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Gesichter der Vergangenheit
Cornelis & Enrique ✓
Szenen-Informationen
Charaktere Gast
Datum 16 September 1806
Ort
Tageszeit Mittags
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
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#21
Die Dunkelheit des Zimmers lag schwer über der kleinen Gruppe und füllte den Raum mit drückender Atmosphäre. Das Flackern der Kerze ließ die Schatten bedrohlich zucken und wanken und doch war das nichts im Vergleich zu dem, was den unerwarteten Besucher bedrängte, zumal die beiden Kinder einander hatten und wussten, sie bräuchten nur die schweren Vorhänge beiseite zu schieben und schon würde helles Tageslicht ihre Welt durchfluten. Auch war sie für das Mädchen nicht ansatzweise so schwer zu ertragen, wie für den Jungen, der sich nur zu gut an die Worte seiner Mutter erinnerte und sich darum bemühte seiner Verantwortung auch gerecht zu werden. Dass er bereits ausreichend für das Wohl des Verletzten gesorgt hatte kam ihm dabei nicht in den Sinn, stattdessen fragte er sich unentwegt, was er vergessen haben oder wo ihm ein Fehler unterlaufen sein und wonach der Mann möglicherweise noch verlangen könnte.
Wie Enrique vorher bei Isabellas leisen Worten, zuckte auch sie bei Cornelis erstem Ausruf zusammen, zog den Kopf zwischen die Schultern, kniff die Augen zu und hielt sich an der Sitzfläche fest, bis der Fremde mit seinem Ausruf fertig war.

"Chick? Wer ist Chick?", fragte sie Enrique leise, als Cornelis dann auf eine Antwort wartete.

Der schüttelte nur stumm den Kopf und sah anschließend wieder zum Steuermann hinüber. Genau wie sie hatte er keine Ahnung nach wem der Mann da verlangte.

"Tut mir leid Sir, Chick ist nicht hier. Ich bin es, Enrique."

Einem inneren Drang folgend ließ er die Rückenlehne des Stuhls los, trat eilends an den hölzernen Bettpfosten am Fußende des schweren Eichenbettes, der ihm am nächsten war, und hielt sich dann mit beiden Händen verzweifelt daran fest.
Hatte der Steuermann ihn etwa vergessen? Das konnte doch nicht sein! Und das Gespräch im Hafen? Das er ihn hierher gebracht hatte? Was, wenn ja? War das dann seine Schuld? Bestimmt war sie das!
Seine Beine drohten nachzugeben und sein Herz schlug ihm bis zum Hals, in dem sich ein dicker Kloß bildete. Trotzdem zwang er sich weiterzureden:

"I-ich habe sie zu mir nach Hause gebracht. U-und Isabella ist hier. Mei-meine Schwester. S-sie sind nicht mehr an B-bord der Seepf-pferdchen. E-erinnern sie sich nicht?"

¡Bitte erinnern sie sich! ¡Bitte! ¡Bitte!, flehte er und starrte den Rotbart an, ohne wirklich mitzubekommen dass sich seine Sicht trübte. Er hatte doch nur helfen wollen. Und nun hatte er alles nur noch schlimmer gemacht! Das hatte er nicht gewollt. Wirklich nicht!

Isabella wrang mit ihrer Hand an einem Zipfel ihres Kleides und beobachtet Enrique. Er beachtete sie nicht mehr und das macht ihr Sorgen. Wenn ihn etwas dermaßen gefangen hielt, dann musste es in ihm brodeln. Also musste sie ihn beruhigen oder er würde heftig reagieren und das würde bestimmt laut. Aber wie zu ihm durchdringen?
Berührungen halfen meist. Also stand sie auf, trat zu ihm und griff mit beiden Händen vorsichtig seinen Oberarm.

"Er ist bestimmt nur ein bisschen durcheinander", flüsterte sie, unsicher, ob ihr Bruder sie hören würde.
Cornelis Feuerbart
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#22
"Enrique... Don Jorges Sohn. Du hast mich aus dem Hafen weggebracht."

Wie der Sonnenstrahl, der durch den Nebel dringt und ihn schließlich auflöst, so drang der Name des Jungen in das Bewußtsein des Mannes und löste die Verwirrung seines Geistes auf. Und da waren sie wieder, die Bilder - die Seepferdchen, der Sturm, das Gefühl des nassen Segeltuches, das ihn zu Boden riß, ein Schlag auf den Kopf, aus und dann die Dunkelheit - die nicht enden wollende, ewige Finsternis. Und die eine quälende Frage drängte sich in ihm wieder in den Vordergrund - die eine Frage, die alles Gesprochene zu Nichtigkeiten verblassen ließ. Cornelis wandte den Kopf ab in die entgegengesetzte Richtung als die, aus der er Enriques Stimme hörte.
Er beantwortete die Frage nach Chick nicht. Er trat Isabella ungewollt auf die Füße, indem er ihre Anwesenheit mit nicht einem Wort würdigte. Alles war bedeutungslos geworden vor dieser einen, alles entscheidenden Frage, die er nun mit leiser angespannter Stimme Enrique stellte:

"Der Arzt - war er schon hier? Was... was hat er gesagt?"
Crewmitglied der Sphinx
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#23
Cornelis schwerfällige Wiederholung seines Namens ließ Enrique vor Anspannung fast zerbrechen. Mit der darauf folgenden Zuordnung jedoch löste sich der Knoten, ein Zittern lief durch den jungen Körper, begleitet von einem erleichterten Aufatmen. Für einen Augenblick schloss der Junge die Augen, was Tränen über seine Wangen schickte. Der Blondschopf erinnerte sich an ihn, an das Gespräch und an den Aufbruch aus dem Hafen. Ein Glück!
Langsam drang auch Isabellas Nähe in sein Bewusstsein. Er wandte sich ihr zu, lächelte sie unsicher und Hilfe suchend an und wärmte damit dennoch Isabellas Herz, die ihn überglücklich über diese Reaktion anstrahlte. Sämtliche Zweifel waren dadurch auch bei Enrique kurz darauf wie weggewischt und erst die erstickte Frage des Steuermannes dämpfte die Freude der Beiden. Das Mädchen drückte kurz den Arm ihres Bruders, so als wolle sie damit sagen: Du machst das schon.
Der nickte, musste sich aber erst einmal räuspern ehe er antworten konnte.

"Ah, ha-hmm, s-si. Mister Carstairs war schon hier. Er will rechtzeitig vor dem Essen wieder hier sein und hofft, dass sie dann wach sind Sir. Aber falls nicht sollten wir sie nicht wecken, dann wäre er nur zum Abendessen erschienen. Er ist nämlich auch eingeladen und—"

Enrique musste sich bremsen um sich nicht in unnötigen Details zu verlieren. Sein Vater mochte es überhaupt nicht, wenn er auf eine Frage Antworten erhielt, von denen er gar nichts wissen wollte und dem Jungen passierte das nur all zu häufig. Ob Cornelis genau so dachte wusste der Zehnjährige zwar nicht, aber er wollte alles richtig machen, damit weder der Steuermann noch Jorge einen Grund hätten mit ihm zu schimpfen.

"E-er sagte, dass es gut war, sie hierher zu bringen und das sie sich ausruhen müssen. Ruhe wäre jetzt das aller Wichtigste für sie. Deshalb hätten wir sie auch schlafen lassen sollen und u— ääähhh haben uns darum bemüht sie nicht zu stören. Wir haben sie doch nicht gestört oder?"

Wieder hielt er inne, biss sich auf die Unterlippe. Er musste sich konzentrieren!

"U-und er sagt, dass wenn sich die Wunde nicht entzündet, sie gut heilen wird, die sollte ihnen keine Probleme bereiten. Es ist auch nichts gebrochen. Das wird wieder. Genau wie der Rest, das sind nur blaue Flecken und Schrammen."

Irgendwie schien ihm, dass das nicht das war, was sein Gast wissen wollte und er versuchte sich an die komplizierten Worte zu erinnern und sie zu entschlüsseln, obwohl er sie kaum mitbekommen hatte, weil er sich so sehr gesorgt hatte. Worüber hatte der Arzt noch gesprochen? Was hatte Nahia ihn noch gefragt? Was hatte er seiner Mutter erzählt?
Es war so viel passiert und er so aufgeregt gewesen...

"Quique?", fragte Isabella leise.

"Was?", entfuhr es ihm ungewollt laut, während das Karussell seiner Gedanken anfing zu eiern und dann anhielt. Beschämt schaute er zu Boden, ehe er vorsichtig zu Cornelis hinüberspähte.

"Du machst das toll."

Der eindringliche Blick seiner Schwester, ihr aufmunterndes Lächeln und ihre Berührung ließen ihn seine Angst ein wenig vergessen.

"Danke", flüsterte er, ehe er sich wieder dem Seemann zuwandte: "Das mit dem Verband — I-ich wusste nicht genau, warum der auch über ihren Augen war. Eine Verletzung konnte Mister Carstairs nicht feststellen. Zumindest nicht außen dran. Und reinschauen konnte er ja auch nicht, sie haben doch geschlafen. Deswegen will er nachher auch nochmal nach ihnen schauen Sir. Ich— Ich habe ihn gefragt, ob er das tun würde, dann kann er auch mit ihnen reden."

Auf Grund der folgenden Stille, die er nicht aushielt, hing er gleich noch eine Frage hinten an. Das der Steuermann seine Ausführungen vielleicht erst einmal verarbeiten musste kam ihm nicht in den Sinn.

"War — War das richtig so? "

Und da war sie wieder, mit einem Schlag, die  volle Nervosität, die Angst, etwas falsch gemacht, etwas vergessen zu haben, nicht zu genügen, weder den Anderen noch sich selbst, auch wenn ihm letzteres nicht bewusst war, dass er auch an sich selbst hohe Erwartungen stellte. Was würde der Mann vor ihm im Bett dazu wohl sagen? Und wieso war ihm das nur so wichtig? Er kannte diesen Mann doch kaum!
Cornelis Feuerbart
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#24
Den Blick immer noch der Wand auf der anderen Seite des Bettes zugewandt, dachte Cornelis: `Aber natürlich, wie hätte der Arzt das wissen sollen, wenn ich nicht bei Bewußtsein war. Verletzt sind meine Augen ja auch nicht.´ Nachdem diese Frage jetzt also nicht geklärt werden konnte, drang auch das vorher Gesagte wieder in sein Bewußtsein. Er hörte die Mädchenstimme aus der Richtung flüstern, aus der er zuvor auch Enriques Stimme vernommen hatte. Er atmete einmal kurz durch und drehte dann den Kopf auf Enrique zu. Doch sein Blick traf weder den Jungen noch seine Schwester richtig und selbst wenn die Richtung völlig gestimmt hätte, wäre sein Blick noch viel zu weit in die Ferne gerichtet und er hätte einfach durch sie hindurch gesehen.

"Ich grüße dich, Isabella, und bin erfreut, deine Bekanntschaft zu machen." Er hielt kurz inne und atmete einmal tief durch, bevor er sich wieder an Enrique wandte. "Ja, Enrique, du hast alles richtig gemacht und präzise und detailreich berichtet. Die Frage, die du mir nicht beantworten konntest, weil auch der Arzt nichts davon wußte durch meine Bewußtlosigkeit, ist, ob ich wieder sehen können werde", gab er dem Jungen eine kurze Erklärung, um ihm seine in der Stimme eindeutig mitschwingenden Zweifel zu nehmen.

Dann fühlte Cornelis nach dem Rand der Bettdecke und schlug diese zurück. Er schwang seine Beine vom Bett und setzte sich auf die Bettkante. Dies verursachte ihm zwar wieder hämmernde Kopfschmerzen, die weniger willensstarke Männer wieder auf das Kopfkissen zurücksinken hätten lassen, doch diesen stolzen jungen Steuermann nicht. "So, und jetzt hätte ich gerne etwas zu Trinken mit Geschmack, damit ich diesen ekligen Geschmack, der vermutlich von irgendeiner Medizin stammt, aus dem Mund bekomme. Und damit meine ich keinen Saft, sondern Wein oder Bier. Und dann hätte ich gerne einen Lehnstuhl, in dem ich mich ausruhen kann. Ich will nicht im Bett liegen, als wäre ich wer weiß wie krank."
Anweisungen zu geben fiel ihm schon wieder nicht sonderlich schwer. Außerdem merkte man, vielleicht etwas schockierend in diesem feinen Hause, daß man es mit einem echten Seebären zu tun hatte, der die Manieren der gehobenen Gesellschaft nie wirklich kennen gelernt hatte.
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#25
Ein wenig unheimlich war Cornelis Blick ja schon, gerade für die beiden Kinder, viel hatten sie bisher nämlich nicht mit Blinden zu tun gehabt und vor allem Isabella irritierte er sehr.

"Taiguey", wisperte sie, eingeschüchtert und sich in die Sprache ihrer Mutter flüchtend, die formelle Begrüßung der Ara'tayu. "Naboria daca."

Enrique fiel es nicht auf und der Steuermann sprach scheinbar unbeirrt weiter. Die Enthüllung ließ den Jungen hörbar nach Luft schnappen. van der Meer konnte aus irgendeinem Grund nicht sehen! Unruhe befiel ihn und sorgte dafür, dass der Schwall an Fragen nicht ausgesprochen wurde. Warum? Hing das mit Cornelis Verletzung zusammen? Oder war er daran schuld? No, halt, das konnte nicht sein, das war ja bestimmt schon vorher so gewesen. Weswegen sonst der Verband vor Cornelis Augen? Was war eigentlich passiert? Warum hatte er ihm das nicht schon im Hafen gesagt, dann hätte er... Hätte er... Hätte er was? Was hätte es geändert? Bestürzt senkte er den Blick. Wiedereinmal hatte er den fünften Schritt vor dem ersten getan. Enrique wollte gerade etwas erwidern, da setzte der Rotbart sich auf.

"¡Wu'a señor!", entfuhr es ihm mit erhobener Stimme. "Sie müssen liegen bleiben."

Die Aktion des Seemannes kam zu überraschend, als dass der Junge den Impuls mit dem Wissen aus ihrem Gespräch hätte verbinden können. Enriques Ausruf war zwar an den Ort, aber wahrscheinlich nicht an Cornelis Gesundheit und definitiv nicht an Isabellas empfindliches Wesen angepasst. Gleichzeitig stürzte er an die Seite des Steuermannes um ihm die Hände auf die Schultern zu legen und ihn zurück ins Bett zu drücken. Doch der ließ sich nicht abhalten, stoppte mit seinen Anweisungen den Zehnjährigen, bevor der ihn überhaupt berühren konnte.
Verwirrt starrte er den Rotbart an. Was wollte er? Etwas zu trinken? Und einen Lehnstuhl? Saft und Tee standen in der Tat bereit, aber Bier und Wein? Enrique wirbelte herum, beschämt und aufgewühlt, weil er so Vieles nicht gefragt hatte, deswegen bestrebt, dem Mann jeden Wunsch zu erfüllen. Auch trieb ihn das Gefühl unzureichend zu sein fort. Dazu kam der Wunsch zu gefallen, sowie Gewohnheit und Trotz, erwartete sein Vater in solchen Fällen, wo Enrique etwas vergessen hatte, sofortiges Handeln und mit einer Flucht entging der Zehnjährige zunächst jeglicher Strafe. All diese Emotionen mischten sich zu einem für Enrique unaufhaltsamen Impuls, der ihn ohne nachzudenken handeln ließ.

"Ich hol' ihnen was!" rief er schon fast von der schweren Holztür her. Kurz darauf wurde sie geöffnet und wieder geschlossen.

Isabella war derweil mit einem leisen Wimmern zwei Schritte zurückgewankt und verzog das Gesicht. Wieso mussten nur immer alle so laut und hektisch werden? Vor allem Enrique? Ihr Blick folgte ihm zur Tür und blieb dort hängen. Für einen Moment kehrte still ein, ehe das Mädchen sich des Gastes entsann und sich regte.

"Der Sessel— Da— Er— Er steht gleich da am Fenster..." Vorsichtig trat sie näher an das Bett. "Soll ich dir zeigen wo?"
Cornelis Feuerbart
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#26
Im Gegensatz zu Enrique war Cornelis völlig ruhig geblieben. Auch wenn ihn die Frage plagte, ob er wieder sehen können würde, war dies kein Grund panisch oder hektisch zu werden. Hätte dieser ihm nicht solche Schmerzen bereitet, hätte der Steuermann nun den Kopf geschüttelt ob Enriques Verhalten, nachdem sein leerer Blick zur Tür gegangen war, als er diese hatte aufgehen und wieder ins Schloß fallen hören.

`Was war denn das nun wieder? Der Junge will doch mal zu einem Mann werden, diese Überreaktionen muß er sich definitiv abgewöhnen. Ich werde mit ihm daran arbeiten müssen...´ Er stutzte, erstaunt über seine eigenen Gedanken. Wie konnte er denken, daß er mit Enrique an dessen Verhalten arbeiten konnte? `Andererseits - wahrscheinlich will er gar nichts mehr mit mir zu tun haben, nachdem er seine sich selbst auferlegte Pflicht erledigt hat.´ Warum wußte er nicht, doch betrübte ihn dieser Gedanke etwas, da er den Jungen aus unerfindlichen Gründen bereits gern hatte.

Von den Worten Isabellas wurde er aus seinen Gedanken gerissen und richtete den Blick halbwegs in ihre Richtung. "Danke, junge Dame, das ist sehr nett von dir." Er streckte die Hand aus und erstaunlich sanft umfaßte die große Pranke die Hand des Mädchens, als diese seine ergriffen hatte. Dann folgte er unsicheren Schrittes ihrer Führung bis zum Sessel und als Isabella Cornelis sicher hineinbugsiert hatte, stellte er noch eine Bitte an sie.

"Sei doch so gut, öffne das Fenster und lasse frische Luft herein. Ich bin mir sicher, euer Haus ist noch nicht so weit von der See entfernt, daß man sie nicht mehr schmecken kann."

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#27
Enrique kam schlitternd vor der Tür zum Weinkeller zum Stehen. Er musste ein paar Mal tief durchatmen, während ihm Schamesröte ins Gesicht stieg. Nicht nur war er aus Cornelis Anwesenheit geflohen, nein, er war außerdem im Haus gerannt, etwas dass Don Jorge so gar nicht gefiel. Hoffentlich hatte ihn keiner gesehen...

***

Cornelis merkte an Isabellas Größe, dass sie jünger als Enrique sein musste. Auch die Art, wie sie ihn mit zwei Händen führte, zeigte, dass sie nicht nur kleiner, sondern auch wesentlich weniger sportlich war. Zudem war sie eh schüchtern und dann noch das Kompliment 'Junge Dame' genannt zu werden machte sie noch verlegener. Zum Glück war der Weg zum Stuhl nicht weit, sonst wäre ihr womöglich noch das Herz stehen geblieben, so sehr schwankte der Seemann.
Und dann sollte sie das Fenster öffnen.

"Han", flüsterte sie und sah zum Fenster hoch.

Aber wie sollte sie das anstellen? Kurz darauf hörte der Steuermann ein leises Klappern und Rascheln, dann ein langsames, stückweises Schaben, dann leises heftiges Atmen, als sie sich umständlich zunächst auf den Stuhl, den sie mühselig vor das Fenster bugsiert hatte, dann von dort auf die Fensterbank, hinaufschob. Helles Licht viel durch das Glas, was der beiseite geschobene Vorhang freigegeben hatte, in den Raum und auf Cornelis linke Gesichts- und Körperhälfte.
Dann klapperte es kurz wieder und mit leisem Knarzen schwang die eine Fensterhälfte auf. Seewind fuhr heftig herein und trug den Geruch von Meer, Regen und Herbst. Mit leichtem Aufquicken kauerte sich das kleine Mädchen erschreckt zusammen, hatte es doch nicht mit solcher Kraft gerechnet.
Für einen kleinen Moment verharrte sie und lauschte, als sich die entfernte Geräusche einer Kutsche auf Kies zu denen der Klippen und der Brandung mischten. Mehr zu sich selbst murmelte sie:

"Baba kommt nach Hause."

Dann glitt sie wieder über den Stuhl auf den Boden, eilte die wenigen Schritte zum Verletzten und fragte:

"I-ist es gut so?"

***

Auf dem Rückweg war er dann doch wieder gelaufen, zu ungeduldig um sich mit unnötiger Langsamkeit aufzuhalten. Außerdem brauchte Cornelis was zu trinken. Allerdings hatte er dieses Mal darauf geachtet, dass das niemand sah. Vor Cornelis Tür bremste er und, weil er mit den Flaschen balancieren musste, erinnerte er sich daran, dass er klopfen sollte. Lange wartete er danach aber nicht, sondern stemmte die Tür mit der Schulter auf. Heftiger Zug riss sie ihm aus den Fingern ehe er sie richtig greifen konnte.

*WHAM!*

"Ah!", rief das Mädchen leise und presste die Hände auf die Ohren. Enrique zog schuldbewusst den Kopf zwischen die Schultern und griff hektisch nach der einen Flasche, die seinen Armen zu entgleiten drohte.

"¡'cusa!", kam es peinlich berührt. "Ich wusste nicht, dass das Fenster offen ist und hatte keine Hand frei, ich bring die Getränke."

Vorsichtig Schritt er zum Sessel, während Isabella sich wieder entspannte.

"Ist Sherry auch Wein? Falls nicht habe ich noch Roten, Weißen und ein Bier."
Cornelis Feuerbart
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#28
Cornelis hatte vorsichtig in dem Sessel Platz genommen und die Bitte geäußert, daß das Fenster geöffnet wurde. Nach einem leise geflüsterten Wort Isabellas, das er nicht verstand, folgten kurz darauf eigenartige Geräusche, die der momentan Blinde nicht zuzuordnen wußte. Dann hörte er das Knarzen von Scharnieren, vermutlich denen des Fensters, und im nächsten Augenblick fuhr er erschreckt zusammen, als das Mädchen plötzlich aufquiekte. Er sah ja keinen Grund dafür, merkte nur einen angenehmen frischen Wind im Gesicht. Unwillkürlich streckte er eine Hand in die Richtung des Quiekens aus und fragte besorgt:

"Isabella, ist alles in Ordnung?"

Doch im nächsten Moment stand die Kleine bereits neben ihm und fragte, ob es so gut wäre. Cornelis nickte sehr langsam, da sein Schädel immer noch brummte, und antwortete: "Alles bestens, ich danke dir vielmals."

Kurz darauf wandte er sein Gesicht wieder der Tür zu, als er aus dieser Richtung Geräusche hörte. Und im nächsten Augenblick fuhr er heftig zusammen, als diese unerwarteterweise mit einem lauten WHAM! gegen der Wand landete. Das laute Geräusch und sein eigenes plötzliches Zucken schickten einen äußerst üblen Schmerzpfeil durch seinen lädierten Kopf und eigentlich mehr als Ventil für den Schmerz schimpfte er auf nicht wirklich feine Seemannsart:

"Was, zum Klabautermann, ist denn nun schon wieder los? Kannst du denn..." - `nicht aufpassen´, wollte er den Satz eigentlich beenden. Doch schon folgte eine Entschuldigung und Erklärung von Enrique, die sein Gemüt wieder besänftigte.

"Schon gut, ich verstehe. Ich hatte darum gebeten, das Fenster zu öffnen. Ich bin die Luft und den Wind auf einem Schiffsdeck gewohnt und mir kommt es in geschlossenen Räumen immer schnell so vor, als würde ich kaum atmen können."

Er rieb sich mit der Rechten über die Stirn als könne er damit den Schmerz in seinem Kopf lindern. Und irgendwie tat das auch gut und schien es zumindest ein wenig zu lindern. Als er danach Enriques Aufzählung seiner mitgebrachten Getränke hörte, mußte er ein wenig schmunzeln.

"Sherry ist ein stärkerer Wein, insofern stimmt das schon. Es hätte mir aber genügt, wenn du mir irgendetwas gebracht hättest, ich habe keine Ahnung von Wein. Aber zunächst hätte ich gerne das Bier, wärst du so nett?"

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#29
Unter Cornelis heftigen Worten zuckte Enrique zusammen, und nur, weil seine Entschuldigung schon auf seiner Zunge lag purzelten sie beschämt heraus und wurden nicht mitten im Satz zu einem Vorwurf. Genug Wut mischte sich in die Schuldgefühle, dass der Junge kurz davor war etwas trotzig zu anzufügen, doch da lenkte Cornelis auch schon ein und erklärte sich und die Umstände.
Der Zehnjährige war dermaßen perplex, dass er zunächst nicht wusste, wie er reagieren sollte und das merkte man dem "Han", das als Antwort auf die Bitte nach dem Bier kam, auch an. Deutlicher, wenn auch immer noch unsicher, fügte er an:

"Si, das Bier. Ich muss nur eben die Flaschen abstellen."

Der Zehnjährige war es einfach nicht gewohnt, dass jemand lospolterte, abbrach und dann nichts weiter kam, wartete also innerlich angespannt darauf, was passieren würde, während er etwas ungeschickt die Flaschen auf den Beistelltisch platzierte und danach zum Nachtschrank eilte.

"Baba ist zurück. Ich habe seine Kutsche gehört."

Isabellas Stimme drang leise zu ihm herüber und ihr Bruder lauschte ihren Worten. Er fing an zu strahlen.

"Dann muss ich-"

Fast wäre er gleich wieder losgerannt. Gerade noch rechtzeitig entsann er sich seines Gastes, nahm das Glas vom Tablett auf dem Nachtschrank und eilte zum Sessel zurück.

"Dann muss ich gleich zu ihm und ihm alles genau berichten. Ich wette er freut sich mindestens genauso sehr wie ich, dass die Seepferdchen endlich sicher angekommen ist. Und er will sie bestimmt sehen Sir. Falls sie sich fit genug dazu fühlen. Falls nicht sag ich ihm bescheid, dass sie erst in zwei Stunden zum Abendessen kommen, falls der Doktor es erlaubt. Ansonsten bringe ich Ihnen was und frage ob ich ihnen dann Gesellschaft leisten darf. - Falls sie das wollen, natürlich nur."

Erst sprudelte es nur so begeistert aus ihm heraus, dann kam der letzte Satz wieder etwas kleinlaut und entschuldigend. Auch vergaß er in diesem Moment, dass sein Vater bereits Bescheid wusste, hatte Enriques Bruder ihn doch schon vor einiger Zeit informiert.
Er griff nach dem gewünschten Bier und wollte es einschenken, nur um festzustellen, dass er den Korkenzieher vergessen hatte. Sein Vater hätte sich schon längst aufgeregt oder würde ungeduldig darauf warten, dass es seinem Sprössling auffiele. Vorsichtig spähte Enrique zu Cornelis und fand erst dann den Mut sein Fehlen einzugestehen.

"Excusa Sir, ich habe den Korkenzieher liegen gelassen. Falls sie keinen dabei haben o-oder-"

Er zögerte. Vater würde ausrasten, wenn er es wagte, das auch nur vorzuschlagen, andererseits gehörte der Steuermann zu der Gruppe von Leuten, wo er das häufig gesehen hatte und hatte bereits bewiesen, dass er im Gegensatz zu Don Jorge, auch mit ungewöhnlichen Lösungen zufrieden war.

"Sie könnten den Korken auch in die Flasche drücken, falls sie wollen. Ansonsten hole ich schnell was zum Öffnen."

Trotzdem rechnete Enrique mit einem Wutausbruch von dem Älteren, zu viele Männer in seinem bisherigen Umfeld würden zornig reagieren. Auch war er unschlüssig, was er jetzt tun sollte und wartete nervös auf Cornelis Reaktion.
Cornelis Feuerbart
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#30
Cornelis lauschte der kurzen Unterhaltung der Kinder und für einen Moment schmunzelte er über Enriques Sprunghaftigkeit. Zuerst wollte er sofort zu seinem Vater gehen, dann entsann er sich wieder Cornelis, dem er noch nichts zu Trinken gegeben hatte. Dann stockte der Junge wieder und er erklärte kleinlaut, daß er keinen Korkenzieher mitgebracht hatte. Cornelis drehte den Kopf in die Richtung, aus der er Enriques Stimme vernommen hatte.

Seit wann braucht ein alter Seemann einen Korkenzieher? Da wird der Korken hineingedrückt, wie du sagtest, oder der Flaschenhals abgehauen - aber das Letztere spare ich mir lieber hier im Haus." Er grinste Enrique breit an und streckte ihm die offene Hand entgegen. "Komm, gib mir die Flasche, das haben wir gleich."

Als Enrique ihm die Flasche gereicht hatte, tastete er den Hals entlang und setzte seinen Daumen auf den Korken. Scheinbar mühelos drückte der kräftige Mann diesen in die Flasche und setzte die Flasche leicht suchend einfach an den Mund an. Als er die halbe Pulle mit einem Zug geleert hatte, setzte er sie mit einem erfrischten "Ah!" ab, rülpste und wischte sich mit dem Handrücken über den Bart. Dann kam ihm aber wieder in den Sinn, daß er sich gerade nicht an Bord oder in einer Seemannskneipe befand, und er hob entschuldigend die Hand.

"Verzeihung, alte Gewohnheit."

Da er sich nun deutlich besser fühlt, entsann er sich der Worte, die Enrique noch zu ihm gesagt hatte.

"Enrique, bitte sage deinem Vater, daß ich mich heute nicht gut genug für ein Gespräch mit ihm fühle. Mein Kopf brummt und ich bekomme sowieso kaum einen klaren Gedanken zusammen. Ich habe auch keinen Hunger und möchte mich jetzt einfach nur ausruhen und ungestört schlafen bis morgen. Bitte sage deinem Vater, sobald es mir wieder etwas besser geht, werde ich ihn jederzeit gerne aufsuchen, wenn er mich zu empfangen wünscht."

Er wandte den leeren Blick ab und sein Gesicht dem frischen Luftzug des Fensters zu. "Und nun tut mir den Gefallen und geht. Ich möchte jetzt bloß meine Ruhe haben." Und dann fügte er an: "Jedoch würde ich mich freuen, wenn ihr - oder einer von euch - mir morgen beim Frühstück Gesellschaft leisten würdet. Doch nur, wenn ihr auch möchtet. Fühlt euch bitte nicht gezwungen, dies aus Höflichkeit tun zu müssen. Das möchte ich nämlich nicht."

Wieder wanderte sein Blick in Richtung Fenster, den er zuvor nochmals in die Richtung gelenkt hatte, wo er als letztes Enriques Stimme gehört hatte. Er wartete darauf, daß die Kinder das Zimmer verließen.
Selbst vor den Kleinen war es ihm unangenehm, so gesehen zu werden, da wollte er auf keinen Fall noch jemand Erwachsenes um sich haben und schon gar nicht solch eine bedeutende Persönlichkeit wie Don Jorge.



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