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Kapitel 3 - Freiheit oder Tod
Crewmitglied der Sphinx
für 40.000 Gold gesucht
dabei seit Dec 2014
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#1
Ein Hauch von Abenteuer ...
Der nicht ganz so still und heimlich verlaufende Einbruch in den Kontor zog am Tag darauf ein riesiges Durcheinander nach sich. Unzählige Händler, Arbeiter, Beamte und Soldaten umschwirrten das Hafengelände wie einen riesigen Bienenstock und schrien sich von Gebäude zu Gebäude, im Kommen und im Gehen, Verwünschungen an den Hals. Den Meisten ging es schlicht nicht schnell genug. Schließlich wollte man möglichst bald wissen, ob noch jede einzelne der eigenen, kostbaren Waren sicher verstaut in ihrer entsprechenden Kiste lag. Die Stadtwache verstärkte ihre Präsenz auf dem Gelände sichtbar. Zum einen, um die wütenden Händler in ihre Schranken zu weisen. Zum anderen durchkämmten sie den Kontor und alle umliegenden Gebäude, durchsuchten die Gassen und befragten mögliche Zeugen. Es verging kaum ein Augenblick, da nicht ein oder zwei Männer mit dem Drachenwappen auf der Brust an dem Teil des Steges vorbei marschierten, an dem die Sphinx vertäut lag.
Letztendlich wusste man nur so viel: Gestohlen wurde nichts. Doch in der gleichen Nacht hatten einige Soldaten einen hünenhaften Schwarzen durch das halbe Viertel verfolgt, der vom Hafengelände geflohen war. Nach diesem Mann fahndete man nun.
Und während der Haupthandelshafen Linaras in scheinbares Chaos versank, verließen am Nachmittag pünktlich zur dritten Stunde nach Mittag die Triumph und die Königswitwe den Marinehafen und brachen zu ihrer zweiwöchigen Reise nach Esmacil auf. Zurück blieb die Morgenwind. Kleiner und schneller als die beiden anderen Gefangenentransporter würde sie also auf die letzte Gruppe Häftlinge warten und am nächsten Tag so zeitig wie möglich auslaufen.

Den Piraten der Sphinx blieben also nicht einmal 24 Stunden, sich einen Plan zurecht zu legen. Bis in die frühen Morgenstunden wurde vorgeschlagen und verworfen, diskutiert und gestritten. Bis sie letztlich glaubten, eine Lösung für ein Vorhaben gefunden zu haben, das an Wahnwitz kaum zu überbieten war: Die Rettung eines Verurteilten aus dem Rumpf eines Gefangenentransporters.
Talin, Aspen, Shanaya und Liam würden sich je einen Satz Uniformen besorgen, um so lange wie möglich unerkannt auf der Morgenwind agieren zu können. Dann würden sie sich in ein paar Frachtkisten verstecken und in den Bauch der Fregatte transportieren lassen, um von dort aus bei Nacht zuzuschlagen. Der Rest der Besatzung der Sphinx würde unter Greos Kommando in großem Abstand der Morgenwind folgen und außer Sicht bleiben, solange es hell war, um dann, bei Dunkelheit, auf Lichtsignalweite heran zu kommen.

In ihrer aller Ohren hörte sich das leichter an, als es sein würde. Dessen war sich wohl jeder von ihnen bewusst. Aber eine andere Wahl blieb ihnen nicht.
Gesagt, getan. Und, welcher Gott auch immer dort seine Finger im Spiel hatte – sie schafften es alle vier unbemerkt in den Lagerraum des Gefangenentransporters. Die Sphinx hatte, unter Druck gesetzt von den immer stärker werdenden Kontrollen der Stadtwache und den beginnenden Durchsuchungen der Schiffe, den Hafen noch in der Nacht vom 14. zum 15. verlassen und wartete im Schutz der Küstenlinie, bis auch die Morgenwind zu ihrer Reise auf brach.

Der Mond hat inzwischen seinen Zenit überschritten. Es ist die Nacht vom 15. zum 16. März. Der Himmel ist bewölkt, doch bis auf die spärlichen Lichtverhältnisse trübt weiter nichts die Sicht der Besatzung beider Schiffe. Die Sphinx nähert sich beständig von Osten her. Alle Lichter an Bord wurden längst gelöscht. Greo und der Rest der übrig gebliebenen Mannschaft orientieren sich lediglich an den Lampen der Morgenwind, die gegen die Dunkelheit strahlt, wie das sprichwörtliche Leuchtfeuer.
An Bord der Fregatte war vor wenigen Stunden bereits gewohnt geordnetes Chaos ausgebrochen, als man am Horizont die Segel der Triumph und der Königswitwe erspähte. Schneller als gedacht. Um in der beginnenden Dunkelheit nicht Gefahr zu laufen, mit einem der anderen Schiffe zusammen zu stoßen oder einfach an ihnen vorbei zu fahren, ging die Besatzung der Morgenwind zügig dazu über, einige der Segel einzuholen und ihre Fahrt damit etwas zu drosseln. Umso schneller überbrückte die Sphinx dafür den Abstand zwischen sich und dem Marineschiff.

Und noch einen Vorteil bietet die baldige Zusammenkunft der drei Transporter. Eingepfercht in ihre Kisten hören die vier eingeschleusten Piraten deutlich die Schritte der drei Männer, die die Treppe in den Lagerraum hinunter steigen und sich johlend und grinsend darüber auslassen, dass der alte Harper heute wohl mal gute Laune hat. Die armen Schweine, die jetzt Dienst nach Vorschrift leisten dürfen. Von dem guten Rum würde am Ende jedenfalls nicht mehr viel übrig sein, heißt es da.
Alle drei schultern je ein etwa armlanges Fass Rum, wie sie zu Dutzenden neben den großen Frachtkisten stehen und machen sich mit ihrer wohlverdienten Beute auf den Weg zurück. Kurz brandet Lärm im Zellentrakt auf, als sie dabei an ein paar Gefangenen vorbei kommen, bevor das feindselige Gejohle langsam wieder erstirbt und so etwas ähnliches wie Ruhe einkehrt. Nach wie vor durchbricht das Scharren zahlloser Füße auf den Holzplanken die Stille. Das Gefluche, Gebrabbel und Gezanke der Gefangenen. Und selbst nach hier unten dringt ungefiltert der Gestank von annähernd einer Hundertschaft eingesperrter Männer und Frauen.

Ansonsten jedoch scheint der Frachtraum vollkommen leer zu sein.






15.-16. März 1822
18 °C, klare Nacht, bewölkter Himmel
65% Luftfeuchtigkeit
Wind bei etwa 6 Knoten
kurz nach Mitternacht
Shortfacts
# Schauplatz: Morgenwind - eine halbe Tagesreise von Linara
# Schauplatz: Sphinx - in Lichtsignalweite zur Morgenwind
# Talin, Aspen, Shanaya und Liam befinden sich in Kisten im Frachtraum der Morgenwind
# Greo, Ryan, Trevor, (Reshef, Gregory) folgen mit der Sphinx
# Greo hat das Kommando über die Sphinx
# Enrique, Skadi und drei weitere Marinesoldaten haben seit Mitternacht Wachdienst
# Die Triumph und die Königswiwte befinden sich etwa zwei Stunden voraus
# Die Zelle von Samuel, Yaris und Lucien befindet sich fast ganz am Heck der Morgenwind
Crewmitglied der Sphinx
für 0 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
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#2
Mit wild klopfendem Herzen versuchte sie, über das Rauschen des rasenden Blutes in ihren Ohren hinweg, zu hören, ob die Soldaten fort waren. Die Panik, die in ihr aufgekommen war, ebbte langsam etwas ab und nur mit Mühe konnte sie sich zurück halten sofort aus der Enge der Kiste heraus zu fliehen. Sie musste wenigstens noch ein paar Sekunden abwarten, bis sie ganz sicher sein konnte, dass der Raum leer war. Nur noch ein paar Herzschläge...die sie auch nicht richtig abschätzen konnte, weil es immer noch so schnell raste, als wolle es einen Rekord aufstellen.

Nachdem sie schließlich doch noch fast eine Minute eingesperrt verbracht hatte, stieß sie, so leise es eben ging, den Deckel über ihr ab, hielt ihn aber an den Seiten fest, damit er nicht verräterisch auf den Boden polterte. Langsam richtete sie sich auf und sah sich in relativer Dunkelheit um. Ihre Kiste war auf anderen gelandet, so dass sie ihren Deckel nicht einfach zu Boden gleiten lassen konnte. Vorsichtig ließ sie ihn also auf eine andere Kiste herab und richtete sich dann weiter auf, bevor sie sich an den Abstieg machte. Die Uniform an ihrem Leib war ungewohnt und ließ sie ein wenig ungelenker hinabklettern, als sie es eigentlich von sich gewohnt war. Schließlich erreichte sie aber den Boden und sah sich in dem Lagerraum um. Sie hatten Glück. Dieser Raum versprach eine gewisse Abgeschiedenheit und die Wahrscheinlichkeit, dass noch einmal jemand herein kommen würde, war gering. Er war gefüllt mit Proviant und genug Rum, um die Sphinx ein paar Wochen über Wasser zu halten. Ihr Blick glitt weiter und blieb an der Treppe hängen, die nicht all zu weit von ihr entfernt war. Es könnte jeder Zeit doch wieder jemand herunter kommen und deshalb erschien es ihr ratsam nicht viel länger hier zu bleiben. Sie wandte sich den Kisten zu. Es waren doch einige. In welchen davon sich die anderen versteckten, konnte sie nur raten und ihr kam kurz der Gedanke, dass sie vielleicht einen der anderen von ganz unten befreien müsste. Wenn das wirklich der Fall war, dann würde sich alles nur noch mehr verzögern und sie konnten nur hoffen, dass der Plan dann noch funktionierte. Schon jetzt spürte sie, wie die Nervosität und die Anspannung an ihren Nerven zerrte.
Unwirsch wischte sie sich über die Stirn, als wollte sie die Gedanken damit verscheuchen. Sie konnte später immer noch darüber nachdenken, was hätte wie, wo und wann passieren können. Aber wenn sie nicht endlich einmal spurte, dann säßen sie hier für immer fest oder sie würde mit Lucien in einer dieser hübschen Zellen wieder vereint werden. Keine sehr verlockende Vorstellung, weshalb sie näher an den Stapel heran trat.

„Shanaya? Liam? Aspen? Die Luft ist rein.“

Sie sprach leise, kaum lauter als ein Flüstern, doch es fühlte sich an, als würde ihre Stimme einmal durch den ganzen Frachtraum getragen werden. Eine schöne Piratin war sie, wenn sie schon bei so einer kleinen Aktion vor Nervosität verging. Allerdings war es nicht gerade hilfreich immer den Gedanken im Hinterkopf zu haben, dass sie tot wären, sobald sie jemand erwischte. Sie stieß einen Seufzer aus und sah hoch an die Holzdecke. Diesmal überfiel sie eine ganz andere Art von Nervosität. Lucien. Der Name ihres Bruders geisterte wie ein Sirenengesang durch ihren Kopf und wollte sie dazu verführen sich in Bewegung zu setzen. Nur ein paar Schritte schienen sie von ihm zu trennen und doch konnte sie nicht einfach zu ihm stürmen. Kurz schloss sie die Augen und wartete, dass der Drang, allein los zu ziehen, wieder abklang.

[Frachtraum Morgenwind | Shanaya, Liam und Aspen]
Crewmitglied der Sphinx
für 60 Gold gesucht
dabei seit Nov 2015
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#3
Shanaya summte so leise wie möglich vor sich hin. In dieser Kiste war es sterbenslangweilig, wenn sie jetzt aber laut los gesungen hätte, wäre das ein wenig zu auffällig gewesen. Also gab sie nur für sich hörbare Geräusche von sich, während die blauen Augen von einer Seite der Kiste zur nächsten wanderten. In diesem Moment überwog noch die Langeweile, nicht einmal der Gedanke daran, dass sie ihr Ziel bald erreicht hatten konnte diesen Gedanken vertreiben. Wie es Talin wohl ging? Sie nagte bestimmt schon an der Wand ihrer Kiste.
Die näher kommenden Schritte ließen auch Shanaya verstummen und schließlich gähnen. Sie musste sich WIRKLICH zusammen reißen, nicht einfach aus dieser Kiste zu springen. Sie hätte zwar den Moment der Überraschung der Soldaten genossen, mehr dann vermutlich aber nicht. Sie blieb also still sitzen, lauschte halbherzig dem Stimmengewirr der Männer. Mindestens zwei, vielleicht drei oder vier. Ganz sicher war sie sich nicht, aber eine kleine Gruppe, mit der sie zusammen fertig geworden wären. Aber sie riss sich zusammen, drehte sich eine ihrer schwarzen Strähnen um den Finger und wog den Kopf hin und her, als hätte sie eine Melodie im Kopf. Sie hatte ihre Tasche auf der Sphinx gelassen, das Wichtigste mit sich genommen. Jetzt bereute sie es, der Hunger meldete sich. Und die Schwarzhaarige konnte sich nicht vorstellen, dass einer der Gefangenen sein Essen mit ihr teilte. Nicht in dieser Uniform. Sie musste also noch hungern, bis sie zurück auf der Sphinx waren. Was hoffentlich bald sein würde. Aber auch die Schritte der Männer verklangen wieder, die Stimmen wurden leiser und Shanaya ließ mit einem leisen, dumpfen Geräusch den Kopf zurück gegen das Holz fallen. Langsam kribbelte es, überall. In ihren Beinen, den Armen, bis in jeden Finger. Sie wollte aus dieser Kiste raus, endlich anfangen. Und das leise Klackern von Holz in ihrer Nähe schien ein erster Schritt zu sein. Kurze stille und im nächsten Moment musste sie sich zusammen reißen, um nicht auf zuspringen, den Deckel ihrer Kiste hoch zu schmeißen und in den Gefangenentrakt zu laufen. Die junge Frau atmete also einmal tief durch, ermahnte sich zur Ruhe und setzte sich dann leicht auf, um den Deckel ihrer Kiste mit den Schultern und Händen anzuheben. Sie hatte vorher schon getestet, ob sich etwas schweres auf ihr befand – in diesem Fall hätte sie wahrscheinlich einfach eine Wand eingetreten – auch auf die Gefahr hin, das besagte schwere Kiste ihr damit wohl auf den Kopf gefallen war. So stand sie nun also langsam auf, gerade so weit, das sie die Kiste über ihr unter leisem Rumpeln zur Seite auf eine andere fallen lassen konnte. Ganz leise ging es nicht, aber das würde bei dem Stimmengewirr da oben niemand hören. So konnte sie sich nun auch von dem Deckel befreien, stellte ihn neben sich in die Kiste, in der sie noch stand. Die Schwarzhaarige wisperte ein leises 'Endlich', als sie die Arme in die Luft streckte, sich in dem Raum umblickte und schließlich mit beherrschten Schritten aus der Kiste trat, um sich an Talin zu wenden. Herrje. Bloß nicht einfach los laufen. Rue bewahren.

Lauf uns aber nicht gleich weg, ja?“

Kaum war sie bei der Blonden angekommen, stieß sie ihr sachte mit dem Ellenbogen in die Seite, warf ihr einen viel sagenden Blick zu und unterdrückte, um Talin herum zu hüpfen und zu betteln, dass sie endlich loslegen konnten. Sie mussten auf die anderen beiden warten, also huschte der blaue Blick zu den weiteren Kisten. Hoffentlich war keiner von ihnen da unten begraben.

[Frachtraum Morgenwind | Talin, Liam & Aspen]
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Feb 2016
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#4
Er war eingeschlafen. Er war schlicht und ergreifend eingeschlafen, nachdem die Kisten, in denen sie sich versteckt hielten, geladen worden waren. Nachdem auch die Sorge verflogen war, dass jemand in diese Fracht hineinsah, hatte ihn einfach  nichts mehr davon abgehalten. In den Kisten war es dunkel. Anfangs hatte noch ein schmaler Lichtschimmer von draußen durch die krumm verbauten Latten geschienen, doch seit sie im Frachtraum verladen worden waren, war es größtenteils dunkel gewesen. Dunkel und laut, bis die Aufregung des Auslaufens offenbar verflogen gewesen war. Sineca lauschte aufmerksam. Gemeinsam hatten sie sich in dieser Kiste einpferchen lassen, die zwar weder bequem noch geräumig war, aber immerhin hatten sie beide ausreichend Platz, um sich nicht gegenseitig an die Gurgel zu gehen. In einer Mischung aus Sitzen und Hocke hatte Liam letztendlich den Kopf an die Kistenwand gelehnt und begonnen zu dösen, bis er – wie gesagt – eingenickt war. Geistesabwesend hatten sich seine Finger dabei immer wieder durch das Fell der Genette gearbeitet, die aufmerksam lauschend den Platz zwischen seinen Oberschenkeln und seinem Bauch bezogen hatte. Manchmal kitzelte sie ihn mit ihren Schnurrhaaren oder warnte ihn mit spitzen Krallen, die sich in seine Schenkel bohrten, wenn jemand den Frachtraum betrat. (Gott sei Dank) aber verlief bis hierher alles ohne Zwischenfall. Mittlerweile hatte er sich so an die Geräuschkulisse gewöhnt, dass er nicht einmal bewusst mitbekam, wie sich abermals eine Gruppe Wachen in den Frachtraum verirrte. Erst, als das Wort 'Rum' zwischen den Lauten herausstach, blinzelte er verdutzt und öffnete die Augen, auch wenn sich dadurch nicht wirklich mehr erkennen ließ. Sinecas Nase berührte kurz seine Wange, ehe sie den Kopf offenbar wieder herumdrehte und mit zitternden Schnurrhaaren den Geräuschen lauschte. Liam fuhr ihr abermals kurz über den Pelz. Dann wurde es still. Ein paar Momente zumindest, bis ein vorsichtiges Klappern und Klopfen den Beginn ihres Plans verkündete. Liam lauschte zuerst, um nicht auf etwas hereinzufallen, als sich dann aber die leise Stimme Talins an sie wandte, war es besiedelt.

„Bereit?“, flüsterte er Sineca zu, die leise miauend antwortete und sich dann unter seine Knie flüchtete, als sich der Mann gegen den Deckel ihres Gefängnisses stemmte.

Er war sich recht sicher, dass der Weg nach oben für sie frei war. Es hatte keine Erschütterung mehr gefolgt, die es zwangsläufig gegeben hätte, hätte man noch eine Kiste auf ihnen platziert. Und tatsächlich – das Holz gab knarzend nach und ließ sich nach oben drücken. Kaum war der Deckel einen Spalt weit angehoben, kletterte die melierte Katze an ihm hinauf und sprang ins Freie. Liam ließ das Holz langsam neben seinem Verschlag zu Boden sinken. Offenbar hatten sie seine Kiste recht weit hinten an der Seite platziert, sodass er keinen der anderen sehen konnte. Aber auch Shanayas Stimme mischte sich in die Stille und Sineca stand abwartend im Gang, als wollte sie ihm den Weg zeigen. Diesem folgte er auch sogleich.

„Ich hab' 'Rum' gehört?“, waren seine ersten Worte, die mit einem leichten Grinsen seine Lippen verließen.

Die anderen schienen wohlauf. Nur Aspen fehlte noch. Doch Sineca schien seine Kiste auch schon gleich darauf ausfindig gemacht zu haben und scharrte vorsichtig von außen an der Holzwand. Der Lockenkopf versuchte, seine Uniform zu richten, doch sie fühlte sich so oder so ungewohnt und unangenehm eng an. Neue Mode wurde das ganz bestimmt nicht.


{ frachtraum der morgenwind | aspen, shanaya, talin }
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
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#5
Enrique lehnte mit geschlossenen Augen an einem der Masten, den Hinterkopf an das Holz gestützt, die Arme vor der Brust verschränkt und die Füße schulterbreit fest gegen das Deck gestemmt.
Seit Linara fiel es ihm schwerer die neutrale Maske zu wahren und seinen Unmut nicht zu zeigen.

Eigentlich hätte er jetzt oben an Deck gestanden und sich die Zeit während der Hundswache mit Peilungen, der Betrachtung des Nachthimmels oder der Segel vertrieben. Harper hatte sie ihm aufgenötigt, in der Annahme, sie sei ihm unangenehm, ihm damit aber eher einen gefallen getan und sogar die Wache gegeben, die er seinem Rang nach gehen sollte. Während der Mittelwache war kaum jemand unterwegs, alle waren ruhig oder murrten nur leise vor sich hin, da konnte er fast vergessen, dass er Tag ein, Tag aus mit gut 200 Mann auf diesem Gott verfluchtem Kahn festhing.

Da hätte ihn das idiotische Gehabe der Freiwache auch nicht gestört. Drei von ihnen polterten johlend die Stufen hinunter in den Frachtraum und kurz darauf mit Fässern beladen wieder nach oben. Wie zu erwarten war weckte das die Gefangenen an der Treppe mit der Folge von flehen, betteln und fordern, sie mögen doch wenigstens eines der Fässer dalassen. Da die Matrosen mit Hohn und Spott antworteten schlug die Stimmung um und die Verurteilten schrien ihnen Verwünschungen und Drohungen hinterher. Kurz richtete er sich auf.

"RUHE! ODER ES SETZT WAS!", fuhr der 2. Leutnant die Krawallbrüder an. Für jene, die nicht sofort spuren würden gäbe es den Rohrstock. Die drei Matrosen sahen schweigend zu, dass sie Land gewannen um ihn nicht noch mehr zu verärgern, diejenigen, die ihn von der Fahrt nach Linara her kannten zogen sich ebenfalls zurück. Viele der neuen und meist leichtgläubigen Kleinkriminellen taten es ihnen gleich. Gerüchte verbreiteten sich schnell.
Und auch wenn der eine oder andere Gefangene immer noch überlegte, ob er sich mit dem Offizier anlegen sollte, lehnte der sich wieder wie vorher an den Mast.

Jetzt hatte Harper diese vermeintliche Strafe in eine echte umgewandelt. Hier unten hatte ein Leutnant der Royal Navy nichts zu suchen, außer gelegentlich nach dem Rechten zu sehen. Diesen Posten hätte eigentlich ein Offizier der Seesoldaten inne haben sollen. Dass es eine Strafe war, das hatte der Alte nicht gesagt, hatte stattdessen davon gesprochen, dass er beschlossen habe die Fähnriche mehr zu fordern und das es notwendig sei, dass gerade Nachts, wenn es dauern würde, bis die übrigen Seesoldaten zur Stelle wäre, bei einem schon fast überfülltem Schiff, ein Offizier ein Auge auf die Gefangenen habe. Außerdem wisse Enrique ja, wo die potentiellen Troublemaker säßen (immerhin hatte er sie ja auf die Zellen verteilt).
Sie hatten sich angesehen, der Dunkelhäutige ihn ein 'Aye Sir!' hören lassen und beide gewusst, dass das die Strafe für Netara und die daraus resultierenden Folgen war.

Also stand er hier, den Geruch von Urin in der Nase, der nicht wegging, egal wie häufig sie die Zellen reinigen ließen, lauschte auf die nächtlichen Geräusche des Schiffes und wartete auf die Pöbeleien der Insassen, die jetzt noch oder schon wieder wach waren.

Wenigstens war der Kapitän nicht so arrogant oder bescheuert, dass er sich bei der Navigation darauf verließ, dass die Fähnriche verstanden, was sie da taten, sondern hatte Anweisung gegeben, dass er zu Beginn und gegen Ende der Wache ebenfalls mit dem Sextanten die Position bestimmte und diese mit der des wachhabenden Offiziersanwärter verglich. Also hing die Ledertasche schwer an seinem Gürtel.

Dass Kaladar mit ihm Wache schob war ein schwacher Trost aber immerhin einer. Wenn er sich auf jemanden verlassen konnte, dann auf ihn. Auch für ihn sollte das vermutlich eine Strafe sein. Enrique verzog das Gesicht zu einem schiefen grinsen. Wenn Harper oder die Nummer Eins wüssten, wie sie zueinander standen hätten sie das niemals zugelassen.

Ein leises Rumpeln unterbrach seine Gedanken. Es kam von unten. Kurz darauf war es wieder verstummt. Ob er dem nachgehen sollte? Einen Moment lang spielte er ernsthaft mit dem Gedanken, oder zumindest mit dem, den Wachhabenden verständigen zu lassen. Dann entschied er sich dagegen. Möglicherweise hatte sich jemand nach unten geschlichen oder die Idioten hatten etwas so stehen lassen, dass die Bewegungen der Morgenwind es aus dem Gleichgewicht bringen mussten oder es waren Ratten. Was es auch war, so lange wie es nicht hierher kam war es nicht seine Aufgabe. Nicht heute Nacht.

"Kaladar?", fragte er leise ohne die Augen zu öffnen. Der hatte vorhin neben ihm gestanden und Enrique hatte ihn bis jetzt nicht weggehen gehört. "Was meinst du: Kriegen wir zwei der Anderen hier unten dazu eine Partie Whist zu spielen, ohne dass sie uns deswegen anschwärzen?"

{ Zellentrackt,  auf dem Gang  |  direkt neben Skadi, in Sichtweite von Lucien, Samuel und Yaris }
Crewmitglied der Sphinx
für 6.000 Gold gesucht
dabei seit Nov 2016
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#6
Endlich kehrte Ruhe ein. In den Zelle und auch allgemein auf dem Schiff. Bis auf ein paar patrouillierende Wachen war nicht mehr viel los. Hier unten konnte man nicht den Himmel sehen, doch Yaris konnte davon ausgehen, dass sie die Nacht über das Schiff gesenkt hatte. Der Wellengang war ziemlich ruhig. Nur ein paar niedrige Wellen brachten das Schiff zu einem leichten, einschläfernden Schaukeln. Nichts, was seinen Magen in Aufruhr versetzen konnte, dennoch mochte Yaris das Meer nicht sonderlich. Er war kein Seemann. Sein Metier – von wenigen Aufträgen einmal abgesehen -befand sich hauptsächlich an Land.
Selbst die Gefangenen hatten fast alle – soweit er es einsehen konnte – die Augen geschlossen. Nur vereinzelt drangen leise Gesprächsfetzen zu ihm vor. Wie es um seine eigenen Zellengenossen bestellt war, konnte er nicht genau sagen. Sie wirkten schlafend. Doch es konnte genauso gut sein, dass sie sich – genau wie er – nur schlafend stellten.
Lediglich ein paar betrunkene Soldaten, die sich aus dem Frachtraum mit noch mehr Rum eindeckten, störten diese Ruhe. Mit ihrem Gegröle weckten sie sprichwörtlich schlafende Hunde. Oh mein Gott. Und so etwas schimpfte sich tatsächlich Soldat. Doch Alkohol brachte die dunkelsten Seiten eines Mannes zum Vorschein. Yaris hatte es Jahre lang bei seinem Vater gesehen. In den Städten beobachten können. Viele Gründe, um selbst die Finger davon zu lassen. Dafür schätzte er seinen klaren Verstand viel zu sehr, um ihn sich mit derart vergänglichen Dingen zu benebeln.

Die Augen geschlossen und in einer ihm so angenehmen Position wie möglich lehnte der Attentäter an den Gittern. Seine Muskeln schmerzten und fühlten sich steif an. Kein Wunder. Stunden in derselben Position.
Das kühle Metall kühlte seinen Rücken ein wenig und bot somit wenigstens etwas Linderung. Dennoch, ein stetiges, dumpfes Pochen hielt ihn vom Schlaf fern. Selbst wenn er in dieser Situation ein wenig Schlaf gefunden hätte. Sein Körper hätte es ihm gedankt. So aber konnte er mit seinen Sinnen, die Umgebung wahrnehmen. Denn diese arbeiteten auf Hochtouren. Es war tatsächlich etwas dran. Fiel ein Sinn aus, ersetzten die anderen den Fehlenden. So war das Gehör eines Blinden Mannes sehr viel feiner als normal. Yaris hatte viele Stunden damit zugebracht, seine Sinne zu schärfen wie einen rohen Diamanten. Denn das Auge spielte einem nur zu gern Streiche.
Weiter vorn im Gang standen zwei Soldaten. Da war das Rauschen von feinen Wellen gegen die Bordwand. Die leisen Gesprächsfetzen um ihn herum … Und ein dumpfes Poltern unter ihnen. Kaum zu hören. Bei stärkerem Wellengang wäre es auch ihm entgegen. Ratten? Verrutsche Fracht? Was es auch war. Es war nur kurz zu hören und nicht regelmäßig.

{letzte Zelle im Gang | Lucien & Samuel | in Sicht- u. Hörweite zu Skadi & Enrique}
Crewmitglied der Sphinx
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dabei seit Feb 2016
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#7
Die Arme locker über das Ruder gelegt, lehnte sich Greo ein wenig nach vorne. Seine Finger umspielten eine Affenfaust, deren Stränge er nach und nach festzog und die er dann lahm von einer Hand in die andere tanzen ließ. Obwohl er einigermaßen entspannt da stand, beobachtete er mit Argusaugen das Deck der Sphinx, ließ den Blick immer mal wieder in die Takelage gleiten und blinzelte durch das Auf und Ab des Decks und des Tauwerks in Richtung der Morgenwind, der sie wie ein heimlicher Schatten folgten.
Mit geschürzten Lippen bat er das Schiff unter seinen Füßen nicht aufzufallen und pokerte darauf, dass ihre kleine Größe sie möglichst unauffällig bleiben ließ. Er war nach wie vor nicht richtig davon überzeugt, dass Abstand und Lichter löschen genügte, um sie vor den Ferngläsern fremder Ausgucke zu bewahren.

„But the best of friends must part, fair or foul the weather. Hand yer flipper for a shake, now a drink together… long we’ve tossed on the rolling main, now we’re safe ashore, Jack. Don’t forgert yer old shipmate, faldee raldee raldee raldee rye-eye-doe…”

Er hatte mehr leise vor sich hingesprochen, denn gesungen und hielt sich gedämpft, als ob es der Mannschaft auf der Morgendwind sofort in den Ohren klingeln wurde, wenn er die Stimme anhob. Die Affenfaust in der Hand, klappte er sich den Kragen hoch und atmete konzentriert aus. Ruhe bewahren. Sie wussten nicht, ob der Plan aufgehen würde. Es konnte ziemlich viel schief gehen. Greo unterdrückte ein Schnauben. Hoffentlich war dieser dubiose Bruder es überhaupt wert gerettet zu werden.
Möglichweise hätte er nicht so sehr an dem Vorhaben gezweifelt, wenn er in die Crew der Sphinx mehr Vertrauen gehabt hätte. Sie waren so wenige, kannten sich kaum, dann waren dort zum Teil derart nervöse Gestalten, die nicht so wirkten, als könnten sie ihre Aufmerksamkeit mal ernsthaft für mehr als fünf Sekunden auf eine Sache richten. Entspann dich, schalt er sich selbst, du siehst das alles gerade viel zu schwarz. Vielleicht überraschen sie dich noch.
Er holte tief Luft und ließ sie zischend zwischen den Zähnen entweichen. Seine Schultern lockerten sich. Ja, es konnte viel schief gehen. Aber es konnte auch vieles gut gehen.
Etwas beruhigter grübelte er, wo er das Hütchen das letzte Mal gesehen hatte. Der war sowieso schon so ein lautloses Gespenst und jetzt, wo kein Licht an Bord war, ließ er sich noch schwerer ausmachen. Irgendwie ging es Greo besser, wenn er wusste, wo sich der blinde Passagier aufhielt. Bei den anderen machte er sich da weniger Gedanken.

[Achterdeck Sphinx | am Ruder | allein]
Samuel Zaedyn
Crewmitglied der Sphinx
für Gold gesucht
dabei seit Keine Angabe
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#8
Auch Samuel schlief nicht. Aus irgendeinem Grund hatte er ein mulmiges Gefühl und seit Stunden versuchte er, den Grund dafür herauszufinden. Eigentlich war nichts anders als sonst, sah man einmal von der Betriebsamkeit ab, die das Auslaufen aus einem so großen Hafen wie dem Asanus zwangsläufig mit sich brachte, die ihn und seine Mitgefangenen in der Brig jedoch nicht direkt betraf. Seine beiden Zellengenossen schienen zu schlafen, wobei zumindest der Attentäter dies so häufig zu tun schien, dass Samuel sich beinahe sicher war, dass er auf diese Weise unliebsamer Konversation aus dem Weg gehen wollte. Aus den umliegenden Zellen war Schnarchen in verschiedenen Lautstärken, Tonhöhen und Frequenzen zu hören und verschmolz zu einer Kakophonie zweifelhafter Eleganz, doch mittlerweile hatte der Bärtige sich an das Geräusch gewöhnt. Immer mal wieder wurden Stimmen laut, wenn zwei oder mehr Gefangene aneinander gerieten und damit alle Anwesenden störten, doch bei den meisten Kriminellen, die es auf dieses Schiff verschlagen hatte, schien ein zünftiger Streit zum guten Ton zu gehören, weshalb sich letztendlich kaum jemand darüber beschwerte - abgesehen von den Soldaten natürlich, die lieber ihre Ruhe hatten.

Für einen Moment öffnete Samuel ein Auge einen Schlitz breit, um zu De Guzmán hinüberzuschielen, der anscheinend zum Wachdienst eingeteilt worden war. Das kam ihm äußerst merkwürdig vor, denn als Leutnant war er für eine solch niedere Aufgabe eigentlich nicht zuständig. Entweder hatte er sich freiwillig gemeldet oder es musste sich dabei um eine Bestrafung handeln, und in diesem Fall musste Samuel nicht lange kombinieren, um den wahrscheinlichen Grund dafür herauszufinden. Hätte er nicht ein ausführliches Gespräch mit dem Dunkelhäutigen geführt, hätte er sich in diesem Moment vielleicht dafür verantwortlich gefühlt, doch so wusste er, dass eine Strafschicht in der Brig für den Leutnant sicherlich zu verkraften war - insbesondere verglichen mit dem, was ihm vielleicht noch blühen würde, wenn das Ganze noch ein weiteres Nachspiel haben würde.

Der Gefangene wollte sich gerade einem unruhigen Dämmerschlaf hingeben, als einige Matrosen die Treppe hinuntergestürmt kamen, im Frachtraum verschwanden und kurz darauf mit einigen Fässern wieder auftauchten, in denen sich allem Anschein nach Rum befand. Sofort kam Leben in die Brig und einige der Gefangenen brüllten sich förmlich die Lunge aus dem Leib, während sei um einen Krug des Alkohols bettelten. Vergeblich, natürlich. Samuel unterdrückte den Drang, den Kopf zu schütteln. Idioten. Stattdessen bemühte er sich, dem Gesabbel und Gezeter keine Aufmerksamkeit zu schenken und versuchte, wegzuhören. Vielleicht fiel ihm deshalb das kurze Poltern auf, das aus dem Frachtraum zu kommen schien. Die Soldaten waren vollständig wieder an Deck gegangen, es konnte also keiner von ihnen unten geblieben sein. Wahrscheinlich hatten sei in ihrer Eile und vor lauter Vorfreude auf ein ordentliches Saufgelage die Fässer dort unten so verrückt, dass sie durch das leichte Schaukeln des Schiffes umgefallen waren. Wieder öffnete er kurz die Augen und blickte sich um, doch die Gefangenen in den benachbarten Zellen schienen nichts mitbekommen zu haben. Erneut schloss er die Augen und nahm sich diesmal fest vor, zumindest ein wenig zu schlafen.


[Zelle auf der Morgenwind | Lucien und Yaris | in Sichtweite von Skadi und Enrique]
Crewmitglied der Sphinx
für 250 Gold gesucht
dabei seit Apr 2016
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#9
Sie hätte zu gern eines dieser Großmäuler kopfüber in die Fässer gestopft. Gar ein Alkoholverbot erteilt, weil es in ihren Augen kaum etwas schlimmeres gab, als dieses vernebelnde Gesöff. Nicht nur, dass es einem die Sinne beraubte, machte es die Arbeit hier an Deck zudem weitaus schwieriger - für alle Parteien. Abgesehen davon, dass die Schwachköpfe einen Tumult in den Zellen am Fuße der Treppe auslösten, konnten sie weiß Gott jede Gehirnzelle gebrauchen, die in ihrem unterentwickelten Verstand noch vorhanden war.  Letztlich blieb es aber nicht ihr überlassen, mit rauen Worten durch den Gang zu brüllen und maßregelnde Worte wie Fausthiebe hinab regnen zu lassen. Dafür war sie nur noch zur Zierde - oder viel mehr "Unterstützung"- und Bewachung der Gefangenen abgestellt worden . Etwas das ohnehin ihre vom Kapitän auserkorene Lebensaufgabe war. Lehnte sich stattdessen mit einer Schulter und verschränkten Armen gegen den Mast, an dessen anderem Ende der 2. Leutnant seinen Wachposten eingenommen hatte. Man musste ihr nicht erklären, weshalb es einen Ranghöreren in diese engen Räumlichkeiten verschlug, die gelinde Gesagt nach Unrat und widerwärtigen Gerüchen stanken. Nach der mehr als deutlichen Auseinandersetzung vor einigen Monaten und der allgemein sehr angespannten Stimmung zwischen den Herrschaften, schien es wohl weitaus mehr als eine reine "Strafarbeit" zu sein. Wären sie auf Trithên, hätte sich dieser Zwist mit einem gepflogenen Faustkampf aus der Welt schaffen lassen. Doch die "Gepflogenheiten" der Marine bestanden nun einmal aus purer Arschkriecherei und - wollte man einen seiner Erzfeinde elegant von der Bildoberfläche verschwinden lassen - Meuchelmorden. Demnach war das einzige, dass sie für Enrique tun konnte, seine hohen Wangenknochen vom Dreck zu befreien, wenn er es aus diesem überdimensionalen Loch wieder herausgekrochen kam.

Mit jedem weiteren schweren Atemzug dröhnte das Gejammer an den Treppenstufen immer lauter an ihre Ohren. Brachte die feinen Spitzen aufgeregt zum Zucken, ehe sich der drahtige Körper aufrichtete und mit missbilligendem Blick verächtlich schnaubte. Mit ausreichend Glück würde sie in 2 Wochen an Land endlich ihren gut behüteten Plan in die Tat umsetzen und sich von diesem Pack lossagen. Die Gunst der Stunde nutzen, sobald sich die Crew von Board begeben und in eine Taverne verflüchtigt hatte. Dieser hämisch grinsende und widerwärtige Kapitänskopf sollte rollen! Auf den zugeschissenen Straßen dieser Stadt, die genauso befleckt und unrein waren wie er selbst und ein Großteil seiner Crew. Und Skadi würde kaum mehr als ein Lächeln der Genugtuung auf ihren Lippen tragen. So viel stand fest!

Enriques Worte rissen den jungen Sergeant  jäh aus den Gedanken und durchstießen die abgestandene Luft wie ein scharfes Messer. Selbst wenn er flüsterte, hörte sie seine Stimme klar und deutlich. Rumpelnd und doch sanft wie ein Bariton. Die dunklen Augenpaare auf die matt im Zwielicht schimmernden Gitterstäbe der Zellen gerichtet, neigte sie den Kopf zur Seite.  Beobachtete einen der schnarchenden Insassen, dessen ruhigen und beeindruckend tiefen Schlaf sie beinahe beneidete. "Und um was möchtest du spielen? Goldzähne?" Allein die Vorstellung ließ sie angewidert sie Nase rümpfen. Schickte einen unterdrückten Laut die schmale Kehle hinauf, ehe sich der hoch gewachsene Körper schlagartig in Bewegung setzte und die steife Haltung lockerte. Erst jetzt wurde sie des tauben Gefühls in ihren Finger gewahr, das sich binnen weniger Sekunde in ein kribbelndes Feuer aus winzigen Nadelstichen verwandelte. "Ganz davon abgesehen... glaube ich, dass die Herrschaft trickreich genug sind, um selbst das letzte Unterhemd aus unseren Rippen zu leiern.", fügte sie mit einem recht amüsierten Unterton hinzu. Diese Lektion hatte sie in den letzten Jahren auf See und weit vor ihrem Leben auf der Morgenwind gelernt. Wenn man selbst nicht gut in Kartenspielen und im Umgang mit Taschenspielertricks war, ließ man lieber die Finger davon. Ausgekochte Hunde und Kleinkriminelle wussten sehr gut mit ihrer Präsenz zu spielen und nutzten die gewonnene Aufmerksamkeit gern für ihre Zwecke. Lenkten ihre Opfer ausreichend ab, um ihnen heimlich jeden Taler aus den Taschen zu ziehen.

{ Zellentrackt, auf dem Gang | direkt neben Enrique, in Sichtweite von Lucien, Samuel und Yaris }
Crewmitglied der Sphinx
für 186 Gold gesucht
dabei seit Jan 2016
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#10
Arg. Er hatte sich ziemlich den Kopf gestoßen, als diese Deppen seine Kiste hatten fallen lassen. Seitdem hockte er mit unbequem angezogenen Beinen, den Kopf nach vorne geneigt und nicht dazu in der Lage, sich wieder richtig aufzusetzen oder gar ein Körperteil auszustrecken. So sehr er auch dafür gewesen war mitzukommen, damit die beiden Mädchen mit Liam nicht komplett aufgeschmissen waren, sehnte er sich gerade in diesem Moment zurück auf die Sphinx, wo er einfach neben Greo sitzen und seinen Bären weiter schnitzen konnte.
Er war eindeutig sowohl zu groß, als auch zu alt für so ein Theater.

„Shanaya, Liam, Aspen? Die Luft ist rein.“, war gedämpft, kaum hörbar und wahrscheinlich nur dadurch zu verstehen, da die Wellen wenig bis kaum gegen das Holz schlugen. Erleichtert öffnete der Montrose die Augen, versuchte sich daran zu erinnern, wo das obere Brett seiner Kiste war. Zwar war das Hinfallen ziemlich schmerzhaft gewesen, aber zumindest musste er sich keine Sorgen darum machen, dass die Deppen weitere Kisten auf die Seine verladen hatten: Die spärlich zugenagelte Öffnung zeigte nämlich seitwärts. Während Aspen also versuchte sich umzudrehen um das Brett aufzuschieben, musste er wohl oder übel eingestehen, dass das Ganze nicht funktionierte. Entnervtes Seufzen folgte, das mit einem Schnüffeln beantwortet wurde. Eine Ratte…? Nein, der Pelzkragen. Um Sineca von dem losen Brett fortzulocken, kratzt er über das Holz neben seinem Kopf, bevor er mit den Beinen so vorsichtig wie möglich das Brett von der restlichen Kiste löste und zum aller ersten Mal seit Stunden wieder etwas Licht erkennen konnte. Ein dumpfes Poltern verriet, dass er es endlich geschafft hatte, bevor der viel zu große Mann sich aus der Kiste pellte und erst einmal die Glieder strecken musste, um überhaupt aufstehen zu können. Er kam sich tatsächlich vor wie ein alter Mann und es dauerte einen Moment, bevor er sich über die ungewohnte Kleidung streichen und den Ursprung der beiden schwachen Lichter finden konnte. Zu jeder Seite des riesigen Schiffbauchs schien eine Laterne (oder mehrere?) aufgebaut und Aspen vermutete, dass er fast genau in der Mitte stehen musste. Da Sineca bei ihm war und das Kistenholz nicht abbekommen hatte, durften die anderen nicht weit sein – dennoch sah er sie nicht, hörte allerdings ihre Stimmen aus der einen Richtung, in die er sich zuerst fast blind, später mit immer besserer Sicht durchkämpfte. Leider vernahm er dabei nicht nur seine eigenen, sondern auch dumpfe Schritte über ihm, die nichts Gutes verheißen konnten.

Während er in Richtung Licht und Stimmen lief, zog er sich das Band aus den Haaren, um den tiefen Knoten zu erneuern und zu richten. Den schmerzenden Rücken musste er mehrmals durchstrecken.

„Hoffen wir, dass die Personen über uns bereits genug Rum intus haben, um uns nicht groß zu beachten.“, murmelte er zur Begrüßung, die letzte Kiste mitten im Weg umrundend.

Sie hatten es wirklich alle geschafft. Das war… eine Glanzleistung, auch wenn der schwierige Teil ihres Plans wohl erst noch bevor stand. Prüfend besah er sich die Drei, als wolle er feststellen, dass niemand bisher zu Schaden gekommen war, bevor er sich zähneknirschend über den Bartansatz strich – halt, wo war der Bart? Irgendwo im Hafenwasser, wo er den Rasiereimer ausgeschüttet hatte, als der Plan sich zu verkleiden feststand. Schade.

„Auf der anderen Seite brannte ebenfalls ein Licht, wahrscheinlich kommen wir auch dort hinauf. Hier“, zur Veranschaulichung nickte er zur Decke, „waren gerade Schritte zu hören.“


(Morgenwinds Frachtraum - Liam, Tally, Shanny)


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