06.11.2017, 17:01
Doch auch beim Schwimmen merkte er, wie seine Kräfte schnell nachließen - viel schneller als er es gewohnt war. Es erinnerte ihn an die Flaute, in der sie mit der Onyx einmal lange festgehangen haben. Auch damals waren die Vorräte und sogar das Trinkwasser knapp geworden. Zwar hatten sie zunächst die Onyx mit den Beibooten rudernd bewegt, doch war dies eine mühsame und vor allem kraftraubende Arbeit gewesen, die sie nur minimal vorangebracht hatte, und die sie schließlich auf Grund der fehlenden Kräfte der Mannschaft ganz einstellen mußten.
Er machte also bald kehrt und schwamm soweit zurück, daß er wieder stehen konnte. Das Wasser reichte ihm hier noch bis zu seiner behaarten Brust. Er rieb sich nun nochmals über die linke Schulter und seinen Hals, um eventuelle Rückstände des Blutes restlos zu entfernen. Dann holte er Luft und tauchte unter, um sich den gröbsten Dreck aus Gesicht und Haaren zu waschen. Als er wieder aufgetaucht war und sich durch Haare und Bart fuhr, um die größte Unordnung zu entfernen, spürte er wieder, daß beides viel zu lang und ziemlich verfilzt war. Sollte er jemals wieder von dieser Insel kommen, würde er sich die Haare auf dem Kopf und im Gesicht erst einmal ordentlich stutzen lassen. Er mochte Chaos nicht und erst recht nicht bei sich selbst. Zwar hatte er schon einige Male die längsten und am meisten verknoteten Strähnen seines Bartes mit dem Messer abgeschnitten, doch ging das nicht besonders gut und sah vor allem auch recht unordentlich aus.
Als er sein Bad schließlich beendet hatte, stieg er wieder aus dem Wasser an den Strand zurück. Unzählige Narben zierten seinen muskulösen Körper - am auffälligsten waren die eines tiefen Säbelhiebs am linken Oberarm und die eines Durchschusses an der rechten Wade. Er ging zu seinen Kleidern, die er in der Nähe des Unterstandes abgelegt hatte als er den Degen zu seinem Rock und seinem Hemd gehangen hatte, schüttelte den gröbsten Staub heraus und zog sie wieder an. Zuletzt schlüpfte er in seine Stiefel und ging dann hinüber zu dem Baum, wo Scortias gerade bei den letzten Vorbereitungen beim Fleisch war. Das erfrischende Bad hatte seine Stimmung ein wenig gehoben und als der Schiffsjunge zu ihm aufsah entdeckte er, daß es einer jener seltenen Momente seit 23 Tagen war, in denen das Eis in seinen Augen verschwunden war. Man konnte zwar nicht sagen, daß er lächelte, doch waren seine Lippen nicht mehr so fest verschlossen und seine Mundwinkel einen Hauch nach oben gewandert. Er betrachtete Scortias, wie er da saß und vom Blut des Hirsches verschmiert war. Er machte eine Kopfbewegung in Richtung Meer.
"Geh dich schon mal waschen, ich hänge das Fleisch zum Braten übers Feuer."
Als erstes nahm er nun den Spieß von ihrem Bratgestell zur Hand und steckte einige Fleischstücke darauf. Den Rest würde er auf die angespitzten Stöcke, die sich mit der Zeit angesammelt hatten, verteilen und in den Sand neben das Feuer stecken, so daß sie schräg den Flammen zugeneigt ebenfalls braten konnten.
[am westlichen Strand zusammen mit Scortias]