindest teilweise – worum es ihr ging. Und trotzdem blieb er immer so verdammt trocken. Und beinahe hätte die Schwarzhaarige sich an diesem Gedanken fest gehakt, als eine Bewegung sie wieder zurück in die Kombüse zog. Einen Moment hatte sie ihre Achtsamkeit vergessen, hatte nicht einmal gesehen, wie Lucien reagiert hatte. Und so rechnete sie fest damit, dass der Mann sich nun etwas aus ihrer Hand schnappen würde. Hoffentlich. Vielleicht auch nicht. Automatisch hob die junge Frau eine Augenbraue, erwiderte den festen Blick aus grünen Augen. Scheinbar war er doch auf etwas anderes aus. Zumindest interessierte er sich nicht für das, was sie in der Hand hielt. Er wich ihrem Blick nicht aus, und bevor sie sich irgendwie hätte bewegen können, war er ihr einfach viel zu nah – und auch wenn sie nicht zur Seite blickte, war ihr durch seine Haltung viel zu gut bewusst, in was für einer Situation sie nun steckte. Aber gut, mit einem Schach hatte man ja noch nicht verloren. Trotzdem war ihr danach, zurück zu weichen. Schwierig nur, wenn da direkt die Schränke und eine Wand waren. Was blieb ihr also übrig? Sie könnte ihn umbringen. Sicher würde sich in diesem Moment eine leichte Gelegenheit bieten, ihn für seine Worte zu köpfen. Ein kurzer, dunkler Funke huschte durch ihre Augen, den sie mit einem lauten Schnaufen wieder verjagte. Dieses Wort. Dieses eine verdammte Wort. Vielleicht sollte sie ihm in die Nase beißen.

Billig? Nana, beleidige mich doch nicht, nur weil ich dir etwas empfehle!“

Ihr Lächeln wurde eine Spur breiter, womit sie das restliche Fleisch in den Mund steckte und darauf herum kaute, den unschuldigen, blauen Blick weiter direkt auf seine Augen gerichtet. Sie lehnte sich nicht zurück, seufzte bei den weiteren Worten des Mannes nur gespielt theatralisch. Shanaya schluckte das Fleisch runter, stellte sich dann wieder zu voller Größe auf, hielt dem Blick dabei weiter stand. Sie hätte unter seinen Armen durch huschen können. Hätte. Wenn sie ihm damit nicht viel zu viel verraten hätte. Verdammte Zwickmühle. Ihr Blick löste sich also von seinem, wanderte über seine Lippen an ihm nach unten, wobei sie ein nachdenkliches Geräusch von sich gab.

In deinem Zustand? Da müsste ich ja Angst haben, dir weh zu tun.“

Langsam, prüfend wanderte ihr Blick schließlich wieder nach oben, diesmal ein bisschen langsamer, blieb an seinen Lippen hängen und richtete die Augen dann wieder fest auf seine.

Ich bin noch nicht überzeugt.“

Ihre Stimme klang erstaunlich nüchtern, ihr Lächeln ruhte immernoch auf ihren Lippen, während sie leicht mit einer Schulter zuckte. Sonst stand sie nur ruhig da – ausweichen konnte sie ja so oder so nicht.

[Kombüse | Lucien]
Crewmitglied der Sphinx
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#92
Schleimbeutel. Das war ihr erster Gedanke, als der Braunhaarige – Farley, wie er sich vorstellte und sie sich dann wieder erinnerte – demütig die Hände hob. Irgendwie wollte sich in ihrem Kopf die Geste, die er zeigte, nicht mit dem verbinden, wie sie ihn sah. Aber vielleicht schätzte sie ihn auch völlig falsch ein und sollte lieber auf das vertrauen was sie sah und nicht das, was sie glaubte.
Talin runzelte leicht die Stirn, quittierte seine halbe Entschuldigung aber mit einem Nicken. Erst bei Gregorys Kommentar entspannte sie sich wieder etwas und schmunzelte sogar über seinen Spruch. Ja, sie kannte auch solche Menschen, die einen mit Messern oder Fäusten begrüßten, wenn jemand ungebeten eindrang. Sie gehörte natürlich nicht dazu. Die Eindringlinge ernteten dann nur immer finstere Blicke von ihr. So wie Farley, den sie jetzt endlich wieder erkannte. Es verunsicherte sie etwas, dass sie ihn nicht sofort hatte einordnen können. Klar, als Ausrede konnte sie den ganzen Stress in letzter Zeit vorbringen und die Tatsache, dass sie eher bei Lucien geblieben war, als sich groß mit den Neuankömmlingen an Bord zu unterhalten. Aber trotzdem war ihr das nicht so ganz geheuer. Einen Menschen, den sie vergaß, obwohl sie sich jeden merkte, der in ihrer unmittelbaren Umgebung war, war ihr nicht geheuer.

„Rettungsaktion...genau das war es doch auch, ich verstehe nicht, warum du da so...zweifelnd klingst.“

Sie grinste ihn frech an und lehnte sich schließlich wieder etwas entspannter auf ihrem Stuhl zurück. Das Geheimnis ihrer Vergesslichkeit konnte sie jetzt auf die schnelle nicht lösen, also würde sie einfach das Gespräch so lange genießen. Denn auch wenn er ihr suspekt war, so fand sie Farley doch sehr amüsant und interessant.
Bei seinen und ihren eigenen Worten kamen die Erinnerungen an das Abenteuer auf dem Marineschiff wieder in ihr hoch. Ihr wild schlagendes Herz, das Adrenalin, die Explosion, das Feuer...Vielleicht war es anfangs eine Rettungsaktion gewesen, doch es war schnell zu etwas größerem geworden. Sie hätten auch gleich auf ihre Segel schreiben können: „Juhu, hier sind wir! BÄM!“ Wenn sie das laut sagte, würde Trevor sicher begeistert davon sein.
Immer noch mit einem Lächeln – auch über ihre eigenen Gedanken – legte sie den Kopf leicht schief und schüttelte ihn dann schließlich.

„Du bist uns nichts schuldig.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Wenn wir auf der nächsten Insel sind, kannst du dich entscheiden, was du machen willst. So lange mach dich einfach nützlich, so gut es geht, dann sind wir quitt, wenn es dich beruhigt.“

Sie musterte ihn noch einmal wie vorhin von oben bis unten, womit sie den Worten „nützlich machen“ eine etwas zweideutigere Bedeutung gab.
Aber als Gregory wieder auf die Ereignisse auf der Morgenwind und Enrique zu sprechen kam, legte sie den Kopf in den Nacken, sah kurz zur Decke hoch und schloss dann die Augen. Sie fand es irgendwie amüsant, wie interessiert der Arzt an den Ereignissen war, aber sie wollte es nicht noch einmal durchkauen. Warum der ehemalige Marinelieutnant ihnen geholfen hatte, wunderte sie zwar immer noch – und vielleicht wusste Farley ein bisschen mehr – aber eigentlich... abrupt schlug sie die Augen wieder auf, hob den Kopf und sah den Neuzugang an.

„Wo wir gerade bei der Morgenwind und Enrique sind, was hältst du eigentlich von seinem Begleiter, Kaladar? Wie war er auf dem Marineschiff?“

Wenn sie schon Gregory nicht mehr ausquetschen konnte, dann musste sie sich eben ein neues Opfer suchen.

[Lazarett | Farley und Gregory]
Crewmitglied der Sphinx
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#93
Sie waren Piraten! So ganz offiziell und öffentlich und mit allem Drum und Dran! Rayon hatte es gesagt! Und Scortias war auch einer! Trevor riss gerade den Mund (und die Augen und die Arme) auf, um seiner Begeisterung den gebührenden Ausdruck zu verleihen, vorzugsweise in einem Schwall aus Schwärmereien über rote Segel und explodierende Marineschiffe. Aber da redete Scortias schon weiter. Und Trevor stockte. Gleichzeitig erinnerte er sich daran, dass Rayon es „stocken“ nannte, wenn das Rührei in der Pfanne fest wurde, und er fragte sich, ob er jetzt wohl Ähnlichkeit mit Rührei hatte. Oder mehr mit Spiegelei oder doch mit Omelette? Der begeisterte Ausdruck in seinem Gesicht wechselte zu einem Stirnrunzeln von höchster Konzentration. Schlussendlich bekam er davon Hunger, gab die ganze Pose auf und verschlang den Rest seines Huffresserfleischs.

Scortias was mit seiner Geschichte inzwischen bei „der Captain hockt da oben“ angekommen. Trevor zog eine Augenbraue hoch. Er konnte das ziemlich gut, mit der rechten und mit der linken und mit beiden gleichzeitig oder auch mit beiden gleichzeitig gar nicht. Aber jetzt machte er es eben mit der rechten. Wovon redete der Junge noch gleich?

„Warte, warte, warte!“

Er riss die Hände abwehrend hoch, hielt inne, wirkte, als würde er nachdenken – und lies sie wieder sinken.

„Nein, hab nicht zugehört. Du hast eine Meuterei angezettelt, indem du Essen gestohlen hast?“, improvisierte er fröhlich. „Auf zwei Schiffen?!“

Er sah Scortias mit großen Augen an.

„Wie – wie fürchterlich! Fürchterlich schrecklich oder fürchterlich cool oder alles zusammen, sagen wir … fürchterlich aufregend, genau, das ist es, fürchterlich, fürchterlich aufregend! Oder, Kaladar? Wie hast du– hey, wo guckt ihr denn alle hin?!“

Irgendwo in seinem Hinterkopf hatte der winzige Teil von ihm, der sich ab und zu mit der Aufmerksamkeit der Menschen um ihn herum beschäftigte, zu piepen begonnen. Sofort waren die verschiedenen Fürchterlichs vergessen. Trevor verdrehte sich so akrobatisch, wie es nötig war, um hinter sich zu gucken, und dazu noch ein ganzes Stück weiter. Seine Augen leuchteten auf, schon wirbelte er vollständig herum.

„Oooh, da ist ja noch einer, sagt das doch gleich! Hey, hallo, ahoy!“

Er fuchtelte begeistert mit beiden Händen über dem Kopf, galt das als Winken, und ob das als Winken galt, neuen Leuten musste man doch winken! Vor allem wenn sie so, so ernst aussahen. Vielleicht erfüllte sich die Hoffnung auf Freunde und Action ja doch noch! Im Gegensatz zu Scortias hatte dieser Mann hier nämlich einen Degen, und er wirkte nicht wie einer dieser Umpust-Gegner, auch wenn er im Moment aus unerfindlichen Gründen wohl eher mit Klamotten schleppen beschäftigt war. Er war ziemlich groß und ziemlich rothaarig und er hatte eine ziemlich deutliche Narbe am Oberarm und Trevor fiel auf, dass er selbst abrupt mit den Armen in der Luft innegehalten hatte. Aus dramaturgischen Gründen blieb er so, bis er fand, dass der Mann jetzt in Hörweite war, dann riss er den Mund auf und ratterte drauflos:

„Hey! Ich bin Trevor! Und das ist Rayon und das ist Kaladar und das ist Cesarea und wir sind keine Marinesoldaten! Und das ist Scortias, aber Scortias kennst du ja schon, oder?“

Er wirbelte zu dem Jungen herum, fand dessen Gesichtsausdruck aber nicht sonderlich zu Tode erschrocken, also machte er weiter.

„Er hat nämlich irgendwas von Captain gesagt, du bist der Captain, oder? Freut mich, dich kennenzulernen! Wie heißt du? Du kommst mir nämlich bekannt vor, weißt du, wegen der Narbe und den Haaren, die sind nämlich rot! Vielleicht kenn ich dich, ich kenn dich ganz bestimmt, Rayon ich kenn ihn doch, oder? Woher kenn ich ihn?“

Er holte hörbar Luft – entschied sich aber abrupt dagegen, noch weiter zu reden. Stattdessen setzte er seinen „hochkonzentrierter Denker“-Gesichtsausdruck auf.

[westlicher Strand | bei Rayon, Skadi, Scortias und Cesarea, in Sicht- und zum Schluss auch in Hörweite zu Cornelis | teilweise leeeicht übertrieben gestikulierend]
Crewmitglied der Sphinx
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#94
Am liebsten hätte Aspen den Weg seufzend fortgesetzt, sich innerlich nicht nur über seine richtige Einschätzung gegenüber Ryan geärgert, sondern auch verflucht, dass er Talin damals nicht eindringlicher von den Schwachpunkten überzeugt hatte, die ein Halunke wie Black bot. Doch das wäre alles nur vergeudete Zeit gewesen; genauso vergeudet wie die vorherige Diskussion mitten im Grün. Anstatt sich also alle negativen Gedanken hinzugeben, versuchte der Montrose einmal tief durchzuatmen, alle aufkommenden Bedenken Enrique gegenüber zu begraben und sich darauf zu konzentrieren, dass sie eine Aufgabe erledigen mussten. Diese Taktik, den Blick aufmerksam auf das Grün gerichtet, die Machete weiterhin in der Hand, funktionierte zumindest so gut, dass er Enriques nachträglichen sarkastischen Kommentar keine Beachtung mehr schenkte. Er bräuchte sich hier nicht auf einen sinnlosen Machtkampf einlassen.

So setzte er seinen Weg nun endlich fort und kam tatsächlich in das herrliche Vergnügen, die wohligen Erinnerungen an seine Heimat zu genießen, nur selten unterbrochen von dem naturgemäß unguten Gefühl, beobachtet zu werden, auch wenn Aspen dies getrost auf Enrique schob, der wiedereinmal im Grün untergetaucht und kaum mehr wahrzunehmen war.

Tatsächlich erschien es dem Montrose ziemlich riskant, dass der Marinesoldat so weit weit entfernt von ihm lief. Nicht nur einmal schien es ihn dazu zu verleiten, dass leise Wildnissgeräusche einfach auf den Dunkelhaarigen geschoben wurden – die Versuchung, nur seinen wachsamen Bereich zu übernehmen, war in diesem scheinbaren Idyll einfach viel zu groß. Vielleicht wäre es ihm deswegen auch kaum aufgefallen, wenn er nicht geradewegs darauf zulief, als ein Teil des Grün sich aufbäumte und viel zu gerade Kanten für etwas naturbelassenes besaß. Wahrscheinlich wäre dieser Teil des Grün ihm ohne die verräterische Bewegung kaum in das Auge gesprungen. Doch so wie es jetzt aussah, schien sich dort entweder eine warme Mahlzeit zu verkriechen – eine die nicht wie Sineca den Titel „Haustier“ besaß – oder Ryan hielt sich für ein Nickerchen versteckt und saß seine Zeit aus.
Kurz blieb er stehen, suchte vergeblich mit den Augen Enrique, der sich hoffentlich noch in Sichtweite befand. Als er den Dunkelhaarigen nicht erspähen konnte, entschloss er sich einfach dazu auf die seltsame Stelle zu deuten, bevor er einen weiten Bogen mit dem Arm zog. „Komm du von dieser Seite.“, schien er wortlos anzudeuten, auch wenn sie tatsächlich noch nicht so weit waren, sich wortlos zu verstehen. Einen Moment hielt er inne, damit Enrique begriff, dass ihnen wahrscheinlich ein Tier direkt auf dem Silbertablett geliefert wurde, bevor er möglichst ohne verräterische Töne das Material zu Boden gleiten ließ. Ein weiteres Mal verließ er sich darauf, dass der Marinesoldat ihn sah, auch wenn er selbst ihn nicht sehen konnte, deutete auf die andere Seite des Grün und schlich sich weiter vor. Wenn sie nahe genug an der Höhle waren, konnten sie das Tier wahrscheinlich aufscheuchen – für einen Menschen war das Ding einfach zu klein.
Leise bezog er Stellung und wartete darauf, dass der Soldat aus seiner Deckung auftauchte und ebenfalls Posten bezog.

(Im Dschungel, Enrique)
Crewmitglied der Sphinx
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#95
Liam machte sich meist nichts daraus, ob das, was er erzählte, seinen Gegenüber überhaupt interessierte. Wenn man ihn fragte, antwortete er. Wenn man ihn nicht fragte, dann eben nicht. Er war es stets gewohnt gewesen, mit sich alleine (und letztlich Sineca) unterwegs zu sein und die Einstellung des einsamen Abenteurers änderte sich auch nicht, wenn er gerade seine Dienste auf einem Schiff ableistete, während es ihn zu seiner nächsten Station brachte. Nicht, weil er etwa introvertiert war oder gar Gesellschaft nicht mochte - einfach, weil er es gewohnt war und nicht den Drang verspürte, sich von seiner Art zu leben zu trennen. Deshalb auch hätte es ihn kein bisschen gestört, wenn das hier das Ende ihres 'Gespräches' gewesen wäre. Im Grund erwartete er nach dem ersten Eindruck, den dieser Todgeglaubte auch nicht, dass er sich weiter mit ihm abgab - schon die letzte Frage war eine Überraschung gewesen. Auch, wenn es für Liam nicht viel änderte, war er gespannt, wie es die nächsten Tage weitergehen würde. Wer würde sich dazu entschließen, sich der Crew anzuschließen und wer so schnell wie möglich versuchen, sich aus dem Staub zu machen? Sogesehen hatten sie alle bloß Glück gehabt, zur richtigen Zeit in Luciens Nähe eingesperrt gewesen zu sein. Es hätte genauso gut eine andere Hand voll Verbrecher treffen können, die unverhofft zurück in die Freiheit gelangt wären. Würden die, die es geschafft hatten, etwas mit ihrer neuen Chance anzufangen wissen? Aus den Augenwinkeln beobachtete er bei diesem Gedanken den Kautz, der sich zu ihnen verirrt hatte. Ein Menschenfreund schien er nicht wirklich zu sein (war ja auch sein gutes Recht), aber auch die Freude darüber, zwar gesucht, aber frei zu sein, hielt sich bei ihm ziemlich in Grenzen. Gerade, wenn man im Vergleich Talins Bruder betrachtete. Was Kaladar und Enrique anging, galten ja etwas andere Regeln, aber auch das versprach recht spannend zu werden.

Als Yaris tatsächlich wieder die Stimme erhob, nahm Liam es weder mit Freuden noch mit gegenteiligen Emotionen wahr. Er versuchte nicht, den Älteren aus der Reserve zu locken, gleichzeitig aber war er ihm auch nicht unfreundlich gesinnt, solange er es nicht provozierte wie vorhin. Entgegen seiner Erwartung war diese Frage aber sogar gar nicht mehr ganz so oberflächlich wie er ihn eingeschätzt hatte. Der Lockenkopf schmunzelte hörbar, wandte sich aber nicht mehr zu seinem Gesprächspartner herum. Dazu hatte die Natur der Insel seinen Blick gerade viel zu sehr gefangen.

"Abschaum der Gesellschaft?", wiederholte er amüsiert, ließ es aber so stehen. "Tja. Ich schätze, eine Karriere bei der Marine war mir wohl einfach nicht vorherbestimmt."

Dabei klang er gar nicht unerfreut darüber. Er hatte in keinem Moment seines Lebens darüber nachgedacht, dass es ihm dort vielleicht besser ergangen wäre - es war nie eine Option gewesen. Dazu war er Rängen zu sehr abgeneigt und gesellschaftlich wohl auch nicht der Typ Mann, der perfekt ins Bild passte.

"Versuchen wir nicht alle bloß, irgendwie zu überleben? Die Art und Weise wählen wir selbst und so wenig, wie du in der Position bist, über meine Wahl zu urteilen, geht es mir wohl auch mit deiner Wahl." Er drehte den Kopf leicht über die Schulter, konnte Yaris in seinem Rücken aber dennoch nicht sehen. Seiner Stimme nach war seine Aussage aber recht eindeutig als ein 'Mir ist es egal, was du tust oder getan hast' zu verstehen. "Zumindest handhabe ich die Dinge so. Ich kann nicht für den Rest der Crew sprechen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass du bei den meisten schon mal punkten kannst, wenn du ihnen ein bisschen Respekt entgegenbringst und zumindest so tust, als hätten wir dir einen Gefallen getan, statt so zu wirken, als hätten wir dein Leid auf Erden verlängert."

Liam klang viel zu gut gelaunt, als dass es kein Scherz gewesen wäre. Er war nicht unbedingt empathisch und der Eindruck, dass Yaris lieber seinem Schicksal erlegen wäre, mehr seiner stillen, in sich gekehrten Art zu verdanken als irgendeiner Vorahnung, die er hatte. Ins Blaue geraten sozusagen, während er den ehemaligen Gefangenen ein wenig aufzog - im Guten verstand sich. Vielleicht ließ er sich ja doch etwas aus der Reserve locken. Wenn nicht, auch gut.


{ Yaris und Sineca | an Deck }
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#96
Ihre Gesichter waren einander nun so nahe, dass er jede noch so kleine Facette ihrer blauen Augen sehen konnte. Ein klares, helles Blau wie der Himmel an diesem Tag, durchzogen von helleren Diamantsprenkeln und umrahmt von einem deutlichen, dunklen Ring, der die Iris vom Weiß trennte und die Farben noch kräftiger hervor hob. Ein endlos klares Blau, in dem er sich hätte verlieren können – wenn er nur gewollt hätte. So faszinierend.
Der Dunkelhaarige war ihr so nahe, dass ihm auch der düstere Schatten nicht entging, der bei seinen Worten kurz in ihren Augen aufflackerte. Ein dunkler Funke, der ihm sichtlich gefiel. Er machte sich gerade auch nicht die Mühe, das zu verbergen. Frauen mit Charakter hatte er immer schon gemocht. Frauen, die kratzten und bissen, bestenfalls in gegenseitigem Einvernehmen. Und der Ausdruck in ihren Augen deutete darauf hin, dass sie so eine Frau war.
Lucien lächelte.

"Deine Empfehlung wurde wohlwollend zur Kenntnis genommen."

Ganz intuitiv senkte er die Stimme, musste schließlich nicht besonders laut sprechen. Egal, welche Reaktion jetzt kommen sollte – und er rechnete mit so ziemlich allem – auch darauf freute er sich bereits. Das kleine Spiel mit ihr reizte ihn, machte ihm regelrecht Spaß. Dass Shanaya ihn dabei so herausforderte, störte ihn nicht im geringsten. Sie testete ihn, teste, was für eine Art Mensch er war und das war für den 21-Jährigen völlig in Ordnung. Immerhin schien sie bisher nicht so oft auf Männer gestoßen zu sein, die meinten, was sie sagten.. weshalb sie ihr Spielchen wohl noch nie bis zum Ende hatte durchziehen müssen.
Aus den Augenwinkeln bemerkte er ihre Bewegung, wie sie die Hand hob und sich das Stück Dörrfleisch demonstrativ ungerührt in den Mund schob. In den grünen Augen, die unverwandt auf ihren ruhten, blitzte der Schalk auf. Schade. Er hätte wirklich gern das Fleisch gekriegt. Aber es war die Sache wert, wenn er dafür ihre Reaktion bekam. Keine besonders starke, nein. Vielmehr umgab sie sich mit einer kühlen Schale. Sie wich nicht zurück – konnte sie ja auch nicht wirklich – und sie versuchte auch nicht, ihm zu entkommen. Was zumindest für ihr Selbstbewusstsein sprach. Stattdessen unterbrach sie den Blickkontakt kurz, um ihn einmal ausführlich von oben bis unten und zurück zu mustern.
Nicht überzeugt. Seine Mundwinkel zuckten amüsiert. Die ganze Zeit hatte er die grünen Augen nicht von ihr gelöst, hatte ihre Züge gemustert und tat das auch noch, als ihr Blick in einer stummen Aufforderung an seinen Lippen hängen blieb.

"Mach dir um mich mal keine Sorgen. Ich bin robuster als ich aussehe.",

gab er nun noch gedämpfter zurück, beugte sich ganz langsam zu ihr hinunter, bis er ihre Lippen mit den seinen flüchtig streifte. Doch statt sie tatsächlich zu küssen – und das Verlangen danach war unleugbar da – neigte er den Kopf leicht, lehnte sich noch ein wenig vor und brachte seinen Mund damit dicht an ihr Ohr, um ihr Worte zuzuflüstern, die nur für sie bestimmt waren.

"Aber ehrlich gesagt interessiert es mich gar nicht, ob ich dich überzeugen kann, oder nicht. Ich habe ja schon, was ich wollte."

Noch während er den letzten Satz aussprach, legte er die Finger um die Hand, in der sie das Zwieback hielt und entwand ihr das Gebäck, ehe er ihr einen flüchtigen Kuss auf jenen Flecken ihres Halses hauchte, der knapp unter ihrem Ohr lag. Im nächsten Moment wich er einen halben Schritt zurück, nur zur Sicherheit, und schenkte ihr ein verschmitztes Zwinkern.

[Mannschaftsdeck | mit Shanaya | Kombüse]
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#97
Sie hasste ihn. Jetzt schon. Das Verlangen nach Flucht ebbte nicht ab, auch wenn es in diesem Moment keine Chance zum entkommen gab. Das musste sie einfach aussitzen. Es blieb ihr also nur, seinen Blick mit fester Miene zu erwidern, mehr oder weniger ruhig stehen zu bleiben. Wenigstens war die Aussicht nicht die schlechteste. Und sie brauchten nicht einmal eine Ausrede, um die Augen des anderen genauer zu inspizieren. Und sie blieb dabei – ihr gefiel, was sie sah. Seine Antwort kommentierte sie schließlich mit einem kurzen zur Seite neigen ihres Kopfes – und mit einem vielsagenden Blick.

Und dann sagst du so etwas gemeines?“

Sie brauchte nicht mehr dazu zu sagen, sie musste sich damit wohl auf ganz andere Dinge konzentrieren. Die Stimme des Mannes war leiser geworden – und ganz automatisch passte der Ton ihrer Stimme sich an. Was für ein widerlicher Zwiespalt. Ihre Möglichkeiten kreisten immernoch durch ihre Gedanken, aber hier stehen zu bleiben und der Dinge zu harren, die da noch kamen, erschien ihr am sinnvollsten. Die junge Frau hoffte, dass sie damit richtig lag.
Aber irgendwie musste sie diesen Gedanken zur Seite schieben, musste darauf aufpassen, was der Mann als nächstes tat. Schließlich musste sie Bescheid wissen, wenn sie ihm irgendein Körperteil abbeißen musste. Vorzugsweise die Nase. Die war ihr immerhin nah genug. Und damit rechnete er vermutlich nicht. Aber auch, während sie ihn musterte, regte Lucien sich nicht weiter. Was hatte er für ein Glück, dass er den kurzen Moment ihrer halben Unachtsamkeit nicht ausnutzte. Und so erwiderte er ihren Blick, wirkte nach wie vor amüsiert über ihre Worte, ihre Musterung. Seine Worte entlockten ihr ein amüsiertes Auflachen, mit dem sie sich einen weiteren, prüfenden Blick verkniff. Trotzdem ließ er sich von all dem locken, dessen war die Dunkelhaarige sich vollkommen sicher. Ansonsten hätte er nicht so nah vor ihr gestanden und... was auch immer er da genau tat.

Dabei haben dich die vielen Jahre im Gefängnis bestimmt geschwächt... und dazu die Langeweile... ohne gute Gesellschaft.“

Dieses eine Wort betonte sie bewusst. Ohne weibliche Gesellschaft. Das war sicher eine Qual für einen Mann wie ihn gewesen. Denn schon jetzt, nach diesen wenigen Momenten, konnte sie Talins Worte zumindest in einem Punkt unterschreiben. Sie würde sicher nicht die einzige Frau bleiben, die er in solch eine Situation bringen würde. Nur würde er bei den meisten vermutlich erfolgreicher sein. Dieser kleine Abstecher ihrer Gedanken wurde abrupt abgebrochen, als der Dunkelhaarige noch ein wenig näher kam. Augenblick erfroren die Gedanken der Schwarzhaarigen, während ihr Körper einfach weiter still stehen blieb. Die Berührung seiner Lippen hatten ihr Herz in einen holprigen Takt gebracht, ausgelöst durch einen Strudel Emotionen, die alle nicht zu ihr passen wollte. Die wusste schlicht und ergreifend nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Musste sie zum Glück aber auch nicht, sie wusste nicht einmal, ob er ihren leicht angespannten Körper bemerken würde, aber seine Lippen blieben nicht dort, sondern wanderten weiter.
Den Hauch einer Sekunde konnte sie sich wieder zur Ruhe rufen, ehe seine leise Stimme direkt an ihrem Ohr erklang, ihr einen Schauer zwischen eiskalt und kochend verlieh. Zu dem (sie würde dieses Wort über sich selbst nicht in den Mund nehmen, oder gar darüber nachdenken) überforderten Gefühl in ihrer Brust mischte sich der Drang, ihn von sich weg zu schubsen. Einfach nur, weil er da an einer furchtbaren Stelle war. Aber noch bevor sie diesen Gedanken vollführen konnte, spürte sie seine Lippen an ihrem Hals. Damit hielt sie nun doch den bis dahin stockenden Atem an, versteifte sich unter dieser Berührung und schluckte mit aller Kraft das Quieken herunten, das in ihrer Kehle nach oben kroch. Sie verriet ihm vermutlich schon viel zu viel mit ihrer Körperhaltung, das sollte reichen. Seine Worte – und was er daraufhin tat – verwirrten sie einen viel zu langen Moment. So ein verdammter Mistkerl. Aber so einfach ließ sie ihn damit nicht davon kommen! Ungeachtet seiner Worte folgte sie dem Dunkelhaarigen sofort mit einem Schritt, griff nach seinem Handgelenk, in der das Zwieback ruhte und richtete den Blick wieder fest auf seine grünen Augen, während ihre andere Hand nach dem Gebäck griff.

Und in deiner Zelle hast du dazu einiges verlernt, hm?“

[Kombüse | Lucien]
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#98
Es überraschte Rayon nicht, dass er mit seiner Vermutung richtig gelegen hatte, aber er war froh, dass Scortias sofort mit der Wahrheit herausgerückt war. Anscheinend war sein Vertrauen in ihre kleine Gruppe groß genug - erneut war er froh, Trevor bei sich zu haben, der dazu mit Sicherheit einen Großteil beigetragen hatte. Es dauerte dann allerdings doch einige Augenblicke, ehe der Junge nicht nur zugab, ein Pirat zu sein, sondern auch noch die Anwesenheit seines Captains auf dieser Insel offenbarte. Dass ihnen von diesem keine Gefahr drohte, glaubte Rayon ihm ungesehen - sie waren in der Überzahl und er konnte sich kein mögliches Szenario ausmalen, in dem ein auf einer einsamen Insel gestrandeter Mann versuchen würde, ihnen Schaden zuzufügen, um dann... eine vernünftige Begründung dafür gab es nicht. Trevor wären bestimmt sofort ein Dutzend eingefallen, aber von denen wäre eine wahnwitziger als die andere gewesen. Solange es sich tatsächlich nur um einen Mann handelte, wie Scortias sagte, mussten sie sich also keine Sorgen machen. Die größere Frage war tatsächlich, warum ein erwachsener Mann ein Kind vorschickte, völlig allein, um Fremde in Empfang zu nehmen und auszuloten, ob sie ihm gefährlich werden könnten - Fremde, die vielleicht gar kein Interesse an einer freundlichen Unterhaltung gehabt hätten. Sie hätten auch Sklavenhändler sein und sich sehr über die Ware freuen können, die sich ihnen hier auf dem Präsentierteller angeboten hätte, und Scortias' Captain hätte nicht den blassesten Hauch einer Chance gehabt, seine Entführung zu verhindern. Ein solches Verhalten, ein solcher Plan wirkte auf ihn in höchstem Maße unverantwortlich, doch Rayon gab sich Mühe, nicht vorschnell zu urteilen. Er würde dem Mann die Gelegenheit geben, sich zu rechtfertigen, denn ihm fehlten gewiss Informationen, die ein anderes Licht auf die Situation werfen konnten. Der Schiffskoch hatte genug Lebenserfahrung, um sich dessen bewusst zu sein.

Zunächst einmal warf er Scortias ein weiteres warmes Lächeln zu und legte ihm die Hand auf die Schulter.

"Das war sehr mutig von dir, Scortias. Dein Captain scheint sich wirklich auf dich verlassen zu können."

Damit wollte er dem Jungen vor allem signalisieren, dass er nicht böse war, weil dieser ihnen zunächst die Wahrheit vorenthalten hatte. Direkt im Anschluss drehte er sich um und blickte in die Richtung, in die Scortias dem ominösen Kapitän soeben das Zeichen gegeben hatte, dass die Luft rein war. Ein wenig angespannt war er trotz der für sie kontrollierbaren Situation schon - er hatte nicht immer positive Erfahrungen damit gemacht, auf andere Piraten zu treffen, ganz im Gegenteil. Insbesondere, weil er während seiner Zeit auf der Sirène inoffiziell im Dienste der Tarlenns gestanden hatte und nicht jeder seiner Kollegen, wenn man sie so nennen wollte, darauf besonders positiv reagiert hatte. Allein mit einem Kind auf einer Insel, seines Schiffes und seiner Besitztümer beraubt, hatte der Mann zudem sicherlich nichts zu verlieren - aber dafür umso mehr zu gewinnen, und dafür würde er ihre Hilfe brauchen.

Es dauerte einige quälend lange Augenblicke, ehe sich eine Gestalt aus dem dichten Gestrüpp am Waldrand erhob, genau dort, wo er zwei Minuten vorher noch hingeblickt, aber nichts erkannt hatte. Er war anscheinend verdammt gut versteckt gewesen. Rayon nahm sich die Zeit, den Mann genau zu mustern, während dieser auf sie zuging und versuchte, Trevors Gebrabbel dabei so gut wie möglich auszublenden. Der Captain des Jungen hatte dunkelblonde Haare, einen dichten Bart, der im Sonnenlicht einen rötlichen Schimmer ausstrahlte, und war eine beeindruckende Erscheinung, ebenso muskulös wie Rayon selbst, aber noch einmal ein gutes Stück größer. Auch konnte er nicht umhin zu bemerken, dass der Mann die rechte Hand in Reichweite des Degens an seiner Seite hielt. Rayon konnte es ihm nicht verdenken - weder kannte er sie, noch hatte er ihr Gespräch mithören können. Er musste sich allein auf das Urteil eines Jungen verlassen, auch wenn er dem anscheinend eine ganze Menge zutraute. Und zumutete.

Noch ehe er sich überlegen konnte, wie er dem Fremden begegnen würde, hatte Trevor bereits damit begonnen, ihn überschwänglich zu begrüßen. War das bei Scortias noch angebracht gewesen, hatte Rayon den dringenden Verdacht, dass er mit seiner Art bei dem Neuankömmling auf weniger Gegenliebe stoßen würde. Deshalb ergriff er die erste sich bietende Gelegenheit, als der Scovell seinen Blick suchte, überging die Frage völlig - auf die konnte er auch später noch antworten, wenn Trevor sie bis dahin nicht schon längst vergessen hatte - und bedeutete ihm stattdessen mit einem energischen Blick, den Mund zu halten. Erfreulicherweise tat Trevor eben das, wobei Rayon sich nicht ganz sicher war, ob der Grund dafür seine Aufforderung oder irgendein Gedankengang in seinem Kopf war - es spielte auch keine Rolle. Er atmete innerlich einmal tief durch und wandte sich dann dem blonden Kapitän zu und deutete mit einem Kopfnicken auf den Degen.

"Dir droht keine Gefahr durch uns, das garantiere ich dir bei meiner Piratenehre."

Damit hatte er ihm bereits die wichtigsten Informationen übermittelt: Sie waren Piraten und sie wollten ihm kein Leid antun.

"Und entschuldige den Wortschwall meines Kameraden. Dürften wir auch deinen Namen erfahren?"

Sein Lächeln war zunächst einmal einem ernsten Blick gewichen. Der Smutje hatte das Gefühl, dass man dem Mann bei diesem ersten Aufeinandertreffen weniger mit grenzenloser Offenheit und Freundlichkeit begegnen musste, sondern vielmehr mit einem gesunden Maß an Seriosität.
[ Strand auf der Westseite der Insel | Trevor, Skadi, Scortias und Cornelis ]
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#99
Der Dunkelhaarige lächelte in sich hinein.
Ganz offensichtlich hatte sein kleines Ablenkungsmanöver ihr für einen Augenblick im wahrsten Sinne des Wortes den Atem geraubt. Er hatte ihre Anspannung gespürt, als ihre Lippen sich für einen halben Lidschlag berührten und noch deutlicher wurde ihm die, als er sich zu ihrem Ohr vorbeugte. Die kühle Schale von gerade eben wurde zu dem ausgewachsenen Wunsch, ihm und seiner unmittelbaren Nähe zu entkommen.
Allerdings schien er die Schwarzhaarige nicht so weit aus dem Konzept gebracht zu haben, damit sie ihm den kleinen Sieg kampflos überließ. Oder aber er hatte sie tatsächlich zu sehr aus der Bahn geworfen, denn anders war ihre Reaktion kaum zu erklären. Trotz ihrer deutlichen Abneigung gegen seine Nähe war dieses Mal sie es, die näher kam. Um dem Zwieback zu folgen.
Reflexartig wich Lucien noch weiter zurück, konnte dabei ein belustigtes Lachen nicht unterdrücken. Trotzdem war er nicht schnell genug, um Shanaya zu entwischen, sodass sich gleich darauf ihre Finger um sein Handgelenk schlossen. Die Haut dort war noch immer empfindlich und verschorft, doch der 21-Jährige überging das kurze Gefühl des Unwohlseins. Immerhin war auch er nicht bereit, das erbeutete Zwieback einfch so wieder her zu geben. Er wechselte also die Taktik, drehte den Spieß wieder um...
Den Schwung ihres Näherkommens nutzend, riss Lucien den Arm mit dem Gebäck in die Höhe, um es vor ihr in Sicherheit zu bringen, bevor ihr Griff ihn davon abhalten konnte. Unvermittelt fühlte er sich an die hunderten Male erinnert, in denen er seiner kleinen Schwester etwas stibitzt hatte und auch bei ihr hatte er seine Größe ausgenutzt. Allerdings war es im Gegensatz zu diesem Moment etwas ganz anderes, wenn eine Zehnjährige an einem hoch hüpfte und dabei bitterböse schimpfte... Er ersparte ihnen beiden diese Peinlichkeit, indem er aus der gleichen Bewegung heraus den freien Arm um ihre Taille legte und sie kurzerhand an sich zog.
In den schlangengrünen Augen blitzte erneut herausfordernd der Schalk auf, als er wieder ihren Blick auffing.

"Stimmt. Die Gesellschaft hier ist tausend mal besser als im Gefängnis.."

Der leise Unterton in seiner Stimme machte deutlich, dass er genau wusste, worauf Shanaya anspielte. Nicht, dass seine Zellennachbarn nicht allesamt sympathischen Leute gewesen wären, aber die Sache mit dem Frauenmangel konnte einem schon zu schaffen machen. Mit Männern hatte er es eben einfach nicht so. Doch bevor sich die Gedanken an die letzten beiden Jahre deutlicher manifestieren konnten, verdrängte Lucien sie gewaltsam aus seinem Verstand. Er blieb im Hier und Jetzt, widmete sich umso intensiver seiner schwarzhaarigen Gesellschaft, um nicht tatsächlich dorthin abzurutschen, wohin ihn seine Erinnerungen für einen Herzschlag hatten führen wollen. Doch für diesen kurzen Moment war der gutgelaunte Ausdruck aus seinen Augen verschwunden, kehrte erst jetzt wieder zurück.

"Was genau habe ich denn deiner Meinung nach in meiner Zelle verlernt, Shanaya? Wie ich eine Frau dazu bringe, sich für mich zu interessieren? Klappt doch eigentlich ganz gut – du kannst dich ja kaum von mir losreißen."

Da er sie gerade fest hielt, war ihm die Ironie dieser Worte sichtlich bewusst. Er musste erneut ein Lachen unterdrücken, grinste aber amüsiert.

[Mannschaftsdeck | mit Shanaya | Kombüse]
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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Es war Shanaya viel zu bewusst, dass sie allein mit der Anspannung ihres Körpers zu viel verriet. Aber für den Moment hatte der Dunkelhaarige sie überrumpelt, hatte den Moment der Überraschung überaus wirksam genutzt. Was Nichts daran änderte, dass sie ihm das alles so durchgehen ließ. So weit würde es noch kommen! Und der Mann schien mit einigem zu rechnen, er versuchte ihr doch noch zu entkommen, jedoch zu spät. Das Lächeln auf den Lippen der jungen Frau wurde ein wenig triumphierend, womit sie möglichst schnell versuchte, an die kleine Beute zu kommen. Nur einen Hauch zu langsam. Und schon hielt Lucien das Zwieback in die Höhe – womit sie den Griff um sein Handgelenk lockern musste – die Hand aber um den Teil seines Armes schloß, den sie noch erreichte. Sie sollte ihm wehtun. Sehr doll wehtun. Der kurze Gedanke wurde nur noch einmal intensiver, als sie seinen Arm um sich spürte – und ihm mit dem nächsten Herzschlag viel zu nah war. Schon wieder. Sie bleib dabei. Er war ein Mistkerl. Daran änderte auch der kurze, überraschte und Luftlose Moment Nichts. Diesen glich sie mit einem tiefen Seufzen aus, mit dem sie den finsteren Blick wieder direkt auf sein Gesicht richtete. Irgendwie hatte sie sich ja selbst in diese Situation gebracht... was für eine Zwickmühle. Sie war ihm wieder so nah, dass sie ihn hätte beißen können. In die Nase, in die Lippe. Für den Moment war ihr egal, was sie erwischen würde. Er hatte es jedenfalls verdient. So. Aber mit seinen Worten wurde ihr Lächeln wieder einen Hauch sanfter. Sie konnte – jetzt noch viel weniger – zurück weichen. Zumal er damit gewonnen hätte. Eine unmögliche Option. Und sie wünschte ihm die Pest an den Hals.

Du Armer. Du bist bestimmt völlig ausgezerrt von diesem Mangel...“

Shanaya hob die freie Hand – mit der sie eigentlich nach dem Gebäck hatte greifen wollen – legte sie beinahe vorsichtig an seine Wange und strich mit den Fingern sachte über seine Haut, bis zu den Lippen. Ihr Lächeln wurde dabei noch eine Spur breiter, während sie den Blick nicht von ihm abwandte. Auf seine Worte ging sie zuerst nicht ein, ließ die Hand weiter zu seinem Hals wandern, wo sie nach einer weiteren, sanften Berührung ruhen ließ. Das Beste aus dieser Situation machen, in der ihr Herz in einer paradoxen Mischung aus Gefallen und dem Verlangen nach Flucht einige Takte schneller schlug. Ihre Stimme blieb bei einem ruhigen Flüsterton. Obwohl sie ihm auch gern ins Ohr geschrien hätte.

Ich fühle mich einfach unglaublich zu dir hingezogen, du knuspriges Gebäck.“ Sie verkniff sich den Blick zu dem Zwieback, hob nur leicht eine Augenbraue und warf dem Mann damit einen vielsagenden Blick zu. „Und den Rest... vielleicht kommst du ja selbst noch drauf. Sonst helfe ich dir irgendwann sicher gerne.“

Weiterhin wich sie nicht zurück, blieb sogar recht entspannt, angesichts der Tatsache, dass jeder Fluchtversuch zu etwas geführt hätte, mit dem sie selbst nicht zufrieden gewesen wäre.

[Kombüse | Lucien]


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